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Full text of "Sitzungsberichte der Philosophisch-Philologischen und Historischen Classe der K.B. Akademie der Wissenschaften zu München"

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LSoc(-j2.-i,(S,(o 


Sarbarö  College  librarg 

MRS.    ANNE    E.   P.   SEVER, 
OF  BOSTON, 

WlDOW    OF  Cot.  JAKES    Warrik    SKVIR, 


Sitzungsberichte 


der 


philosophisch  -  philologischen 

und  der 

historischen  Classe 


der 


k.  b.  Akademie  der  Wissenschaften 


zu  JVlünchen. 


Jahrgang   1895. 


Mttnehen 

Verlag   der  K.  Akademie 
1896. 

In  CkymmiflsioD  des  G.  Franz'schen  Verlags  (J.  Roth). 


Inhalts  -  üebersicht. 


Die  mit  *  bezeichneten  Abhandlungen  sind  in  den  Sitzongsberiehten  nicht  abgedruckt. 

Oeffentliche  Siüung  der  kgl.  Akademie   der  Wissenschaften  zur 
Feier  des  136.  Stiftungstages  am  28.  Märe  1895. 

Seite 

V.  Pettenkofer:   Nekrologe 177 

V.  Christ:   Nekrologe 183 

V.  Cornelias:    Nekrologe 200 

▼.  Pettenkofer:  Mitteilung  Über  den  Zographos- Preis    .     .     .  202 

Oeffentliche  Sitzung  zu  Ehren  Seiner  Majestät  des  Königs  und 
Seiner  Königl.  Hoheit  des  Prinz-Regenten  am  15.  November  1895. 

M.  V.  Pettenkofer:    Eröfinungsrede 544 

Wahlen 549 


Philosophisch-philologische  C lasse. 

Sitzung  vom  5.  Januar  1895. 

Y.  Christ:   Schnitzel  aas  einer  Pindarwerkstätte 3 

*K.  Krumbacher:  Ein  Dithyrambus  auf  den  Chronisten  Theo- 

phanes 1 

Sitzung  vom  9.  Februar  1895. 

V.  Maurer:  Zwei  Rechtsfälle  in  der  Eigla 65 

J.  Haurj:   Ueber  Prokophandschriften 125 

*  Rück:  Wilibald  Pirkbeimer's Schweizerkrieg,  nach  Pirkheimer's 

Autographie  im  britischen  Museum  herausgegeben      .     .  32 


IV 


Sitzung  vom  2.  März  1895. 

^  Seite 

*Kuhn :  Himmel-  und  HölIenfahrteD,  ein  Beitrag  zur  allgemeinen 

Literaturgeschichte 205 

Sitzung  vom  4.  Mai  1895, 

*Eeinz:  Wasserzeichen  des  14.  Jahrhunderts  in  den  Hand- 
schriften der  k.  Staatsbibliothek 206 

Sitzung  vom  15.  Juni  1895. 

Unger:   Seleukidenära  der  Makkabäerbücher       236 

H.  Paul:  Tristan  als  Mönch,  deutsches  Gedicht  aus  dem  13.  Jahr- 
hundert      317 

Sitzung  vom  6.  Juli  1895. 

Wölfflin:  Benedict  von  Nursia  und  seine  Mönchsregel  .     .     .     429 
*W.  Meyer:  Nürnberger  Faustgeschichten 428 

Sitzung  vom  2.  November  1895. 
N.  Wecklein:  Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides        ....    479 

Sitzung  vom  7.  Dezember  1895. 

*Iw.  V.Müller:  Ueber  die  ünechtheit  der  dem  Galen  beige- 
legten Schrift  über  die  beste  medicinische  Schule       .     .     550 

G.  Unger:   Zu  Josephos.  I.  Die  unpassend  eingelegten  Senatus- 

consulte 551 

R.  Simon:   Ueber  einige  Commentatoren  des  Yajurveda      .     .     605 

Historische  Classe. 

Sitzung  vom  5.  Januar  1895. 
*S.  Eiezler:  Die  bayerische  Politik  im  schmalkaldischen  Krieg        2 

Sitzung  vom  9.  Februar  1895. 

M.  Lossen:  Ueber  die  Verheirathung  der  Markgräfin  Jakobe 
von  Baden  mit  Herzog  Johann  Wilhelm  von  Jölich-Cleve- 
Berg  1581-1583 33 


V 

Seite 

*y.  Hefner- Alteneck:  Ueber  Schilderer  und  Schildbemalang 

des  Mittelalters 82 

Sitzung  vom  J2.  März  1895. 
*v,  Cornelius:   Calvin  und  Perrin  in  den  Jahren  1546  und  1547    205 

SUzung  vom  4.  Mai  1895, 

J.  Friedrich:  Ueber  die  Cenones  der  Montanisten  bei  Hiero- 

nymus       207 

*Heigel:   Beitrage  zur  Geschichte  der  Uebereinkunft  von  Pill- . 

nitz  vom  27.  August  1791 206 

^Simonsfeld:   Beiträge   zum  p&pstlichen  Urkunden wesen  im 

Mittelalter  und  zur  Geschichte  des  14.  Jahrhunderts  .    .    206 

Sitzung  vom  15,  Juni  1895, 

*  Stiege:  Entstehung  des  Welthandels 222 

Dove:  Das  älteste  Zeugniss  fflr  den  Namen  Deutsch  ....    228 

SUzung  vom  6,  Juli  1895, 

*J.  Friedrich:  Ueber  die  unächten  Kaiser-  und  Papstschreiben 

in  den  Biographien  des  Johannes  Chrysostomus  ....    428 

SUzung  vom  2,  November  1895, 

*W.  Preger:   Ueber  eine  noch  unbekannte  Schrift  Suses    .    .    477 
*H.  Simons feld:   Neue  Beiträge  zum  päpstlichen  Urkunden- 
wesen  im  Mittelalter  und  zur  Geschichte  des  14.  Jahr- 
hunderts    477 

Sitzung  vom  7.  Dezember  1895, 

*S.  Biezler:  Geschichte  der  Hexenprocesse  in  Bayern  bis  zum 

Ende  des  80jähngen  Krieges 550 

Einsendungen  von  Druckschriften 455,  651 

Register 675 


//t-  (>  3 


Sitzungsberichte 

und  der 

historisehen  Classe 


der 


k.  b.  Akademie  der  Wissenschaften 


zu  JVIünchen. 


1895,    Heft  L 


^^  Münehen 

Verlag   der  E.  Akademie 
1895. 

In  Gommisnon  des  G.  Frans^sohen  Yerlaga  (J.  Roth). 


/ 
/ 

I 

I  • 

\  .'  .  * 

\ 


Sitzungsberichte 

der 

königl.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Sitzung  vom  5.  Januar  1896. 

Philosophisch-philologische  Classe. 

Herr  W.  v.  Christ  hielt  einen  Vortrag : 

Schnitzel  aus  einer  Pindarwerkstätte 
erscheint  in  den  Sitzungsberichten. 

Herr  K.  Krumbacher  hielt  einen  Vortrag : 

Ein   Dithyrambus    auf    den    Chronisten    Theo 
phanes 

erscheint  in  den  Sitzungsberichten. 


1805.  Sitsangab.  d.  phil.  u.  bist.  Gl. 


▼c«  S,  X 


e  Gaase. 


H^rr  .^.  RttZttt  tA^Iz  ^in^c  Vortrag: 

bi^  bayi^ri^cke  Politik    im    ^chnialkaldi^chen 
Kri*rg 

^Tieb^nt  in  den  l)enkmhnfie^. 


3 


Schnitzel  aus  einer  Pindarwerkstatte. 

Von  W.  Christ. 

(Vorgetragen  am  5.  Janaar.) 

Unscheinbar  ist  der  Titel,  den  ich  diesen  zerstreuten 
Bemerkungen  gegeben  habe,  und  doch  könnte  er,  einmal  ge- 
adelt  durch  Max  Müller^s  ships  from  a  German  Workshop,  leicht 
grossere  Erwartungen  erregen  als  ich  zu  erfüllen  vermöchte. 
Denn  nur  klein  sind  die  Schnitzel,  die  sich  mir  bei  einer 
Neubearbeitung  Pindars,  die  demnächst  im  Teubner'schen 
Verlag  erscheinen  wird,  ergeben  haben;  sie  betreffen  ver- 
schiedene literarische,  kritische  und  archäologische  Fragen 
und  sollen  ihrem  Titel  entsprechend  in  zwangloser  Folge  und 
ohne  grossen  gelehrten  Apparat  gegeben  werden. 

1. 

Die  auf  dem  Boden  des  alten  Olympia  von  den  deutschen 
Forschem  ausgegrabenen  Inschriften  weiss  der  Freund  Pindars 
besonders  zu  schätzen :  sie  geben  interessante  Parallelen  zu 
Stellen  des  thebanischen  Dichters  und  klären  vielfach  über 
dunkle  Punkte  der  gymnischen  Wettkämpfe  auf.  Zu  den 
beiden  äginetischen  Jünglingen  Alkimedon  und  Aristomenes, 
welche  im  Ringkampf  über  vier  Gegner  gesiegt  hatten 
(0.  8,  68.  P.  8,  81),  gesellt  sich  jetzt  ein  dritter,  Xenokles 
aus  dem  arkadischen  Gebirge  Mainalos  ,  der  sich  inscr.  128 
in  Arch.  Zeit.  1878  rühmt 

MaivdXiog  SevoxXfjg  vlxaoa  EvM^tpoovoq  vlo^, 
äjtrtjg  jnovvoTiakäv  riooaqa  oo\umT   §Xcov. 


Ti^r  >- 


Hkloriache  Clasee- 


♦>^'l  :z: 


Schnitzel  aus  einer  Pindarwerkstätte. 

Von  W.  Christ. 

(Vorgetragen  am  5.  Januar.) 

Unscheinbar  ist  der  Titel,  den  ich  diesen  zerstreuten 
Bemerkungen  gegeben  habe,  und  doch  könnte  er,  einmal  ge- 
adelt durch  Max  Müller's  ships  from  a  German  Workshop,  leicht 
grossere  Erwartungen  erregen  als  ich  zu  erfüllen  vermöchte. 
Denn  nur  klein  sind  die  Schnitzel,  die  sich  mir  bei  einer 
Neubearbeitung  Pindars,  die  demnächst  im  Teubner'schen 
Verlag  erscheinen  wird,  ergeben  haben;  sie  betreffen  ver- 
schiedene literarische,  kritische  und  archäologische  Fragen 
und  sollen  ihrem  Titel  entsprechend  in  zwangloser  Folge  und 
ohne  grossen  gelehrten  Apparat  gegeben  werden. 

1. 

Die  auf  dem  Boden  des  alten  Olympia  von  den  deutschen 
Forschem  ausgegrabenen  Inschriften  weiss  der  Freund  Pindars 
besonders  zu  schätzen :  sie  geben  interessante  Parallelen  zu 
Stellen  des  thebanischen  Dichters  und  klären  vielfach  über 
dunkle  Punkte  der  gymnischen  Wettkämpfe  auf.  Zu  den 
beiden  äginetischen  Jünglingen  Alkimedon  und  Aristomenes, 
welche  im  Ringkampf  über  vier  Gegner  gesiegt  hatten 
(0.  8,  68.  P.  8,  81),  gesellt  sich  jetzt  ein  dritter,  Xenokles 
aus  dem  arkadischen  öebirge  Mainalos  ,  der  sich  inscr.  128 
in  Arch.  Zeit.  1878  rühmt 

MatvdXiOQ  SevoyJ.fj^  vixaoa  Evd^vcpqovoc;  i'Foc, 
&7rtriq  fiovvonaXäv  reooaQa  oojßiaiT  ektov. 

1* 


4  W.  Ckrisi 

E.  Cartins  a.  St.  p.  84  hält  denselben  ffir  einen  jung?: 
Knaben,  indem  er  ämt]^  für  identisch  mit  djrr^v  erklärt  cn-i 
mit  'nicht  flfigge'  wiedergibt.  Aber  abgesehen  davon,  da^ 
djTT^C  weder  so  einfach  mit  d.Tri;r  identificiert  werden  kam. 
noch  eine  Verschreibang  des  drrijc  ans  <Lm/v  aaf  einen 
Stein  irgend  welche  Wahrscheinlichkeit  hat,  gibt  auch  ^otn'z 
richtig  gefasst^  einen  ganz  guten  Sinn;  es  heisst 'nicht  fallen!' 
'nicht  strauchelnd'.  Ich  weiss  zwar  für  dieses  Wort  kelcf 
zweite  Stelle  anzugeben,  wohl  aber  fiir  die  zwei  verwandten 
äjtrco^  wnd  fisTTona;,  Das  erste  steht  bei  Pind.  P.  9. 92 
q?dnas  A'  o^vofnd  doAO)  drTCüTi  dfiitdoaaic  dir^QX^o  xvxm 
und  Philo  de  rep.  VII  p.  534  c  hr  :iäot  rorrois  djrrdni  t<-* 
Jüoyfo  ^ostoo^y-rTfu,  das  zweite  nicht  blo^  bei  Longin  33,  4 
und  JL  ey.^^T  «ji'jcsse  des  Hesychius  nrnforov'  ro  /atj  Tilzaof 
äJl*  imoz.  f  rLi-em  auch  in  einem  olympischen  Siegenrer- 
lieiciiiii^b  Q'^  •Ji.^>n':«2Taphen  Phlegon  bei  Photios  cod.  97. 
'lolövjoo?  'Aj^z^ij^*^^*'^  zifjuLiiv,  äsmoTOs  nsoiodor.  Hier  steir 
freilich  U*i  h^<£^T  in  der  Ausgabe  des  Photios  ZAsrran'j: 
grost:  gerti.^''>r'-. :  ab^r  eine  Kampfe^rt  neoiodog  gäbe? 
nicht,  XLA  r.j  :■  .-^,v  wird  nur  nach  dem  spater  herrschendes 
Spra«.bg*r'-r*,:-.  z-^i^r:,  d^^  jener  IsiJoros  in  allen  vier  Wett- 
spielen iXTiT^i  :t-'v>xov  .  auf  dem  Isthmus,  in  Nemea,  za 
Delphi  t;:.^  ;r.  0.7v.:.a -^i-^er  geblieben  war.  Es  ist  deshalb 
ä7TTo/Tog  ;r.  'i-tr.  j^.*^.«'.r-^r*  ^inne  wie  son-t  a.TTc»>c  gebraucht 
und  demLi.r.  rr,  z  ■clr^i.-.^m  Anfansrsbuehstaben  zu  schreiben. 
wie  richtig  av*-.  Ml.l-r  in  Fragm.  bist,  graec.  III  606  ge- 
than  hat 

9 

Da  wir  elr,-.**  -^i  ü^^t  für  die  Ordnung  der  Spiele 
ebenso  wichtig*rr..  »*  t.r,  «i^n  neueren  Forschem  vemach- 
läs-igten  UrkM.ie  »V:'.^,-:.  i<,  bemerke  ich  gleich  noch  weiter, 
dass  in  jenem  S.*^^rT*r.'7>,xr.LU  der  Sieg  des  Hekatomnos 
aus  Milet  im  bew^f  :.^»^i  La  A  zweimal  erwähnt  ist,  im  An- 
fang:  ivbca  'tyiyjtrouF'.^i  J/v,//;//^  fjjadujv   xm  diavLor    »u 


Schnitzel  aus  einer  Pindarwerkatätte.  5 

o7iXh7]v  xoiQ  und  weiter  unten  :  'ExatojLivayg  Mdijöiog  ÖTtXhrjv. 
Das  kann  nicht  so  ohne  weiteres  gebilligt  werden ;  die  rich- 
tige Stelle  aber  zeigt  die  sonst  befolgte  Reihenfolge  der 
Wettkämpfe,  über  die  ich  in  den  Prolegomena  meiner  Aus- 
gabe gehandelt  habe;  danach  fand  der  bewaffnete  Lauf  wie 
in  Athen  so  auch  anderwärts  erst  am  Schlüsse  der  nackten 
Leibesübungen  vor  dem  Pferdelauf  statt.  Daher  steckt  im 
Eingang  der  Fehler  und  ist  dort  zu  schreiben  ivlxa  'Exa- 
TOfivcog  MiXrjaiog  oxddiov  xal  dlavXov  [xai  öjiihrjv,  rglg].  Die 
eingeklammerten  Worte  sind  eine  Interpolation  des  ursprüng- 
lichen Siegerverzeichnisses,  wie  bekanntlich  in  ganz  ähnlicher 
Weise  zu  Rom  die  Gonsular-  und  Triumphalfasten  durch 
eingestreute  Nebenbemerkungen  interpoliert  wurden.  Was 
aber  die  Sache  anbelangt,  so  kam  das  auch  sonst  vor,  dass 
einer  in  den  drei  Arten  des  Laufes,  im  einfachen  Stadion, 
im  Doppellauf  und  im  bewaffneten  Lauf  siegte,  und  dass  dieses 
eigens  angemerkt  wurde.  So  heisst  es  von  Thessalos  im  Sieges- 
gesang auf  den  Korinthier  Xenophon  bei  Pindar  0.  13,  38: 
XQavamg  Iv  ^A&dvaioi  rgla  Sgya  jtodaQxrjg  äjuiga  '&rjx€  x&Higt 
diitpl  xdfiaiq,  und  lesen  wir  ein  Aehnliches  von  dem  be- 
rühmten Läufer  Leonidas  aus  Rhodos  bei  Philostratos,  gymn. 
p.  278,  6  Kays. :  Aewvliag  6  'Podiog  in  ^OXv/Luiiddag  riaoagag 
hbca  Tr}v  xqixxvv  xavrrjv ,  seil.  dnUrov  dgdfiov  xal  oradiov 
xal  diavXov, 

3. 

In  unserer  XJeberlieferung  (schol.  Pind.  0,  9, 148.  13, 154. 
I.  3,  114)  und  in  den  Werken  der  Neueren  finden  wir  zwei 
gymnische  Spiele  Thebens  angegeben,  die  Jolaia  und  die 
Herakleia,  zu  Ehren  des  Haupthelden  der  Stadt,  des  Hera- 
kles, und  seines  Neffen  und  Kampfgenossen,  des  gefeierten 
Wagenlenkers  Jolaus,  des  Sohnes  des  Iphikles.  Aber  dass 
es  zo  Theben  zwei  gymnische  Spiele,  und  obendrein  zwei 
Jahr  für  Jahr  gefeierte  {heia  Pind.  I.  3,  85)  gab,  ist  von 


>^f .  ^  3 


Sitzungsberichte 


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der 


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W    ,  V 


philosophisch  -  philologischen 

und  der 

historischen  Classe 


der 


k.  b.  Akademie  der  Wissenschaften 


zu  IVIünchen. 


1895.    Heft  L 


^^  Münehen 

Verlag   der  E.  Akademie 
1895. 

In  Gommisaion  des  G.  FranE'achen  Verlags  (J.  Roth). 


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Sitzungsberichte 

der 

köoigl.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Sitzung  vom  5.  Januar  1895. 

Philosophisch-philologische  Classe. 

Herr  W.  y.  Christ  hielt  einen  Vortrag  : 

Schnitzel  aus  einer  Pindarwerkstätte 
erscheint  in  den  Sitzungsberichten. 

Herr  K.  Krumbacher  hielt  einen  Vortrag: 

Ein   Dithyrambus    auf    den    Chronisten    Theo 
phanes 

erscheint  in  den  Sitzungsberichten. 


1895.  Sitaangsb.  d.  phiL  u.  bist.  Cl. 


'IUI  ^.    TuDiiiir  I?9& 


R:Äorjädit*  CLüffie. 


H^rr  S.  K:t3US  ^i_er  -h;:»*i   V-rr-tr 


^  .mkl'fAlli^clien 


<fr»fir?«"i4    '21     UHL    ..  ♦fIL\ÄlIl.-J~i*a. 


Schnitzel  aus  einer  Pindarwerkstätte. 

Von  W.  Christ. 

(Vorgetragen  am  6.  Janaar.) 

Unscheinbar  ist  der  Titel,  den  ich  diesen  zerstreuten 
Bemerkungen  gegeben  habe,  und  doch  könnte  er,  einmal  ge- 
adelt durch  Max  Müller^s  ships  from  a  German  Workshop,  leicht 
grossere  Erwartungen  erregen  als  ich  zu  erfüllen  vermöchte. 
Denn  nur  klein  sind  die  Schnitzel,  die  sich  mir  bei  einer 
Neubearbeitung  Pindars,  die  demnächst  im  Teubner^schen 
Verlag  erscheinen  wird,  ergeben  haben;  sie  betreffen  ver- 
schiedene literarische,  kritische  und  archäologische  Fragen 
und  sollen  ihrem  Titel  entsprechend  in  zwangloser  Folge  und 
ohne  grossen  gelehrten  Apparat  gegeben  werden. 

1. 

Die  auf  dem  Boden  des  alten  Olympia  von  den  deutschen 
Forschem  ausgegrabenen  Inschriften  weiss  der  Freund  Pindars 
besonders  zu  schätzen:  sie  geben  interessante  Parallelen  zu 
Stellen  des  thebanischen  Dichters  und  klären  vielfach  über 
dunkle  Punkte  der  gymnischen  Wettkämpfe  auf.  Zu  den 
beiden  äginetischen  Jünglingen  Alkimedon  und  Aristomenes, 
welche  im  Ringkampf  über  vier  Qegner  gesiegt  hatten 
(0.  8,  68.  P.  8,  81),  gesellt  sich  jetzt  ein  dritter,  Xenokles 
ans  dem  arkadischen  Gebirge  Mainalos  ,  der  sich  inscr.  128 
in  Arch.  Zeit.  1878  rühmt 

MatvdXioq  SevoxXfJQ  vlxaoa  Ev'&vq^oovog  vios, 
äjttijg  fAOVVOTinkar  reoofiQn  ocujuaiT  fMdv. 

1* 


4  W.  ChrUi 

IL  CunrjÄ  a.  St.  p.  S4  hält  denselben  ftr  men  jungen 
Kraben,  indem  er  'inmj^  flr  ide&tia«:-D  mit  a:Trrgr  erklärt  und 
irJt  'filchl  fl  jgge*  friedergibt.  Aber  abgesehen  daTon.  dass 
isn/fi  weder  «o  einbfzh  mit  o-ir^r  identi Meiert  werdai  kann, 
öfififi  eine  Verachreibang  des  d.-TTi;c  aas  d.-n7;r  auf  einem 
Hi^D  irgend  welche  Wahrscheinlichkeit  hat,  gibt  auch  ä^mjg, 
richtig  gefa.»-jt.  einen  tranz  guten  Sinn :  er  heisst  'nicht  fallend,' 
'r.icht  fstm^i^th^lnd* ,  Ich  wei^s  zwar  für  dieses  Wort  keine 
zweite  St/:I!e  anzugeben,  wohl  aber  für  die  zwei  Terwandten 
AfiTOß^  hi.f]  fLTvtono:;.  Da-»  er?te  steht  bei  Pind.  P.  9.  92 
*fdnfM4  ff  h'irof.nti  hokff}  änröni  daßidtjofu^  bn]oj[tio  xvxlor 
urrl  Plato  de  rep.  VII  p.  534  c  iv  näoi  joi-roi^  arTum  rro 
i/r/ftj  bumofjtvrijmf  da.s  zweite  nicht  bloss  bei  Longin  33,  4 
und  in  einer  Gk^se  des  Hesychius  ämfoTor'  ro  fifj  Tunnovy 
4y,//  t.oro^,  v/ndem  auch  in  einem  olympischen  Si^erver- 
y/nchnin  de-»  Chronographen  Phlegon  bei  Photios  cod.  97 : 
*IoiAoßooc  *Ah^avdofvQ  TidXrjv,  äjixonog  Tieoioöov.  Hier  steht 
freilich  bei  Bekker  in  der  Ausgabe  des  Photios  ^A^nanos 
groriM  geM^hrieben:  aber  eine  Kampfesart  ^eoioöog  gab  es 
nicht,  mit  nf.oUfbov  wird  nur  nach  dem  später  herrschenden 
Sprai;hgebrauch  gesagt,  dass  jener  Isidoros  in  allen  vier  Wett- 
spielen ixaxa  TJtfiohdov) ,  auf  dem  Isthmus ,  in  Nemea ,  zu 
Delphi  und  in  Olympia  Sieger  geblieben  war.  Es  ist  deshalb 
äntonoc;  in  dem  gleichen  Sinne  wie  sonst  ojncüg  gebraucht 
und  demnach  mit  kleinem  Anfangsbuchstaben  zu  schreiben, 
wie  richtig  auch  Müller  in  Fragm.  bist,  graec.  III  606  ge- 
than  hat. 

2. 

Da  wir  einmal  bei  dieser  für  die  Ordnung  der  Spiele 
ebenso  wichtigen,  wie  von  den  neueren  Forschern  vernach- 
lÜHHigten  Urkunde  stehen,  so  bemerke  ich  gleich  noch  weiter, 
djiSH  in  jenem  Siegerverzeichnis  der  Sieg  des  Hekatomnos 
aus  Milet  im  bewaffneten  Lauf  zweimal  erwähnt  ist,  im  An- 
fang: Mxa  'Kaxardjuvajg  Mihjoiog  orddiov  xal  ölavkov    xai 


!• 


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Schnitzel  aiis  einer  Pindarwerkstätte.  5 

ojtlhfjv  TQig  und  weiter  unten  :  'Exardfivcog  MiXrjoiog  ÖTzkirrjv. 
Das  kann  nicht  so  ohne  weiteres  gebilligt  werden;  die  rich- 
tige Stelle  aber  zeigt  die  sonst  befolgte  Reihenfolge  der 
Wettkämpfe,  über  die  ich  in  den  Prolegomena  meiner  Aus- 
gabe gehandelt  habe;  danach  fand  der  bewaffnete  Lauf  wie 
in  Athen  so  auch  anderwärts  erst  am  Schlüsse  der  nackten 
Leibesübungen  vor  dem  Pferdelauf  statt.  Daher  steckt  im 
Eingang  der  Fehler  und  ist  dort  zu  schreiben  hlxa  'Exa~ 
rofjLvcog  Mikrjoiog  oxddiov  xal  dlavkov  [xal  öjtXlrrjVf  tgCg].  Die 
eingeklammerten  Worte  sind  eine  Interpolation  des  ursprüng- 
lichen Siegerverzeichnisses,  wie  bekanntlich  in  ganz  ähnlicher 
Weise  zu  Rom  die  Consular-  und  Triuraphalfasten  durch 
eingestreute  Nebenbemerkungen  interpoliert  wurden.  Was 
aber  die  Sache  anbelangt,  so  kam  das  auch  sonst  vor,  dass 
einer  in  den  drei  Arten  des  Laufes,  im  einfachen  Stadion, 
im  Doppellauf  und  im  bewaffneten  Lauf  siegte,  und  dass  dieses 
eigens  angemerkt  wurde.  So  heisst  es  von  Thessalos  im  Sieges- 
gesang auf  den  Korinthier  Xenophon  bei  Pindar  0.  13,  38: 
xgavacug  h  ^A^dvavai  rgia  Sgya  nodagxrjg  äjuSga  dijxe  xdilior* 
äfjKfl  xofiaiQt  und  lesen  wir  ein  Aehnliches  von  dem  be- 
rühmten Läufer  Leonidas  aus  Rhodos  bei  Philostratos,  gymn. 
p.  278,  6  Kays. :  Aewvldag  6  'Podiog  in  ^OXvfxmddag  rioaagag 
ivbca  rrjv  tqittvv  xavTtjv ,  seil.  önUiov  Sgöfiov  xal  aradlov 
xal  dtavkov, 

3. 

In  unserer  Ueberlieferung  (schol.  Pind.  0.  9, 148.  13, 154. 
I.  3,  114)  und  in  den  Werken  der  Neueren  finden  wir  zwei 
gymnische  Spiele  Thebens  angegeben,  die  Jolaia  und  die 
Herakleia,  zu  Ehren  des  Haupthelden  der  Stadt,  des  Hera- 
kles, und  seines  Neffen  und  Kampfgenossen,  des  gefeierten 
W^enlenkers  Jolaus,  des  Sohnes  des  Iphikles.  Aber  dass 
es  zu  Theben  zwei  gymnische  Spiele,  und  obendrein  zwei 
Jahr  für  Jahr  gefeierte  {tteia  Pind,  I.  3,  85)  gab,  ist  von 


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Schnitzel  atu  einer  Pindarwerhstätte,  7 

seien,  und  bemerkt  Dissen  ausdrücklich  zu  0.  9,  97:  Jolaia 
sive  Heraclea  Thebana  habebantur  ad  Jolai  tumulum,  qui  idem 
Amphitryonis  et  Alcmenae,  ante  portas  Proetides.  Aber  da 
bat  Dissen  nicht  blos  Unsicheres  eingemischt,  sondern  auch 
einen  Hauptpunkt,  welcher  bei  der  Frage  in  Betracht  zu 
kommen  hat,  ganz  übersehen.  Es  handelt  sich  nämlich  zu- 
gleich um  den  Ort  in  Theben,  wo  die  Spiele  stattfanden. 

Nach  der  Beschreibung  des  Pausanias  gab  es  in  Theben 
zwei  Gymnasien  und  Stadien,  eines  des  Jolaos,  von  dem  wir 
IX  23,  1  lesen :  jiqö  tojv  nvlcov  iatl  tcbv  ügoiTldcov  xai  to 
'loXdov  xaXovfievov  yv/xvdoiov  xal  axddiov  xarä  xavrä  reo  re  h 
^OXvßuilq  xal  x(p  ^EnidavQlcov  y^g  x^ß^^'  Iv^OLV'&a  deixvmat 
xai  riQcoov  'loXdov  .  .  vnegßdvn  dk  tov  axadlov  rd  iv  Se^iq, 
bodfiog  trcTKov  xal  h  aincß  üivddgov  fivrjfid  iori,  und  ein 
zweites  des  Herakles,  das  ausserhalb  des  Thors  der  Elektra 
lag,  and  von  dem  Pausanias  IX  11,  7  bemerkt:  rov  di  'Hga- 
xieiov  yvfjLvdotov  Sx^rai  xal  arddiov,  äfAipdxeqa  i7i(6vv/Lia  tov 
&€ov.  Diese  Angabe  aber  gibt  er,  nachdem  er  zuvor  unter 
den  Denkwürdigkeiten  Thebens  näher  der  Stadt,  zur  Linken 
des  Elektrathores  die  Trümmer  des  Hauses  des  Amphitryon 
und  das  auch  aus  Pindar  L  4,  79  bekannte  Grab  der  Kinder 
des  Herakles  und  der  Megara  erwähnt  hatte.  Es  befand  sich 
also  nicht  blos  Yor  dem  Prötosthor,  sondern  auch  vor  dem 
Elektrathor  ein  Gymnasium  und  ein  Stadion,  und  von  Am- 
phitryon und  Alkmene  erwähnt  Pausanias  überhaupt  nur 
Gebäudereste  vor  dem  Elektrathor.  Da  scheinen  wir  also  um- 
gekehrt zur  Annahme  zweier  Spiele,  der  des  Herakles  vor 
dem  Elektrathor  und  der  des  Jolaos  vor  dem  Prötosthor  hin- 
gewiesen zu  werden.  Ein  Ausweg,  dieser  Schlussfolge  zu 
entkommen,  ist  indes  nicht  schwer.  Vor  dem  Elektrathor 
lag  neben  dem  Herakleion  nur  ein  Stadion,  vor  dem  Prötos- 
thor bei  dem  Grabmal  des  Jolaos  ausser  dem  Stadion  auch 
ein  Hippodrom,  und  das  hatte  seinen  guten  Grund  in  der 
ortlichen  Beschaffenheit,   wie  jeden  ein  Blick  in  die  beiden 


/ 

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Sitzungsberichte 

der 

köoigl  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Sitzung  vom  6.  Januar  1896. 

Philosophisch-philologische  Classe. 

Herr  W.  v.  Christ  hielt  einen  Vortrag : 

Schnitzel  aus  einer  Pindarwerkstätte 
erscheint  in  den  Sitzungsberichten. 

Herr  K.  Krumbacher  hielt  einen  Vortrag : 

Ein   Dithyrambus    auf    den    Chronisten    Theo 
phanes 

erscheint  in  den  Sitzungsberichten. 


1806.  SitiuDgBb.  d.  phtl.  a.  bist.  Cl. 


4  W.  Christ 

E.  Curtias  a.  St.  p.  84  hält  denselben  für  einen  jungen 
Knaben,  indem  er  äjiti^g  für  identisch  mit  djrri^v  erklärt  und 
mit  'nicht  flügge'  wiedergibt.  Aber  abgesehen  davon,  dass 
äjni^g  weder  so  einfach  mit  äjcri^v  identificiert  werden  kann, 
noch  eine  Verschreibung  des  ojiri^g  aus  äjiri^v  auf  einem 
Stein  irgend  welche  Wahrscheinlichkeit  hat,  gibt  auch  äjtti^g, 
richtig  gefasst,  einen  ganz  guten  Sinn ;  es  heisst  'nicht  fallend,' 
'nicht  strauchelnd'.  Ich  weiss  zwar  für  dieses  Wort  keine 
zweite  Stelle  anzugeben,  wohl  aber  für  die  zwei  verwandten 
äjiTwg  und  äTtrcoTog.  Das  erste  steht  bei  Pind.  P.  9,  92 
(pwrag  <5'  d^vgenei  doXo)  äjiToni  dafidaoaig  diriQxsxo  xvxXov 
und  Plato  de  rep.  VII  p.  534  c  h  näoi  rovroig  äjiTCüu  reo 
koycp  diajioQevrjTaif  das  zweite  nicht  bloss  bei  Longin  33,  4 
und  in  einer  Glosse  des  Hesychius  äTTxcorov'  rö  fit]  nlntov, 
äiX  ioTog,  sondern  auch  in  einem  olympischen  Siegerver- 
zeichnis des  Chronographen  Phlegon  bei  Photios  cod.  97 : 
^loidcDQog  'AXeSavögebg  JcdXrjv,  ämcoxog  Jieglodov.  Hier  steht 
freilich  bei  Bekker  in  der  Ausgabe  des  Photios  ^Ajttwrog 
gross  geschrieben;  aber  eine  Eampfesart  negiodog  gab  es 
nicht,  mit  negiodov  wird  nur  nach  dem  später  herrschenden 
Sprachgebrauch  gesagt,  dass  jener  Isidoros  in  allen  vier  Wett- 
spielen {xarä  nsQiodov)  ^  auf  dem  Isthmus,  in  Nemea,  zu 
Delphi  und  in  Olympia  Sieger  geblieben  war.  Es  ist  deshalb 
äjirayxog  in  dem  gleichen  Sinne  wie  sonst  djcrwg  gebraucht 
und  demnach  mit  kleinem  Anfangsbuchstaben  zu  schreiben, 
wie  richtig  auch  Müller  in  Fragm.  bist,  graec.  III  606  ge- 
than  hat. 

2. 

Da  wir  einmal  bei  dieser  für  die  Ordnung  der  Spiele 
ebenso  wichtigen,  wie  von  den  neueren  Forschern  vernach- 
lässigten Urkunde  stehen,  so  bemerke  ich  gleich  noch  weiter, 
dass  in  jenem  Siegerverzeichnis  der  Sieg  des  Hekatomnos 
aus  Milet  im  bewaffneten  Lauf  zweimal  erwähnt  ist,  im  An- 
fang :  Ivixa  'Eaxarö^iviog  MiXtjoiog  ardöiov  xai  dlavkov    xai 


Schnitzel  atts  einer  Pindartoerkstätte.  5 

oTtXhriv  TQig  und  weiter  unten  :  'ExaTÖ/uvcog  MtXrjotog  önXhrjv. 
Das  kann  nicht  so  ohne  weiteres  gebilligt  werden ;  die  rich- 
tige Stelle  aber  zeigt  die  sonst  befolgte  Reihenfolge  der 
Wettkänapfe,  über  die  ich  in  den  Prolegomena  meiner  Aus- 
gabe gehandelt  habe;  danach  fand  der  bewaJFnete  Lauf  wie 
in  Athen  so  auch  anderwärts  erst  am  Schlüsse  der  nackten 
Leibesübungen  vor  dem  Pferdelauf  statt.  Daher  steckt  im 
Eingang  der  Fehler  und  ist  dort  zu  schreiben  Mxa  'Exa- 
TÖßivayg  Mdijoiog  arddiov  xal  dlavXov  [xal  oTtllrrjv,  tglg].  Die 
eingeklammerten  Worte  sind  eine  Interpolation  des  ursprüng- 
lichen Siegerverzeicbnisses,  wie  bekanntlich  in  ganz  ähnlicher 
Weise  zu  Rom  die  Consular-  und  Triumphalfasten  durch 
eingestreute  Nebenbemerkungen  interpoliert  wurden.  Was 
aber  die  Sache  anbelangt,  so  kam  das  auch  sonst  vor,  dass 
einer  in  den  drei  Arten  des  Laufes,  im  einfachen  Stadion, 
im  Doppellauf  und  im  bewaffiieten  Lauf  siegte,  und  dass  dieses 
eigens  angemerkt  wurde.  So  heisst  es  von  Thessalos  im  Sieges- 
gesang auf  den  Korinthier  Xenophon  bei  Pindar  0.  13,  38: 
xgavaalg  h  ^A&dvauji  rgia  ^gya  Jtodagxrjg  a/bLega  ^rjxe  xdkkiqr* 
äficpi  xdfiaig,  und  lesen  wir  ein  Aehnliches  von  dem  be- 
rühmten Läufer  Leonidas  aus  Rhodos  bei  Philostratos,  gymn. 
p.  278,  6  Xays. :  Ascovldag  6  Yodiog  in'  'Olvfiniddag  teaoagag 
ivtxa  rrjv  rgitrvv  ravxtjv ,  seil.  önXkov  dgdfiov  xal  axadiov 
xal  diavXov. 

3. 

In  unserer  Ueberlieferung  (schol.  Pind.  0.  9, 148.  13, 154. 
I.  3,  114)  und  in  den  Werken  der  Neueren  finden  wir  zwei 
gymnische  Spiele  Thebens  angegeben,  die  Jolaia  und  die 
Herakleia,  zu  Ehren  des  Haupthelden  der  Stadt,  des  Hera- 
kles, und  seines  Neffen  und  Kampfgenossen,  des  gefeierten 
Wagenlenkers  Jolaus,  des  Sohnes  des  Iphikles.  Aber  dass 
es  zu  Theben  zwei  gymnische  Spiele,  und  obendrein  zwei 
Jahr  für  Jahr  gefeierte  {ireia  Pind.  I.  3,  85)  gab,  ist  von 


6  W.  Christ. 

vornhereiu  nicht  sehr  wahrscheiulich.  Dem  widerspricht 
die  Analogie  der  anderen  Städte  und  Kultorte:  zu  Olym- 
pia, Neniea,  Delphi,  auf  dem  Isthmus,  zu  Epidaurus,  Eleu- 
sis,  Marathon  gab  es  überall  nur  ein  Festspiel  mit  Wett- 
kämpfen, und  auch  in  Athen  und  auf  Aegina  werden  wir  nur 
ein  derartiges  Fest,  dort  die  Panathenaia,  hier  die  Aiakeia, 
annehmen  dürfen.  Daneben  gab  es  allerdings,  namentlich 
in  den  grösseren  Städten,  wie  Athen  und  Korinth,  und  an 
den  glänzenderen  Kultstätten,  wie  Delphi,  noch  andere  Feste, 
mit  denen  Aufführungen,  Fackellauf  und  scenische  Agonen 
verbunden  waren,  aber  das  schliesst  den  Satz  bezüglich  der 
gyuiniscfaen  und  Reiterwettkämpfe  nicht  aus.  Wie  unsere 
Dörfer  nur  eine  Kirmes  oder  Kirch  weih  haben,  so  hatten 
auch  die  Städte  Griechenlands  in  der  Regel  nur  ein  Haupt- 
fest, mit  dem  der  kostspielige,  aber  auch  Tausende  von  Men- 
schen anziehende  Apparat  von  turnerischen  Wettspielen  ver- 
bunden war:  man  pflegte  eben  für  ein  Fest  seine  Mittel  auf- 
zusparen,  um  dieses  dann  um  so  glänzender  begehen  zu  können. 
Vollends  will  für  Pindars  Zeit  die  Annahme  nicht  passen, 
dass  es  zu  Theben  und  Athen  mehrere  Festspiele  gegeben 
habe.  Oefters  nämlich  preist  derselbe  die  Siege  seiner  Helden 
in  Theben  und  Athen,  dann  aber  immer  nur  mit  der  ein- 
fachen Ortsangabe  in  Theben  {6y)ßaig  0.  7,84.  13,107. 
N.  4,  19)  oder  in  Athen  {xQavaaXq  h  "A^dvaig  0.  7,  82. 
13,  38,  h  'AMvaig  0.  9,  88.  I.  2,  20,  iv  yovvoTg  A&aväv 
1.  3,  43,  eiHovibficov  &7i  'A&aväv  N.  4,  19)  ohne  weiteren 
Zusatz,  den  man  doch  erwarten  sollte,  wenn  es  in  einer  dieser 
Städte  mehrere  Turnfeste  gegeben  hätte.  Einmal  freilich  ist 
das  Fest  genannt  F.  9,  97  rekeralg  (bglaig  iv  IlakXddog,  aber 
ebenda  fehlt  der  Name  der  Stadt,  doch  wohl  deshalb,  weil 
es  sich  nur  um  ein  Fest  und  nur  um  eine  Stadt  handelte. 
Davon  ausgehend  haben  denn  auch  in  unserer  Zeit  Böckh 
und  Dissen  angenommen ,  dass  'Ilgankeia  und  ^lokäeia  nur 
zwei  verschiedene  Namen  eines  und  desselben  Festes  gewesen 


SchnUßel  aus  einer  Pindarwerkstätte.  7 

seien,  und  bemerkt  Dissen  ausdrücklich  zu  0.  9,  97:  Jolaia 
sive  Heraclea  Thebana  habebantur  ad  Jolai  tumulum,  qui  idem 
Amphitryonis  et  Alcmenae,  ante  portas  Proetides.  Aber  da 
bat  Dissen  nicht  blos  Unsicheres  eingemischt,  sondern  auch 
einen  Hauptpunkt,  welcher  bei  der  Frage  in  Betracht  zu 
kommen  hat,  ganz  übersehen.  Eß  handelt  sich  nämlich  zu- 
gleich um  den  Ort  in  Theben,  wo  die  Spiele  stattfanden. 

Nach  der  Beschreibung  des  Pausanias  gab  es  in  Theben 
zwei  Gymnasien  und  Stadien,  eines  des  Jolaos,  von  dem  wir 
IX  23,  1  lesen:  ngo  x&v  nvldw  laxl  x(bv  Hgoirldwv  xai  to 
*Iol&ov  xalovßievov  yvfxvAoiov  xal  arddiov  xaxä  xavrä  rtß  re  iv 
^OXvfuiiq.  xai  tcß  'EjtidavgUov  yrjg  %(biia'  hnav^a  deixwxac 
xai  ^Q€pov  ^loidov  .  .  vnegßdvri  dk  xov  Gxadlov  xd  h  de^iq. 
ÖQOfiog  tnjicov  xai  iv  avxcp  üivddQov  fivfjfAd  iaxi,  und  ein 
zweites  des  Herakles,  das  ausserhalb  des  Thors  der  Elektra 
lag,  und  von  dem  Pausanias  IX  11,  7  bemerkt:  xov  dk  'Hga- 
xieiov  yvfivdoiov  1%^^^  ^^^  oxdöiov,  äßitpoxeQa  iTKow/xa  xov 
&eov.  Diese  Angabe  aber  gibt  er,  nachdem  er  zuYor  unter 
den  Denkwürdigkeiten  Thebens  näher  der  Stadt,  zur  Linken 
des  Elektrathores  die  Trümmer  des  Hauses  des  Amphitryon 
und  das  auch  aus  Pindar  I.  4,  79  bekannte  Grab  der  Kinder 
des  Herakles  und  der  Megara  erwähnt  hatte.  Es  befand  sich 
also  nicht  blos  vor  dem  Prötosthor,  sondern  auch  vor  dem 
Elektrathor  ein  Gymnasium  und  ein  Stadion,  und  von  Am- 
phitryon und  Alkmene  erwähnt  Pausanias  überhaupt  nur 
Gebaudereste  vor  dem  Elektrathor.  Da  scheinen  wir  also  um- 
gekehrt zur  Annahme  zweier  Spiele,  der  des  Herakles  vor 
dem  Elektrathor  und  der  des  Jolaos  vor  dem  Prötosthor  hin- 
gevFiesen  zu  werden.  Ein  Ausweg,  dieser  Schlussfolge  zu 
entkommen,  ist  indes  nicht  schwer.  Vor  dem  Elektrathor 
lag  neben  dem  Herakleion  nur  ein  Stadion,  vor  dem  Prötos- 
thor bei  dem  Grabmal  des  Jolaos  ausser  dem  Stadion  auch 
ein  Hippodrom,  und  das  hatte  seinen  guten  Grund  in  der 
ortlichen  Beschaffenheit,   wie  jeden  ein  Blick  in  die  beiden 


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P.üiar.    ganz   ent^re-^es   irr  Zw   -«einer 
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Schnitzel  aus  einer  Pindarwerkstätte.  25 

weit,  Uhadamanthus,  an,  so  sehr  er  auch  sonst  von  den  zw^i 
anderen  Richtern  der  Toten,  Minos  und  Aiakos,  den  letzteren 
bei  jeder  Gelegenheit  verherrlicht  und  sogar  die  Zwiste  der 
Götter  schlichten  lässt  I.  8,  24.  Aber  in  der  Unterwelt 
kennt  er  nur  den  einen  Richter,  Rhadamanthus ,  offenbar 
weil  er  sich  von  Homer  Od.  4,  563 

dkXd  o'  ig  'HXvoiov  nediov  xal  neigara  yairjg 
ä9dvaroi  Jte/Mxpovoiv,  8'&i  ^av9dg  'Padd/biav^vg, 

nicht  entfernen  wollte. 

Den  Hymnus  nennt  Pindar  I.  5,  63  geflügelt,  jireQuevra 
v^vov,  doch  wohl,  weil  er  an  das  homerische  enea  TtxsQdevxa 
dachte  und  vielleicht  auch  in  diesem  Sinne  sich  die  Phrase 
Tov  (J*  äTtxEQog  enkero  fiv'&og   zurecht  legte. 

N.  3,  33  lesen  wir  von  Peleus  nakaiaioi  d'  iv  dgerdig 
yeya&E  IJrjkevg  äva$  vTiigakkov  al^fidv  xafxwv.  Die  Scholien, 
die  zum  Teil  auf  den  ersten  Homerkenner,  Aristarch,  zurück- 
gehen, merken  richtig  an,  dass  sich  hier  Pindar  auf  Homer 
IL  19,  390 

Tlrfkidda  fxeklr)v,  xr]v  Ttaxgi  (plXco  xdfxe  XeiQCOv 

beziehe.  Sie  hätten  noch  hinzufügen  können,  dass  er  dem- 
nach auch  in  seinem  Homertext  xdjue  las,  wie  Aristarch 
wollte,  und  nicht  Ttöge,  wie  jetzt  von  vielen  auf  Grund  des 
syrischen  Palympsestes  gelesen  wird. 

N.  10,  9  nennt  Pindar  den  Amphiaraos,  des  Oikles  Sohn, 
TioXifioio  veqpog.  Das  ist  ein  unklares  Bild,  das  durch  die 
Annahme,  dass  vecpog  hier  die  Sturm-  oder  Gewitterwolke 
bedeute,  nur  halb  aufgehellt  wird.  Pindar  Hess  sich  aber 
zu  dieser  Metapher  verleiten,  weil  er  sich  des  Verses  II.  17,  243 

ijiel  nokifioio  vecpog  tieqI  ndvxa  xakvTixec 

erinnerte  und  in  demselben  gerade  so  wie  ein  Teil  der  alten 
Ausleger  (s.  schol.  B)  unter  der  Wolke  des  Krieges  nicht 
den  Krieg   im   allgemeinen,    sondern   den   Hektor   verstand. 


26  W.  Christ 

Dass  er  dann  einer  schiefen  Auffassung  anhing,  macht  mich 
nicht  irre.  Denn  auch  N.  4,  96,  wo  er  vom  Tarnlehrer 
Melesias  sagt  tgaxv^  de  nakiyxÖToig  ^(peÖQog,  folgt  er,  wie 
zuerst  Schneidewin  erkannt  hat,  dem  Archilochos  fr.  86 
OQqg  fv'  for'  ixeivog  {fy/rjXdg  ndyog  \  tgtjxvg  re  xal  naUyxoxog,  \ 
h  rcp  xa&rifxai  rfjv  ika(pQt^(üv  /idxrjv,  indem  er  falschlich 
gegen  Satzbau  und  Metrum  nach  ndyog  ein  Komma  gesetzt 
dachte  und  XQtjxvg  re  xal  naUyxoxog  Apposition  zum  Subjekt 
des  Relativsatzes  sein  liess. 

10. 

In  den  Scholien  zu  0.  3,  60  lesen  wir  von  dem  Knaben, 
der  für  den  Siegeskranz  zu  Olympia  die  Zweige  mit  goldenem 
Messer  im  heiligen  Oelbaumhain  abschnitt:  ögenei  i/LKpi^akijg 
TiaTg  XQ^^^  ögendvco  xXddovg  eC'  xe/nvcov,  8aa  xal  xä  äyco* 
viofxaxa.  Der  Wettkämpfe  waren  aber  nicht  17,  sondern  18, 
wie  wir  aus  den  sonstigen  Zeugnissen  wissen  und  nach  An- 
leitung des  Pausanias  V  8  und  des  Philostratos  gymn. 
p.  267  K.  auch  mit  Namen  belegen  können.  Sie  hiessen 
der  Reihenfolge  ihrer  Einführung  nach:  1.  ÖQÖfiog  axadUp, 
2.  ölavlog,  3.  döhxog,  4.  ävögcbv  nevxa'&kov,  5.  &vdQ(bv  ndlrj, 
6.  ävdgcüv  nvy/Mtj,  7.  Tjuiojv  xeXeicov  dgdfiog  äg/iaxi,  8.  dv- 
dg(bv  Tiayxgdxiov,  9.  ltitkov  xeXtjxoyv  dgöfiog,  10.  naldojv 
dgdfiog  Gxaöico,  11.  naldcov  ndkrj,  12.  naidwv  jivy/jLrj,  13.  önXi- 
xöjv  ögofxog,  14.  tn7io)v  xeXelcov  dgöjuog  ovvcogidif  15.  tkoXcdv 
dgöfiog  ägfxaxt,  16.  7t(bko)v  ögofiog  avvcoglöi,  17.  ncolcDV 
xtXrixiov  dgojüLog,  18.  jiaiScov  Tiayxgdxiov,  Von  diesen 
Wettkämpfen  war  der  letzte,  naldcov  nayxgdxiov,  in  der 
145.  Olympiade,  der  vorletzte,  ncoXoiv  xekrjxcov  dgöjLLog,  in 
der  131.  Olympiade  eingeführt  worden.  Dieselben  18  äyo)" 
vlofiaxa  begegnen  uns  auch  noch  bei  Phlegon  Fragm.  12  in 
dem  Siegerverzeichnis  der  177.  Olympiade,  nur  dass  hier  im 
Dolichos  neben  dem  griechischen  Sieger  auch  noch  ein  römi- 
scher aufgeführt  ist,  waa  auf  verschiedene  Länge  des  griechi- 


Sclmüzel  atut  einer  Pindarwerkatätte,  27 

sehen  und  römischen  Dauerlaufs  und  somit  auf  die  Spaltung 
des  dritten  äycövio/ia  in  zwei  Spielarten  schliessen  lässt.  Zu 
ihnen  war  noch  zeitweise  gekommen  das  Pentathlon  der 
Knaben,  der  Lauf  des  Maultiergespanns  {fifjudvtov  djiYJvrj) 
and  das  Trabrennen  {ndinr])^  von  welchen  drei  Spielarten 
aber  die  erste  nur  in  der  einen  38.  Olympiade  zur  Anwen- 
dung kam  und  auch  die  beiden  anderen  schon  in  der  84.  OL 
wieder  abgeschafft  wurden  (Paus.  V  9,  1  und  schol.  Pind. 
y.  5  inscr.).  Dass  also  diese  drei  Arten  des  Wettkampfes 
in  dem  Scholion,  von  welchem  wir  ausgingen,  nicht  in  Be- 
tracht gezogen  sind,  kann  nicht  auffallen ;  aber  woher  kommt 
die  Zahl  17  statt  18?  Haben  wir  vielleicht  nur  einen  ein- 
fachen Schreibfehler  vor  uns?  Das  anzunehmen,  wäre  nicht 
unerhört,  zumal  auch  in  einem  anderen  Scholion  zu  0.  5,  14 
<nEq>6yovg  sx^i  ^i]\  ot  orefpavovat  rovg  vix(bvrag  die  Zahl  ver- 
derbt ist,  wenn  auch  an  zweiter  Stelle  richtig  rj  und  nicht  C 
steht.  Aber  zum  Zufall  und  zum  Schreibfehler  soll  man  ' 
doch  immer  nur,  wenn  alle  anderen  Mittel  versagen,  seine 
Zuflucht  nehmen.  Ich  suchte  daher  ehedem  den  Grund  des 
Fehlers  im  Texte  des  Pausanias.  Denn  auch  dort  stehen  nur 
17  äycDvlajuara,  indem  durch  eine  Lücke  der  dökixo^  aus- 
gefallen ist-  Aber  unsere  Scholien  —  ich  meine  natürlich 
nur  die  alten  —  sind,  glaube  ich,  älter  als  Pausanias,  so  dass 
man  nicht  so  leicht  einen  Fehler  der  Scholien  auf  Pausanias 
zurückführen  darf.  Ich  richte  daher  jetzt  meine  Vermutung 
nach  einer  anderen  Richtung.  Die  Spaltung  des  Dolichos  in 
zwei  Unterarten,  die  uns  aus  der  177.  Olympiade  belegt  ist, 
findet  sich  weder  bei  Pausanias  noch  bei  Philostratos  noch 
in  den  Scholien,  das  heisst,  sie  ist  erst  nach  der  Zeit  des 
Autors,  dem  alle  unsere  Quellen  folgen,  eingeführt  worden. 
Stund  also  in  dem  Buch  des  Istros  tzeqI  äy(6va)v  oder  bei 
Polemon,  auf  den  die  Notiz  über  die  Dauer  des  Wettkampfes 
mit  dem  Maultiergespann  in  den  Scholien  zu  Pind.  Od.  5,  1 
zurückgeführt  wird,  noch  nichts  von  dem  römischen  Dolichos, 


Zr",  IT  .7,--^ 


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Wf-ffAx,  i*fT  y^Jtr  irzT  «jr»!!:  -it^.   erw^IJi^»   rw^r  cur 

♦prvih  *!<»  U.zr.UfT*  tch  ie=:  Gesetz  al-  i-^rr.  König  aller 
Kjniriii*t-  Ar/*T  ^^'ic^zLZL^  hat  H^ttA'.':  sehr  z^  sehieii  Pindar: 
ifj  ^n^  K^lie  ron  ^i/rv: ?*!••::**«  Wen  i^msr^er.  t:::!  saccticbeD 
Ar.vr*a'j%r.;r*rr.  •tirnir.t  er  irit  d^rai  tr-f^'r-anis:*!:«:  Dichter  ni 
<«n*?r  yS'fii*e  Coerein,  das  man  an  eice  direkte  Anlehnimg 
zn  dfmken  ber*«ht:gt  ist.  Der  Gegenstand  Terdient  ein- 
g#rhende  rDte>iif;hüng:  ich  will  hier  nur  auf  ein  paar  Pnnkte 

W^jn  Pindar  in  der  herrlichsten  seiner  Dichtungen 
F*  1,  %'*J  den  Spnjf'h  tliut  xo^ioofor  oixxtouov  r^O*'tro^,  und 
Wf^fA'A  3,  52  den  Periander  sagen  lässt:  öi*  Af  iia\yt*jr  ooco 
ff  tßf/ri.ßoOru  xofoof'/y  im\  ff  oiiCTfiofGf'fcu,  so  ist  es  ja  möglich, 
flhtit  beide  Schrifbiitelier  unabhängig  Yon  einander  sich  auf 
r;ine  rolkHtQmliche  Spmchweisheit  beziehen,  aber  der  Anklang 
ifer^MloU  an  Pindar  ist  so  stark,  dass  ich  doch  lieber  an  eine 
It/frriiniifcen%  de-  Historikers  glauben  möchte. 

f>ie  Vorstfdlung  von  dem  Neide  der  Götter  ist  dem  Alter- 
tiirij  Ql^rbaupt  eigen;  aber  das  Altertum  machen  doch  immer 
die  Men>4chen,  und  jene  Vorstellung  tritt  uns  doch  ganz  be- 
mßruhfrn  bei  Herodot  und  Pindar  entgegen.  Bei  dem  frommen, 
gotte^fUrcbtigen  Sinn,  der  beiden  gemeinsam  ist,  aber  doch 
bei  Herodot  mehr  in  dummfrommem  Aberglauben,  bei  Pindar 
mehr  in  theosophischer  Spekulation  sich  äussert,    ist  es  mir 


Schnitzel  aus  einer  Pindarwerkstätte.  29 

ebensowenig  auffallig,  dass  sich  beide  in  jener  Vorstellung 
vom  Neide  der  Götter  begegnen,  als  zweifelhaft,  wer  von 
ihnen  zuerst  den  Gedanken  in  Umlauf  gesetzt  und  bei  dem 
andern  wachgerufen  hat. 

An  zwei  Stellen  N.  4,  27  and  I.  6,  33  erwähnt  Pindar 
den  Kampf  des  Herakles  mit  dem  Riesen  Alkyoneus  auf  dem 
thrakischen  Isthmus,  und  nennt  an  letzterer  Stelle  den  Al- 
kyoneus einen  Rinderhirten  (rov  ßovßoxav).  Dazu  haben  wir 
ein  leider  lückenhaftes  Scholion,  aus  dem  wir  aber  doch  so 
viel  ersehen,  dass  Herakles  mit  dem  Alkyoneus  um  die  Sonnen- 
rinder stritt.  Nun  lesen  wir  aber  auch  bei  Herodot  4,  8 
von  der  merkwürdigen  Sage,  dass  Herakles,  als  er  die  Rinder 
des  Geryoneus  von  der  Sonneninsel  Erytheia  wegtrieb,  mit 
den  Rindern  in  das  Skythenland  kam  und  dort  mit  einem 
Schlangenweib  den  Agatbyrsos,  Gelonos  und  Skythes  zeugte. 
Bei  beiden  finden  wir  also  eine  Fabel  des  fernen  Westens 
mit  dem  Norden  Europas  in  Verbindung  gebracht,  wie  Pindar 
auch  noch  eine  andere  Fabel  des  Westens,  die  von  dem 
Kampfe  des  Perseus  und  der  Gorgonen,  mit  dem  Norden  in 
Zusammmenhang  bringt,  indem  er  P.  10,  45  den  Perseus 
in  dem  Hyperboreerlaud  die  Gorgo  überwinden  lässt.  Hier 
denke  ich  nun  nicht  daran,  dass  Herodot  dem  Pindar  folgte, 
aber  beachtenswert  bleibt  es  doch,  dass  beide  sich  in  Ver- 
quickung der  Sagen  des  Westens  mit  dem  Norden  Europas 
begegnen. 

Aber  sicher  direkt  aus  Pindar  hat  Herodot  geschöpft, 
wenn  er  5,  80  einen  Thebaner  den  Ausspruch  der  delphischen 
Pythia,  sie  sollten,  um  sich  an  den  Athenern  zu  rächen,  die 
Nächsten  bitten  (x(bv  äyxiora  deea^ai),  folgendermassen  deuten 
lässt:  iy(6  juoi  doxico  ovvdvai  lo  ßeXei  Xeyaiv  fj/uv  x6  //av- 
rtjiov,  'AooJTiov  keyovrai  yeveodat  ^uyaregeg  ßtjßi]  ts  xal 
ATyiva'  rovricov  ä6ek(peo)v  f.ovofaov,  doxeco  y^^dv  Atyivriticov 
d€£<r&ai  rdv  '^eöv  XQ^^^^  TijucorrJQWv  yeveo&ai.  Diese  Ge- 
schichte   von    den    zwei    Töchtern    des    Flussgottes    Asopos, 


30  TT.  Christ 

Aegina  und  Thebe,  von  denen  Zeus  die  eine  nach  der  schön 
fliessenden  Dirke,  die  andere  nach  der  Insel  Oinopia  ver- 
pflanzte, steht  aber  bei  Pindar  I.  8,  16  ff.  und  ist  gewiss  von 
Pindar  erfunden  worden,  um  die  enge  politische  Zusammen- 
gehörigkeit durch  eine  Fabel  aus  der  mythischen  Vorzeit  zu 
begründen  und  anzupreisen.  Wer  wird  also  hier  noch  zwei- 
feln, ob  Pindar  die  Fabel  von  einem  namenlosen  thebanischen 
Bürger  aufgeschnappt,  oder  Herodot  sie  aus  Pindar  entlehnt 
und  in  ältere  Zeit  —  denn  das  von  Herodot  berührte  Er- 
eignis fallt  vor  I.  8  —  zurückverlegt  hat? 

12. 

Um  das  Dutzend  voll  zu  machen,  will  ich  zum  Schluss 
noch  einige  Textesverbesserungen  geben,  welche  sich  aus 
Pindar  ergeben  oder  doch  mit  ihm  zusammenhängen. 

Thucyd.  5,  54 :  Kaqveiog  S*  ^v  jurjv,  leQO/j^via  AojQievai. 
Bei  Thukydides  kann  man,  da  das  Wort  im  Nominativ  steht, 
nicht  unterscheiden,  ob  legojui^via  oder  leQojurjvla  zu  accen- 
tuieren  ist.  Aber  bei  Pindar  N.  3,  2  findet  sich  der  Dativ 
h  IsQOjurjvlq.  Danach  geht  das  Wort  nach  der  2.  Deklina- 
tion und  ist  auch  bei  Thukydides  zu  schreiben  leQO/urjvla. 

Plut.  vit.  Thes.  10:  ZxeiQCDva  rolvvv  KvyxQ^cog  fiiv 
yeveo'&ai  yajUißQoVf  Alaxov  de  Trev&egöv,  nt]ii(og  de  xai  TeJia^ 
fiöjvog  ndjinov,  i^  ^EvÖTjtdog  yeyov6rü)v  T^g  ^xeigcovog  xal 
Xagixkovg  -^^^yargdg.  Dass  in  dieser  Stammestafel  Zxelgo}" 
vog  mit  Xeigwvog  verwechselt  ist,  erheben  die  anderen  Zeug- 
nisse über  allen  Zweifel.  Bei  Pindar  N.  5,  12  erscheint  En- 
dais als  die  Mutter  des  Peleus  und  Telamon,  in  den  Scholien 
dazu  aber  wird  ausdrücklich  Endais  oder  Endeis  als  Tochter 
des  weisen  Chiron  bezeichnet.  Ebenso  nennt  Pindar  P.  4, 103 
unter  den  weiblichen  Wesen  in  der  Hütte  des  Chiron  die 
Chariklo  und  Philyra,  wozu  die  Scholien  bemerken,  dass 
Philjrra  die  Mutter,  Chariklo  die  Gattin  des  weisen  Ken- 
tauren war.     Endlich  sagt  kurz  und  bestimmt  Apollodor  in 


Sehnüzel  aus  einer  Pindartoerkstätte,  31 

der  Bibliothek  III  12,  6 :  ya/ieT  dk  Ataxbg  'Evdr]tda,  rrjv  Xei- 
gwvog,  i^  fjg  avxco  Jialdeg  iyevovro  ürjlsvg  te  xal  Tekaficbv. 
Plato  legg.  VIII  p.  833^  befiehlt  auch  die  Frauen  und 
Mädchen  im  Laufen  zu  üben,  schreibt  aber  für  diese  minder 
anstrengende  Läufe  vor :  xdgaig  fikv  Avrißoig  yvfivaXg  oxddiov 
xal  dlavXov  xal  iq)biniov  xal  ödki^ov.  Einen  icpbiniog  dgd- 
^og  gibt  es  aber  nicht,  wohl  aber  einen  ijijtiogf  dessen 
Länge  in  der  Mitte  stund  zwischen  dUxvkog  und  döh^og  (s. 
Mommsen,  Heortologie  144).  Dieses  fkmov  ist  ohne  weiteres 
an  die  Stelle  des  durch  ein  begreifliches  Missverständnis  in 
den  Text  geratenen  iipbuiiov  zu  setzen. 


32 


Sitzung  vom  9.  Febraar  1895. 

Philosophisch-philologische  Glasse. 

Herr  K.  y.  Maurer  hielt  einen  Vortrag: 

Zwei  Kechtsfälle  in  der  Eigla 
wird  in  den  Sitzungsberichten  erscheinen. 

Herr  W.  v.  Christ  legte  eine  Abhandlung  vor  von  Dr.HAURi : 
Die  Ueberlieferung  Porkops 
wird  in  den  Sitzungsberichten  erscheinen. 

Herr  W.  v.  Christ  legte  ein  Manuscript  vor  von  Dr.  Rück  : 

Wilibald  Pirkheimer's  Schweizerkrieg,  nach 
Pirkheimer's  Autographie  im  britischen  Mu- 
seum herausgegeben 

wird  für   ein  Supplementheft  der  Sitzungsberichte  bestimmt. 

Historische  Glasse. 

Herr  M.  LosSEN  hielt  einen  Vortrag: 

Ueber  die  Verheiratung  der  Markgräfin  Jakobe 
von  Baden  mit  Herzog  Johann  Wilhelm  von 
Jülich-Cleve-Berg  1581-1583 

wird  in  den  Sitzungsberichten  erscheinen. 

Herr  J.  H.  V.  Hefner- Alteneck  hielt  einen  Vortrag: 

lieber  Schilderer  und  Schildbemalnng  des 
Mittelalters. 


33 


Die  Verheiratung  der  Markgräftn  Jakobe  von  Baden  mit 
Herzog  Johann  Wilhelm  von  Jülich-Cleve-Berg. 


(1581  —  1585.) 

Von  Max  Lo8sen. 

(Vorgetragen  am  9.  Februar.) 

Das  tragische  Ende  der  Herzogin  Jakobe  von  Jülich- 
Gleve-Berg,  gebornen  Markgräfin  von  Baden,  und  das  Qe- 
heimnisvolle,  was  immer  noch  über  ihm  lag,  bat  in  neuerer 
Zeit  wiederholt  zu  dem  Versuch  gelockt,  den  verhüllenden 
Schleier  vollends  zu  heben.  ^)  Wir  dürfen  sagen,  daß  dieses 
Bemühen  ziemlich  erfolgreich  gewesen  ist.  Weniger  hat  man 
sich  bemüht,  auch  das  Dunkel  zu  lichten,  welches  die  Vor- 
geschichte von  Jakobens  Heirat  umgibt.  Ich  hatte  Gelegen- 
heit, teils  bei  meinen  Studien  über  den  Kölnischen  Krieg, 
t^ils  durch  eigens  angestellte  Forschungen  in  den  Münchner 
Archiven,  jene  Vorgeschichte  fast  vollständig  aufzuhellen  und 
glaube,  daß  die  Mitteilung  meiner  Ergebnisse  einen  nicht 
unwichtigen  Beitrag  zur  Geschichte  der  Gegenreformation 
bildet,  und  man  insbesondere  durch  sie  eine  Anzahl  Personen 


^)  Vgl.  den  Art.  Jakobe  v.  Baden  von  Fei.  Stieve  in  d.  A 1 1  g.  D. 
Biogr.  Bd.  13  und  von  der  dort  angeführten  neueren  Literatur  be- 
sonders Stieve,  Beitr.  z.  Gesch.  der  Herzogin  JaVobe  in  d.  Ztschr. 
des  Berg.  G.-Vs.  Bd.  13.  1877  und  Göcke,  Zur  Proceßgeschichte  der 
Herzogin  Jacobe  in  d.  Ztschr.  f.  Preuß.  Geschichte,  Bd.  15,  1878. 
1896.  Sitzungsb.  d.  phU.  u.  biat.  Cl.  3 


34  Max  Zossen 

genauer  kennen  lernt,   welche  in   den  achtziger  Jahren  des 
16.  Jahrhunderts  einflußreich  in  dieselbe  eingegriflfen  haben.  *) 

Der  Plan,  den  nunmehr  einzigen  Sohn  des  Herzogs 
Wilhelm  von  Jülich-Cleve-Berg ,  den  am  29.  Mai  1562  ge- 
borenen Herzog  Johann  Wilhelm,  zur  Zeit  Administrator  des 
Stifts  Münster,  mit  der  um  vier  Jahre  älteren,  am  bairischen 
Hof  erzogenen  und  lebenden  Markgräfin  Jakobe  von  Baden 
zu  vermählen,  begegnet  uns  zuerst  um  die  Mitte  des  Jahres 
1581.  Als  Urheber  erscheinen  drei  streng  römisch-katholisch 
gesinnte  Räte  des  Herzogs  Wilhelm:  der  Kammersekretär 
Paul  Langer,  der  Jülichsche  Haushofmeister  Johann  von 
Ossenbroch  und  der  Jülichsche  Landdrost  Werner  Herr  zu 
Gimnich,  vormals  Hofmeister  des  im  Jahre  1575  gestorbenen 
älteren  Sohnes  Karl  Friedrich,  danach  einige  Zeit  (bis  1578) 
auch  des  Herzogs  Johann  Wilhelm.*)  Langer  stand  bereits 
seit  dem  Jahre  1574  mit  einigen  bairischen  Räten,  nament- 
lich dem  Sekretär  Winkelmair,  dann  dem  Kanzler  Dr.  Elsen- 
heimer  und  dem  Hofmeister  der  Herzogin  Renata,  Hans 
Jakob  von  Dandorf,  in  vertrautem  Briefwechsel;  Ossenbroch 
hatte  im  Frühjahr  1580   seinen   einzigen   Sohn  Johann  als 


^)  Meine  Hauptquelle  ist  der  Band  .HeiraUhandlungen  Lit.  D* 
im  Münchner  Reichsarchiv  (RA.),  welcher  von  f.  190/848  ausschließ- 
lich Akten  über  die  „Heirats-Unterhandlung  zwischen  Herzog  Jobann 
Wilhelm  u.  Mgfin  Jakobe""  von  1582—86  enthält.  Die  Kölnischen 
Kriegsakten  der  Münchner  Archive  und  des  Düsseldorfer  Staats- 
archivs, welchen  ich  einzelne  Ergänzungen  entnommen  habe,  citiere 
ich  mit  den  im  1.  Band  meiner  Gesch.  des  Kölnischen  Kriegs  ange- 
gebenen Abkürzungen;  genauer  werde  ich  die  Titel  vor  Bd.  II  meines 
Kölnischen  Kriegs  verzeichnen.  —  Die  wichtigsten  und  interessan- 
testen von  den  Briefen,  auf  welchen  nachfolgende  Darstellung  beruht, 
gedenke  ich  im  nächsten  Band  der  Zeitschrift  des  Bergischen  Oeschichts- 
vereins  (Jahrg.  1895)  zu  veröffentlichen. 

^)  Für  Langer  u.  Gimnich  vgl.  m.  Köln.  Krieg,  Bd.  I  (Register); 
Ossenbroch  spielt  im  späteren  Leben  der  Herzogin  Jakobe  eine  Haupt- 
rolle. 


Verheiratung  der  Markgräfin  Jakobe  von  Baden.  35 

Edelknaben  am  Münchner  Hof  untergebracht ;  ^)  Gimnich, 
seit  langen  Jahren  das  Haupt  der  römisch-katholischen  Partei 
an  Herzog  Wilhelms  Hof,  hatte  mit  seinem  Zögling  Herzog 
Karl  Friedrich  mehrere  Jahre  am  kaiserlichen  Hof  gelebt 
und  war  namentlich  mit  Kaiser  Rudolfs  oberstem  Hofmeister, 
dem  Freiherrn  Adam  von  Dietrichstein,  einem  eifrigen  Katho- 
liken, Freund  Spaniens  und  Gegner  der  Protestanten,  in 
Verbindung  geblieben. 

Während  Langer  und  Ossenbroch  das  Heiraisprojekt  mit 
dem  bairischen  Kanzler  Elsenheimer  vertraulich  verhandelten, 
suchte  der  Landdrost  Gimnich  durch  den  Herrn  von  Dietrich- 
stein den  Kaiser  für  dasselbe  zu  gewinnen.  Als  der  Dechant 
von  ü.  L.  Fr.  in  Achen,  Franz  Voß,  mit  den  anderen  aus 
Achen  entwichenen  Häuptern  der  katholischen  Partei  im 
Spätjahr  1581  an  den  kaiserlichen  Hof  ging,  nahm  er  von 
seinem  Freund  und  Schwager*)  Gimnich  auch  den  Auftrag 
mit,  für  den  Plan  der  badischen  Heirat  dort  den  Boden  zu 
sondieren. 

Dieser  mußte  von  vornherein  günstig  erscheinen:  denn 
dem  Kaiser  wie  der  ganzen  katholischen  Partei  im  Reiche 
lag  viel  daran,  daß  nach  dem  Tode  des  bereits  in  der  Mitte 


^)  Am  7.  März  1560  schickt  Herzog  Wilhelm  v.  Jülich  an  Herzog 
Wilhelm  von  Baiem  ein  Leibroß  als  Qeschenk  und  bemerkt  dazu:  er  sei 
von  seinem  Haushofmeister,  Amtmann  zu  Grevenbroich  und  Gladbach 
und  Rat,  J.  v.  0.  ersucht  worden,  dessen  Sohn  Johann,  «der  ein  Zeit- 
lang auf  unser  geliebten  gemal  cammer  aufgewart  und  sich  zu  un- 
serm  gefallen  anders  nit  als  vleißig  erzeigt  und  verhalten",  bei  Hg.  W. 
in  Dienst  zu  befördern;  Hg.  W.  möge  den  Knaben  gutwillig  auf- 
nehmen und  wie  andere  seines  gleichen  halten.  Der  Herzog  ant- 
wortet willf&rig.  (Ogl.  u.  Kpt.  RA.  Jülich  und  Cleve  I,  174  f.).  In 
späteren  Briefen  O's  an  bairische  Räte  wird  der  zuerst  am  Münchner, 
dann  am  Mantuaner  Hof  untergebrachte  Knabe  mehrmals  erwähnt. 

^)  So  nennt  Werner  von  Gimnich  selbst  in  einem  Brief  vom 
9.  August  62  (Kop.  RA.  Heiratehandlgn.  D,  216)  den  Achener  Dechant. 
Wie  beide  verwandt,  weiß  ich  nicht. 

8* 


3G  Max  Lo$9en 

der  sechziger  stehenden  alten  Herzogs^)  das  kfinfiage  Hanpt 
der  dnrch  kirchliche  nnd  politische  Gegensätze  tief  gespal* 
tenen  jQlich-cleyischen  Lande  bei  Zeiten  dnrch  Heirat  mit 
den  katholischen  nnd  zugleich  mit  den  österreichischen  Haus- 
Interessen  enge  Terknüpft  wurde.  Nun  gab  es  im  Reiche 
überhaupt  nur  noch  einige  wenige  katholische  Fürstenfamilien, 
und  Ton  diesen  fanden  sich  nur  in  zweien,  im  markgräflichen 
Hause  Baden-Baden  und  im  herzoglichen  Hause  Lothringen, 
Tochter,  die  bereits  heiratsföhig  waren  oder  demnächst  wur- 
den. Eine  Verbindung  des  Erben  von  Jülich-Cleve-Berg  mit 
dem  Hause  Lothringen  war  bei  dessen  engen  Beziehungen  zur 
französischen  Krone  nicht  unbedenklich.  Dagegen  sprach  für 
die  Heirat  mit  einer  Markgräfin  besonders  noch  deren  Be- 
ziehung zum  Hause  Baieru:  —  die  vier  Kinder  des  im  Jahre 
15G9  bei  Moncontour  gefallenen  Markgrafen  Philibert  von 
Baden,  Philipp,  Jakobe,  Anna  Maria  und  Maria  Salome, 
waren  nach  dem  Tode  ihres  Vaters  an  den  Hof  ihres  Oheims 
und  Mitvormundes,  des  Herzogs  Albrecht  V.  von  Baiern  ge- 
kommen und  hier  im  katholischen  Bekenntnis  erzogen  worden. 

Schon  in  den  Jahren  1579  und  1580  hatte  man  vom 
bairischen  Hofe  aus  mit  Paul  Langer  und  anderen  katho- 
lischen Räten  des  Herzogs  Wilhelm  über  eine  eheliche  Ver- 
bindung zwischen  den  Häusern  Baden  und  Jülich  verhan- 
delt: Markgraf  Philipp,  seit  dem  Jahre  1571  regierender 
Herr  der  Markgrafschaft  Baden-Baden,  sollte  Herzog  Wilhelms 
jüngste,  katholisch  gewordene  Tochter  Sibylla  heiraten.  Kaiser 
Rudolf,  dessen  Einsprache  SibjUens  Wunsch,  den  geforsteten 
Grafen  Karl  von  Arenberg  zu  heiraten,  im  Jahre  1578  durch- 
kreuzt hatte,  wäre  mit  dieser  Heirat  einverstanden  gewesen, 
aber  einstweilen  war  damit  nichts  zu  erreichen,  weil  Sibylla 
entschieden  erklärte,  viel  lieber  wolle  sie  in  ein  Kloster  gehn. 


^)  Herzog  Wilhelm  war  geboren  am  S.  Pantaleonstag,  28.  Jali 
1516. 


Verheiratung  der  MarJcgräfin  Jakobe  von  Baden,  37 

denn  einen  andern  heiraten,  als  den  Grafen.  ^)  Doch  hielt 
namentlich  die  alte  Herzogin  von  Baiern,  Anna  von  Oester- 
reich,  die  als  Schwägerin  von  Herzog  Wilhelm  und  Tante 
von  Kaiser  Rndolf  ein  gewichtiges  Wort  sprechen  konnte,*) 
an  dem  Plane  fest,  und  nahm  wiederholt  Anlaß,  ihn  auch 
am  clevischen  Hof  wieder  in  Erinnerung  zu  bringen.  So  im 
Jani  1581,  als  Wolf  Wilhelm  Freiherr  von  Maxirain  und 
Hans  Jakob  von  Dandorf  zur  Teilnahme  am  Eintritt  ihres 
Sohnes,  des  Herzogs  Ernst,  in  sein  Stifb  Lüttich  an  den 
Niederrhein  gingen. 

Einige  Zeit  danach,  im  Februar  1582,  schickte  Herzogin 
Anna  den  Herrn  von  Dandorf  eigens,  wie  es  scheint,  wegen 
der  beiden  Heiratsprqjekte  an  den  clevischen  Hof:  in  bezug 
auf  Sibylla  sollte  Dandorf  bei  dem  Hofmeister  Ossenbroch 
und  anderen  geheimen  Räten  (Langer  war  vor  einigen  Mo- 
naten gestorben)')  sich   erkundigen,   wie  es  mit  der  Aren- 

*)  Ans  den  Verhandlungen  über  den  Plan  einer  Heirat  der  Her- 
zogin Sibylla,  zaerat  mit  Graf  Karl  von  Arenberg,  dann  mit  Mark- 
graf Philipp,  finden  sich  einzelne  nicht  uninteressante  Stücke  in 
dem  S.  34  Anm.  1  angeführten  Band  der  Heiratshandlun^en,  RA. 
f.  181/9  und  849/356;  anderes  RA.  Adelsselekt,  Fase.  Arenberg.  — 
Schon  am  26.  April  1679  schreibt  Paul  Langer  an  Hans  Winkelmair: 
.Die  bekante  person  [Hgin.  Sibylla]  ist  auf  den  gefürsten  grafen 
also  Temart  und  von  ime  eingenomen,  das  man  mit  der  Sachen  [d.  i. 
dem  Projekt  der  Heirat  mit  Mgrf.  Philipp]  noch  nit  eilen  darf.*  RA. 
Heiratshandlgn.  Lit.  A,  425.  —  Die  oben  erwähnte  Aeußerung  in  dem 
Bericht  von  Mazlrain  und  Dandorf  an  Hgin.  Anna  von  Baiem  vom 
21.  Juni  1581,  RA.  Heiratshandlgn.  D,  356. 

2)  Erzherzogin  Anna,  Gemahlin,  seit  1579  Witwe  Herzog  Al- 
brechts  V.  von  Baiern,  und  Erzherzogin  Maria,  Gemahlin  Herzog 
Wilhelms  von  J.-Cl.-B.,  Töchter  Kaiser  Ferdinands  I.,  Schwestern 
Kaiser  Maximilians  11.,  beide  vermählt  im  Jahre  1646. 

»)  Nach  dem  Buch  Weinsberg  (KStA.  II,  319)  starb  Paul  Langer 
um  den  26.  Nov.  1681  in  Folge  eines  Sturzes  vom  Pferde.  1.  Dezember 
wird  er  in  einem  Brief  der  jülichschen  Räte  an  den  Hofmeister  von 
der  Horst  als  bereits  verstorben  bezeichnet.  DA.  Landesherrl.  Familien- 
sachen 28^  f.  59. 


38  Max  Lassen 

bergischen  Heirat  stehe,  wie  das  Fräulein  gesinnt,  und  ob 
rätlich  sei,  daß  der  Kaiser  oder  sonst  Jemand  wieder  für 
Markgraf  Philipp  anhalte.  Weiter  aber  sollte  Dandorf  — 
und  dieß  war  wohl  der  Hauptzweck  seiner  Sendung  —  jenen 
Räten  eröffnen,  die  Herzogin  habe  erfahren  (vermutlich  eben 
durch  Ossenbroch),  Herzog  Julius  von  Braunschweig  und 
vielleicht  auch  einige  Räte  des  Herzogs  Wilhelm,  die  der 
neuen  Religion  zugethan,  bemühten  sich,  eine  Heirat  zwischen 
einer  Tochter  des  lutherischen  Braunschweiger  Herzogs  und 
dem  jungen  Herzog  von  Jülich  zu  stiften.  Ein  solches  Vor- 
haben sollten  die  katholischen  Räte  hintertreiben,  dagegen 
die  Heirat  mit  einer  katholischen  Fürstin  empfehlen.  Als 
solche  wären  zunächst  die  beiden  noch  unversprochenen  Mark- 
gräfinnen, die  24jährige  Jakobe  und  die  18jährige  Maria 
Salome,  zu  nennen ;  ^)  erst  wenn  Dandorf  von  den  katholi- 
schen Räten  vermerke,  daß  keine  HofiPnung  den  alten  Herzog 
zu  der  badischen  Heirat  zu  bewegen,  solle  er,  um  jedenfalls 
zu  verhüten,  daß  zum  Schaden  der  katholischen  Religion  eine 
lutherische  Frau  dorthin  komme,  andere  katholische  Fürstinnen, 
aus  den  Häusern  Lothringen,  Florenz,  Mantua,  vorschlagen. 

Genaueres  über  die  Art,  wie  Dandorf  seiner  beiden  Auf- 
träge sich  entledigte,  liegt  zur  Zeit  nicht  vor;  doch  ergibt 
sich  aus  späteren  Berichten  soviel,  daß  er  im  Monat  März 
oder  Anfangs  April  1582  zu  Düsseldorf  mit  einigen  katho- 
lischen Räten,   darunter  auch  dem   Hofmeister  des  Admini- 


^)  Von  den  drei  Töchtern  des  Mgr.  Philibert  war  nach  Schopf lin 
(Historia  Zaringo  BadensiB,  tom.  III,  1765,  p.  36  bs.)  Jakobe  im  Jahre 
1558,  Anna  Maria  1562,  Maria  Salome  1563  geboren.  Die  mittlere 
Schwester  wurde  bereits  im  Jahre  1578  (1.  Februar)  mit  dem  Herrn 
Wilhelm  von  Rosenberg  vermählt.  In  den  bairischen  Akten  über 
diese  Heirat  (BA.  Heiratshandign.  Lit.  A)  findet  sich  keine  Angabe, 
weshalb  Anna  Maria,  fast  noch  ein  Kind,  und  nicht  die  ältere 
Schwester,  zuerst  verheiratet  wurde.  Sie  starb,  in  Folge  einer  un- 
glücklichen liTiederkunft,  bereits  im  April  1583. 


Verheiratung  der  Markgrafin  Jakobe  von  Baden,  39 

strators  von  MüDster,  Dietrich  von  der  Horst/)  verhandelte 
und  mit  guten  Hoffnunf;ren,  wenigstens  für  die  Heirat  zwi- 
schen Herzog  Johann  Wilhelm  und  der  älteren  Markgräfin, 
heimkehrte.  Von  der  Horst  hatte  sich ,  wie  es  scheint,  an- 
heischig gemacht,  seinen  jungen  Herrn  selbst  für  die  Ver- 
mählung mit  Jakobe  einzunehmen;  die  Werbung  bei  dem 
Vater  sollte  dann  durch  den  Kaiser  erfolgen,  wie  dieß  im 
vorigen  Jahre  bereits  Werner  von  Gimnich  durch  Vermitt- 
lung des  Achener  Dechants  Voß  mit  dem  Freiherrn  von 
Dietrichstein  geplant  hatte.  Das  weitere  sollte  auf  dem  zum 
22.  April  nach  Augsburg  ausgeschriebenen  Reichstag  verab- 
redet werden. 

Ehe  es  jedoch  hierzu  kam,  stellten  sich  dem  Projekt 
verschiedene,  teils  erwartete,  teils  unerwartete  Hindernisse  in 
den  Weg. 

Ein  zu  erwartendes  Hemmnis  war  die  Unlust  des  alten 
Herzogs  seinen  Sohn  überhaupt  jetzt  schon  zu  verheiraten. 
Seit  Herzog  Wilhelm,  im  Jahre  156G,  zuerst  von  Schlag- 
anfallen heimgesucht  worden,  war  nicht  bloß  seine  Zunge 
gelähmt,  sondern  auch  seine  Urteilskraft  geschwächt;  um  so 
hartnäckiger  hielt  er  fest  an  einzelnen  alten  Vorstellungen 
und  Ideen,  Ab-  und  Zuneigungen,  Eine  solche  Vorstellung 
war    die,   daß   sein  jüngerer,  jetzt  einziger  Sohn,    wenn  er 


^)  Nach  Fahne,  Gölnische  Geschlechter  I,  174  ist  unser  Dietrich 
von  der  Horst  bereits  im  Jahre  1687  gestorben.  Der  in  der  späteren 
Geschichte  der  Herzogin  Jakobe  viel  genannte  Dietrich  von  der  Horst, 
gleich  jenem  Amtmann  zu  Düsseldorf  und  Angermont,  aber  daneben 
Domherr  zu  Trier  nnd  Propst  zu  Cleve,  war  jedenfalls  einer  seiner 
vielen  SOfane.  Am  29.  Juni  1582  bittet  Dietrich  von  der  Horst  den 
Herrn  von  Dandorf  (Ogl.  RA.  Jülich  u.  Cleve  II,  70),  Herzog  Wilhelm 
von  Baiem  mOge  beim  Papst  befördern,  da  er  mit  einer  ziemlichen 
Anzahl  von  Kindern  begabt  sei,  ,nnd  sechs  meiner  sone  zum  geist- 
lichen stand  dnrch  beistant  guter  hern  und  freunde  gern  befördert 
sehen  solte*,  daß  einem  derselben,  Maximilian,  eine  Präbende  auf 
dem  Domstift  Monster  verliehen  werde. 


40  Max  Lassen 

Anteil  an  der  Regierang  erhalte,  ihn  selbst  davon  verdrängen 
werde.  Unter  der  Herrschaft  dieser  fixen  Idee  erf&llte  sich 
Herzog  Wilhelm  mehr  nnd  mehr  mit  krankhafter  Abneigung 
gegen  seinen,  obendrein  von  jeher  als  Schwachkopf  betrach- 
teten Sohn.  Er  mochte  diesen  nicht  am  sich  haben  nnd  war 
deshalb  froh,  daß  Johann  Wilhelm  als  Administrator  des 
Stifts  MQnster  weit  weg  von  ihm  auf  seinen  mönsterschen 
Stiftshänsem  saß.  Verheiratete  sich  Johann  Wilhelm,  so 
mußte  er  auf  Münster  yerzichten  und  der  Vater  ihm.  wenn 
nicht  die  Mitr^erung,  so  doch  eine  Residenz  und  angemes- 
sene Einkünfte  in  seinen  Erblanden  einräumen. 

Ging  doch  sogar  das  vielleicht  nicht  ganz  grundlose 
Gerücht,  der  alte  Herzog,  dessen  geisteskranke  Gemahlin 
Maria  im  Dezember  1581  gestorben  war,  denke  daran  sich 
wieder  zu  verheiraten,  in  der  Hoffnung,  noch  einen  männ- 
lichen Erben  zu  erzielen  und  dann  seinen  älteren  Sohn  sein 
Leben  lang  Bischof  von  Münster  bleiben  zu  lassen.  ^) 

^)  Am  4.  Aagiut  1582  berichtet  hierüber  Eard.  Madmszo  aa.s  Augs- 
burg an  den  Kard.  von  Como:  tutto  hatte  qui  che  il  duca  di  Glaces, 
come  ei  dice,  non  vorrä  che  il  figliulo  resigni,  anzi  si  dice  che  egii 
fli  faabbi  laaciato  intendere  di  volere  pigliare  moglie  et  lasciare  che  il 
figliulo  attenda  allo  stato  ecclesiastico,  parendoli  debole  et  poco  si- 
curo  di  successione ;  ma  chi  conosce  il  stato  del  duca,  ha  qnesto  o 
per  coperta  di  prolongatione  della  resignatione  o  per  discorso  di 
gpettatori  di  questa  attione.  Hansen,  Nuutiatnrberichte  II,  495  f. — 
Im  folgenden  Jahre  (August  und  September  1583)  &ußert  sich  der 
Konzipist  jenes  Briefs,  Miuutio  Minucci,  nachdem  er  Monate  lang  am 
Niederrhein  gelebt  und  mit  dem  jülichschen  Hofe  viel  verkehrt  hatte. 
Aber  Herzog  Wilhelms  HeiratsgelQste  und  Absicht,  seinen  Sohn  nicht 
zur  Regierung  kommen  zu  lassen,  viel  bestimmter,  und  zwar  sowohl 
in  einem  Discurs  fQr  den  Herzog  von  Baiern  (bei  Hansen  H,  634  ff.), 
wie  in  einer  Relation  für  Papst  Gregor  XIII  (Hansen  II,  642  f.).  Der 
findige  Italiener  meint  sogar,  um  jene  Heiratsgelflste  ungefährlich 
fär  die  katholische  Kirche  zu  machen,  solle  sich  eine  bairische  oder 
dem  bairischen  Hause  nahe  stehende  Fürstin  dazu  verstehen,  den  fast 
siebzigjährigen,  geistesschwachen  Mann  zu  heiraten. 


Verheiratung  der  Marhgräfin  Jakobe  von  Baden,  41 

Eben  um  dieses  Hemmnis  ihres  Heiratsprqjektes  zu 
brechen,  planten  die  katholischen  Räte,  daß  die  Werbung 
vom  Kaiser  ausgehen  solle;  denn  Gefügigkeit  gegen  kaiser- 
liche Befehle  und  Wünsche  war  auch  eine  seit  langer  Zeit 
festgewurzelte  Idee  des  alten  Herzogs. 

Ein  nicht  erwartetes  Hindernis  für  das  Projekt  der 
badischen  Heirat  war  dagegen  der  um  diese  Zeit,  im  Som- 
mer 1582,  auftauchende  Plan  den  jungen  Herzog  mit  einer 
lothringischen  Prinzessin  zu  vermählen. 

Dieser  Plan  entstammte  vermutlich  dem  Kopfe  eines  seit 
Jahren,  halb  versteckt,  im  protestantischen  Interesse  thätigen 
Praktikanten,  des  bei  Herzog  Wilhelm  in  großer  Gunst 
stehenden  jülichschen  Rates  und  Drosts  zum  Sparenberg, 
Otto  von  dem  Bjlandt,  Herrn  zu  Rheid,  welcher  bei  jener 
Besprechung  Dandorfs  mit  den  katholischen  geheimen  Räten 
vielleicht  selbst  zugegen  gewesen  war,  jedenfalls  aber  wußte, 
daß  die  badische  Heirat  vor  allem  zum  besten  der  römisch- 
katholischen Religion  geplant  war. 

Dem  alten  Herzog  war  wohl  an  sich  die  lothringische 
Heirat  ebensowenig  genehm,  wie  die  badische;  aber  das  dort 
in  Aussicht  genommene  Fräulein  Antonie  war  wenigstens 
nicht,  wie  die  Markgräfin,  längst  mannbar,  sondern  erst  vier- 
zehn Jahre  alt,  so  daß  sich  die  Hochzeit  leicht  auf  mehrere 
Jahre  hinausschieben  ließ. 

Mit  dieser  Vorstellung  mag  der  Herr  von  Rheid,  oder 
wer  es  sonst  war,  den  alten  Herzog  diesem  Projekt  günstiger 
gestimmt  haben,  als  dem  von  der  andern  Seite  empfohlenen.  ^) 


^)  Minucci  behauptet  in  dem  vorhin  erwähnten  Discurs  für  den 
Herzog  von  Baiem  ganz  bestimmt,  der  Herr  von  Rheid  habe  den 
alten  Herzog  für  die  lothringische  und  gegen  die  badische  Heirat 
eingenommen,  magnis  fallaciis  iisque  argumentis,  quae  etiam  famani 
ipsins  marcbioniasae  laedere  poterant  (quod  etiam  erit  suo  tempore 
carandam,  ne  Reidins  impune  ansus  sit).  Die  jülichschen  Räte  drücken 
sich  in  den   von  mir  benatzten  Briefen  viel  zweifelhafter  aus;    aus 


42  Max  Zossen 

Der  junge  Herzog  selbst   wurde   durch  ein  aus  Lothringen 
ihm  zugebrachtes  Porträt  der  Herzogin  Antonie  so  fQr  die- 


ihnen  er^bt  sich  nicht  einmal  mit  Gewißheit,  ob  der  Herr  von 
Rheid  nur  mit  dem  Herzog  Johann  Wilhelm  oder  auch  mit  dem 
alten  Herzog  Über  das  lothringische  Fräulein  gesprochen  hatte.  So 
berichtet  Gimnich  am  1.  Aug.  82  im  Vertrauen  an  den  Herrn  von 
Dietrichstein  (Kop.  von  Dandorfs  Hand,  BA.  Heiratshandlgn.  D,  211) 
«wie  ein  falscher  bruder  unter  uns,  dem  der  ganz  handl  bewust,  dem 
jungen  hem  herzog  Johan  Wilhelm  administrator  des  stifts  Münster 
den  vorhabenden  heurat  etlicher  maßen  zuwider  gemacht ....  Dan, 
wie  ich  glaubwürdig  bericht,  sollen  iren  f.  G.  die  jung  fÜrstin  von 
Lotring  angebracht,  derwegen  die  neigung  zum  tail  dahin  gefallen". 
Aehnlicb  unbestimmt  drückt  sich  Ossenbroch  in  einem  Brief  an  Dan- 
doif  vom  1.  August  82  aus  (Ogl.  a.  0.  f.  206).  —  7.  August  82 
schreibt  Gimnich  weiter  an  Dietrichstein  (Kop.  v,  Dandorf  a.  0.  f.  21i), 
er  habe  seit  seinem  jüngsten  Schreiben  femer  erfahren,  .wie  dem 
hem  administrator  des  stifts  Münster  die  zweitte  fürstin  und  tochter 
von  Lotring  dermaßen  gerüemt  und  hochgebrisen  worden,  daß  ire 
f.  G.  das  gemüet  ganz  und  gar  dahin  gesetzt  und  sich  dessen  mfint- 
lich  erklert.  Ist  aber  dem  alten  meinem  g.  hem  noch  nichts  für- 
bracht".  [Diese  Stelle  kann  entweder  bedeuten,  daß  Herzog  Jobann 
Wilhelm  seinem  Vater  noch  nichts  von  seiner  Neigung  fQr  die 
lothringische  Prinzessin  gesagt  habe,  oder  daß  dem  alten  Herzog  von 
dem  lothringischen  Projekt  noch  nichts  gesagt  worden  sei.]  G.  fährt 
fort:  «Wie  man  mir  gesagt,  sol  das  werk  von  einem  bereutter  ans 
Lotring  getriben  sein  worden;  aber  von  wem  und  durch  wen  diser 
unversehner  handl  gepracticirt,  ist  geferlich  zu  schreiben.  Als  ich 
gehört,  sol  die  lotringisch  farstin  noch  gar  jung  sein,  kan  kain 
teutsch,  und  obwol  der  herzog  von  Lotring  catho lisch,  sagt  man  doch, 
daß  der  hof  voller  Hugenotten  sei,  und  nachdem  junge  leut  (!)  dem 
handl  sehr  anhangen,  wais  ich  nit,  was  zu  vermueten.'  [Herzog  Karl 
von  Lothringen  hatte  von  seiner  Gemahlin  Claudia,  Tochter  König 
Heinrichs  U.  von  Frankreich  2  Söhne  und  7  Töchter;  doch  ist  bei 
den  Verhandlungen  über  die  Verheiratung  des  jungen  Herzogs  von 
Jülich  nie  von  der  ältesten,  Christine,  welche  später,  im  Jahre  1589, 
den  Großherzog  von  Toscana  heiratete,  die  Rede,  sondern  stets  von  der 
am  26.  August  1568  geborenen  zweiten  Tochter  Antonie,  nachmals 
Herzog  Johann  Wilhelms  zweiter  Gemahlin.]  —  Ueber  den  Herrn 
V.  Bheidt  vgL  m.  Köln.  Krieg  Bd.  I,  Reg.  s.  v.  Bjlandfc.    Die  üble 


Verheiratung  der  Markgräfin  Jakobe  von  Baden.  43 

selbe  eingenommen,  daß  er  Ende  Juli  den  geheimen  Räten 
seines  Vaters  sagen  ließ,  er  wolle  die  lothringische  Prinzessin 
and  nicht  die  Markgräfin  znr  Frau. 

Der  Herr  von  Gimnich  und  Ossenbroch  gerieten  über 
diese  unerwartete  Störung  ihres  Projekts  in  die  größte  Auf- 
regung; ^)   da  jedoch   an  ein   offenes  Auftreten   des  Kaisers 

Nachrede  gegen  die  Markgräfin,  deren  Minucci  in  dem  erwähnten 
Discnrs  gedenkt,  bezog  sich  wahrscheinlich  auf  ihre  Liebschaft  mit 
dem  Grafen  Hans  Philipp  von  Manderacheid-Gerolstein,  von  der  nach- 
mals noch,  in  dem  Prozeß  gegen  die  Herzogin  Jakobe,  so  viel  die 
Rede  ist.  In  gröbster  Gestalt,  aber  auch  mit  entschiedenem  Wider- 
spruch, begegnet  uns  die  Verleumdung  in  einem  Brief  des  Dr.  Hein- 
rich Suderman,  Syndikus  der  Hanse,  an  Herrn  Heinrich  von  Rantzan 
vom  9.  April  1585  (bei  Andr.  Schumacher,  Gel.  Männer  Briefe 
an  die  KOnige  in  Dänemark,  1759.  8^,  S.  843):  Mihi  admodum  novum 
fhit  ex  litteris  gener.  D.  V.  percipere  ea  quae  de  111"**  principis  nostri 
Jnliae  uzore  ante  matrimonium  impraegnata  scribit,  cum  ista  de  re 
improbe  conficta  (ut  suspicor)  ne  rumusculus  quidem  bis  in  locis  in- 
cubuerit,  et  certum  atque  indubitatum  est,  lllm^m  dominam  summo 
loco  haberi  tam  a  patre  seniore  l\\^^  duce  Guilelmo,  quam  a  filio 
marito.  Quamobrem  flagellatione  digui  sunt,  qai  de  magnis  prin- 
cipibüs  viris  (!)  tam  probrosa,  flagitiosa  et  falsa  spargunt. 

^)  Ossenbroch  schreibt  in  seinem  Bericht  über  die  lothringische 
Praktik  vom  1  August  82  an  Dandorf  u.a.:  „E.  L.  moigen  fuir  ge- 
weiß halden,  das  meir  und  andere  bewouste  heiren  das  houft  so 
krank,  weir  neicht  wol  weißen,  wie  weir  zo  haus  hoiren**  (RA.  Hei- 
ratshandlungen D,  f.  206).  In  einem  späteren  Brief  an  Dandorf  (vom 
18.  Oktober  82  a.  0.  f.  230)  behauptet  0.  sogar,  der  unlängst  [nach 
Weinsberg  II,  861  am  29.  September  82  zu  Köln]  erfolgte  Tod  des 
Marschalls  Werner  von  Gimnich  sei  durch  Verdruß  über  die  Störung 
ihres  Planes  verursacht  oder  beschleunigt  worden:  „dan  ich  mach 
meit  warheit  schreiwen,  als  der  landroist  heibeivoren  femomen,  das 
in  deir  bewouste  sach  allerleiß  geigenspeil  gedriften  wort,  hat  sein 
L.  seich  dermaßen  daromb  erzoirneit  und  geieiret,  das  er  in  ein  feiber 
gefallen  und  in  sein  krankheit  fier  und  fier  im  neicht  hoigers  ange- 
leigen, ja  Deicht  ein  halbe  stont  noch  fier  sein  abscheiden,  dan  allein 
deiß  hoichweichteich  und  loibleiche  werk,  wei  e.  L.  zo  unser  samen- 
kompz  femeimen.  Und  e.  L.  moigen  es  fier  geweiß  halden,  das  ich 
meich  dermaßen  och  geert,  das  es  meich  noch  im  koip  steicht." 


44  Max  Zossen 

gegen  die  Verbindung  mit  dem  katholischen,  dazu  mit  dem 
bairischen  Hause  verschwägerten  Hause  Lothringen  nicht  zu 
denken  war,  so  wurde  der  Herr  von  Dietrichstein  gebeten, 
vorläufig  für  Einstellung  der  bereits  vorbereiteten  kaiserlichen 
Werbung  zu  sorgen.  Dagegen  ließ  Ossenbroch  der  Herzogin 
Anna  dringend  empfehlen,  baldigst  Herzog  Johann  Wilhelms 
Hofmeister,  Dietrich  von  der  Horst,  an  seine  frühere  Zusage 
zu  mahnen  und  zugleich  von  ihm  bestimmte  Erklärung  zu 
verlangen,  ob  dem  jungen  Herzog  eine  Werbung  des  Kaisers 
für  die  badische  Heirat  nunmehr  erwünscht  kommen  werde. 

Ueber  diesen  Verhandlungen  war  zu  Augsburg  der 
Reichstag  eröffnet  worden  und  bot  Gelegenheit  zu  persön- 
licher Verständigung  der  alten  Herzogin  von  Baiern  und 
ihrer  Söhne  einerseits  mit  dem  Kaiser,  anderseits  mit  den 
Jülich -cle vischen  Reichstagsgesandten,  namentlich  mit  Wil- 
helm von  Harf,  Herrn  zu  Aistorf  ^)  und  dem  wegen  der 
Achener  Sache  in  Augsburg  anwesenden  Dechant  Voß.  Das 
Ergebnis  dieser  Besprechungen,  über  die  wir  jedoch  nichts 
näheres  wissen,  war,  daß  Herzog  Ernst,  Bischof  von  Frei- 
sing und  Lüttich,  vom  Kaiser  den  Auftrag  empfing,  in  Person 
dem  ihm  wohl  gewogenen  alten  Oheim  die  Vermählung  seines 
einzigen  Sohnes   mit  der  Markgräfin  Jakobe  zu  empfehlen. 

Die  kaiserliche  Kommission  datiert  vom  10.  August; 
jedoch  trat  Herzog  Ernst  erst  am  9.  September  die  Reise 
nach  dem  Niederrhein  an,  begleitet  von  seinem  obersten 
Kämmerer  und  vertrauten  Rat,  Paul  Stör  von  Ostrach. 

Ende  September  erschien  Herzog  Ernst  bei  seinem  Oheim 
auf  Schloß  Bensberg,  ging  von  da  zu  Herzog  Johann  Wil- 
helm nach  Ahaus  ins  Stift  Münster  und  kam  am  11.  Oktober 


^)  Die  anderen  Jülich -cle vischen  Reichstagsgesandten  waren, 
nach  Peter  Fleischman,  Description  des  ....  reichstag  zu  Augs- 
purg.  Augspurg  1682.  4^.  8.  199:  Niklans  von  der  Broel,  Lic.  Andreas 
Harzheim  und  Lienhart  Buchner,  die  beiden  ersten  jedenfalls,  ebenso 
wie  der  Herr  von  Aistorf,  der  katholischen  Partei  angehörig. 


VerheircUung  der  Marhgräfin  Jakobe  von  Beiden,  45 

wieder  zam  alten  Herzog  zurück,  dießmal  nach  Schloß  Ham- 
bach  bei  Jülich.  ^) 

Herzog  Ernst  war  mit  dem  Ergebnis  seiner  Besprech- 
ungen mit  beiden  Herzogen  nicht  ganz  unzufrieden;  irgend 
welche  Zusage  brachte  er  jedoch  nicht  mit  nach  Baiern  zu- 
rück. Der  alte  Herzog  scheint  ausweichend  geanwortet  zu 
haben:  er  denke  zur  Zeit  noch  nicht  daran  seinen  Sohn  zu 
verheiraten;  er  müsse  seine  geheimen  Räte  befragen,  die  jetzt 
nicht  zur  Stelle,  und  dergleichen. 

Während  der  folgenschweren  Ereignisse  der  nächsten 
Monate  —  Abfall  des  Kurfürsten  Gebhard  Truchseß  von  der 
katholischen  Kirche  und  Ausbruch  des  Kölnischen  Kriegs  — 
wird  man  es  am  bairischen  wie  am  kaiserlichen  Hof  nicht 
für  zeitgemäß  gehalten  haben,  das  badische  Heiratsprojekt 
ernstlicher  zu  betreiben.  Doch  mahnte  ab  und  zu  der  Hof- 
meister Ossenbroch  (der  Herr  von  Gimnich  war  Ende  Sep- 
tember 1582  gestorben),*)  man  möge  die  Sache  nicht  ein- 
schlafen lassen,  ein  Porträt  der  Markgräfin  schicken,  durch 
häufige  Briefe  und  kleine  Geschenke  den  alten  Herzog  wohl- 
geneigt erhalten.    Das  geschah  denn  auch  gelegentlich.  ^) 


^)  Ansza^  aus  der  kaiserlichen  Kommission  vom  10.  August  (aus 
dem  Wiener  Archiv)  bei  Stieve,  Zur  Qesch.  der  Herzogin  Jakobe  in 
Bd.  13  der  Ztschr.  d.  Berg.  G  V.  Nachtr.  S.  194  f  üeber  Herzog  Ernsts 
Abreise  von  Angdburg  Hansen  a.  0.  U,  541.  Ueber  seinen  zum 
Teil  auch  den  Kölnischen  Dingen  gewidmeten  Aufenthalt  am  Nieder- 
rhein wird  der  2.  Band  meines  Kölnischen  Kriegs  weiteres  bringen. 
Daß  Herzog  Ernst  mit  dem  Erfolg  seiner  Werbung  in  der  badischen 
Eeiratssache  nicht  ganz  unzufrieden  war,  schließe  ich  aus  einer  wohl 
auf  sie  zu  beziehenden  Aeußerung  des  Herzogs  Wilhelm  von  Baiern 
bei  Aretin,  Gesch.  Maximilians  I,  S.  259^. 

2)  S.  0.  S,  43  Anm.  1. 

^)  15.  Januar  83  schreibt  Ossenbroch  an  Dandorf:  er  hoffe  das 
bewußte  Portr&t  (die  «conterfeitong'^)  sei  nunmehr  auf  dem  Weg, 
denn  die  Gelegenheit  erfordere,  daß  die  Sache  sobald  immer  möglich 
durch  die  K.  Mt.  und  Ihre  Durchlaucht  [Herzogin  Anna]  getrieben 
werde.  —  Weiter  antwortet  er  auf  Dandorfs  Anregung  wegen  eines 


46  Max  Lassen 

Als  dann  Herzog  Ernst  im  März  1583  wieder  an  den 
Rhein  kam,  dießmal  für  längere  Zeit,  als  Bewerber  um  den 
durch  6ebhards  Abfall  freiwerdenden  Kurfilrstenstuhl,  stand 
bereits  der  Entschluß  fest,  im  Zusammenhang  mit  der  Kölner 
Sache  auch  Johann  Wilhelms  Vermählung  und,  was  das- 
selbe bedeutete,  die  Nachfolge  im  Stift  Münster  nach  den 
Wünschen  des  Hauses  Baiern  ins  reine  zu  bringen. 

Anfangs  April  begab  sich  Paul  Stör  im  Auftrag  seines 
Herrn  nach  Ahaus  im  Stift  Münster,  und  machte  mit  Von 
der  Horst  aus,  daß  der  Administrator  demnächst  in  Düssel- 
dorf mit  Herzog  Ernst  zusammentreffen  solle,  um  genaueres 


anderen  Porträts  [wohl  des  Herzogs  Johann  Wilhelm]:  er  wolle  be- 
dacht sein,  dasselbe  zu  bekommen  und  es  alsdann  übersenden.  — 
Nach  einem  spätem  Bericht  von  Paul  Stör  an  Herzog  Wilhelm  von 
Baiem  (vom  5./ 15.  Dezember  83,  StA.  9/5,  f  806)  hatte  ein  Maler 
Octavio  die  Markgr&fin  abconterfeit ;  dieses  Porträt  ist  ohne  Zweifel 
übersendet  worden.  —  Am  21.  Februar  83  schreibt  Barvitins  an  Dan- 
dorf (StA.  130/1,  f.  442):  Juliacensis  senior  in  deliberatione  de  nuptiis 
mutat  valde  parumque  abest  quin  in  alteram  partem  flectatur;  mira- 
biles  enim  artes  adhibentur  ab  alteris.  Administrator  filins  ad 
Horstium  satrapam  scribit  adfaisse  sibi  eandem  ob  causam  Tiram 
quendam  astutissimum.  Haec  ex  ipsius  ore  habeo.  Ipse  se  de  eadem 
re  ad  Leodiensem  scripturum  dixit.  Zugleich  wird  von  Barvitius  fol- 
gende Stelle  aus  einem  Brief  des  Lic.  Dietrich  Graminaens,  Hof- 
dieners bei  dem  Administrator,  mitgeteilt  und  glossiert:  Ad  cognitum 
negotium  (Badense)  quod  attinet  aliud  suspicari  nequeo  quam  apud 
nos  summam  puritatem  et  innocentiam  militare,  nosque  (administra- 
torem)  paratissimos  futuros  ad  omnem  nutum  et  voluntatem  patris; 
proinde  in  eo  laborandum,  ut  ibidem  tormenta  grandiora  (rationes 
efficaces)  adhibeantur  ad  antiquam  molem  (Lotharingicam)  everten- 
dam.  Hie  (apud  Ädministratorem)  venustatis  et  formae  concinnitatis 
sjaecie  (Badens,)^  eorumque  supercilio,  qui  orbi  dominantur  (Caesaris 
et  aliorum)  omnia  disponi  poterunt.  Ego  optabam  maturiorem  reso- 
lutionem.  Hae  foedae  et  intempestivae  mutationes  tarn  Colonienses 
quam  Alenconianae  buic  negotio  nihil  [?  1.  nonnihil]  oberunt.  — 
6.  März  83  schickt  Herzog  Wilhelm  von  ßaiern  mit  einem  eigenh. 
Brief  (Eop.  RA.  Heiratshandlgn.  D,  282)  seinem  Oheim  durch  Dandorf 
,ein  cristallen  trinkgeschirlen*. 


Verheiratung  der  Markgräfin  Jakobe  von  Baden.  47 

wegen  Betreibung  seiner  Heirat  mit  der  Markgräfin  zu  ver- 
abreden. *)  Jobann  Wilhelm  war  jetzt  durch  seinen  Hof- 
meister —  vermutlich  in  Folge  jenes  Briefes,  welchen  die 
alte  Herzogin  von  Baiern  im  August  vorigen  Jahres  an  diesen 
geschrieben  hatte  ^)  —  ganz  für  die  Markgräfin  eingenommen, 
so  daß  Herzog  Ernst  damals  schon  sicher  auf  seine  Zusage 
rechnete,  daß  er  sie  und  keine  andere  zur  Frau  haben  wolle. 

In  den  Tagen  vom  23.  bis  25.  April  fand  dann  die 
verabredete  Zusammenkunft  statt  und  führte  dazu,  daß  Johann 
Wilhelm  seinem  Vetter  die  Hand  darauf  gab,  daß  er  die 
Markgrätin  Jakobe  heiraten  werde;  doch  sollte  vor  der  Ver- 
lobung eine  geheime  Brauischau  am  bairischen  Hof  statt- 
finden. •) 


^)  Nach  seiner  Rückkunft  yom  Hof  des  Administrators,  am 
11./21.  April  83,  berichtet  Stör  nach  Baiem  an  Dandorf:  ,,Mein  v^er- 
richtong  ist  halb  fuchs,  halb  haß :  die  glaten  gesellen  wil  keiner  den 
namen  haben  noch  die  sach  auf  sich  nemcn  und  geboren  doch,  als 
sei  ir  heil  änderst  nicht  dan  das  es  fortgee.  Ander  soltens  tun,  da- 
mit inen  kein  unglimpf  blib  und  geet  doch  si  an  und  ander  nit.  In 
summa,  es  ist  verschoben  und  sol  in  kurz  der  jung  zum  alten  komen, 
dahin  si  auch  der  anbringer  verfliegen  solle  und  fuchs  oder  haß  auß- 
prössen*  (StA.  18(46  f.  272).  Erläutert  werden  diese  dunklen  Andeu- 
tungen durch  folgende  Stelle  aus  Herzog  Ernst s  Brief  an  seinen 
Bruder,  Herzog  Wilhelm,  vom  12722.  April  (a.  0.  f.  287):  .Badischen 
heurat  betreff.:  weil  der  jung  in  kurz  gen  Düßeldorf  kombt,  wil  ich 
wol  fleis  tun,  die  faust  von  im  zu  bekomen,  und  was  folgt  hinach 
schreiben;  das  wöl  der  her  brueder  unser  g<>^°  liebsten  frau  muetter 
anmelden". 

^)  Herzogin  Anna  von  Baiern  an  Dietrich  von  der  Horst,  Mün- 
chen 14.  August  82,  Kpt.  von  Elsenheimer  korrigiert  und  Kop.  von 
Dundorfs  Hand  RA.  Heiratshandlgn.  D,  f.  228  und  218. 

^j  25.  April  /  6.  Mai  82  schreibt  Herzog  Ernst  aus  Köln  an  seinen 
Bruder  Herzog  Wilhelm  (StA.  180/7  f.  42  Chiffer  und  Auflösung): 
«Nechsten  erchtag  [28.  April]  bin  ich  gen  Düsseldorf  geraist  und 
gleich  die  stunt  wider  komen;  hab  bei  dem  alten  von  Gülch  erhalten, 
das  er  auf  den  waltag  seine  rate  tails  hieher  ordnen  wil.  So  haben 
wir  bei  dem  jungen  von  Gülch  erhalten,  das  er  sich  erclerf- 


1 :- 


48  Max  Lassen 

Von  all  dem  erfuhr  der  alte  Herzog  nichts;  er  sollte 
erst,  nachdem  Johann  Wilhelm  seine  künftige  Braut  gesehen 
habe,  durch  gemeinschaftliche  Werbung  des  Papstes,  des 
Kaisers  und  des  Königs  von  Spanien  um  seine  Einwilligung 
angegangen  werden. 

An  diesen  Besprechungen  nahmen  von  Herzog  Wilhelms 
Räten,  außer  Dietrich  von  der  Horst,  auch  der  Herr  von 
Aistorf  und  der  jülichsche  Vicekanzler  Dr.  Johann  Harden- 
rat  teil,  vermutlich  auch  Ossenbroch;  Herzog  Ernst  hatte 
wieder  seinen  Paul  Stör  mitgebracht,  außerdem  den  Agenten 
Johann  Barvitius,  der  von  früher  her  mit  Herzog  Wilhelms 
Räten  gut  bekannt  war  und  daher,  ohne  Verdacht  zu  er- 
regen, mit  ihnen  verhandeln  konnte.^) 


andere  als  die  marggrevin  zu  nemen;  doch  wil  er  sich  zuvor  dan 
handlung  beschicht,  persönlich  besprechen  mit  ir;  das  hält  auch  der 
von  Horst  ain  notturft,  dan  mit  dem  alten  herzog  sonst  wenig  zu 
richten,  würt  je  lenger  je  wunderlicher.  Wan  Dandorfer  widerkombi, 
tractiren  wir  weitter  hievon.* 

^)  Barvitius  schreibt  an  Dandorf  aus  Köln  am  25.  April  (Ogl. 
eigb.  Chiffer  StA.  130/6  f.  820):  Redii  bodie  una  cum  nostro  principe 
Dnsseldorpi'o,  ubi  apud  Horstium,  Hardenradium,  Alstorfium  et  alios 
primarios  de  multis  arcanis  negotiis  per  me  seorsum  egi.  Sententiam 
ac  mentem  expiscatus  sum  singulorum,  quomodo  quisque  tractandus 
esset  nostris  indicavi.  Observabantur  enim  valde  a  Seniore  et  aliis 
anlicis,  qui  cum  principe  et  Storio  agerent.  Ego  mc  dam  tertiam 
personam  interposui,  dum  me  in  illam  aulam  pulcbris  pollicitatio* 
nibus  allicere  conarentur.  Saepe  enim  et  iam  diu  ab  iis  invitatus 
fui.  Im  PS.  fügt  er  noch  bei:  De  nuptiis  laetam  spem  apportamu)*. 
—  2.  Mai  83  schickt  Stör  das  Porträt  (conterfet)  des  jungen  Herzogs 
nach  München  an  Dandcrf,  mit  der  Bitte  es  ,an  gehörig  ort  zu  ant- 
wurten*.  —  Bald  nach  dieser  Zusammenkunft  des  Herzogs  Ernst  mit 
seinem  Vetter  kam  die  Herzogin  Dorothea  von  Braunschweig,  gebo- 
rene Prinzessin  von  Lothringen,  auf  der  Reise  ins  Bad  Spaa  nach 
Düsseldorf  und  soll  sich  dort  vergeblich  für  das  Projekt  der  lothrin- 
gischen Heirat  bemüht  haben.  Daodorf  schreibt  darüber  am  23.  Mai/ 
2.  Juni  83  aus  Köln  an  den  Herzog  von  Baiern  (StA.  130/10  f.  21): 
.Herzog  Erich  von  Braunschweig   gemabel  ist   dise   tag  zue  Düßel- 


Verheiratung  der  Markgräfin  Jakobe  von  baden,  49 

Die  geplante  Brautschau  verzögerte  sich  bis  in  den  Sep- 
tember, vermutlich  weil  sie  in  dieser  Zeit  der  Jagden  am 
leichtesten  vor  dem  alten  Herrn  geheim  gehalten  werden 
konnte. 

Auf  Mitte  September  wurde  Paul  Stör  nach  Münster 
zum  Administrator  beschieden,  welcher  außer  ihm  nur  noch 
seinen  Hofmeister  Von  der  Horst  und  ein  paar  Diener  mit 
nach  Baiern  nahm.  Die  Reise  ging  unter  dem  Namen  einer 
Gesandtschaft  des  Kurfürsten  Ernst  an  seinen  Bruder,  den 
Herzog  von  Baiern.  Stör  gab  dazu  den  Namen  her,  der 
junge  Herzog  und  Von  der  Horst  reisten  unbekannt,  als 
seine  Begleiter,  um  die  Reise  zu  sichern  und  zu  beschleu- 
nigen, wurden  von  Münster  aus  einerseits,  von  München  aus 
anderseits  bis  nach  Koburg  frische  Kutschen  und  Reitpferde 
unterlegt,  sodaß  die  auf  78  Meilen  angeschlagene  Reise  bis 
nach  Ingolstadt  bequem  in  je  acht  Tagen  hin  und  zurück- 
gelegt werden  konnte.  Für  die  Fahrt  von  Ingolstadt  nach 
einem  erst  später  zu  bestimmenden  herzoglichen  Schloß  und 
den  Aufenthalt  daselbst  waren  dann  noch  vier  Tage  ge- 
rechnet.*) 


dorf  bei  dem  alten  Heraog  von  G flieh  gewesen  unter  dem  schein, 
als  ob  si  in  sanrprunnen  gen  Spa  verraisen  wolt,  allerlei  sa  befur- 
derang  des  lotringischen  henrats  am  selbigen  hof  tractirt,  daß  aber 
der  alt  kainswegs  versteen  wil.  Unsere  hieige  leut  wollen  den  badi- 
sehen  für  gewiß  halten/ 

^)  5./ 16.  September  88  teilt  Kf.  Ernst  seinem  Bruder  Hg.  Wilhelm 
den  Plan  für  die  Reise  nach  München  mit,  welchen  ihm  der  Admini- 
strator sngescfaickt  hatte  (RA.  Jülich  und  Cleve  II,  77,  Notiz  bei 
Stieve  a.  0.  S.  2).  Auf  dieses,  am  12./22.  in  München  eingetroffene 
Schreiben  hin  erhielt  der  bairische  Einspännige  Hans  Spring  in  Zaun 
genaue  Instruktion  für  die  Legung  der  Kutschen  und  Reitpferde  von 
Mflnchen  bis  nach  Koburg  und  zurück  (Kpt.  Elsenh.  a.  0.  II,  83).  — 
Am  17./27.  September  teilt  der  Herzog  seinem  Statthalter  zu  Ingol- 
stadt mit  (Kpt  Elsenh.  StA.  9/2  f.  470),  sein  Bruder,  Kurfürst  Ernst, 
habe  etliche  Räte,  darunter  seinen  obersten  Kämmerer  und  Stallmeister 
Paul  Stör,  in  großer  Eile  zu  ihm  abgefertigt;  er,  Herzog  Wilhelm  habe 
1895.  Sitsungab.  d.  phU.  u.  hist.  Gl.  4 


50  M<uc  Lassen 

Die  Reise  wurde  programmgemäß  aasgefährt.  Am 
16.  September  yod  Münster  aufgebrochen,  trafen  die  Reisen- 
den am  25.  auf  Schloß  Dachau  ein,  wo  sie  bereits  von  der 
herzoglichen  Famifa'e  und  der  Markgräfin  Jakobe  erwartet 
wurden.  Herzog  Johann  Wilhelm  blieb  dort  nur  einen  Tag, 
der  aber  genügte,  um  ihn  mit  warmer  Zuneigung  für  seine 
künftige  Braut  zu  erfüllen.  A.uch  die  Markgräfin  scheint 
ihren  künftigen  Gemahl  wenigstens  ohne  Widerwillen  auf- 
genommen zu  haben.  Das  schwärmerische,  übrigens  durchaus 
unanstößige  Liebesverhältnis,  in  welchem  Jakobe  früher  zu 
dem  am  bairischen  Hofe  lebenden  jungen  Grafen  Hans 
Philipp  von  Manderscheid-Gerolstein  gestanden  hatte,  war 
vermutlich  mit  beiderseitiger  Zustimmung  als  aussichtslos  ge- 
löst worden ;  war  doch  der  Graf  vor  einigen  Monaten  neuer- 
dings in  den  geistlichen  Stand  eingetreten,  dadurch  daß  er 
auf  Betreiben  des  Herzogs  Ernst  von  Baiern  im  Kölner 
Domkapitel  wieder  einen  Platz  erhielt,  auf  den  er  vor  sechs 
Jahren  zu  Herzog  Ernsts  Gunsten  hatte  verzichten  müssen.^) 

deshalb  denselben  eine  Kntsche  entgegengeschickt;  der  Statthalter  solle 
für  deren  Diener  3  oder  4  gute  Klepper  bereit  halten,  den  Gesandten 
die  Tfaore  bei  Tag  oder  Nacht  öflfnen  und  ihnen  nach  Dachau,  wo  er, 
der  Herzog  verweilen  werde,  einen  Wegweiser  mitgeben.  —  In  einem 
Brief  an  Kurfürst  Ernst  (Kpt.  Elsenh.  StA.  180/0  f.  88  vom  26.  Sep* 
tember/5.  Oktober  ohne  Ort,  aber  wohl  ans  Dachau)  schreibt  Hg.  Wil- 
helm :  .Des  bewusten  gasts  sein  wir  gestern  alhie  gewertig  gewesen,  ist 
aber  nit  komen,  verhoffen  doch  solle  heut  geschehen,  und  ist  desselben 
herkunft  so  geheim  und  verschwiegen,  als  unsere  hem  es  verstehent.* 
*)  Üeber  den  Verzicht  des  Grafen  Hans  Philipp  v.  M.-G.  im  J.  1677 
siehe  meinen  Köln.  Krieg  I,  468 f.  Die  jährliche  Pension,  welche  er 
von  Baiern  für  diesen  Verzicht  erhielt,  betrug,  nach  einem  Brief  von 
Herzog  Wilhelm  an  Herzog  Ernst  vom  13./28.  Mai  88  (RA.  Erzstift 
Köln  I,  51),  800  Gulden.  —  Im  Jahi«  1578  finden  wir  den  Grafen 
bereits  ständig  am  bairischen  Hof  (RA.  Adelsselekt,  Arenberg  No.  40); 
Juni  1581  nimmt  er  in  Herzog  Ernsts  Gefolge  am  Einritt  in  Lüttich 
teil  (Köln.  Krieg  1.  749  f.)  —  Der  BeschluIS,  ihm  den  durch  die  Heirat 
des  früheren  Bischofs  von  Minden,  Graf  Hermann  von  Schauenbnrg, 


Verheiratung  der  Markgräfin  Jakobe  vofi  Baden.  51 

um  die  Mitte  Oktober  befand  sieb  Herzog  Johann 
Wilhelm  wieder  im  Stift  Münster,  ohne  daß  ein  Unberufener 
erfahren  hatte,  wo  und  zu  welchem  Zweck  er  so  lange  fort- 
gewesen war.^) 

Zu  Dachau  war  abgesprochen  worden,  daß  nunmehr 
ohne  Verzug  die  froher  geplante  Werbung  der  drei  katholi- 
schen Potentaten  in's  Werk  gesetzt  werden  solle,  und  zwar 
in  der  Form,  daß  der  alte  Herzog  ganz  allgemein  aufge- 
fordert werde,  zum  besten  der  katholischen  Religion,  zur 
Sicherung  seiner  Lande  und  zur  Erhaltung  guter  Nachbar- 
schaft mit  dem  spanischen  König,  als  Herrn  der  Niederlande, 


erledigten  Kapitelplatz  einzaräumen ,  wurde  im  Kölner  Domkapitel 
bereits  am  5.  April  fsfefaßt,  die  persönliche  Besitzergreifung  erfolgte 
am  13.  Mai;  der  neue  Domkapitular  blieb  dann  in  Köln  bis  nach 
Herzog  Ernsts  Wahl  zum  Erzbischof.  —  Ueber  seine  späteren  Schick- 
sale habe  ich  in  den  von  mir  neu  benützten  Akten  nichts  gefunden, 
als  einen  eigenh&ndigen  Brief  an  Hg.  Wilhelm  von  ßaiern  aus  Köln 
vom  6.  April  86  (RA.  Adelsselekt,  Manderscheid),  worin  er  bittet,  der 
Hersog  möge  ihn  mit  einem  guten  Pferd  begnaden,  ,  die  weil  ich  mich 
in  Kun.  Mt.  zu  Hispanien  dienst,  dem  obersten  Platto  in  medio  Maji 
vorzuziehen,  versprochen **,  und  möge  die  andere  bewußte  Sache  bei 
seinem  hochw.  Herrn  Bruder  (Kf.  Ernst)  gnädigst  promovieren. 

^)  In  einer  an  den  Kurfürsten  von  Sachsen  gelangten  Zeitung 
vom  30.  September  (DrA.  loc.  8929  Frankf.  Hdig.  f.  SOI)  heißt  es: 
^Vergangne  tag  ist  des  königs  von  Polen  botscbaft,  seines  bruders 
Eon,  mit  4  kutschen  und  etlichen  pferden  zu  München  ankommen, 
wie  in  gleichen  des  herzogen  von  Gnlichs  gesanten,  der  ambtman  von 
Dasseldorf  und  sonst  noch  einer  von  der  Horst.**  Vielleicht  war  der 
vermeintliche  polnische  Prinz  eben  Herzog  Johann  Wilhelm.  —  Am 
9./19.  Oktober  ersucht  Herzog  Wilhelm  seinen  Bruder,  den  Kurfürsten, 
seine  Frau  Mutter  und  ihn  beim  jungen  Herzog  von  Jülich  zu  ent- 
schuldigen, daß  sie  auf  einen  auf  der  Rückreise,  von  „Erberen " 
(Ebern?)  im  Stift  Würzburg  aus  geschriebenen  Brief  nicht  geantwortet, 
ans  Besorgnis,  die  Briefe  möchten  intercipiert  werden,  .und  die  sach, 
die  wir  bisher  so  gehaimb  gehalten,  wie  auch  noch,  dardurch  an  tag 
und  ▼ileicht  gar  an  S'  L.  hern  vatter  komen"  (Kpt.  Winkimair  StA. 
9/2  f.  486). 


52 

setoen  einzigen  Sohn  baldigst  mit  dner  gut  katholischen 
FQrstin  zn  verheiraten.  Ein  Name  sollte  nicht  genannt 
werden:  habe  Herzog  Wilhelm  einmal  die  baldige  Ver- 
mahlung seines  Sohnes  bewilligt,  so  werde  das  weitere  nicht 
fiel  Schwierigkeit  machen.*) 

In  diesem  Sinne  schrieb  alsbald  nach  der  Zusammen- 
kunft die  alte  Herzogin  von  Baieni  an  ihren  Vertranten  am 
kaiserlichen  Hof,  den  Herrn  von  Dietrichstein,  und  sprach 
dieser  sodann  mit  Kaiser  Rudolf,  welcher  den  Wünschen 
seiner  Tante  bereitwilligst  entgegenkam:  die  Instruktion  für 
die  kaiserlichen  Gesandten  wurde  genau  so  abgefaßt,  wie 
Herzogin  Anna,  auf  Grund  eines  Entwurfs  des  Kanzlers 
Elsenheimer,  empfohlen  hatte. 

Einige  Schwierigkeit  machte  in  Pn^  die  Wahl  zweier 
passenden  Gesandten.  Der  erste  war  rasch  gefunden:  näm- 
lich der  Keichähofrat  Dr.  Andreas  Gaii,  Kölner  von  Geburt, 
eifriger  Katholik,  dem  Hause  Baieru  und  namentlich  dem 
Kurfürsten  Ernst  warm  ergeben  und  auch  bei  dem  Herzog 
von  Jülich  und  dessen  katholischen  Raten  wohl  gelitten. 
Ein  zweiter  geeigneter  Gesandter  fand  sich  nachher  in  der 
Person  den  Grafen  Hermann  von  Manderscheid-Blankenheim, 
der  sich  wahrend  des  Kölnischen  Kriegs  der  katholischen 
Partei  angeschlossen  hatte  und  vor  kurzem  erst  zum  kaiser- 
lichen Rat  bestallt  worden  war.^) 

I)  Kurzer  Bericht  von  Herzog  Wilhelm  an  Knrfärst  Ernst  über 
die  Dachauer  Abrede,  aus  München  6715.  Oktober  83,  Kpt  Elsenh. 
StA.  9/5  f.  244,  auaführlicher  Brief  der  Herzogin  Anna  an  Dietrich- 
ütein  vom  10./20.  Oktober,  Kpt.  Elsenheimer,  and  eigh.  Antwort  Diet- 
richBteins  vom  22.  November,  StA.  HeiraUhdlgn.  D.  236  und  239. 

^)  [nstruktion  des  Kaisers,  nebst  Kredenz,  für  Hermann  Graf  zu 
Manderscbeid  und  Blankenheim  und  Dr.  Andreas  Qail  dat.  Prag 
28.  November  1583  RA.  Heiratshdlgn.  D  245.  Ebenda  f.  241.  253  und 
256  weitere  Korrespondenz  der  Herzogin  Anna  mit  Oietrichstein  Über 
die  Abordnung  der  kaiserlichen  Kommissare.  Die  Herzogin  hatte  für 
den  Fall,  daß  der  Kaiser  keinen  andern  geeigneten  Gesandten  neben 


Verheiratung  der  Markgräfin  Jakobe  von  Baden,  53 

Die  Vermittelung  bei  Papst  Gregor  XIII.  übernahm 
Herzog  Wilhelm  von  Baiem ;  als  päpstlicher  Kommissar  war 
Knrförst  Ernst  ins  Auge  gefaßt,  der  dadurch  Gelegenheit 
bekommen  sollte,  die  Leitung  der  ganzen  Werbung  in  die 
Hand  zu  nehmen.*)  KurfÖrst  Ernst  sollte  auch  mit  dem 
Prinzen  von  Parma,  Statthalter  der  Niederlande,  als  dem 
Vertreter  des  spanischen  Königs,  über  dessen  Teilnahme  an 
der  Werbung  sich  verständigen;  als  ein  geeigneter  Gesandter 
fiör  Spanien  war  bereits  der  zu  Lüttich  wohnende  Markgraf 
von  Bergen-op-Zoom  ausersehen.*) 

Endlich  wurde  noch  verabredet,  daß  entweder  der  Kaiser 
selbst   und   seine  Gesandten   oder   Kurfürst  Ernst   für   seine 


Dr.  Gail  wisse,  den  Grafen  Karl  von  Zollem  empfohlen,  bat  dann 
aber,  als  sie  durch  Dietrichsteins  Brief  vom  7./17.  Dezember  erfuhr, 
daß  Manderscheid  ernannt,  er  möge  Zollems  halben  nichts  weiter  er- 
wähnen. —  Am  28.  Dezember  83  wurden  Kredenz  und  Instruktion  an 
Dr.  Gail  abgesandt  (RA.  a  0.  f.  263). 

1)  Hg.  Wilhelm  ▼.  Baiem  an  Gregor  XIII.  München  18./28.  Okt.  83 
bei  Theiner,  Ann.eccl.III,410.  Jakobens  Name  ist  darin  nicht  genannt. 

3)  Am  21. /81.  Oktober  83  (Ogl.  chiflFriert  StA.  9/6  f.  287)  schreibt 
KarfQrst  Ernst  ans  Brühl  an  seinen  Bruder,  Hg.  Wilhelm:  Wie  es  mit  der 
bewußten  Heirat  stehe,  habe  er  ans  Herzog  Wilhelms  Schreiben  (vom 
5./15.  Oktober  s.  o.  S.  52  Anm.  1),  sowie  von  Stör  bei  dessen  Hierherkunft 
gern  gehört.  Seither  habe  ihn  der  junge  Herzog  durch  Stör  bitten 
lassen,  .das  wir  uns  in  disem  werk  und  beschickung  auf  Bepst.  Ht. 
begem  zu  dero  gesanten,  weil  wir  vor  andern  bei  Sr.  L.  hem  vattern 
wa«  angenem,  gebrauchen  lassen  wolten.'  Er  wolle  dieß  dem  Werk 
zu  gntem  gern  übernehmen,  Herzog  Wilhelm  möge  befördern,  daß 
vom  Papste  ehestens  ein  Kredenzbreve ,  sowie  vom  Kaiser  ein  vor- 
nehmer Hat  hieher  geschickt  werde.  Inzwischen  wolle  er  bei  dem 
Prinzen  von  Parma  es  dahin  richten,  daß  der  zu  Lüttich  wohnende 
Markgraf  von  Bergen  wegen  des  spanischen  Königs  mit  gleicher  Wer- 
bung zu  Herzog  Jülich  abgefertigt  werde.  Alsdann  wollen  sie  sich 
ohne  besondere  Instruktion  wohl  vergleichen,  wie  die  Werbung  am 
besten  anzubringen.  Der  junge  Herzog  wolle  mittlerweile  seines 
Vaters  vornehmste  Räte  dahin  bringen,  daß  sie  bei  Ankunft  der  Ge- 
sandten den  alten  Herrn  gleichfalls   um  seine  Verehelichung  bitten. 


54  Max  Losaen 

Person  vor  dem  Eintreffen  der  Oesandischaft  am  jfilich- 
cleviscben  Hof  den  alten  Herzog  auffordern  sollten,  seine 
geheimen  Räte  zu  beschreiben ,  damit  dieser  nicht  wieder, 
wie  im  vorigen  Jahre,  ihre  Abwesenheit  zum  Vorwand  einer 
Verschiebung  seines  Entschiasses  nehmen  könne. 

Mit  der  Werbung  selbst  ging  es  nachher  jedoch  nicht 
so  rasch  wie  geplant. 

Dießmal  kam  der  Anstand  von  Rom  und  war  verursacht 
durch  Besorgnisse  der  Kurie  wegen  des  Stifts  Münster.^) 

Herzog  Johann  Wilhelm  war  zur  Zeit  noch  Admini- 
strator von  Münster.  Nun  war  in  Rom  die  Besorgnis,  am 
clevischen  Hof  hege  man  Säkularisationsgelüste,  niemals  ganz 
verschwunden.  Deshalb  bestand  der  Papst  darauf,  Johann 
Wilhelm  müsse,  bevor  er  heirate,  auf  das  Hochstift  verzichten. 
Auch  Herzog  Wilhelm  von  Baiern  und  Kurfürst  Ernst  wünsch- 
ten, dass  der  Verzicht  auf  Münster  der  Heirat  vorausgehe; 
aber  ebenso  bestimmt  rechneten  sie  darauf,  daß  niemand 
anders  als  Kurfürst  Ernst  der  Nachfolger  Johann  Wilhelms 
im  Stift  werde.  Das  war  abör  zur  Zeit  nicht  zu  erlangen, 
weil  ein  beträchtlicher  Teil  der  dortigen  Domherren  immer 
noch  an  der  Wahl  des  Erzbischofs  Heinrich  von  Bremen 
festhielt,  während  andere  befürchteten,  durch  Wahl  des 
Kurfürsten  Ernst  ihr  Stift  in  den  Kölnischen  Krieg  zu  ver- 
wickeln. Drohten  doch  die  niederländischen  Staten  ganz 
ungescheut,  wenn  man  Herzog  Ernst  wähle,  würden  sie  ihre 
Soldaten  ins  Gebiet  von  Münster  einrücken  lassen.  Mehr 
als  ein  Jahr  verging  noch,  bis  es  den  vereinigten  Bemühungen 
des  Administrators  und  des  Kurfürsten  von  Köln  gelang, 
von  den  Anhängern  des  Bremer  Erzbischofs  so  viele  zu  ge- 


^)  Den  ziemlich  verwickelten  Zusammenhang  der  Müneterschen 
Wahlsache  mit  dem  Heiratsprojekt  beabsichtige  ich  genauer  im 
2.  Band  meines  Kölnischen  Kriegs  darzulegen. 


Verheiratung  der  Markgräftn  Jakobe  von  Baden,  55 

winnen,  dass  die  Wahl  des  Herzogs  Ernst  gesichert  erschien. 
Lange  Zeit  wurde  daher  selbst  von  den  katholischen  Räten 
des  Herzogs  von  Jülich,  namentlich  auch  von  dem  Hofmeister 
des  Administrators,  Dietrich  Von  der  Horst,  der  Gedanke 
verfolgt,  Herzog  Johann  Wilhelm  solle  auch  nach  seiner 
Heirat,  bis  die  Nachfolge  des  Kurfürsten  Ernst  gesichert, 
Protektor  oder  Defensor  des  Stifts  Münster  bleiben,  wenn 
man  auch  die  Verwaltung  dem  Domkapitel  überlassen  müsse. 

Hierzu  war  jedoch  weder  die  Zustimmung  des  romischen 
Stahles  noch  die  der  bairischen  Herzoge  zu  erlangen.  Auch 
der  Administrator  selbst  war  diesem  Plane  stets  abgeneigt. 

Doch  war  es  inzwischen  dem  Herzog  Wilhelm  von 
Baiern  wenigstens  gelungen,  durch  wiederholte  Briefe,  sowie 
durch  persönliche  Vorstellungen  des  zu  Ende  des  Jahres  1583 
nach  Rom  gesandten  Johann  Barvitius,  den  Papst  soweit  zu 
beruhigen,  daß  er  sich  dazu  verstand,  während  die  Munster- 
sche  Wahlfrage  noch  unerledigt  schwebte,  an  der  gemein- 
samen Werbung   bei  dem  alten  Herzog  sich  zu  beteiligen.^) 

Nach  Beratung  der  Sache  in  der  deutschen  Kongre- 
gation und  in  einem  Konsistorium  der  Kardinäle  wurden  am 
8./18.  März  1584  drei  Breven  ausgefertigt,  welche  den  Kur- 
fürsten  Ernst  als  Vertreter  des  Papstes   mit   der  Werbung 

^)  Die  erste  Antwort  des  Papstes  auf  das  o.  S.  68  Anm.  1  er- 
wähnte Schreiben  des  Herzogs  von  Baiem  vom  18./28.  Oktober  liegt 
nicht  vor;  ihren  Inhalt  kann  man  nngefiihr  aus  Herzog  Wilhelms 
Rflckantwort  vom  9./19.  November  (Kop.  StA.  180/8  f.  115)  entnehmen: 
Herzog  Wilhelm  trägt  darin  vor,  wie  notwendig  die  baldige  Vermäh- 
lung des  jungen  Herzogs  von  Jülich  sei,  um  zu  verboten,  daß  dieser 
eine  häretische  Gemahlin  erhalte.  Sodann  versichert  er,  daß  der 
Administrator,  sobald  dessen  Heirat  ernstlich  ins  Werk  gesetzt,  die 
Regierung  der  münsterschen  Kirche  gewiss  nicht  länger  behalten 
werde.  Der  geeignetste  Nachfolger  im  Stift  Münster  sei  sein  Bruder, 
der  Kurfürst  von  Köln.  Was  nachher  mit  den  Stiften  Hildesheim 
und  Freising  geschehen  solle,  werde  der  Papst  zu  erwägen  wissen; 
Stift  Freising  wQrde  am  besten  einem  seiner  Söhne  verliehen. 


56  Max  Lassen 

bei   dem   alten    Herzog   von  Jülich   betrauten  und  ihn   bei 
diesem  und  bei  dem  Administrator  beglaubigten.') 

Am  5.  Mai  1584  (n.  St.)  erfolgte  nunmehr  namens  der 
drei  katholischen  Potentaten,  des  Papstes,  des  Kaisers  und 
des  Königs  von  Spanien,  zu  Düsseldorf  die  Werbung  beim 
alten  Herzog,  in  Gegenwart  der  angesehensten  geheimen 
Räte  aus  allen  Landschaften.  Von  den  designirten  Gesandten 
waren  jedoch  nur  Kurfürst  Ernst  und  der  Graf  von  Mander- 
scheid  erschienen;  Dr.  Gail  mußte  als  kaiserlicher  Kommissar 
in  Rotenburg  sein,  der  Markgraf  von  Bergen  war  aus  unbe- 
kannten Ursachen  weggeblieben,  —  doch  glaubte  sich  Kur- 
fürst Ernst  berechtigt,  auf  Grund  der  vorliegenden  Instruk- 
tionen auch  im  Namen  des  spanischen  Königs  und  des  Prinzen 
von  Parma  zu  sprechen.*) 


')  Bereits  am  14.  Janoar  84  (n.  St.)  hatte  Barvitius  mit  dem 
Kardinalstaatesekrei&r  von  Como  eine  lange  Besprechung  n.  a.  auch 
aber  Betreibung  der  Jfilichechen  Heirat  (Barvitina*  rOmisches  Tage- 
buch vom  18.— 22.  Januar  StA.  811/17  f.  12)«  aber  erst  am  17.  Man 
(a.  0.  f.  48)  konnte  er  melden,  daß  der  Papst  dieser  Tage,  in  folge 
einer  neuen  Mahnung  seines  Herzogs,  wegen  der  Jülichschen  Heirat 
in  ungewöhnlicher  Weise  die  Congregatio  Germanica  und  ein  Consi- 
storium  (der  Kardinäle)  berufen  habe  und  daß  bereits  beschlossen  sei, 
an  den  Herzog  von  Baiem,  den  Kölner  Kurf&rsten  und  die  beiden 
Herzoge  von  Jülich  Breven  zu  richten.  Diese  4  Breven,  vom  18.  Mars 
(n. St)  datiert,  sind  gedruckt  bei  Th einer  a.  0.  HI,  621  ss.  In  dem 
an  Herzog  Wilhelm  von  Baiem  gerichteten  erinnert  der  Papst  wieder 
daran,  daß  Herzog  Johann  Wilhelm,  im  Falle  seiner  Heirat,  die  Re- 
gierung der  mflnsterschen  Kirche  aufgeben  und  baldigst  ein  geeig- 
neter Nachfolger  beschafft  werden  müsse.  Wenn  das  Domkapitel  den 
Erzbischof  von  Köln  (Kf.  Ernst)  w&hle,  wolle  er,  der  Papst,  die  Bestä- 
tigung nicht  verweigern,  verlange  aber,  daß  Kf.  Ernst  dann  auf  Hildes- 
heim und  Freising  verzichte;  dagegen  wolle  er  die  Administration 
von  Freising  einem  der  Söhne  des  Herzogs  Wilhelm  übertragen. 

^)  Kurzer  Auszug  aus  der  Werbung  vom  6.  Mai  und  der  Ant- 
wort vom  6.,  aus  dem  Wiener  Archiv,  bei  Stieve  a.  0.  S.  196;  Ko- 
pie RA.  Heiratshdlgn.  D.  274.  —  Ueber  die  beabsichtigte  Teilnahme 
des  Markgrafen  von  Bergen  an  der  Werbung  zwei  Briefe  des  Prinzen 


Verheiratung  der  Markgräfin  Jakobe  van  Baden.  57 

Die  bereits  vom  28.  November  1583  datierte  kaiser- 
liche Instruktion  enthielt,  wie  verabredet,  nur  den  Auftrag, 
dem  alten  Herzog  ganz  allgemein  die  baldige  Vermählung 
seines  Sohnes  mit  einer  katholischen  Fürstin  anzuraten  und 
hierauf  bestimmte  Erklärung  zu  fordern.  Von  den  ver- 
mnteten  Gegen  bedenken  des  Herzogs  sollten  ihm  die  Ge- 
sandten das  eine  —  daß  im  Falle  der  Verheiratung  sein  Sohn 
auf  das  Stift  Münster  verzichten  müsse  —  als  unziemlich 
für  einen  katholischen  Fürsten  ausreden,  in  bezug  auf  das 
andere  aber  —  daß  Johann  Wilhelm  nach  seiner  Heirat 
dem  Vater  in  die  Regierung  greifen  werde  —  erklären,  der 
Kaiser  selbst  wünsche,  und  auch  der  junge  Herzog  werde 
ohne  Zweifel  nicht  anders  gesinnt  sein,  daß  der  alte  Herzog 
Wilhelm  Zeit  seines  Lebens  regierender  Fürst  bleibe. 

Eine  solche  Erklärung  wurde  von  Kurfürst  Ernst,  der 
persönlich  das  Wort  führte,   dem  Obeim   abgegeben;^)   von 


y.  Parma  aus  Toumai  19.  Apri]  84  an  Kurfürst  Ernst  und  an  Hg.  Wilh. 
▼on  Jülich  in  Gorresp.  du  Card,  de  Oranvelle  (publ.  p.  Piot)  T.  XI, 
1894,  p.  671  und  584.  Danach  war  die  Vollmacht  des  spanischen 
Königs  ausgeblieben,  hatte  aber  der  Prinz  von  Parma  es  auf  sich  ge- 
nommen, anstatt  des  KOnigs  selbst,  den  Marquis  zu  beglaubigen.  —  Wer 
▼on  Herzog  Wilhelms  jQlichschen  und  clevischen  Räten  bei  der  Wer- 
bung zugegen  war,  finde  ich  nicht  angegeben,  doch  scheint  mir,  daß 
es  ausschließlich  katholische  waren,  nicht  nur  von  vornherein  wahr- 
scheinlich, sondern  auch  aus  folgender  Stelle  des  Briefes  zu  folgen, 
worin  Kurftirst  Ernst  am  16.  Mai,  zwei  Tage  nach  seiner  Rückkunft 
▼on  Düsseldorf  nach  Bonn,  seinem  Bruder,  Herzog  Wilhelm,  über  den 
Verlauf  der  Werbung  berichtet:  „Es  haben  uns  gleichwol  nit  allein 
der  jung  herzog,  sonder  auch  alle  damals  anwesende  gulchisch  und 
elegische  ret  zum  höchsten  erbetten,  das  wir  uns  ▼errer  in  disem 
werk,  demselben  zum  besten,  zu  commissarien  gebraueben  lassen 
wolten,  aeitemal  uns  des  alten  herzogs  gemuet  zum  besten  bekant 
und  wir  S'L.  zum  maisten  mechtig."  (Ogl.  entziffert  StA.  88/24  f.  84.) 
^)  Die  Erklärung  des  Kurfürsten  lautete  sogar  viel  bestimmter 
al«  die  Instniktion:  Sie,  die  Gesandten,  hätten  ausdrücklichen  Befehl, 
dem  Herzog  den  etwaigen  Verdacht  etlicher  Friedhässigen  auszureden, 


58  Max  Lassen 

Stift  Münster  aber  ss^te  er  nichts,  yemintlich,  weil  er  bei 
seinem  argwöhnischen  Oheim  nicht  den  Verdacht  erregen 
wollte,  als  betreibe  er  zunächst  im  eigenen  Interesse  —  tun 
Stift  Münster  zn  bekommen  —  die  Yerheiratang  seines 
jnngen  Vetters.^)  Dagegen  ging  der  Kurfßrst,  ohne  Zweifel 
im  Einverständnis  mit  den  anwesenden  katholischen  Raten 
des  Herzogs,  in  der  Hauptsache  wesentlich  über  die  kaiser- 
liche Instruktion  hinaus;  er  knüpflie  nämlich  seine  jetzige 
Werbung  so  bestimmt  an  die  im  Herbst  1582  im  Auftrag 
des  Kaisers  vorgetragene  an,  daß  sich  Herzog  Wilhelm  da- 
durch veranlaßt  sah,  die  Akten  jener  früheren  Verhandlung 
hervorholen  zu  lassen,  woraus  sich  ergab,  daß  der  Herzog 
damals  im  Namen  des  Kaisers  ermahnt  worden  war,  nicht 
allgemein,  seinen  Sohn  mit  einer  katholischen  Fürstin  zu  ver- 
mählen, sondern  eben  mit  der  Markgräfin  Jakobe.  Da  nun 
die  jetzige  Werbung  als  eine  Fortsetzung  der  früheren  be- 
zeichnet wurde,  war  damit  auch  jetzt  wieder  die  badische 
Heirat  angeraten. 

Der  alte  Herzog,  vielleicht  zuvor  schon  von  seinen  katho- 
lischen   Räten    bearbeitet,    jetzt   eingeschüchtert    durch    die 

daß  mit  solcher  Heirat  dem  Herzog  die  Regiemng  entzogen  werden 
solle;  der  Potentaten  Wille  nnd  Gemflt  sei,  daß  der  alte  Hersog  die 
bisher  mit  großem  Rohm  gef&farte  Regierang  solange  continniere,  als 
es  dem  lieben  Grott  geföUig,  «also  auch,  da  schon  ir  f.  G.  dieselbige 
selber  verlassen  wolte,  das  es  die  potentaten  guetwillig  nit  gestatten 
konten,  sonder  dabei  zn  verharren  ermanen  wollen.* 

^)  In  einem  Schreiben  vom  21.  Jnli  84  hatte  Herzog  Wilhelm 
von  Baiern  den  alten  Herzog  von  Jülich  mit  bezng  anf  den  jnngst 
gefaßten  Entschloß  baldiger  Verheiratung  seines  Sohnes  gebeten,  beim 
münsterschen  Domkapitel  die  Wahl  seines  Bmders  Ernst  zu  betreiben 
(RA.  p:rzstift  Köln  I,  416.)  Kurfürst  Ernst  hielt  jedoch  diesen  Brief 
znrück:  ^weil  S'.  L.  widerwertige  ret  derselben  darauf  leicht  allerlei 
einbilden  mochten,  als  were  der  hewnßt  henrat  durch  uns  allain  da- 
mmb  getriben  worden,  damit  wir  durch  solches  mitl  zum  stifb  Mun- 
ster kemen,  und  also  den  alten  hem  zu  unlust  bewegen  mochten.* 
Kf.  E.  an  Hg.  W.  Bonn  8.  Aug.  84,  StA.  9/6  f  892. 


Verheiratung  der  Marktjräfin  Jakobe  von  Baden.  59 

Autorität  von  Papst,  Kaiser  und  König  von  Spanien,  beruhigt 
zugleich  und  ermahnt  durch  zwei  bei  ihm  in  6unst  und 
Ansehen  stehende  Männer,  seinen  Neffen  und  seinen  Lehens- 
mann, Ueß  am  folgenden  Tag,  6.  Mai,  antworten:  im  Ver- 
trauen darauf,  daß  Kaiser,  Papst  und  König  ihm  nur  raten 
wollten,  was  zu  seinem,  seines  Sohnes  und  seiner  Lande 
besten  gereiche,  gebe  er  seine  Zustimmung,  daß  sein  Sohn 
baldigst  die  Markgräfin  heirate.  Die  Heiratsabrede  sollte 
bereits  in  einigen  Wochen,  am  1.  Juli,  zu  Düsseldorf  statt- 
finden. 

Verschiedene  Zufälligkeiten,  namentlich  ein  Unfall,  wel- 
clier  dem  Bruder  der  künftigen  Braut,  Markgraf  Philipp, 
auf  einem  Kitt  durch  die  Eifel  zugestoßen  war,  verzögerten 
nachher  die  für  die  Abrede  bestimmte  Zusammenkunft  bis 
zum  12.  September.  Zu  dieser  erschienen,  wieder  in  Düssel- 
dorf, Gesandte  des  Markgrafen  Philipp,  als  des  nächsten 
Angehörigen  der  Braut,  ferner,  als  Beistand  namens  der 
Verwandtschaft,  Kurfürst  Ernst,  sodann  für  den  Kaiser  Graf 
Hermann  von  Manderscheid  und  Dr.  Andreas  Qail.  Als  Hei- 
ratsgut wurden  der  Braut,  gegen  das  badische  Herkommen, 
aber  in  Annäherung  an  die  Aussteuer,  welche  Herzog  Wilhelm 
seinen  drei  verheirateten  Töchtern  bewilligt  hatte,  31000  Gul- 
den bewilligt;  Kurfürst  Ernst  hatte  sich  jedoch  vorher  von 
Herzog  Johann  Wilhelm  versprechen  lassen,  daß  er  auf  Aus- 
zahlung dieser  hohen  Summe  nicht  bestehen,  sondern  mit 
10000  Qulden  sich  begnügen  werde.  ^) 


^)  Die  Heiratsabrede,  „geschehen  zu  D.  am  18.  monats  Septem- 
biis  A<>  84  st.  corr.*  ist  gedruckt  bei  Lacomblet,  Urkondenbuch  IV, 
No.  689.  L.  bemerkt  zwar,  daß  statt  der  in  der  Abrede  bewilligten 
AuBstener  von  81000  Gulden  nachher  nur  10000  Gulden  bezahlt  wurden, 
nicht  aber,  daß  dieß  zwischen  Herzog  Wilhelm  und  Kurfärst  Ernst 
schon  lange  vor  der  Hochzeit  insgeheim  abgemacht  worden  war.  Trotz 
dieser  Abmachung  ging  es  nachmals,  bei  der  von  Lacomblet  er- 
wähnten üebereinkunft  zwischen  Markgraf  Philipp  und  Herzog  Jo- 


60 


Max  Zonen 


Die  Hochzeit  sollte  am  20.  Janaar  1585  stattfinden, 
wnrde  dann  aber,  weil  man  bei  Hof  bis  dahin  nicht  mit 
den  Znrichtangen  fertig  zu  sein  fürchtete,  nm  einige  Wochen, 
bis  zum  24.  Februar,  Yerschoben.  Bald  aber  erfolgte  eine 
zweite  längere  Verschiebung,  wofür  der  schon  längst  unge- 
duldige junge  Herzog  die  Eläte  seines  Vaters  TcrantworÜich 
machte,*)  an  der  in  Wirklichkeit  aber  nur  der  Leichtsinn 
des  Bruders  der  Braut,  des  Markgrafen  Philipp,  schuld  war. 
Während  schon  alle  Vorbereitungen  im  Gange  waren,  fiel  es 

hann  Wilhelm,  am  12.  Juli  85,  nicht  ohne  Schwierigkeiten  ab.  Kur- 
fürst Ernst  schreibt  darfiber  am  24.  Joli  85  ans  Bonn  an  seinen  Bmder, 
Herzog  Wilhelm,  (Ogl.  StA.  ^  f.  105):  ,  Hieneben  mngen  wir  E.  L. 
dan  frenntlich  nit  verhalten,  das  wir  den  14.  diß  Ton  Penspnrg  der 
Gnlchischen  henratstractation,  davon  wir  E.  L.  von  Penspnrg  anß  bei 
jangster  post  geschriben,  Gotlob  glücklich  wider  hieher  gelangt,  mid 
obwol  der  jnng  herzog  von  etlichen  raten  nnd  sonderlich  von  dem 
von  der  Horst,  der  sich  gleichwol  krank  gemacht  nnd  der  Sachen  nit 
beigewont,  vast  gesterkt  gewest,  auf  dem  lautem  puechstaben  der 
heuratsabred  der  81  M.  fl.  heuratsguets  halb  zu  verharren,  so  haben 
wir's  doch  letstlich  mit  vil  gehabter  mühe  und  erinnerung,  was  es 
solcher  31  M.  fl.  halber  für  ainen  heimblichen  verstaut  ghabt,  und  von 
dem  jungen  hem  selb  nit  mer  als  10  M.  fl.  begert  worden,  dahin  ge- 
bracht, das  es  bei  den  10  M.  fl.  gebliben  und  sich  der  jnng  her  vcr- 
reversirt,  das  S.  L.  damit  also  ersettigt  sein  und  roerer  nit  ervordem 
wellen.  Solcher  tractat  ist  aber  alles  mit  haimblichen  practicken 
förgangen,  darumben  der  alt  herzog  nicht  gewußt,  und  S.  L.  noch  auf 
dise  stunt  anders  nit  bericht,  dan  die  81  M.  fl.  heuratguet  volgen 
werden.  Sonst,  da  Sr.  L.  deßhalb  das  wenigist  förkomen,  betten  wir 
hierinnen  nicht  richten  können.*  —  Herzog  Wilhelm  von  Jülich  hatte 
seinen  drei  verheirateten  Töchtern  je  35000  fl.  Aussteuer  mitgegeben. 
*)  In  der  Korrespondenz  des  jungen  Herzogs  mit  den  bairischen 
Verwandten  kommen  öfter  Aeußerungen  vor,  welche  die  Ungeduld 
bezeugen,  womit  Herzog  Johann  Wilhelm  die  wiederholten  Verzöge- 
rungen der  Heiratssache  aufnahm.  Ein  spitziger  Briefwechsel  de« 
jungen  Herzogs  mit  den  geheimen  jülichschen  und  bergischen  Riten 
seines  Vaters  hierüber,  aus  den  Monaten  Dezember  und  Januar  1684/85, 
DA.  Landesherrl.  Familiensachen  281  f.  34. 


Verheiratung  der  Markgräfin  Jakobe  von  Baden.  61 

ihm  ein,  eine  Reise  nach  Italien  anzutreten,  sodaß  die  Hoch- 
zeit bis  zum  16.  Juni  verschoben  werden  mußte.^) 

Auch  sonst  fehlte  es  nicht  an  allerhand  Widrigkeiten, 
die  noch  bis  zur  letzten  Stunde  der  geplanten  Heirat  Hemm- 
nisse in  den  Weg  zu  legen  drohten. 

So  waren  wenige  Wochen  vor  der  im  September  1584 
gehaltenen  Heiratsabrede  Gesandte  des  Herzogs  Erich  von 
Braunschweig  zu  Düsseldorf  erschienen,  um  in  seinem  Namen 
und  dem  seiner  Gemahlin,  Dorothea  von  Lothringen,  die  Ver- 
mählung des  Herzogs  Johann  Wilhelm  mit  ihrer  Nichte, 
der   Prinzessin    Antonie,    zu   empfehlen.*)      Diese,    bei   dem 


^)  In  einem  Breve  an  KurftirBt  Ernst  vom  23.  Februar  85  (bei 
Theiner,  Ann.  £ccl.  III,  622)  sucht  Papst  Gregor  XIII.  das  Fern- 
bleiben des  Markgrafen  von  der  Hochzeit  der  einen  Schwester  (Maria 
Salome)  und  den  durch  Philipps  Reise  verschuldeten  Aufschub  der 
Hochzeit  der  andern  (Jakobe)  damit  zu  rechtfertigen,  daß  Markgrat 
Philipp  eine  sogar  durch  ein  Wunder  gebilligte  Wallfahrt  zum  heiligen 
Haus  von  Loreto  habe  machen  müssen.  Daß  jedoch  diese  Wallfahrt 
nur  ein  Verwand  war,  darf  man  schon  daraus  schließen,  daß  der 
selbst  80  devote  bairische  Herzog  Wilhelm  und  seine  Frau  Mutter 
mit  der  Verschiebung  der  Hochzeit  gar  nicht  einverstanden  waren. 
Hg.  Wilh.  V.  Baiern  an  £f.  Ernst,  6.  Dez.  84,  Kpt.  Elsenh.  StA.  38/20 
f.  115.  Aehnlich  wieder  am  4.  Januar  86,  Ogl.  RA.  Unruhen  im  Erz- 
süft  Köln  II,  fol.  1;  desgl.  Elsenheimer  an  Von  d.  Horst  Kpt.  StA. 
3d9/59  f.  45. 

^)  Schon  im  Jahre  1588  scheint  sich  Herzog  Erichs  Gemahlin, 
Dorothea  von  Lothringen,  die  Schwester  der  Herzogin  Renata  von 
Baiern,  für  die  Heirat  des  jungen  Herzogs  von  Jülich  mit  ihrer  Hase 
Antonie  bemüht  zu  haben.  Dandorf  schreibt  am  2.  Juni  83  (n.  St.) 
an  den  Herzog  von  Baiern:  ^Henog  Erich  v.  Braunschweig  gemahel 
ist  dise  tag  zne  Düßeldorf  bei  dem  alten  herzog  von  Gülch  gewesen, 
unter  dem  schein  als  ob  si  in  saurprunnen  gen  Spa  verraisen  wolt, 
allerlai  zu  befurderung  des  lotringischen  heurats  am  selbigen  hof 
tractirt,  dazu  aber  der  alt  kainswegs  versteen  wil."  —  üeber  die  etwa 
Anfangs  August  1584  erfolgte  förmliche  Werbung  eines  braunschweigi- 
sehen  Gesandten  berichtet  Hg.  Johann  Wilhelm  selbsf  '*ern 

7.  August  84  an  den  Herzog  von  Baiem  (RA.  Heirp  ); 


62  Max  Zossen 

weit  vorgerückten  Stand  der  Verhandlungen  über  die  badische 
Heirat,  allerdings  seltsame  Zamatung  hatte  der  alte  Herzog 
mit  der  Antwort  abgewiesen,  daß  er  seinen  Sohn,  wie  früher 
seine  Töchter,  nur  nach  Gutachten  des  Kaisers  verheiraten 
wolle,  der  Kaiser  aber  die  Sache  bereits  in  die  Hand  ge- 
nommen habe. 

Jetzt,  im  Dezember  1584,  als  die  Hochzeit  zum  zweiten 
Male  verschoben  wurde,  verbreitete  sich  das  Gerücht,  die 
großenteils  protestantisch  gesinnten  Landstände  des  Herzogs 
machten  sich  Hoffnung,  daß  die  badische  Heirat  ganz  zurück- 
gehen und  statt  dessen  ihr  junger  Herr  eine  Tochter  des 
lutherischen  Herzogs  Julius  von  Braunschweig  heiraten  werde. ^) 

Weiter  hielt  die  immer  noch  unentschiedene  Frage  der 
Nachfolge  im  Stift  Münster  die  Gemüter  fortwährend  in 
Spannung,  bis  sie  durch  den  unerwarteten  Tod  des  Erz- 
bischofs Heinrich  von  Bremen  eine  rasche,  den  Wünschen 
der  katholisch-bairischen  Partei  entsprechende  Lösung  fand. 

Am  Palmsonntag,  4.  April  alten  Stils,  des  Jahres  1585, 
war  Herzog  Heinrich  auf  seinem  Haus  Bremervörde  mit  dem 
Pferd  gestürzt;  am  23.  April  (a.  St.)  starb  er  an  den  Folgen 
innerer  Verletzungen.    Nun  gaben  seine  bisherigen  Anhänger 

im  münsterschen  Domkapitel   den    vereinten  kölnischen   und 

« 

Johann  Wilhelms  Argwohn,  daß  «die  von  der  Religion **  diese  Wer- 
bung angestiftet,  ist  jedoch  innerlich  unwahrscheinlich. 

^)  Dieses  Qerücht  meldet  eine  Zeitung  ans  Köln  vom  13.  De- 
zember n.  St.,  welche  der  Erzbf.  von  Bremen  am  20.  Dezember  aus 
Iburg  an  den  Efstn.  von  Sachsen  schickt  (DrA.  loc.  8929  XII,  169). 
Schon  in  dem  o.  8.  66  Anm.  1  erwähnten  römischen  Tagebuch  des 
Barvitius  vom  18. — 22.  Januar  84  kommt  folgende  Stelle  ans  seinem 
Gespräch  mit  dem  Kardinal  vor:  Non  quidem  metuit  (Administrator) 
ex  parte  marchionissae  diSicultatem  uUam,  sed  apud  patrem  sunm 
eiusque  consiliarios  aut  provinciales  haereticos  impedimentnm  ac 
rumorem  metuit.  Vocatam  ab  iis  Palatinum  Neburgensem  [Pfalzgraf 
Philipp  Ludwig,  der  Gemahl  der  zweiten  Tochter  des  alten  Herzogs, 
Herzogin  Anna];  illos  malle  ipsam  aliam  dncere  haereticam. 


Verheir<tkMg  der  Markffräfin  Jaiebe  von  Baden,  63 

jülichschen  Werbungen  rasch  nach:  am  8./ 18.  Mai  resignierte 
der  bisherige  Postulierte  und  Administrator,  Herzog  Johann 
WilheliBy  in  die  Hände  des  Kapitels  und  wurde  sofort  Kur- 
fBrst  Ernst  mit  großer  Majorität  zum  Bischof  von  Münster 
gewählt. 

In  denselben  Tagen  trat  Markgräfin  Jakobe,  geleitet 
von  ihrer  jüngeren  Schwester  Maria  Salome,  deren  Ge- 
mahl, Landgraf  Qeorg  Ludwig  von  Leuchtenberg,*)  und 
Schwiegermutter,  der  verwitweten  Landgräfin  Mechtilde  von 
Leuchtenberg,  die  Reise  von  München  nach  der  Markgraf- 
schaft Baden  an;  von  dort  aus  übernahm  ihr  Bruder,  Mark- 
graf Philipp,  mit  seinem  Vetter  Markgraf  Jakob  von  Baden- 
Dnrlach,  das  weitere  Geleite  bis  nach  Düsseldorf.^) 

Das  Brautgeleite  bedurfte  für  seine  Fahrt  nach  dem 
Niederrhein  starker  Bedeckung;  denn  wenige  Wochen  zuvor, 
am  9.  Mai  a.  St.,    war  Neuß,   die   erste  Stadt   des  Erzstifts 

*)  Markgr&fin  Marie  Salome,  Jakobens  jüngste  Schwester,  hatte 
sich  am  Dienstag  nach  Katharinae,  27.  November  84  (nach  Schöpft  in 
a.  0.  III,  40)  mit  dem  Landgrafen  Georg  Ludwig  von  Leuchtenberg 
vermählt. 

^)  Markgraf  Philipp  hatte  anfänglich  gewünscht,  daß  seine 
Schwester  Jakobe  alsbald  nach  der  Heiratsabrede  (September  84)  zu 
seiner  Muhme,  der  Markgr&fin  von  Baden-Durlacb,  gehen  und  dort 
sich  bis  zur  Hochzeit  aufhalten  solle;  Herzog  Wilhelm  und  die  alte 
Herzogin  von  Baiern  waren  damit  bereits  einverstanden;  dann  aber 
wandte  sich  Jakobe  mit  der  flehentlichen  Bitte  an  die  Herzogin 
Renata,  sie  bis  zur  Heimfuhrung  am  bairischen  Hof  zu  lassen;  sie 
machte  besonders  geltend:  „wiewol  ire  lieb  die  marggräfln  zu  Durlach 
ir  aigene  mnm,  were  sie  doch  nit  irer  religion  und  ir  darumb 
nit  maglich  so  lan^  bei  ir  zu  bleiben,  man  wolte  ihrer  lieb  daa  ain 
crenz  aufladen,  das  ir  unertreglich  wer.*  Auch  könne  es  bei  ihrem 
künftigen  Gemahl»  allerlei  Nachdenken  machen,  wenn  man  sie  so 
plötzlich  vom  bairischen  Hof  abfordere,  als  habe  sie  sich  nicht  so 
verhalten,  wie  sich  gebührt.  Daraufhin  vermittelte  die  alte  Herzogin 
von  Baiern,  daß  Jakobe  bis  zur  Heimführunp^  am  Münchner  Hof 
bleiben  durfte.     RA.  Heiratshdlgn.  D.  316  ff. 


^/2  M^ 


weit  Torgeroekien  Stand  der  YeriMndliiiisren  über  die  badisehe 
Hemi,  aSkrüngB  irttwame  Zumstang  lettie  der  alte  Herzog 
mit  der  Antwort  abgewiesen,  daß  er  sönen  Sohn,  wie  froher 
Mfine  Toebter,  nor  nach  Gutachten  des  Kaisers  Terheiraten 
wolle,  der  Kaiser  aber  die  Sache  bereits  in  die  Hand  ge- 
nommen habe. 

Jetzt,  im  Dezember  1584.  ak  die  Hochzeit  zom  zweiten 
Male  versehoben  wurde,  rerbreitete  sich  das  Gerücht,  die 
groOeoteik  protestantisch  gesinnten  Landstände  des  Herzogs 
machten  sich  Hoffnung,  daß  die  ba'Ji^cfae  Heirat  ganz  zoruck- 
gehen  und  statt  dessen  ihr  jonger  Herr  eine  Tochter  des 
Intherischen  Herzogs  Jolias  Ton  Braanschweig  heiraten  werde. ^) 

Weiter  hielt  die  immer  noch  unentschiedene  Frage  der 
Nachfolge  im  Stift  Monster  die  Gemüter  fortwährend  in 
Spannnng,  bis  sie  durch  den  unerwarteten  Tod  des  Erz- 
bischofe  Heinrich  ron  Bremen  eine  rasche,  den  Wünschen 
der  katholisch-bairischen  Partei  entsprechende  Losung  fand. 

Am  Palmsonntag,  4.  April  alten  Stils,  des  Jahres  1585, 
war  Herzog  Heinrich  auf  seinem  Haus  Bremenrörde  mit  dem 
Pferd  gestürzt;  am  23.  April  (a.  St.)  starb  er  an  den  Folgen 
innerer  Verletzungen.  Nun  gaben  seine  bisherigen  Anhänger 
im  mfinsfcerschen  Domkapitel   den    vereinten  kölnischen   nnd 

Johann  Wilhelms  Argwohn,  daß  ,die  Ton  der  Religion*  diese  Wer- 
bung angestiftet,  ist  jedoch  innerlich  on wahrscheinlich. 

^)  Dieses  Gerücht  meldet  eine  Zeitung  ans  KOln  Tom  13.  De- 
zember n.  St.,  welche  der  £rzbf.  Ton  Bremen  am  20.  Dexember  aas 
Ibnrg  an  den  K&tn.  von  Sachsen  schickt  (DrA.  loc.  8929  XII,  109). 
Schon  in  dem  o.  S.  66  Anm.  1  erwähnten  römischen  Tagebach  des 
Bar?itiaf  vom  18. — 22.  Januar  84  kommt  folgende  Stelle  aus  seinem 
Gespräch  mit  dem  Kardinal  yor:  Non  quidem  metuit  (Administrator) 
ex  parte  marchionissae  difficultatem  ullam,  sed  apud  pairem  suum 
eiuHqae  consiliarios  aut  provinciales  haereticos  impedimentnm  ac 
mmorem  meto  it.  Vocatnm  ab  iis  Palatinum  Neburgensem  [Pfalsgraf 
Philipp  Ludwig,  der  Gemahl  der  zweiten  Tochter  des  alten  Herzoge, 
Herzogin  Anna];  illos  malle  ipsum  aliam  dnoere  haeretieam. 


Verheiratung  der  Markgräfin  Jakobe  von  Baden.  63 

jülichschen  Werbungen  rasch  nach:  am  8./ 18.  Mai  resignierte 
der  bisherige  Postulierte  und  Administrator,  Herzog  Johann 
WilhelxB,  in  die  Hände  des  Kapitels  und  wurde  sofort  Kur- 
ftorst  Ernst  mit  großer  Majorität  zum  Bischof  von  Münster 
gewählt. 

In  denselben  Tagen  trat  Markgräfin  Jakobe,  geleitet 
▼on  ihrer  jüngeren  Schwester  Maria  Salome,  deren  Ge- 
mahl, Landgraf  Georg  Ludwig  von  Leuchtenberg ,  ^)  und 
Schwiegermutter,  der  verwitweten  Landgräfin  Mechtilde  von 
Leuchtenberg,  die  Reise  von  München  nach  der  Markgraf- 
schaft Baden  an ;  von  dort  aus  übernahm  ihr  Bruder,  Mark- 
graf Philipp,  mit  seinem  Vetter  Markgraf  Jakob  von  Baden- 
Durlach,  das  weitere  Geleite  bis  nach  Düsseldorf.^) 

Das  Brautgeleite  bedurfte  für  seine  Fahrt  nach  dem 
Niederrhein  starker  Bedeckung;  denn  wenige  Wochen  zuvor, 
am  9.  Mai  a.  St.,   war  Neuß,   die   erste  Stadt   des  Erzstifts 

^)  Markgr&fin  Marie  Salome, .  Jakobens  jüngste  Schwester,  hatte 
sich  am  Dienstag  nach  Katharinae,  27.  November  84  (nach  Schöpf! in 
a.  0.  III,  40)  mit  dem  Landgrafen  Qeorg  Ludwig  von  Leuchtenberg 
vermählt. 

^)  Markgraf  Philipp  hatte  anfänglich  gewünscht,  daß  seine 
Schwester  Jakobe  aUhald  nach  der  Heiratsahrede  (September  84)  zu 
seiner  Muhme,  der  Markgr&fin  von  Baden-Durlach,  gehen  und  dort 
sich  bis  xur  Hochzeit  aufhalten  solle;  Herzog  Wilhelm  und  die  alte 
Herzogin  von  Baiern  waren  damit  bereits  einverstanden;  dann  aber 
wandte  sich  Jakobe  mit  der  flehentlichen  Bitte  an  die  Herzogin 
Renata,  sie  bis  zur  Heimführung  am  bairischen  Hof  zu  lassen;  sie 
machte  besonders  geltend :  «wiewol  ire  lieb  die  marggräfin  zu  Durlach 
ir  aigene  mum,  were  sie  doch  nit  irer  religion  und  ir  darum b 
nit  möglich  so  lang  bei  ir  zu  bleiben,  man  wolte  ihrer  lieb  dan  ain 
crenz  aufladen,  das  ir  unertreglich  wer."  Auch  könne  es  bei  ihrem 
künftigen  Gemahl»  allerlei  Nachdenken  machen ,  wenn  man  sie  so 
plötzlich  vom  bairischen  Hof  abfordere,  als  habe  sie  sich  nicht  so 
verhalten,  wie  sich  gebührt.  Daraufhin  vermittelte  die  alte  Herzogin 
von  Baiem,  daß  Jakobe  bis  zur  Heimführung  am  Münchner  Hof 
bleiben  durfte.    KA.  Heiratshdign.  D.  316  ff. 


64    Max  Lassen,  Verheiratung  der  Markgräfin  Jakobe  von  Baden. 

Köln,  durch  üeberrumpelang  in  die  Hände  des  Parteigängers 
des  abgesetzten  Kurfürsten  Gebhard,  des  Grafen  Adolf  von 
Neuenar,  gefallen,  dessen  Soldaten  fortan  die  kölnischen  und 
jülich-clevischen  Lande  weithin  durch  ihre  Streifzüge  unsicher 
machten.  Kurfürst  Ernst  selbst,  welcher  bei  der  Hochzeit 
das  Haus  Baiern  hätte  vertreten  sollen,  war  wegen  der 
durch  den  Verlust  von  Neuß  geschaffenen  mißlichen  Lage 
nach  Prag  zum  Kaiser  gereist  und  traf  erst  unmittelbar  vor 
dem  Hochzeitstag  wieder  in  Bonn  ein,  sodaß  seine  persönliche 
Vertretung  und  die  des  Gesamthauses  ßaiern  dem  Kölner 
Afterdechant,  Graf  Ladislaus  von  Tbengen,  zufiel. 

Die  feierliche  Einholung  der  Braut  durch  ihren  Bräutigam 
und  ihren  künftigen  Schwager,  Pfalzgraf  Philipp  Ludwig 
von  Neuburg,  erfolgte  vom  Dorfs  Himmelgeist  aus  nach 
Düsseldorf  am  Vormittag  des  15.  Juni,  Trauung  und  Ein- 
segnung der  Ehe  am  nächsten  Nachmittag,  Sonntag  Trini- 
tatis,  in  der  Schloßkapelle.  Daran  schlössen  sich  prunkvolle 
Festlichkeiten  von  allerlei  Art,  Bankette,  Tänze,  Waffen- 
spiele und  Feuerwerk  zu  Land  und  auf  dem  Rhein,  volle 
acht  Tage  lang,^)  während  ringsum  im  jülich-clevischen  und 
kölnischen  Gebiet  der  Religionskrieg  wütete  und  die  blühen- 
den Landschaften  in  Wüsten  verwandelte. 


^)  AoBfÜhrliche  Beschreibung  der  Hochzeitsfeierlichkeiten  mit 
vielen  (37)  Kupfern  bei  Diederich  Graminftus,  Beschreibung 
derer  fürstlicher  Güligscher  etc.  hochzeit,  so  im  jar  Christi  1586  am 
16.  Juni  und  nechst folgenden  acht  tagen  zu  Düsseldorf...  gehalten 
worden.    Gedruckt  zu  Cöln,  Anno  1587.    2^ 


65 


Zwei  Rechtsfalle  in  der  Eigla. 

Von  K.  Maurer. 

(Vorgetragen  am  9.  Februar.) 

Die  Lebensbeschreibung  des  isländischen  Dichters  Egill 
Skallagrfnisson  enthält  neben  mancherlei  anderen  rechts- 
geschichtlich werthvoUen  Angaben  zwei  ausführliche  Berichte, 
welche,  unter  sich  eine  gewisse  Aehnlichkeit  zeigend,  er- 
wünschte Aufschlüsse  über  das  norwegische  Familien-  und 
Erbrecht  der  älteren  Zeit  gewähren.  Da  die  beiden  Rechts- 
falle, auf  welche  sich  diese  Berichte  beziehen,  noch  gar 
manche  dunkle  Punkte  zeigen,  will  ich  sie  hier  einer  ein- 
gehenden Untersuchung  unterziehen,  deren  Ergebniss  zugleich 
auch  einen  Beitrag  zur  Losung  der  yielbestrittenen  Frage 
nach  der  »Glaubwürdigkeit  der  Egils-Saga  und  anderer  Is- 
länder-Saga's*  liefern  mag,  welche  von  dem  scharfsinnigen 
dänischen  Gelehrten  Edwin  Jessen  seinerzeit  so  lebhaft 
angefochten  wurde.  ^)  Ich  benütze  dabei  die  kritische  Aus- 
gabe der  „Egils  saga  Skallagrimssonar**,  welche  Finnur  Jöns- 
son  in  den  Jahren  1886 — 88  für  das  „Samfund  til  Udgivelse 
af  gammel  nordisk  Litteratur''  besorgt  hat,  weil  sie  einen 
Yollständigeren  Apparat  bietet,  als  dessen  neuere  deutsche 
Ausgabe.  *)   Dieser  Ausgabe  entlehne  ich  auch  die  chronolo- 

1)  In  H.  ▼.  SybeTa  Historischer  Zeitschrift,  Bd.  XXVIII,  S.  61 
bU  100  (1872). 

^)  In  Heft  S  der  Altnordischen  Saga-Bibliothek  von  H.  Gering 
nnd  E.  Mogk  (1894). 

18»&  SiUimgBb.  d.  phO.  u.  hist.  CI.  6 


56  Max  Lassen 

bei   dem   alten    Herzog   von  Jülich   betrauten   und   ihn   bei 
diesem  und  bei  dem  Administrator  beglaubigten.^) 

Am  5.  Mai  1584  (n.  St.)  erfolgte  nunmehr  namens  der 
drei  kathoh'schen  Potentaten,  des  Papstes,  des  Kaisers  und 
des  Königs  von  Spanien,  zu  Düsseldorf  die  Werbung  beim 
alten  Herzog,  in  Gegenwart  der  angesehensten  geheimen 
Räte  aus  allen  Landschaften.  Von  den  designirten  Gesandten 
waren  jedoch  nur  Kurfürst  Ernst  und  der  Graf  von  Mander- 
scheid  erschienen;  Dr.  Gail  mußte  als  kaiserh'cher  Kommissar 
in  Rotenburg  sein,  der  Markgraf  von  Bergen  war  aus  unbe- 
kannten Ursachen  weggeblieben,  —  doch  glaubte  sich  Kur- 
fürst Ernst  berechtigt,  auf  Grund  der  vorliegenden  Instruk- 
tionen auch  im  Namen  des  spanischen  Königs  und  des  Prinzen 
von  Parma  zu  sprechen.*) 


')  Bereits  am  14.  Januar  84  (n.  St.)  hatte  Barvitius  mit  dem 
Kardinalstaatesekretär  von  Como  eine  lange  Besprechung  u.  a.  auch 
über  Betreibung  der  Jülichschen  Heirat  (Barvitius*  römisches  Tage- 
buch  vom  18.-22.  Januar  StA.  811/17  f.  12),  aber  erst  am  17.  März 
(a.  0.  f.  48)  konnte  er  melden ,  daß  der  Papst  dieser  Tage ,  in  folge 
einer  neuen  Mahnung  seines  Herzogs,  wegen  der  JüUchschen  Heirat 
in  ungewöhnlicher  Weise  die  Congregatio  Germanica  und  ein  Consi- 
storium  (der  Kardinäle)  berufen  habe  und  daß  bereits  beschlossen  sei, 
an  den  Herzog  von  Baiem,  den  Kölner  KurfQrsten  und  die  beiden 
Herzoge  von  Jülich  Breven  zu  richten.  Diese  4  Breven,  vom  18.  März 
(n.St.)  datiert,  sind  gedruckt  bei  Th einer  a.  0.  III,  621  es.  In  dem 
an  Herzog  Wilhelm  von  Baiem  gerichteten  erinnert  der  Papst  wieder 
daran,  daß  Herzog  Johann  Wilhelm,  im  Falle  seiner  Heirat,  die  Re- 
gierung der  mflnsterschen  Kirche  aufgeben  und  baldigst  ein  geeig- 
neter Nachfolger  beschafiPt  werden  müsse.  Wenn  das  Domkapitel  den 
Erzbischof  von  Köln  (Kf.  Ernst)  wähle,  wolle  er,  der  Papst,  die  Bestä- 
tigung nicht  verweigern,  verlange  aber,  daß  Kf.  Ernst  dann  auf  Hildes- 
heim und  BVeising  verzichte;  dagegen  wolle  er  die  Administration 
von  Freising  einem  der  Söhne  des  Herzogs  Wilhelm  übertragen. 

^)  Kurzer  Auszug  aus  der  Werbung  vom  5.  Mai  und  der  Ant- 
wort vom  6.,  aus  dem  Wiener  Archiv,  bei  Stieve  a.  0.  S.  196;  Ko- 
pie RA.  Heiratshdlgn.  D.  274.  —  Ueber  die  beabsichtigte  Teilnahme 
des  Markgrafen  von  Bergen  an  der  Werbung  zwei  Briefe  des  Prinzen 


Verheiratung  der  Marhgräßn  Jakobe  van  Baden.  57 

Die  bereits  vom  28.  November  1583  datierte  kaiser- 
liche Instruktion  enthielt,  wie  verabredet,  nur  den  Auftrag, 
dem  alten  Herzog  ganz  allgemein  die  baldige  Vermählung 
seines  Sohnes  mit  einer  katholischen  Fürstin  anzuraten  und 
hierauf  bestimmte  Erklärung  zu  fordern.  Von  den  ver- 
muteten Gegenbedenken  des  Herzogs  sollten  ihm  die  Ge- 
sandten das  eine  —  daß  im  Falle  der  Verheiratung  sein  Sohn 
auf  das  Stift  Monster  verzichten  müsse  —  als  unziemlich 
für  einen  katholischen  Fürsten  ausreden,  in  bezug  auf  das 
andere  aber  —  daß  Johann  Wilhelm  nach  seiner  Heirat 
dem  Vater  in  die  Regierung  greifen  werde  —  erklären,  der 
Kaiser  selbst  wünsche,  und  auch  der  junge  Herzog  werde 
ohne  Zweifel  nicht  anders  gesinnt  sein,  daß  der  alte  Herzog 
Wilhelm  Zeit  seines  Lebens  regierender  Fürst  bleibe. 

Eine  solche  Erklärung  wurde  von  Kurfürst  Ernst,  der 
persönlich   das  Wort  führte,   dem  Oheim   abgegeben;^)    von 


V.  Parma  aus  Toumai  19.  April  84  an  Kurfflrst  Ernst  und  an  Eg.  Wilh. 
von  Jülich  in  Gorresp.  du  Card,  de  0  ranvelle  (pnbl.  p.  Piot)  T.  XI, 
1894,  p.  571  und  584.  Danach  war  die  Vollmacht  des  spanischen 
Königs  ausfi^eblieben,  hatte  aber  der  Prinz  von  Parma  es  auf  sich  ge- 
nommen, anstatt  des  Königs  selbst,  den  Marquis  zu  beglaubigen.  —  Wer 
von  Herzog  Wilhelms  jQlichschen  und  cleviechen  Räten  bei  der  Wer- 
bung zugegen  war,  finde  ich  nicht  angegeben,  doch  scheint  mir,  daß 
es  ansschließlich  katholische  waren,  nicht  nur  von  vornherein  wahr- 
scheinlich, sondern  auch  aus  folgender  Stelle  des  Briefes  zu  folgen, 
worin  KnrfQrst  Ernst  am  15.  Mai,  zwei  Tage  nach  seiner  Rückkunft 
von  DSsseldorf  nach  Bonn,  seinem  Bruder,  Herzog  Wilhelm,  über  den 
Verlauf  der  Werbung  berichtet:  »Es  haben  uns  gleichwol  nit  allein 
der  jung  herzog,  sonder  auch  alle  damals  anwesende  g^lchisch  und 
devische  ret  zum  höchsten  erbetten,  das  wir  uns  verrer  in  disem 
werk,  demselben  zum  besten,  zu  commissarien  gebrauchen  lassen 
wolten,  seitemal  uns  des  alten  herzogs  gemuet  zum  besten  bekant 
und  wii  S'L.  zum  maisten  mechtig."  (Ogl.  entziffert  StA.  88/24  f.  34.) 
1)  Die  Erklärung  des  Kurfürsten  lautete  sogar  viel  bostimmter 
als  die  Instmktion:  Sie,  die  Gesandten,  hätten  ausdrücklichen  Befehl, 
dem  Herzog  den  etwaigen  Verdacht  etlicher  Friedhässigen  auszureden, 


68  je:  Maurer 

)>6r61fr  mit  des  Königs  Urlaub  und  Vollmacht  nach  Halogpi- 
laod,  am  sich  in  den  Besitz  der  Vergabnng  zu  setzen,^) 
nachdem  dieser  ihn  zuvor  noch  zum  Landherm  gemacht  und 
ihm  alle  die  Krongfiter  (yeizlur)  verliehen  hatte,  welche 
Bardr  besessen  hatte«  einschliesslich  der  königlichen  Rechte 
fiber  die  Lappen  (finnferd),  ganz  wie  diese  dem  Bard  ver- 
liehen gewesen  waren.  Bards  Wittwe,  Sigridr  Sigurdardöttir, 
lässt  nch  ebenso  wie  ihr  Vater  die  Abmachung  ge&llen; 
aber  doch  erfolgt,  nachdem  diess  festgestellt  ist,  erst  noch 
eine  förmliche  Werbung  {>oröl&  um  sie,  sowie  eine  feierliche 
Verlobung  und  Hochzeit.  *)  Nun  fordern  sofort  die  Hilldirid- 
arsynir  das  Vermögen  ihres  Vaters  Bjöi^lf ; ')  ))ör61f  aber 
weist  diese  ihre  Forderung  unter  Bezugnahme  auf  das  Ver- 
halten Brjmjölfs  und  Bards  zurück,  welche  jene  als  Conen* 
binenkinder  und  darum  als  nicht  erbberechtigt  angesehen 
hätten.^)  Harekr  erklärt  sich  zwar  bereit,  einen  Zeugen- 
beweis darüber  zu  erbringen,  dass  für  ihre  Mutter  ein  ,mundr" 
bezahlt  worden  sei, ^)  und  dass  sie  ächtgeboren  seien,*)  in- 
dem er  zugleich  beifügt,  dass  sie  dem  Brynjölf  und  Bard 
gegenüber  um  ihrer  Verwandtschaft  willen  ihren  Anspruch 
nicht  weiter  verfolgt  hätten,  während  sie  jetzt  einem  Nicht- 
verwandten gegenüber  stünden;  {)6rölfr  aber  beharrt  auf  der 
Ablehnung  ihrer  Ansprüche,  indem  er  geltend  macht,  dass 


^)  Konosgr  lofar  l>at,  ok  gerir  med  ordsendisg  ok  jartegner, 
at  ]>öröifr  skal  t)at  allt  fa,  er  Bärdr  gaf  honanji  Isetr  t)at  fjigja,  at 
§ü  gjof  var  gior  med  rade  konangs,  ok  hann  vill  8h4  vera  lata. 

3)  Das  Bisherige  nach  cap.  9,  8.  25—28. 

S)  Fä  I)at,  er  4tt  hafdi  Björgölfr  fadir  t)eira. 

^)  pat  var  mdr  kannigt  of  Brynjölf  ok  enn  kunnara  vm  B^lrd,  at 
t>eir  voro  manndömsmenn  snä  miklir,  at  {>eir  mnndy  hafa  midlat  ykkr 
t)at  af  arfi  BjOrgölfs,  sem  l>eir  vissi,  at  rdttindi  veri  til.  Var  ek  naerr 
pnif  at  f)id  höfnt  t>etta  eama  äkall  vid  B4rd,  ok  heyrdiz  m^r  sai,  sem 
honnm  psdiii  {)ar  engl  Bannyndi  til,  puitkt  hann  kalladi  ykr  friUasonii. 

')  at  t)eir  mimda  vitni  til  fa,  at  möder  l>eira  var  mnndi  keypt 

^)  at  vit  flem  mann  adalbomer. 


Verheiratung  der  Markfjräßn  Jakobe  von  Baden.  59 

Autorität  TOD  Papst,  Kaiser  und  König  von  Spanien,  beruhigt 
zugleich  und  ermahnt  durch  zwei  bei  ihm  in  Gunst  und 
Ansehen  stehende  Männer,  seinen  Nefien  und  seinen  Lehens- 
mann,  ließ  am  folgenden  Tag,  6.  Mai,  antworten:  im  Ver- 
trauen darauf,  daß  Kaiser,  Papst  und  König  ihm  nur  raten 
wollten,  was  zu  seinem,  seines  Sohnes  und  seiner  Lande 
besten  gereiche,  gebe  er  seine  Zustimmung,  daß  sein  Sohn 
baldigst  die  Markgräfin  heirate.  Die  Heiratsabrede  sollte 
bereits  in  einigen  Wochen,  am  1.  Juli,  zu  Düsseldorf  statt- 
finden. 

Verschiedene  Zufälligkeiten,  namentlich  ein  Unfall,  wel- 
cher dem  Bruder  der  kßnftigen  Braut,  Markgraf  Philipp, 
auf  einem  Kitt  durch  die  Eifel  zugestoßen  war,  verzögerten 
nachher  die  für  die  Abrede  bestimmte  Zusammenkunft  bis 
zum  12.  September.  Zu  dieser  erschienen,  wieder  in  Düssel- 
dorf, Gesandte  des  Markgrafen  Philipp,  als  des  nächsten 
Angehörigen  der  Braut,  ferner,  als  Beistand  namens  der 
Verwandtschaft,  Kurfürst  Ernst,  sodann  für  den  Kaiser  Graf 
Hermann  von  Manderscheid  und  Dr.  Andreas  Qail.  Als  Hei- 
ratsgut wurden  der  Braut,  gegen  das  badische  Herkommen, 
aber  in  Annäherung  an  die  Aussteuer,  welche  Herzog  Wilhelm 
seinen  drei  verheirateten  Töchtern  bewilligt  hatte,  31000  Gul- 
den bewilligt;  Kurfürst  Ernst  hatte  sich  jedoch  vorher  von 
Herzog  Johann  Wilhelm  versprechen  lassen,  daß  er  auf  Aus- 
zahlung dieser  hohen  Summe  nicht  bestehen,  sondern  mit 
10000  Gulden  sich  begnügen  werde.*) 


^)  Die  Heiratsabrede,  , geschehen  zu  D.  am  18.  monats  Septem- 
bria  A^  84  at.  corr.*  iat  gedrnckt  bei  Lacomblet,  Urkundenbuch  IV, 
No.  589.  L.  bemerkt  zwar,  daß  statt  der  in  der  Abrede  bewilligten 
Aosateaer  von  31000  Gulden  nachher  nur  10000  Gulden  bezahlt  wurden, 
nicht  aber,  daß  dieß  zwischen  Herzog  Wilhelm  und  Eurfdrst  Ernst 
schon  lange  vor  der  Hochzeit  insgeheim  abgemacht  worden  war.  Trotz 
dieser  Abmachung  ging  ea  nachmale,  bei  der  von  Lacomblet  er- 
wähnten üebereinkunft  zwischen  Markgraf  Philipp  und  Herzog  Jo- 


70  K.  Maurer 

herein  auf  eine  Schwierigkeit,  indem  über  das  Stecht,  Ton 
welchem  man  dabei  auszugehen  hat,  keine  Klarheit  besteht. 
Der  Landherr  Bjorgölfr  war  im  südlichen  Theile  7on  Häloga- 
]aud,  und  der  Bauer  Högoi  im  südlichen  Theile  des  Naum- 
dselafylki  sesshaft,  sodass  das  Recht  dieser  beiden  Landschaften 
für  die  rechtliche  Beurtbeilung  der  Verbindung  massgebend 
sein  rousste,  welche  der  Erstere  mit  der  Tochter  des  Letzteren 
eingegangen  hatte.  Nun  gehörte  das  Naumdselafylki  nach 
der  Historia  Norwegise  ^)  znr  Landschaft  Drontheim  im 
weiteren  Sinne  des  Wortes,  also  zum  FrostuJ)fDge,  während 
Halogaland  eine  apatria*^  für  sich  bildete,  und  ebenso  stand 
es  nach  dem  gemeinen  Landrechte,  ^)  soferne  nach  diesem 
zwar  die  Naumdaslir  ebenso  wie  die  ßaumsdaalir  und  die 
Nordmsßrir  das  Frostupfng  zu  beschicken  hatten,  aber  nicht 
die  Haleygir.  Andererseits  aber  setzt  zwar  eine  Reihe  von 
Stellen  in  unseren  Frostu|>ingslög  voraus,  dass  der  Ding- 
verband lediglich  auf  die  8  Volklande  des  eigentlichen  Dront- 
heims  beschränkt  war;  ^)  dagegen  rechnen  einige  andere 
Stellen  zu  den  Angehörigen  des  Rechtsverbandes  neben  den 
^innanfjardarmenn"  oder  eigentlichen  Dröntern  auch  noch 
ffütanfjardarmenn*',  also  Angehörige  von  Volklanden,  welche 
ausserhalb  des  Meerbusens  von  Drontheim  gelegen  sind,^) 
oder  behandeln  neben  jenen  8  Volklanden  auch  noch  die 
4  Volklande  ^fynr  ütan  Agdaness'*  als  zum  Verbände  ge- 
hörig, *)  unter  welchen  doch  nur  Raumsdalr  und  Nordmaeri, 
sowie  Naumudalr  und  Halogaland  verstanden  werden  können, 
und  hiezu  stimmt  auch,  dass  in  dem  anhangsweise  folgenden 
Novellenverzeichnisse  •)  einerseits  von  Rechtsverbesserungen 
gesprochen    wird,   welche   die   Könige    „öUum   lögunautum* 


*)   bei   G.  Storm,   Monumenta  historica  Norvegiae  S.  77—78. 
«)  Landelög,  pfDgf.  b.  §  2.  8)  pr^L.  IV,  §  64;    X,  §  30;    XII, 

§  8.        *)  ebenda  IV,  §  66.         »)  ebenda  X,  §  8.         «)  ebenda 
XVI,  §  1  und  4,  dann  2  und  3. 


Zwei  EechUfäUe  in  der  Eigla.  71 

oder  ,{>r8endum  ok  öllum  lögunautam''  yerwilligten,  und  an- 
dererseits Ton  solchen,  welche  nur  ^Häleygjum  öllum'  oder 
«NaumdoBlum'*  verliehen  wurden.  Ich  habe  aus  diesen  und 
anderen  Stellen  schon  früher  den  Schluss  gezogen,  ^)  dass 
der  Dingverband  des  FrostuJ^fnges  bis  in  das  13.  Jahrhundert 
hinein  nur  die  8  Volklande  Drontheims  umfasst  habe,  wäh- 
rend die  Bechtsgenossenschaft  weiter  gereicht  und  auch  die 
genannten  4  weiteren  Yolklande  ausserhalb  des  ))rändheims- 
fjördr  mit  inbegriffen  habe,  und  ich  habe  im  Zusammen- 
hange damit  auch  bereits  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass 
noch  nach  unseren  Frostupüigslög  das  Frostupfng  nur  von 
den  8  Yolklanden  Drontheims  beschickt  wurde,*)  während 
die  Dingpflicht  der  ,utanfjardarmenn',  von  welcher  daselbst 
allerdings  auch  gesprochen  wird, ')  sich  nur  auf  je  deren 
eigenes  fylkis|>£ng  beziehen  konnte,  welches  für  sie  die  oberste 
Instanz  bildete.  Allerdings  geht  in  dem  bekannten  Rechts- 
streite, welchen  K.  Sigurdr  Jörsalafari  gegen  den  Landherm 
Sigurd  Hranason  fuhrt,  die  Sache,  nachdem  sie,  sei  es  nun 
am  |>randamessI)fDge  als  an  dem  fylkispfnge  von  Haloga- 
land,  oder  aber  am  Hrafnistu|»{nge  als  an  dem  fylkisf^fnge  der 
Naumdselir  al^ewiesen  worden  war,  ^)  noch  an  das  Frostu- 
^ing  oder  Eyrn^fng;')  aber  es  geschieht  diess  nicht  etwa 
darum,  weil  dieses  die  höhere  Instanz  für  jenes  fylkisl»ing 
gewesen  war,  sondern  aus  dem  ganz  anderen  Grunde,  weil 


1)  Die  Entstehung  der  älteren  Fro8taI)ing8lög,  S.  6  bis 
20  (in  den  Abhandlangen  unserer  Glasse  1875);  Galat)fng,  8.  894 
bis  403  (Allg.  Encyklopädie  von  Ersch  n.  Graber,  Bd.  96,  1877).  Die 
hier  über  die  Dingstätte  zu  Jörülfsstadir  ausgesprochene  Ansicht  habe 
ich,  beiläafig  bemerkt,  längst  als  irrig  aufgegeben. 

2)  Frl)d.  II,  §2.  8)  ebenda  §1. 

^)  Jenes  nach  der  Halda,  Hrokkinskinna  and  Morkin- 
skinna,  Dieses  nach  Eirspennill,  JOfraskinna,  Gullinskinna 
and  Frissbök. 

^)  ygL  G.  Storm,  Sigurd  Ranessöns  Proces,  S.  13-15,  36—39. 


72  K.  Maurer 

alle  Rechtsstreitigkeiten  zwischen  mehreren  gleichzeitig  regie- 
renden Eonigen  untereinander  an  einem  der  3  oder  4  grossen 
lög{»fng  in  Norwegen  entschieden  werden  mnssten.  Nach 
allem  Dem  ist  anzunehmen,  dass  wenigstens  schon  Tom  An- 
fang des  12.  Jahrhunderts  an  in  Halogaland  sowohl  als  im 
Naumdaslafylki  die  Frostu{>fngslög  ganz  ebenso  gegolten  haben 
wie  in  der  Landschaft  Drontheim  selbst,  wobei  ich  dahin- 
gestellt sein  lasse,  ob  die  gelegentlich  desselben  Rechtsstreites 
erwähnte  Berufung  der  Naumdselir  neben  den  Haleygir  zum 
{)randarness|»fnge,  oder  auch  der  H&leygir  neben  den  Naum- 
dffilir  oder  auch  Raumsdselir  zum  Hrafnistupfnge  ^)  auch  noch 
auf  das  Bestehen  einer  Dinggenossenschaft  unter  eben  diesen 
Volklanden  neben  der  Rechtsgenossenschafb  schli^ssen  lasse. 
Man  wird  ferner  auch  wohl  vermuthen  dürfen,  dass  derselbe 
Rechtszustand  auch  bereits  am  Ende  des  9.  Jahrhunderts 
gegolten,  oder  dass  doch  wenigstens  der  isländische  Verfasser 
der  Eigla  dessen  Geltung  fOr  diese  Zeit  vorausgesetzt  haben 
werde.  Aber  freilich  ist  damit  nicht  gesagt,  dass  d&s  Recht 
Hälogalands  und  des  Naumdselafylkis  im  9.  Jahrhundert  das-> 
selbe  gewesen  sei,  wie  das  durch  kirchliche  Einflüsse  viel- 
fach umgestaltete  Recht  der  uns  vorliegenden  Frostu|>fngslog, 
und  überdiess  ist  auch  noch  stets  mit  der  anderen  Möglich- 
keit zu  rechnen,  dass  der  Isländer,  welcher  die  Sage  auf- 
zeichnete, jenes  Recht  da  und  dort  durch  seine  eigenen 
Rechtsanschauungen  trüben  lassen  konnte. 

Diess  vorausgeschickt,  fragt  sich  nun  zunächst,  wieweit 
die  von  Björgdlf  mit  Hilldirfd  eingegangene  Verbindung 
eine  rechtmässige  Ehe  war  oder  nicht?  Es  genügt  nicht, 
wenn  Pinnur  Jönsson  bei  Besprechung  der  juristischen  Ver- 
hältnisse in  der  Sage  sich  darauf  beruft,^)   dass  die  Gragas 


^)  Q.  Storm,   Sigard  RanessOns  Proces,  8.  13  und  S.  86— 57; 
vgl.  auch  die  Bemerkungen  0.  Storms  S.  51 — 62. 
2)  Fortale,  S.  LXXXVI—VII. 


Zwei  EechtafäUe  in  der  Eigla.  73 

als  Vorbedingung  fßr  das  Bestehen  einer  rechtmässigen  Ehe 
eine  legale  Verlobung,  das  Kaufen  der  Frau  um  einen  ^mundr'^ 
im  Betrage  Ton  mindestens  einer  Mark  Silbers,  sowie  die 
Fder  der  Hochzeit  sammt  offenkundigem  Beschreiten  des 
Ehebettes  binnen  einer  bestimmten  Frist  und  vor  einer  be- 
stimmten Anzahl  von  Qästen  fordere,  und  dass  auch  das 
Recht  des  6ula|>fnges  ganz  ähnUche  Vorschriften  enthalte, 
nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  in  diesem  der  Mindestbetrag 
des  mundr  auf  12  Oeren,  also  iVa  M.,  angesetzt  sei.  Aller- 
dings si^en  die  isländischen  Rechtsbücher:  ^)  ,Sa  madr  er 
eigi  ar^engr  er  modir  bans  er  eigi  munde  keypt  morc  e]^ 
meira  fe  eda  eigi  bruUaup  til  gert  e|>a  eigi  fostnod.  f>a  er 
kona  munde  keypt  er  morc  6  alna  avra  er  goldin  at  munde 
e^a  handsoiod  eda  meira  fe  ella.  {)a  er  bruU  lavp  gert  at 
l5gom  (ef  logradande  fastnar  kono  enda  se  6  menn  at  brul- 
iaypi  et  fsBsta  oc  gangi  brudgumi  i  liose)  isama  saeing  cono'', 
d.  h.  .Der  Mann  ist  nicht  erbföhig,  wenn  seine  Mutter  nicht 
um  ein  Brautgeld  yon  einer  Mark  oder  mehr  Geld  erkauft, 
oder  keine  Hochzeit  mit  ihr  gehalten,  oder  sie  nicht  verlobt 
wurde.  Dann  ist  eine  Frau  um  ein  Brautgeld  erkauft,  wenn 
eine  Mark  zu  6  Ellen  als  Brautgeld  bezahlt  oder  durch 
Handschlag  yersprochen  wurde,  oder  aber  mehr  Geld.  Dann 
ist  eine  Hochzeit  gesetzmässig  gehalten,  wenn  der  gesetz- 
massige Geschlechtsvormund  die  Frau  verlobt  und  mindestens 
6  Leute  bei  der  Hochzeit  zugegen  sind,  und  der  Bräutigam 
offenkundig  mit  der  Frau  in  dasselbe  Bett  geht*.  In  den 
6nla|»£ngslög,  §  51,  dagegen  lautet  die  Vorschrift:  „{)at  er 
nu  pvi  nest  at  v€r  scolom  j[>at  vita  hversug  v^r  scolom  konor 
kaupa  med  mundi.  ])ess  at  barn  se  arfgengt.  ^a  scal  madr 
festa  med  kono  |»eirri   12   aura  öreigi   mund,    oc  hava  vid 


^)  Kgabk,  §  118,  S.  222;  die  eingeklammerten  Worte  sind  ans 
der  Parallelstelle  Stadarhölsbk,  §  58,  S.  66  ergänzt.  Sie  wieder- 
holen  sich  ebenda,  §  171,  S.  204;  vgl.  auch  Skälholtsbk,  §  IS, 
8.80  und  Belgsdalsbök,  §49,  S.  241. 


74  K.  Maurer 

^at  vatta,  oc  have  hann  brudinenn  en  hon  brud  konor,  oc 
geye  henne  giof  of  morgen,  er  |>au  haya  um  nott  saman 
verit.  slica  sem  hann  festi  vid  benne.  }>a  er  barn  pat  arf- 
gengt,  er  alet  er  sidan*',  d.  b.  «Nun  ist  das  Nächste,  was 
wir  wissen  sollen,  wie  wir  Frauen  mit  Brautgeld  kaufen 
sollen,  sodass  das  Kind  erbfähig  werde.  Da  soll  der  Mann 
mit  dieser  Frau  12  Unzen  Armen-Brautgeld  versprechen  und 
dabei  Zeugen  zuziehen,  und  er  soll  Brautmänner  haben  und 
sie  Brautweiber,  und  er  gebe  ihr  am  Morgen,  nachdem  sie 
die  Nacht  über  zusammen  gewesen  waren,  die  Gabe,  wie  er 
sie  ihr  gegenüber  yersprochen  hatte.  Dann  ist  das  Kind 
erbfähig,  das  nachher  geboren  wird'.  Die  Bestimmung  wird 
anderwärts  ^)  auch  wohl  folgendermassen  ausgedrückt:  «Nt 
leikr  a  tveim  tungum  hvärt  madr  er  arfgengr  seda  eigi. 
stemni  f>eim  til  t>ings  er  hanom  stendr  iiri  arve.  |>a  scal 
hann  niota  vatta  sinna  at  hann  stemdi  hanom  })fng.  Nu 
scolo  f>at  adrer  vattar  bera,  ver  varom  |»ar  er  moder  hans 
var  mundi  keypt,  oc  nemna  hyar  |»at  var,  oc  |»ar  varo  bsede 
brudmenn  oc  brudkonor,  oc  giof  geyen  su  oc  yid  henne  yar 
fest,  eigi  minni  en  12  aurar  oreigi  mundr*",  d.  h.:  .Wird 
nun  streitig,  ob  ein  Mann  erbfähig  ist  oder  nicht,  da  lade 
er  den  vor  das  Ding,  der  ihm  das  Erbe  yorenthält.  Da  soll 
er  seiner  Zeugen  darüber  gemessen,  dass  er  ihm  ein  Ding 
anberaumt  habe.  Dann  sollen  andere  Zeugen  darüber  aus- 
sagen, dass  sie  dabei  anwesend  waren  als  seine  Mutter  um 
ein  Brautgeld  erkauft  wurde  und  den  Ort  nennen,  an  dem 
diess  geschah,  und  bezeugen,  dass  dabei  sowohl  Brautmänner 
als  Brautweiber  zugegen  waren,  und  dass  die  Gabe  gegeben 
wurde,  die  ihr  gegenüber  yersprochen  worden  war,  nicht 
weniger  als  12  Unzen  Armen- Brautgabe '^.  Damit  ist  nun 
freilich  für  das  Recht  des  Gulaf>iDges  und  für  das  yon  diesem 
abgezweigte  isländische  Recht  im  Wesentlichen  erwiesen,  was 


1)  GpL.  §  124. 


Ztcei  Rechts  fälle  in  der  Eigla,  75 

Finnur  Jönsson  als  dessen  Vorschrift  bezeichnet  hat;  aber 
f&r  die  hier  massgebenden  Frostu|»ingslög  beweisen  jene 
Stellen  zunächst  Nichts,  und  da  uns  jene  nur  in  einer  unter 
Erzbischof  Eysteins  Einfluss  entstandenen  Umarbeitung  vor- 
li^en,  finden  wir  in  ihnen  keine  eingehende  Vorschrift  über 
die  Form  der  Eheschliessung  vor,  weil  diese  dem  au&schliess- 
liehen  Bereiche  der  kirchlichen  Gesetzgebung  und  Gerichts- 
barkeit vorbehalten  werden  wollte.  Indessen  lässt  sich  doch 
darthun,  dass  aach  dieses  Recht  wesentlich  auf  demselben 
Standpunkte  sich  befand,  welchen  die  oben  besprochenen  bei- 
den Rechte  einnahmen.  In  den  Frostu|»fngslög,  und  gleich- 
lautend auch  im  älteren  Stadtrechte,  wird  einmal  die  Frage 
behandelt,  ^)  wieweit  Brautkinder  erbföhig  seien  und  wird 
gesagt,  dass  Kinder,  welche  der  Bräutigam  mit  seiner  Braut 
erzeugt,  unter  der  Voraussetzung  gleich  ehelich  geborenen 
ihres  Vaters  Erbe  nehmen  sollen,  dass  dieser  binnen  Jahres- 
frist nach  eingegangener  Verlobung  gestorben  ist,  d.  h.  inner- 
halb der  Frist,  binnen  welcher  regelmässig  die  Hochzeit  der 
Verlobung  zu  folgen  hatte;*)  erben  sollen  solche  Kinder, 
wie  wenn  ihre  Mutter  um  ein  Brautgeld  erkauft  wäre  und 
dabei  wird  noch  ausdrücklich  beigefügt,  dass  in  keinem  an- 
deren Falle  Jemand  zur  Erbfolge  gelange,  es  sei  denn  seine 
Mutter  um  ein  Brautgeld  erkauft,  oder  er  selbst  rechtsform- 
lich  in  das  Geschlecht  aufgenommen.  Damit  ist  also  gesagt, 
dass  an  und  för  sich  und  abgesehen  von  dem  hierher  nicht 
gehörigen  Falle  einer  künstlichen  Aufnahme  in  die  Verwandt- 


^)  Fr|)L.  in,  §  13:  En  ef  fadur  misair  vidr  firir  brallaup  innan 
|)eirra  12  manada,  oc  er  bam  getet,  pa  take  barn  t)at  arf  fadur  eins 
Bern  moder  vere  myndi  koeypt.  En  i  engom  stad  adrum  koemr  madr 
til  arfa  nema  moder  se  myndi  koeypt,  eda  hann  se  med  lagum  i  seit 
leiddr.  Ebenso  BjarkR.  III,  §68,  nur  dass  hier  beidemale  „mnndi* 
statt  myndi  geschrieben  steht.  Auch  im  KrR.  Sverris,  §67  kehrt 
die  Stelle  wieder;  nur  fehlt  hier  der  letzte  Satz. 

3)  FrJ)L.  III,  §  12j   KrR.  Sverris,  §66. 


76  K,  Maurer 

Schaft  nur  diejenigen  Kinder  als  eheliche  galten,  für  deren 
Mutter  seinerzeit  ein  »inundr*  erlegt  worden  war;  von  den 
beiden  anderen  Voraussetzungen  einer  rechtmässigen  Ehe, 
welche  die  Gragas  und  die  Gula|)£ngslög  neben  der  Zahlung 
des  mundr  noch  kennen,  ist  aber  die  eine,  die  Verlobung 
nämlich,  durch  die  Besonderheit  des  hier  besprochenen  Falles 
als  bereits  erfüllt  bezeichnet,  während  die  andere,  nämlich 
die  Hochzeit,  durch  die  Lage  der  Dinge  unmöglich  geworden 
ist.  Dazu  kommt,  dass  an  einer  anderen  Stelle  des  Stadt- 
rechtes, welches  recht  wohl  zur  Ergänzung  des  Dronter 
Landrechtes  herangezogen  werden  darf,  da  es  mehrfach  einen 
älteren  Text  desselben  benützt  hat,  die  Abhaltung  einer 
rechtsfSrmlichen  Hochzeit  ganz  ausdrücklich  neben  der  Zah* 
lung  des  Brautgeldes  betont  wird,  wenn  es  gilt  die  eheliche 
Geburt  eines  Kindes  zu  beweisen,  indem  hier  gesagt  wird:  ^) 
ipWenn  Jemand  einen  Zeugen  beweis  für  seine  Erbfähigkeit 
erbringen  soll,  so  soll  er  ihn  darüber  erbringen,  dass  seine 
Mutter  um  ein  Brautgeld  erkauft  wurde,  und  dass  dabei 
2  Brautmänner  und  2  Brautweiber  waren,  und  dass  dafür 
ein  bestimmtes  Mindestmass  von  Bier  eingekauft  worden  war, 
und  dass  ein  Dienstknecht  und  ein  Dienstweib  dabei  war; 
dann  ist  die  Hochzeit  nach  dem  Gesetze  gehalten  und  nach 
rechtem  Stadtrechte*.  Dass  hier  ebensowenig  als  an  der  ent- 
sprechenden Stelle  der  G{>L.  §  124  auch  noch  der  Verlobung 
als  eines  weiteren  Erfordernisses  gedacht  wird,  erklärt  sich 
ganz  genügend  aus  dem  Umstände,  dass  die  Bezahlung  des 
Brautgeldes  bei  der  Hochzeit  in  dem  Betrage  zu  erfolgen 
hatte,  welcher  bei  der  Verlobung  versprochen  worden  war, 
und  können  wir  hiemach   mit  voller  Sicherheit  annehmen, 


1)  BjarkB.  §  132:  Ef  madr  skal  lata  ser  vitni  bera  til  arfs, 
f)ä  skal  sv4  bera  14ta,  at  mödir  hana  var  mundi  keypt,  ok  t>ar  väni 
brüdmenn  2  ok  briidkonur  2  ok  t>ar  var  inn  keyptr  askr  öldr  eda 
meira  ok  par  var  gridmadr  ok  gridkona.  pä  er  at  lOgnm  gert  ok 
at  Bjarkejjarrdtti  r^ttam. 


Zwei  Beehtsfme  m  der  Eigla.  77 

dass  die  Frostuf^fngslög  in  Bezug  auf  die  Erfordernisse  der 
Eingehung  einer  rechtsgültigen  Ehe  wesentlich  denselben 
Grundsätzen  folgten,  wie  das  Recht  des  Gula|)fnges  und  des 
isländischen  Freistaates.^) 

Vergleicht  man  nun  die  Angaben  der  Eigia  mit  diesen 
RechtsTorschriften,  so  ist  klar,  dass  zunächst  deren  Hauptstelle 
weder  einer  Verlobung  erwähnt  noch  auch  der  Zahlung  eines 
Brautgeldes,  und  dass,  wenn  zwar  von  einer  Hochzeit  und 
Ton  dem  Beschreiten  des  Bettes  die  Rede  ist,  diese  Hochzeit 
doch  ausdrücklich  als  «lausabrullaup',  d.h.  lose,  nicht  voll- 
kommen gültige  Hochzeit  bezeichnet  wird.  ^)  Allerdings  wird 
gesagt,  dass  Bjdrgölfr  die  Hilldirfd  um  eine  Unze  Goldes 
kaufte,  und  ich  wage  nicht  mit  Finnur  Jönsson  ohne  Wei- 
teres anzunehmen,  dass  dieser  Betrag  hinter  dem  für  das 
Brautgeld  yorgeschriebenen  Mindestbetrage  zurückgeblieben 
sei.  Dass  sich  der  Werth  des  Goldes  zu  dem  des  Silbers  wie 
8  : 1  verhielt,  werden  wir  freilich  mit  Wilda  ^)  und  Wein- 
hold^)   annehmen   dürfen,   wie  diess   auch   Finnur   Jönsson 

^)  vgl.  meine  Bemerkungen  in  der  Kritiscfaieu  Vierteljahrs- 
scfarift  fQr  Gesetzgebung  und  Rechtswissenschaft  X,  S.  882 
bis  404  (1668);  Fr.  Brandt,  Foreleesninger  over  den  norske  Rets- 
hiatorie  I,  8.  98—104(1880);  K.  Lehmann,  Verlobung  und  Hochzeit 
nach  den  nordgermanischen  Rechten  des  früheren  Mittelalters  (1882); 
E.  Oliyecrona,  Om  Makars  Giftorätt  i  Bo,  S.  142— 168  (ed.  6,  1682); 
E.  Hertzberg,  De  gamle  Loves  mjnding,  in  Cbristiania  videnskabs- 
selskabs  forhandlinger  1889,  nr.  8;  ferner  bezüglich  Islands  V.  Fin- 
sen*8  Tortreff liehe  Fremstilling  af  den  islandske  Familieret  efter 
Grägäs,  S.  226—242,  in  den  Annaler  for  nordisk  Oldkyndighed  og 
Historie  1849  und  L.  Beauchet,  Formation  et  dissolution  du  mariage 
dans  le  droit  islandais  du  moycn-age  in  der  Nouvelle  Revue  bisto- 
rique  de  Droit  fran9ai8  et  ^tranger  IX,  S.  65—106  (1885;  auch  ein- 
zeln 1887). 

^)  cap.  7,  S.  19;  siehe  oben  S.  66,  Aum.  4.  Mit  Unrecht  legt 
Jessen,  S.  71,  nur  auf  das  Fehlen  einer  vorhergehenden  Verlobung 
und  eingeladener  Gäste  Gewicht. 

*)  Strafrecht  der  Germanen.  S.  828—329. 

*)  Altnordisches  Leben,  S.  119. 


78  K.  Maurer 

gethaD  hat,  und  werden  wir  demnach  gleich  ihm  die  Unze 
Goldes  ihrem  Werthe  nach  einer  Mark  Silbers  gleichzostellen 
haben.  Aber  die  Mark,  welche  nach  isländischem  Rechte  als 
der  mindeste  zulässige  Betrag  des  Brautgeldes  galt,  war  nicht 
eine  Mark  Silbers,  sondern  eine  ,mörk  sex  alna  aura*^,^)  und 
diese  verhielt  sich  zur  Mark  Silbers  wie  1:4,')  sodass  also 
eine  Unze  Goldes  gleich  4  Mark  dieser  geringeren  Währung 
anzusetzen  ist;  die  12  Unzen  der  Gulapingslog  aber,  welche 
als  ^oreigi  mundr'',  d.  h.  Brautgeld  eines  Armen  bezeichnet 
wurden, ')  sind  jedenfalls  auch  nur  als  »sakmetinn  eyrir*  zu 
verstehen,  und  dieser  verhielt  sich  zu  Erzbischof  Eystein's 
Zeit,  also  in  der  Zeit  kurz  vor  der  Entstehung  unserer  Quelle, 
zum  „silfrmetinn  eyrir"  wie  2:3,*)  sodass  jene  12  Unzen 
nur  den  Werth  einer  Unze  Silbers  erreichten.  Den  Anfor- 
derungen der  Gula|>ingslög  würde  also  die  Unze  Goldes, 
welche  Bjorgölfr  zahlte,  eben  noch  genügt,  und  die  Anfor- 
derungen der  Grägas  würde  sie  sogar  erheblich  überschritten 
haben;  vom  Betrage  der  gemachten  Zahlung  aus  würde  sich 
demnach  kaum  ein  begründeter  Einwand  gegen  deren  Be- 
deutung als  Brantgeld  erheben  lassen,  auch  abgesehen  davon, 
dass  es  immerhin  bedenklich  bleibt,  aus  dem  Rechte  Islands 
und  des  Gulaj^mges  auf  das  Recht  des  Frostu|)fnges,  und  aus 
Quellen  aus  dem  Anfange  des  13.  Jahrhunderts  auf  das  Recht 
am  Schlüsse  des  9.  Schlüsse  zu  ziehen,  zumal  wenn  diese 
Quellen  selbst  unter  sich  nicht  einmal  übereinstimmen.  Ent- 
scheidenden Werth  glaube  ich  dagegen  darauf  legen  zu 
müssen,  dass  die  Zahlung  an  unserer  Stelle  nicht  als  ,,mundr* 
bezeichnet  wird.   —   Der  Ausdruck  ^kaupa^  kann  bekannt- 


0  siehe  oben  S.  73. 

3)  Egsbk.  §246,  S.  192,  welche  Stelle  aber  nach  AM.  624  in 
4  (bei  FinseD,  III,  S.  462)  zu  berichtigen  ist;  vgl.  V.  Finsen,  Ord- 
register  S.  668—69. 

»)  GfL.  §  61  und  124,  oben  S.  78—74. 

*)  Heimskr. Magnus  s.  Erlingssonar,  cap.  16,  S. 792 u. öfter. 


Zwei  Bechtsfmie  in  der  Eigla.  79 

lieh  den  Äbschluss  jedes  entgeldlichen  Geschäftes  bezeichnen, 
und  auch  in  der  Anwendung  auf  Weiber  kann  er  noch  eine 
sehr  verschiedene  Bedeutung  haben.  Unsere  Sage  selbst  be- 
zeichnet einmal  1^2  Mark  Silbers  als  den  gangbaren  Preis 
einer  Unfreien  von  durchschnittsmässiger  Güte,  ^)  und  nach 
einer  anderen  Quelle  galt  für  eine  unfreie  Magd  eine  Mark 
Silbers  als  der  Durchschnittspreis,*)  ein  Preis  also,  welcher 
zo  der  von  Björgölf  geleisteten  Zahlung  vollkommen  stimmen 
würde.  Aber  auch  noch  eine  ganz  andere  und  viel  näher 
liegende  Möglichkeit  ist  in  unserem  Falle  gegeben.  Das 
ältere  norwegische  Recht  kannte  nämlich  neben  der  voll* 
gültigen  Ehe  auch  noch  ein  Concubinat,  welches  von  jener 
scharf  unterschieden,  aber  doch  nicht  nur  geduldet,  sondern 
sogar  in  gewissem  Umfang  ausdrücklich  anerkannt  und  recht- 
lich geschützt  war.  *)  Verboten  und  bestraft  wurde  selbst  in 
der  christlichen  Zeit  nur  die  Bigamie  und  das  Halten  einer 
Concubine  neben  einer  rechtmässigen  Ehefrau ;  *)  dagegen 
soll  nach  einer  Stelle  des  älteren  Stadtrechts  *)  derjenige, 
welcher  sich  eine  „birgiskona",  d.  h.  Helferin  nimmt,  dabei 
zwei  Zeugen  beizieht  und  offenkundig  mit  ihr  zu  Bett  geht, 
dafür  keiner  Busse  an  den  Eonig  verfallen,  sondern  nur  den 
Verwandten  des  Weibes  ihr  Recht  bezahlen,  vorkommenden- 


1)  cap.  60,  S.  ad7. 

^)  LaxdsBia,  cap.  12»  8.28  (ed.  Kälund);  über  den  Preis  der 
Unfreien  vgl.  A.  Gjessing  in  d.  Ann.  for  nord.  Oldk.,  1862,  S.  123-25. 

3)  vgl.  Fr.  Brandt,  Forelseaninger,  I,  S.  109—110. 

*)  GpL.,  §  25;  FrpL.  III,  §  5  und  10;  BjarkR.  I,  §  8  und  III, 
§  67;    BpL.  I,  §  17,  II,  §  8  und  III,  §  7;    EpL.  I,  §  22  und  ü,  §  18. 

^)  BjarkR.  III,  §  129:  £f  madr  tekr  birgiskona  ser  ok  hefir 
v4tta  tv4  vidr  ok  gengr  i  liösi  i  hvflu  hennar,  {)ar  k  konungr  öngv- 
an  rätt  &.  Nu  ef  bann  liggr  med  henni  i  annat  sinn.  I>a  skal  hann 
bieta  Bjni  sfnum  slikan  rätt  sem  ädr  beetti  hann  freendam  hennar. 
£n  ef  annarr  madr  liggr  med  birgiskona  bans,  pä  skal  sä,  basta 
honum  12  anrnm  at  r^tti  sfnum.  Eine  andere  Hs.  schreibt  byrgis- 
kona,   Norges  gamle  Love,  IV,  S.  84. 


80  ÜT.  Mßurer 

falls  sogar  seinem  eigenen  Sohne,  d.  b.  doch  wohl  in  dem 
Falle,  da  er  aus  einem  früheren  Beischlafe  mit  derselben 
Concubine  bereits  einen  solchen  erzeugt  hat,  und  ihr  nun 
nochmals  beiwohnt.  Dagegen  gewährt  ihm  die  Stelle  sogar 
einen  Anspruch  auf  Busse  gegen  jeden  anderen  Mann,  der 
etwa  dem  Weibe  beiwohnt.  Ganz  ähnlich  bestimmt  auch  eine 
Stelle  des  sogenannten  Christenrechtes  E.  Sverrir's,^)  dassder 
Mann,  welcher  eine  «frilla^,  d.  h.  Liebste  hat,  mit  der  er 
Speise  und  Trank,  Sitz  und  Bett  getheilt  hat,  und  welche 
er  für  die  Dauer  seiner  Abwesenheit  so  gut  verseift  hat, 
dass  sie  anderweitiger  ünterhaltsmittel  ebensowenig  bedarf 
wie  wenn  sie  eine  rechtmässige  Ehefrau  wäre,  für  den  Fall 
ihrer  Verführung  durch  einen  Anderen  gegen  diesen  einen 
Anspruch  auf  die  Zahlung  seines  Rechtes  haben  solle,  ganz 
wie  wenn  sie  mit  ihm  verwandt  wäre,  wogegen  sie,  wenn 
er  nicht  in  dieser  Weise  für  sie  gesorgt  hat,  ihm  nicht  mehr 
gehört  als  jenem  Anderen.  Ich  habe  schon  vor  Jahren  be- 
merkt, ^)  dass  beide  Stellen  augenscheinlich  aus  einer  für 
uns  verlorenen  älteren  Redaction  der  Frostu|)ing8log  stammen, 
und  dass  die  Verschiedenheit,  welche  in  Bezug  auf  die  Höhe 
des  Busssatzes  zwischen  ihnen  besteht,  sich  zunächst  daraus 
erklärt,  dass  in  der  Stadt  alle  Leute  vom  Landherrn  ange- 
fangen bis  herab  zu  dem  Freigelassenen,  der  sein  Freilassungs- 
bier gehalten  hat,  die  gleiche  Busse,  nämlich  die  des  holdr, 
nehmen  sollten.  Damit  war  gesagt,  dass  im  Stadtrechte  die 
vom   Zuhälter  zu  beanspruchende  Busse   auf  einen   ein   für 


^)  ErR.  Sverrirs,  §  69:  En  ef  madr  a  ser  frillu  oc  fler  han 
a  fra  henne  oc  bsefir  ban  la^bt  firer  hana  vietir  sna  at  bon  I)arf  seigi 
annara  faiiKa  bseldr  en  seigin  kona  bans,  oc  bsefir  baft  bana  med  ser 
til  oldrs  oc  tili  atz.  oc  bnit  sses  bans  oc  seng  oc  glsepr  madr  hana 
fra  bonom.  pa  skal  slikan  reet  a  benne  taka  sem  a  akjld  kono  sinni. 
en  ef  bann  biefir  seigi  sua  gort  f)a  er  bon  eBigi  bans  beelldr  en  hins. 

^}  Studien  über  das  sog.  Gbristenrecbt  E.  Sverrirs, 
S.  60—63  (1877). 


Zwei  RecfUsfälle  in  der  Eigla,  81 

allemal  feststehendea  Betrag  gesetzt  werden  konnte,  während 
sie  sich  iin  Landrecbte  je  nach  seinem  Stande  verschieden 
bemessen  masste;  dazu  kam  aber  dann  freilich  auch  noch 
hinzn,  dass  das  Stadtrecht  dem  Gekränkten  nicht  wie  das 
Liandrecht  seine  volle  Busse  verwilligte,  sondern  nur  deren 
Hälfte,  was  der  Halbheit  der  Concubinatsverbindung  sehr 
wohl  entspricht  und  wahrscheinlich  auf  die  Abneigung  der 
Kirche  gegen  derartige  Verbindungen  zurückzuführen  sein 
wird.  Jedenfalls  ist  klar,  dass  das  Concubinat  selbst  in  ver-* 
gleichsweise  später  Zeit  vom  Recht  nicht  nur  unbehelligt 
gelassen,  sondern  sogar  geschützt  wurde,  vorbehaltlich  na- 
türlich der  Rechte  der  Verwandten  des  Weibes,  welche  durch 
dessen  Eingehung  nicht  verletzt  werden  durften.  Weiterhin 
ist  dann  aber  auch  nicht  minder  einleuchtend,  dasa  mit  Zu- 
stimmung dieser  Verwandten  derartige  Verbindungen  voll- 
kommen legal  eingegangen  werden  konnten,  und  da  die 
bereits  angeführte  Stelle  des  Stadtrechtes  ausdrücklich  von 
einer  Beiziehung  von  Zeugen  bei  deren  Eingehung  spricht, 
wird  sich  kaum  bezweifeln  lassen,  dass  bei  dieser  Gelegen- 
heit auch  wohl  vertragsweise  Abmachungen  über  die  ver- 
mögensrechtliche Stellung  der  fridia,  birgiskona  oder  fylgi- 
kona  (fylgiskona,  d.  h.  Folgerinn)  getroffen  wurden.  Mit 
anderen  Worten:  die  Verbindung  konnte  sich  ganz  einer 
ehelichen  analog  gestalten,  wie  diess  unter  dem  Drucke  der 
Cölibatsgebote  noch  im  späteren  Mittelalter  bei  den  Verbin- 
dungen norwegischer  Priester  mit  ihren  Köchinnen  vorkam, 
wie  denn  noch  Erzbischof  Olaf  in  seinem  Statute  vom  23.  Au- 
gust 1351  über  die  zahlreichen  Priester  klagt,*)  „qui  propria} 
salutis   et  juramenti   sui   immemores,    immunditias    foetoribus 


^)  Norf^es  gamle  Love,  III,  S.  302;  vgl.  auch  E.  Keys  er. 
Den  norske  Kirkes  Historie  under  Katholicismen,  II, 
S.  347  u.  433—34,  sowie  A.  Chr.  Bang,  Udsigt  over  den  norske 
Kirkes  Historie  under  Katholicismen,  S.  187 — 90  u.  L.  Daae, 
Norske  Bygdesagn,  I,  S.  26— 28. 

1895.  Sitxungsb.  d.  phil.  u.  hist.  Gl.  6 


82  K,  Mauret 

turpiter  insudantes,  non  solum  sibi  focarias  simpliciter  ad- 
juDgentes  et  in  curiis  snis  publice  detinentes,  verum  etiam, 
quod  execrabilius  et  dampnabilins  est,  e&s,  pactis,  donationi- 
bu8,  Tel  aliis  fidelitatis  proroissionibus  intervenientibus,  con- 
vocatis  ad  hoc  earum  consangnineis,  ad  instar  laycorum  sibi 
impudenter  associant  et  conjungunt.*  Von  hier  aas  erklären 
sich  auch  Bestimmungen  wie  die  in  den  6ala|){ng8lög,  ^) 
nach  welchen  in  dem  Falle,  da  Jemand  mindestens  20  Jabre 
lang  ununterbrochen  mit  seiner  fridia  gelebt  und  offenkundig 
das  Bett  getheilt  hat,  ohne  dass  eine  gegentheilige  Bekannt- 
machung erfolgt  wäre,  die  Verbindung  als  eine  rechtmässige 
Ehe  gelten,  die  aus  ihr  geborenen  Kinder  erbfähig  sein  und 
auf  die  Verbundenen  die  Regeln  der  legten  Gütergemein- 
schaft Anwendung  finden  sollen,  oder  auch  wie  die  in  den 
Borgar{>fngslög,  ^)  nach  welchen  ein  Weib,  welches  mindestens 
30  Jahre  lang  mit  einem  Manne  offenkundig  als  dessen  Ehe- 
frau gelebt  hat,  in  güterrechtlicher  Beziehung  als  solche 
behandelt  werden  soll,  wenn  auch  die  Zeugen  verstorben 
sein  sollten,  welche  bei  der  Eingehung  der  Ehe  beigezogen 
worden  waren,  und  durch  welche  an  und  för  sich  diese  Ein- 
gehung zu  erweisen  wäre.     Allerdings   hat  E.  Hertzberg ') 


1)  G|)L.,  §  126:  Ef  madr  byr  vid  fridlu  siimi  20  vetr  aeda  20 
vetrmn  lengr.  gengr  i  liose  i  bvilu  hennar.  verdr  engl  skilnadr 
{)eirra  a  ))yi  mele.  oc  koma  I)ar  engar  lysisgar  a.  adrar  a  peim 
20  yetrum.  hinam  fystnm.  I)a  ero  bom  |>eirra  arfgeng.  oc  leggia  log 
felag  peirra. 

^)  B{>L.  II,  §  10:  Nt  ef  hiun  hafa  buit  30  vsettra  eda  I)ui  lengr. 
ero  giftar  Yithni  ol  i  fra  daud  hefir  hon  radet  läse  ok  loko  at  allam 
hibilum  setet  sefbir  aldre  vid  adrar  husproeyiar  af  allum  bseitit  eeigin 
kona  bans,  par  til  skal  hon  hafa  6  manna  viihDi  at  sua  hefir  yerit 
bunadr  I)8ßira  SO  vaettra  eda  })ui  leogri  t)a  huerfr  hon  til  laga  giftar 
i  gard  mauz  l)ri  dseili  af  fe  i  lande  ok  lausum  oeyri  ok  til  8.  marka 
f  mundi.  Im  Jydeke  Lov,  I,  cap.  27  (ed.Thoreen,  S.  44— 45)  betragt 
die  Frist  umgekehrt  nur  8  Jahre. 

^)  Qrundtreekkene  i  den  neldste  norske  Procea,  S.  11 
bis  12  (1874). 


Zwei  Bechtsfäile  in  der  JtSgla,  83 

bemerkt,  und  auch  ich  habe  schon  früher  und  später  darauf 
hingewiesen ,  ^)  dass  diese  Vorschriften  zunächst  nur  durch 
die  Grandsätze  bedingt  sind,  welche  bezüglich  der  Verjährung 
des  Zeugenbeweises  binnen  einer  Frist  von  20  oder  30  Jahren 
gelten,  und  somit  an  und  für  sich  keineswegs  auf  die  Ver- 
wandlung eines  Goncubinates  in  eine  rechtmässige  Ehe  durch 
den  Ablauf  einer  solchen  Zeitfrist  abzielen,  wenn  sie  auch 
unter  Umstanden  immerhin  zu  einer  solchen  führen  können; 
aber  doch  lassen  sie  sehr  deutlich  erkennen,  dass  seiner 
äusseren  Erscheinung  nach  das  Zusammenleben  der  Ooncu- 
bine  mit  ihrem  Zuhälter  dem  der  Ehefrau  mit  ihrem  Ehe- 
manne so  gleichartig,  und  zumal  so  gleichmässig  ungestört 
und  offenkundig  war,  dass,  abgesehen  von  der  an  den  län- 
geren Zeitablauf  geknüpften  Rechtsvermuthung  eben  nur 
dnrch  ein  Zurückgreifen  auf  die  Vertragszeugen  festgestellt 
werden  konnte,  welche  von  beiden  Verbindungen  im  ge- 
gebenen Falle  vorliege.  Scharf  getrennt  hielt  freilich  nicht 
nur  die  Kirche  die  „byrgesconor'*  von  den  rechtmässigen 
Ehefrauen,^)  sondern  auch  das  weltliche  Recht  unterschied 
sehr  bestimmt  zwischen  den  beiden  Verhältnissen,  wie  denn 
z.  B.  in  den  Frostuffngslög  der  Fall  besprochen  wird,')  da 
Jemand  seine  frilla  hinterher  heirathet,  und  dadurch  die  mit 
ihr  erzeugten  Kinder  zu  ehelichen  macht,  falls  nur  nach  der 
Hochzeit  ihm  noch  weitere  Kinder  von  der  Frau  geboren 
werden,  oder  sogar  eine  eigene  Bestimmung  erlassen  wird,*) 
dass  die  Verlobung  mit  der  frilla  deren  Kinder  nicht  zu 
ehelichen  machen  soll,  wenn  ihr  nicht  auch  die  Hochzeit 
folgt.     Es  entspricht  der  Mittelstellung,  welche   das  Goncu- 


1)  Kritische  Vierteljafaresschrift,  X,  S.  298  — 99  (1868); 
Stadien  über  dae  sogenannte  Christenrecht  K.  Sverrirs, 
S.  60—51  (1877). 

2)  flomiliubök,  S.  216  (ed.  Th.  Wis^n). 

3)  FrpL.  III,  §  11;   KrR.  Sverris,  §  65. 
*)  FrpL.  III,  §  13;    BjarkR.,  §  68. 


84  K,  Mß%^er 

binat  zwischen  der  rechtmässigen  Ehe  und  den  ganz  unge- 
regelten geschlechtlichen  Verhältnissen  einnimmt,  dass  die 
Kinder,  welche  ein  freier  Mann  mit  einer  freien  Concubine 
erzeugt,  einerseits  von  den  ehelichen  Kindern,  andererseits 
aber  auch  nicht  nur  von  den  Kindern,  welche  ein  solcher 
mit  einer  Unfreien  gewinnt  (den  {)ybomir),  sondern  auch 
von  jenen  anderen  unterschieden  werden,  welche  er  insgeheim 
mit  einer  Freien  erzeugt,  und  für  welche  je  nach  ihrem 
Geschlechte  die  Bezeichnungen  hrfsüngr  oder  hrfsa  gelten.  ^) 
Die  Gulajxfngslög  sagen  :^)  ^Der  heisst  homongr,  der  der 
Sohn  eines  freien  Weibes  ist,  für  welches  kein  Brautgeld 
bezahlt,  mit  der  aber  offenkundig  das  Bett  bestiegen  wurde. 
Aber  der  heisst  risungr,  der  der  Sohn  eines  freien  Weibes 
ist,  und  heimlich  erzeugt.  Aber  })yborenn  sunr  ist  der  Sohn 
einer  Magd,  welchem  die  Freiheit  geschenkt  wurde,  ehe  er 
die  dritte  Weihnacht  erlebt  hat* ;  in  den  FrQstuf>fngslög 
aber  wird  gesagt:')  »Wenn  einer  ein  freies  Weib  im  Wald 
beschläft  und  mit  diesem  Weibe  einen  Sohn  erzeugt,  so  heisst 
dieser  risungr,  der  soll  dasselbe  Recht  nehmen,  wie  es  seinem 


^)  vgl.  über  die  Terminologie  meine  Abhandlung  fiber  »Die 
unächte  Geburt  nach  altnordischem  Rechte,  S.  4— 16  (in 
UDseren  Sitzungsberichten,  1888). 

^)  6l>L.,  §  104:  Sa  heiter  hornODgr  er  fnalsar  kono  sunr  er. 
oc  eigi  goUdenn  mundr  yid.  oc  genget  i  liose  i  hvila  hennar.  En  sa 
heitir  risungr  er  frialsar  kono  sunr  er  oc  getenn  a  laun.  £n  [)7borenn 
sunr  er  ambattar  suur.  sa  er  fraelsi  er  gefet.  fyrr  en  hann  have  3  netr 
binar  helgu. 

^)  Fr^L.  X,  §  47:  En  ef  madr  legz  med  frialsri  cono  i  scögi. 
oc  getr  sun  med  {)eirri  cono.  pa  heitir  sä  risungr.  hann  scal  taca 
sHcan  rätt  sem  fadir  hans  ätti.  En  ef  hann  legz  med  frialsri  cono 
beima  a  bce  i  faiisum,  oc  getr  hann  sun  med  |)eirri  cono.  {)4  heitir 
sä  hornungr.  hann  scal  oc  taca  slican  rett  sem  fadir  hans.  En  sunr 
pyborinn  ef  honum  er  frelsi  gefit  frä  horni  oc  frä  nappi,  og  eigi  eldra 
en  ]>rävetrum.  oc  töc  hann  hvärki  til  reips  ne  til  reko.  pä  scal  hann 
taca.  t)ridiungi  minna  r(^tt  en  fadir  bann,  en  hann  scal  vid  engi 
mann  t)yrmasc. 


Zwei  Bechts fälle  in  der  Eigla*  85 

Vater  zukam.  Wenn  er  aber  daheim  auf  dem  Hofe  ein  Weib 
in  den  Häusern  beschläfk  und  mit  diesem  W^eibe  einen  Sohn 
erzeugt,  so  heisst  der  hornongr;  er  soll  auch  dasselbe  Recht 
nehmen  wie  sein  Vater.  Aber  der  sunr  {»yborinn,  wenn  ihm 
die  Freiheit  geschenkt  wurde,  ehe  er  noch  das  dritte  Jahr 
überschritten  hatte,  vom  Winkel  und  vom  Troge,  und  so, 
dass  er  weder  Strick  noch  Spaten  angriff,  da  soll  er  um  ein 
Drittel  weniger  Recht  nehmen  als  sein  Vater,  und  er  soll 
Niemanden  gegenüber  Ehrerbietung  zu  erweisen  haben*'.  Die 
Bezeichnung  hornüngr,  d.  h.  Winkelkind,  mag  an  beiden 
Stellen  für  das  Concubinenkind,  und  die  Bezeichnung  hrisüngr, 
d.  h.  Buschkind,  für  den  unehelichen  Sohn  aus  einer  yöUig 
ungeregelten  Begegnung  mit  einer  freien  Mutter  darum  ge- 
wählt worden  sein,  weil  es  gerade  hier  galt,  beide  möglichst 
bestimmt  von  einander  zu  unterscheiden,  während  die  Aus- 
drücke frillusynir  und  launsynir,  welche  ursprünglich  sicher- 
lich den  gleichen  Gegensatz  bezeichnet  hatten,  schon  früh- 
zeitig auch  in  weiterem  Sinne  für  alle  und  jede  Arten  von 
unehelichen  Kindern  üblich  geworden  waren  und  darum  ihre 
anfangliche  beschränktere  Bedeutung  nicht  mehr  deutlich 
genug  zum  Ausdrucke  bringen  konnten.  Bezüglich  der  ihnen 
zustehenden  Rechte  werden  übrigens  die  Concubinenkinder 
nur  noch  von  den  ehelich  geborenen  scharf  unterschieden, 
wie  sie  denn  zumal  erst  an  einer  weit  späteren  Stelle  als 
diese  zur  Erbschaft  ihres  Vaters  berufen,  und  in  diesem, 
aber  auch  nur  in  diesem  Sinne  als  «-eigi  arfgengir",  nicht 
erbfähig,  bezeichnet  wurden ;  dagegen  scheinen  die  hrisüngar 
mit  den  hornüngar  deren  sämmtliche  Rechte  zu  theilen,  und 
nur  die  |>ybornir  sind  in  einer  Reihe  von  Beziehungen  diesen 
beiden  Classen  gegenüber  zurückgesetzt,  welche  Zurücksetzung 
ursprünglich  sogar  noch  weiter  gereicht  zu  haben  scheint, 
wie  denn  zumal  auch  die  in  den  GJ)L.  §  58  und  Fr|)L.  IX, 
§  1  vorgesehene  settleidmg,  d.  h.  Aufnahme  in  die  Verwandt- 
schaft ursprünglich  nur  für  die  |)ybornir  gegolten  und  erst 


86  K.  Maurer 

büiierher  auch  aaf  die  beiden  Classen  der  unehelichen  Kinder 
freier  Mütter  Anwendung  gefunden  haben  dürfte.  Der  sehr 
erbebliche  Unterschied  bestand  allerdings  von  An&ng  an 
zwischen  den  hrisiingar  oder  eigentlichen  launsynir  und  den 
bomungar  oder  eigentlichen  frillusynir,  dass  bei  diesen 
letzteren  zufolge  der  Offenkundigkeit  der  zwischen  den  Aeltem 
bestehenden  Verbindung  die  Vaterschaft  jederzeit  ohne  Wei- 
teres feststand,  während  sie  bei  jenen  ersteren  erst  durch  die 
Anerkennung  Seitens  ihres  Vaters,  oder,  soweit  eine  solche 
zulässig  war,  durch  eine  Beweisführung  Seitens  der  Mutter 
oder  des  Kindes  selbst  festgestellt  werden  musste;  ob  aber 
zwischen  den  frilluböm  und  denjenigen  launbom,  deren 
Vaterschaft  als  sicher  galt,  in  früherer  Zeit  auch  noch  iu 
Bezug  auf  die  ihnen  zustehenden  Rechte  ein  Unterschied 
gemacht  worden  war  oder  nicht,  lässt  sich  meines  Erachtens 
nicht  mit  Sicherheit  entscheiden.  Allerdings  wurde,  worauf 
ich  schon  früher  hingewiesen  habe,  ^)  in  Bezug  auf  die  Thron- 
folge die  längste  Zeit  hindurch  zwischen  beiden  Classen  ron 
unächten  Kindern  kein  Unterschied  gemacht;  aber  das  6e» 
wicht  dieser  Thatsache  wird  dadurch  einigermassen  verrin- 
gert, dass  in  einzelnen  Fällen  wenigstens  auch  wohl  von 
freien  Müttern  geborene  uneheliche  Söhne  neben  acht  ge- 
borenen auf  den  Thron  gelangten,  wie  denn  z.  B.  Hakon 
Adalsteinsföstri  den  K.  Eirfk  blodöx  vom  Thron  verdrängte, 
oder  Sigurdr  munnr  und  Eysteinn  neben  dem  allein  ehelich 
geborenen  K.  tngi  Haraldsson  zur  Regierung  gelangten. 

Diese  Auseinandersetzung  über  den  Concubinat  scheint 
nun  deutlich  erkennen  zu  lassen,  welcher  Art  die  Verbindung 
war,  welche  Björgolfr  mit  der  Hilldirid  einging.  Er  leistet 
für  deren  Abtretung  ihrem  Vater  eine  Zahlung  und  diese 
Abtretung  ist  demnach  eine  vertragsmässige,  wenn  auch  der 


1)   Die  un&chte  Geburt,  8,56—69;   vgl.  auch  Fr.  Brandt, 
Forelaesninger,  I,  S.  133—34. 


Zwei  Rechtsfäüe  in  der  Eigla,  87 

Vertrag  thaisächlich  ein  erzwungener  ist.  Er  besteigt  auch 
sofort  offenkundig  mit  Hilldirid  das  Lager;  aber  von  einer 
Yorgäugigen  Verlobung  ist  keine  Rede  und  die  geleistete 
Zahlung  wird  nicht  als  mundr  bezeichnet.  Nicht  eine  recht- 
mässige Ehe  wird  somit  abgeschlossen,  sondern  nur  ein  Con* 
cubinatsverhältniss  eingegangen,  welches  freilich  durch  die 
Zustimmung  des  Vaters  der  Hilldirid  rechtlich  geregelt  war. 
Björgöifr  selber  spricht  von  einem  lausabruUaup,  also  von 
einem  Vorgange,  der  zwar  eine  Hochzeit,  aber  doch  nur 
eine  lose,  also  nicht  vollkommene  Hochzeit  war,  was  der 
Eingehung  eines  vertragsweise  geregelten  Goncubinates  voll- 
ständig entspricht.  Das  Wort  kommt  meines  Wissens  nur 
an  dieser  Stelle  vor  und  auch  an  ihr  setzt  eine,  allerdings 
miuderwerthige,  Hs.  dafür  den  Ausdruck  „skyndibruUaup^, 
welcher  an  den  beiden  weiteren  Stellen,  an  welchen  er  nach- 
gewiesen ist,  ^)  eine  einmalige  Beiwohnung  bei  einem  ganz 
zufälligen  Zusammentreffen  bezeichnet.  Auch  die  Zusammen- 
setzung .skyndikona*'  kommt  einmal  in  der  Jömsvikinga 
saga  vor,  ^)  und  zwar  als  Bezeichnung  eines  leichtfertigen 
Weibes,  mit  ^püta",  d.  h.  meretrix  zusammengestellt,  wäh- 
rend andere  Bearbeitungen  dafür  «förukona  eda  putnr^,') 
«lausungarkona*  ^)  oder  kurzweg  „huers  dags  puta'  ^)  geben, 
und  die  lateinische  Uebersetzung  des  Arngrfmur  la}rdi  die 
betreffenden  Worte  umschreibt  und  somit  keine  Uebersetzung 
des  hier  fraglichen  Ausdruckes  bietet.  ^)     Man  könnte  hier- 


1)  Hrölfs  8.  kraka,  cap.  15,  S.  Öl  (FAS.  I);  Bosa  ß.,  cap.  18, 
S.  54  (ed.  Jiriczek),  wo  die  altere  Ausgabe  (FAS.  III,  S.  227)  freilich 
nur  das  einfache  brullaup  hat,  während  die  älteste  (ed.  0.  Vcrelius, 
S.  57)  schon  richtig  ,skyndebra1Iaup*'  las. 

3)  FM8.  XI,  cap.  17,  S.  54. 

')  cap.  6,  S.  11  (ed.  Carl  af  Petersens);  fornkona  in  der  Aus- 
gabe Ton  Adlerstamm,  cap.  5,  S.  89  ist  verdruckt  für  ITSrukona. 

*)  ed.  Gederschiöld,  S.  10. 

5)  Plbk,  I,  §  127,  S.  158. 

^}  ed.  Gjessing,  cap.  14,  S.  24. 


88  K,  Maurer 

nach,  zumal  wenn  man  bedenkt,  dass  das  Wort  bradhlaup 
ursprünglich  lediglich  die  copula  camalis  bezeichnet  zu  haben 
scheint,')  allerdings  dafQrbalten,  dass  skyndibruUaup,  d.  h. 
eilfertige  Hochzeit,  und  weiterhin  dann  auch  lausabruUaup, 
lediglich  in  diesem  Sinne  zu  verstehen  sei;  indessen  scheinen 
mir  doch  bezüglich  des  letzteren  Wortes  wenigstens  über- 
wiegende Gründe  für  jene  andere  Deutung  zu  sprechen.  — 
Als  Ergebniss  unserer  Untersuchung  stellt  sich  somit  die 
Thatsache  heraus,  dass  die  zwischen  Björgolfr  und  Hilldirid 
bestehende  Verbindung  lediglich  ein  vertragsweise  eingegan- 
gener Concubinat  war  und  dass  somit  Brynjölfr  sowohl  als 
Bärdr  die  aus  dieser  Verbindung  hervorgegangenen  Söhne 
mit  vollem  Recht  als  frillusynir  bezeichneten  und  von  der 
Beerbung  ihres  Vaters  ausschlössen,  in  Bezug  auf  welche  sie 
ja  als  unächt  geboren  unbedingt  hinter  dem  ehelich  geborenen 
Sohne  zurückzustehen  hatten.  Wenn  Harekr  und  Hraerekr 
die  für  ihre  Mutter  geleistete  Zahlung  als  ein  Brautgeld  und 
demgemäss  deren  Verbindung  mit  ihrem  Vater  als  eine  recht- 
massige Ehe  aufgefasst  wissen  wollten,  so  widerspricht  diess 
den  Thatsachen,  und  es  begreift  sich  leicht,  warum  sie  nie- 
mals ihre  Ansprüche  auf  dem  Rechtswege  geltend  zu  machen 
wagten.  Wenn  dagegen  |)örölfr  zur  Verstärkung  seiner  Be- 
hauptung, dass  sie  nicht  ehelich  geboren  seien,  sich  auch 
noch  darauf  beruft,  dass  ihre  Mutter  gewaltsam  entführt  und 
mit  Heeresmacht  weggeschleppt  worden  sei,  so  will  damit 
offenbar  nicht  etwa  neben  dem  Fehlen  eines  legalen  Ehe- 
bundes noch  ein  weiterer  Grund  für  den  Mangel  der  Erb- 
fähigkeit der  Söhne  geltend  gemacht,  sondern  lediglich  aus 
dem  gewaltthätigen  Vorgehen  Björgölfs  recht  drastisch  die 
Nichtexistenz  eines  rechtmässigen  Ebevertrages  erschlossen 
werden. 


*)  vgl.  V.  Finsen  in  den  Annaler,   1849,    S.  236—87,    Anm, 
und  Joh.  Fritzner,  s.  v.  brüdlaup,  brudr,  u.  a.  m. 


Zwei  BecfUsfälle  in  der  Eigla.  89 

Nun  ist  allerdings  richtig,  dass  das  Besitzrecht  ^örolfs 
vielleicht  auch  noch  von  einer  ganz  anderen  Seite  her  hätte 
angefochten  werden  können.  Dieses  Besitzrecht  beruhte  aus- 
schliesslich auf  der  letztwilligen  Verfügung,  welche  Bardr 
Brynjöl&son  mit  des  Königs  Zustimmung  zu  seinen  Gunsten 
gemacht  hatte  und  allenfalls  noch  auf  seiner  Heirath  mit 
der  Wittwe  Bärds;  die  Rechtsbeständigkeit  jener  Verfügung 
liess  sieh  aber  yielleicht  in  Frage  ziehen.  Das  norwegische 
Recht,  so  wie  es  uns  in  den  Proyinzialrechten  vorliegt,  kennt 
zwar  eine  gjaferfd,  ^)  also  eine  letztwillige  Verfügung  über 
den  gesammten  Nachlass  an  Liegenschaften  sowohl  als  an 
Fahrhabe;  aber  es  lässt  diese  nur  für  den  Fall  zu,  dass  ge- 
borene Erben  nicht  vorhanden  sind,  und  es  gestattet  anderen- 
falls zum  Nachtheil  dieser  letzteren  Vergabungen  nur  in  sehr 
eng  b^renztem  Umfange,  ^)  wobei  noch  überdiess  zu  beachten 
kommt,  dass  von  den  beiden  wichtigsten  Ausnahmsfallen  der 
eine,  die  tiundargjöf,  erst  durch  die  christliehe  Kirche,  und 
der  andere,  die  fjördüngsgjöf,  gar  erst  durch  den  Cardinal 
Nikolaus  Brekspear,  also  im  Jahre  1152,  in  das  Recht  herein- 
kam. ^)  Nun  hinterliess  aber  Bardr  einen  ehelichen  Sohn 
Namens  Grirtir  *)  und  dieser  war  somit  sein  geborener  Erbe, 
dessen  Enterbung  zu  Gunsten  |)6rölfs  unmöglich  war.  Da 
nun  jene  letztwillige  Verfügung  Bärds  dem  {)6r6lf  ausdrück- 
lich auch  die  Erziehung  (uppfsezla)  dieses  seines  Sohnes  über- 
trug, liegt  es  nahe,  mit  Finn  Jönsson  ^)  eine  Uogenauigkeit 
des  Ausdrucks  anzunehmen  und  die  Verfügung  dahin  aus- 
zulegen,   d&ss  der  Nachlass   dem   |)6rölf  nicht  zu  eigenem 


1)  GpL.  §  107;  FrI)L.  IX,  §  3  und  4. 

2)  So  zumal  Q^h.  §  129. 

^)  vgl.  meine  Abhandlung  .Ueber  den  Hauptzehnt  einiger 
nordgermanischer  Rechte*,  S.  16—51  (in  den  Abhandlungen 
unserer  Glasse,  Bd.  XIII);   femer  Fr.  Brandt,  I,  S.  165 — 59. 

«)  Eigla,  cap.  8,  S.  24. 

5)  Fortale,  S.  LXXXVII. 


90  K,  Maurer 

Recht,  sondern  nur  zur  Verwaltung  fQr  den  unmündigen 
Grim  überwiesen  und  somit  nur  die  gewohnliche  tutela  iisu- 
fruetuaria  des  norwegischen  Rechts  ihm  übertragen  werden 
wollte.  Freilich  stösst  man  dabei  sofort  auf  eine  neue 
Schwierigkeit.  Auch  zur  Führung  der  Vormundschaft  ist 
bekanntlich  der  nächste  geborene  Erbe  berufen  ^)  und  Ton 
der  Bestellung  eines  Vormundes  durch  letztwillige  Verfügung 
ist  nirgends  die  Rede;  indessen  bleibt  dabei  immerhin  ein 
Ausweg  offen.  Die  6{)L.  §  103  lassen  nämlich  die  Mutter 
schon  an  vierter  Stelle  ihr  Kind  beerben,  dann  nämlich, 
wenn  weder  Leibeserben,  noch  der  Vater  oder  Geschwister 
desselben  vorhanden  sind;  die  für  den  vorliegenden  Fall 
massgebenden  Fr])L.  VIII,  §  7  berufen  sie  dagegen  erst  an 
sechster  Stelle,  also  nach  den  Kindern  und  Kindeskindern, 
dem  Vater,  den  acht  geborenen  Geschwistern,  den  Onkeln 
und  Tanten,  sowie  den  Neffen  und  Nichten.  Von  allen  diesen 
Verwandten  nennt  uns  nun  die  Eigla  keinen  einzigen  als 
vorhanden,  und  es  wäre  demnach  recht  wohl  denkbar,  dass 
Bärds  Wittwe  als  Mutter  Grims  zur  Vormundschaft  über 
diesen  berufen  gewesen  wäre,  welche  Vormundschaft  dann 
]K)rölfr  als  der  ihr  bestimmte  Ehemann  zu  führen  gehabt 
hätte.  ^)  In  der  angegebenen  Weise  lässt  sich  somit  die  Be- 
rufung {)örölfs  zur  Vermögensverwaltung  immerhin  erklären, 
vorausgesetzt,  dass  das  Recht  des  13.  Jahrhunderts  auch  schon 
im  9.  galt,  oder  dass  der  Verfasser  der  Eigla  sich  ohne 
Weiters  an  das  norwegische  Recht  seiner  Zeit  oder  auch  an 
das  Recht  seiner  isländischen  Heimat  gehalten  hat,  welches 
letztere  die  Mutter  bereits  zwischen  den  brödir  samfedri  und 
die  systir  samfedra  von  ehelicher  Abkunft  einschob.  •)  Jeden- 
falls ist  klar,  dass  die  Zustimmung  des  Königs  die  Verfügung 


!  bis  189. 


1)  GpL.  §  115;  FrpL.  IX,  §  22-23;  vgl.  Fr.  Brandt,  I,  S.  186 


2)  FrpL.  XI,  §  6. 

8)  Kgsbk.  §118,  S.  218;   Stadarhölsbk.  §56,  S.  68. 


Zwei  BechtsfäUe  in  der  Eigla.  91 

Bärds  nicht  rechtsgültig  machen  konnte,  falls  sie  diess  land- 
rech tlieh  nicht  bereits  war.  Jessens  Versuch,  ^)  das  Eingreifen 
K.  Haralds  aus  dessen  angeblicher  Einziehung  aller  ödals- 
güter  in  Norwegen  zu  erklären,  erweist  sich  schon  dadurch 
als  völlig  verkehrt,  dass  es  sich  im  gegebenen  Falle  gar 
nicht  blos  um  solche  handelte.  Ebensowenig  kann  ich  zu* 
geben,  dass  der  König,  wie  Finnr  Jönsson  annimmt,  darum, 
weil  Bardr  sein  Landherr  war,  über  dessen  Besitz  schalten 
und  walten  konnte  wie  es  ihm  gefiel;  aber  richtig  ist  aller* 
dings,  dass  dieser  neben  dem  ihm  zu  Eigen  gehörigen  Ver- 
mögen auch  noch  als  Landherr  mehrfache  „veizlur"  und 
,Ien*  des  Königs  besass,  über  welche  diesem  die  freie  Ver- 
fugung zustand  und  welche  somit  nur  durch  seine  Verleihung 
auf  {)6rölf  übergehen  konnten  und  seinerzeit  wirklich  über- 
gingen, und  nicht  minder  richtig  bleibt  überdiess  auch,  dass 
es  sich  bei  K.  Haralds  bekannter  Gewaltthätigkeit  immerhin 
empfehlen  konnte,  sich  dessen  Zustimmung  zu  erbitten,  zu- 
mal da  eine  Sonderung  des  lehenrechtlichen  Besitzes  von 
den  landrechtlichen  unter  Umständen  ihre  Schwierigkeiten 
haben  konnte.  In  dieser  Beziehung  ist  das  Verhalten  der 
Betheiligten  in  Bezug  auf  ])örölfs  Verheirathung  mit  Sigrid 
ungemein  belehrend.  Wie  über  sein  Vermögen  und  über  die 
Erziehung  seines  Sohnes  so  verfQgte  Bärdr  zugleich  auch 
über  die  Hand  seiner  Frau;  aber  wenn  auch  Sigridr  selbst, 
ihr  Vater  und  ihre  ganze  Verwandtschaft  auf  des  Königs 
Gebot  nicht  weniger  als  auf  J)6rölfs  Persönlichkeit  hohen 
Werth  legen,  so  gehen  doch  die  Werbung,  Verlobung  und 
Hochzeit  ganz  in  gewöhnlicher  Weise  vor  sich.  Man  sieht, 
an  den  Vorschriften  des  Landrechts  vermochte  der  Wille  des 
Königs  Nichts  zu  ändern ;  aber  er  war  von  sehr  erheblichem 
Einfluss  auf  die  Entscbliessnngen ,  welche  die  Betheiligten 
im  gegebenen  Falle  zu  fassen  hatten.     Genau  derselbe  Vor- 


*)  aog.  Ort,  S.  68-70. 


02  K.  Maurer 

gaug  wiederholt  sich  später  nochmals,  nachdem  K.  Haraldr 
den  |>6rölf  getödtet  hat  und  nach  seinem  Willen  eben  jene 
Sigrid  mit  dessen  Verwandten,  Ejvindr  lambi,  yerheirathen 
will,  welcher  dabei  auch  {)or61fs  ganzen  Besitz  erhalten  soll.  ^) 
Auch  in  diesem  Falle  fügt  sich  Sigridr  der  Werbung,  weil 
sie  keinen  anderen  Ausweg  zu  haben  glaubt;  aber  selbstver- 
ständlich hat  der  Zwang,  welchen  der  König  auf  ihre  Ent- 
Schliessungen  ausübt,  auch  in  diesem  Falle  mit  der  Rechts- 
frage nichts  zu  thun. 

2. 

Der  zweite  Rechtsfall  ist  etwas  verwickelter.  Brynjölfr, 
ein  Sohn  des  Björn  hersir  in  Sogn  und  somit  von  dem  oben 
genannten  Brynjölfr  Björgölfsson  durchaus  zu  scheiden,  hat 
zwei  Söhne,  Björn  und  {)ördr.  Der  erstere  von  diesen  sieht 
bei  einem  Gastmahle  die  [)öra  hladhönd,  eine  Schwester  des 
l)örir  hersir  Hröaldsson,  verliebt  sich  in  sie  und  hält  sofort 
bei  diesem  ihrem  Bruder  um  sie  an.  Von  ihm  abgewiesen 
entführt  er  die  |)öra  und  bringt  sie  zu  seinem  Vater  nach 
Aurland,  um  sie  zu  heiraten;  Brynjölfr  aber,  mit  {)örir  von 
Alters  her  befreundet,  gibt  diess  nicht  zu,  erklärt  vielmehr 
die  Entführte  in  seinem  Hause  so  halten  zu  wollen  wie  wenn 
sie  seine  eigene  Tochter  wäre  und  lässt  ihrem  Bruder  Busse 
anbieten.  [)örir  besteht  auf  der  Rücksendung  seiner  Schwester, 
welcher  sich  hinwiederum  Björn  widersetzt.  Darüber  geht 
der  Winter  hin;  im  Frühjahre  entführt  Björn  mit  Beihülfe 
seiner  Mutter  die  |)öra  aus  seines  Vaters  Haus  und  gelangt 
mit  ihr  glücklich  nach  Hjalltland,  d.  h.  Sbetland.^)  Hier 
hält  er  mit  ihr  Hochzeit,^)  erfährt  aber  auch  sofort,  dass 
K.  Harald  ihn  geächtet  und  den  Jarl  Sigurd  beauftragt  habe, 
ihn  tödten  zu  lassen.     Daraufhin  fährt  er  nach  Island  hin* 

4  Eiffla,  cap.  22,  S.  67-68. 

2)  cap.  32,  S.  102—5. 

')  gerdi  liann  brullaup  til  J)öru. 


Zwei  ReehtsfäXle  in  der  Eigla.  93 

über,  wo  er  von  Skallagrfm  als  Sohn  seines  Bekannten 
Brjnjölfr  und  Schwager  seines  Bandbruders  {)6rir  sehr  freund- 
lich aufgenommen  wird.  ^)  Erst  hinterher  kommt  auf,  dass 
er  mit  der  |)6ra  ohne  Zustimmung  ihrer  Verwandschaft  durch- 
gegangen und  dass  er  in  Norwegen  der  Acht  verfallen  sei; 
auf  Befragen  gesteht  er  nun  auch  dem  Skallagrim  ein,  dass 
er  sie  ohne  die  Zustimmung  ihrer  Verwandten  geheirathet 
und  dabei  zumal  nicht  mit  der  Zustimmung  ihres  Bruders 
gehandelt  habe.  ^)  Auf  Island  kommt  {)öra  mit  einer  Tochter 
nieder,  welche  Asgerdr  genannt  wird ;  Skallagrimr  aber  lässt 
sich  durch  seinen  Sohn  ])örölf,  der  von  dem  oben  bespro- 
chenen gleichnamigen  Bruder  Skallagrfms  natürlich  wohl  zu 
unterscheiden  ist,  dazu  bestimmen,  zwischen  Björn  und  |>örir 
eine  Aussöhnung  zu  versuchen.  Da  auch  Brynjölfr  sich  so- 
fort an  der  Vermittlung  betheiligt,  gelingt  diese.  Als  man 
bievon  auf  Island  Kenntniss  erlangt, ')  geht  Björn  mit  |)6r<$if 
nach  Norwegen  hinüber,  wo  nun  der  Vergleich  zwischen  ihm 
und  })6rir  endgültig  abgeschlossen  und  daraufhin  von  diesem 
auch  der  |>6ra  Alles  ausbezahlt  wird,  was  sie  auf  seinem 
Hofe  gut  hatte,  und  von  da  ab  halten  |)örir  und  Björn  mit 
einander  gute  Freundschaft  und  Schwägerschaft.  ^) 

Asgerdr,  die  Tochter  Björns  und  der  J)öra,  war  bei  der 
Rückkehr  ihrer  Eltern  nach  Norwegen  zunächst  in  Skalla- 
grfras  Haus  auf  Island  zurückgeblieben  und  hier  heran- 
gewachsen. *)  Inzwischen  war  ihre  Mutter  gestorben  und  ihr 


*)  Eigla,  cap.  38,  S.  105—8. 

2)  cap.  34,  S.  108—9. 

^)  cap.  35,  S.  111:  p&  sogdu  l)eir  {)au  tidendi,  at  Björn  var  i 
88ßtt  tekinn  i  Noregi. 

^)  cap.  35,  S.  111—12:  Laugdu  {)eir  Brynjölfr  stefnu  sin  i  niilli. 
Kom  )>ar  ok  Björn  til  ))eirar  etefnu.  Trygdu  {)eir  pörer  pa  ssetter 
med  sär.  Sidan  greiddi  I>örer  af  hendi  f^  }>at,  er  pöra  atti  i  hans 
gardi,  ok  sidan  töku  |)eir  vpp  pörer  ok  Björn  vinattn  med  teingdum. 

•'»)  cap.  35,  S.  111. 


94  K.  Maurer 

Vater  hatte  eine  zweite  Frau  geheirathet,  mit  welcher  er 
eine  Tochter  Namens  Gunnhildr  erzeugte.  ^)  Als  aber 
])ör61fr  Skallagrlmsson  wieder  einmal  nach  Norwegen  reiste, 
nahm  er  im  Auftrage  seines  Vaters  die  Asgerd  mit,  um 
sie  zu  ihrem  Vater  zu  bringen.  ^)  Wirklich  führte  er  sie 
diesem  zu,  der  sie  mit  Irrenden  aufnahm;  Björn  lebte  aber 
auf  seinen  Gütern  ohne  in  des  Königs  Dienst  treten  zu 
wollen  und  wurde  danim  Björn  höldr  genannt.  ')  Etwas 
später  wirbt  pörölh  um  die  Asgerd,  verlobt  sich  mit  ihr 
und  heirathet  sie  mit  Zustimmung  ihrer  ganzen  Verwandt- 
schaft. ^)  Nachdem  er  aber  in  England  gefallen  ist,  ^) 
schliesst  seine  Wittwe,  wiederum  mit  Zustimmung  ihrer 
Verwandtschaft,  eine  zweite  Ehe  mit  {xSrölfs  Bruder  EgilL  ^) 
Schon  früher  hatte  dieser  durch  mehrere  von  ihm  be- 
gangene Todtschläge  den  Zorn  des  Königs  Eirikr  blödöx 
auf  sich  geladen,  und  wenn  es  auch  dem  {)6rir  hersir, 
dem  Bruder  der  |)öra  hladhönd,  damals  gelungen  war,  den 
König  zur  Annahme  einer  Busse  zu  bewegen,  so  hatte  dieser 
doch  erklärt,  einen  längeren  Aufenthalt  Egils  in  seinem 
Reiche  nicht  dulden  zu  wollen. '')  Trotzdem  gestattet  der 
König  später  dem  })6rir  zu  Liebe  einen  nochmaligen  Winter- 
aufenthalt Egils  bei  diesem;  ®)  da  dieser  nun  aber,  wenn 
auch  nicht  ohne  guten  Grund,  mit  Eyvind  skreyja,  einem 
Bruder  der  bösen  Königin  Gunnhild,  gekämpft  und  diesem 
ein  Schiff  abgenommen  hat,  ^)  hält  selbst  sein  treuer  Freund 
Arinbjörn,  des  |M5rir  hersir  Sohn,  dessen  längeren  Aufenthalt 
in  Norwegen  für  unmöglich,  und  Egill  fiihrt  daraufhin  mit 
seiner  soeben  erst  geheiratheten  Frau   nach  Island   heim.  *®) 


1)  Eigla,  cap.  37,  S.  117.        2)  cap.88.  S.  119-20.        »)  cap.41, 
S.  128.  *)  cap.  42,  S.  129-80  und  cap.  44,  8. 188.  ^)  cap.  54, 

S.  172.  «)  cap.  56,  S.  182-88.  'f)  cap.  44,  S.  139:  bad  JkSri 

8v4  til  faaga,  „{xStt  ek  geri  saett  nokkura,  at  Egill  se  ekki  langvistam 
1  miDO  rfki*.  »)  cap.  48,  S.  149—50.  »)  cap.  49,  S.  161-61. 

^0)  cap.  66,  S.  183. 


^wei  ÜecktsfäUe  in  der  Eigta,  95 

loEwischen  hatte  Bergonundr,  ein  Sohn  des  ])orgei]T 
pjmif6ir^  die  Gunnhild  geheirathet,  die  Tochter  des  Björn 
höldr  aus  seiner  zweiten  Ehe,  ^)  und  als  dann  Björn  starb, 
nachdem  Egill  und  Asgerdr  nach  Island  zarOckgekehrt  waren, 
nahm  er  dessen  ganzen  Nachlass  in  Besitz,  ohne  der  Rechte 
dieser  letzteren  irgendwie  zu  achten.*)  Sobald  aber  Egill 
von  Björns  Tod  und  dem  Vorgehen  Bergönunds  Kenntniss 
erlangt  hat,  macht  er  sich  trotz  alles  Vorgefallenen  noch- 
mals mit  seiner  Frau  nach  Norwegen  auf  und  erhebt  hier, 
trotz  des  entschiedenen  Abrathens  seines  Freundes  Arinbjörn, 
der  inzwischen  seinen  Vater  ])(irir  beerbt  hat,  •)  Namens  der 
Asgerd  Anspruch  auf  den  halben  Nachlass  Björns,  da  dessen 
beide  Töchter  zu  dessen  Erbschaft  gleich  nahe  berufen  seien. 
Bergonundr,  ein  ebenso  gewaltthätiger  als  habgieriger  Mann, 
weist  seine  Anforderung  derb  zurück,  weil  Egill  selbst  vom 
Konig  geächtet*)  und  seine  Frau  offenkundig  von  der  Matter- 
seite her  unfreier  Abkunft  sei;  *)  als  dieser  daraufhin  erklärt, 
die  Sache  an  das  Gulapfng  bringen  zu  wollen  und  seine 
Ladung  zu  diesem  ergehen  lässt ,  ^)  antwortet  jener  mit 
Drohungen,')  Sehr  erbost  darüber,  dass  seine  Tante  eine 
unfreie  Magd  gescholten  wurde,  ®)  wendet  sich  Arinbjörn  zu- 
nächst an  den  König  mit  der  Bitte,  ihm  und  Egill  den 
Rechtsweg  offen  zu  lassen ;  aber  wenn  dieser  auch  sein  Ge- 
such nicht  ausdrücklich  abschlägt,  so  zeigt  er  sich  wenigstens 
sehr  widerwillig.  Als  es  nun  zum  Gulapinge  kommt,  werden 
hier  die  Richter  innerhalb  der  geheiligten  Schranken  (vebönd) 
niedergesetzt,  je  ein  Dutzend  aus  dem  Firdafylki,  Sygnafylki 
und  Hördafylki,  und  da  Arinbjörn  die  Richter  aus  dem  Firda- 


1)  Eigia,  cap.  56,  8.  180;  vgl.  cap.  37,  S.  117. 

^)  cap.  66,  8.  184.  «)  cap.  55,  S.  180.  *)  vtlagi  Eiriks 

konnngs.  ^)  pof  at  pat  er  kunnigt  al})ydu,  at  hon  er  l).yborin 

at  mödemi.  ^J  pä.  stefner  £gill  honnm  ping  ok  Hkytr  malinu 

til  Golat)iiig8  laga.  '')  Das  Obige  nach  cap.  56,  S.  185—66.  ^}  er 
J>öra  fodnrsjster  hann  var  kollut  ambatt. 


96  K,  Maurer 

fjiki  und  ^ördr  von  Aurland  die  aus  dem  Sygnafyiki  zu 
ernennen  hatte,  stehen  die  Aussichten  fdr  Egill  sehr  günstig. 
Dieser  trägt  nun  seine  Sache  vor  und  macht  geltend,  dass 
seine  Frau  Asgerdr  als  eine  Tochter  Björns  und  von  allen 
Seiten  her  vornehmster  Abkunft^)  zur  Erbschaft  berufen  sei; 
er  beantragt  daraufhin,  dass  ihr  der  halbe  Nachlass  Bjaros 
an  liegender  sowohl  als  fahrender  Habe  zuerkannt  werde. 
Bergönundr  dagegen  bringt  vor,  dass  seine  Frau  Gunnhildr 
die  einzige  eheliche  Tochter  Björns  und  darum  auch  allein 
zu  dessen  Erbschaft  berufen  sei,  wogegen  Asgerdr,  Björns 
einzige  weitere  Tochter,  nicht  erbberechtigt  sei,  weil  ihre 
Mutter  mit  Gewalt  entfährt  und  nur  als  Goncubine  gehalten 
worden  sei,  ohne  Zustimmung  ihrer  Verwandtschaft  und  von 
Land  zu  Land  geschleppt;  *)  er  erbietet  sich  zugleich  zum 
Beweis  darüber,  dass  ihre  Mutter  zweimal  entfuhrt  worden 
sei,  dass  sie  mit  Vikingem  und  geächteten  Leuten  das  Land 
verlassen  habe  und  da8s  Björn  mit  ihr  während  der  Zeit 
seiner  Acht  die  Asgerd  erzeugt  habe.  ^)  £r  bezeichnet  es 
ferner  als  eine  Unverschämtheit,  dass  Egill  es  wage  ins  Land 
zu  kommen,  obwohl  ihn  der  König  geächtet  habe,  und  dass 
er  sich  unterstehe,  seine  Frau  als  erbfähig  zu  bezeichnen, 
obwohl  sie  eine  Unfreie  sei;  er  verlangt  schliessL'ch ,  dass 
ihm  die  ganze  Erbschaft  Björns  zuerkannt,  Asgerdr  aber  für 
eine  Unfreie  des  Königs  erklärt  werde,  weil  zur  Zeit  ihrer 
Erzeugung  ihre  beiden  Aeltern  in  des  Königs  Acht  gewesen 
seien.  ^)     Hierauf  antwortet  sofort  Arinbjörn,   indem  er  sich 


^)  ödalborin  ok  lendborin  i  allar  kyokufslir,  en  tiginborin  framm 
i  SBttir. 

'^)  Var  mödir  hennar  hemumin,  en  eidan  tekin  frillataki  ok 
ecki  at  fraanda  rädi,  ok  flntb  land  af  landi. 

3)  at  |)öra  bladhaund  inödir  Asgerdar  var  hertekin  heiinan  fra 
pöris  bröder  sin!),  ok  annat  sinai  af  Aurlandi  fra  Brynjölfd.  För  bon 
[)4  af  landi  a  braut  med  vikingom  ok  ütlaugom  konungs,  ok  i  l)eiri 
ütlegd  gato  pau  Bjauro  dötlor  |>eB8a,  Asgerdi. 

^)  Vil  ek  pess   kreQa   dömendr,  at  peir  doemi  m^r  allan  arf 


Zwei  BeefUafäUe  in  der  Mgla,  97 

zur  Beweisführuog  darüber  erbietet,  dass  bei  dem  zwischen 
seinem  Vater  und  dem  Björn  höldr  abgeschlossenen  Ver- 
gleiche die  Verleihung  der  Erbfähigkeit  an  Äsgerd  ausbe- 
duDgen  worden  sei,  während  er  zugleich  darauf  hinweist, 
dafis  K.  Eirikr  selbst  wisse,  dass  er  den  Björn  wieder  in  den 
Landfrieden  gesetzt  habe.  ^)  Wirklich  führt  er  sofort  zwölf 
wohlbefahigte  Ohrenzeugen  des  Vergleichsabschlusses  vor, 
welche  sich  zur  Beeidigung  ihrer  Aussage  erbieten.*)  Die 
Richter  erklären  sich  bereit  die  Eide  anzunehmen,  wenn  der 
König  es  nicht  verbiete,  und  dieser  erklärt,  solches  weder 
erlauben  noch  yerbieten  zu  wollen.  Da  lässt  die  Königin 
Gunnhildr,  um  ihren  Günstling  Bergönund  zu  retten,  das 
Gericht  mit  Waffengewalt  sprengen.') 

Der  weitere  Verlauf  der  Dinge  hat  zunächst  mit  der 
Rechtsfrage  nichts  mehr  zu  thun.  Wir  hören  wie  Egill,  da 
ihm  der  Rechtsweg  abgeschnitten  wird,  noch  am  Ding  den 
Bergönund  zum  Zweikampfe  fordert  und  zugleich  ein  förm- 
liches Verbot  gegen  jede  Benützung  des  streitigen  Grund- 
besitzes ergehen  lässt;  ^)  wie  er  sodann,  vom  Könige  selbst 
verfolgt,  zwar  sein  Kaufschiff  verliert,  aber  dafür  auch  dem 
Könige  seinen  Verwandten  Ketil  tödtet  und  glücklich  ent- 
kommt. ^J  Wir  hören  femer,  wie  Egill  von  K.  Eirfk  geächtet 

Bjamar,  en  dosmi  Aagerdi  amb^tt  konunga,  {)af  at  hon  var  suä 
getin,  at  ])ä  var  fadir  hennar  ok  mödir  i  üttlegd  konungs. 

^)  vitni  manum  u^r  framm  bera,  Eirfkr  konungr  til  })e88,  ok 
Idta  eida  fjrigja,  at  t)at  var  skilit  i  sastt  l)eira  pöris  faudur  mfns  ok 
Bjamar  haulldz,  at  Asgerdr  döttir  |>eira  Bjamar  ok  J>öro  var  til 
arfa  leidd  eptir  Björn  faudor  sinn,  ok  snä.  |)at,  sem  ydr  er  sjdlfom 
kunnikt,  konungr,  at  {)ü  geyrdir  Björn  ilendan,  ok  aulla  ^\xi  mali 
var  }>&  Inkt,  er  ädr  hafdi  milli  stadit  ssettar  manna. 

^}  Arinbjöm  I^t  f)ä  framm  bera  uitnisbordinn  12  menn,  ok 
allir  vel  til  valdir,  ok  hanfdo  allir  {)eir  heyrt  d  sastt  l)eira  pöris  ok 
Bjamar,  ok  bndo  f)d.  konnungi  ok  dömaundom  at  sueria  par  eptir. 

')  Das  Bisherige  nach  cap.  66,  S.  187—91. 

*)  cap.  66,   S.  191—92. 

»)  cap  56,  8. 193-97. 

1895.  Bitxiingsb.  d.  phil.  u.  biet.  Cl.  7 


98  K  Maurer 

wird;  ^)  wie  er  sodaDB  den  Bergönund  überfallt,  ihn  samint 
seinem  Bruder  und  einem  Verwandten  des  Königs  seihst  er- 
schlägt, seinen  Hof  plfindert  und  dann  auch  noch  des  Königs 
Sohn  Bögnyald  sammt  seinen  Begleitern  tödtet,  dem  Eonig 
selbst  aber  und  seiner  Königin  eine  «oidstöng*  errichtet  and 
dann  ungefährdet  nach  Island  heimgelangt.  ^)    Ebensowenig 
ist  hier  zu  besprechen,   wie   K.  Eirikr  von   seinem   eigenen 
Bruder,   Hakon   Adalsteinsföstri,    aus    Norwegen    vertrieben 
wird,  und  wie  er  sieb  sofort  nach  England  wendet,  wo  Egill 
nochmals  mit  ihm  zusammentrifft;  dagegen  muss  ein  weiterer 
Versuch  dieses  letzteren,  das  seiner  Frau   gebührende  Erbe 
in  Besitz  zu  nehmen,  hier  noch  eingehend  erörtert  werden. 
Den  ganzen  Nachlass  Bergönunds  hatte  dessen  Bruder, 
Atli  hinn  skammi,  in  Besitz  genommen;  Egill  aber  ging  von 
England  aus  nach  Norwegen  hinüber,   um   ihm  gegenüber 
die  Rechte  seiner  Frau  geltend  zu  machen.  ^)  Durch  Empfeh- 
lungen des  englischen  Königs  Adalsteinn   (d.  h.  iEdelstan) 
unterstützt,  trägt  er  dem  K.  Hakon  seine  Sache  vor,  b^n- 
sprucht    für   seine    Frau    den    halben    Nachlass    Björns   an 
liegender  und  fahrender  Habe,  und  erbietet  sich  zur  Beweis- 
führung durch   Zeugen   und   Eide,  ^)   indem  er  darauf  hin- 
weist, wie  ihm   seinerzeit   durch  K.  Eirik  und  dessen  Frau 
am  Gula|>fnge  der  Rechtsweg  abgeschnitten  worden  sei,  und 
den  König  bittet,  ihn  nunmehr  zu  seinem  Rechte  gelangen 
zu   lassen.     Der   König   halt  ihm   zwar   scharf  genug   sein 
trotziges   und    feindseliges   Benehmen   gegen   K.  Eirik    und 
dessen  gesammtes  Haus  vor,  verwilligt  ihm  aber  um  K.  Adal- 
steins  willen  doch  den  Genuss  des  Landfriedens  und  recht- 
lichen Schutz  für  seine  Ansprüche.  *)  Nun  fährt  Egill  nach 
Ask  auf  der  Insel  Fenbring  in  Hördaland  und   spricht  hier 

1)  cap.  57,  S.  199.  «)  cap.  57,  S.  199-209.  »)  cap.  62, 

S.  228.  *)  baud  par  framm  vitni  ok  eida  med  mdli  smu.  ^)  en 
firi  saker  Adalsteins  konangs  föstra  mins,  I)d  skalltu  hafa  hdr  frid 
1  landi  ok  nii  logum  ok  landsretti.  Das  Obige  nach  cap.  68,  8.  229—81. 


2hüei  BechtJtfäüe  in  der  Eigla.  d9 

den  Aili  um  das  seiner  Fraa  zogehörige  Vermögen  an,  welches 
Bergönundr  ihr  widerrechfclich  vorenthalten  habe;  ^)  dieser 
aber  verweigert  dessen  Herausgabe  nnter  Berufung  auf  das 
Urtheil,  welches  E»  Eirlkr  zu  Gunsten  Bergönnnds  gefallt 
habe,^)  indem  er  zugleich  geltend  macht,  daas  eigentlich 
Egill  ihm  seinerseits  Busse  schulde  för  die  Tödtung  seiner 
Brüder  und  die  Plfinderang  ihres  Hofes.  Daraufhin  ladet 
Egill  ihn  vor  das  6ula|»fng,  unter  Bezugnahme  darauf,  dass 
ihm  E.  Häkon  ausdrücklich  den  Rechtsweg  eröffnet  habe.  *) 
Am  Gula|»ing  trägt  Egill  sodann  seine  Elage  und  Atli  seine 
Vertheidigung  vor,  und  der  Letztere  erbietet  sich  zu  einem 
Zwolfereide  darüber,  dass  er  keinerlei  Ghits  xmter  seiner  Ver- 
waltung habe,  welches  dem  Egill  gebore;  ^)  als  er  sich  aber 
anschickte,  diestti  mit  seinen  Eidhelfem  (med  eidalid  sitt) 
abzuschwören,  schnitt  ihm  Egill  die  weitere  Vertheidigung 
durch  eine  Herausforderung  zum  Zweikampfe  ab,  was  nach 
damaligem  Rechte  zulässig  war.  ^)  Darauf  geht  AÜi  ein  und 
es  kommt  zum  Zweikampfe;  in  diesem  erlegt  Egill  seinen 
Gegner,  worauf  er  dann  den  gesammten  Grundbesitz  an  sich 
nimmt,  den  er  Namens  seiner  Frau  beansprucht  hatte.  ^) 
Damit  ist  die  Sache  endgültig  erledigt,  wie  wir  denn  den 
Egill  in  der  That  später  Pachtgelder  (landskyldir)  in  Sogn 
erheben'')  oder  Vollmacht  zu  deren  Verwaltung  und  Ver* 
äusserung  ertheilen  sehen.  ^) 

Die  Prüfung  dieses  zweiten  Rechtsfalles  ist  insofern  er- 


^)  Em  ek  nü  kominn  at  viija  Qä.r  pess,  landa  ok  lansa  aura, 
ok  krefja  t)ik,  ai  |)ii  later  laust  ok  greider  m^r  f  hendr. 

^)  er  Einkr  konungr  diemdi  Aunundi  brödur  mfnum. 

9)  Das  Obige  nacb  cap.  66,  S.  240—42. 

*)  en  Atli  band  logvom  i  m6t,  tylftareida,  at  bann  hefdi  eeki 
f^  |>at  at  yardneita,  er  Egill  SBtti. 

^)  cap.  65,  S.  242;  vgl.  auch  cap.  64,  S.  238—89. 

«)  cap.  66,  S.  243—45. 

^  cap.  67,  8.  247. 

»)  cap.  76,  S.  279. 

7* 


100  K  Maurer 

leichtert,  als  keinem  Zweifel  unterliegen  kann,  nach  welchem 
Recht  derselbe  zu  entscheiden  ist.  Schon  Hröaldr,  der  Vater 
des  })6rir  hersir,  war  Jarl  im  Firdafylki  gewesen;  ^)  ebenda 
wohnte  sein  Sohn,  als  dessen  Schwester,  })öra  hladhond,  aas 
seinem  Hause  entführt  wurde,  *)  und  auch  noch  dessen  Sohn 
Arinbjom  hatte  am  6ala|»fnge  die  Richter  aus  dem  Firdafylki 
zu  ernennen. ')  Andererseits  wohnte  bereits  Björn  hersir  und 
nach  ihm  sein  Sohn  Brynjölfr  auf  dem  Hofe  Aurland  in 
Sogn;  dahin  bringt  Brynjölfs  Sohn  Björn  die  entführte  {>6ra 
und  von  hier  aus  entführt  er  sie  zum  zweiten  Haie,  um  mit 
ihr  ausser  Landes  zu  gehen  ;^)  nach  Brynjölfs  Tod  aber  er- 
nennt ein  anderer  Sohn  desselben,  }>ördr,  die  Richter  aas 
dem  Sygnafylki  und  auch  er  wohnt  auf  Aarland.  *)  Endlich 
))orgeirr  })ymifötr,  Bergönunds  Vater,  bewohnte  den  Hof  Ask 
auf  der  Insel  Fenhring  (jetzt  Askö)  in  Hordaland,*)  und 
ebenso  wohnte  hier  Bergönundr  selbst,  als  er  die  Gunnhild 
heirathete, '')  und  hier  wurde  er  auch  von  Egill  erschlf^en.  ®) 
Die  sämmtlichen  bei  dem  Rechtshandel  betheiligten  Personen, 
mit  einziger  Ausnahme  des  Klägers,  gehorten  somit  dem 
Gulaplng  an,  und  auch  die  beiden  für  diesen  in  Betracht 
kommenden  Entführungen  wurden  im  Bereiche  dieses  Ding- 
verbandes yerübt;  mit  vollem  Rechte  wurde  darum  von  Egill 
die  beiden  Male,  da  er  den  Rechtsweg  beschritt,  das  Gala- 
|ifng  angegangen,  und  nach  den  Gula^fngslog  musste  denn 
aach  der  Rechtsfall  entschieden  werden.  Nun  gehören  aller- 
dings die  uns  erhaltenen  Aufzeichnungen  dieses  Provinzial- 
rechtes  erst  der  ersten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  an,  und 
selbst  deren  älteste  Bestandtheile  scheinen  kaum  vor  dem 
Anfange  des  12.  Jahrhunderts  niedergeschrieben  worden  zu 
sein ;  aber  die  Yergleichung  des  isländischen  Rechtes,  welches 


»)  Eigla,  cap.  2,  S.  6.  ^)  cap.  32,  S.  102-8.  »)  cap.  66, 

S.  187  —  88.  *)   cap.  32,   S.  102  —  6.  ^)   cap.  66,   S.  188. 

«)  cap.  87,  S.  117.         'f)  cap.  66,  S.  180—81.  »)  cap.  67,  8. 202—3. 


ZfoH  Rechts  fälle  in  der  Eigla.  101 

sich  erst  bei  Lebzeiten  Egils  von  dem  Rechte  des  6ula|)inges 
abgezweigt  hatte,  lasst  deutlich  erkennen,  dass  in  den  hier 
massgebenden  Punkten  dieses  letztere  bereits  in  der  ersten 
Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  wesentlich  dieselben  Bestim- 
mungen enthalten  haben  muss,  wie  sie  die  uns  erhaltenen 
Aufzeichnungen  aufweisen. 

Was  nun  die  Sache  selbst  betrifft,  so  ist  zunächst  klar, 
dass  die  Hochzeit,  welche  Björn  höldr  mit  der  })öra  hlad- 
hond  auf  Shetland  hielt,  obwohl  als  bruUaap  bezeichnet, 
doch  keine  richtige  Hochzeit  war  und  keine  rechtmässige 
Ehe  begründen  konnte.  Björn  hatte  die  ))6ra  nicht  nur  ohne 
die  Zustimmung,  sondern  sogar  gegen  den  ausdrücklich  er- 
klärten Willen  ihres  Bruders  zu  sich  genommen,  denn  er 
hatte  sie  aus  dessen  Haus  entführt,  nachdem  seine  Werbung 
um  ihre  Hand  von  |)6rir  zurückgewiesen  worden  war.  Weder 
von  einer  legalen  Verlobung  noch  von  dem  Versprechen  und 
der  Zahlung  eines  Brautgeldes  konnte  demnach  im  gegebenen 
Falle  die  Rede  sein,  nnd  doch  wurde  oben  bereits  dargelegt, 
dass  sowohl  die  Oula|)fngslög  als  die  älteren  isländischen 
Rechtsbücher  Beides  als  wesentliche  Voraussetzungen  einer 
rechtmässigen  Ehe  neben  der  Hochzeit  fordern.  Dabei  be- 
stimmen die  ersteren  ausdrücklich,  ^)  dass  die  Verlobung  zu- 
nächst durch  den  Vater  der  Braut  zu  erfolgen  habe,  even- 
tuell aber  durch  deren  Bruder,  wenn  der  Vater  bereits 
verstorben  sei,  und  auch  die  letzteren  lassen  in  Ermangelung 
frei  und  acht  geborener  Kinder  der  Braut  zuerst  deren  Vater 
und  eventuell  deren  Bruder  von  der  Vaterseite  als  Verlober 
eintreten.^)     Nur  als  ein   «frillutak*,   d.  h.   als  Eingehung 


>)  GpL.  §  61:  Nu  er  {)at  t>vi  nest  at  madr  vill  afla  s^r  kvan- 
iangs  I>ea8  er  meira  kemr  til.  pa  Bcal  fader  sialfr  festa  dottor  sina, 
ef  hon  er  msDr.  en  broder  ef  fader  er  daudr. 

2)  Egsbk.  §  144,  S.  29:  Sonr  16  vetra  gamall  epa  ellre  er  fast- 
nandi  moI)or  siimar  Mals  borinn  oc  arfgengr  oc  sva  hyggion  at  bann 
konni  tyrir  erfd  at  rada.    £nn  ef  eigi  er  sonr  pa,  er  dottir  au  er  gipt 


102  K.  Mamer 

eines  ÜDDCubinateB  kann  demnach  rechtlich  die  von  Björn 
mit  |>ora  gehaltene  Hochzeit  betrachtet  werden,  ganz  -wie 
die  Königin  Sigrfdr  storrada  die  Hochzeit  des  Königs  Olaf 
Tryggvason  mit  der  {>yri  Haraldsdöttir  darum  als  ein  frillntak 
bezeichnet,  weil  diese  sich  ihm  blos  mit  dem  Beirathe  ihres 
Erziehers  Ozurr  Agason  selbst  Yerlobt  hatte,  ohne  die  Zu- 
stimmung ihres  Bruders,  des  Dänenkonigs  Sveinn.  ^)  Eine 
Folge  hievon  ist  aber,  dass  Asgerdr  als  ein  ehelich  geborenes 
Kind  nicht  gelten  und  somit  auch  nicht  als  solches  zur  Erb- 
schaft ihres  Vaters  berufen  sein  konnte.  —  Schwieriger  ist  die 
Frage  zu  beantworten,  wie  weit  die  Acht  rechtlich  begrfindet 
gewesen  sei,  welche  K.  Haraldr  fiber  Björn  sofort  nach  seiner 
Flucht  aus  Norwegen  verhängte.  Allerdings  rechnet  eine 
Stelle  in  den  Gulaftfugslög *)  zu  den  Leuten,  welche  der 
strengsten  Acht  unterliegen  sollten,  unter  Anderen  auch  die- 
jenigen,  welche  Ehefrauen,  Bräute  oder  Töchter  rauben  ohne 
deren  eigenen  Willen  und  den  Willen  derer,  in  deren  Gewalt 
sie  stehen;  aber  diese  Bestimmung  bezeichnet  sich  selbst  in 
ihrer  Ueberschrift  als  eine  von  K.  Magnus  erlassene  Novelle, 
und  eine  im  Dronter  Landrechte  enthaltene  Parallelstelle  ^) 


er,  oc  a  I)a  bonde  hennar  at  festa  mag  kono  sina.  En  I)a  er  fiä|)ir 
fastnande  dottor  sinnar.  En  I)a  scal  brodir  samfedri  fastna  systor 
sma.  Aehnlich  ebenda,  §  268,  S.  203;  Stadarhölsbök,  §  118, 
8.  156;  Belgsdalsbök,  §48,  8.240. 

1)  Olafs  0.  Tryggvasonar,  cap.  244,  8.  291,  vgl.  cap.  195, 
8.  188  (FM8.,  II.)  und  Flbk,  I,  §  872,  S.  471—72,  vgl.  §  308,  8.  373. 
Bei  Oddr,  cap.  84,  8.  37  a.  cap.  49,  8.  46  (ed.  Munch),  dann  cap.  42, 
S.  811  u.  cap.  58,  S.  883  (FMS.,  X),  sowie  in  der  Heimskr.  cap.  100, 
8.  201  u.  cap.  106,  8.  205  ist  der  Wortlaut  weniger  bezeichnend. 

^)  GpL.  §  82:  oc  sva  {)eir  menn  er  konor  taca  med  rane,  »da 
annarra  manna  konor  festar  konor,  sBda  dodtr  manna  firi  ntan  rad 
l>eirra  er  forrsBde  eigu  firi,  seda  sialfira  {>einia,  hvegi  er  sidan  gerixt 
vili  t)6irra  er  hiuskapr  rssdzt,  oc  sva  {)eir  er  hemnast  I)es8ara  ubota 
manna,  sBda  heimta  giolld  eftir  ef  vitni  veit  t)at,  I)a  ero  I>eir  ubota- 
menn  aller,  firigort  fe  oe  fridi  lande  oc  lausum  eyri. 

«)  FrpL.  V,  §  44-46. 


Zwei  BedUsfälle  in  der  Eigla,  103 

sagt  ausdrücklich,  daes  sie  eingeführt  worden  sei  ninit  dem 
Rathe  des  Königs  Magnus  und  des  Erzbischofs  Eysteinn  und 
anderer  Bischöfe  und  aller  der  weisesten  Männer  aus  allen 
Ding?erbauden*,  —  sie  gehört  also  erst  der  zweiten  Hälfte 
des  12.  Jahrhunderi<3  an  und  kann  nicht  ohne  Weiteres  auf 
den  Schluss  des  9.  und  den  Anfang  des  10.  Jahrhunderts 
zarückbezogen  werden.  Indessen  lässt  sich  doch  nicht  mit 
Sicherheit  erkennen,  wie  viel  oder  wie  wenig  von  dieser 
Vorschrift  wirklidi  neueres  Recht  war,  so  dass  die  Möglich- 
keit nicht  ausgeschlossen  erscheint,  dass  die  Bedrohung  des 
Weiberraubes  mit  der  Acht  schon  dem  älteren  Rechte  geläufig 
gewesen  wäre,  und  es  fehlt  überdiess  nicht  an  Gründen, 
welche  diess  wahrscheinlich  machen.  Nach  einer  Geschichts- 
quelle ^)  soll  bereits  E.  Haraldr  faärfagri  ein  Gesetz  erlassen 
haben,  welches  die  Vergewaltigung  von  Weibern  mit  der 
Acht  bedrohte,  von  welcher  sich  der  Schuldige  durch  die 
Zahlung  von  40  Mark  loskaufen  konnte,  und  diese  Bestim- 
mung kehrt  ganz  gleichmässig  auch  in  unseren  Gula|>lngslög 
wieder.  ^)  Allerdings  ist  die  Glaubwürdigkeit  jener  geschicht- 
lichen Angabe  eine  recht  anfechtbare,  und  überdiess  beziehen 
sich  beide  Stellen  auf  die  Nothzucht  und  nicht  auf  den 
Frauenraub;  aber  doch  wird  auch  an  einer  anderen  Stelle 
des  angeführten   Rechtsbuches,  ^)   welche  ihrem   gesammten 


^)  Fagrskiiiiia,  §17:  f>ä.  gerdi  ok  Haraldr  ny  15g  am  kvenna- 
rett,  at  sä  madr  er  tekr  konu  naudga,  t)ä.  skal  hänum  t)at  verda  at 
ütlegdarsök,  ok  skal  bann  kaupa  sik  med  40  marka  sex  41na  eyris 
1  f rid  aptr. 

*)  GpL.,  §  199:  Nu  brytr  madr  kono  til  svefnis,  oc  verdr  hann 
kannr  oc  saimr  at  t>vf,  l)ä  verdr  hann  dtlagr  um  eller  giallde  40  marca, 
oc  bcBte  benne  tvevolldom  rdtte.  Aehnlich  auch  BjarkR.  II,  §46 
und  III,  §  96;  dagegen  anders  B|>L.  II,  §  IS. 

')  GI>L.,  §  51:  Nu  teer  madr  festar  kono  mannz.  oc  gengr  at 
eiga,  00  se  fAt  beggia  })eirra  rad,  [>a  stefne  sa  t)ing,  er  fyrr  hafde 
festa  t)eim  er  sidarr  fecc;  {)a  eiga  f)ingmenn  at  doema  f)aa  ütlog 
tede.   £n  ef  hon  eegir  eigi  Binn  yilia  til  liess,  t)a  soilisc  hon  vid  {)at. 


104  K,  Maurer 

Inhalte  nach  entschieden  altes  Recht  wiederzugeben  scheint, 
gesagt,  dass  für  den  Fall,  dass  Einer  die  Braut  des  Andern 
zur  Ehe  nimmt,  Beide  der  Acht  verfallen  sollen,  wenn  die 
Heirath  von  Beiden  gewollt  war,  dagegen  nur  der  Mann, 
wenn  das  Weib  behauptet,  wider  ihren  Willen  genommen 
worden  zu  sein.  Hier  handelt  es  sich  also  in  der  That  um 
Weiberraub  und  Entf&hrung,  wobei  nur  wunderlicher  Weise 
das  Verhalten  des  gesetzlichen  Verlobers  der  EntfQhrten  zu 
der  That  ganz  ausser  Betracht  gelassen  ist;  aber  freilich  be- 
zieht sich  die  Stelle  nur  auf  Bräute  und  bleibt  dahingestellt, 
ob  dasselbe  Recht,  mit  Ausnahme  natürlich  des  auf  die  Klags- 
berechtigung bezüglichen  Satzes,  auch  bezüglich  der  nicht 
verlobten  Weiber  gegolten  habe.  Noch  weiter  dürfte  aber  die 
Yergleichung  des  isländischen  Rechtes  fuhren.  Dieses  bedroht 
nicht  nur  die  Nothzucht  und  selbst  schon  den  nächsten  Ver- 
such zu  dieser  mit  dem  Waldgange,  also  der  strengsten  Acht/) 
sondern  es  bestraft  auch  ganz  ebenso  den  Frauenraub,  welcher 
mit  der  Absicht  begangen  wird,  die  Geraubte  zu  heirathen ;  ^) 
wenn  daneben  noch  speciell  der  Fall  besprochen  und  mit 
der  gleichen  Strafe  bedroht  wird,  da  eine  Verlobte  weg- 
geholt wird,  um  sie  zu  ehelichen, ')  so  liegt  der  Grund  hie- 
für doch  wohl  zunächst  darin,  dass  in  diesem  letzteren  Falle 
die  Strafe  auch  dann  eintreten  sollte,  wenn  die  Weggeführte 
eingewilligt  hatte,  und  dass  somit  bei  der  Braut  zwischen 
dem  Frauenraub  und  der  Entführung  nicht  unterschieden 
werden  wollte.  Hält  man  diese  Vorschriften  der  Gragäs  mit 
den  vorher  besprochenen  Vorschriften  der  Gula|)ingslög  zu- 
sammen, so  möchte  immerhin  als  wahrscheinlich  zu  bezeichnen 
sein,  dass  bereits  das  ältere  Recht  des  Gula|)inges  den  Frauen- 


1)  Egsbk,  §  166,  S.  47;   Stadarhlsbk,  §  144,  S.  176. 

2)  Egsbk,  §  169,  S.  67:  £f  madr  tekr  kono  navdga  abrott  oc 
▼ill  eiga  ganga  vardar  honam  |>at  scog  gang;  Stadarhlabk, 
§  168,  S.  187;   Belgsdalsbk,  §  64,  S.  248. 

<)  Egsbk,  §  160,  S.  67—68;  Stadarhlsbk,  §  160,  S.  188-89. 


Zwei  Beditsfmie  in  der  Eigla,  105 

raab  mit  der  Acht  bedroht  habe,  nur  freilich  mit  der 
milderen,  als  utlegd  bezeichneten,  wogegen  er  erst  durch 
K.  Magnus  Erlingsson  unter  die  übotamal  eingereiht  und 
somit  mit  der  strengsten  Feindlosigkeit  belegt  worden  wäre, 
wie  denn  auch  auf  Island  der  Waldgang  möglicherweise  erst 
spater  an  die  Stelle  der  blossen  Landesverweisung  getreten 
sein  mag.  Wollte  man  aber  diese  Vermuthung  nicht  für 
stichhaltig  gelten  lassen,  so  bliebe  immer  noch  der  andere 
Ausweg,  anzunehmen,  dass  der  König  die  Acht  über  Björn 
ohne  bestimmteren  Anhaltspunkt  im  Gesetze  lediglich  auf 
Grund  seiner  Verpflichtung  zur  Wahrung  von  Recht  und 
Frieden  im  Lande  (landhreinsun)  erlassen  habe,  falls  nicht 
etwa  gar  der  Verfasser  der  Eigia  sich  eines  Hineintragens 
des  Hechtes  seiner  eigenen  Zeit  in  eine  längst  vergangene 
Vorzeit  schuldig  gemacht  haben  sollte. 

Eine  zweite  Frage  ist  nun  aber  die,  wie  weit  die  durch 
die  bisher  besprochenen  Thatsachen  geschaffene  Sachlage 
etwa  durch  spätere  Vorgänge  verändert  worden  sei?  Wir 
erfahren  zunächst,  dass  zwischen  Björn  und  })örir,  dem  Bru- 
der der  })öra,  ein  Vergleich  zu  Stande  kam,  welchen  erst 
Brynjölfr  für  seinen  Sohn  abschloss  ^)  und  welcher  dann  bei 
einer  Zusammenkunft  Björns  selbst  mit  |)ör]r  von  Beiden 
feierlich  bestätigt  wurde.  *)  üeber  die  Bedingungen  des  Ver- 
gleichsabschlusses wird  uns  dabei  allerdings  nichts  Näheres 
mitgetheilt;  aber  wir  erfahren  doch  wenigstens,  dass  |)örir 
fortan  seine  Verschwägerung  (tengdir)  mit  Björn  anerkannte 
und  dass  er  auch  an  |>öra  Alles  entrichtete,  was  sie  an  ihn 
zu  fordern  hatte,  d.  h.  doch  wohl  ihre  Mitgift  und  Aus- 
fertigung, wie  sie  diese  gleich  bei  ihrer  Hochzeit  zu  bean- 

^)  cap.  86,  S.  110—11:  £n  |)egar  er  Brynjölfr  vissi  {)e88a  ord- 
sending,  ])4  lagdi  haan  allan  hag  ä.  at  bjöda  ssBtter  firi  Björn.  Kom 
|)4  sna  t)v(  m&li,  at  I>örer  tök  seetter  firi  Björn.  Vgl.  auch  oben 
S.  98,  Anm.  4. 

*)  cap.  85,  S.  112:  Trygdu  peir  J)örer  {)a  saetter  med  ser. 


106  K,  Maurer 

spruchen  gehabt  hätte,  ^)  wenn  diese  in  gesetzlicher  Wei»e 
unter  Mitwirkung  ihres  Bruders  Yor  sich  gegangen  wäre. 
Man  wird  hiernach  nicht  bezweifeln  können,  dass  durch  d^n 
abgeschlossenen  Vergleich  die  zwischen  Björn  nnd  }>6ra  be- 
stehende Verbindung  als  eine  gültige  Ehe  anerkannt  und 
dieser  letzteren  die  Rechte  einer  rechtmässigen  Ehefrau  ein- 
geräumt wurden ;  zweifelhaft  wird  dagegen  vorläufig  bleiben 
müssen,  wie  weit  damit  auch  der  vor  dem  Vergleichsabschlusse 
geborenen  Tochter  die  Rechte  eines  ehelich  geborenen  Kindes 
nachtrl^i^lich  verschafil  werden  konnten  und  auch  die  Aclit 
aufgehoben  wurde,  welche  K.  Harald  über  Björn  verhängt 
hatte.  Ueber  beide  Fragen  scheinen  indessen  die  Verhand- 
lungen am  ersten  Gula|>fnge  genügendes  Licht  zu  verbreiten. 

Schon  bei  der  ersten  Erhebung  seines  Anspruches  Berg- 
önund  gegenüber  stützt  Egill  diesen  auf  die  Gleichberechti- 
gung der  beiden  Töchter  Björns  auf  den  Nachlass  ihres 
Vaters  und  in  derselben  Weise  begründet  er  sodann  auch 
seine  Klage  am  6ula{)fnge;  die  Eigenschaft  seiner  Frau  als 
eines  ehelichen  Kindes  wird  dabei  von  ihm  stillschweigend 
vorausgesetzt,  und  unter  dieser  Voraussetzung  war  seine  For- 
derung vollkommen  begründet,  da  ja  Björn  weder  einen 
Sohn  noch  Sohnessohn  hinterlassen  hatte  und  somit  seine 
ehelichen  Töchter  zu  seinem  Nachlasse  in  der  That  berufen 
waren.  *)  Bergönundr  dagegen  macht  in  seiner  Beantwortung 
der  Klage  beidemale  zunächst  geltend,  dass  Egill  in  Nor- 
wegen geächtet  sei  und  sich  somit  gar  nicht  im  Lande  auf- 
halten dürfe,  und  stützt  sich  andererseits  darauf,  dass  seine 
eigene  Frau,  Gunnhildr,  aliein  eine  eheliche  Tochter  Björns 
und  darum  auch  allein  zu  dessen  Erbschaft  berufen  sei,  was 
er  beim  ersten  Anlaufe  kurz  damit  begründet,  dass  Asgerdr 

1)  vgl.  Fr.  Brandt,  I,  S.96— 97. 

3)  Q|>L.  §  lOS;    vgl.  Egsbk.  §  118,  S.  218;    StadarhöUbk, 
§  56,  S.68;  Belgfldulsbk,  §46,  S.  238;  AM.  178  D.  in  4.,  §10,  8.460. 


Zwei  Rechts fiUle  in  der  Eigla.  107 

offenkundig  von  einer  unfreien  Mutter  geboren  sei,  ^)  später 
aber  näher  dahin  ausführt,  dass  deren  Mutter  gewaltsam 
geraubt  und  zweimal  entführt,  ohne  Zustimmung  ihrer  Ver- 
wandtschaft als  Concubine  gehalten  worden  sei,  und  dass 
Äsgerdr  selbst,  weil  während  der  Acht  ihrer  Aeltern  geboren, 
f&r  eine  Unfreie  des  Königs  erklärt  und  von  jedem  Erbrechte 
ausgeschlossen  werden  mfisse.*)  Da  fallt  nun  zunächst  auf, 
dasa  der  Beklagte  zwar  die  Aechtung  Egils  durch  den  König 
behauptet,  offenbar  um  daraufhin  dessen  Rechts-  und  Ge- 
richtsfahigkeit  zu  bemängeln,  dass  er  aber  über  diesen  Punkt 
sich  nicht  zur  Beweisführung  erbietet,  und  dass  klägerischer- 
seits auf  diesen  Punkt  überhaupt  nicht  eingegangen  wird. 
Eine  förmliche  Achtserklärung  scheint  in  der  That  gegen 
Egill  nicht  ergangen  zu  sein.  Allerdings  hatte  K.  Eirfkr, 
als  er  von  Egill  wegen  einiger  von  ihm  begangener  Todt- 
schlage  Busse  annahm,  ausdrücklich  erklärt,  trotzdem  einen 
längeren  Aufenthalt  desselben  in  seinem  Reiche  nicht  dulden 
zu  wollen,  und  hatte  er  auch  später  noch  einen  wiederholten 
Besuch  desselben  bei  })örir  nur  mit  dem  nachdrücklichen 
Bemerken  gestattet,  dass  diess  nur  aus  besonderer  Rücksicht 
auf  diesen  letzteren  geschehe;  ^)  hierin  lag  aber  keineswegs 
eine  formliche  Achtserklärung,  welche  dem  Egill  seine  Ge- 
richts&higkeit  entziehen  konnte,  wenn  dieser  auch  in  Folge 
jener  Erklärungen  allen  Grund  haben  mochte,  Norwegen 
fortan  zu  meiden.  Mag  sein,  dass  mit  der  zweifelhaften  Be- 
deutung jenes  Aufenthaltsyerbotes  zusammenhängt,  dass  die 
Richter  sich  hinterher  zur  Annahme  der  klägerischerseits 
angebotenen  Zeugeneide  nur  unter  der  Voraussetzung  bereit 
erklären,  dass  der  König  diess  nicht  verwehre;  mag  sein 
auch,  dass  durch  denselben  Umstand  zu  erklären  ist,  warum 
die  Replik  und  das  Anerbieten  der  Beweisführung  nicht  mehr 
Yon  Egill,  der  doch  die  Ladung  erlassen  und  die  Klage  vor- 

^)  Siehe  oben  S.  95|  Anm.  6.        ')  siehe  oben  S.  96,  Anm.  3-4. 
*)  siehe  oben  S.  94. 


108  K,  Maurer 

getragen  batte,  sondern  von  Arinbjörn  vorgebracht  wird, 
welcher  ganz  zweifellos  befugt  war,  vor  dem  Gerichte  auf- 
zutreten. Jedenfalls  darf  als  sicher  angenommen  werden, 
dass  diese  Bemängelung  der  Klage  einer  genügenden  recht- 
lichen Begründung  entbehrte  und  lediglich  chicanöser  Natur 
war.  Aber  auch  insofern,  als  die  Erbßhigkeit  der  Asgerd, 
der  eigentliche  Kernpunkt  des  Rechtsstreites,  in  Frage  kam, 
zeigt  sich  das  Verfahren  Bergonunds  ganz  ebenso  chicanos. 
Dass  er  die  Rechtsgültigkeit  der  Ehe  des  Björn  und  der 
|)öra  und  damit  die  Berufung  der  Asgerd  zur  Erbschaft  ihres 
Vaters  neben  ihrer  zweifellos  ehelich  geborenen  Halbschwester 
Gunnhild  bestritt,  lag  freilich  in  seiner  ProcessroUe  und  ist 
es  hiernach  nur  folgerichtig,  wenn  er  hervorhob,  dass  JxSra 
,var  . .  tekin  frillotaki  ok  ecki  at  frsendaradi' ;  wenn  er  aber 
noch  weiter  ging  und  behauptete,  dass  {>dra  eine  unfreie 
gewesen  sei  und  dass  somit  Äsgerdr  „pyborin  at  mödemi* 
und  ,konungs  ambätt*  sei,  so  kann  man  hierin  nichts  An- 
deres erkennen,  als  eine  höchst  gehässige  Uebertreibung. 
Bergönundr  selbst  will  diese  seine  Behauptung  auf  zwei 
ganz  verschiedene  Gründe  stützen,  nämlich  einmal  darauf, 
dass  |>ora  zweimal  geraubt  (hertekin,  hernumin)  worden  sei, 
und  zweitens  darauf,  dass  Äsgerdr  von  ihr  zu  einer  Zeit 
empfangen  und  geboren  worden  sei,  während  deren  ihre 
beiden  Aeltern  in  der  Acht  gewesen  seien.  Aber  wenn  zwar 
der  im  Auslande  begangene  Menschenraub  zweifellos  die  Un- 
freiheit begründete,  so  war  diess  doch  nur  eine  Folge  des 
alten  Rechtsgrundsatzes,  dass  der  Fremde  ausser  Landes  recht- 
los sei;  dass  dagegen  auch  der  innerhalb  des  Rechtsver- 
bandes an  einem  diesem  angehörigen  Genossen  begangene 
Raub  die  gleiche  Wirkung  gehabt  habe,  wie  diess  A.  Gjes- 
sing^)  und  Fr.  Brandt*)  aus  unserer  und    einigen  anderen 

1)  Annaler,  1862,  S.  90—93  und  111—17. 

2)  (Norak)  Historisk  Tidsakrift.  I.  S.  197—98;   Forelros- 
ninger,  I,  S.  67. 


Zwei  Beehtsfälle  in  dtr  Eigla.  109 

Stellen  folgern  wollten,  balte  ich  nicht  nur  für  unerwiesen, 
sondern  sogar  für  grundsätzlich  unmöglich.  Die  Beerfahrt 
innerhalb  des  eigeuen  Landes  war  mit  der  Acht  bedroht,  ^) 
und  auch  der  Kauf  und  Verkauf  freier  Menschen  war  mit 
einer  Busse  von  40  Mark  belegt,  *)  welche  Zablung  doch 
nur  als  ein  Loskaufen  Ton  der  Acht  aufgefasst  werden  kann ; 
die  erstere  Bestimmung  liegt  bereits  der  Acht  zu  Grunde, 
welche  K.  Haraldr  harfagri  über  Gönguhrölf  verhängte, ') 
und  kehrt  überdiess  auch  in  zwei  Bearbeitungen  des  islän- 
discheu  Rechtes  wieder  ^)  und  fehlt  in  der  dritten ,  der 
Eonungsbok,  wohl  nur  in  Folge  der  Lücke,  welche  diese 
Hs.  im  betreffenden  Abschnitte  zeigt,  und  auch  die  andere 
Vorschrift  wird  nicht  als  neueres  Recht  gelten  können,  da 
auch  sie  ganz  dem  Geiste  der  ältesten  Rechtsanschauungen 
entspricht.  Für  den  anderen  Satz  aber,  dass  das  Kind  ge- 
ächteter Aeltern  der  Knechtschaft  des  Königs  verfalle  und 
somit  unfrei  werde,  lässt  sich  vollends  nicht  der  geringste 
Schein  eines  Beweises  aufbringen ;  rechtlos  zwar  ist  der 
Geachtete  und  diese  Eigenschaft  mag  er  darum  allenfalls 
auch  anf  die  Kinder  übertragen,  welche  er  während  der 
Dauer  seiner  Friedlosigkeit  mit  seiner  eigenen  Ehefrau  er- 
zeugt, •)  für  die  Unfreiheit  dieser  letzteren  aber  liegt  nicht 
der  mindeste  Grund  vor.  Es  mag  übrigens  sein,  dass  den 
Sagenschreiber  in  diesem  Punkte  eine  unklare  Erinnerung 
an  einen  anderen  Rechtssatz  verführte.  Es  wird  uns  erzählt,  ^) 


J)  GpL.,  §  814;  FrI)L.  IV,  §  4  und  VII,  §  26;  ebenso  das 
Bruchstück  der  EpL.  in  Norges  gamle  Love,  II,  S.  522. 

3)  ebenda  §71. 

')  Heimskr.  Haralds  s.  hdrfagra,  cap.  24,  S.  65. 

*)  Stadarhlsbk,  §  865,  S.  882-83;  Belgsdalsbk,  §  60, 
S.  346—246. 

&)  Kgsbk,  §  118,  S.  224;  Stadarhlsbk,  §59,  S.  68;  AM.  125, 
A  in  4>,  Arfap.,  cap.  3,  S.  414. 

^)  Fagrskinna,  §  17,  S.  10:  £n  sü  kona  er  hon  leggsk  d  lann, 


110  K.  Maurer 

dass  K.  Haraldr  harfagri  die  Bestimmung  eingeführt  habe, 
dass  Weiber,  welche  sich  insgeheim  beschlafen  UesseUi  inso- 
lange  der  Knechtschaft  des  Königs  verfallen  sollten,  als  sie 
sich  nicht  mit  einem  Betrage  von  3  Mark  aus  dieser  los- 
kaufen würden.  Eine  ganz  entsprechende  Vorschrift  enthält 
auch  noch  das  ältere  Stadtrecht  ^)  und  zwar  mit  dem  Bei- 
satze, dass  eine  Freigelassene,  welche  sieb  desselben  Vergehens 
schuldig  macht,  die  3  Mark  ihrem  Freilasser  und  nicht  dem 
Könige  zu  büssen  habe,  was  natürlich  auch  zur  Folge  haben 
muss,  dass  sie  im  Nichtzahlungsfalle  der  Schuldknechtschaft 
ihres  Freilassers  und  nicht  des  Königs  verfallt.  Die  Bestim- 
mung über  die  Freigelassene  kehrt  in  abgekürzter  Fassung 
auch  im  Drönter  Landrechte  wieder,*)  und  hier  findet  sich 
auch  noch  die  weitere  Vorschrift,')  dass  Klosterfrauen  im 
gleichen  Falle  der  Knechtschaft  des  Bischofs  verfallen  sollen, 
wogegen  den  freigeborenen  Weibern  weltlichen  Standes  die 
Busse  von  3  Mark  an  den  König  hier  nur  für  den  Fall  an- 
gedroht wird,  ^)  dass  sie  sich  mit  einem  Unfreien  vergangen 
haben,  was  aber  allerdings  sofort  angenommen  wird,  sowie 
sie  sich  weigern,  den  Kindsvater  zu  nennen.  Ebenso  läset 
auch  das  Recht  des  Gulapinges  und  ähnlich  aueh  das  Recht 
von  Vikin  nur  dann  das  freigeborene  Weib  einer  Busse  von 
3  Mark  an  den  König  und  die  Freigelassene  einer  Busse  von 


pi  skal  hon  ganga  i  konungs  gard  ok  tyna  frelsi  ainu  |)ar  til  hon 
er  leyst  padan  med  prem  mOrkam  sex  älna  ejris. 

1)  BjarkR.  III,  §  127:  En  ef  Bßttborin  kona  fyrirliggr  ser  ok 
verdr  sek  vid  konung,  \)k  skal  gialdkyri  biöda  frsendnm  ok  yinnm 
at  peir  leysi  hana  nndan.  en  ef  engi  vill  undan  leysa.  pä.  skal  giald* 
kyri  selia  hana  til  peirrar  skuldar  innan  lands.  en  eigi  uian.  £o 
ef  leysingia  manns  fyrirliggr  ser  eda  friälsgefa.  p&  er  hon  sek  yid 
skapdröttinn  sinn  8  mörkam.  jafht  binn  fiörda  sem  hinn  fyrsta.  en 
sd  er  \'k  med  er  sekr  6  aurum  vid  hann.  ekki  k  konongr  ^  pvf. 

«)  FrpL.  IX,  §  16. 

3)  ebenda  III,  §  14;   auch  KrR.  Sverris,  §68. 

*)  Pr^L.  II,  §  1;    KrR.  Sverris,  §81. 


ZwH  BeMsfäOe  in  der  Eigla,  111 

6  Oeren  an  ihren  Freilasser  yerfallen  und  eventuell  der 
Schnldknechtschaft  dort  des  Königs  und  hier  des  Freilassers 
unterliegen,  wenn  es  ein  Unfreier  war,  mit  welchen  sie  sich 
eingelassen  hatte;  ^)  da  aber  auch  das  isländische  Recht  dem 
GeschlechtsYormunde  des  ledigen  Weibes,  welches  sich  hat 
bescfalafen  lassen,  ganz  allgemein  einen  Anspruch  auf  eine 
Busse  von  6  Mark  und  die  Befugniss  einräumt,  die  Schuldige 
för  diesen  Betrag  in  Schuldknechtschaft  zu  nehmen,^)  ohne 
dabei  zu  unterscheiden,  ob  sie  sich  mit  einem  Freien  oder 
Unfreien  yergangen  hat,  so  wird  man  wohl  annehmen  dürfen, 
daas  auch  in  Norwegen,  und  zwar  im  Bereiche  des  Gula* 
Ringes  sowohl  als  des  Frostu^inges  die  Vorschrift  wirklich 
in  der  vollen  Ausdehnung  gegolten  haben  werde,  welche  die 
Fagrskinna  ihr  gibt  und  welche  auch  das  ältere  Stadtrecht 
noch  festhält^)  Aber  wenn  man  diese  auch  anerkennt  und 
überdiess  ajinehmen  will,  daas  an  unsere  Stelle  der  Verfasser 
der  Eigla  die  in  Folge  der  ausserehelichen  Beiwohnung  ein- 
tretende Schuldkneohtschaft  mit  den  Wirkungen  der  Acht 
verwechselt  habe,  würde  Bergonunds  Antrag  dennoch  um 
Kichts  besser  begründet  sein;  das  Stadtrecht  sagt  uns  näm- 
lich, ^)  dass  die  sämmtlichmi  oben  besprochenen  Rechtsfolgen 
der  ausserehelichen  Beiwohnung  dann  nicht  eintreten,  wenn 
es  sich  um  ein  offenkundiges  Goncubinat  handelt,  bei  welchem 
ja  auch  in  der  That  von  einem  »fyrirliggja  ser  a  laun"  nicht 
die  Rede  sein  konnte,  und  wir  haben  hiernach  keinen  Grund 
anzunehmen,  dass  im  Bereiche  des  GulaJ^fnges  ein  Anderes 
gegolten  habe;  ein  Goncubinat  musste  aber  in  unserem  Falle 
als  gegeben  angenommen  werden,  wenn  man  die  Verbindung 


1)  OpL.  §198;    BI>L.  II,  §  14. 

3)  Kgsbk,  §158,8.68;  Stadarhlsbk,  §  156,  S.186  u.  §165,8.194. 

•)  Tgl.  meine  Abhandlung  über  ,Die  Schuldknechtachaft 
nach  altnordischem  Rechte',  S.  11—15  (in  unseren  Sitzungs- 
berichten, 1874);   femer  Fr.  Brandt,  Forelsesninger,  II,  S.  87 — 88. 

^)  BjarkR.  III,  §  129;   siehe  oben  S.  79,  Anm.  5. 


112  K,  Maurer 

nicht  als  eine  rechtmässige  Ehe  gelten  lassen  wollte,   und 
konnte  demnach  auch  ein  derartiger  Einwand  nicht  als  stich- 
haltig erscheinen.     Es  begreift  sich  aber,   dass   der  Sagen- 
schreiber, welchem  sichtlich  darum  zu  tbun  war,  Bei^nunds 
Verhalten  als  ein  möglichst  widerrechtliches  und  heimtficki- 
sches  erscheinen  zu  lassen,  es  mit  den  Rabulistereien   nicht 
allzu  genau  zu  nehmen  brauchte,   selbst  wenn  er  das  mass- 
gebende Recht  genauer  kannte,  als  wir  ihm  diess  zuzutrauen 
brauchen.   —  Auch  die  Replik,  mit  welcher  Arinbjörn  den 
Einwendungen  des  Beklagten   entgegentritt,   ist  nicht  ganz 
frei  von  Bedenken.    Er  f&hrt  einerseits  aus,  dass  durch  den 
von  Björn  mit  ])6rir  abgeschlossenen  Vergleich  jeder  zwischen 
ihnen   bestehende   Zwiespalt   erledigt   und    zumal   auch    der 
Asgerd  ihre  volle   Erbfähigkeit  verschafft  worden  sei,   und 
er    betont    andererseits,    dass   K.   Eirfkr   selbst    den    Björn 
wieder  in   den  Frieden   eingesetzt  habe;   über  den   ersteren 
Punkt  erbietet  er  sich  zum  Beweis  und  führt  auch   sofort 
12   Zeugen   des   Vergleichsabschlusses   dem    Gerichte   vor.  ^) 
Da    ist    nun    zunächst    vollkommen    sachgemäss    und    be- 
greiflich, dass  nicht  nur  auf  den  Vergleichsabschluss  Bezug 
genommen  wird,   welcher  dem  Streite  zwischen  Björn   und 
^örir  ein  Ende  machte,  sondern  zugleich  auch  auf  die  Wieder- 
einsetzung des  Ersteren  in  den  Frieden,  welcher  Seitens  des 
Königs  erfolgt  sein  sollte,   und   zwar  war  die  Bezugnahme 
auf   diese    letztere  Thatsache   neben   jener    ersteren    darum 
nothwendig,  weil  bei  der  Verfolgung  des  Verbrechens,  wel- 
ches zur  Verhängung  der  Acht  geführt  hatte,  der  König  als 
Wahrer  des  Landfriedens  ebensogut  betheiligt  war,   als  der 
Verletzte  selbst.     Galt  doch  sogar  der  heimliche  Abschluss 
eines  Vergleiches   mit   dem   Schuldigen  darum   als  strafbar, 
weil  man  darin  einen  Versuch  erblickte,  den  König  um  sein 
Friedensgeld   zu   bringen   (at  drepa   nidr   konüngs  retti);  *) 

0  vgl.  oben  S.  97,  Anm.  1—2. 

'^)  GpL.  §  214  und  256:    BjarkR.  TT,  §  25  und  85;   TIT,  §  95. 


Zwei  RedUsfäUe  in  der  Eigla.  113 

dem  Könige  gebührte  nämlich  in  Achtfallen  ein  „skögar- 
kanp"  wie  den  Beschädigten  die  ihnen  zukommende  Zahlung,^) 
weil  ja  der  Verbrecher  dem  König  sowohl  als  den  Beschä- 
digten gegenüber  als  geächtet  galt,  ^)  und  selbst  in  geringeren 
Fällen  bezog  der  König  seinen  lögbaug  neben  dem  an  den 
Verletzten  fallenden  Hechte,')  und  das  Recht  des  Aufent- 
haltes im  Lande  (die  landsvist)  musste  dem  König  gegenüber 
eigens  erworben  werden,^)  ohne  dass  damit  noch  der  Frieden 
den  verletzten  Privaten  gegenüber  erworben  würde.  ^)  Auch 
das  kann  nicht  auffaUen,  dass  4ie  Klagsparfcei  sich  nur  be- 
züglich  des  Vergleichsabschlusses  und  nicht  auch  bezüglich 
der  Aufhebung  der  Acht  zur  Beweisführung  erbietet;  in  der 
letzteren  Beziehung  musste  die  ausdrückliche  Bezugnahme 
auf  die  eigene  Wissenschaft  des  am  Ding  anwesenden  Königs 
genügen,  von,  welchem  diese  Aufhebung  ausgegangen  war. 
Bedenklicher  ist  dagegen,  dass  in  der  ersteren  Richtung  neben 
der  Thatsache  des  endgültigen  Vertragsabschlusses  nur  noch 
der  specielle  Umstand  hervorgehoben  wird,  dass  Asgerdr 
,var  til  arfs  leidd  eptir  Bjöin  födur  sinn*  und  nicht  die 
nachträgliche  Genehmigung  der  zwischen  Björn  und  |)öra 
eingegangenen  Verbindung,  aus  welcher,  wie  man  meinen 
sollte,  die  Erbfähigkeit  ihrer  Tochter  sich  von  selbst  ergeben 
musste.  Indessen  dürfte  sich  doch  auch  diese  Schwierigkeit 
lösen  lassen.  Einerseits  ist  nämlich  klar,  dass  im  vorliegenden 
Rechtsstreite  nur  die  Erbfähigkeit  der  Äsgerd  zu  prüfen  war, 
wogegen  die  Rechtmässigkeit  der  Ehe  ihrer  Mutter  nur  in- 


1)  GpL.,  §  189  und  244;  FrpL.  IV,  §  36  und  44,  dann 
BjarkR.  III,  §72. 

^  Einleitung  zu  den  Frf>L.,  §  1. 

*)  FrpL.  IV,  §  19  und  42;  auch  einfach  baugr  oder  in  Zusam- 
mensetzungen wie  rdnbangr,  slanbaugr  u.  dgl.  m.,  s.  6.  6  p  L.,  §  84, 
37,  77,  81,  185  und  öfter. 

*)  FrpL.  III,  §  24. 

»)  ebenda,  IV,  §  41;  BjarkR.  III,  §  101;  vgL  von  Amira, 
Vollstreckungayerfahren,  S.  50  ff.  und  Fr.  Brandt,  II,  S.  13. 

1896.  Sitsnngsb.  d.  phil.  u.  hist.  Cl.  8 


1 14  K,  Maurer 

soweit  in  Frage  konimen  konnte,  als  diese  Erbfähigkeit  durch 
sie  bedingt  war.  Andererseits  lässt  sich  bezweifeln,  ob  die 
im  Yergleichswege  erfolgte  ▼erwandtschaftliche  Zastimmnng 
zn  der  Verbindung  Björns  mit  der  |)6ra  auf  die  Zeit  ihrer 
ersten  Eingehung  ohne  Weiteres  zurück  bezogen,  und  ob  so- 
mit auch  durch  deren  nachträgliche  Ertheiinng  der  schon 
vorher  geborenen  Tochter  ohne  Weiteres  das  Recht  eines 
ehelichen  Kindes  verschafft  werden  konnte.  Eine  legitimatio 
per  subsequens  matrimonium  ist  dem  norwegischen  Rechte 
nachweisbar  erst  sehr  spät  und  lediglich  durch  den  Einfluss 
des  canonischen  Rechtes  bekannt  geworden.  Selbst  nach 
unseren  Frostu^fngslög,^)  auf  deren  Gestaltung  doch  Erzbischof 
Eysteinn  massgebenden  Einfluss  ausgeübt  hatte,  ist  es  nicht 
schon  die  Eingehung  der  Ehe  unter  den  Aeltern,  welche  den 
vorher  von  ihnen  erzeugten  Kindern  die  Rechte  von  ehelich 
geborenen  verleiht,  sondern  erst  die  Geburt  weiterer  Kinder 
derselben  Aeltern  nach  deren  Verehelichung.  Auf  demselben 
Standpunkte  stehen  auch  noch  die  neueren  Christenrechte 
des  Gulapfnges  und  des  Borgar|>fnges,  ^)  nur  mit  der  Ein- 
schränkung, dass  beide,  der  kirchlichen  Lehre  entsprechend, 
die  Verlobung  an  die  Stelle  der  Hochzeit  setzen,  da  ja  die 
vorgängigen  sponsalia  de  futuro  durch  die  nachfolgende 
copula  camalis  sofort  in  eine  rechtmässige  Ehe  verwandelt 
wurde  und  somit  auch  umgekehrt  die  nachfolgende  Verlobung 
bei  vorangegangener  copula  camalis  gleich  den  sponsalia  de 
prsdsenti  wirken  musste.  Erst  das  Christenrecht  Erzbischofe 
Jons  ^)  spricht  den  Satz  aus,  dass  schon  die  blosse  Verlobung 
mit  der  bisherigen  Concubine  deren  vorher  geborene  Kinder 
ohne  Weiteres  zu  ehelichen  mache,  gleichviel  ob  hinterher 
noch  weitere  Kinder  von  ihr  geboren  würden  oder  nicht, 
und  erst  um  dieselbe  Zeit  fand  diese  Regel  auch  in  die  welt- 

1}  FrpL.  III,  §  11;   KrR.  Sverris,  §  66. 

2)  neuerer  OpKrR.  §24;  neuerer  BpKrR.  §  16. 

<)  KrR.  Jdns,  §  46. 


Zwei  lUehtsfälle  in  der  Mgta.  115 

Ikhen  Gesetzbücher  Eingang.^)  Im  heidnischen  Norwegen 
konnte  Ton  derartigen  Rechtssätzen  noch  keine  Bede  sein, 
und  es  begreift  sich  somit,  dass  man  beim  Vergleichsabschlusse 
sich  Teranlasst  sehen  mochte,  die  Erbfähigkeit  der  Asgerd 
ausdrücklieh  sicher  zu  stellen.  Allerdings  wird  man  unter 
dem  ,leida  til  arfs*  an  unserer  Stelle  nicht  jene  formelle 
,,aBttleiding'  yerstehen  dürfen,  welche  die  Provinzialrechte 
als  ein  sehr  alterthümlich  gestaltetes  Rechtsgeschäft  kennen,  ^) 
und  durch  welches  sie  unächt  geborenen  Kindern  die  gleichen 
Rechte  yerscha£Pen  lassen  wie  ehelich  geborenen.  *)  Freilich 
ist  im  14.  Jahrhundert  die  Bezeichnung  „arfleiding*^  fQr 
diesen  Rechfcsact  ganz  üblich  *)  und  auch  schon  im  gemeinen 
Landrechte  wird  einmal  der  «eettleidingr''  als  ,med  lagum 
til  ar&  leiddr"  bezeichnet;  *)  aber  dieser  feierliche  Act  setzte 
nothwendig  die  Anwesenheit  des  unächt  Geborenen  voraus, 
zu  dessen  Gunsten  er  vollzogen  werden  sollte,  und  er  konnte 
somit  in  unserem  Falle  nicht  in  Frage  kommen,  da  Äsgerdr 
zu  der  Zeit,  in  welcher  in  Norwegen  der  Vergleich  zu  Stande 
kam,  und  noch  geraume  Zeit  nachher,  sich  auf  Island  auf- 
hielt. Der  Ausdruck  findet  sich  indessen  auch  sonst  gelegent- 
lich in  einem  allgemeineren  Sinne  gebraucht,  und  zwar  nicht 
nur  auf  Island,  ^)  wo  doch  die  settleiding  erst  durch  die  J^m- 
sida"^  und  Jönsbök^)  bekannt  wurde,  sondern  auch  in  der 
Anwendung  auf  Norwegen,  sofeme  einmal  von  einer  Erb- 
einsetzung eines  Bruders  durch  den  anderen  gesprochen  wird, 
welche  am  Gula|»fnge  erfolgt,  während  der  Eingesetzte  sich 


1)  Jdrnsfda,  Erfdat.  §  14;  LandslGg,  Erfdat.  §  7,  nr.  1, 
fin.  und  neuerer  BjarkR.,  ebenda. 

«)  GpL.  §68;  PrJ)L.  IX,  §  1;  vgl.M.Wergeland,  iEttleidmg(1890). 

')  FrJ)L.  VIII,  §  1;  vgl.  aber  auch  GpL.  §  104,  wo  die  Worte 
«nleiddr  i  »tt*  einen  Schlasa  auf  die  Stellung  des  settleidings  gestatten. 

*•)  vgl.  meine  Abhdlg.  Ober  «Die  un ächte  Geburt",  S.  74^75. 

B)  Landslög,  Erfdat.,  §7  nr.  2.  «)  Laxdsela  (ed.RMund), 
cap.  26,  8.90.  '')  Erfdatal,  cap.  16.  ^)  Erfdatal,  nr.  2. 

8* 


116  K.Mawrer 

auf  Island  befiadefc.  ^)  Nor  in  diesem  allgemeineren  Sinne 
darf  die  Bezeichnung  auch  an  unserer  Stelle  verstanden 
werden^  und  wenn  zwar  in  den  Provinzialrechten  von  einer 
derartigen  freieren  Erbeinsetzung  nicht  gesprochen  wird,  so 
wird  doch  kaum  bezweifelt  werden  können,  dass  derartige 
Geschäfte  rechtlich  bindend  für  die  Yertragschliessenden  und 
deren  Erben  sein  mussten,  zumal  da  auch  das  isländische 
Recht  etwas  Aehnliches  in  dem  Geschäfte  kennt,  f&r  welches 
die  Bezeichnung  ^at  selja'  und  ,at  kaupa  arfvan*  gebraucht 
wird.  ^)  So  aufgefasst  erscheint  die  Replik  der  Elagspartei 
vollkommen  stichhaltig  und  begreift  sich,  dass  das  Gericht 
sich  bereit  zeigte,  die  von  dieser  angebotene  Beweisführung 
entgegenzunehmen;  es  begreift  sich  aber  auch,  dass  der  Be- 
klagte, von  dem  Bevorstehen  eines  fär  ihn  ungünstigen 
Urtheiles  überzeugt,  in  dem  verzweifelten  Mittel  einer  Spren- 
gung des  Gerichtes  seine  Rettung  suchte. 

Kürzer  lässt  sich  die  Wiederaufnahme  des  Rechtsstreites 
durch  Egill  dem  Atli  hinn  skammi  gegenüber  erledigen. 
Egill  sucht  sich  vor  Allem  gegen  die  Einwendungen  sicher- 
zustellen, welche  aus  der  von  K.  Eirik  über  ihn  verhängten 
Acht  hergenommen  werden  konnten,  und  er  erreicht  diess, 
indem  ihm  K.  Hakon  auf  sein  Ansuchen  ausdrücklich  den 
Landfrieden  verwilligt  und  den  Rechtsweg  für  seine  Ansprüche 
eröffnet.')  Dann  sucht  er  den  Atli  in  seiner  Heimat  auf, 
richtet  an  ihn  die  Forderung  auf  Herausgabe  des  von  ihm 
beanspruchten  Nachlasses  und  erlässt,  da  Atli  diese  unter 
Berufung  auf  die  von  K.  Eirfk  zu  Gunsten  Bergonunds  ge- 
föllte  Entscheidung  schroff  verweigert,  sofort  die  Ladung  zum 
Galapfnge,  unter  Bezugnahme  auf  die  vom  König  ihm  er- 


1)  NjÄla,  cap.  2,  S.  6. 

3)  Kgsbk,  §  123,  8.  236  und  §  125,  S.  240;  StadarhUbk, 
§  66,  S.  82—83,  §  69,  S.  90  und  §  79,  S.  101 ;  AM.  126,  A  in  4.  Ar  f  al>. 
cap.  10,  S.  414-16. 

*)  siehe  oben  S.  98,  Anm.  6. 


Zwei  RechtafäUe  in  der  Eigla,  1 1 7 

iheilie  Ermächtigung.  ^)  Insoweit  sind  bereits  folgende  Be- 
denken gegen  die  Daistellung  in  der  Sage  zu  erheben.  Für 
den  Anspruch,  wie  ihn  Egill  gegen  Atli  richtet,  wird  die 
Bezeichnung  «kreQa*  gebraucht;  nimmt  man  diese  streng 
technisch,  so  deutet  sie  auf  jenes  Verfahren  mittelst  «krafa^ 
hin,  welches  die  Gulapingslög  eingehend  besprechen,  ^)  wel- 
ches aber  auch  den  Frostuf^ingslög  und  dem  älteren  Stadt* 
rechte  bekannt  war,')  und  wirklich  lassen  jene  ersteren 
dieses  Verfahren  auch  in  Erbschaftssachen  zu.^)  Aber  der 
krafa  hatte  jederzeit  eine  förmliche  heimstefna  vorauszugehen 
und  von  einer  solchen  ist  in  dem  Berichte  nicht  nur  keine 
Rede,  sondern  dem  Zusammenhange  nach  scheint  die  Mög- 
lichkeit einer  solchen  sogar  sehr  bestimmt  ausgeschlossen  zu 
sein.  Bei  der  krafa  waren  femer  die  Zeugen  vorzuführen 
und  zu  vernehmen,  auf  deren  Aussage  die  Klage  sich  stützte; 
aber  wenn  Egill  sich  zwar  dem  K.  Häkon  gegenüber  zu 
einer  Beweisführung  durch  Zeugen  und  Eide  ausdrücklich 
erboten  hatte,  ^)  so  wird  doch  bei  dieser  Gelegenheit  von 
keiner  Vorführung  von  solchen  gesprochen,  und  ebensowenig 
der  vorgeschriebenen  dreimaligen  Wiederholung  der  Auf- 
forderung gedacht,  den  Kläger  sofort  zu  befriedigen.  Endlich 
ging  die  Klage,  wenn  sich  der  Beklagte  beharrlich  weigerte, 
den  Kläger  zu  befriedigen,  zunächst  weiter  an  das  herads- 
l^ing,  von  welchem  sie  dann  allerdings  im  weiteren  Eechts- 
zage  auch  noch  an  das  fylkisj^fng  und  schliesslich  an  das 
Golaping  gelangen  konnte;  unsere  Stelle  aber  lässt  den 
Kläger  sofort  dieses  letztere  angehen,  ohne  jener  beiden 
Zwischeninstanzen  mit  einem  Worte  zu  gedenken.  Zweifellos 


1)  cap.  66,  S.  240-42.  «)  GpL.  §  34—86. 

')  Ygl.  darüber  von  Amira,  Das  altnorwegische  Voll- 
streckangsverfahren,  S.  234— 66;  E.  Hertzberg,  Grundtreek- 
kene  i  den  eeldste  norske  Proces,  S.  71 — 100;  Fr.  Brandt, 
ForelsBsninger,  I,  S.  821— 22. 

*)  GI)L.,  §  121.  5)  siehe  oben  S.  98,  Anm.  4. 


118  K.  Maurer 

liegt  hier  eine  Uncorrectheifc  der  Darstellung  vor,  welche  sich 
theils  aas  einer  ungenügenden  Bekanntschaft  des  isländischen 
Verfassers  mit  dem  norwegischen  Bechtsgange  erklären  mag, 
welcher  gerade  in  Bezug  auf  das  Verfahren  mit  krafa  yod 
dem  isländischen   sehr  erheblich   abwich,   theils  aber  anch 
auf  das  sehr  natürliche  Bestreben  des  Sagenschreibers  zurück- 
zuführen sein  könnte,  seine  Erzählung  rasch  voranzuf&hren 
und  sich  darum  bei  weniger  bedeutsamen  Zwischenhandlungen 
möglichst  wenig  aufzuhalten.     Ich  bemerke   bei  dieser  Ge- 
legenheit noch  nachträglich,  dass  genau  dieselbe  Uncorrect- 
heit  auch  schon  gelegentlich  der  ersten,   gegen  Bergönund 
gerichteten  Klage  EgiUs  sich  bemerkbar  macht.    Auch  dort 
wird  die  vorläufige  Anforderung,   mit  welcher  Egill   seinen 
Gegner  in  dessen  eigenem  Hause  angeht,  durch  das  Zeitwort 
«krefja'*  bezeichnet,  ohne  dass  doch  von  einer  vorgängigen 
heimstefna,   einer  Vorführung  von   Zeugen   oder  von   einer 
mehrmaligen  Wiederholung  der  Anforderung  die  Rede  wäre; 
auch  dort  geht  femer,  nachdem  der  Beklagte  die  Herau^abe 
des   Nachlasses  schnöde  verweigert  hat,   die  Ladung  sofort 
an  das  6ula|»fng,  ohne  dass  von  einem  vorläufigen  Angehen 
eines    herads^Inges   oder   fylki8|>£nges    gesprochen    würde.  ^) 
Natürlich   ist  die  gleiche  Incorrectheit   hier   und   dort   auf 
gleiche  Weise  zu  erklären.  Auch  der  Umstand  fallt  an  unserer 
Stelle  auf,    dass  Atli   sich    auf  eine   Entscheidung   beraft, 
welche  E.  Eirfkr  zu  Gunsten  seines  Bruders  gefällt  habe, 
während  doch  von  einer  solchen  vorher  nirgends  die  Rede 
gewesen,  und  die  Möglichkeit  einer  solchen  durch  den  ganzen 
Verlauf  der  Sache  sogar  geradezu  ausgeschlossen  war.     Zu 
einem   Urtheile   war   es   bei  jener   ersten  Verhandlung   am 
GulaJ[>fnge  gar  nicht  gekommen,   weil  das  Gericht  gesprengt 
worden  war,  ehe  es  noch  ein  solches  zu  sprechen  vermochte; 
der  König  aber  hatte  sich   zwar  während  der   ganzen  Ver- 
handlung sehr   zu   Gunsten   Bergönunds   eingenommen   und 

1)  cap.  66,  S.  186. 


Zwei  RechUfälle  in  der  Eigla.  1 19 

sehr  feindselig  gegen  Egill  gezeigt,  aber  ein  Urtheil  hatte 
er  in  der  Sache  nicht  gefallt  und  konnte  ein  solches  auch 
nicht  fallen,  weil  ihm  hiezu  alle  und  jede  Competenz  fehlte. 
Der  von  Atli  erhobene  Einwand  entbehrt  demnach  jeder 
rechtlichen  und  thatäächlichen  Begründung  und  wird  der- 
selbe dann  auch  wirklich  bei  der  nachfolgenden  Verhandlung 
am  Gula^inge  nicht  mehr  vorgebracht.  Ungleich  bedenk- 
licher noch  als  alles  bisher  Erwähnte  ist  nun  aber  ein  ganz 
anderer  Punkt.  Den  froheren  Verhandlungen  an  derselben 
Dingstatte  gegenüber  war  die  processuale  Lage  nur  insofern 
verändert,  als  nunmehr  Atli  anstatt  Bergönunds  in  die  Rolle 
des  Beklagten  eingerückt  war,  und  man  sollte  demnach  ver- 
muthen,  dass  auch  das  Verhalten  der  Streittheüe  bei  der 
zweiten  Verhandlung  ein  ähnliches  sein  werde  wie  bei  jener 
ersten ;  statt  dessen  sehen  wir  aber  jetzt  nicht  etwa  den  Egill 
wie  früher  sich  auf  den  von  Björn  mit  |M$rir  abgeschlossenen 
Vergleich  berufen,  durch  welchen  seine  Frau  erbberechtigt 
wurde,  und  hierüber  einen  Zeugenbeweis  anbieten,  wie  er 
diess  früher  gethan  hatte,  sondern  es  erbietet  sich  jetzt  um- 
gekehrt AtU  zu  einem  Zwölfereide  darüber,  dass  er  keinerlei 
Gut  in  seinem  Besitz  habe,  auf  welches  Egill  einen  Anspruch 
zu  erheben  berechtigt  wäre,  und  Egill  selbst  weiss  diesem 
Anerbieten  nichts  Anderes  entgegenzusetzen,  als  eine  Heraus- 
forderung zum  Zweikampf,  durch  welche  er  den  gerichtlichen 
Austrag  der  Sache  einfach  abschneidet,  ganz  wie  diess  früher 
Bergönundr  durch  das  Sprengen  des  Gerichtes  gethan  hatte. 
Da  es  zweifellos  für  den  Kläger  weit  aussichtsvoller  war, 
sich  auf  einen  von  ihm  selbst  geführten  Zeugenbeweis  zu 
stützen,  als  dem  Gegner  die  Reinigung  durch  einen  seiner- 
seits, wenn  auch  mit  Eidhelfern  zu  schwörenden  Eid  zu 
überlassen,  liegt  es  nahe  zu  fragen,  ob  nicht  etwa  das  Er- 
bringen eines  Zeugenbeweises  dem  Egill  aus  irgend  einem 
Grande  in  der  Zwischenzeit  zwischen  der  ersten  und  zweiten 
Verhandlung  unmöglich   geworden  sei,   und   es   fehlt   auch 


120  K.  Maurer 

nicht  an  Momenten,  welche  eine  derartige  Sachlage  als  mög- 
lich erscheinen  lassen  könnten.  Zunächst  ist  ja  denkbar,  dass 
die  beim  Vertragsabschlüsse  beigezogenen  Zengen  nicht  mehr 
zn  beschaffen  waren.  Schon  zwischen  dem  Abschlüsse  des 
Vergleiches,  mag  man  diesen  nun  mit  Finn  Jönsson  bereits 
dem  Jahre  903,  oder  mit  Gndbrand  Vigfdsson  erst  dem 
Jahre  910  zuweisen,  und  der  ersten  Verhandlung  am  Gula* 
pfnge,  welche  von  Beiden,  und  auch  yon  P.  A.  Munch,  in 
das  Jahr  934  gesetzt  wird,  war  ein  nicht  unbeträchtlicher 
Zeitabstand  gelegen  und  bis  zu  der  zweiten  Verhandlung, 
welche  nach  Finn  Jönsson  im  Jahre  938  stattfiind,  waren 
wiederum  mehrere  Jahre  verflossen;  offenbar  eine  genügend 
lange  Zeit,  um  das  Absterben  gar  mancher  Zeugen  während 
derselben  nicht  auffallig  erscheinen  zu  lassen.  Allerdings 
hatten  im  Jahre  934  deren  noch  12  am  Gula|»fnge  Yorgeftthrt 
werden  können ;  aber  inzwischen  war  Arinbjörn  mit  E.  Eirfk 
ausser  Landes  gegangen,  als  dieser  vor  seinem  Bruder  Häkon 
hatte  flüchten  müssen,  ^)  und  gar  mancher  der  Vertragszeugen 
mochte  Beide  nach  England  begleitet  haben  und  darum  bei 
jener  zweiten  Verhandlung  nicht  mehr  zu  Gebote  gestanden 
haben,  üeberdiess  kennt  das  norwegische  Recht,  wie  oben 
schon  gelegentlich  zu  bemerken  war,  ^)  auch  noch  eine  Ver- 
jährung des  Zeugenbeweises.')  Allerdings  vollzog  sich  diese 
nach  unseren  Gula{>fngslög  binnen  20  Jahren  und  diese 
waren  bereits  abgelaufen,  ehe  noch  die  erste  Verhandlung 
am  Gu]a|»fnge  stattgefunden  hatte;  aber  wenn  wir  bedenken, 
dass  einerseits  in  unseren  Frostu|»fngslög  diese  Frist  von 
20  Jahren  nur  für  wenige  Ausnahmsfalle  festgehalten,  der 
Regel  nach  aber  auf  10  Jahre  verkürzt  ist,  und  dass  diese 
Frist  andererseits  nach  den  Borgar|)ingslög  volle  30  Jahre 
beträgt,  so  liesse  sich  allenfalls  die  Vermnthung  wagen,  dass 

^)  cap.  59,  S.  218.  ^)  oben  S.  82  u.  88,  Anm.  2  u.  1. 

')  Tgl.  £.  Hertzberg,  Grandtriekkene,   S.  11 — 12,  wo  man 
auch  die  massgebenden  Qnellenstellen  angeführt  findet. 


Ztoei  Becktsfälle  in  der  Eigla,  121 

ursprüDglich  diese  letztere  Frist  in  Norwegen  allerwärts 
gegolten  und  erst  hinterher  auf  20  und  beziehungsweise 
10  Jahre  herabgesetzt  worden  sein  möge.  Unter  dieser  Vor- 
aussetzung konnte  dann  allerdings  die  Verjährungsfrist  für 
das  Zeugniss  im  Zeitpunkte  der  zweiten  Verhandlung  mög- 
licherweise bereits  abgelaufen  sein,  während  diess  zur  Zeit 
der  ersten  Verhandlung  noch  nicht  der  Fall  gewesen  war, 
und  da  nach  eingetretener  Verjährung  zwar  der  im  Besitze 
des  bestrittenen  Rechtes  Befindliche  befugt  war,  sich  dieses 
dadurch  zu  sichern,  dass  er  durch  einen  allein  oder  mit  Eid* 
helfem  geschworenen  Eid  darthat,  dass  er  sich  die  betreffende 
Zeitfrist  hindurch  in  diesem  Besitze  befunden  habe  und  da- 
durch der  Verpflichtung  zur  Führung  eines  Zeugenbeweises 
enthoben  sei,  dagegen  aber  der  nicht  im  Besitze  befindliche 
Kläger  nur  seinen  Gegner  zum  Reinigungseide  drängen 
konnte,^)  so  würde  solchenfalls  gerade  das  Verfahren  ein* 
zutreten  gehabt  haben,  welches  wir  in  unserem  Falle  wirk- 
lich eingeschlagen  fanden.  Aber  wenn  dieses  Verfahren  unter 
den  gemachten  Voraussetzungen  zwar  allerdings  als  ein  voll- 
kommen rechtmässiges  erscheinen  und  dann  auch  ganz  be- 
greiflich werden  würde,  dass  Egill  die  Entscheidung  seines 
Processes  nicht  yon  dem  Eide  eines  gewissenlosen  Gegners 
und  seiner  Eidhelfer  abhängig  machen  wollte,  vielmehr  die 
Entscheidung  lieber  einem  Zweikampfe  anheimstellte,  welcher 
ihm  im  Hinblick  auf  seine  ungewöhnliche  WafPentüchtigkeit 
einen  viel  besseren  Erfolg  versprach,  so  scheitern  doch  alle 
derartigen  Erklärungsversuche  an  der  Thatsache,  dass  Egill 
sich  nicht  nur  dem  Könige  gegenüber  ausdrücklich  zu  einem 
Zengenbeweise  erboten,  sondern  dass  er  auch  seine  Klage 
zunächst  mittelst  einer  «krafa*'  eingeleitet  hatte,  welche  doch 
auch  wieder  ohne  Vorführung  von   Zeugen   nicht  denkbar 

1)  6  p  L.  §  89:  Nu  stendr  skulld  20  vetr  seda  20  vetram  IcDgr. 
I)a  fjrnizt  sa  skulld  firi  vattom.  En  hann  ma  koma  banom  til  eida 
at  hvaro.  pvi  at  i  sallte  liggn^  soc  ef  scekiendr  daga. 


122  K.  Maurer 

ist.  Aach  hier  stossen  wir  somit  wieder  auf  eine  sehr  fühl- 
bare Verwirrung  in  der  Darstellung,  welche  neben  der  oben 
schon  gerügten  Unbekanntschaft  des  Sagenschreibers  mit  den 
Grundgedanken  des  norwegischen  Gerichtsyerfahrens  auch 
eine  gewisse  Unbedachtsamkeit  desselben  erkennen  lässt,  ver-^ 
möge  deren  er  im  Verlaufe  seiner  Erzählung  vergass,  was 
er  doch  an  einer  früheren  Stelle  desselben  gesagt  oder  Yor^ 
ausgesetzt  hatte.  Endlich  bleibt  aber  auch  noch  eine  Un- 
klarheit bezüglich  eines  Punktes  bestehen,  der  nicht  dem 
Verfahren,  sondern  dem  materiellen  Bechte  angehört.  Den 
Nachlass  des  Björn  höUdr  hatte  Bergönundr  seinerzeit  nicht 
kraft  eigenen  Rechts  in  Besitz  genommen,  sondern  als  Ver- 
treter der  Gunnhild,  seiner  Frau  und  der  angeblich  einzigen 
ehelichen  Tochter  des  Erblassers.  Noch  am  Gulapinge  des 
Jahres  934  war  er  lediglich  als  deren  gesetzlicher  Vertreter 
aufgetreten  und  hatte  auch  demgemäss  beantragt,  dass  ihr, 
nicht  ihm,  der  gesammte  Nachlass  ihres  Vaters  zuerkannt 
werde.  Von  da  ab  wird  uns  Gunnhildr  in  der  Sage  nicht 
mehr  genannt.  Mag  sein,  dass  sie  mit  so  manchen  anderen 
Hausgenossen  umkam,  als  Egill  nach  der  Tödtung  ihres 
Mannes  dessen  Hof  zu  Askr  plünderte;  ^)  mag  sein,  dass  sie 
umgekehrt  zu  den  Wenigen  gehörte,  die  damals  lebend  da- 
vonkamen, —  wir  erfahren  darüber  Nichts.  Wie  kam  nun 
Atli  hinn  skammi,  Bergönunds  Bruder,  dazu,  sich  in  den 
Besitz  dieser  Güter  zu  setzen?  Den  Bergönund  konnte  er 
als  dessen  einziger  überlebender  Bruder  beerbt  haben,  falls 
nämlich,  was  wir  nicht  wissen,  dessen  Ehe  eine  unbeerbte 
war;  aber  auf  das  Vermögen  der  Gunnhild,  die  doch  jeden- 
falls ihren  Mann  überlebt  haben  muss,  konnte  ihm  daraus 
kein  Recht  erwachsen.  War  umgekehrt  jene  Ehe  eine  be- 
erbte, so  war  Atli  wohl  zur  Vormundschaft  des  Kindes  be- 
rufen und  mochte  neben  dem  Nachlass  Bergönunds  auch  den 
der  Gunnhild  in  seine  Verwaltung   bekommen,   wenn   diese 

^)  Eigla,  cap.  57,  S.  206. 


Zwei  Rechtsfälle  in  der  Eigla,  123 

unmittelbar  nach  ihrem  Manne  den  Tod  gefunden  hatte; 
aber  dann  musste  denn  doch  gesagt  werden,  dass  er  nur  als 
Vormand  den  Nachlass  in  Besitz  nnd  zu  vertreten  hatte. 
Der  Verfasser  der  Eigia  selbst  scheint  sich  darüber  nicht 
klar  gewesen  zu  sein,  wie  man  sich  den  Bechtstitel  Atli's 
vorzustellen  habe,  da  er  sich,  so  oft  er  auf  dessen  Besitz- 
verhältnisse zu  sprechen  kommt,  immer  nur  ganz  unbestimmter 
Ausdrücke  bedient.  An  der  einen  Stelle  sagt  Egill,  ^)  von 
dem  Gute  sprechend,  dessen  ihn  K.  Eirfkr  und  Bergönundr 
beraubt  hatten:  ^sitr  nu  ifer  |>u£  fe  Atli  enn  skammi,  bröder 
Bergönundar* ;  an  einer  zweiten  spricht  er  zu  Atli  selbst:  ^) 
,8ua  er  m^r  sagt,  Atli,  at  |»u  muner  hafa  at  vardneita  fe 
^at,  er  ek  a  at  rettu  ok  Asgerdr  kona  mfn^ ;  Atli  aber  bietet 
am  6ula|»fnge  einen  Zwölfereid  darüber  an,  ,at  hann  hefdi 
ecki  fe  |»at  at  vardueita,  er  Egill  aetti^,')  während  er  freilich 
kurz  darauf  das  umstrittene  Gut  als  .eigner  minir"  bezeichnet. 

Aus  den  bisherigen  Ausführungen  dürfte  deutlich  hervor- 
gehen, dass  bezüglich  dieses  zweiten  Rechtsfalles  die  Sache 
etwas  anders  liegt,  als  bezüglich  jenes  anderen,  zuvor  be- 
sprochenen. Bei  diesem  hatte  sich  die  Darstellung  in  unserer 
Sage  als  eine  in  rechtsgeschichtlicher  Hinsicht  vollkommen 
correcte  erwiesen;  bei  jenem  dagegen  haben  sich  in  ihr  nicht 
wenige  Unklarheiten  und  Unebenheiten  ergeben,  welche  den 
rechtsgeschichtlichen  Werth  der  Quelle  sehr  erheblich  be- 
schränken. Sieht  man  indessen  genauer  zu,  so  stellt  sich 
sofort  heraus,  dass  auch  bei  dem  zweiten  Rechtsfalle  die 
berichteten  Vorgänge  ihrem  wesentlichen  Verlaufe  nach 
keinen  Anlass  zu  einer  Beanstandung  bieten,  dass  vielmehr 
alle  sich  erhebenden  Bedenken  lediglich  gegen  deren  Aus- 
malung im  Einzelnen  sich  richten.  Zum  Theil  handelt  es  sich 
dabei  nur  um  Behauptungen  des  Beklagten,  wie  etwa  bei 
den  Einwendungen,  welche  am  ersten  Gula|)fnge  aus  der  an- 


1)  Eiff la,  cap.62,  8. 228.        ^  cap. 65,  S.  241.        >)  cap.65,  S.  242. 


124  K.  Maurer,  Zwei  Reehtsfäile  in  der  Eigla, 

geblichen  Aechtung  Egils,  und  am  zweiten  aus  dem  angeb- 
lich von  K.  Eirfk  zu  Gunsten  Bergönunds  erlassenen  Urtheile 
hergenommen  werden  wollen,  oder  bei  den  AusfÜhrangen 
des  Beklagten  im  ersten  Rechtsstreite  über  die  Eigenschaft 
der  Asgerd  als  einer  {>^borin  döttir  und  konüngs  ambatt, 
möge  diese  nun  auf  ihre  Geburt  Ton  geachteten  Aeltem  oder 
auf  die  gewaltsame  Entführung  ihrer  Mutter  begründet 
werden  wollen,  und  insoweit  mag  der  Sagenschreiber,  wie 
bereits  bemerkt  wurde,  recht  wohl  absichtlich  von  ihm  selbst 
als  frivol  und  haltlos  erkannte  Erörterungen  in  seine  Erzäh- 
lung eingestellt  haben,  um  das  widerrechtliche  und  chicanöse 
Verfahren  Bergönunds  und  Atlis  recht  nachdröcklich  hervor- 
treten zu  lassen.  Andere  Male  dagegen  ist  diese  Erklärungs- 
weise  allerdings  ausgeschlossen,  wie  etwa  bei  der  zweimaligen, 
allerdings  mehr  angedeuteten  Schilderung  des  Verfiährens  mit 
krafa,  bei  der  ohne  jede  Motivirung  dem  Atli  zugetheilten 
Processrolle  im  zweiten  Rechtsstreite,  und  bei  der  ebenso 
unmotivirten  Unterlassung  einer  Beweisführung  durch  Saugen 
in  eben  diesem  Processe.  Aber  in  Fällen  dieser  letzteren  Art 
mag  theils  die  bloss  oberflächliche  Bekanntschaft  des  Sagen- 
schreibers mit  dem  norwegischen  Rechte  zur  Erklärung  seiner 
Uncorrectheiten  dienen,  theils  sein  Bestreben  seine  Erzählung 
durch  Weglassung  aller  minder  bedeutsamen  Einzelheiten  ab- 
zurunden und  allenfalls  auch  durch  Erfindung  individueller 
Züge  die  durch  die  Wiederholung  der  Gerichtsverhandlungen 
am  Gulapfnge  bedingte  Einförmigkeit  minder  fdhlbar  zu 
machen;  mag  sein  auch,  dass  wir  in  solchen  Ausführungen 
theil weise  Znthaten  eines  Ueberarbeiters  der  ursprünglich 
einfacher  gestalteten  Sage  zu  erkennen  haben,  und  dass  zu- 
mal die  ganze  Episode  von  Atli  hinn  skammi  einem  solchen 
zuzutheilen  ist,  während  die  ursprüngliche  Sage  nur  von 
einer  einzigen  Verhandlung  am  Gula|>inge  gewusst  hatte. 
Hierüber  enthalte  ich  mich  aber,  wie  billig,  jeder  Vermuthung. 


125 


Ueber  Prokophandschriften. 

Von  J«  Hanry. 

(Voigelegt  am  9.  Februar.) 

Als  David  Höschel  zum  ersten  Mal  die  Historien  und 
die  , Bau  werke*  des  Prokop  herausgeben  wollte,  bekam  er, 
wie  er  uns  selbst  in  der  Vorrede  sagt,  eine  Handschrift  aus 
der  herzogliehen  Bibliothek  in  München,  ausserdem  erhielt 
er  zwei  Abschriften  des  cod.  Paris.  1699  und  eine  von  Carolus 
Labbaeus  in  Paris  besorgte  Abschrift  der  Bauwerke,  dann 
korrigierte  er  die  Münchener  Handschrift  ^)  nach  den  Pariser 
Abschriften  aus  und  schickte  sie  so  in  die  Druckerei.  Die 
späteren  Herausgeber  haben  nicht  viel  mehr  gethan,  als  dass 
sie  die  Ausgabe  Höschels  wieder  abdrucken  Hessen.  Wir 
besitzen  deshalb  keine  Ausgabe,  welche  den  Anforderungen 
unserer  Zeit  entspräche.     Dies  ist  jedoch  nicht  der  einzige 

^}  Jene  Handschrift,  die  Höschel  aus  München  erhalten  hat,  ist 
zweifellos  identisch  mit  derjenigen,  welche  jetzt  als  cod.  513  (früher 
Aagastanns)  in  der  Münchener  Staatsbibliothek  aufbewahrt  wird.  In 
diese  sind  nämlich  Varianten  von  der  Hand  Höschels  eingetragen. 
Sie  war  weiter  nichts  als  eine  Abschrift  der  Münchener  Handschriften 
No.  87  und  No.  46.  Auch  das,  was  Carolus  Labbaens  für  Höschel  ab- 
geschrieben hat,  ist  jetzt  in  den  cod.  Monac.  613  hineingebunden. 
Uebrigens  scheint  es  sehr  lange  gedauert  zu  haben,  bis  die  erste 
Ausgabe  im  Druck  erschienen  ist.  Friedrich  Sylburg  schrieb  nämlich 
am  18.  April  1588  (vgl.  Nolhac  Pierre  de,  La  bibliotkbque  de  Fulvio 
Orsini,  Paris  1887,  p.  442)  an  Fulvio  Orsini:  Ubi  cum  petitionem 
meam  frustrari  sentirem,  in  Oallia,  quod  viz  sperabam,  spes  impe- 
trandi  affalsit;  ex  eadem  regione  mittetur  ad  nos  etiam  Procopius  .... 
Sed  Agathias  et  Procopius  paulo  serius  prodibunt.  Damach  scheint 
schon  im  Jahre  1588  eine  Prokopausgabe  in  Vorbereitung  gewesen 
za  sein,  sie  erschien  aber  erst  im  Jahre  1607. 


126  /.  Haury 

Grund,  warum  eine  neue  Ausgabe  zu  den  dringendsten  Be- 
dürfnissen der  byzantinischen  Literatur  zahlt.  Der  zweite 
Grund  ist  der,  dass  die  letzte  von  Dindorf  besorgte  Ausgabe 
so  gesucht  ist,  dass  man  sie  nur  noch  antiquarisch  und  zu 
ausserordentlich  hohem  Preise  sich  verschaffen  kann.  Es  ist 
deshalb  mit  Freuden  zu  begrüssen,  dass  Teubner  sich  bereit 
erklärt  hat,  in  seine  xBibliotheca'  auch  Prokop  aufzunehmen. 
Da  ich  schon  früher  mit  diesem  Historiker  mich  beschäftigt 
hatte,  so  wurde  mir  die  Besorgung  der  neuen  Ausgabe  über- 
tragen. Ich  habe  mich  in  Folge  dessen  sofort  daran  gemacht, 
die  Handschriften  des  Prokop  zu  vergleichen  und  zu  diesem 
Behufs  die  Bibliotheken  Italiens  und  Frankreichs  zu  durch- 
suchen. Die  Arbeit  war  keine  geringe,  da  man  viele  Hand- 
schriften überhaupt  noch  Jiicht  benützt  und  auch  von  den 
benützten  noch  nicht  festgestellt  hatte,  in  welchem  Verhält- 
nis sie  zu  einander  stehen.  Nachdem  ich  nun  mit  der  Ver- 
gleichung  der  Handschriften  so  ziemlich  zu  Ende  gekommen 
bin,  will  ich  im  folgenden,  soweit  es  mir  zweckmässig  er- 
scheint, über  die  üeberlieferung  des  Prokop  berichten. 

Es  gibt  keine  einzige  Handschrift,  in  der  sämtliche 
Werke  Prokops  sich  vereinigt  fanden.  Zwei  Handschriften 
enthalten  wenigstens  die  8  Bücher  der  Historien,  die  anderen 
nur  einen  Teil  derselben.  Die  Geheimgeschichte  und  die 
Bauwerke  haben  ihre  eigene  Üeberlieferung.  Ich  will  des- 
halb zunächst  nur  die  Historien  besprechen. 

I.  üeberlieferung  der  Historien. 

Sämtliche  Handschriften  der  Historien  gehen  auf  eine 
einzige,  nicht  mehr  vorhandene  zurück,  die  selbst  schon 
manche  Fehler  enthielt  und  die  wir  mit  x  bezeichnen  wollen. 
Von  diesem  Codex  x  stammen  dann  zwei  Handschriften  ab, 
y  und  igr,  die  ebenfalls  nicht  mehr  vorhanden  sind.  Zwischen 
y  und  X  und  e  und  x  lagen  aber  noch  andere  verlorene 
Handschriften.     Von   y  stammen   in   erster   Linie   der   cod. 


Ueber  Pirohophandachriften, 


127 


Paris.  1702  und  der  cod.  Laurent.  69,8,  die  wohl  ursprüng- 
lich zusammengehörten,  dann  der  cod.  Ambros.  A  182  sup., 
der  cod.  Ottobon.  82,  die  ebenfalls  einmal  ein  Oanzes  bildeten, 
und  der  cod.  Paris.  1703  tnr  Hälfte.  Vom  cod.  Paris.  1702 
und  cod.  Paris.  1703  ist  dann  der  cod.  Paris.  1699,  von  dem 
cod.  Paris.  1702,  der  cod.  Monac.  48  und  der  cod.  Mazarin.  4462, 
von  dem  cod.  Laurent.  69,8  der  cod.  Monac.  87  abgeschrieben. 
Von  a  stammt  der  cod.  Vat  1690,  vom  cod.  Vat.  1690  der 
cod.  Vat.  152  zur  Hafte,  von  v^elchem  wiederum  der  cod. 
Vat.  1301  abgeschrieben  ist;  aus  dem  cod.  Vat.  1301  ist  dann  die 
zweite  Hälfte  des  cod.  Paris.  1703  ergänzt.  Ferner  stammt 
von  0  die  erste  Hälfte  des  cod.  Vat.  152,  der  cod.  Marcianu8  498 
in  Venedig  und  ein  verlorener  Codex  r,  auf  welchen  der 
cod.  Vat.  1001  und  der  cod.  Ambros.  6  14  sup.  zurückgehen. 
Das  Verhältnis  der  Handschriften  zu  einander  wird  durch 
folgende  Stammtafel  veranschaulicht: 


MCEi    N 


Bx 


F 

I 


X,  y,  z  und  r  sind  HandschrifteD, 
die  jetzt  verloren  sind. 

P  =  cod.  Paris.  1702. 

L  =  cod.  Laarent.  69,8. 

M  =  cod.  Monac.  48. 

C  =  cod.  Mazarin.  4462. 

£:i=:cod.  Paris.  1699  (2.  H&lfte: 
Perser^  und  Yandiilenkrieg). 

^=  cod.  Monac.  87. 

A  =  cod.  AmbroB.  A  182  sup. 

O  =:  cod.  Ottobon.  82. 

Bi=cod.  Paris.  1703  (l.Hftlfte). 


K 
Vi 

F'. 


cod.  Paris.  1703  (2.  Hälfte), 
cod.  Marcian.  498. 
cod.  Vat.  1690. 
:  cod.  Vat.  152  (Perser-  und 
Vandalenkrieg). 
:  cod.  Vat.  152  (Gotenkrieg), 
cod.  Vat.  1301. 
cod.  Paris.  1699   (I.Hälfte: 
Gotenkrieg), 
cod.  Vat.  1001. 
■  cod.  Ambros.  G  14  sup. 


128  J.  Haury 

Ich  habe  die  Handschriftenklasse  y  Yorangestellt,  weil 
sie  die  wichtigere  ist  .und  weil  ich  glaube,  dass  der  Codex  y 
früher  als  der  Codex  a  von  dem  Codex  x  abgeschrieben 
wurde.  Letzteres  scheint  wenigstens  ans  der  Stelle  II  407,14 
hervorzugeben:  lamijv  ^AgxaßdvYig  xiyv  (vfitpogäv  ovx  ijveyxe 
7iQ(fü)g,  äXX"  ^ygiaivero  re  xal  äya^d  elgyaofierq)  'Pco/Mxtoig 
ekeye  x6oa  yvvahca  jbikv  t^v  ol  atncp  xaTtjyyvfULiivtfv  ixAvra 
ixovaav  dyayia^ai  ovdeig  Ic^ri,  xfj  de  ndvrcov  avT(ß  dva/neve- 
ardtf]  ovaji  nXrioidCeiv  dvayxd^t^rai  xbv  fbiavxa  xqdvov.  Dass 
der  Text  hier  nicht  richtig  ist,  bat  schon  Scaliger  gesehen; 
er  hat  aber  zuviel  geändert,  indem  er  vorschlug:  iiyqvaSveio 
x€  xal  deivd  inoieixo,  el  avxöv  xoug  'Pmfjuxtovg  noXkd  drj 
dya^d  eiQyaa/nivov  yvväixa  xxL  Viel  einfacber  ist  ee,  wenn 
man  annimmt,  dass  binter  x6oa  ausgefallen  ist:  fjstajueletv 
ijÖT]  el,  dass  also  das  Qanze  lautet:  fjygialvexd  xe  xal  dya&d 
eigyaojuivcp  'Poyjuaiovg  eXeye  xöoa  fjLexafxekeXv  ijdrj,  ei  yv- 
vaixa  fiev  xt]v  ol  avxcß  xaxrjyyvrjfjiivfjv  ixövxa  ixovoav  dya- 
yeo'&ai  ovdeig  iqit].  Die  Handscbriften,  die  von  y  abstammen, 
bieten  genau  den  nämlicben  Text,  wie  die  Ausgabe  von 
Dindorf,  in  der  Handscbriftenklasse  s  fehlt  jedoch  noch  mehr, 
wir  finden  dort  statt:  dya&d  elgyao/iivcü  'Pco/ialovg  ikeye 
x6oa  juera/jiekeTv  ijötj,  el  yvvaixa  xxL  nur  die  Worte:  dya&d 
elgyaofievov,  yvvaixa  xxk.  Daraus  folgt  der  Scbluss:  In  dem 
Codex  X  war  diese  Stelle  verwischt.  Als  die  Handschrift  y 
davon  abgeschrieben  wurde,  konnte  ßiexafAekeiv  ijdrj  el  nicht 
mehr  gelesen  werden.  Der  Zustand,  der  im  Codex  x  das 
Verwischen  dieser  Worte  bewirkt  hatte,  dauerte  dann  noch 
fort  und,  als  der  Codex  s  abgeschrieben  wurde,  waren  auch 
die  Worte,  die  unmittelbar  vor  /biexa/xekeiv  fjdr]  el  standen, 
nämlich:  'Pwjualoi^g  ekeye  xöoa  unleserlich  geworden. 

Nach  dieser  Auseinandersetzung  will  ich  nun  mit  der 
Besprechung  der  einzelnen  Handschriften  beginnen. 


tieher  Prolaphandechriften*  129 

A.    Die  Handschriftenklasse  y. 

1.  Der  cod.  Paris.  1702.  0,20x0,13,  aus  dem  14.  Jahr- 
hundert. Er  enthält  den  Perser-  und  den  Vandalenkrieg, 
ist  sehr  schon  auf  Pergament  geschrieben;  er  besteht  aus 
190  Folien,  ursprfinglich  waren  xd'  Quatemionen  und  ein 
einzelnes  Blatt  vorhanden.  Der  Codex  war  durchweg  von 
derselben  Hand  geschrieben.  Auf  den  ersten  Seiten  hatte 
der  Schreiber  manchmal  Lücken  gelassen  und  später  das 
Fehlende  aus  einer  andern  Handschrift  nachgetragen.  So 
hatte  er  auch  auf  Fol.  16^  die  Worte  (I  44,4  in  der  Dind. 
Ausg.):  xdff  T6  XQlxag  xtXkcov,  ^Exvyxavov  jukv,  (b  dionaia,^ 
thuv  ^äjiand  aot  ix  zov  x^Q^^  täya^ä  q^igcov,  htvx6vteg 
dk  oTQcnidjjcu  'PiofiaXoi  (xal  ydg  nov  ig  xä  raihr^  x^Q^ 
xa^  öXiyovg  jteQuövxeg  rovg  ausgelassen,  dafßr  aber  die 
zweite  Hälfte  der  4.  Zeile  und  die  3.  Zeile  von  unten  frei- 
gelassen. Auf  die  vorletzte  und  letzte  Zeile  hatte  er  ge- 
schrieben (I  44,7):  olxTQOvg  äygolxovg  ßidCovxai)  nkqydg  xi 
fioi  ov  (poQTixäg  jtQooexQhpavxo  xal  Jidvxa  &(pek6fievoi  61 
Ifjaxai  (pxovxo,  olg  dij  ix  naXau)v,  Als  er  nun  das  Fehlende 
nachtrug,  brachte  er  auf  den  freigelassenen  Raum  von 
l^/a  Zeilen  nur  die  Worte:  xdg  xe  xglxag  xlkXcov,  ^Exvyxavov 
tikvf  €£>  dionoxa'^,  elnev  ^änavxd  aoi  ix  xov  x^Q^'^  x&ya&d 
(pigcov,  iyxvx^vxeg  dk,  das  übrige  setzte  er,  ohne  ein  Zeichen 
zu  machen,  unter  die  schon  beschriebene  vorletzte  und  letzte 
Zeile  und  brauchte  dafür  zufallig  genau  2  Zeilen.  So  kommt 
es,  dass  auf  diese  Seite  2  Zeilen  mehr  geschrieben  sind  als 
auf  die  anderen;  wenn  man  den  richtigen  Text  haben  will, 
muss  man  die  beiden  letzten,  später  erst  hinzugefügten  Zeilen 
hinauf  an  den  richtigen  Platz  nehmen.  Da  die  Schreiber, 
welche  unseren  Codex  abschrieben,  diesen  Vorgang  nicht 
bemerkt  haben,  so  schrieben  sie  alles  der  Reihe  nach  ab, 
wie  es  gerade  folgte.  Auf  diese  Weise  entstand  die  Ver- 
wirrung,  wie  sie  bei    Dindorf  I  44   im   kritischen   Apparat 

1895.  Sitzangsb.  d.  phil.  n.  hist.  GL  9 


♦'><    ^*.'»    ,'  'i    txi^    *?:»*Ti    1  *ö*s    tt^  H^B«  X  sziiEzr   sr 

''-•''»-.     ;  :i    1;»»    ',f:r^    t»^  IT.  raj-niiniiiHrs     :£.  z    L-tr 

/^    '''      r   it  : .'    y/r'^tr'rji  •'•  .^^rv    v>   14-' .:ü   -^.^r  .    F:*-   ?♦ 

//^  ',w  ;>:  ,7  r-/:/:^//  r-,  ,  f  ;  I^:.  —  i  F:«.  I-O  il  -7l-!4 
'r/f  p*^y/^  Tfh/tyK.  \*  w77.2I   ^'y  ""  N  •;  v  F:  .  177  i:!-!  F  ■".  17*^ 

'/  .'  i/  r  .\  Av.r.  /*.  f.*»  T*'f.or«rr.,  ^yf-d^n:  w-:a^e  zwkchcn  Blas«  S6 
%r'l  >?  r,,'.'r,f.y':;^jrt  '^^f,  p,  14i»J.  Enra  in  der  Mhte  de? 
W/  .iAf,r'u,  U'/  ^  Art  A.^/tm  Platze.  Dann  fiel  es  beruB  xad 
#-'•  ,"'•/•  /,,''J,»  rr.^'hf  vffry»^ndf:r,^  iroraa?  za  schliessen  ist,  dmfs 
th  Ait'^'f  y/'y\,  t\tfr  (UAtiX  entweder  gar  nicht  oder  sehr 
«'JiNaK»,  i/yhau^cji  war.  Nach  dem  Jahre  1550  wurde  all^, 
•<rjw  ft',r\ort'U  v,f'^^u^(tn  war,  an»  dem  cod.  Marcian.  498 
w'i«*t\i*r  «;rpriin%t,  woran  f  dann  die  Handschrift  einen  festen 
Ptitt\mfti\  frh'u'M,  HMicH^Vich  bemerke  ich,  dass  sich  in  dem 
(!'H\i'%  VM'I«  lUndbernf^rkungen  finden,  die  aber  nichts  ent- 
littllMj  iiU  trihaliMun^ahmi.  Auf  daaselbe  Pergament,  wie  der 
i'*n\,  ISiriH,  1702,  in  dorMelhi-n  Zeit  und  durchweg  von  der- 
MtlliMi   \liitul  inl  ^««Hchriffben 


tteber  ProJcophtmdschriften,  131 

2.  Der  cod.  Laurent.  69,8.  Diese  Handschrift  enthält 
den  Gotenkrieg,  gehorte  also  ofifenbar  einmal  zu  dem  cod. 
Paris.  1702,  sie  ist  aber  viel  besser  erhalten;  kein  ein- 
ziges Blatt  ist  herausgerissen;  sie  hat  276  Folien,  84  Quater* 
nionen  ond  4  Folien.  Als  der  Schreiber  die  erste  Seite 
geschrieben  hatte,  gefiel  ihm  aus  irgend  einem  Grunde  das 
Geschriebene  nicht  mehr;  er  hefbete  vom  noch  2  Folien  ein 
und  klebte  von  diesen  das  zweite  auf  das  Blatt,  das  er 
Torher  beschrieben  hatte,  dann  fing  er  auf  dem  ersten  Blatt 
noch  einmal  yon  vom  an  zu  schreiben.  Die  zusammenge* 
klebten  Blatter  sind  aber  wieder  auseinandergerissen  worden; 
deshalb  ist  jetzt  auf  der  zweiten  Seite  des  zweiten  Blattes 
freier  Baum,  auf  dem  yon  späterer  Hand  bemerkt  ist:  o^dh 
iXXebiei. 

Ich  habe  oben  gesagt,  dass  der  Schreiber  des  cod.  Paris. 
1702  öfter  Lücken  liess  und  das  Fehlende  zum  grössten 
Theil  später  aus  einem  andern  Codex  nachtrug.  Wenn  wir 
nan  FoL  32^  und  Fol.  33  a  vom  cod.  Laur.  69,8  betrachten, 
so  sehen  wir,  dass  diese  beiden  Seiten  sehr  eng  geschrieben 
sind;  auch  finden  sich  hier  soviele  Abkürzungen,  wie  sonst 
nirgends  in  der  Handschrift.  Diese  beiden  Seiten  enthalten 
infolgedessen  genau  soviel,  wie  4  andere  Seiten  von  dem 
Codex.  Während  vor  und  nach  diesen  Seiten  die  Hand* 
Schrift  von  den  Handschriften  der  Klasse  £f  sehr  abweicht, 
stimmt  sie  hier  mit  diesen  vollständig  überein. 
Daraus  schliesse  ich  folgendes:  In  der  Vorlage,  die  der 
Schreiber  des  cod.  Laur.  69,8  benützte,  fehlten  2  Folien. 
Der  Schreiber  war  ursprünglich  der  Meinung,  es  sei  nur 
1  Blatt  herausgerissen  und  liess  deshalb  2  Seiten  frei.  Als 
er  das  Fehlende  aus  einenl  Codex  der  Handschriften- 
klasse z  ergänzte,  erkannte  er,  dass  in  seiner  ersten  Vor- 
lage 2  Folien  fehlten,  was  ihn  veranlasste,  sehr  eng  zu 
schreiben  und  möglichst  viel  abzukürzen,  damit  er  alles  auf 
die  2  freigelassenen  Seiten  bringe. 


Wir  haben  gesehen,  dass  der  Schreiber  des  cod.  Laur. 
69,8  auch  eine  zweite  Vorlage  benützte.  Trotzdem  findet 
sich  in  diesem  Codex  Fol.  267^  nnd  Fol.  268  noch  eine 
Lücke,  die  nie  ergänzt  worden  ist.  Es  fehlt  deshalb  auch 
heute  noch  in  ihm  arganäv  der  Dindorf.  Ausgabe  II  609,16 
bis  628,13  avxov.  Von  der  ersten  Vorlage  war  wahrschein- 
lich ein  Qaatemio  und  ein  Folio  verloren  gegangen.  Dass 
auch  ein  Quaternio  abgerissen  war,  hatte  der  Abschreiber 
offenbar  nicht  gemerkt.  Er  liess  deshalb  nur  etwa  2  Seiten 
frei.  Da  er  hier  nichts  ergänzte,  so  nehme  ich  an,  dass 
seine  zur  Klasse  »  gehörige  zweite  Vorlage  nicht  weiter 
ging  als  bis  Seite  600  der  Dind.  Ausgabe,  d.  h.  genau  so 
weit,  wie  jener  Codex,  der  von  den  jetzt  vorhandenen  Hand- 
schriften der  Klasse  e  am  ältesten  ist. 

K.  K.  Müller,  der  aus  dem  cod.  Vat.  graec.  1412  im 
Centralblatt  für  Bibliothekswesen,  Bd.  I  p.  333  ff.  ein  Ver- 
zeichnis der  Handschriften  veröffentlicht  hat,  die  von  Janus 
Laskaris  gekauft  wurden,  glaubte,  der  cod.  Laur.  69,8  sei 
identisch  mit  demjenigen,  der  in  dem  Verzeichnis  (p.  389 
im  Centralblatt)  aufgeführt  wird.  Meiner  Ansicht  nach  war 
aber  dieser  cod.  Laureut,  schon  im  Jahre  1441  in  Florenz, 
also  früher,  als  Janus  Laskaris  das  Licht  der  Welt  erblickte. 
In  jenem  Jahre  hat  nämlich  Leonardo  Aretino  (Bruni)  seinen 
Goten  krieg  geschrieben,  der  aber  nichts  weiter  enthält,  als 
was  von  Prokop  erzählt  ist.  Da  Bruni  seine  Quelle  nie 
nennt,  so  hat  ihm  seine  Schrift  den  Vorwurf  des  Plagiats 
zugezogen.  Voigt*)  sucht  ihn  zu  verteidigen,  indem  er  unter 
anderem  sagt,  wenn  Bruni  Prokop  nicht  nenne,  so  sei  doch 
die  Möglichkeit  zu  beachten,  dass  auch  seine  griechische 
Handschrift  den  Namen  des  Autors  nicht  gegeben  habe. 
Diese  ,, Möglichkeit*'    ist  aber  vollständig  ausgeschlossen,  da 


*)  Voigt  Georg,   Die  Wiederbelebung  des  classischen  Altertums, 
III.  Aufl.  besorgt  von  Lehnerdt.    Berlin  1898,  II  p.  172. 


Ueber  Prokophandsekriften. 


138 


Prukop  gerade  im  Gotenkrieg  mindestens  18  mal  im  Texte 
ausdrücklich  sagt,  dass  er  es  sei,  der  diesen  Krieg  dargestellt 
habe,  z.  B.  II  38,16  xal  tzqcötov  hog  heXema  T(p  noXifico 
r^de,  8v  ITgoxÖTiiog  ^vveyQaxpE,  II  154,14  xal  t6  öevxeqov 
etog  helevxa  xcp  TioXi/jUp  tcßde,  Sv  JlgoxÖTiiog  ^vv^ygay^ev. 
II  158,23  IIqoxöjiiov  dk,  S^  rdde  ^vveyQarpev ,  avrlxa 
ig  NednoXiv  ixiXevev  livai,  Vergleiche  auch  II  196,21, 
II  238,6,  II  241,23  u.  s.  w.  Derartige  beiläufige  Bemer- 
kungen, von  denen  ich  einige  hier  angeführt  habe,  muss 
Brnni,  der  Prokops  Qotenkrieg  doch  sehr  gründlich  benützte, 
mehr  als  ein  Dutzendmal  gelesen  haben  und  es  ist  dem- 
nach absolut  sicher,  dass  er  wusste,  wessen  Werk  er  aus- 
schrieb. 

An  dem  Gotenkrieg  Brunis  wurde  auch  getadelt,  dass 
er  die  Schlacht  gegen  Totilas  vollständig  übergehe.  Nun 
hat  aber,  wie  wir  schon  gesehen  haben,  der  cod.  Laur.  69,8 
gerade  gegen  das  Ende  des  Gotenkrieges  einen  Teil  (609,16 
bis  628,13)  ausgelassen.  In  diesem  Abschnitt  wird  bei 
Prokop  die  Schlacht  gegen  Totilas  beschrieben. 
Wollen  wir  nun  einmal  im  Folgenden  den  Text  Prokops 
vor  und  nach  jener  Lücke  und  die  betreffende  Stelle  bei 
Bruni  nebeneinanderstellen : 


Cod.  Laurent.  69,8.  Prok. 
II  609,14  T(j)  fihv  ovv  To)- 
/jiaicov  orgarcp  xd  ye  äficpl  xfj 
Tiogeiq  TO&ifi  Jirj  cl^re.  TcotlXag 
de  nenvofiiyoq  ijötj  rä  h  Beve- 
Tiaig  ^vvevex&svra  Tetav  fihv 
rä  Jigana  xal  r^v  fvv  avrcp 
*  *  *  *  (Lücke  bis  628,13) 
äjiQaxTog  iv&evde  navxl  xd) 
Gxgaxevßjiaxi  BaXsQiavdg  Ave- 
XCOQtjae.  rdx^oi  öh,  öooi  Ano- 


Bruni. 


Totilas  vero  cognitis  his, 
quae  in  Venetis  gesta  fuerunt, 
et  transitu  adventuque  Nar- 
setis  ad  urbem  Ravennam  in- 
tellecto :  quamquam  copiae 
suae  fere  omnes  apud  Teiam 
erant:  tamen  ipse  cum  Narsete 
manum  conserere  statuit:  sed 


134  J.  Haury 

(pvyovxeg  ix  rrjg  ^vfißokf\g  d<-  commissa  pngna  ab  faostibus 
ea(o^aav,  diaßdvteg  norafibv  inierfectus  est.  Gothi,  qaicun- 
nddov  n6hv  re  Tbetvov  xal  que  ex  proelio  aufagerant, 
rd  ixeivj]  x^Q^  loxov  xtL         Padum     amnem     transgressi 

Papiae  et  circa  ea  loca  con- 

stitere. 

Aus  der  Vergleichung  dieser  Stellen  erkennen  wir,  dass 
jene  Handschrift,  welche  Bruni  besass,  genau  dieselbe  Lücke 
hatte,  wie  der  cod.  Laur.  69,8,  dass  Bruni  absolut  nichts 
wusste,  wenn  ihn  seine  Handschrift  im  Stiche  Hess,  und  dass 
er  mit  einigem  Geflunker  über  die  Stelle  hinwegzukommen 
suchte.^)  Wir  müssen  nun  beachten,  dass  keine  andere  von 
den  jetzt  vorhandenen  Prokophandschriften,  soweit  sie  hier 
in  Betracht  kommen  können,  die  nämliche  Lücke  hat.  Dazu 
kommt,  dass  Bandini  ausdrücklich  sagt,*)  Lorenzo  von  Medici 
habe  allmählich  auch  die  Handschriften  des  Leonardo  Aretino 
(Bruni)  für  seine  Bibliothek  erworben.  Es  steht  somit  fest, 
dass  jene  Handschrift,  die  Bruni  allein  von  allen 
jetzt  noch  vorhandenen  Prokophandschriften  be- 
nutzt haben  kann,  gerade  in  derjenigen  Bibliothek 
sich  befindet,  in  welche  nach  dem  Berichte  eines 
glaubwürdigen  Gewährsmannes  auch  die  übrigen 
Handschriften  Brunis  gekommen  sind  und  ich  glaube, 
dass  wir  nicht  fehlgehen,  wenn  wir  annehmen,  dass  der 
cod.  Laur.  69,8  im  Jahre  1441  in  den  Händen  Brunis  war. 
Wenn  in  dem  von  Piccolomini')  veröffentlichten  «Inventario 


^)  Trotzdem  behauptet  Bruni  in  einem  Briefe  an  Giriaco  von 
Anoona,  er  habe  geschrieben:  ut  genitor  et  aactor.  Vgl.  Voigt  II 
178,  Anm.  1. 

^)  Bandini,  Eatal.  der  Bibl.  Laur.  p.  X:  Noc  minus  alios,  qnos 
Ambrosius  Gamaldulensis,  Leonardus  Arretinus,  Nicolans  Nicolus 
aliique  viri  doctissimi  collegerant,  sibi  paullatim  Cosmus  Medices 
comparavit. 

')  Im  Arcbiyio  Storico  Italiano,  Serie  Terza,  Tom.  XXI.  Anno 
1875,  p.  106  ff. 


üeber  Ptokophandschriften.  135 

dei  libri  di  Piero  di  Cosimo  dei  Medici,  compilato  ael  1456* 
aieh  kein  Prokop  findet,  so  beweist  das  gar  nichts  gegen 
meine  Annahme,  da  das  Inventar  höchst  unvollständig  ist. 
In  dem  von  Janus  Laskaris  angefertigten,  von  K.  K.  MQller 
im  Centralblatt  für  Bibliothekswesen  p.  371  ff.  veröffentlichten 
Verzeichnis  der  Handschriften  der  Bibliothek  Lorenzos  finden 
wir  eine  Nummer:  Ugoxonlov  negl  'lovariviavov  ßaaUicog. 
Dies  ist  die  jetzige  Handschrift  69,8. 

Im  Jahre  1429  hat  Bruni  die  6  ersten  Bücher  seiner 
Geschichte  der  Republik  Florenz  vollendet.  In  diesem  Werke 
erzählt  er  auch  manches  von  den  Goten.  Das  Erzahlte 
stimmt  aber  mit  der  Darstellung  Prokops  nicht  überein. 
So  nennt  er  den  Yitiges:  egregiae  nobilitatis  hominem  et 
regia  stirpe  antiqua  natum.  Prokop  dagegen  sagt  II  58,6: 
Oviuytv  ukovTo,  ävdga  olxlaq  fikv  ovx  hiiq)avovg  övta,  h 
fAaxaiQ  de  räig  ä/Äipl  ZiQfAiov  llav  evdoxij^irjxÖTa  t6  ngotegov, 
tjvixa  xbv  ngog  Fi^naiSag  nöle/iov  OevdeQixog  die^ege.  Später 
lesen  wir  bei  Bruni:  (Yitiges)  Ravennam  ingressus,  Amaltheae 
filiam,  Theodorici  neptem,  sociam  regni  uxoremque  adsumsit, 
bei    Prokop   II   61,11    dagegen:    xal   inel   ivzavi^a   i(plxExo, 

Maiaoovr&av  rifv  ^Ajualaaovy&rjg  '^yariga yvvahca 

yafimiv  ovxi  ii^eXovoiov  ijtoii^oajo.  Von  dem,  was  bei 
Prokop  II  298  und  II  302  von  Florenz  erzählt  wird,  finden 
wir  bei  Bruni  nichts,  dagegen  behauptet  Bruni,  Florenz  sei 
von  Totilas  zerstört  worden,  wovon  wiederum  Prokop  nichts 
weiss.  Daraus  geht  hervor,  dass  Bruni  damals,  als  er  die 
ersten  Bücher  der  Geschichte  von  Florenz  vollendete,  den 
Gotenkrieg  Prokops  noch  nicht  gekannt  hat,  woraus  weiter 
zu  schliessen  ist,  dass  dieser  überhaupt  noch  nicht  in  Florenz 
war.  Auch  in  Rom  gab  es  damals  Prokops  Gotenkrieg 
noch  nicht,  was  der  Umstand  beweist,  dass  der  apostolische 
Sekrel&r  Biondo,  als  er  einige  Jahre  später  seine  .Dekaden*' 
schrieb,  erst  den  Gotenkrieg  nach  Italien  kommen  lassen 
musste.    Wenn  aber  weder  in  Rom  noch  in  Florenz  damals 


136  J.  Eamrj 

eine  Prokophandwhhft   rorhanden  war,  so   wird    wohl  jene 
als   die   erste   nach    Italien   gekonunen    ond   lange  Zeit  die 
einzige  daselbst  gewesen  sein,    welche  GioYanni  Aurispa  im 
Jahre  1423  ans  Konstantinopel  mitbrachte;  er  hatte  sie  yom 
Kaiser  Manuel  IL  erhalten^)  ond  schrieb  hierüber  am  27.  Ao- 
gnst  1423  an  Trayersari   nach  Florenz:  Rex  mihi  yolomina 
dno  dono  dedit:  Procopinm  de  gestis  Bellisarii  ant  Justiniani 
in  Italia  et  Xenophontem  neQi  bKtixrjg.    In  demselben  Brief 
gibt  Anrispa  noch  einen  Teil  seiner   übrigen  Handschriften 
an.     Wollen   wir  nun  einmal  untersuchen,    welche  von  den 
jetzt  Torhandenen   Handschriften  identisch   sein  könne   mit 
jener,  die  Aurispa  Tom  Kaiser  Manuel  bekommen  hat.    Der 
cod.  Ambros.  A  182  sup.   kann   es   nicht  sein,   er  stammt, 
wie  auf  dem  ersten  Blatt  bemerkt  ist,  aus  Thessalien.     Der 
cod.  Paris.  1703  scheint  zum  Teil  erst  nach  dem  Jahre  1423 
geschrieben  zu  sein,  jedenfalls  war  er  im  Jahre  1423   noch 
so  jung,  dass  er  nicht  als  kaiserliches  Geschenk  hätte  gelten 
können;   ausserdem    war   er   sehr  wahrscheinlich    noch  nach 
dem  Jahre  1449  in  Konstantinopel  und  wurde  daselbst  ab- 
geschrieben.   Der  cod.  Vat.  1301  gehorte  dem  Georg  Kanta- 
kuzenos,   der,   wie   wir  sehen  werden,   gegen   die  Mitte  des 
15.  Jahrhunderts  lebte;   er  kann  also  nicht  im  Jahre  1423 
Yom    Kaiser   Manuel   dem   Aurispa   geschenkt   worden   sein. 
Der  cod.  Vat.  1690  war  durch  Aloysins  Lollinus  nach  Italien 
gekommen.     Der  cod.  Vat.  152   aber  enthält  die  8  Bücher 
der  Historien,    während    Aurispa   nur    den   Gotenkrieg    be- 
kommen   hat.     Ausserdem    ist   äusserst  wahrscheinlich,    dass 
dieser   Codex    durch    Flario   Biondo    nach    Italien    gebracht 
warde.     Dann   ist  aber  nur  noch  der  cod.  Laur.  69,8  übrig. 
Dieser  muss  also  identisch  sein  mit  demjenigen,  welcher  im 
Besitze  Aurispas  gewesen  ist  und  mit  jenem,  welchen  Bruni 
benutzt  hat,   somit  muss  Brani   den  Codex   von  Aurispa  er- 


i)  Vgl.  Voigt  I,  268. 


üeher  Prokophandschriften,  137 

worben  haben.  Dafür  spricht  auch  folgendes:  Für  die 
Bücher  des  Anrispa  interessierten  sich  am  meisten  die  Huma- 
nisten in  Florenz;  sie  wollten  wenigstens  Verzeichnisse  von 
denselben  haben.  Aurispa  kam  ihrem  Wunsche  nach,  wobei 
er,  wie  es  wenigstens  in  dem  oben  angeführten  Brief  an 
Traveisari  der  Fall  ist,  Prokops  Gotenkrieg  an  erster  Stelle 
nannte,  weil  er  ihn  vom  Kaiser  erhalten  hatte.  Im  Jahre 
1424  kam  er  selbst  nach  Florenz.  Yergl.  Voigt  I  346.  Da 
nun  Bruni  in  Florenz  eine  hochangesehene  Stellung  unter 
den  Humanisten  einnahm,  so  hat  er  sicher  auch  einmal  von 
jener  Handschrift  des  Prokop  gehört.  Wenn  aber  dies  der 
Fall  war,  so  konnte  er  nur  dann  die  übergrosse  Kühnheit 
haben,  seinen  Gotenkrieg  als  eine  eigene  Arbeit  auszugeben, 
wenn  es  ihm  gelungen  war,  von  Aurispa  jene  Handschrift 
zu  bekommen,  und  wenn  er  somit  glauben  konnte,  er  sei 
allein  im  Besitze  von  Prokops  Gotenkrieg,  da  er  ja  ausser- 
dem jeden  Augenblick  hätte  fürchten  müssen,  dass  sein 
Schwindel  aufgedeckt  würde. 

Der  erste,  der  entdeckte,  dass  Brunis  Gotenkrieg  ein 
Plagiat  sei,  war  Biondo.  Ich  halte  das  durchaus  nicht  für 
zufallig,  sondern  ich  glaube,  dass  die  von  Biondo  nach 
Italien  gebrachte  Handschrift  als  die  zweite  nach  Italien 
kam  und  dass  ein  andrer  die  Entdeckung  deshalb  nicht 
machen  konnte,  weil  die  Handschrift,  welche  als  die  erste 
sich  in  Italien  befand,  aus  dem  Besitze  Aurispas  an  Bruni 
übergegangen  war  und  keinem  anderen  mehr  zu  Gesicht  kam. 

3.  cod.  Paris.  1703.  0,244x0,140,  enthält  den  Goten- 
krieg, ist  gut  erhalten,  auf  Papier  zum  Teil  im  14.,  zum 
Teil  in  der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  geschrieben. 
Ursprünglich  gehorte  er  wohl  ganz  der  Handschriftenklasse  y 
an;  die  zweite  Hälfte  ging  aber  von  328,3  eUov  vavrixov 
ivxav^d  T€  xaraortjodjbievoi  an  verloren,  das  Verlorene  wurde 
später  aus  dem  cod.  Vat.  1301  nachgetragen.  Dieser  Teil 
gehört  somit  der  Handschrifbenklasse  z  an.    Von  dem  ersten 


138  /.  HoM^ 

Teil  kann  ich,  da  mir  die  Zeit  mangelte  eine  genaue  unter- 
sQchung  vorzanehmen,  nicht  mit  Bestimmtheit  sagen,  ob  er 
Yon  dem  cod.  Laur.  69,8  oder  Ton  derselben  Vorlage,  wie 
jene  Handschrift  abgeschrieben  ist.  Davon  konnte  ich  mich 
aber  fiberzeogen,  daas  er  nichts  Bemerkenswertes  bietet. 

4.  cod.  Paris.  1699,^)  enthalt  die  8  Bficher  der  Historien. 
Ich  habe  mich  mit  demselben  sehr  wenig  angehalten,  da 
ich  sofort  gesehen  habe,  dass  die  zweite  Hälfte  d.  h.  der 
Perser-  und  der  Vandalenkrieg  yon  dem  cod.  Paris.  1702 
nnd  die  erste  Hälfte,  der  Gotenkri^  Yon  dem  cod.  Paris. 
1703  abgeschrieben  ist  Man  kann  dies  sehr  leicht  erkennen. 
Der  Schreiber  hat  nämlich,  wie  es  ja  Qblich  war,  immer, 
wenn  ein  neuer  Abschnitt  kam,  die  nene  Zeile  mit  einem 
grossen,  mit  roter  Tinte  geschriebenen  Buchstaben  begonnen. 
Dabei  hat  er  aber  nicht  immer  den  neuen  Abschnitt  auch  mit 
einer  neuen  Zeile  angefangen,  sondern  sehr  oft  noch  einige 
Worte  des  neuen  Abschnittes  auf  diejenige  Zeile  geschrieben, 
auf  welcher  der  vorhergehende  Abschnitt  aufhörte,  dann 
freien  Raum  gelassen  und  eine  neue  Zeile  mit  dem  groesen, 
roten  Buchstaben  begonnen.  Er  wollte  also  den  Beginn 
neuer  Abschnitte  genau  mit  denselben  grossen,  roten 
Buchstaben  andeuten,  welche  seine  Vorlage  bot.  Da 
er  nun  thatsächlich  durchweg  die  nämlichen  Buchstaben 
gross  und  mit  roter  Tinte  geschrieben  hat,  die  wir  in  den 
Pariser  Handschriften  1702  und  1703  so  geschrieben  finden, 
so  müssen  diese  die  Vorlagen  gewesen  sein. 

Ein  weiterer  Beweis,  dass  der  cod.  Paris.  1699  zur 
Hälfte  vom  cod.  Paris.  1702  abgeschrieben  ist,  bietet  der 
Umstand,  dass  sich  in  demselben  die  Verschiebung  des 
Textes  der  Stelle  I  44  findet,   von  der  ich  oben  p.  129  ff. 


^)  Von  einer  Seite  dieser  Handschrift  findet  sich  ein  Facsimile 
in:  Omont,  Fac-Simil^s  de  manuscrits  grecs  des  XV*  et  iL  VI*  si^cles. 
Paris  1887.    No.  42. 


üeher  Prokophandsc^mften,  139 

gesprochen  habe,  und  dass  alles,  was  auf  den  12  Folien 
stand,  die  aus  dem  cod.  Paris.  1702  herausgerissen  sind, 
in  dem  cod.  1699  fehlt,  woraus  wir  auch  erkennen, 
dass  jene  12  Folien ,  schon  verloren  gegangen  waren, 
als  der  cod.  1699  geschrieben  wurde.  Später  wurde  im 
cod.  Paris.  1702  auch  noch  Fol.  99  (I  282,9  änavtag  bis 
285,1  dviio)  abgerissen  und  ging  verloren.  Was  auf  diesem 
Blatt  stand,  ist  im  cod.  1699  (Fol.  265)  erhalten.  Dieses 
einzige  Blatt  hat  einen  Wert.  Dass  der  cod.  1699,  soweit 
er  den  Qotenkrieg  enthält,  von  dem  cod.  Paris.  1703  abge- 
sehrieben ist,  haben  wir  schon  daraus  gesehen,  dass  in  dem 
cod.  1699  neue  Zeilen  neuer  Abschnitte  mit  denselben,  mit 
roter  Tinte  geschriebenen  Bachstaben  beginnen,  wie  im 
cod.  1703.  Dazu  kommt  noch,  dass  der  cod.  1699  bis 
n  328,  also  genau  soweit,  wie  der  cod.  1703  zur  Hand- 
schriftenklasse y  und  von  II  328  ab  zur  Handschriftenklasse  e 
gehört  In  dem  cod.  1699  finden  sich  dieselben  Fehler  wie 
im  cod.  1703  und  dieselben  Lücken. 

Aus  dem  umstände,  dass  der  in  einem  Zeitraum  von 
26  Tagen  und  von  demselben  Schreiber  geschriebene  cod. 
1699  von  dem  cod.  1702  und  dem  cod.  1703  abgeschrieben 
ist,  können  wir  schliessen,  dass  beide  Handschriften  schon 
damals,  als  der  cod.  1699  geschrieben  wurde,  sich  in  ein 
und  derselben  Bibliothek  befanden.  Diese  war  vielleicht 
dieselbe,  aus  welcher  der  von  derselben  Hand  wie  der  cod. 
Paris.  1702  geschriebene,  schon  im  Jahre  1423  nach  Italien 
gebrachte  cod.  Laurent.  69,8  stammt,  nämlich  die  Bibliothek 
des  Kaisers  Manuel  H.,  resp.  der  kaiserlichen  Familie  in 
Konstantinopel.  Wahrscheinlich  kamen  sie  dann  miteinander 
nach  der  Einnahme  von  Konstantinopel  durch  einen  Flücht- 
ling^) nach  Corcyra.    Ich  glaube  nämlich,  dass  sie  identisch 


^)  Ein  Alexins  Phrantzes  hat  eine  andere,  ans  Konstantinopel 
stammende  Prokophandschrifb,  den  cod.  Marcian.  498  im  Jahre  1465 
in  Adrianopel  gekauft.  Bei  Besprechung  des  genannten  Codex  werden 


140  J.  Hawry 

sind  mit  den  beiden  Handschriften,  von  denen  Janas  Laskaris 
berichtet,  er  habe  sie  in  Corcyra  gesehen.  Veqrl.  K.  E.  Müller 
im  Central  blatt  f.  Bibliothekswesen  I  389:  Ugoximiov  roz^ueij 
latogia  h  S  ßvßliotg  xal  hega  Aißvxrj,  ix^i  t^v  Aißvxijr 
xvQiog  'Aki^iog  6  XaTtCbcrjg,  Diese  beiden  Codices  sind 
sicher  nicht  mehr  verloren  gegangen,  nachdem  Laskaris  sie 
einmal  in  seinem  Tagebuch  notiert  hatte.  Solche  Tage- 
bücher des  Laskaris  benfibsten  vor  allem  die  Franzosen.^) 
Besonders  von  Venedig  aus  wurde  unter  König  Franz  I.  von 
den  französischen  Gesandten  nach  Handschriften  gesucht. 
Da  nun,  wie  ich  p.  150  zeigen  werde,  der  cod.  Paris.  1702 
in  den  Jahren  1540  bis  1550  in  Venedig  gewesen  sein  muss, 
so  wird  man  annehmen  dürfen,  dass  um  diese  Zeit  die  beiden 
Handschriften  (Paris.  1702  und  Paris.  1703)  von  Corcyra 
über  Venedig  nach  Paris  kamen.  Möglich  ist  auch,  da<»  sie 
schon  zu  Lebzeiten  des  Janus  Laskaris  nach  Frankreich  ge- 
bracht wurden  und  dass  der  cod.  1702  nur  zu  dem  Zwecke 
wieder  nach  Venedig  geschickt  wurde,  damit  er  dort  ergänzt 
werde. 

Wollen  wir  nun   untersuchen,  in  welche  Zeit  der  cod. 
Paris.  1699  zu  setzen  ist. 

Auf  der  letzten  Seite  lesen  wir: 

dö^a  aoi  6  'deög  ^juory,  66^a  ooi. 

hekeicj^ei  x6  Jiagbv  ßißXlov  na^  ifiov  vixo  ßemiaghov 


wir  sehen,  dass  dieser  Alexius  Pbrantzes  wahrscheinlich  ein  Ver- 
wandter und  Begleiter  des  Georg  Phrantzes  war.  Letzterer  flüchtete 
aber  im  Jahre  1460  nach  Corcyra  und  zwar  mit  seiner  ganzen  Sippe. 
Wenn  Alexius  Phrantzes  zu  dieser  gehörte,  so  dOrfte  wohl  er  der 
Flüchtling  gewesen  sein,  der  die  obengenannten  beiden  Prokophaad- 
schnften  nach  Corcyra  brachte. 

^)  cf.  Delisle,  Le  Cabinet  des  manuscrits,  p.  151.  (Jean  Laa- 
caris)  t^moigna  sa  reconnaissance  par  de  judicieuses  observations  snr 
les  meilleurs  moyens  de  se  procurer  les  manuscrits  qui  ätaient  con- 
serväs  en  Grbce  et  ceux  que  divers  fugitifs  avaient  apportäs  en  Italie. 
Franyois  1^^  mit  a  profit  les  indications  de  Lascaris. 


tleber  Prohophandsehriften,  141 

yMi  ygaßißjuxTixov  noxe  jucogaiov.  iyeyovei  ^  Tiagovaa  ßlßXog 
€ig  fjfiiQag  ehcooi  nevxe.  el  fJiEv  ;uc*^i  ygdtpaoa  avTiezai  rdtpo). 
ei  de  yqatplfAevoi  elg  ;|r^ovovff  äjieQdvrovg.  Nicolaus  Vestiarita 
hat  auch  den  cod.  Palat.  256  geschrieben  (Arrian  und  Aristot. 
de  mundo),  wo  wir  Fol.  389^  folgendes  finden:  dö^a  ooi  6 
&eo^  ^fjicav.  dö^a  aoi,  biktiQoy&ri  t6  nagov  ßtßklov  avyovgrcp 
xy.  Ivd.  Id.  Tov  ffqi^vC  Äovc.  el  juiv  x^q'^  ß-  ^  J^^y  X^'^9  ^) 
ygäyiaoa  obierai,^)  el  de  yQa(pifievoi  (\.  ^  de  yQafprj  ßievei) 
€ig  XQ^ovg  äTtegdvrovg.  vixdkaog  ßeonaQirtjg  fxeU.axQr}v6g  6 
yga/i/Aarixög.  ä/ui/jv.  dfArfv.  d/i^v.  Den  jetzigen  cod.  Palat.  256 
hat  also  Nikolaus  Vestiarita  im  Jahre  1449  geschrieben  und  er 
war  damals  yQa/jLfxaTtxdg.  Wenn  nun  in  dem  cod.  Paris.  1699 
steht:  xal  yQafXfWJLxou  nore,  so  schliessen  wir  daraus,  dass  dieser 
nach  dem  Jahre  1449  geschrieben  ist.  Aus  der  Verbindung 
ßeoTiaQkf^g  xal  yQajUL/Mxuxdg  sehen  wir,  dass  beide  Wörter 
Titel  bezeichnen.  Nach  Ducange*)  gehörten  die  ßeGTiagirai 
zur  nächsten  Umgebung  und  zur  Familie  des  Kaisers.  Dem- 
gemass  wird  der  Schreiber  des  cod.  Paris.  1699  in  Konstan- 
tinopel gelebt  haben.  Nach  der  Einnahme  dieser  Stadt  klagten 
die  Schreiber  oft  über  das  Unglück  des  byzantinischen  Kaiser- 
reiches. Wenn  nun  der  Schreiber  unserer  Handschrift  einmal 
zur  Umgebung  des  Kaisers  gehört  hatte  und  wenn  er  zwar 
ziemlich  viel  unter  den  Schluss  des  Textes  schreibt,  aber  mit 
keinem  Worte  das  Unglück  seines  Vaterlandes  erwähnt,  so 
dürfen    wir   wohl   annehmen,   dass   der   cod.  1699   vor   dem 


^)  Diese  Worte  habe  ich  aus  dem  gedruckten  Katalog  der  vati- 
kanischen Bibliothek  genommen.  Ich  vermute  aber,  dass  Nicolaus 
Vestiarita  auch  hier  ainsrai  zdqxp  geschrieben  hat,  das  wir  im  cod. 
Paris.  1699  haben,  rdqpq)  ist  ja  ein  Gegensatz  zu  XQ^^^^  ouisQoivtovg. 
Die  gleichen  Worte:  ^  ijlbv  x^^Q  V  yQdxpaaa  atinexai  xd(pq»  finden  sich 
auch  in  älteren  Handschriften.  Vgl.  Gardthausen,  Griech.  Palaeo- 
graphie,  p.  378. 

^)  cf.  Ducaagii  Caroli  in  Alexiadem  notae,  abgedruckt  in  dem 
von  Reifferscheid  besorgten  2.  Band  der  Alexias,  p.  504 :  Erant  igitur 
Veatiaritoe  Nobiles  selecti,  qui  in  comitatu  Imperatoris  erant. 


I 


142  J.  Haury 

Jahre  1453  geschrieben   warde,   d.  h.   Tor  dem   Falle  Ton 
KoDstantinopel. 

Der  cod.  1699  gehorte  einmal  dem  Janns  Lascaris.  Wir 
haben  nämlich  ein  von  Hatthaeos  Devaris  angefertigtes  Ver- 
zeichnis über  den  BQchemachlass  des  Lascaris.    Dasselbe  ist 
von  Pierre  de  Nolhac  veröffentlicht.  *)  In  diesem  Verzeichnis 
sind  (p.  260)  auch  10  Nummern  aufgeführt,  welche  bezeichnet 
werden   als:   Libri   del  Sr.  Laschen   che  son  fuora.     Diese 
Bücher  waren  also  bei  dem  Tode  des  Lascaris  ausgeliehen. 
Nun    war    aber   Matthaeos   Devaris,    der  so   genau   wusste, 
welche  Bücher  ausgeliehen  waren,  der  Bibliothekar  des  Kar- 
dinals Ridolfi,  eines  Freundes  des  Laskaris.     Ridolii  war  ein 
bedeutender  Bücherfreund  und  Büchersammler.    Seine  Biblio- 
thek kam  nach   seinem  Tode   in   den  Besitz   der  Katharina 
von    Medici    und    bildet    heutzutage    einen    Bestandteil    der 
Pariser  Bibliothek.    Ein  Verzeichnis  der  griechischen  Hand- 
schriften des  Ridolfi  hat  Montfaucon  in  der  Bibl.  bibl.  p.  766  ff. 
veröffentlicht.    Wunderbarer  Weise  finden  wir  nun  sämtliche 
Handschriften,   die   bei   dem  Tode  des  Laskaris  ausgeliehen 
waren,   in   der  Bibliothek   des  Ridolfi.     Dies  sehen  wir   ans 
folgender  Vergleichung: 

Bei  Devaris,  resp.  Nolhac.       Montfaucon,  BibLbibl.p.  770b. 

No.  1 19  el  primo  uolume  Eustathii  in  Iliadem  tomns 

di  Eustathio  sopra  la  Iliada     primus. 
d^Homero  m.  s.  in  pap.  lettera 
brutta. 

No.  120  el  secondo  uolume         p.  770  b.  Eustathii  in  Ilia- 
della  Iliada  di  Eustathio  scritto     dem  tomus  II. 
per  raan  del  Rosseto. 


0  Nolbac,  Pierre  de,  Inventaire  des  manuscritB  grecs  de  Jean 
Lascaris  in :  Mälanges  d' Archäologie  et  de  Tliistoire.  VI^  amiäe,  1886, 
p.  251  ff. 


Üeher  Prohophandsdiriften. 


143 


No.  121  la  Odyssea  di  Eusta- 
thio,  lettera  antica. 

No.  122  la  Uiada  d'Homero 
con  glosse,  lettera  antica. 

No.  123  Enstathio  sopra 
Dionysio  de  situ  urbis. 

No.  124  rahjvov  '^egcmev- 
xtxd.  *) 

No.  125  imjoßjir)  xwv  2x0^ 
ßoiov  ^^ix&v.  *) 


p.  770  b.  Eustathii  in  Odys- 
seam  totam. 

p.  770  c.  Homeri  Ilias,  cum 
Scboliis. 

p.  778  c.  Eustathii  Thessa* 
lonicensis  expositio  in  Dionysii 
Periegesin. 

p.  777  b.  Galeni  Therapeu- 
tica  libri  14. 

p.  767  c,  Epitome  Ethico- 
rum  Stobaei. 


No.  126  iTtniatQtxiw  in  uolgar  italiano.  —  Diese  Nummer 
kann  natürlich  bei  Montfaucon  nicht  gefunden  werden,  da 
Montfancon  nur  die  griechischen  Handschriften  angibt. 


No.  127    Tlgoxonlov    loro- 
ght,  UeQOixd  xal  yox'&ixd. 


p.  772  c.  Procopius  de  Got- 
thicis  bellis,  tomi  4.  eiusdem 
Persicorum  libri  quatuor. 

p.  778  d.  Gaieni  et  Aristo- 
telis  quaedam. 


No.  l28  FaXfjvov  ävaxo- 
fuxwv  iyxstQijoecDV  xal  tiqo 
xovxcüv  *AQi(jxoxilovg  xcov  fiexä 
rä  (pvoixä  x6  nganov  xal  xd 
devxegov,  *) 

Ich  halte  es  nun  nicht  für  zufällig,  dass  sämtliche  Num- 
mern, die  der  Bibliothekar  des  Ridolfi  als  ausgeliehen  ver- 
zeichnet, in  der  Bibliothek  des  Kardinals  sich  wiederfinden; 
ich  glaube  vielmehr,  dass  jene  Handschriften,  darunter  Prokops 
Historien  zur  Zeit,  als  Laskaris  starb,  bei  dem  Kardinal  Ridolfi 
sich  befanden  und  daselbst  blieben.  Da  nun  die  ganze  Biblio- 
thek des  Ridolfi  Eigentum  der  Katharina  von  Medici  ge- 
worden  ist  und   da   aus  der  Bibliothek  der  Letzteren   nach 


0  Jetzt  cod.  Paria.  2280. 
2)  Jetzt  cod.  Paris.  2130. 
S)  Jetzt  cod.  Paris.  1849. 


l44  J.  Hauty 

dem  Katalog  von  Omont  keine  andere  Prokophandschrift  als 
der  cod.  1699  existiert,  so  niuss  dieser  Codex  identisch  sein 
mit  jenem,  welchen  Ridolfi  und  yor  ihm  Laskaris  besass. 
Dies  wird  auch  durch  folgendes  bewiesen:  Die  Historien  des 
Prokop  (UeQOixä  xal  yor^ixä)  sind  in  dem  Verzeichnis  des 
Devaris  unter  einer  einzigen  Nummer  aufgeführt  und  mfissen 
deshalb,  wie  sich  aus  der  sonstigen  Anlage  jenes  Verzeich- 
nisses ersehen  lässt,  in  einem  einzigen  Bande  enthalten  ge- 
wesen sein.  Es  gibt  aber  ausser  dem  cod.  Paris.  1699  nur 
noch  eine  einzige  Handschrift,  welche  samtliche  Bücher  der 
Historien  Prokops  enthält,  und  diese  (cod.  Vat.  152)  war,  wie 
wir  sehen  werden,  schon  unter  Sixtus  IV.,  also  ein  halbes 
Jahrhundert  vor  dem  Tode  des  Laskaris  in  der  vatikanischen 
Bibliothek.  Es  kann  also  jene  Prokophandschrift,  die  bei 
Devaris  als  dem  Laskaris  gehörig  angegeben  wird,  nur  der 
jetzige  cod.  Paris.  1699  gewesen  sein. 

Ich  will  nun  wenigstens  eine  Vermutung  darüber  aus- 
sprechen, wo  Laskaris  den  cod.  Paris.  1699  erworben  hat. 
Schon  oben  habe  ich  gezeigt,  dass  dieser  nach  1449  in 
Konstantinopel  geschrieben  sein  muss.  Wollen  wir  nun  eine 
Notiz  des  Alemannus  in  seiner  Vorrede  zur  ersten  Ausgabe 
der  Geheimgeschichte  beiziehen:  Quamobrem  saepe  inter  inter- 
pretandum  duos  illos  celebres  ävsxdorcov  Procopii  Codices  ex- 
petivimus,  Joannis  Lascaris  alterum  Constantinopoli  ad  Lauren- 
tium  Medicem  adlatum,  quem  deinde,  ut  fama  est,  Catharina 
Medices  regina  in  Oallias  asportavit  et  Galli  hodie  in  exteris 
bibliothecis  requirunt.  Die  Handschrift  der  Geheimgeschichte, 
die  Laskaris  aus  Konstantinopel  mitgebracht  haben  soll,  hat 
sich  bis  heute  noch  nicht  gefunden.  Man  wusste  offenbar 
auch  in  den  Jahren  1539  bis  1546,  also  bald  nach  dem 
Tode  des  Laskaris  in  Paris  nichts  von  einer  solchen  Hand- 
schrift. Denn  in  dieser  Zeit  liess  der  französische  Gesandte 
Georges  d'Armagnac  zu  Rom  durch  Christoph  Auer  viele 
Handschriften,  darunter  auch  die  Geheimgeschichte  und  die 


Ueher  Prokophandschriften.  145 

Bauwerke  Prokops  abBchreiben.  ^)  Wenn  damals  in  Paris 
eine  Geheimgeschichte  bekannt  gewesen  wäre,  so  hätte  auch 
Georges  d*Armagnac,  der  fiber  den  Bestand  der  Pariser 
Bibliotheken  genau  informiert  war,  Kenntnis  davon  gehabt, 
und  er  hätte  höchst  wahrscheinlich,  wenn  er  die  Geheim- 
geschichte ffir  sich  haben  wollte,  die  Pariser  Handschrift 
abschreiben  lassen;  auf  jeden  Fall  aber  hätte  er  die  aus  dem 
vatikanischen  Codex  genommene  Abschrift,  in  welcher  der 
Anfang  und  ein  grosser  Teil  des  Schlusses  fehlt,  da  in  der 
Vorlage  die  ersten  Blätter  zerrissen  und  die  letzten  Blätter 
ganz  w^gerissen  waren,  aus  dem  Pariser  Codex  ergänzen 
lassen.  Da  nun  nicht  einmal  dies  geschehen  ist,  so  möchte  ich 
annehmen,  dass  man  zu  jener  Zeit  in  Paris  von  einem  Codex 
der  Geheimgeschichte  nichts  wusste.  Man  kannte  also  nicht 
einmal  gleich  nach  dem  Tode  des  Laskaris  eine  solche  Hand- 
schrift. Andererseits  aber  befand  sich,  wie  wir  gesehen  haben, 
in  der  Bibliothek  der  Katharina  von  Medici  ein  Codex, 
welcher  einst  dem  Laskaris  gehört  hatte,  aber  nicht  die 
Gebeimgeschichte,  sondern  die  Historien  enthielt.  Ich  ver-* 
mute  deshalb,  dass  in  der  angeführten  Notiz  des  Alemannus 
ein  Irrtum  in  Bezug  auf  den  Inhalt  der  Prokophandschrifk 
vorliegt,  dass  also  jene  Handschrift,  die  Laskaris  von  Kon* 
stantinopel  nach  Florenz  brachte,  nicht  die  Geheimgeschichte, 
sondern  die  Historien  enthielt  und  identisch  ist  mit  dem 
cod.  Paris.  1699,  der  auf  die  schon  angegebene  Weise 
in  die  Bibliothek  der  Katharina  von  Medici  kam.  Ein 
solcher  Irrtum  in  Bezug  auf  den  Inhalt  einer  Prokophand- 
Schrift  konnte  sehr  leicht  entstehen.  Laskaris  hat  bekannt- 
lich über  die  Bücher,  die  er  auf  seinen  Reisen  kaufte,  Ver- 
zeichnisse angelegt.  Was  nun  die  Prokophandschriften  betrifft. 


^)  Georges  d'Armagnac  kam  im  Jahre  1589  nach  Bom.    Die 
Handschriften,  welche  er  daselbst  abschreiben  Hess,  kamen  zum  Teil 
im  Jahre  1546  in   die  Bibliothek  von  Fontainbleau.    cf.  Delisle,  Le 
Cabinet  des  mannscrits  I  153,  Anm.  5  und  154,  Anm.  2. 
189S.  SiUangsb.  d.  phü.  n.  hist.  Gl.  10 


146  /.  Sawy 

80  hat  er  über  diese  sehr  ungenaue  Notizen  gemacht;  dies 
sehen  wir  aus  dem  von  ihm  angefertigten  Verzeichnis  der 
Handschriften  des  Lorenzo  von  Mediei.  Dort  hat  er  eine 
Nummer  eingetragen :  ÜqohotiIov  yteQi  'lovariviavov  ßaadmg. 
Und  doch  muss  diese  Handschrift  identisch  sein  mit  dem 
schon  besprochenen  cod.  Laurent.  69,8,  der  den  Gotenkrieg 
enthält.  Wenn  nun  Laskaris  damals,  als  er  in  Konstantinopel 
war,  Prokops  Historien  erwarb  und  in  ähnlicher  Weise  wie 
oben,  in  sein  Verzeichnis  eintrug:  UqoxojiIov  neQi  '/ovort- 
vwLVov  ßaadicag,  so  konnte  man  später,  als  die  Geheim- 
geschichte mehr  bekannt  und  herausgegeben  wurde,  durch 
ein  solches  Verzeichnis  zur  irrtümlichen  Vermutung  kommen, 
jene  Handschrift,  die  Laskaris  von  Eonstantinopel  mitgebracht 
hatte,  habe  die  Geheimgeschichte  enthalten.  Da  man  aber 
diese  in  der  Bibliothek  der  Mediei  nicht  fand  und  da  ferner 
in  Itali^i  die  Meinung  herrschte,  Katharina  von  Mediei  habe 
einen  Teil  der  Handschriften  mit  nach  Frankreich  genommen, 
so  entstand  leicht  die  weitere  Vermutung,  diese  habe  auch 
die  vermeintliche  Handschrift  der  Geheimgeschichie  fort- 
geschafft. Nach  meiner  Untersuchung  wäre  also  der  cod. 
Paris.  1699  in  Konstantinopel  geschrieben,  von  Laskaris  nach 
Florenz  gebracht  und  an  Ridolfi  ausgeliehen  worden,  hierauf 
nach  Paris  gekommen. 

lieber  die  vielfach  verbreitete  Meinung,  dass  Katharina 
von  Mediei  einen  Teil  der  Handschriften  des  Lorenzo  von 
Mediei  nach  Paris  mitgenommen  habe,  spricht  Delisle,  Le 
Cabinet  des  manuscrits  I,  p.  209 :  C'est,  selon  nous,  une  errenr 
respandue  parmi  bien  des  gens  de  lettres  de  croire  que  cette 
bibliotheque  estoit  un  demembrement  de  celle  des  Medicis 
de  Florence.  Les  uns  ont  pense  qu'elle  avoit  este  form^ 
des  debris  de  la  bibliotheque  des  Medicis,  qu'ils  ont  suppose 
avoir  este  pill^e  et  dissipöe,  lorsque  le  roy  Charles  VHI  passa 
par  Florence.  DWtres  se  sont  imagine  qu^Alexandre  de 
Medicis,  duc  d^ürbin,  avoit  partage  avec  Catherine,  sa  soeur 


üeher  Prokophandschriflen,  147 

les  livres,  qui  a^oieat  appartenu  a  leur  maison.  Cette  der- 
niere  idee  nous  paroist  sans  fondement,  et  des  raisdns  d'in- 
terest  peuvent  avoir  fait  näistre  la  premiere.  Delisle  sagt 
dann,  Katharina  von  Medici  habe  die  Handschriften  auf 
rechtmässige  Weise  im  Jahre  1560  aas  dem  Nachlass  des 
Marschalls  Strozzi  erworben,  der  selbst  in  Florenz  die  ganze 
Bibliothek  des  Kardinals  Ridolfi  gekauft  habe.  Delisle  wird 
wohl  recht  haben.  Wie  aber  ^jene  unter  vielen  Gelehrten 
verbreitete  irrtümliche  Meinung"  entstanden  ist  und  wie 
Ridolfi  seine  Codices  erworben  hat,  diese  Frage  ist  nicht  er- 
örtert worden.  Bidolfi  war  der  NeflFe  Leos  X.  *)  und  wurde 
von  diesem  besonders  protegiert.  In  den  Besitz  Leos  X.  war 
aber  die  Bibliothek  der  Medici  übergegangen  und  nach  Rom 
geschafft  worden.  Es  ist  deshalb  doch  möglich,  dass  Ridolfi, 
der  ein  sehr  eifriger  Büchersammler  war,  aus  der  Bibliothek 
der  Medici  Handschriften  erhielt,  die  später  mit  den  Büchern 
Ridolfis  nach  Frankreich  kamen.  Wenn  dann  in  der  Biblio- 
thek der  Katharina  von  Medici  mancher  Codex  wieder  auf- 
tauchte, der  früher  einmal  zur  Bibliothek  der  Medici  in 
Florenz  gehört  hatte,  und  von  dem  man  lange  Zeit  nicht 
gewusst  hatte,  wo  er  hingekommen  sei,  so  konnte  dies  leicht 
zu  der  Annahme  führen,  Katharina  von  Medici  habe  jene 
Handschriften  mitgenommen. 

5.  cod.  Ämbros.  A  182  sup.  0,244x0,140,  aus  dem 
14.  Jahrhundert.  Er  enthält  den  Gotenkrieg,  die  Geheim- 
geschichte und  die  Bauwerke,  diese  aber  in  verkürzter  Form. 
Die  Handschrift  ist  schön  geschrieben  und  gut  erhalten. 
Vorhanden  sind  247  Folien.  Auf  der  ersten  Seite  steht: 
codex  ex  Thessalia.     Auf  der  Innenseite  der  Einbanddecke 


^)  Ridolfi  war  nicht  ein  Medici,  wie  in  manchen  Büchern  zu 
lesen  iat,  sondern  er  war  ein  Sohn  des  Piero  Ridolfi  und  der  Con- 
tessina  von  Medici,  einer  Tochter  Lorenzos  des  Prächtigen  und 
Schwetter  Leo«  X. 

10* 


148  J.  Hamry 

lesen  wir:  (^^ajxiaxog.  Der  Schreiber  hatte  dieselbe  Vor* 
hge,  wie  der  Schreiber  des  cod.  Laoreoi.  69,8.  Der  cod. 
Ambros.  hatte  deshalb  II  609  his  II  628  dieselbe  Locke,  wie 
der  cod.  Laurent.  ^)  Es  war  in  derselben  Weise  zu  wenig 
freier  Ranm  gelassen.  Deshalb  mossten,  als  die  Lücke  spater 
(im  15.  Jahrhundert)  ergänzt  wurde,  4  Folien  eingeheftet 
werden.  Das  Fehlende  wurde  aus  einem  Codex  nachgetragen, 
welcher  der  Handschriflenklasse  s  angehörte.  Die  Klasse  y 
bietet  nämlich  immer  die  Lesart:  Tiorilag,  die  Klasse  zz 
xovTxOüag.  Der  cod.  Ambros.  hat  aber  bis  606,16  immer 
ToniXag,  Yon  da  bis  628,13,  d.  h.  soweit  die  Lücke  gegangen 
war  und  später  ergänzt  wurde,  lesen  wir:  Tovrrüiag,  dann 
bis  zum  Schlüsse  wieder  riaxüag.  Die  Quatemionen  sind 
noch  numeriert  Der  Codex  beginnt  mit  Qoatemio  17, 
woraus  heryorgeht,  dass  auch  einmal  der  Perser-  und  der 
Yandalenkrieg  dazugehört  haben.  Die  Quatemionen  liegen 
nicht  mehr  am  richtigen  Platze.  Fol.  1  bis  8  bilden  den 
17.  Quatemio,  Fol.  9  bis  16  den  46.  Quatemio,  Fol.  17 
bis  24  den  45.  Quatemio,  Fol.  25  bis  32  den  18.  Quatemio, 
dann  geht  es  richtig  der  Reihe  nach  weiter  bis  Fol.  177;  hier 
beginnt  der  37.  Quaternio,  dann  kommt  mit  Fol.  182  der 
47.  Quaternio,  hierauf  No.  38  und  die  übrigen  Quatemionen 
bis  No.  44.  Von  derselben  Hand,  auf  dasselbe  Papier  mit 
genau  demselben  Format  wie  der  eben  besprochene  cod. 
Ambros.  ist  auch  geschrieben: 

6.  cod.  Ottobon.  82.  Diese  Handschrift  hat  145  Folien 
und  enthält  zuerst  den  Agathias  (in  dem  gedruckten  Katalog 
der  Ottoboniana  steht:  Agathius,  non  si  sa  se  sia  stampato) 
und  den  grössten  Teil  von  Prokops  Yandalenkrieg,  nämlich 


^)  Einige  Momente  sprechen  dafür,  daaa  der  cod.  Ambros.  von 
dem  Laurent,  abgeschrieben  ist.  Einen  absolat  sicheren  Beweis  konnte 
ich  aber  bis  jetzt  nicht  finden. 


üeber  Prokophandschriften.  149 

von  I  331,15  hiißovkriv  an  bis  zum  Schluss.  Wir  haben 
oben  gesehen,  dass  der  cod.  Ambros.  A  182  sup.  die  Quater- 
nionen  17  bis  47  umfasste.  Der  cod.  Ottobon.  ist  nun  vom 
Buchbinder  so  stark  beschnitten,  dass  in  der  Elegel  die  Qua* 
teroionenzahl  nicht  mehr  vorhanden  ist.  Nur  auf  Fol.  93 
sehen  wir  noch:  hdixarov,  auf  Fol.  110:  rgiaxaidixarov.  Da 
nun  der  Codex  145  Folien  hat  und  der  letzte  Quaternio  aus 
12  Folien  besteht,  so  nahm  der  Perser-  und  Vandalen- 
krieg  in  dieser  Handschrift  den  Raum  von  16  Qua- 
ternionen  ein.  Der  cod.  Ambros.  A  182  sup.  beginnt 
aber  mit  Quaternio  17  und  endigt  mit  Quaternio  47 
(Fol.  182).  Der  Teil  des  cod.  Ottobon.  dagegen,  der 
den  Agathias  enthält,  beginnt  mit  Quaternio  48. 
Daraus  geht  mit  voller  Gewissheit  hervor,  dass  der  cod. 
Ambros.  A  182  sup.  und  der  cod.  Ottobon.  82  einmal  zu- 
sammengehörten. Der  erste  Teil  davon  ist  leider  verloren 
gegangen  oder  wenigstens  nicht  bekannt. 

7.  cod.  Monac.  48.  Diese  Handschrift  ist,  wie  so  viele 
andere  Handschriften  der  MQnchener  Staatsbibliothek,  in  der 
Mitte  des  16.  Jahrhunderts  in  Venedig  geschrieben  worden. 
Sie  stammt  von  dem  cod.  Paris.  1702,  was  sich  leicht  beweisen 
lässt.  Es  ist  nämlich  alles,  was  auf  jenen  12  Folien  stand, 
die  aus  dem  cod.  Paris.  1702  herausgerissen  waren,  ohne 
weiteres  weggelassen,  an  den  betreffenden  Stellen  ist  nicht 
einmal  ein  Zeichen  gemacht.  Blatt  95  des  cod.  Paris.  1702, 
welches  damals,  als  der  cod.  1699  geschrieben  wurde,  noch 
am  richtigen  Platze  lag,  war  in  der  Mitte  des  16.  Jahr- 
hunderts auch  schon  herausgerissen,  es  wurde  wieder  in  den 
Codex  hineingelegt,  aber  an  eine  falsche  Stelle,  nämlich 
zwischen  Fol.  86  und  Fol.  87,  an  das  Ende  eines  Quaternios, 
wo  auch  schon  früher  ein  Blatt  verloren  gegangen  war.  Der 
Schreiber  des  cod.  Monac.  48  hat  dann  dieses  Blatt  da  ab- 
geschrieben, wo  es  gerade  lag.  Es  ist  das  einzige,  das  von 
dem  ganzen  Codex  einen  Wert  hat,   da  im  cod.  Paris.  1702 


150  J.  Haury 

Fol.  95  später  verloren  gegangen  ist.  Der  letztere  Codex 
muss  einmal  in  sehr  schlimmem  Zustande  gewesen  sein: 
12  Folien  waren  an  verschiedenen  Stellen,  immer  am  An- 
fang und  Ende  von  Quatemionen  abgerissen  und  verloren 
gegangen,  ein  13.  Blatt  lag  an  einer  falschen  Stelle,  woraus 
hervorgeht,  dass  der  Codex  entweder  gar  nicht  oder  sehr  schlecht 
gebunden  war.  Der  Schreiber  des  cod.  Monac.  48  bemerkt 
nun  am  Schlüsse  dieser  Handschrift:  iSiodr&rj  xal  rovro  rö 
ßißUov,  Sncog  drJTtoxe  dwaiöv  ^v.  rb  yaQ  ävxlyQaq)ov  avrov 
ovx  ÖQ&ojg  sJxev,  öid  xal  JiaQ^  ^ju&y  iv  nokiöig  ;|fft>^fo(c  t6 
naQÖv  ßißXlov  iorlx^-  Diese  Beschreibung  der  Vorlage,  die 
der  Schreiber  des  cod.  Monac.  48  gehabt  hat,  passt  sehr  gut 
auf  den  cod.  Paris.  1702,  und  wir  werden  annehmen,  dass  die 
Münchener  Handschrift,  die  in  Venedig  geschrieben  wurde, 
direkt  von  dem  cod.  Paris.  1702  abgeschrieben  ist.  Der  cod. 
Paris.  1702  muss  also  gegen  das  Jahr  1550  in  Venedig  ge- 
wesen sein.  Für  diese  Annahme  stimmt  auch  der  Umstand, 
dass  in  demselben  die  13  Folien,  welche  verloren  gegangen 
waren,  aus  dem  cod.  Marcian.  498  ergänzt  sind,  der  schon 
seit  der  Zeit  Bessarions  in  Venedig  war. 

8.  cod.  Mazarin.  4462,  aus  dem  16.  Jahrhundert.  Von 
diesem  Codex  habe  ich  mich  lediglich  überzeugt,  dass  er  aus 
dem  cod.  Paris.  1702  abgeschrieben  ist,  was  dadurch  bewiesen 
wird,  dass  in  demselben  genau  der  Inhalt  der  13  Folien 
fehlt,  die  aus  dem  cod.  Paris.  1702  herausgerissen  und  ver- 
loren gegangen  sind. 

9.  cod.  Monac.  87,  gehört  in  die  Mitte  des  16.  Jahr- 
hunderts und  enthält  den  Gotenkrieg.  Wie  ich  schon  oben 
gesagt  habe,  heftete  der  Schreiber  des  cod.  Laurent.  69,8, 
als  er  die  erste  Seite  beschrieben  hatte,  aus  irgend  einem 
Grunde  vorn  2  Folien  ein,  klebte  dann  das  2.  und  3.  Blatt 
zusammen  und  fing  noch  einmal  von  vom  an  zu  schreiben. 
Die  beiden  zusammengeklebten  Blätter  wurden  später  wieder 


üeher  Prokophandschriften,  151 

anseinandergerissen ;  die  zweite  Seite  des  2.  Blattes  ist  in- 
folgedessen unbeschrieben.  Der  Schreiber  des  cod.  Monac.  87 
glaubte  nun,  es  sei  hier  eine  Lücke  und  Hess  deshalb 
P/i  Seite  frei,  obwohl  gar  nichts  fehlt.  Daraus  geht  hervor, 
dass  der  cod.  Monac.  87  ron  dem  cod.  Laurent.  69,8  abge- 
schrieben ist,  mit  welchem  er  auch  sonst  yollstandig  über- 
einstimmt. Gegen  Schluss  II  609,14  bis  II  628,13  hat  er 
dieselbe  Lücke  wie  der  cod.  Laurentianus. 

B.  Die  Handschriftenklasse  a. 

Diese  Klasse  hat  an  einigen  Stellen  des  Perser-  und 
Yandalenkrieges  grosse  Lücken.  Der  Text  ist  aber  jedesmal 
so  gestaltet,  dass  man  glauben  würde,  es  sei  alles  vollständig, 
wenn  man  nicht  durch  Vergleichung  mit  der  anderen  Hand- 
schriftenklasse  das  Gegenteil  beweisen  könnte.  Die  Lücken 
sind  also  dadurch  entstanden,  dass  der  Schreiber  des  Codex  g 
Dinge,  die  ihm  unwichtig  zu  sein  schienen,  wegliess.  Es 
fehlt  folgendes:  I  183,13  6  juh  bis  185,13  Ihai,  I  186,14 
XoaQÖrjg  bis  188,20  Ijuevov.  l  201,17  6  fihv  bis  217,19  ixQV^^- 
I  224,6  BeXioiQm  bis  229,5  fi&eXov.  I  246,6  ei  bis  247,8 
dk  navxl  I  282,9  änavxag  bis  284,10  x<^Q^'  I  293,19  oi 
bis  294,3  ßia^o/xevoi.  I  295,18  ijtel  bis  296,5  fjei.  I  297,16 
rotg  bis  298,14  iotfyyuXav,  I  313,17  ßaodevg  bis  317,5  nvXag. 
Die  Handschriften,  welche  die  angegebenen  Lücken  haben, 
sind  zur  Klasse  s  zu  rechnen.     Zu  dieser  gehören  folgende: 

1.  cod.  Vat.  graec.  1690  aus  dem  Anfang  des  vier- 
zehnten Jahrhunderts,  schön  auf  Pergament  geschrieben.  Dies 
ist  die  einzige  Prokophandschrifb,  in  der  wir  2  Kolumnen 
auf  einer  Seite  haben.  Sie  enthält  den  Gotenkrieg,  leider 
aber  nicht  vollständig.  Der  erste  Quatemio  und  das  zweite 
Blatt  des  zweiten  Quatemio  sind  weggerissen.  Der  Text 
beginnt  deshalb  erst  mit  29,8  der  Dind.  Ausgabe.  Auch 
fehlt  II  45,7  ßori&eiv  bis  47,19  haioioAjuevov.  Der  Quatemio, 
der  ursprünglich   der  dritte  war,   ist  jetzt  vor  dem  zweiten 


152  J.  Haury 

eingebunden.  Weiter  fehlt:  1163,17  xal  nohxiUiv  .\A&  83,20 
nv&eodai  (ein  Quatemio),  II  397,18  norafibv  bis  400,14 
fjLavxEiaq,  11418,2  (n6)kefxov  bis  441,1  äyaUg,  Mit  600,11 
TtQoßeßkfj  endigt  der  Codex  und  zwar  am  Schiusa  der  ersten 
Seite  eines  Foliums.  Warum  der  Schreiber  nicht  weiter- 
geschrieben hat,  lässt  sich  nicht  feststellen. 

Pierre  Batiffol  hat  in  den  Melanges  d*archeol.  et  dabist, 
publ.  par  TEcole  fran(.  de  Rome,  IX*  annee  1889,  p.  28  ff. 
ein  Verzeichniss  der  griechischen  Handschriften  veröffentlicht, 
die  einst  Aloysius  Lollinus,  der  Bischof  von  Belluno  besessen 
hat.  Darnach  hatte  dem  Lollinus  auch  der  cod.  Vat.  1690 
gehört.  Von  diesem  Handschriftensammler  sagt  Batiffol  p.  29 
folgendes:  LoUino  etait  n6  a  Gortyne,  en  Crete,  oü  sa  fa- 
mille,   une  noble   et  riebe  famille   de  la  colonie  v^nitienne 

etait  etablie  depuis  longtemps LoUino  avait  dans 

tout  le  Levant  venitien  des  parents  et  des  amis  ä  son  Ser- 
vice pour  acheter  et  faire  copier.  Lollino  m^a  communique, 
ecrivait  en  1583  Jean  Buonafe  au  cardinal  Sirleto,  une  ca- 
talogue  de  livres  qu^il  fait  copier  dans  le  monastere  de 
Patmos  par  des  copistes  qu^il  y  a  envoyes  de  Candie.  Dar- 
nach dürfen  wir  wohl  annehmen,  dass  Lollinus  den  cod.  1690 
aus  der  Levante  erhalten  hat. 

2.  cod.Vat.  graec.  152,  0,210x0,147  aus  dem  U.Jahr- 
hundert; er  ist  schön  auf  Papier  geschrieben  und  gut  er- 
halten. Auf  Fol.  1 — 141  haben  wir  den  Perser-  und  Van- 
dalenkrieg,  auf  Fol.  142  —  149  Plut.  symp.  Septem  sapient. 
von  ri)v  hog  äxovovoav,  avfuioolov  de  äQerrjv  vo/iiCeig  bis 
TOT€  hrav'&a  r(p  üooEidcbvi  jllev  xavQov,  ^Afi^pitQhfi  de  .  ., 
von  Fol.  150  bis  319  den  Gotenkrieg,  von  Fol.  320  bis  379 
Agathias.  Die  ersten  zwei  Folien  waren  weggerissen  bis 
I  17,3  x^Q^'^  ^**'o.  Das  Fehlende  ist  von  ganz  junger  Hand 
ergänzt.  Ebenso  ist  ein  Teil,  Fol.  137  bis  141,  bei  Dindorf 
von  I  521,15  an,  am  Schlüsse  des  Vandalenkrieges  verloren 
gegangen  und  von  derselben  Hand  wie  der  Anfang  ergänzt 


Ueber  Prokophandschriften.  158 

worden.  Die  Quaternionenzahl  ist  fast  überall  noch  vor- 
handen. Der  Perser-  und  der  Vandalenkrieg  sind  von  einer 
Hand  geschrieben.  Aus  dem  Umstände,  dass  am  Anfang  des 
Perserkrieges  und  am  Schlüsse  des  Vaudalenkrieges  Blätter 
verloren  gegangen  sind,  darf  man  schliessen,  dass  ursprüng- 
lich der  Perser-  und  der  Vandalenkrieg  für  sich  einen  Band 
bildeten  und  dass  dieser  erst  später  mit  dem  Qotenkrieg  io 
einem  Bande  vereinigt  wurde.  Der  Gotenkrieg  beginnt  mit 
Qaatemio  a,  ß  u.  s.  w.  und  ist  von  mehreren  anderen  Hän- 
den geschrieben.  Format  und  Schriftcharakter  der  ganzen 
Handschrift  zeigen  aber,  dass  sie  aus  derselben  Zeit  stammt 
und  wahrscheinlich  von  Anfang  an  zusammengehorte.  Soweit 
die  Handschrift  den  Gotenkrieg  enthält,  ist  sie  von  dem 
cod.  Vat.  1690  abgeschrieben,  was  durch  folgendes  bewiesen 
wird:  Der  Schreiber  des  cod.  1690  hatte  die  Absicht,  jedes- 
mal wenn  ein  neuer  Abschnitt  folgte,  dies  nach  gewöhnlicher 
Sitte  dadurch  anzudeuten,  dass  er  die  neue  Zeile  mit  einem 
grossen,  mit  roter  Tinte  geschriebenen  Buchstaben  begann. 
Diese  Buchstaben  schrieb  er  aber  nicht  mit  dem  übrigen 
Texte,  sondern  er  Hess  dieselben  zunächst  aus,  mit  der  Ab- 
sicht, sie  später  nachzutragen,  was  er  auch  in  den  meisten 
Fällen  gethan  hat;  manchmal  hat  er  aber  auch  vergessen, 
es  zu  thun,  weshalb  heute  noch  an  vielen  Stellen  ein  Buch- 
stabe fehlt.  Dies  hat  der  Schreiber  des  cod.  152  auch  ge- 
sehen und  in  der  Regel  die  richtigen  Buchstaben  eingesetzt. 
Einige  Male  hat  er  aber  das  Richtige  nicht  erkannt,  so 
II  162,11  ToTfi  HOL  xb  OQog  6  Beßiog  ifivxrjoaro.  Im  cod. 
1690  haben  wir  am  Anfang  einer  Zeile:  fivxrjoaxo,  ^E  ver- 
gasa  der  Schreiber  mit  roter  Tinte  nachzutragen ;  der  Schreiber 
des  cod.  152  merkte  dies  nicht  und  schrieb  ebenfalls:  fivHi]- 
oaro,  aber  nicht  am  Anfang  einer  Zeile.  II  310,1  lesen  wir 
im  cod.  Vat.  1690  am  Anfang  einer  neuen  Zeile  und  eines 
neuen  Abschnittes:  nö  tovtov  töv  xq^ov.  Das  'Y,  welches 
später  mit  roter  Tinte  geschrieben  werden  sollte,  fehlt.  Der 


154  J,  Ha/wry 

Schreiber  des  cod.  152  schrieb  inb  rovrov  tov  ;f^(Jvoy.  Zu 
beachten  ist  auch  II  288,7  Tonüiag  ^v  rig,  ^Hdißddov  äve- 
ynog,  Im  nkeiatov  ivvioecog  ijxcov  xal  ro  dgaan^giov  d>g 
fidXicrta  ix^'^  ^^^  i^6yov  Iv  For^oig  jtoXXov  St^iog,  ovxog  6 
TcorlXag  Föt^cdv  fxkv  xrX.  Da  in  dem  cod.  1690  mit  den  an- 
geführten Worten  ein  neuer  Abschnitt  und  zugleich  eine 
neue  Zeile  beginnt,  so  haben  wir  dort:  ovrlkag  ^v  statt  Tov- 
xiXag  fjv.  Im  cod.  1690  findet  sich  nämlich  immer  TovxtXag  oder 
TovTxlXag  statt  TonlXag.  Der  Schreiber  hatte  vergessen,  das  T 
nachzutragen.  Gerade  an  dieser  Stelle  kommt  aber  der  Name 
TomlXag  bei  Prokop  zum  ersten  Mal  vor.  Der  Schreiber  des 
cod.  152  kannte  daher  diesen  Namen  noch  nicht,  wohl  hatte 
er  aber  in  Prokops  Gotenkrieg  (II  150,  151,  158)  öfter  den 
Namen  KovrlXag  gelesen,  er  schrieb  deshalb  an  unserer  Stelle 
zuerst:  xomlXng,  was  man  noch  deutlich  erkennen  kann, 
korrigierte  aber  dann  richtig:  rovrlXag,  als  er  aus  dem  un- 
mittelbar folgenden  Abschnitt,  in  welchem  der  Name  Tov- 
riXag  sehr  oft  vorkommt,  erkannt  blatte,  dass  auch  oben 
rovxiXag  zu  schreiben  sei.  Wichtig  ist  dann  noch  die  Stelle 
11271,22.  Der  richtige  Text  heisst  hier:  TagfilaiSv  re  xal 
€1  Ti  äXXo  ev  Beverlaig  öxvQCDfia  fjv  Ttagean^aaro,  In  dem 
Codex  X  war  ei  n  ausgefallen.  Es  fehlt  deshalb  in  allen 
Handschriften.  Das  Yerbum  ^v  passte  dann  natürlich  nicht 
mehr.  Der  Schreiber  des  Codex  y  hat  es  infolgedessen  ein- 
fach weggelassen,  der  Schreiber  des  cod.  1690  dagegen  schrieb 
das  1]v,  das  seine  Vorlage  bot,  zuerst  ab;  als  er  es  jedoch 
geschrieben  hatte,  sah  er,  dass  die  Stelle  nicht  richtig  sein 
könne  und  machte  aus  ^v  ein  öv,  was  aber  dann  sehr  un- 
leserlich geworden  war;  er  schrieb  deshalb  Sv  noch  einmal 
an  den  Rand.  Das  6v  ist  demnach  sicher  eine  Konjektur 
des  Schreibers  des  cod.  1690.  Da  die  Konjektur  Sv  statt  des 
richtigen  ^v  in  dem  cod.  152  im  Text  sich  findet,  so  möchte 
ich  auch  hierin  einen  Beweis  erkennen,  dass  der  cod.  152 
von  dem  cod.  1690  abgeschrieben  ist.    Obwohl  ich  dies  bald 


Ueher  Prokophandsehriften,  155 

gesehen  hatte,  habe  ich  doch  vom  cod.  152  das  ganze  erste 
Buch  des  Gotenkrieges  verglichen.  Da  aber,  was  ja  zu  er- 
warten war,  der  cod.  152  keine  einzige  bessere  Lesart  bot, 
als  der  cod.  1690,  so  habe  ich  von  da  ab  im  cod.  152  nur 
solche  Abschnitte  verglichen,  die  jetzt  im  cod.  1690  verloren 
gegangen  sind  oder  von  vornherein  fehlten. 

Nachdem  wir  nun  gesehen  haben,  dass  der  cod.  152 
vom  cod.  1690  abgeschrieben  ist,  so  dürfen  wir  annehmen, 
dass  der  cod.  152  den  Text  vom  Gotenkrieg  ursprünglich 
nur  soweit  enthielt,  wie  der  cod.  1690,  nämlich  bis  Seite  600 
der  Dind.  Ausgabe.  Aber  auch  davon  war  ein  Teil  verloren 
gegangen,  so  dass  Fol.  308  zuletzt  lag;  infolgedessen  wurde 
dieses  Blatt  etwas  beschädigt.  Noch  im  14.  Jahrhundert 
wurde  der  fehlende  Teil  des  Gotenkrieges,  Fol.  309  bis  319 
incl.  aus  einem  Codex  nachgetragen,  welcher  der  Klasse  y 
angehörte,  selbst  aber  in  der  gleichen  Weise,  wie  der  cod. 
Ambros.  A  sup.  von  II  609  bis  II  628,  wo  die  Klasse  y  eine 
Lücke  gehabt  hatte,  aus  einer  Handschrift  der  Klasse  z  er- 
gänzt war.  Als  der  cod.  152  den  Gotenkrieg  vollständig 
enthielt,  wurde  er  eingebunden.  Dabei  wurde  der  obere  Teil 
des  Blattes  308,  das,  wie  wir  schon  gesehen  haben,  etwas 
Not  gehtten  hatte,  auf  beiden  Seiten  mit  einem  Papierstreifen 
überklebt,  der  auch  einige  Worte  bedeckte.  Infolgedessen 
war  seit  jener  Zeit  auf  der  ersten  Seite  (II  588,15):  rd  jiev 
t(bv  ijtntjdevjiidrcov  Agiata  ol  Ttaidsg  C^jköiev,  auf  der  zweiten 
Seite  (II  590,15):  rag  Aißvfj  jiQootjxovoag  xaraXaßeTv  dia 
OTtovdijg  elx€.  aröXov  ovv  avxbta  vrjcbv  äyelgag  xal  OTQatevfia 
Tovrcp  iv&ifievog  ä^ioxgecov  ^g  re  Kovqoix^v  xal  ^agdo) 
(niXket  nicht  mehr  sichtbar.  Alle  Handschriften,  in 
denen  genau  die  angegebenen  Worte  fehlen,  stam- 
men von  dem  cod.  Vat.  152. 

Im  Jahre  1440  begann  Flavio  Biondo  seine  „Historiarum 
Decades"  zu  schreiben.  Zu  diesem  Zwecke  musste  er  aber 
einen  grossen  Teil  der  Quellen  erst  herbeischaffen.     So  hat 


156  J,  Haury 

er,  wie  er  im  ersten  Buch  der  Dekaden  erzahlt,  auch  Pro- 
kops Gotenkrieg  nach  Italien  gebracht  und  ins  Lateinische 
fibertragen  lassen.  Vgl.  Blondi  Dec.  I,  Hb.  4  (Procopius)  rerum 
Justiniani  imperatoris  temporibus  ubique  gestarom  scripsit 
historias.  In  qnibus  pars  fait  belli  Italici  adyersus  Gothoe. 
Eam   vero   partem   graece  scriptam  nostra  indostria   nnper 

habuit  Italia Nos  itaqae,  cum  perdiscendis  literis  Graecis 

parum  felices  fuerimus,  ipsam  belli  Italici  historiarum  par- 
ticulam  traduci  in  Latinitatem  curavimus,  non  quidem  man- 
suram:  sed  solum  modo  talem,  ex  qua  Procopii  scripta  scire 
possemus  in  nostra  historia  confundenda.  Exinde  Leonardus 
Aretinus,  scriptor  aetate  nostra  clarissimus,  eandem  belli  Italici 
adversus  Gothos  historiam  decem  et  octo  annos  complexam 
scripsit;  quae  ad  principium  finemque  nihil  plus  habet  quam 
Procopius.  Voigt  (p.  172)  nimmt  an,  Ghristoforo  Persona 
sei  derjenige  gewesen,  der  die  Uebersetzung  besorgt  habe, 
weil  keine  andere  als  die  Personas  aus  jener  Zeit  bekannt 
sei.  Biondo  sagt  aber  ausdrücklich :  partem  ....  non  man- 
suram.  Dazu  kommt,  dass  der  Text  in  dem  Werke  Biondos 
mit  der  Uebersetzung  Personas  gar  nicht  übereinstimmt.  Man 
könnte  nun  auf  den  Gedanken  kommen,  Biondo,  dem  auch 
Brunis  Uebersetzung  zur  Verfügung  stand,  habe  die  beiden 
ihm  vorliegenden  Uebersetzungen  so  verarbeitet,  dass  man 
nur  schwer  unterscheiden  könne,  ob  er  die  eine  oder  die 
andere  benützt  habe.  Von  einer  solchen  Erwägung  ausgehend, 
habe  ich  Biondos  Dekaden  und  den  Gotenkrieg  Brunis  etwas 
verglichen  und  habe  gefunden,  dass  derselbe  Biondo,  der 
Bruni  tadelt,  weil  sein  Gotenkrieg  nichts  anderes  enthalte, 
als  was  Prokop  erzahle,  mit  rührender  Gewissenhaftigkeit 
das  Werk  Brunis  ausgeschrieben  hat.  Man  vergleiche  fol- 
gende Stellen:  ^) 

^)  Vgl.  Buchholz  Faul,  Die  Quellen  der  «Historiarum  Decades* 
des  Flavius  Blondua.  Naumb.  1881,  p.  34.  Die  obigen  Beispiele  führe 
ich  an,  am  zu  zeigen,  mit  welchem  Verständnis  Biondo  seine  Quellen 
benützt  hat. 


Ueher  IMkophanäächriften, 


157 


Blondi  Dec.  I,  lib.  4. 

Puit  vero  haec  ratio  obsi- 
dionis.  Gastra  circum  urbem 
sex  in  locis  posuerunt  a  Fla- 
minia  via  usque  ad  Pene- 
strinam. 

His  castris  quinque  urbis 
portae  obsidebantur  et  impe- 
diebant  vias,  quae  trans  Tibe- 
riin  ferunt  etc. 


Blondi  Dec.  I,  lib.  5. 

Per  hoc  ipsum  tempus 
Datius  MedioIaneDsis  praesul 
et  cum  eo  cives  quidam  Medio- 
lanenses  ad  Bellisarinm  veni- 
entes  urbem  Mediolanum  in 
potestatem  imperatoris  fore 
dixerunt,  si  vel  modicum 
praesidium  eo  mittat. 


Bruni,  lib.  I. 

Eius  obsidionis  ratio  haec 
fuit.  Gastra  circa  urbem  sex 
in  locis  posuerunt  a  Flaminia 
via  usque  ad  Praenestinam. 

His  castris  quinque  urbis 
portae  obsidebantur:  addide- 
runt  postmodum  septima  castra 
ultra  pontem  Milvium.  Haec 
ultima  castra  portam  Aure- 
liam  obsidebant  et  impedie- 
bant  yias,  quae  trans  Tiberim 
ferunt  etc. 

Bruni,  lib.  U. 

Per  hoc  ipsum  tempus 
Datius  Mediolanensis  praesul 
et  cum  eo  cives  aliqui  Medio- 
lenses  ad  Belisarium  yenientes 
urbem  Mediolanum  in  pote- 
statem imperatoris  fore  dixe- 
runt, si  vel  modicum  praesi- 
dium eo  mittat. 


Blondi  Dec.  I,  lib.  5  und  Bruni,  lib.  III. 

Dum  haec  per  Graeciam  a  Gothis  geruntur,  Totilas 
novo  exercitu  in  Picentes  misso,  Anconem  terra  marique  ob- 
sideri  iussit  (Bruni:  mandavit).  Duces  vero  praefecti  (Bruni: 
praefecit)  huic  expeditioni  tres:  Scipuarem  et  Ulidam  (Bruni: 
Udilam)  et  Gotildum  (Bruni:  Gothidilum),  quibus  etiam 
classem  attribuit  nayium  longarum  quadraginta  septem. 

Der  Text  Biondos  unterscheidet  sich,  wie  wir  sehen,  von 
der  Uebersetzung  Brunis  hauptsächlich  dadurch,  dass  er  eine 
grossere  Anzahl  von  Fehlern   enthält,   wie   sie  eben  in  der 


158  J,  Haury 

Regel  von  einem  gedankenlosen  Abschreiber  gemacht  werden. 
In  dem  ersten  Beispiele  fallt  bei  Biondo  der  rasche  Wechsel 
des  Subjekts  auf:  quinque  urbis  portae  obsidebantur  et  im- 
pediebant  vias  . . .  Wenn  wir  den  Text  Brunis  damit  ver- 
gleichen, so  sehen  wir,  dass  bei  Biondo  einige  Worte  aus- 
gelassen sind,  ob  mit  Absicht,  lässt  sich  nicht  einmal  fest- 
stellen, da  ja  diese  Worte,  die  hinter  obsidebantur  (ur  ist 
abgekürzt  geschrieben  zu  denken)  stehen  und  mit  obsidebant 
schliessen,  auch  leicht  durch  ein  Versehen  ausfallen  konnten. 
Am  stärksten  ist  aber  im  dritten  Beispiel  das  falsche  prae- 
fecti  statt  praefecit.  Wenn  diese  Fehler  auf  Rechnung 
Biondos  zu  bringen  sind,  was  noch  zu  untersuchen  wäre, 
dann  kann  man  ihm  kein  Lob  spenden. 

Ich  mochte  nun  noch  ein  wenig  auf  die  Uebersetzung 
des  Gotenkrieges  zurückkommen,  die  Biondo,  wie  er  wenig- 
stens behauptet,  für  sich  anfertigen  liess.  Dieselbe  ging  nur 
bis  zur  Belagerung  Roms  durch  Vitiges.  Sie  war,  soweit 
sich  dies  aus  den  Dekaden  Biondos  beurteilen  lässt,  ganz 
erbärmlich.  Man  könnte  fast  vermuten,  Biondo,  der  sich  per- 
discendis  literis  Oraecis  parum  felicem  nennt,  habe  überhaupt 
nichts  übersetzen  lassen,  sondern  nur  so  manche  Brocken  aus 
Prokop  herausgelesen,  dann  aber,  als  ihm  diese  Arbeit  zu 
sauer  wurde,  einfach  Brunis  Uebersetzung  abgeschrieben. 

Die  , Dekaden"  Biondos  habe  ich  eigentlich  nur  zu  dem 
Zwecke  etwas  angesehen,  um  festzustellen,  welche  von  den 
vorhandenen  Handschriften  der  von  Biondo  in  Anspruch  ge- 
nommene Uebersetzer  benützte,  da  diese  ja  zweifellos  iden- 
tisch war  mit  jener,  welche  von  Biondo  nach  Italien  gebracht 
worden  war.  Nach  dem  nun  aber,  was  ich  oben  von  den 
Dekaden  gesagt  habe,  lässt  sich  aus  diesen  gar  nichts  schliessen. 
Ich  kann  deshalb  nur  soviel  sagen:  Wenn  die  von  Biondo 
beschaffte  Handschrift  sich  noch  unter  den  uns  bekannten 
Prokophandschriften  befindet,  so  kann  sie  keine  andere  ge- 
wesen sein,  als  der  jetzige  cod.  Vat.  152,  da  man  von  allen 


Ueher  Prokojahatidschriften,  159 

anderen  (ausser  dem  schon  besprochenen  cod.  Laurent.  69,8) 
sagen  kann,  dass  sie  damals,  als  Biondos  Dekaden  geschrieben 
worden,  noch  nicht  in  Italien  waren.  Es  ist  ja  auch  ohne- 
dies wahrscheinlich,  dass  die  Bücher  Biondos  nach  seinem 
Tode  in  die  vatikanische  Bibliothek  kamen,  da  Biondo  als 
Sekretär  im  Dienste  Ton  vier  Päpsten  gestanden  war.  Biondo 
starb  im  Jahre  1463.  In  dem  12  Jahre  später  vollendeten, 
von  Mdntz  veröffentlichten  Katalog  der  vatikanischen  Biblio- 
thek sind  auch  wirklich  schon  die  Historien  des  Prokop  auf- 
geführt :  ^)  Procopius  Gesariensis  in  Historia.  Ex  papiro  in 
nigro.  Nach  den  von  Mfintz  ebenfalls  veröffentlichten  Aus- 
leihregistern der  vatikanischen  Bibliothek  ward  dann  (20  Jahre 
nach  dem  Tode  Biondos)  der  cod.  152  an  Ghristoforo  Per- 
sona au^eliehen.  cf.  Müntz,  p.  287:  Ego  prior  S.  Balbine 
accepi  a  dno  Bartbolomeo  Aristophilo  bibliothecario  Proco« 
piam  historicum  ex  papyro  in  nigro  cum  Catone  ^)  die  XXV 
octobris  1481.  Restituit  VI  septembris  1483.  Daraus,  dass 
Persona  die  Prokophandschrift  vom  Jahre  1481  bis  zum  Jahre 
1483  aus  der  vatikanischen  Bibliothek  entliehen  hatte,  ist 
zu  schliessen,  dass  er  erst  um  diese  Zeit  den  Gotenkrieg 
übersetzt  und  dabei  eben  den  cod.  152  benützt  hat. 

lieber  die  Uebersetzung  Personas  schrieb  Joseph  Scaliger 
an  David  Höschel:  Recte  iudicas  dignum  esse  Procopium, 
qui  edatur,  et  quia  dignus,  et  quia  male  ab  interprete  ac- 
ceptus  est,  qui  et  rd  xaiQiwrara  omiserit,  et  quae  retinuit, 
pessima  fide  converterit.  Nam  et  finem  Belli  Gotthici  iusto 
pene  volumine  fraudavit.  Das  Urteil  Scaligers  haben  der 
Reihe  nach  sämtliche  Herausgeber  Prokops  in  der  Vorrede 
abgedruckt.    Alemannus  geht  sogar  so  weit,  dass  er  aus  dem 


^)  Mfintz  Eagbne  et  Fabre  Paul,  La  bibliotheque  du  Vatican 
aa  XV«  Bi^cle  in:  Bibliotheque  des  äcoles  fraxi9ai8e8  d'Athbnes  et  de 
Rome,  fasc.  48,  p.  228. 

*)  Hier  hat  der  Herausgeber  der  Ausleihregister  doch  wohl 
falsch  gelesen;  ich  vermute  cum  catena  statt  cum  Catone. 


160  J,  Haury 

Umstand,  dass  Persona  einen  grossen  Teil  weggelassen  hat, 
den  seiner  Ansicht  nach  sicheren  Schlnss  zieht,  er  habe  die 
vatikanische  Handschrift  nicht  benützt,  obwohl  er  Pr&fekt 
der  Bibliotheca  Vaticana  gewesen  sei.  Wieweit  der  Tadel 
Scaligers  wegen  der  Verkürzung  des  Gotenkrieges  und  die 
Schlussfolgerung  des  Alemannus  berechtigt  ist,  zeigt  folgende 
Untersuchung.  Das  sogenannte  4.  Buch  des  Gotenkrieges 
umfasst  bei  Dindorf  183  Seiten  (S.  461  bis  S.  643).  Von 
S.  461  bis  S.  569  hat  Persona  überhaupt  nichts  übersetzt, 
auch  602,3  bis  606,18  hat  er  ganz  weggelassen.  Dies  alles 
gehört  aber  auch  nicht  zum  Gotenkrieg.  Prokop  hatte  zu- 
erst die  verschiedenen  Kriege  bis  zum  Jahre  550  dargestellt. 
Im  Jahre  554  wollte  er  den  Perser-  und  den  Gotenkrieg  bis 
zu  diesem  Jahre  noch  ergänzen.  Da  er  aber  seine  früheren 
Werke  schon  veröffentlicht  hatte,  so  konnte  er,  was  vom 
Perserkrieg  noch  übrig  war,  nicht  mehr  an  den  Perserkrieg, 
und  was  vom  Gotenkrieg  noch  weiter  zu  schreiben  war, 
nicht  mehr  an  den  Gotenkrieg  anfügen.  Deshalb  entschloss 
er  sich,  alles  in  einem  einzigen  Buche  nachzutragen ;  cf.  II 
461,6  YQdfA^aoi  ydiQ  xoXg  ig  rö  näv  deStjXco/jiivoig  oixhi 
elyov  rä  Iniyivdfxeva  ivag/LiöCBO'^ai,  diX*  ooa  xatd  rohg  noki- 
fiovg  Tovode  yeyovivai  ^vvißt],  hi  fievroi  xal  ig  r6  Mtjdcov 
yhog,  ineid}]  rovg  ejimQOO^ev  Xöyovg  i^rjveyxa,  iv  xipdi  juoi 
Titi  koyqy  Tidvta  yeyQdyferai,  laroglav  re  avrwv  indvayxeg  Ttoi- 
xlXrjv  ^vyxeTo'&ai,  Die  Imogia  TioixlXfj  darf  man  sich  nun 
aber  nicht  so  vorstellen,  dass  bald  ein  Stück  vom  Perser- 
krieg, bald  ein  Stück  vom  Gotenkrieg  kommt,  sondern  zu- 
erst ist  von  S.  461  bis  S.  569,4  der  Perserkrieg  und  von 
569,4  6  dk  Fox^ixog  jiolefiog  i<pEQBXo  a>de  an  bis  zum  Schlüsse 
des  Buches  (S.  643)  der  Gotenkrieg  dargestellt.  Von  602,3 
bis  606,18  ist  eine  Episode  eingeflochten,  die  mit  dem  Goten- 
krieg ebenfalls  nichts  zu  thun  hat.  Das  8.  Buch  der  Historien 
zerfallt  also  in  zwei  ungleiche  Hälften:  über  108  Seiten 
treffen  auf  den  Perserkrieg,   etwas   mehr   als  70  Seiten  auf 


üeher  Prokophandschriften.  161 

den  Gotenkrieg.  Die  Bücher  der  Historien  Prokops  folgen 
chronologisch  auf  einander.  Nur  aus  diesem  Grunde  folgt 
das  8.  Buch  auf  das  3.  Buch  des  Gotenkriegs.  Wenn  Prokop 
zuerst  den  Gotenkrieg,  dann  den  Vandalen-  und  Perserkrieg 
geschrieben  hätte,  so  i¥ürde  das  8.  Buch  heutzutage  wahr- 
scheinlich das  3.  Buch  des  Perserkrieges  genannt  werden. 
Wenn  nun  der  Italiener  Persona  Ton  dem  8.  Buche  das 
nicht  übersetzte,  was  eigentlich  gar  nicht  zum  , Gotenkrieg 
in  Italien*  gehörte,  so  dürfen  wir  ihm  ebensowenig  einen 
besonderen  Vorwurf  machen  wie  Coste,  der  in  unserer  Zeit 
in  der  Sammlung:  »Geschichtschreiber  der  deutschen  Vor- 
zeit' den  Gotenkrieg  übersetzt  und  dabei  alles  weggelassen 
hat,  was  nicht  zur  , deutschen  Vorzeit'  gehört.  Und  eben- 
sowenig wie  wir  yermuten,  die  Ausgabe,  die  Coste  benützte, 
sei  lückenhaft  gewesen,  dürfen  wir  annehmen,  jene  Hand- 
schrift, nach  welcher  Persona  übersetzte,  habe  nicht  den 
YoUstandigen  Text  geboten. 

Einmal  ist  nun  doch  in  der  Uebersetzung  Personas  etwas 
ausgefallen,  was  für  einen  Italiener  Interesse  haben  musste, 
nämlich  die  Erzählung  von  dem  Schiffe  des  Äneas  II  572,19 
bis  573,18.  Dieser  Abschnitt  muss  also  wohl  in  der  grie- 
chischen Handschrift  des  Persona  gefehlt  haben;  er  fehlt 
wirklich  in  dem  cod.  Vat.  152.  Es  sprechen  demnach  viele 
Gründe  für  die  Annahme,  dass  Persona  die  vatikanische 
Handschrift  benützt  hat,  kein  einziger  spricht  dagegen. 

3.  Der  cod.  Vat.  1301.  Er  enthält  den  Gotenkrieg 
und  wurde  gegen  das  Ende  des  14.  Jahrhunderts  von  ver- 
schiedenen Schreibern  geschrieben.  Ich  brauchte  mich  mit 
dieser  Handschrift  nur  wenig  zu  beschäftigen,  da  ich  sehr 
bald  erkannte,  dass  sie  vom  cod.  Vat.  152  abgeschrieben 
ist.  Es  hatte  nämlich  der  Schreiber  des  cod.  152,  in 
gleicher  Weise  wie  der  des  cod.  1690,  wenn  neue  Ab- 
schnitte kamen,   den  ersten  Buchstaben   der  folgenden  Zeile 

169&  Bitnmgsb.  d.  phU.  n.  hlat  OL  11 


\ 


162  /.  Haury 

zunächst  weggelassen,  mit  der  Absicht,  diesen  spater  mit 
roter  Tinte  nachzutragen;  aber  auch  er  hat,  und  zwar  noch 
viel  öfter  als  der  Schreiber  des  cod.  1690  vergessen,  dies 
zu  thun.  An  solchen  Stellen  haben  nun  die  Schreiber 
des  cod.  1301  zu  verbessern  gesucht,  sie  haben  aber 
dabei  manchmal  sehr  wenig  Glück  gehabt.  So  haben  wir 
II  26,2  einen  neuen  Abschnitt,  am  Anfang  der  Zeile  steht 
im  cod.  Yat.  152:  ervxv^^  ^^^^  ^^  ^^  Prokop  so  häufig 
vorkommenden  tervx^^^f  natürlich  ohne  Spiritus,  weil  ja  T 
mit  roter  Tinte  nachgetragen  werden  sollte.  Der  Schreiber 
des  cod.  Vat.  1301  machte  daraus:  ehv/jjxe,  U  47,2  hat  der 
cod.  Yat.  152  am  Anfang  eines  neuen  Abschnittes  ei/idßievoi, 
der  Schreiber  des  cod.  1301  schrieb  zuerst:  eijudßisroi,  dann 
kam  ihm  aber  doch  noch  ein  besserer  Gedanke  und  er  kor- 
rigierte: deiiitdjuevoL  II  47,11  haben  wir  im  cod.  152  fxfixava, 
VI  sollte  nachgetragen  werden.  Dass  immer  nur  mit  einem 
einzigen  Buchstaben  nachzuhelfen  ist,  das  hat  der  Abschrei- 
ber nicht  begriflFen;  er  verbesserte:  exfi//yava.  1173,15  hat 
der  cod.  152  am  Anfang  eines  neuen  Abschnittes  und  einer 
Zeile:  ne^ixpe,  *B  war  nachzutragen.  Im  cod.  1301  ist  zu 
lesen:  Tii^ix^^e.  In  ähnlicher  Weise  findet  sich  II  33,18  im 
cod.  152  Tieoov  statt:  ^Tzeoov,  im  cod.  1301  dafür  :i€odv. 
Dazu  kommt  nun  noch  folgendes:  Ich  habe  bei  Besprechung 
des  cod.  152  gesagt,  dass  auf  beiden  Seiten  des  Fol.  308  eine 
Anzahl  von  Worten  nicht  mehr  sichtbar  ist.  Genau  die- 
selben Worte,  von  denen  ich  angegeben  habe,  dass  sie  vom 
Buchbinder  überklebt  und  nicht  mehr  sichtbar  sind,  fehlen 
im  cod.  1301;  der  Schreiber  hat  dafür  freien  Raum  gelassen, 
woraus  mit  Sicherheit  hervorgeht,  dass  jene  Worte  schon  im 
14.  Jahrhundert  tiberklebt  waren  und  dass  der  cod.  1301 
vom  cod.  152  abstammt.  Auch  den  letzten  Teil  vom  cod.  152 
(Fol.  309  bis  319  incl.),  der  später  nachgetragen  worden  ist, 
hat  der  Schreiber  des  cod.  1301  abgeschrieben.  Im  cod.  152 
war  hier  sehr  klein  und  manchmal  sehr  undeutlich  geschrie- 


Üeher  Prohophandschriften.  163 

ben,  was  von  dem  Abschreiber  falscli  gelesen  wurde.     Man 
vergleiche  folgende  Stellen: 

II  601,3  im  cod.  152:  SXcog,  das  Zeichen  für  co?  schlecht 
geschrieben,  cod.  1301:  5kovg.  11601,15,  cod.  152:  oXfyovg, 
die  Abkürzung  ovg  schlecht  geschrieben,  cod.  1301:  dUyrj. 
II  607,8,  cod.  152:  Tiafifibctco,  x  sehr  schlecht,  cod.  1301:  Jia/i- 
^luoroj.  II  611,3,  cod.  152:  ^töv  riva,  grf  sehr  schlecht  geschrie- 
ben, der  Schreiber  von  1301  konnte  dies  absolut  nicht  lesen 
und  zeichnete  das  ^  seiner  Vorlage  so  ungefähr  nach,  was 
dann  der  Schreiber  des  cod.  Paris.  1703  und  der  Schreiber 
des  cod.  Paris.  1699  erst  recht  nicht  verstehen  konnten;  in 
den  Ausgaben  ist  das  §f]  dann  weggeblieben  und  wir  haben 
das  sinnlose  rov  dafür.  II  623,12,  cod.  152  richtig,  aber  un- 
deutlich geachriehen:  .evxoojbilq,  cod.  Vat.  1301:  dixoo/xlq, 
ebenso  cod.  Paris.  1703:  dixoa/Litq,  woraus  im  cod.  Paris.  1699 
von  späterer  Hand  diaxoofilq  gemacht  ist,  was  wir  auch  in 
den  Ausgaben  haben.  II  626,5,  cod.  152  richtig:  &g  titj, 
cod.  1301  &aneQ,  ebenso  nacheinander  der  cod.  Paris.  1703, 
der  cod.  Paris.  1699  und  die  Ausgaben. 

Nach  dieser  Auseinandersetzung  ist  klar,  dass  der  cod. 
Vat.  1301  für  uns  durchaus  keine  Bedeutung  hat.  Er  gehörte 
einst  zur  Bibliothek  des  Fulvio  Orsini.  Die  Randbemerkungen, 
die  aber  nur  Inhaltsangaben  sind ,  hat  nach  Nolhac  ^) 
Karteromachos  geschrieben.  Der  Codex  muss  also  schon  im 
Anfang  des  16.  Jahrhunderts  in  Italien  gewesen  sein,  da 
Karteromachos  um  diese  Zeit  gelebt  hat. 

Vorn  ist  im  cod.  Vat.  1301  ein  früherer  Besitzer  an- 
gegeben :  t6  JiaQÖv  ßtßUov  rscogyiov  rov  KavraxovCtjyou, 
Georg  Kantakuzenos  war  wenig  bekannt.   Nur  in  einer  Hand- 


^)  Nolhac,  Pierre  de,  La  bibliotheque  de  Falvio  Orsiui,  p.  180: 
Les  manuscrite  simplement  possedds  ou  anoot^s  par  Cartäromachos 
8ont  les  BuivanU:  1301,  Procope  de  plusieurs  mains  du  XIV®  siecle, 
avec  des  renvois  et  sommaires  marginaux  de  Dotre  savant. 

11* 


164  J,  Hawry 

Schrift,  nämlich  im  cod.  Palat.  graec.  278  habe  ich  den  Namen 
noch  einmal  gefunden.  Eantakuzenos  wird  dort  hdo^&iaxog 
äQXioTQaTfjyög  genannt  und  muss  um  die  Mitte  des  15.  Jahr- 
hunderts gelebt  haben.     Vgl.  unten  p.  166  ff. 

4.  cod.  Paris.  1703,  von  II  328,3  eüov  an.  Dass  dieser 
Teil  vom  cod.  Vat.  1301  abgeschrieben  ist,  geht  daraus  her- 
vor, dass  in  demselben  sich  alle  Fehler  finden,  die  der 
Schreiber  des  cod.  Vat.  1301  beim  Abschreiben  gemacht  hat. 
Auch  hat  er  II  588,15  und  II  590,15  die  gleichen  Lücken, 
wie  der  cod.  Vat.  1301. 

5.  cod.  Paris.  1699.  Diese  Handschrift  gehört  genau 
soweit  zur  Klasse  s^^  wie  der  cod.  Paris.  1703,  da  sie  von 
diesem  abgeschrieben  ist.     Vgl.  oben  p.  138. 

6.  cod.  Venet.  498   ist  sehr   gut  erhalten,   enthalt  den 

Perser-  und  den  Vandalenkrieg.     Auf  der  ersten  Seite  steht 

X 
unter  anderem:    ügoxÖTtiog  BrjoaaQlcovog  xaQdtjvd,    rov  xwv 

Tovoxfov,     Der  Codex  hat  204  Folien.     Am  Schlüsse  steht: 

dö^a  ooi  6  'äeog  xai  ndliv  d6^a  aoi,   Öö^a  np  nargl  xal  x(p 

vl(p  xal  Tip  äylcp  nvevfiaii,    vvv  xal  äel  xal  elg  xovg  alcbvag 

TQ>v  ald>vo)v,   äjUTjv,  äfiijv,  &fir}v,     tzeXeuiy&rj  fj  nagovaa  ßlß- 

Xog  did    x^^^^    ä/LiaQxcoXov  MavovijX    xov  üayxQaxlov    /uirjvl 

^ÄTtQdXlcp  Irj,  ^/ii^Qq^  TiaQaaxevfj ,  Ivd,  ly.  Die  Handschrift 
wurde  also  am  Freitag  den  18.  April  der  13.  Indiktion  ge- 
schrieben. Ich  habe  ausgerechnet,  dass  im  Jahre  1360  ein 
Freitag,  der  18.  April  und  die  13.  Indiktion  zusammenfielen. 
Nach  einer  Tabelle,  die  ich  mir  angelegt  habe,  trafen  diese 
Daten  alle  45  Jahre,  also  auch  1315  und  1405,  zusammen. 
Da  unsere  Handschrift  ungefähr  in  die  Mitte  des  14.  Jahr- 
hunderts zu  setzen  ist,  so  muss  sie  am  18.  April  1360  ge- 
schrieben sein.  Von  unserem  Mavovrjk  xov  UayxQaxlov  ist 
auch  der  cod.  Paris.  2210  geschrieben.  Wenigstens  führte 
der  Schreiber  dieses  Codex  denselben  Namen.     Daraus,  dass 


Üeher  Proltopkandschriften,  165 

Omont  in  dem  Katalog  der  Pariser  Bibliothek  bei  Besprechung 
dieser  Handschrift  zwar  die  genaue  Jahreszahl  angibt:  Copie 
en  1357  (?)  par  Manuel  Pancrace,  aber  doch  ein  Frage- 
zeichen hinzusetzt,  schliesse  ich,  dass  auch  in  der  Pariser 
Handschrift  ganz  in  derselben  unzureichenden  Weise  wie  im 
cod.  Marcian.  Venet.  498  angegeben  war,  wann  sie  geschrieben 
wurde,  und  dass  Omont  durch  ähnliche  Berechnung,  wie  ich 
sie  angestellt  habe,  das  Jahr  1357  festgesetzt  hat. 

Qanz  die  gleiche  Bemerkung  wie  im  cod.  Marcian.  498 
finden  wir  im  cod.  Bodleianus  Barocc.  135:  ixeXeiüy&fi  fj  na- 

Qovoa  ßlßkoQ  6iA  x^^Q^^  &fiaQT(oXov  Mavovijl  tov  Ilay lov 

fjLYivl  'lavovagUp,  xe  ^/^^^a  Ivd.  .  .  Daraus  ist  zu  sehliessen, 
dass  auch  diese  Handschrift,  die  in  dem  Katalog  der  Bibl. 
Bodl.  in  den  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  gesetzt  wird,  von 
demselben  Manuel  geschrieben  ist,  wie  der  cod.  Marcian.  498. 

Auf  der  letzten  Seite  unserer  Prokophandschrift  finden 
wir  eine  Notiz,  die  schon  zweimal  veröffentlicht  worden  ist, 
einmal  von  Morelli  in  seinem  Katalog  der  Marciana  und  ein 
zweites  Mal  von  Sp.  Lampros  in  der  Byzantinischen  Zeit* 
Schrift  III  1,  p.  166.  Beide  Gelehrten  haben  jedoch  die 
Unterschrift  nicht  genau  mitgeteilt.  Morelli  hat  gelesen: 
ArifAriTQioq  Adoxaqig,  Lampros  erklärte,  es  könne  nur  Arjfi'q- 
TQiog  noch  gelesen  werden,  der  übrige  Teil  sei  nicht  mehr 
zu  entziffern.  Die  Unterschrift  ist  aber  noch  deutlich  er- 
kennbar und  lautet:  Arj^'^rgiog  6  AeovrdQtjg^)  (6  AeovrdQtjg 
ist  Monokondjlion).  Demetrius  Leontares  hiess  eigentlich: 
Demetrius  Laskaris  Leontares.   Dieser  Name  wird  auch  bei 


1)  AeovxdQfis  ist  von  der  bei  Phrantzes  890,21  und  405,19  ge- 
nannten Stadt  AeoyxdQi  oder  Aeortagiov,  dem  heutigen  Leondhdri  auf 
der  Halbinsel  Morea  abgeleitet.  Laonik.  Ghalkokond.  sagt,  Leontari 
heisse  das  frühere  Megalopolis.  cf.  Laonik.  Chalk.  457,15  xal  ig  tr^v 
MeyaXojtoXiy,  xo  vvv  Xsyofievov  ÄeovxaQioVf  avveXeyovxo.  Das  heutige 
Leondhiri  liegt  jedoch  eivige  Stunden  von  dem  alten  Megalo*^'^'* 
entfernt. 


166  -T  Haury 

Phranizes  und  öfter  bei  Dnkas  genannt  cf.  Dukas  79,8 
(6  ßaadevg  Mavovi]X)  töiede  (im  Jahre  1402)  ArjfitjTQtor  roy 
Aeovtdgiv,  ävÖga  ovverov  xai  jieoi  rd  noXefuxa  evaiooffov. 
Dakas  118,2  ArifArjxqiog  dh  Adoxagig  6  Aeondgig  tpiloier^aag 
avxohg  xxL  Dukas  133,15  (6  ßaodevg  Mavovrik)  jueraxcddrai 
(1421)  AfifiriTQiov  AdoxaQtv  röv  Aeovtdgiov,  &vdga  xal  Ag 
XQt]  elneiv  aigaxriybv  yewaiov,  evSoxi/ii^oavTa  hß  xb  Aaxeöai' 
[xoviq  xal  Ssxxakla  x6  tiq&xov.  Im  Jahre  1422  unterhandelte 
er  mit  Mustapha.  Von  da  ab  habe  ich  den  Namen  Deme- 
trius  Laskaris  Leontares  nur  noch  in  solchen  Handschriften 
gefunden,  in  welche,  da  sie' einmal  einem  Demetrius  Laskaris 
gehört  haben  oder  wenigstens  von  ihm  gelesen  worden  sind, 
diesbezügliche  Notizen  eingetragen  wurden.  Zu  den  Hand- 
schriften, welche  ein  Demetrius  Laskaris  besessen  hat,  zählt  der 
cod.Vat.  reg.  6.  Im  cod.  Palat.  graec.  278,  Fol.  174^  finden  wir 
folgendes:  x6  nagtov  ßißXlov  vjidgxf)  xov  hdo^oxdxov  dgxi- 
axg(axfjyov)  xvgov  yecogyflov)  xov  xavxaxovCv^oV'  iveivxov  6k 
amog  xovro  iv  xco  o/ieviegoßq)  h  /itjvi  fxattp  Xd,  ivd.  /f.  xov 
g<]^ß'  erovg  (=  1454):  drjfii^xgiog  Xdoxagig  6  hovxdgt^g.  In 
dem  Katalog  der  vatikanischen  Bibliothek  ist  gesagt,  diese 
Angabe  sei  unterzeichnet:  drjjutjxgiog  Xdaxagig  6  voxdgiog.  Ich 
hatte  jedoch  Gelegenheit,  die  Handschrift  einzusehen  und 
habe  gefunden,  dass  dijßirjxgiog  kdaxagtg  in  gewöhnlicher 
Schrift  geschrieben  ist  und  dass  dann  das  nämliche  Mono- 
kondylion  folgt,  das  wir  im  cod.  Marcian.  498  haben.  Weiter 
findet  sich  der  Name  Demetrius  Leontares  in  dem  cod.  Paris. 
1C39.  Dieser  wurde  nämlich  für  Janus  Laskaris  von  Deme- 
trius Leontares  im  Jahre  1474  geschrieben.  Sehr  wichtig  ist 
auch  der  cod.  Laurent.  55,4.  Derselbe  gehörte  einst  einem 
Demetrius  Laskaris  Leontares,  der  sehr  viele  Notizen  ein- 
geschrieben hat,  z.  B.  es  sei  ihm  im  Jahre  1407  der  erste 
Sohn  AtjjutjTQiog  6  AeovrdQrjg  geboren  worden;  dieser  sei 
aber  bald  gestorben.  Im  Jahre  1419  habe  dann  ein  anderer 
Sohn  Arj/LLfjxQiog  6  Aeovrdgtjg  das   Licht  der  Welt   erblickt. 


lieber  Prokophandschriften.  167 

Man  kann  nun  nicht  annehmen,  dass  mit  dem  in  den  an- 
geführten Stellen  vorkommenden  Namen  Demetrius  Laskaris 
ein  und  dieselbe  Person  bezeichnet  werde.  Ich  habe  ausser 
dem  cod.  Marcian.  498  auch  den  cod.  Yat.  278,  den  cod. 
Laurent.  55,4  und  den  cod.  Paris.  1639  eingesehen  und  ge- 
funden, dass  das  Monokondylion  für  6  Aeovxdgrjg  in  dem  cod. 
Laurent.  55,4  sehr  schlecht,  in  den  übrigen  Handschriften 
dagegen  von  kräftiger  und  sicherer  Hand  geschrieben  ist. 
Man  muss  deshalb  annehmen,  dass  der  cod.  Laurent.  55,4 
dem  bei  Phrantzes  und  Dukas  genannten  Demetrius  Laskaris 
gehört  hat,  die  Notizen  in  den  anderen  Handschriften  da- 
gegen von  dem  Sohne  demselben  geschrieben  sind.  Der  jüngere 
Demetrius  war  also  im  Jahre  1419  in  Konstantinopel 
geboren,  cf.  cod.  Paris.  1639,  Fol.  103:  heXcKo^  x6  nagov 
ßißiiar  .  .  .  diä  x^^QOS  ifwv  Ar^ßiTjXQiov  Aeovragiov  tov  ix  t^^ 
Kcovarayiivovndiecog,  Er  scheint  sich  dann  mit  Unterbrech- 
ungen in  Konstantinopel  bis  zur  Eroberung  dieser  Stadt  auf- 
gehalten zu  haben.  Am  31.  Mai  1454  befand  er  sich  nach 
der  oben  angegebenen  Notiz  des  cod.  Palat.  graec.  278  iv  reo 
OßievTOQÖßcp,  Dieses  afievxÖQoßov  wird  bei  Phrantzes  386,10 
genannt:  xal  6  äfitjQäg  Mejuerrjv  tov  avrov  ^iJieTjkeQjuJThjv 
idtÖQiaev  Tva,  el  dvvarov  f^v,  fiex  eiQt'jvrjg  xö  SixevxoQoßov 
xal  näoav  dt]  xfjv  Zeqßiav  fiex*  elQ^]vt]g  kdßn.  Zweifellos  ist 
ü/uvxoQoßov  identisch  mit  dem  von  Dukas  genannten  Zfif- 
ÖQoßov.  cf.  Dukas  206,3  akrjoag  kvoiv  xov  oixodofiijoai  no- 
XL^viov  iv  xfl  äxxfj  xov  Aavovßewg,  dedcoxev  avrrjv  6  Morgdr. 
Sfxevxdqoßov  oder  HfiiÖQoßov  hiess  das  im  15.  Jahrhundert 
von  Georg  Brankowitsch  befestigte  Smederevo  oder  Semen- 
dria und  war  die  Hauptstadt  von  Serbien.  Wir  wissen 
nun  aus  Dukas,  dass  der  Fürst  von  Serbien  eine  grosse  An- 
zahl von  Vornehmen,  die  bei  der  Eroberung  von  Konstan- 
tinopel in  Gefangenschaft  geraten  waren,  loskaufen  liess. 
cf.  Dukas  314,20  x(p  JiQmxcp  ovv  hei  Avyovorco  jiit]vl  ek^ovxeg 
ol  xov  deonatov  J^egfiiag,   xal  nagadovreg  xd  xe^Q^^oorrifiEva 


168  J,  Saury 

rikrj,  inolfjoav  xai  /j^ydkrjv  ilerj/ioo'övriv  h  xfj  ^AdQiavovnoXei 
TiagayyelXag  yäg  avrdig  6  deon&cqg  recjgyiog  l^rjyoQaaav 
fiOvaoTQiag  veag  xal  yrjgalag,  ioyg  ixaröv  ^lev^igcooe,  xai  ol 
x(ov  hxlfKov  xal  Ix  yivovg  TiaXaxlov  ndvteg  avQQSOvteg  alxfid- 
Xanoi  iv  JJegßlq  Ikdjußavov  xal  jrag*  avrov  xal  nagä  xfjg 
ßaaiUaatjg  xd  Jtgdg  i^ayogaoiag  iq?6dia  Svexa  ikerjfwovvT^g. 
Da  nun  Demetrius  Leontares  in  den  cod.  Palat.  graec.  278 
hineingeschrieben  hat,  dieser  gehöre  dem  Georg  Eantakuzenos 
und  er  selbst  habe  die  Handschrift  am  31.  Mai  1454  in 
Smederevo,  der  Hauptstadt  Serbiens  angetrofifen,  so  schliesse 
ich  daraus,  dass  sowohl  Eantakuzenos  als  auch  Demetrius 
Leontares  zu  den  Vornehmen  gehörten,  die  von  dem  Fürsten 
von  Serbien  losgekauft  worden  waren  und  dass  Eantakuzenos 
jene  Handschrift  nach  Smederevo  gebracht  hatte.  Demetrius 
Leontares  begab  sich  dann,  wie  wir  aus  der  Notiz  im  cod. 
Marcian.  498  xd  nagbv  ßißXlov  vndgxrj  ix  x^g  d'&Xlag  Meya- 
koTtokeoig,  TiiJigaoxöjLievov  dh  iv  xfj  ^Qgearidii],  &VYj'&kv  (?) 
nagd  xvgiov  'AXeiiov  ^gavxCfj  xov  ^eßaaxonovXov,  ivtvxdiv 
de  xal  avxdg  x6  xoiovxov  iv  avxff  xfj  evdcU/iovi  X^Q9f   ^^^' 

OV 

yvcov  avxoj,  iv  jüirjvl  ^lavovaglco  id\  Ivb,  y  xov  g^^y  hovg . . 
erkennen,  bald  nach  Adrianopel.  'Ogeoxidg  ist  ja  nur  eii 
anderer  Name  für  Adrianopel,  die  damalige  Hauptstadt  der 
Türkei,  cf.  Laonik.  Chalkok.  31,21  xaVOgeoxidöa  xrjvAdgia- 
vovTtoXiv  xaXovftevr]v  iXavvcov  inoXiogxei,  Zonaras  II  251 
(Pariser  Ausgabe)  ovxog  xolwv  xrjv  'Ogeoxidda  olxcov,  ovxco 
ök  ndXai  Yi  noXig  ixaXeixo  xov  ßaotXecog  'ASgiavov  ....  In 
Adrianopel  wurde  der  cod.  Marcian.  498,  der  aus  Eonstan- 
tinopeP)  stammt,  im  Januar  des  Jahres  1455  von  einem 
Alexius  Phrautzes  gekauft.   Zu  dieser  Zeit  befand  sich  Georg 


^)  Mit:  in  jfjg  ä&Xlas  MsyaXojtoleojg  muss  hier  Eonstantinopel 
gemeint  sein,  das  oft  Megalopolis  genannt  wird.  Das  alte  Megalo- 
polis  war  damals  noch  nicht  in  den  Händen  der  Türken;  für  dieses 
würde  also  d&X{a  nicht  passen. 


Ueher  Prohophandschriften.  169 

Phrantzes  ebeofalls  in  Adrianopel.  Er^  erzählt  uns  nämlich 
p.  383  f.,  er  sei  nach  Leondhari  zu  dem  Despoten  Paläologos 
gekommen,  dieser  habe  ihn  nach  Serbien  geschickt;  später 
sei  er  nach  Adrian opel  gegangen,  384,18  Tva  Tovg  otxelovg 
fiov  aixf^ciicoTio&ivrag  l^ayogäoco.  Im  Februar  1455  ver- 
liess  er  Adrianopel  wieder,  noXXä  xaxona&ijaag  xal  xatava- 
Xcoaag  iv  rfjde  xfj  &nodt]^[a.  Damach  halte  ich  für  sehr 
wahrscheinlich,  dass  unser  Alexius  Phrantzes,  der  im  Januar 
1455  in  Adrianopel  eine  Handschrift  kaufte,  mit  Georg 
Phrantzes  verwandt  und  mit  diesem  nach  Adrianopel  ge- 
kommen war  oder  von  ihm  daselbst  losgekauft  wurde.  Der 
Name  Alexius  ist  ja  in  der  Familie  des  Georg  Phrantzes 
beliebt  gewesen,  was  wir  aus  dem  Umstände  erkennen,  dass 
dieser  zwei  Söhnen  den  Namen  Alexius  beigelegt  hatte, 
cf.  Phrantzes  192,15,  195,11.  Ein  Sohn  des  Georg  Phrantzes 
kann  aber  der  im  cod.  Marcian.  498  genannte  Alexius  nicht 
sein,  da  jene  beiden  Söhne  desselben  früh  gestorben  waren. 
Von  Brüdern  und  Vettern  spricht  Phrantzes  p.  110,  p.  125 
und  p.  126.  Leider  nennt  er  von  keinem  den  Vornamen. 

Von  dem  cod.  Marcian.  498  will  ich  nun  nur  noch  so 
viel  sagen,  dass  er  auf  dieselbe  Handschrift  zurückgeht,  wie 
der  cod.  Vat.  152,  aber  nicht  so  gut  ist,  wie  die  vatikanische 
Handschrift  und  somit  neben  dieser  nicht  sehr  viel  Bedeu- 
tung hat. 

7.  cod.  Ambros.  6  14  sup.  und 

8.  cod.  Vat.  graec.  1001.  Dass  die  beiden  Handschriften 
zur  Klasse  a  gehören,  beweist  der  Umstand,  dass  sie  ganz 
dieselben  Lücken  haben,  die,  wie  ich  oben  gezeigt  habe,  in 
aämtlichen  Handschriften  der  Klasse  £f  \rorhanden  sind.  Da 
sie  unter  einander  ziemlich  übereinstimmen,  aber  an  vielen 
Stellen  von  den  übrigen  Handschriften  der  Klasse  z  ab- 
weichen, so  müssen  sie  auf  einen  und  denselben,  nicht  mehr 
vorhandenen    Codex    zurückgehen.     Der    cod.  Ambros.  G  "^ 


170  J,  Haury 

sup.  *)  enthält  sehr  wenig  von  dem  Perser-  und  Vandalen- 
krieg.  Wichtiger  ist  zunächst  für  uns  der  cod.  Vat.  1001, 
0,170^0,097,  aus  dem  14.  Jahrhundert;  er  enthält  zuerst  bis 
Seite  100  die  Geheimgeschichte  und  von  Fol.  101  bis  Fol,  187 
den  Perserkrieg,  dann  haben  wir  von  Fol.  188  bis  Fol.  193: 
^ÄQioTeidav  QrjxoQog  tieqI  öjuovoiag,  von  Fol.  194:  bis  zum 
Schlüsse  (Fol.  201):*)  xov  ^eydiov  BaoiXelov  Xoyog  Jigog 
Tovg  viovg.  Von  der  Geheimgeschiehte  ist  ein  grosser  Teil 
des  ersten  Blattes  weggerissen,  auch  das  Ende  derselben,  von 
III  1C1,16  Xdyov  an  fehlt,  ebenso  der  Anfang  des  Perser- 
krieges. Der  Codex  (bombycinus)  ist  ziemlich  gut  geschrieben. 
Die  Quaternionenzahl  ist  noch  vorhanden,  der  letzte  Quaternio 
trägt  die  Nummer  x.  Alles,  was  die  Handschrift  von  Prokop 
enthält,  ist  von  derselben  Hand  geschrieben.  Sie  war  ein- 
mal ganz  auseinandergerissen;  als  sie  wieder  gebunden 
wurde,  mussten  einige  Blätter  mit  Papier  überklebt  werden, 
damit  sie  zusammenhielten.  Aus  dieser  Handschrift  gab  Ale- 
mannus  zum  ersten  Mal  die  Geheimgeschichte  heraus.  Viele 
Notizen  sind  in  derselben  vorhanden,  besonders  Konjekturen, 
als  solche  durch  das  beigesetzte  N.  A.  ==  Nicolaus  Alemannus 
bezeichnet.  Auch  Varianten  sind  eingeschrieben,  denen  immer 
„Pin.*  hinzugefügt  ist.  Dieses  »Pin."  kann  nur  Pinellianus 
bedeuten,  da  Alemannus  in  der  Vorrede  zu  seiner  Ausgabe 
angibt,  er  habe  einige  Excerpte  aus  dem  „verlorenen*  liber 
Pinellianus  von   Petrus  Pithoeus   und   Guido  Pancirolus  er- 


^)  Am  25.  August  1575  schrieb  Pinelli  an  Fulvio  Oraini:  V.  S. 
mi  dica  con  suo  commodo  se  costa  in  Koma  sia  Procopio  greco  de 
bello  Yandalico  che  corrisponda  al  latino  stampato,  per  che  n'ho 
visto  nn  molto  epitomato.  Mit  den  letzten  Worten  meint  Pinelli 
sicherlich  den  cod.  Ambrosianns  (Pinellianus)  G  14.  Die  Stelle  aas 
dem  Briefe  Pinellis  habe  ich  gefunden  bei:  Noihac,  Pierre  de,  La 
bibliothbque  de  Fulvio  Orsini.    Paria  1887,  p.  426. 

^j  Der  Codex  hat  eigentlich  nur  151  Folien,  von  1  bis  100  ist 
die  Zahl  der  Seiten,  von  da  mit  fortlaufenden  Nummern  101,  102 
u.  s.  w.  die  Zahl  der  Folien  angegeben. 


Ueher  Prokophandschriften.  171 

halten.  Im  Anfang  der  Gebeimgeschichte  war  manche  Stelle 
infolge  von  Rostflecken  nicht  mehr  sichtbar.  Diese  hat  Ale- 
mannns  aus  dem  cod.  Vat.  16  ergänzt.  Auf  dem  ersten  Blatt 
lesen  wir  den  Namen  eines  froheren  Besitzers:  Joannes 
Jonius,  Canonictis  Sebenicensis.  Auf  der  vorletzten  Seite 
steht:  ro  Ttagdv  ßißklov  fjv  tqv  ßeoloylrov.  Ixeivog  de  dji- 
€X(^Q(oaxo  xovto  JiQog  xov  naxiqa  jnov. 

In  dem  cod.  Vat.  1001  findet  sich  ein  Fehler,  der  öfter 
wiederkehrt  und  zwar  zweimal  in  der  Geheimgeschichte  III 
102,5  äneg  fioi  h  xdtg  ejujiQoo'&ev  loyoig  keXiS^ai  ^)  und 
III  111,11  ^Eöeoaav  /Jikv  yäq  ZxiQxbg  biixXvoag  6  noxafiog 
pivglcov  drjjLiiovQydg  xoig  ixelvfj  d.r&Q(x>noig  ovfxq)OQ(bv  yiyovtv, 
&g  iJLOt  iv  xdig  IfmQoa'&ev  Xöyoig  yeyQdipexai  und  zweimal  im 
Perserkrieg  I  116,14  iv  xoTg  e/Lmgoo^ev  löyoig  yeyQdipsxai 
und  I  137,8  h  xoTg  efiTtgoo'&ev  leXi^exai  Xöyoig.  Da  an  den 
beiden  Stellen  des  Perserkrieges  alle  übrigen  Handschriften 
der  Klasse  y  und  z  —  zu  der  letzteren  gehört  der  cod.  Vat. 
1001  —  Snio&tv  haben,  so  folgt  daraus,  dass  diese  Lesart 
von  Prokop  herrührt  und  dass  in  der  Handschrift,  von  wel- 
cher der  cod.  1001  abstammt,  von  einem  Schreiber  oder  von 
einem  gelehrten  Leser  immer  e/LLjiQoodev  dafür  geschrieben 
wurde,  weil  in  späterer  Zeit  mit  efingoa^ev  auf  das  folgende 
Bezug  genommen  wird.*)  An  den  beiden  angeführten  Stellen 
der  Geheimgeschichte  findet  sich  nicht  nur  im  cod.  Vat. 
1001,  sondern  in  sämtlichen  Handschriften  der  Geheim- 
geschichte, die  auch  viele  andere  Fehler  gemeinsam  haben 
und  somit  auf  einen  einzigen  Codex  zurückgehen,  die  Lesart 
ffinQoc&ev»  Daraus  folgt,  dass  schon  in  jenem  Codex,  von 
welchem  unsere  Handschriften  der  Geheimgeschichte  ab- 
stammen und  den  ich  mit  r  bezeichne,   die  Aenderung  von 


^)  cf.  ßrann,  Die  Nachahmung  Herodots  durch  Prokop.  Progr. 
des  alten  Gymnasiams  zu  Nürnberg.    Nürnberg  1894,  p.  17. 

^)  Lobeck  machte  diese  Beobachtung  und  führt  Phrjn.,  p.  11 
eine  Reihe  von  Beispielen  an. 


172  J,  Haufy 

Snuy&ev  in  eusiooodtv  TOi^enoniinen  war.  Wenn  wir  nun 
annehmen,  dass  £ßi:ri2oa&€v  an  sämtlichen  vier  Stellen  auf 
ein  nnd  denselben  Schreiber  oder  Gelehrten  zurnckzaRihren 
ist,  so  mnss  jene  Handschrift  r  anch  schon  den  Perserkrieg 
enthalten  haben;  von  ihr  stammt  der  cod.  Vat.  1001  und 
der  cod.  Ambros.  G  14  snp.  ab. 

Die  Beobachtung,  dass  in  dem  Codex  r  Aenderungen 
vorgenommen  worden  sind,  ist  besonders  wichtig  für  die 
Textkritik  der  Geheimgeschichte,  wofür  sich  noch  ein  sehr 
weites  Feld  bietet. 

Ceber  die  oben  angeführte  Stelle  der  Geheimgeschichte 
III  111,11  muss  ich  noch  besonders  sprechen.  Wahrend 
nämlich  hier  sämtliche  Handschriften,  sogar  der  cod.  Vat. 
1001,  auf  welchem  die  erste  Ausgabe  des  Alemannus  beruht, 
yeyQdxperat  bieten,  findet  sich  in  der  Dind.  Ausgabe  yiyQOJtiai, 
dabei  ist  yeyoäifenai  nicht  einmal  als  Variante  angegeben. 
Die  Stelle  war  daher  für  mich  sehr  unangenehm,  als  ich  im 
Jahre  1891  nachwies,*)  dass  die  Geheimgeschichte  schon  im 
Jahre  550,  also  vor  den  Bauwerken  (560)  geschrieben  sein 
müsse.  Dahu,  dessen  Arbeiten  über  Prokop  ich  manche  An- 
regung verdanke,  erkannte  die  Gründe,  die  ich  als  Beweise 
vorgebracht  hatte,  vollständig  an,  hielt  aber  entgegen,  dass 
Prokop  in  der  Geheimgeschichte  111  111,11  sich  nur  auf  die 
Bauwerke  III  228,17  ff.  beziehen  könne,  wo  er  ausführlich 
von  der  Zerstörung  Edessas  durch  den  Skirtos  berichte, 
während  wir  in  den  Historien  kein  Wort  davon  lesen,  dass 
also  die  Geheimgeschichte  nach  den  Bauwerken  geschrieben 
sein  müsse.  Da  nun  feststeht,  dass  yeyQd^fetai  die  richtige 
Lesart  ist,  muss  man  die  Ansicht  Dahns,  dass  sich  Prokop 
in  der  Geheimgeschicbte  HI  111,11  auf  die  Bauwerke  be- 
ziehe, als  richtig  anerkennen,  durch  das  in  den  Handschriften 


^)  cf.  Haury,  Procopiana.  Progr.  des  K.  Realgymnasiums  Augs- 
burg.   Augsburg  1891,  p.  9  ff. 


Ueber  Prohophandsehriften.  173 

fiberlieferte  yeyQdtpetai  wird  aber  dann  bestätigt,  was  ich 
schon  früher  für  absolut  sicher  hielt,  dass  Prokop  die  Ge- 
heimgeschichte vor  den  Bauwerken  schrieb. 

Durch  die  Stelle  III  111,11  erweist  sich  jetzt  auch  das 
als  richtig,  was  ich  schon  in  meinem  Augsburger  Programm 
(p.  18  und  28)  auf  Grund  einer  Konjektur  behauptete,  dass 
nämlich  Prokop  schon  damals,  als  er  die  Historien  und  die 
Geheimgeschichte  schrieb,  im  Sinne  hatte,  in  einer  kleinen 
Schrift,  die  natürlich  keine  Lobrede  werden  sollte,  der  Nach- 
welt kund  zu  thun,  was  Justinian  gebaut  habe. 

Die  Stelle  III  111,11  konnte  man  nun  auch  als  Beweis 
fQr  die  Echtheit  der  Geheimgeschichte  verwerten.  Da  ich 
aber  diese  Frage  für  abgeschlossen  halte,  gehe  ich  hierauf 
nicht  mehr  weiter  ein. 

Ueber  den  cod.  Ambros.  G  14  sup.  und  über  die  Geheim- 
geschichte  werde  ich  später  weiteres  berichten. 

n.  üeberliefernng  der  Bauwerke. 

Von  den  Bauwerken  haben  wir  Handschriften,  die  den 
vollständigen  Text,  und  solche,  welche  nur  eine  kürzere 
Redaktion  derselben  enthalten.  Die  ersteren  vertritt  der  cod. 
Vat.  1065,  zu  den  letzteren  gehören  der  cod.  Laur.  9,32,  der 
cod.  Ambros.  A  182  sup.  und  der  cod.  Paris.  1941. 

1.  Handschriften,  welche   den   vollständigen  Text 

enthalten. 

Der  cod.  Vat.  graec.  1065,  0,218  x  0,139  aus  dem  drei- 
zehnten Jahrhundert,  ein  cod.  bombyc,  enthält  auf  Pol.  22 
bis  Fol.  198  incl.  die  Bauwerke.  Er  war  einmal  sehr  stark 
zusammengerissen;  manche  Folien  mussten  an  verschiedenen 
Stellen  mit  dünnem  Papier  überklebt  werden,  damit  sie  wieder 
zusammengebunden  werden  konnten.  Viele  Worte  können 
infolge  von  Rostflecken  nur  sehr  schwer,  manche  überhaupt 


174  jr.  Haury 

nicht  mehr  gelesen  werden.  Einige  davon  will  ich  hier  an- 
führen.    III  228,8    äüä   vvv   nvgyov   xofAidij il'&ov 

oxXrjQov  'lovoTivtavog  ßaotkevg  iv  rqi  X(x)Q(p  tovtq>  öeifid^ 
juevog  .  .  .  Zwischen  xofiidrj  und  U'&ov  stand  ursprünglich 
noch  fieyav,  von  dem  aber  nur  noch  ganz  geringe  Spuren 
sichtbar  sind.  III  230,19  rd  re  reixf]  xal  rd  ngoreixlofioja 
xa&eXcüv,  ansQ  6  noXvg  alä)v  fxexaSv  iniggevoag  diicp&eiQS, 
xavvv  .  .  axQai<pvrj  äneQyaodjuevog  äjnaxcorara  xareari^aaro. 
Hinter  xavvv  stand  noch  tc.  ^)  III  267,13  ItuI  tcS  ßaoikei 
TiQoarjxovorjg  rrjg  7i6(kea>g  ikaojaovo&ai  .  .  .  Die  acht  ein- 
geklammerten Buchstaben  sind  nicht  mehr  sichtbar.  In  dem 
cod.  1065  haben  wir  noch  das  Jota  adscriptum;  viele  Rand- 
bemerkungen sind  teils  von  derselben  Hand  wie  der  Text, 
teils  später  eingeschrieben. 

In  der  vatikanischen  Bibliothek  befindet  sich  auch  eine 
Handschrift  (cod.  1202),  welche  nur  einen  Teil  der  Bau- 
werke bis  III  252,19  äXkd  enthält.  Der  Text  hört  am 
Schlüsse  eines  Blattes  auf;  es  scheint,  dass  der  zweite  Teil 
verloren  gegangen  ist.  Der  Codex  ist  eine  sehr  schlechte 
Abschrift  vom  cod.  Vat.  1065.  Die  Worte,  die  in  dem  cod. 
Vat.  1065  nicht  mehr  recht  sichtbar  sind,  hat  auch  der 
»Schreiber  des  cod.  Vat.  1202  nicht  mehr  lesen  können.  Mit 
welcher  Nachlässigkeit  er  abschrieb,  beweist  der  Umstand, 
dass  er  oft  einen  Teil  ausliess,  so  lU  172,6  Tic  bis  172,7 
Sevo<pwvTi.  III  172,12  ijjiiog  bis  ßaai  incl.  Was  ausgelassen 
ist,  bildete  in  der  Vorlage  genau  eine  Zeile.  Der  Schreiber 
hat  also  manchmal  Zeilen  übersprungen.  Wir  brauchen  uns 
demgemäss  mit  dem  cod.  Vat.  1202  nicht  weiter  zu  beschäftigen. 

Als  ich  in  der  vatikanischen  Bibliothek  den  cod.  1065 
verglich,  fiel  mir  auf,  dass  gerade  solche  Worte,  die  dort 
nicht  mehr  sichtbar  sind,  in  den  Ausgaben  fehlen.  Da  diese 
in  erster  Linie  auf  dem  cod.  CJoislin.  132  beruhen,  so  lag  die 
Vermutung  nahe,  dass  dieselben  Worte  auch  in  diesem  Codex 

^)  rs  habe  ich  darch  Konjektur  gefunden. 


Uther  Prohophandschriften,  175 

fehlen  und  dass  dieser  von  dem  cod.  Yat.  1065  abgeschrieben 
sei.  Meine  Vermutung  bestätigte  sich.  Das  Wort  /ueyav,  das 
an  der  oben  angeführten  Stelle  III  228,8  hinter  xofiidrl  aus- 
gefallen ist,  hat  der  Schreiber  des  cod.  Coislin.  132  auch 
nicht  mehr  lesen  können  und  einfach  weggelassen.  An  der 
Stelle  III  230,19  hat  er  wenigstens  freien  Raum  gelassen. 
Genau  dieselben  acht  Buchstaben,  von  denen  ich  oben  an- 
gegeben habe,  dass  sie  an  der  Stelle  III  267,13  im  cod.  Yat. 
1065  nicht  mehr  sichtbar  sind,  fehlen  im  cod.  Coislin.  132, 
dafür  ist  freier  Baum  gelassen.  Hieraus  ergibt  sich,  in  welchem 
Verhältnis  der  cod.  Coislin.  132  zu  dem  cod.  Vat.  1065  steht. 

Der  cod.  Coislin.  132  enthält  auch  die  Oeheimgeschichte. 
Diese  ist  vom  cod.  Vat.  1001  abgeschrieben.  Für  die  Worte, 
die  im  cod.  Vat.  1001  infolge  von  Rostflecken  nicht  mehr 
gelesen  werden  können,  sind  im  cod.  Coislin.  132  Lücken 
gelassen.  Im  cod.  Vat.  1001  fehlt  der  Schluss  der  Geheim- 
geschichte, weil  einige  Folien  verloren  gegangen  sind.  Im 
cod.  Coislin.  132  fehlt  genau  derselbe  Teil,  hier  ist  aber 
nichts  verloren  gegangen,  sondern  von  derselben  Hand,  von 
welcher  der  Text  geschrieben  wurde,  ist  am  Schlüsse  bemerkt: 
XebtEi  hrrav&a  iv  rcß  nakaicp  (pvkXa  oxrtb,  naQO.  xivog  /aoa- 
Irj^ovg  ixxBxofifxeva  ä^tov  elg  re/xdxt]  xaTaxojifjvai  avTov  lov 
ivayovg  äv^Qdynov, 

Der  cod.  Coislin.  132  ist  von  Christoph  Auer  geschrieben. 
Dieser  Schreiber  stand  im  Dienste  des  Georges  d'Armagnac, 
der  im  Jahre  1539  und  in  den  folgenden  Jahren  französischer 
Gesandter  in  Rom  war  und  daselbst  Handschriften  abschreiben 
Hess.  Ein  Teil  davon  kam  schon  im  Jahre  1545  in  die 
Bibliothek  des  Königs  Franz  I.  Den  cod.  Coislin.  132  hat 
Georges  d'Armagnac  für  sich  behalten,  aus  seiner  Bibliothek 
kam  er  in  den  Besitz  des  Kanzlers  Seguier.  ^) 


^)  cf.  Maltretus  in  der  Vorrede  zu  den  Bauwerken :  Ac  forte  eo 
ipso  usuB  est,  quem  habuit  lllustrissimus  Cancellarius,  et  olim  habuisse 
dicitur  lUustrissimus  ac  Reverendissimus  Cardinalis  Armaniacus. 


176  J.Haury,  üeber  Prokophand-Bn^ften. 

2.  Handschriften,  welche  die  Bauwerke  in  verkürzter 

Form  enthalten. 

Diese  gehen  alle  auf  ein  und  denselben  Codex  zurück 
und  bieten  überall  die  gleichen  Verkürzungen.  Ich  kann 
natürlich  hier  nicht  augeben,  was  in  denselben  ausgelassen 
ist.  Nur  soviel  will  ich  sagen,  dass  sie  im  allgemeinen  den 
gleichen  Text  bieten,  wie  die  Ausgabe  des  Beatus  Rhenanus, 
Basil.  1531.   Solche  Handschriften  sind: 

a)  der  cod.  Laurent.  9,32,  0,160x0,105;  er  gebort  ins 
14.  Jahrhundert,  ist  sehr  flüchtig  auf  Papier  geschrieben, 
enthält  viele  Randbemerkungen.  Ausser  den  Bauwerken 
finden  sich  in  dem  Codex  auch  einige  Abschnitte  aus  den 
Historien,  die  auf  Handschriften  der  Klasse  y  zurückgehen. 

b)  der  cod.  Ambros.  A  182  sup. ;  derselbe  ist  schon 
p.  57  ff.  besprochen. 

c)  der  cod.  Paris.  1941  aus  dem  15.  Jahrhundert.  Diese 
Handschrift  habe  ich  nicht  verglichen,  sondern  ich  habe  mich 
nur  davon  überzeugt,  dass  sie  durchaus  nichts  Neues  enthält. 

Ausser  den  bis  jetzt  besprochenen  Prokophandschriften 
gibt  es  noch  andere,  die  aber  zum  grössten  Teil  nicht  den 
geringsten  Wert  haben.  Ueber  diese  werde  ich  später  kurzen 
Bericht  erstatten. 


Inhalt. 


Dm  mit  *  bezeichneten  AbhuidlinigMi  nid  ta  den  Sitzan^berichtca  nielrt  abfednMki. 

Philos.-philol.  Classe.     Sitzung  vom  5.  Januar  1895. 

Seite 
▼.  Christ:    Schnitzel  ans  einer  Pindarwerkstätte 3 

*K.  Krambacher:  Ein  Dithyrambus  aaf  den  ChroniBten  Theo- 

phanes 1 


Historische  Classe,     Sitzung  vom  5.  Januar  1S95. 
*H.  Riezler:  Die  bayerische  Politik  im  schmalkaldischen  Krieg        2 


Pkilos.'philoL  Classe.    Sitzung  vom  9.  Februar  1895. 

▼«  Maurer:   Zwei  Rechtsfälle  in  der  Eigla 65 

J.  Wanry:    lieber  Prokophandschriften 125 

•  K  tt  c k :  Wilibald  Pirkheimer's Schweizerkrieg,  nach  Pirkheimer*8 

Aot^igraphie  im  britischen  Museam  herausgegeben      .     .      82 


Historische  Classe.     Sitzung  vom  9.  Februar  1895. 

M.  LoHKon:  Ueber  die  Verheirathung  der  Markgräfin  Jakobe 
von  Baden  mit  Herzog  Jobann  Wilhelm  von  Jülich-Cleye- 
Berg  1531—1583 38 

*▼.  He fner- Alteneck:   Ueber  Schilderer  und  Schildbemalang 

de«  Mittelalters 32 


AkAdemleeba  Bachdmckerei  von  F.  Straub  in  Manchen. 


% 


//S  -^  'i 


Sitzim]^!^&örichte 


der 


philosophisch  -  philologischen 

und  der 

historischen  Classe 


der 


k.  b.  Akademie  der  Wissenschaften 


zu  !M!ünchen. 


1895.    Heft  n. 


^'Mfiiichen 

Verlag  der  K.  Akademie 
1895. 


In  Gommiasion  de«  6.  Frans'Bohen  Verlags  (J.  Both). 


\^  1 


^B.Ri\ 


Sitzungsberichte 

der 

königl.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Oeffentliche  Sitzung 

zur  Feier  des  136.  Stiftungstages 

am  28.  März  1895. 

Der  Präsident  der  Akademie,  Herr  M.  v.  Pettenkofer, 
eroiFnet  die  Sitzung  mit  folgenden  Worten  zum  Gedächtniss 
zweier  Ehrenmitglieder  der  Akademie: 

Der  28.  März  heute  ist  der  Stiftungstag  der  k.  bayer. 
Akademie  der  Wissenschaften,  welcher  jährlich  durch  eine 
öffentliche  Festsitzung  gefeiert  wird.  Diese  Stiftungsfeier 
dient  herkömmlich  dazu,  jener  unsrer  Mitglieder  zu  gedenken, 
welche  während  des  abgelaufenen  Jahres  verstorben  sind. 

Ich  habe  zweier  verstorbener  Ehrenmitglieder  zu  ge- 
denken. 

Adolf  Friedrich  Graf  von  Schack. 

Am  14.  April  1894  starb  zu  Rom  Seine  Excellenz 
Adolf  Friedrich  Graf  von  Schack,  geboren  am  2.  Au- 
gust 1815  zu  Schwerin,  am  15.  Juli  185G  von  der  Gesammt- 
Akademie  zum  Ehrenmitgliede  gewählt.  Der  Vorschlag,  von 
unserem  verstorbenen  Mitgliede  Markus  Müller  ausgehend, 
lautet  wörtlich: 

1895.  SitzQügflb.  d.  phil.  a.  hisfc.  OL  12 


178  u.  Pettetikofef* 

ff  Als  Edelmann,  Diplomat  und  Freund  der  höchsten 
Person  des  Staates  nimmt  Adolf  Friedrich  Graf  von  'Schack 
eine  ausgezeichnete  sociale  Stellung  ein,  und  als  Gelehrter 
und  Dichter  steht  er  auf  gleicher  Stufe  mit  den  ersten 
Grossen  unseres  Vaterlandes. 

Seine  Geschichte  der  dramatischen  Literatur  und  Kunst 
Spaniens  (3  Bände  1845)  ist  ein  Meisterwerk  literarisch- 
historischer Forschung  und  zeugt  ebenso  von  tiefen  Studien 
wie  von  einer  seltenen  Schärfe  und  Besonnenheit  der  ür- 
theile  und  einer  gediegenen  Vollendung  des  Geschmackes. 
Daran  reiht  sich  sein  spanisches  Theater  (2  Bände  1845), 
in  welchem  er  mehrere  der  spanischen  Dramas  von  Ruiz 
Alarcon,  Cervantes,  Lope  de  Vega  und  Calderon  in  deutschem 
Gewände  dem  Publikum  geschenkt  hat,  mit  einer  Gewandt- 
heit der  Sprache  und  Schönheit  und  Adel  des  Ausdrucks, 
die  ihn  neben  die  ersten  Meister  der  Uebersetzungskunst 
stellt.  Dasselbe  gilt  von  seiner  Uebersetzung  der  epischen 
Gedichte  des  Firdusi,  in  welcher  er  ebenso  durch  gründliche 
Kenntniss  des  persischen  Idioms,  wie  durch  den  feinen  poeti- 
schen Sinn  und  Trefflichkeit  der  üebertragung  glänzt." 

Die  Akademie   trat   einstimmig  diesem  Vorschlage  bei. 

Adolf  Friedrich  von  Schack  hat  sein  Leben  lang  der 
Wissenschaft  und  der  Kunst  getreulich  gedient.  Es  liegt 
nun  ein  Leben  geschlossen  vor  uns  da,  welches  allen  materia- 
listischen Verlockungen  widerstrebend  stets  idealen  Zielen 
geweiht  war.  Sein  Lebensgang  ist  merkwürdig.  Neben 
seinen  juristischen  Studien  an  den  Universitäten  Bonn,  Heidel- 
berg und  Berlin  (1834  bis  1838)  betrieb  er  eifrig  das  Studium 
der  europäischen  Literaturen  und  der  orientalischen  Sprachen, 
maclite  in  den  Ferien  Reisen  für  wissenschaftliche  Zwecke, 
trat  dann  in  die  Dienste  des  Grossherzogs  von  Mecklen- 
burg und  begleitete  denselben  als  Kammerherr  und  Legations- 
rath  auf  seinen  Reisen  nach  Italien  und  Konstantinopel. 
Dann    wurde   er  nach  Frankfurt  am  Main  zum  Bundestage, 


Nekrolog  auf  Adolf  Friedrich  Graf  v.  Schock.  179 

wo  sein  Vater  mecklenburgischer  Gesandter  war,  versetzt, 
und  1849  kam  er  als  Bevollmächtigter  seines  Souveräns, 
dann  als  Geschäftsträger  nach  Berlin.  Von  Haus  aus  reich 
begütert  und  schon  in  einem  Alter  von  34  Jahren  zu  einer 
ehrenvollen  diplomatischen  Stellung  gelangt,  lag  Herrn 
von  Schack  ein  weiterer  glänzender,  genussreicher  Lebens- 
lauf vor,  den  wohl  die  meisten  Menschen  gerne  weiter  ge- 
wandelt wären.  Aber  der  junge  Adolf  Friedrich  von  Schack 
verzichtete  1852  auf  seine  amtliche  Stellung  und  ging  als 
Privatmann  nach  Spanien,  um  dort  über  die  Geschichte  und 
Gnltur  des  Landes  und  der  spanischen  Araber  weiter  zu 
forschen.  Er  hatte  sich  dafür  durch  eingehendes  Studium 
der  orientalischen  Sprachen,  namentlich  des  Sanskrit,  Arabi- 
schen und  Persischen  vorbereitet.  Im  Jahre  1856  folgte  er 
einer  Einladung  unseres  damaligen  Protektors  König  Maxi- 
milian IL,  nach  München  überzusiedeln,  wo  er  sich  in  der 
Briennerstrasse  ein  Wohnhaus  kaufte,  welches  später  nach 
den  Plänen  des  Architekten  und  Bildhauers  Lorenz  Gedou 
umgebaut  wurde,  in  welchem  Anwesen  er  auch  die  von  ihm 
gegründete,  berühmte  Bildergalerie  unterbrachte.  Diese 
Galerie  enthält  Meisterwerke  von  damals  lebenden,  aber  viel- 
fach noch  verkannten  Künstlern  (Genelli,  Feuerbach,  Böck- 
lin  etc.)  und  dazu  auch  Copien  von  hervorragenden  Werken 
anerkannter  alter  Meister  (Tizian,  Velasquez,  Murillo  etc.). 
Diese  Schack-Galerie  ist  zur  Zeit  eine  vielbesuchte  Sehens- 
würdigkeit Münchens.  Ihr  Gründer  vermachte  sie  letztwillig 
Seiner  Majestät  dem  Deutschen  Kaiser,  welcher  sie  aber  in 
huldvollster  Weise  nicht  nach  Berlin  verpflanzte,  sondern  in 
München  beliess.  Die  Gründung  dieser  Galerie  und  die 
wissenschaftlichen  und  poetischen  Leistungen  ihres  Gründers 
veranlassten  Seine  Majestät,  Herrn  von  Schack  in  den  Grafen- 
stand zu  erheben,  und  veranlassten  auch  den  Magistrat 
München,  ihn  zum  Ehrenbürger  zu  ernennen. 

üeber  Schacks  Bedeutung  als  Gelehrter  hat  sich  Markus 

12* 


uni] 

Griv 


..'.nu^  bezetchuend   aus- 

s  beizufllgen ;  Ober  seine 

.    -111  sacliTerstäDdiges  Mit- 

-  -jiit: 

.    jfisterhaften  Uebereetzungen 

■'■-er    und  Araber   näher   ge- 

<  -.0  seinen  zahlreichen  etgenea 

-i^ieiienaten   Welttheile,  die  ver- 

^■iPD   and  weitscbaiienden  Blicks 

.1   Menschheit  bia  zur  lebendigen 

.:  prophetischem  Hinweis  auf  eine 

J.tit  Völker.     Er   ist  der   Cultur- 

,    .ts  Wortes   mit   all    seinen  Licht- 

.üiiiittelbar  wirkender  Lyriker,  aber 

,.iicer  Geist,  der  erhabene  Gedanken 

itttigvoller   Sprache    zum   Ausdruck 

^•n'ügsten  Kunstformen    mit  sicherer 

wird   des  Verblichenen   stets   ehrend 


smail  Pascha. 

iitt^lied,  Ismail  Pascha,  früher  Chediv 
I  um  31.  Dezember  1830  zu  Kairo, 
■/.  1895  in  Konstantinopel  und  wurde 
feierlich  bestattet.  Er  war  der  erste 
rer  Akademie  angehörte,  am  18.  Jnni 
[Vorschlag  zu  seiner  Wahl  ginR  von 
Mit^liede  Franz  von  Kobell  aus  und 
nter/.eichiiete  erlaubt  sich  zum  Ehren- 
•  Seine  Hoheit  den  Vicekönig  von 
■Im  vorzuschlagen.  Dieser  Herr  hat 
!■    Unterstlltziing    der   geographischen 


Nekrolog  auf  Ismaü  Pascha.  181 

Expedition  von  Baker  und  Schweinfurt  und  durch  die  glän- 
zende Ausrüstung  der  Rohlf  sehen  Expedition  zur  Erforschung 
der  libyschen  Wüste  wesentliche  Verdienste  um  die  Wissen- 
schaft erworben.  An  letzterer  Expedition  hat  auch  unser 
Mitglied  Professor  Zittel  Theil  genommen  und  die  paläonto- 
logische  Sammlung  des  Staates  ist  von  ihm  durch  interessante 
Erwerbungen  bereichert  worden.  Der  Vicekönig  hat  sehr 
liberal  gestattet,  dass  die  auf  der  Reise  gemachten  natur- 
historischen Sammlungen  überhaupt  den  betreffenden  Samm- 
lungen in  Berlin  und  München  einverleibt  werden.  Es  dürfte 
daher  vollkommen  gerechtfertigt  sein,  dass  dem  hohen  Herrn 
von  Seite  unserer  Akademie  ein  Zeichen  der  Anerkennung 
geboten  werde.* 

Die  Akademie   trat   diesem  Vorschlage   einstimmig  bei. 

Ismail  Pascha  musste  bekanntlich  von  der  Regierung 
zurücktreten.  Darüber  weiss  ich  nichts  Besseres  und  Ent- 
sprechenderes zu  sagen,  als  was  der  berühmte  Aegyptologe 
Professor  Dr.  Georg  Ebers,  welcher  länger  in  Aegypten 
weilte  und  mit  Ismail  Pascha  persönlich  verkehrte,  uns  mit- 
getheilt  hat.  ^Die  verschwenderische  Rücksichtslosigkeit, 
mit  der  der  jüngst  verstorbene  Chediv  Ismail  über  die  reichen 
Mittel  seines  Landes  verfügte,  musste  er  in  der  Verbannung 
büssen.  Die  Bevorzugung,  die  den  Europäern  so  deutlich 
und  lange  durch  ihn  zu  Theil  ward,  hatte  die  national  ge- 
sinnten Unterthanen  gegen  ihn  aufgebracht,  und  es  mag 
dahingestellt  bleiben,  in  wie  weit  ihn  die  Hoff'nung  auf 
Vermehrung  seiner  Einkünfte  und  der  Wunsch  sich  in 
Europa  Berücksichtigung  und  Lob  zu  erwerben,  antrieben, 
sich  als  Förderer  der  Cultur  zu  bewähren.  Jedenfalls  besass 
er  Eigenschaften  und  bethätigte  er  seinen  Geist  und  seine 
Thatkraft  durch  Handlungen  und  Werke,  die  es  einer  wissen- 
schaftlichen Körperschaft,  deren  Bestrebungen  er  gelegentlich 
verständnissvoll  und  freigebig  unterstützt  hatte,  nahe  legen 
durfte,  ihrer  Anerkennung  auch  äusserlich  Ausdruck  zu  geben. 


182  V.  PettenJcofer,  Nekrolog  auf  Ismail  Pascha, 

Von  seiuem  Grossvater  Mohammed  Ali,  dem  Erneuerer  Aej^yp- 
tens,  hatte  er  den  lebhaften,  der  europäischen  Cultur  ge- 
neigten Geist,  von  seinem  Vater  Ibrahim,  dem  Sieger  von 
Nisibi,  wo  unser  Moltke  gegen  ihn  focht,  den  unternehmen- 
den Sinn  geerbt.  Seinen  französischen  Erziehern  verdankte 
er  eine  Bildung,  die,  obwohl  sie  nicht  tief  ging,  ihm  doch 
gestattete,  die  Bedeutung  und  Würde  der  Wissenschaft  zu 
erkennen.  Neue  Gedanken  und  Entwürfe,  die  man  ihm 
mittheilte  und  vorlegte,  begriff  er  und  verstand  es  ihnen  zu 
folgen  und  ihnen  das  für  seine  Zwecke  Brauchbare  zu  ent- 
nehmen. Darum  wurde  es  auch  Herrn  von  Lesseps  leicht, 
den  Chediv  Ismail  für  die  unter  seinem  Vorgänger  begonnene 
Durchstechung  der  Landenge  von  Suez  zu  gewinnen,  so  viele 
Millionen  sie  auch  wieder  und  wieder  in  Anspruch  nahm. 
Ebenso  glückte  es  dem  französischen  Alterthumsforscher 
Auguste  Mariette,  den  Chediv  für  die  Denkmäler  aus  der 
Pharaonenzeit  zu  interessiren  und  von  ihm  die  Mittel  zu 
Ausgrabungen  in  grossem  Stil,  zur  Herausgabe  von  nützlichen 
Publiea-tionswerken  und  endlich  für  die  Anlage  jenes  Antiqui- 
tätenmuseums in  Kairo  zu  erlangen,  das  schon  bei  Ismails 
Verjaguug  seinesgleichen  nicht  hatte.  Als  Gerhard  Rohlfs 
und  Karl  Zittel  die  Erforschung  der  libyschen  Wüste  unter- 
nahmen, schenkte  er  dieser  ergebnissreichen  Expedition,  so- 
wie der  früheren  von  Baker  und  Schweinfurt  nicht  nur 
materielle  Unterstützung,  sondern  auch  verständnissvolle 
Theilnahme.  Auch  vielen  anderen  Forschem  gewährte  er 
thatkräftige  Unterstützung.  So  dem  Astronomen  Mahmud  Be 
(später  Pascha)  bei  seinen  der  Topographie  des  alten  Ale- 
xandrien  gewidmeten  Arbeiten,  und  Ernst  Haeckel,  indem 
er  ihm  für  seine  zoologischen  Untersuchungen  im  Rothen 
Meere  einen  Dampfer  zur  Verfügung  stellte.  Die  Bibliothek 
im  Palast  Derb-el-Gamamiz  zu  Kairo  dankt  ihm  die  Ent- 
stehung und  ihre  tüchtige  Verwaltung  durch  deutsche  Ge- 
lehrte (Dr.  Stern  und  Dr.  Spitta).    Jetzt  steht  ihr  Dr.  Völlers 


W,  Christ,  Nekrolog  auf  Heinr,  t?.  Brunn,  1 83 

vor.  Herr  Dor,  ein  tüchtiger  Schweizer  Pädagog,  richtete 
seine  Aufmerksamkeit  auf  das  Erziehnngswesen  des  Landes. 
Mit  schöner  Duldsamkeit  uriterotützte  der  Ghediv  die  Errich- 
tung auch  christlicher  Schulen  und  Kirchen.  Die  Neu- 
gestaltung des  ägyptischen  Medicinal-  und  Gerichtswesens 
ging  gleichfalls  von  ihm  aus.  Was  er  für  die  Bewässerung 
seines  Reiches,  für  den  Verkehr  durch  Anlage  Yon  Eisen- 
bahnen und  Telegraphen,  für  die  Wohlfahrt  der  Unterthanen 
durch  die  Pflanzung  Schatten  spendender  Bäume  in  gross- 
artiger Menge  that,  verdient  so  gewiss  der  Erwähnung,  wie 
dass  er  die  Zwangsarbeit  aufhob  und  den  Sklavenhandel 
beschränkte.* 

Also  Segen  auch  seinem  Angedenken! 


Darauf  gedachte  der  Sekretär  der  philosophisch-philo- 
logischen Klasse,  Herr  W\  v.  Christ,  der  Mitglieder,  welche 
die  Klasse  im  letzt  verflossenen  Jahre  durch  den  Tod  verloren 
hatte. 

Heinr.  v.  Brunn  gehörte  imserer  Akademie  seit  1860 
an;  es  war  hauptsächlich  das  epochemachende  Werk  .Ge- 
schichte der  griechischen  Künstler",  welches  die  Aufmerk- 
samkeit unserer  gelehrten  Kreise  auf  den  feinen  und  geist- 
vollen Interpreten  der  antiken  Kunstdenkmale  lenkte.  Schon 
5  Jahre  später  hatten  wir  das  Glück  den  grossen  Archäo- 
logen zu  den  Unseren  an  der  Universität  und  an  der  Aka- 
demie zu  zählen.  An  den  Arbeiten  der  Akademie  nahm  er 
den  regsten  Anteil;  in  glänzender  Weise  führte  er  sich  bei 
uns  ein  durch  den  Vortrag  über  die  sogenannte  Leukothea 
der  Glyptothek,  in  unseren  Schriften  veröflFentlichte  er  zahl- 
reiche durch  Gedankentiefe  und  Formvollendung  gleich  aus- 
gezeichnete Abhandlungen,  in  den  letzten  Jahren  leitete  er 
auch   als  Sekretär   die  Sitzungen   und  Geschäfte   der   philo- 


184  W,  Christ 

sophisch-philologischen  Klasse.  —  Mit  der  Akademie  steht 
bei  uns  in  engem  Zusammenhang  das  Generalconservatorium 
der  wissenschaftlichen  Sammlungen  des  Staates.  Auch  hier 
entfaltete  Brunn  eine  vielfache  und  fruchtbare  Th&tigkeit. 
Er  begleitete  nicht  blos  von  yomherein  neben  der  Professur 
der  Archäologie  auch  das  Conservatorium  des  Mfinzkabinets, 
er  hat  auch  ein  neues  Institut,  das  Museum  der  Gypsabgüsse, 
ins  Leben  gerufen,  und  den  verwandten  Sammlungen  seinen 
guten  Rat  und  seine  reife  Erfahrung  in  reichem  Masse  zu» 
gute  kommen  lassen.  Auf  Einzelheiten  einzugehen  muss  ich 
mir  versagen,  da  ein  berufener  Vertreter  des  Fachs,  unser 
Kollege  Prof.  Flasch  aus  Erlangen,  dem  Andenken  unseres 
hochverdienten  Mitgliedes  eine  besondere  Gedächtnisrede 
weihen  wird. 

Moriz  Carriere  war  geboren  am  5.  März  1817  zu  Griedel, 
einem  Dorfe  des  Grossherzogtums  Hessen,  als  Sohn  eines 
Rentamtmanns  der  Fürsten  von  Solms-Braunfels.  Er  ent- 
stammte, wie  schon  der  Name  andeutet,  aus  einer  französi- 
schen Familie,  welche  um  ihres  Glaubens  willen  aus  Frank- 
reich vertrieben,  in  Deutschland  an  der  Dill  und  Lahn  eine 
neue  Heimat  gefunden  hatte.  Seine  Gymnasialstudien  machte 
er  an  dem  preussischen  Gymnasium  in  Wetzlar,  dessen  fein- 
gebildeten Rektor  Axt  er  in  seiner  Doctordissertation  als  prae- 
ceptorem  doctissimum,  amicum  carissimum  anredet.  Nach 
Absolvierung  des  Gymn&siums  im  Jahre  1835  bezog  er  zu- 
nächst die  Universität  Giessen,  um  ohne  Wahl  eines  bestimmten 
Faches  philosophische  Studien  zu  betreiben.  Schon  nach  einem 
Jahr  siedelte  er  nach  Göttingen  über,  wohin  ihn  der  Ruf  von 
Oervinus,  dem  berühmten  Litterarhistoriker,  und  Ottfr.  Müller, 
dem  grossen  Archäologen,  zog,  wo  er  aber  auch  bei  den 
Philosophen  Herbart  und  Krische  hörte.  Den  Abschluss  seiner 
Universitätsstudien  fand  er  in  Berlin,  wo  er  sich  schon  spe- 
cieller  den  philosophischen   Studien  im  engeren  Sinne   zu- 


Nekrolog  auf  Moriz  Carriere,  185 

wandte  and  von  Trendelenburg  zu  den  berühmten  philosophi- 
schen Uebungen  herangezogen  wurde.  Zum  Doctor  philo- 
sophiae  promovierte  er  den  28.  Juli  1838  in  Göttingen  mit 
der  Abhandlung  Theologiae  Aristotelicae  lineamenta,  nach- 
dem er  schon  ein  Jahr  zuvor  mit  der  Abhandlung  De  Ari- 
stotele  Piatonis  amico  eiusque  doctinae  iusto  censore  (Gott. 
1837)  die  Billigung  der  Fakultät  erhalten  hatte,  aber  wegen 
zu  jugendlichen  Alters  nicht  zur  Promotion  zugelassen  worden 
war.  Die  beiden  Dissertationen  behandeln  einen  Autor  des 
Altertums  und  sind  in  lateinischer  Sprache,  in  überfliessendem 
ciceronischen  Stil  geschrieben,  aber  aus  ihnen  spricht  we- 
niger der  kritische  Philologe,  als  der  werdende  Philosoph: 
die  Sätze  des  Aristoteles  sind  mit  der  Lehre  Hegel's  kom- 
biniert; Humboldt,  Dahlmann,  Schlosser  sind  in  Betracht 
gezogen;  in  den  lateinischen  Text  sind  Verse  Goethe*s  ein- 
gelegt; kurzum  der  junge  Doctor  fühlte  sich  nicht  wohl  in 
dem  abgeschlossenen  Kreise  des  Altertums,  er  suchte  das 
Altertum  mit  dem  frischen  Leben  der  Neuzeit  in  Verbindung 
zu  bringen,  der  Erfassung  des  grossen  Ganzen  zuzustreben. 
Nachdem  er  nach  seiner  Promotion  noch  kunsthistorische 
Reisen  in  Italien  gemacht  und  in  mehreren  kleinen  Schriften, 
wie  Die  Religion  in  ihrem  Begriff,  ihrer  weltgeschichtlichen 
Entwickelung  und  Vollendung  (Weilburg  1841),  Schwert  und 
Handschlag  für  Franz  Baader  (Weilburg  1841),  Achim  von 
Arnim  und  die  Romantik  (Grünberg  1841),  seine  lebhafte 
Teilnahme  an  religiösen  und  literarischen  Fragen  der  Gegen- 
wart bekundet  hatte,  habilitierte  er  sich  1842  als  Docent 
der  Philosophie  in  Giessen,  wo  er  auch  1849  zum  ausser- 
ordentlichen Professor  vorrückte.  Seine  Giessener  Zeit  war 
reich  an  Erfolg  und  mannigfacher  Anregung.  Seine  Vor- 
lesungen, wiewohl  sie  aus  dem  herkömmlichen  Geleise  der 
philosophischen  Vorlesungen  heraustraten,  waren  gut  besucht; 
Männer,  die  später  eine  hervorragende  Rolle  in  der  Literatur 
und  dem  öffentlichen  Leben   spielten,    wie  unser  W.  Riehl, 


V  iV 


W,  Christ 

.^..,   BÄUiberger,  Büchner,  zählte  er  zu  seinen  Zu- 

:    it^r  liesellschaft  Sonderbiind,    in   der   sieb   die 

•^.c<Lt  der  Giessener  Gelehrten  weit  zusammenfanden 

-.    :^'U»geatlich    des  Ablebens  Carriere's  K.  Vogt 

.^.  V  i.  (er  Zeitung  eine  zwar  pietätlose,  aber  färben» 

^^     (.    «entworfen    hat,    verkehrte  Carriere   mit  geist- 

«..    lortt   verschiedener  Richtung,    unter  denen  ihm 

^     .0  0  in  der  Erinnerung  blieb  als  Gust.  Baur,   der 

ivwe  Theologe,  der  ^auch  in  der  Kunst  und  in  der 

.  V'  Otfeubarung   des   göttlichen  Geistes   suchte   und 

:i    der  Familie   des   grossen  Chemikers  und  Natur- 

Liobig  erhielt  er  neue,   die  Werkstätte  der  Natur 

'v\or   er^chliessende  Anregungen,   und   gewann  er  als 

«   ;ccvtaouer  Gast  das  Herz   der  ältesten    Tochter  Agnes, 

.  v^mter  (1853)  zum  glücklichen,  leider  früh  durch  den 

'V.   ^viOc^ten  Ehebund  heimführte. 

Svii  dem  Jahre  1853  finden  wir  Carriere  hier  in  unserer 
Xc%a.  nachdem  kurz  zuvor  Liebig  von  Konig  Maximilan  IL 
...  Noubclobuug  der  wissenschaftlichen  Studien  nach  München 
Mv.tVu  worden  war.    Anfangs  hielt  er  in  freier  Stellung  an 
loi  t  tu Yoi*sitiit  Vorträge  über  Aesthetik  und  allgemeine  Lite- 
A.tii^ivsohiohte;    bald  bekam  er  auch   eine  feste  Anstellung 
*.N  Schriftführer   und  Professor   der  Kunstgeschichte  an  der 
V\.4vicuuo   der  Künste.     In   dem    reichen  Leben  der  grossen 
Si4idt  ^   im  Verkehr   mit   Künstlern,  Dichtern,  Gelehrten  er- 
'ucU  ^'in  dem  Schöngeistigen  von  je  besonders  zugewandter 
VuM>t  mannigfache  Nahrung,  und  reiften  die  grossen  Werke, 
viu'  soinen  Namen  allhin  verbreiteten  und  seiner  literarischen 
StoUung  ein  festeres  Gepräge  gaben.    Von  der  Gnade  seines 
Kv^uiglichen  Herrn    wurde  er   zu  den  berühmten  Symposien 
iu  dor  Uosidenz  zugezogen;  in  den  verschiedenen  literarischen 
Vuxü^dlsichaften  der  Stadt  war  er  ein  thätiges,  selten  fehlendes 
Mitglied;   auch  an  dem  politischen  Leben  nahm  er  nament- 
lich lur  Zeit  der  nationalen  Erhebung,  als  die  Traume  seiner 


Nekrolog  auf  Moriz  Garriere,  187 

Jugeod  in  den  Gestalten  des  Heldenkaisers  Wilhelm  I.  und 
seines  grossen  Kanzlers  Bismarck  sich  verkörperten ,  be- 
geisterten Anteil.  Im  Jahre  1887  erreichte  er  auch,  nach 
seiner  Enthebung  von  dem  Sekretariat  an  der  Kunstakademie, 
das,  „was  er  vor  50  Jahren  zu  werden  gewünscht  und  lange 
vergeblich  angestrebt  hatte,  die  einfache  Stellung  eines  ordent- 
lichen üniversitätsprofessors*.  Unserer  Akademie  gehörte  er 
erst  seit  1889  als  ordentliches  Mitglied  an. 

In  frohem  Schaffen  und  in  heiterer  Geselligkeit  gelangte 
er  so  zur  Schwelle  des  Alters.  Freilich  auch  von  herben 
Verlusten  und  schweren  Schicksalsschlägen  blieb  sein  Leben 
nicht  verschont.  Nach  10  Jahren  glücklichster  Ehe  ward 
ihm  seine  treue  Lebensgefährtin  entrissen;  seine  zwei  Kinder 
sah  er  vor  sich  in  das  Grab  sinken,  das  Mädchen  Elisabeth 
in  zarter  Kindheit,  den  hoffnungsvollen  Sohn  Justus  in  der 
Blüte  des  Mannesalters;  seiner  eigenen  Augen  Licht  drohte 
durch  den  grauen  Star  zu  erlöschen.  Aber  von  dem  Augen- 
leiden brachte  ihm  die  kundige  Hand  seines  Kollegen  und 
Freundes  Rothmund  Heilung,  und  die  Schmerzen,  welche  ihm 
der  Tod  seiner  Liebsten  bereitete,  überwand  er  mit  dem  Tröste 
der  Weisheit.  So  setzte  er  mit  ungebrochener  geistiger  Kraft 
seine  Thätigkeit  an  der  Universität,  in  der  Literatur  und  im 
geselligen  Leben  ohne  Unterbrechung  fort,  bis  am  18.  Ja- 
nuar d.  J.  ein  Herzschlag  unerwartet  und  plötzlich  seinem 
Leben  ein  Ende  machte. 

Das  sind  die  äusseren  Umrisse  des  Lebens  unseres  ab- 
geschiedenen Kollegen.  Der  Inhalt  desselben  war  ein  un- 
gemein reicher,  nicht  durch  einflussreiche  Lebensstellung 
und  ausgedehnte  praktische  Thätigkeit,  sondern  durch  die 
Vielseitigkeit  seines  geistigen  Interesses  und  die  Fruchtbar- 
keit seiner  literarischen  Feder.  Er  hat  selbst  in  seinen  letzten 
Lebensjahren  eine  Gesaratausgabe  seiner  Werke  in  14  Bänden 
veranstaltet,  aber  dieselbe  umfasst  lange  nicht  alles,  was  er 
geschrieben;    die   kleinen  Aufsätze  und  Artikel  fehlen  ganz, 


188  TF.  Christ 

und   auch    von  seinen  Jugendscfarifben  värmisst  man  ungern 
eine  Auswahl. 

Von  seinen  grösseren  Werken  hat  er  selbst  die  sittliche 
Weltordnung  (1877.  1891  =  XIII.  Bd.  d.  Qes.-W.)  als  das- 
jenige Buch  bezeichnet,  welches  die  wissenschaftliche  Ent- 
wicklung seiner  Ideen  über  Kunst,  Religion  und  Geschichte 
und  die  langsam  gereifte  Frucht  seiner  Studien  auf  diesem 
Gebiete  enthält,  eine  in  Freude  und  Leid  gewonnene  Lebens- 
anschauung. Wenn  nun  auch  andere  diesem  Buche  und  den 
damit  in  Verbindung  stehenden  zwei  akademischen  Abhand- 
lungen ,Das  Wachstum  der  Energie  in  der  geistigen  und 
organischen  Welt"  (1892),  und  »Erkennen,  Erleben,  Er- 
schliessen''  (1893)  nicht  jene  centrale  Bedeutung  zuerkennen, 
so  werden  wir  doch  dem  Winke  des  Autors  selber  folgen, 
zumal  die  Idee  der  sittlichen  Weltordnung  alle  Schriften  und 
Reden  Carriere's  wie  ein  roter  Faden  durchzieht.  Er  fühlte 
sich  eben  in  erster  Linie  als  Philosoph  und  Lehrer  des  Volkes 
und  wollte  seine  Reden  und  seine  Schriften  über  Kunst  und 
Literatur  nur  als  Ausflüsse  seiner  philosophischen  Weltan- 
schauung angesehen  wissen.  Ausgegangen  war  er  in  seiner 
Philosophie  von  Hegel,  den  er  schon  in  einer  seiner  frühesten 
Schriften  als  den  Aristoteles  unserer  Zeit,  als  das  Genie  des 
architektonischen  Gedankenbaus  preist.  Den  grossen  Dia- 
lektiker hatte  er  nicht  mehr  selbst  gehört;  denn  derselbe 
war  schon  vor  seinen  Universitätsjahren  im  Jahre  1833  von 
der  Cholera  weggerafft  worden.  Aber  in  Berlin  hörte  er 
die  Schüler  des  Meisters  und  schon  in  Göttingen  lag  er  mit 
Feuereifer  dem  Studium  seiner  Schriften  ob.  Der  Einfiuss 
des  bahnbrechenden  Denkers  zeigt  sich  auch  noch  in  den 
späteren  Arbeiten  Carriere's,  in  der  Vorliebe  für  systemati- 
sche Konstruktion,  in  der  Geringschätzung  der  vom  Ganzen 
losgelösten  Einzelforschung,  in  dem  optimistischen  Glauben 
an  eine  allmählich  sich  steigernde  Entwicklung  auf  allen 
Gebieten    des    Geistes    und    der   Natur.      Thatsächlich   aber 


Nekrolog  auf  Moriz  Carriere,  189 

entfernte  er  sich  mit  der  Zeit  immer  mehr  von  der  Grund- 
lage des  HegePschen  Idealismus.  Angelpunkt  seiner  ganzen 
Betrachtung  wurde  die  sittliche  Weltordnung,  in  der  zugleich 
die  schöpferische  Freiheit  des  Willens  und  die  Unabänder- 
lichkeit der  Naturgesetze,  die  Kraft  des  denkenden  Subjektes 
und  die  Wahrheit  der  objektiven  Erscheinung  zur  Geltung 
kommen  sollten.  Er  bezeichnete  diese  seine  Weltanschauung 
als  Real-Idealismus,  indem  er  dabei  von  der  Forderung  der 
Vernunft  ausging,  welche  ein  gemeiusames  Princip  als  Grund 
und  Ziel  alles  Lebens  für  unseren  erkennenden  Geist  und  die 
Aussenwelt  der  Erscheinungen  verlangt  und  wonach  die  Denk- 
formen unseres  Verstandes  sich  mit  den  Gesetzen  und  Normen 
decken,  nach  denen  die  Welt  unterschieden  und  geordnet  ist. 
Gestützt  sodann  auf  die  auch  dem  Laien  sich  aufdrängende 
Beobachtung  eines  Bildungstriebes  in  den  Geschöpfen  des 
organischen  Lebens  findet  er  auch  in  der  Natur  ein  Ana^ 
logon  des  menschlichen  Sittengesetzes,  so  dass  das  Streben 
aufsteigender  Lebensentwicklung  Natur  und  Geschichte,  das 
Reich  des  Bewussten  und  Unbewussten  mit  einander  ver- 
kettet. Und  indem  er  dann  schliesslich  zur  Gottesidee  auf- 
steigt, erfasst  er  Gott  als  den  das  Universum  zusammen- 
haltenden Weltgeist,  der  als  Urgrund  der  sittlichen  Welt- 
ordnung in  allem  stets  und  überall  gegenwärtig  sei.  Dabei 
verwahrte  er  sich  aber  gegen  den  Vorwurf  einer  pantheisti- 
schen  Gottesanschauung,  indem  er  seinem  Gott  zugleich  be- 
wussten Willen  und  den  Charakter  der  Persönlichkeit  bei- 
legte. Es  ist  nicht  dieses  Ortes  noch  meines  Amtes,  an  diesen 
Sätzen  Kritik  zu  üben  und  zu  untersuchen ,  ob  es  Carriere 
gelungen  ist,  die  Begriffe  der  Persönlichkeit  und  der  Uni- 
versalität zusammenzuführen,  und  ob  er  berechtigt  war,  aus 
der  Wahrnehmung  des  Entwicklungstriebes  in  der  organi- 
schen Schöpfung  auf  ein  teleologisches  Princip  in  der  Welt- 
bewegung zu  schliessen.  Sicherlich  hat  er  selbst  unver- 
brüchlich   an  jenem   Grundsatz   der   sittlichen   Weltordnung 


190  W.  Christ 

festgehalten  und  in  seinen  letzten  Lebensjahren  gegen  die 
Vertreter  des  Materialismus  und  der  Truglehre  blindwirkender 
Naturgesetze  mehr  noch  als  gegen  den  religiösen  Fanatismus 
und  die  Beschränktheit  eines  starren  Dogmatismus  angekämpft. 
An  das  deutsche  Volk  gewandt  rief  er  aus:  ,in  dem  Glauben 
an  die  sittliche  Weltordnung  bist  du  gross  geworden;  an  ihm 
halte  fest  und  du  wirst  menschenwürdig  und  glücklich  leben''. 

unter  den  verschiedenen  Zweigen  der  Philosophie  hat 
Garriere  zu  seiner  speciellen  Domäne  die  Aesthetik  oder  die 
Idee  des  Schönen  erkoren;  sie  zog  ihn  vor  allem  an,  denn 
im  Schönen,  so  sprach  er  in  schwärmerischer  Begeisterung, 
wird  unser  ganzes  Wesen,  Sein  und  Seele,  Herz  und  Geist 
zugleich  befriedigt  und  erhoben,  in  ihm  ist  das  Reale  und 
Ideale  in  Eins  gebildet,  es  ist  das  mangellose  Sein,  ein  wieder- 
geborenes Paradies  und  ein  Himmel  auf  Erden.  Ueber  die 
Kunst  hat  er  zwei  grosse  Werke  geschrieben,  ein  philoso- 
phisches und  ein  historisches,  eine  Aesthetik  und  eine  Kunst- 
geschichte. 

Die  Aesthetik,  die  in  wiederholten  Auflagen  erschienen 
ist  (1859^  1885».  Bd.  I  u.  II  d.  Ges.-W.),  umfasst  2  Teile. 
In  dem  ersten  handelt  der  Verfasser  im  allgemeinen  von  der 
Idee  des  Schönen  und  ihrer  Gestaltung  im  Kosmos  und  in 
der  Natur,  unter  den  Aufschriften  Schönheit,  Welt  und  Phan- 
tasie; in  dem  zweiten  legt  er  dann  die  Principien  und  Grenzen 
des  Schönen  in  den  drei  Reichen  der  bildenden  Kunst,  der 
Musik  und  der  Poesie  dar.  Dem  letzten  Teile,  in  dem  er 
selbst  nicht  bloss  betrachtend,  sondern  auch  schöpferisch 
thätig  war,  widmete  er  noch  ein  besonderes  Buch  „Das 
Wesen  und  die  Formen  der  Poesie,  ein  Beitrag  zur  Philo- 
sophie des  Schönen  und  der  Kunst*  (1854^  1886»  =  Bd.  III 
d.  Ges.-W.).  Auf  seine  Aesthetik  legte  Garriere  selbst  ein 
grosses  Gewicht:  es  war  dasjenige  Gebiet,  das  er  speciell 
als  Professor  an  der  Universität  vertrat,  und  zu  der  er  durch 
seine  Stellung   an  der  Kunstakademie   und   im  Verkehr  mit 


Nekrolog  auf  Moriz  Carriere.  191 

Künstlern  und  Dichtern  reichste  Anregung  erhielt.  Auch 
hat  er  mit  seinen  Vorlesungen  über  Äesthetik  und  besonders 
über  das  Wesen  und  die  Formen  der  Poesie  grossen  Anklang 
gefunden;  aber  es  fehlte  auch  nicht  an  Ausstellungen  und 
abfalligen  Urteilen.  Abgesehen  von  denjenigen,  welche  über- 
haupt auf  theoretische  Erörterungen  im  Oebiete  der  schaf- 
fenden Kunst  keinen  grossen  Wert  legen,  wurde  auch  von 
Fachmännern  die  präcise  Formulierung  der  Gedanken  und 
die  psychologische  Entwicklung  vom  Empfinden  des  Schönen 
vermisst,  und  Lotze  glaubte  so  weit  gehen  zu  dürfen,  in 
seiner  Geschichte  der  Äesthetik  die  Leistungen  Carriere*s 
einfach  zu  ignorieren.  Bs  übte  eben  hier  am  meisten  bei 
unserem  Freunde  die  Hegersche  Begriffssystematik  ihren  Ein- 
fluss  zu  Ungunsten  der  Sache:  dem  beliebten  Dreiklang  zu- 
lieb wird  nicht  blos  in  der  bildenden  Kunst,  Architektur, 
Plastik,  Malerei,  in  der  Poesie  Epos,  Lyrik,  Drama  unter- 
schieden, sondern  auch  in  der  Musik  zur  Instrumental-  und 
Vokalmusik  als  Drittes  der  Verbindung  von  Instrnmental- 
und  Vokalmusik  gestellt,  und  in  der  Lyrik  eine  Scheidung 
in  Lyrik  des  Gefühls,  der  Anschauung  und  des  Gedankens 
durchgeführt.  Das  schmeckt  stark  nach  Hegerscher  Archi- 
tektonik und  entspricht  wenig  dem  historischen  Werden  und 
dem  inneren  Wesea  der  Sache ,  noch  weniger ,  wenn  der 
Unterschied  von  Ode  und  Elegie  statt  historisch  entwickelt 
und  aus  dem  Versmass  erklärt  zu  werden,  dabin  bestimmt 
wird,  dass  die  Ode  den  grossen  Gehalt  des  Lebens  ergreift, 
die  Elegie  hingegen  einen  sanften,  schmelzenden  Ton  hat. 
Das  historische  Werk  über  das  Schöne  trägt  den  Titel 
„Die  Kunst  im  Zusammenhang  der  Culturentwicklung  und 
der  Ideale  der  Menschheit"  (Bd.  IV— IX  d.  Ges.-W.)  und 
behandelt  in  5  Bänden  die  Anfänge  der  Cultur  und  das 
orientalische  Altertum  in  Religion,  Dichtung  und  Kunst, 
Hellas  und  Rom  in  Religion  und  Weisheit,  Dichtung  und 
Kunst,  das  christliche  Altertum  und  den  Islam,  das  europäische 


192  W.  Chrifft 

Mittelalter  in  Dichtaog,  Kunst  und  Wissenschaft,  Renaissance 
und  Reformation  in  Bildang,  Kunst  und  Literatur,  endlich 
das  Weltalter  des  Geistes  im  Aufgang,  in  Literatur  und 
Kunst  im  18.  und  19.  Jahrhundert.  Das  Ganze  ist  eine 
Philosophie  der  Geschichte  vom  Standpunkt  der  Aesthetik, 
die  man  treffend  auch  eine  Geschichte  des  Idealismus  ge- 
nannt hat.  E^  ist  ein  grossartig  angelegtes,  mit  staunens- 
wertem Fleisse  durchgeführtes,  von  tiefen  Gedanken  erf&lltes 
und  in  gehobener  Sprache  geschriebenes  Werk.  Dem  Ver- 
fasser kamen  hier  die  Vorzüge  seines  Geistes  und  seiner 
Studien  weise  ganz  besonders  zustatten,  die  warme  Begeiste- 
rung für  das  Schöne,  die  ausgebreitete  Lektüre,  das  treue 
Gedächtnis,  die  Leichtigkeit  sich  in  das  Denken  und  Fühlen 
verschiedener  Zeiten  hineinzufinden.  Was  man  in  seinen 
theoretischen  Schriften  getadelt  hat,  die  Masse  der  wörtlichen 
Anführungen,  das  war  in  diesem  Werk  ganz  an  seinem 
Platz;  man  folgt  hier  gern  der  Art  des  Autor,  «die  einzelnen 
Männer  selbst  sich  schildern  zu  lassen  und  so  viel  als  mög- 
lich vom  Hauch  und  Duft  des  Originals  in  seine  Bearbeitung 
zu  verpflanzen''.  Dadurch  erhielt  das  Werk  die  grosse  Man- 
nigfaltigkeit, die  den  Leser  stets  frisch  erhält  und  nach  den 
verschiedensten  Seiten  anregt;  freilich  thut  auch  der  Autor 
mit  der  Unabhängigkeit  der  geistigen  Erfassung  und  dem 
sittlichen  Adel  der  Beurteilung  das  Nötige  hinzu,  um  den 
gebildeten  Leser  stets  in  sympathischer  Stimmung  zu  erhalten. 
So  erklärt  sich  leicht  der  grosse  Erfolg,  den  unser  üarriere 
mit  diesem  Werke  in  den  verschiedenen  Schichten  des 
deutschen  Volkes,  bei  Männern  und  bei  Frauen,  gefunden 
hat.  Der  Specialforscher  wird  ja  auf  seinem  Gebiet  lieber 
zu  Büchern  greifen,  welche  ihn  direkt  zu  den  Originalen 
und  mitten  in  die  Fragen  der  Forschung  hineinführen,  aber 
auch  er  wird  Carriere's  Buch  mit  Gewinn  lesen,  um  seinen 
Horizont  zu  erweitern  und  vergleichende  Gesichtspunkte  für 
die  Cultur-  und  Kunstentwickelung   verschiedener  Zeiten  zu 


Nekrolog  auf  Morig  Carriere.  193 

gewinnen.  Einem  solchen  universellen  Buch,  wie  es  Carriere 
geschrieben  hat,  die  Berechtigung  abzusprechen,  weil  man 
über  das  Einzelne  in  Specialwerken  Genaueres  und  Origi- 
nelleres finden  könne,  hiesse  auch  die  Weltgeschichte  Schlos- 
8er*8  und  den  Kosmos  Humboldt*s  aus  der  Liste  der  wissen- 
schaftlichen Werke  und  lesenswerten  Bücher  streichen. 

Mit  diesem  historischen  Hauptwerk  Garriere*s  stehen 
mehrere  andere,  welche  dasselbe  teils  vorbereiteten,  teils  be- 
gleiteten, in  engem  Zusammenhang;  insbesonders  Die  philo- 
sophische Weltanschauung  der  Reformationszeit  (1847),  Vier 
Gedenkreden  auf  deutsche  Dichter,  Lessing,  Schiller,  Goethe, 
Jean  Paul  (1862),  Fichte*s  Geistesentwicklung  in  den  Reden 
über  die  Bestimmung  des  Gelehrten  (1894),  die  Herausgabe 
von  Goethe's  Faust  und  Schiller^s  Teil  mit  Einleitung  und 
Erläuterung  in  der  Bibliothek  der  deutschen  Nationalliteratur 
des  18.  und  19.  Jahrhunderts. 

Die  drei  Hauptwerke  unseres  ehemaligen  Kollegen  habe 
ich  hiermit  aufgefQhrt  und  zu  charakterisieren  versucht;  aber 
damit  habe  ich  noch  lange  nicht  die  Schriftstellerei ,  ge- 
schweige denn  die  Geistesthätigkeit  desselben  erschöpft.  Car- 
riere war  kein  Buchgeiehrter,  der  sich  in  seine  Studierstube 
oder  sein  Laboratorium  einschloss,  er  nahm  an  dem  geistigen, 
politischen,  religiösen  Leben  um  sich  regsten  Anteil  und 
nicht  blos  als  empfänglicher  Leser  und  Zuhörer,  sondern 
auch  in  aktiver  Teilnahme  als  Redner  und  Schriftsteller. 
Zwar  von  der  politischen  Arena  unserer  Volksvertretungeiv 
zog  er  sich  nach  kurzer  Thätigkeit  in  dem  Vorparlament  zu 
Frankfurt  im  Jahre  1848  bald  wieder  zurück,  nachdem  er 
selbst  zur  Erkenntnis  gekommen  war,  dass  sein  Optimismus 
und  sein  Streben  nach  Aussöhnung  der  Gegensätze  zum 
Streite  der  Parteien  und  zur  Hitze  des  Kampfes  wenig  passe. 
Aber  auch  nach  den  Jahren  der  Enttäuschung  verfolgte  er 
mit  patriotischem  Eifer  den  Aufschwung  der  Nation,  bot 
selbst  in  den  Kämpfen   der  Jahre  1870/71   als  Samaritaner 

181»&.  Sitsnngtb.  d.  phU.  u.  hist.  Gl.  13 


194  W.  Christ 

dem  Yaierlande  seine  Dienste  an  und  stand  stets  in  erster 
Linie,  wenn  es  galt,  die  Güter  der  Freiheit  und  Vaterlands- 
liebe zu  verteidigen,  das  Andenken  an  die  grossen  Männer 
und  Geistesheroen  der  Nation  zu  feiern,  das  Interesse  der 
Mitbürger  für  die  Kulturaufgaben  der  Zeit  durch  Wort  und 
Schrift  wachzurufen.  Den  Freunden  aber  —  und  er  hatte 
viele  in  allen  Lebensstellungen  —  wahrte  er  nicht  blos  Treue 
und  Liebe,  er  setzte  vielen  auch  ein  literarisches  Denkmal, 
teils  während  ihres  Lebens,  teils  nach  ihrem  Hinscheiden. 
So  kam  es,  dass  er  nicht  blos  grosse  Bücher  schrieb,  sondern 
auch  Reden  hielt  und  zahllose  Artikel  in  Zeitungen  und  Zeit- 
schriften erscheinen  liess.  Es  entging  ihm  nicht,  dass  diese  seine 
Zwitterstellung  als  Gelehrter  und  Litterat  in  zünftigen  Kreisen 
Anstoss  erregte,  aber  weit  entfernt  dieselbe  zu  verleugnen, 
rühmte  er  sich  derselben:  „nicht  nach  deutscher  Gelehrten 
Art^\  sagte  er  in  einem  oiSenen  Briefe  an  Brenan,  „will  ich 
blos  für  Gelehrte  und  Bibliotheken  die  Ergebnisse  der  For- 
schung darstellen,  sondern  für  das  Leben  und  das  Volk  will 
ich  schreiben/^  Und  nicht  leicht  erfreute  ihn  eine  An- 
erkennung mehr  als  die  aus  dem  Munde  unseres  ehemaligen 
Kollegen  Bursian,  als  derselbe  von  ihm  bei  Gelegenheit  der 
Feier  seiner  25jährigen  Thätigkeit  an  der  Kunstakademie 
rühmte:  „Der  Jubilar  hat  nicht  blos  in  grossen  Büchern 
seine  Ideen  niedergelegt,  sondern  steht  auch  wie  ein  leben- 
diges Gewissen  der  Nation  auf  der  Warte,  um  ihr  in  der 
Geschichte  des  Tages  mahnende  und  erhebende  Worte  über 
die  geistigen  Lebensfragen  der  Menschheit  zuzurufen/^ 

Das  Meiste  von  diesen  Reden  und  Aufsätzen  ist  zerstreut 
in  den  Beilagen  der  Allgemeinen  Zeitung,  in  Westermann*s 
Monatsheften,  der  deutschen  Biographie,  dem  deutschen  Plu- 
tarch,  dem  deutschen  Museum,  der  deutschen  Rundschau, 
den  Zeitschriften  Gegenwart,  Nord  und  Süd,  Aula  u.  a. 
Das  Beste  hat  der  Verfasser  selbst  in  zwei  Sammelbänden 
vereinigt,   in  den  Religiösen  Reden  und   Betrachtungen  für 


Nekrolog  auf  Morie  Carriere,  195 

das  deutsche  Volk  (1850^  1894»  =  XIV.  Bd.  d.  Ges.  W.) 
und  in  den  Lebensskizzen  (1890  =  XII.  Bd.  d.  Ges.  W.). 
Die  erste  Sammlung  enthält  etwa  ein  Dutzend  Reden,  dazu 
kritische  Beigaben,  zu  denen  noch  die  Sonderschrift  „Jesus 
Christus  und  die  Wissenschaft  der  Gegenwart^^  zu  stellen  ist. 
Passend  wurde  das  Buch  von  der  Kritik  als  Erbauungsbuch  für 
Gebildete  bezeichnet.  Carriere  war  für  diese  Art  von  Litteratur 
besonders  gescha£fen:  entsprossen  einer  Familie,  die  viele 
Geistliche  zählte  und  um  des  Glaubens  willen  Schweres  erduldet 
hatte,  verband  er  religiöse  Weihe  mit  Einsicht  in  die  Ergeb- 
nisse der  wissenschaftlichen  Kritik.  Er  bekämpfte  wohl  das 
zähe  Festhalten  an  erstarrten  und  überlebten  Formen  ver- 
gangener Jahrhunderte,  aber  die  ewigen  Grundwahrheiten 
des  Christenthums  hielt  er  unverbrüchlich  fest  und  scheute 
selbst  nicht  den  Kampf  gegen  die  zersetzende  Kritik  von 
Strauss  und  die  romanhaften  Phantasien  von  Renan.  Von 
dem  Gebildeten  verlangte  er  wenigstens  den  Grad  von  Re- 
ligion, dass  er  nicht  alles  aus  blinden  Naturkräften  hervor- 
gehen lasse,  sondern  einen  Willen  der  Liebe,  der  einsichts- 
voll alles  schafft  und  lenkt,  anerkenne.  Eine  gottinnige  Hu- 
manität, eine  in  Natur  und  Geschichte  das  Walten  des  Ewigen 
und  die  Verwirklichung  seiner  Ideen  anschauende  ^Veisheit 
hielt  er  für  das  höchste  Ziel  unseres  Erkennens  und  Lebens 
in  der  Gegenwart. 

Von  noch  allgemeinerem  Interesse  dürften  die  gesam- 
melten Lebensbilder  sein.  Es  findet  sich  in  diesem  Buche 
ausser  einem  längeren  Essay  über  Oliver  Cromwell,  dem 
Zuchtmeister  zur  Freiheit,  eine  Anzahl  fein  gezeichneter  und 
lebensfrisch  entworfener  Gedenkblätter  auf  Bettina  von  Arnim, 
Peter  Cornelius,  Geibel,  Liebig,  Johannes  Huber,  Melchior 
Mayr  u.  a.  Besonders  anziehend  und  voll  sprühenden 
Künstlerhumors  sind:  Die  dreissig  Jahre  an  der  Akademie 
der  Künste  in  München.  Von  dem  politischen  Optimismus 
des  Verfassers   zeugt  das   ebenda   wieder  abgedruckte  Send- 

13* 


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i&iii  asuiii  «»il*.»til  s^^ttiHiifi  'Ulli  20.  g*^ti.rrT-:iLaix.  limd 


t;i1»«l  fc':.ln«»nrtnriJiifflKaj  iui:  i«i  Siw-Tpf  m^ras.  Maaer  Kuas-  fi«I- 

«miitiu.  frtnuit«'  T.ii>tvi»-jr  «"räzcAitL  ifir  «tii*  iSfciJacfeflar  4er 
T/i:.^äFdr»*Ji  KrlnToii:;^  ftiaäi  Kramz  tocl  ä:ci5<as*aL  Späöar  haas 
«r.  jrvii*iw«niuiiiM»i£  ^kia  Er;ßn2j':rL^  za.  «££:>«&  riJü^crnfiCB  Baien 
«Mi  ■'>ywiijjc*i«u»ii  t?lr  L'^Jsj>XLiit  tu  ah«L  aiüi  Düoiea  D^Lkter- 
vv»?v«i  i\Mt?Xi  '  r*:>t%  l'tr\J^}-^  das  in  iw.äiiiiT  Aiflaft  onter 

r*\utikMa^  iv.u£b»itL  Aber  die  eLzea^'^hect  Perlen  scräerdicli- 
vrju',iiai  K.ij3e:  enckUt  d^  dem  Andecikea  seiner  fir&k  Ter- 
^i«'.ri)enea  Fnui  gewidmele  BQckI*e^in  Agnes,  eine  äunmlang 
vim  Liefaeaiiedem  und  G^dankendicktimgen  flSSS). 

In  anäere  Akademie  murde  C;ftrneTe  eist  im  Jaiire  1S89 
Autgenommen;  eine  so  $|Dä(e  Anerkennon^  seiner  YerdieDste 
Ton  Seiten  unserer  KorfK^mtivm  kuin  aofifällig  ersciiemen  und 
hal  auch  in  d««r  Thal  viotfach  Ansti.'tss  erregt.  Um  ao  mehr 
dürfte  ein  aufklärtnuiix»  Wort  ul^r  ditssen  Punkt  hi»  an  der 
Stelle  stMU»  TuM^n»  Akademie  ib?!  nkht:  wie  die  Ptoiser  für 
Jlanuer  der  W ksi^M^nsn^haft  und  Li;;<nkCur  bestimmt,  sie  ist 
viehnehr  KHiiglioh  «ur  tVMMeruu^  vi^r  Wistsea&ehmft  und  zur 


Nekrolog  auf  Morie  Carriere,  197 

Erforschung  der  Ursachen  der  Dinge  gegründet  worden.  Es 
fallt  ans  Mitgliedern  der  Akademie  desshalb  nicht  ein,  uns 
für  etwas  Höheres  als  die  schaffenden  Kräfte  in  Kunst  und 
Litteratur  zu  halten;  umgekehrt  rechnen  wir  es  uns  zur 
besonderen  Ehre  an,  wenn  wir  mit  der  Exaktheit  der  For- 
schung die  Kunst  der  Rede  zu  verbinden  und  aus  dem  Bücher- 
staub  in  den  reinen  Aether  der  Poesie  uns  zu  erheben  ver- 
stehen. Aber  zu  Mitarbeitern  und  Mitgliedern  können  wir 
nur  diejenigen  heranziehen,  die  ihre  Kräfte  in  den  Dienst 
der  Forschung,  und  was  davon  fast  untrennbar  ist,  in  den 
Dienst  des  Ausbaues  einer  einzelnen  Wissenschaft,  gestellt 
haben.  Nun  nahm  Garriere,  wie  auch  meine  Darlegung 
seiner  litterarischen  Verdienste  gezeigt  haben  wird,  eine 
Mittelstellung  zwischen  selbständiger  Forschung  und  populärer 
Verarbeitung  und  Verbreitung  des  Erforschten  ein,  und  dieses 
allein  hat  seine  frühzeitigere  Aufnahme  in  die  Akademie 
gehindert.  Immerhin  aber  hat  Carriere  in  diesem  Punkte 
hier  mehr  erreicht,  als  sein  Meister  Hegel  in  Berlin,  dem 
zeitlebens  die  Pforten  der  Akademie  verschlossen  blieben. 
Aber  wenn  auch  erst  spät  die  Bedeutung  Garriere*s  in  dem 
geistigen  Leben  unseres  Volkes  die  aus  jener  Doppelstellung 
entsprungenen  Bedenken  zurückgedrängt  hat,  so  erfüllt  es 
uns  doch  mit  gerechtem  Stolze,  heute  an  dieser  Stelle  dem 
fruchtbaren  und  geistreichen  Schriftsteller,  dem  unerschrocke- 
nen Verteidiger  der  freien  Forschung,  dem  edlen  Banner- 
träger der  idealen  Weltanschauung  als  einem  der  Unserigen 
die  Spende  dankbarer  Erinnerung  weihen  zu  dürfen. 

Von  auswärtigen  Mitgliedern  wurden  der  philosophisch- 
philologischen Klasse  durch  den  Tod  entrissen: 

Chr.  Fr.  Aug.  Dillmann,  Professor  der  biblischen 
Theologie  und  orientalischen  Sprachen,  geboren  den  25.  April 
1823  in  Illingen,    gestorben  den  4.  Juli   1894    in  Berlin, 


198  TF.  Christ 

auswärtiges  Mitglied  unserer  Akademie  seit  1872.  Geboren 
und  gebildet  in  Württemberg,  gehörte  derselbe  zu  den  grossen 
Theologen  des  Schwabenlandes,  welche  auf  philologischer 
Grundlage  das  Studium  der  Theologie  betrieben  und  damit 
zugleich  in  die  Kenntnis  der  orientalischen  Sprachen  ein- 
geführt wurden.  Dillmann  hatte  sich  speziell  das  Studium 
des  Aethiopischen  zur  Aufgabe  gestellt  und  galt  hier  als 
erste  Autorität  unter  den  Fachgenossen.  Seine  Ausgabe  des 
Buches  Henoch,  des  Adambuches,  des  äthiopischen  alten  Te- 
stamentes, seine  äthiopische  Grammatik  und  sein  äthiopisches 
Lexikon  haben  diesen  Teil  der  Philologie  neu  begründet. 
Aber  auch  auf  dem  Gebiet,  das  er  offiziell  an  der  Univer- 
sität vertrat,  in  der  alttestamentlichen  Exegese  und  in  der 
semitischen  Grammatik  erwarb  er  sich  durch  die  Gediegen- 
heit seiner  Untersuchungen  einen  hochgeachteten  Namen. 


*•  Keil  (geboren  den  25.  Mai  1822,  gestorben  den 
27.  August  1894,  auswärtiges  Mitglied  unserer  Akademie 
seit  1864),  Professor  der  klassischen  Philologie  in  Halle. 
Derselbe  war  einer  der  besten  Kenner  der  lateinischen  Sprache, 
der  sich  namentlich  als  Kritiker  und  Herausgeber  lateinischer 
Texte  verdient  gemacht  hat.  Die  lang  vernachlässigten 
Schriften  der  lateinischen  Nationalgrammatiker  haben  an  ihm 
einen  ebenso  sorgfältigen  Herausgeber  als  scharfsinnigen  Ver- 
besserer  gefunden.  Ebenso  verdankt  man  seiner  kundigen  Durch- 
forschung der  handschriftlichen  Ueberlieferung  und  seinem 
kritischem  Scharfsinn  hochgeschätzte  Ausgaben  der  Briefe 
des  jüngeren  Plinius  und  der  Schriften  Cato's  und  Varro's 
über  die  Landwirtschaft.  Auch  an  einer  unserer  bayerischen 
Landesuniversitäten,  Erlangen,  war  er  eine  Zeit  lang,  1859 
bis  1869,  als  Professor  thätig,  und  dankbar  würdigen  wir 
seine  hohen  Verdienste  um  die  Hebung  des  wissenschaftlichen 
Sinnes  unseres  Gjmnasiallehrerstandes. 


Nekrologe  auf  Dillmann,  Keil,  de  Bossi,  Ch.  Newton.       199 

Giovanni  Battista  de  Bossi  (geboren  1822  zu  Rom, 
gestorben  den  20.  September  1894,  auswärtiges  Mitglied  unserer 
Akademie  seit  1867),  der  Begründer  der  christlichen  Archäo- 
logie. Durch  seine  zwei  Hauptwerke  „Inscriptiones  christianae 
nrbis  Romae  septimo  saeculo  antiquiores^^  und  „Roma  sot- 
terranea  cristiana*^  hat  er  aus  den  Inschriften  und  Kata- 
komben einen  ganz  neuen  Einblick  in  das  christliche  Leben 
der  ersten  Jahrhunderte  erschlossen,  und  zugleich  mit  der 
Heraasgabe  des  Bulletino  di  archeologia  cristiana  einen 
Zentralpunkt  für  die  Studien  auf  diesem  jungen  Arbeitsgebiet 
geschaffen.  Auch  um  die  alte  Topographie  Roms  und  die 
lateinischen  Inschriften  der  yorchristlicben  Zeit  hat  er  sich 
grosse  Verdienste  erworben.  Neben  Theodor  Mommsen  und 
Wilhelm  Benzen  steht  sein  Name  unter  den  Herausgebern 
des  von  der  Berliner  Akademie  geschaffenen  Corpus  inscri- 
ptionum  latinarum. 

Charles  Newton  (geboren  1816,  gestorben  den  28.  No- 
vember 1894,  auswärtiges  Mitglied  unserer  Akademie  seit 
1867),  unbestritten  der  erste  unter  den  zeitgenossischen  Ar- 
chäologen Englands.  Anfangs  in  diplomatischen  Diensten 
stehend,  hat  er  sich  zuerst  einen  Namen  als  Archäologe  ge- 
macht durch  seine  Ausgrabung  des  Maussoleums  von  Hali- 
kamass,  eines  der  sieben  Weltwunder  des  Altertums,  an 
dessen  Ausschmückung  die  bedeutendsten  Künstler  Griechen- 
lands mitgearbeitet  hatten.  Auch  seine  weiteren  Ausgra- 
bungen auf  dem  Boden  von  Enidos,  Milet,  Rhodos,  Konstan- 
tinopel lieferten  wichtige  Entdeckungen  zur  Geschichte  der 
alten  Kunst  und  glänzende  Bereicherungen  des  Britischen 
Museums;  später  hat  er  dann  durch  Andere  auf  dem  Boden 
des  alten  Ephesos,  Priene,  Kyrene  wichtige  und  erfolgreiche 
Ausgrabungen  veranstalten  lassen.  In  seiner  späteren  Stell- 
ung an  der  Spitze  der  Antikenabteilung  des  Britischen  Mu- 
seums hat  er  teils   durch  Bearbeitung   der  griechischen  In- 


200  W,  Christ  und  Ad.  v,  Cameliua 

Schriften  Vorsügliches  geleistet,  teils  darch  liberale  Yer- 
waltungsgrundsatze  einheimischen  und  fremden  Gelehrten 
gegenüber  die  Verwertung  der  grossartigen  Schätze  des  Alter- 
tums unterstützt  und  gefördert. 

H.  C.  Bawlinson  (geboren  1810,  gestorben  den  5.  März 
1895),  auswärtiges  Mitglied  unserer  Akademie  seit  1853), 
glücklicher  Entdecker  und  scharfsinniger  Entzifferer  der  Keil- 
inschriften.  Derselbe  gehörte  zu  jenen  ausgezeichneten, 
nirgends  häufiger  als  in  England  Torkommenden  Männern, 
welche  trotz  ihrer  militärischen  und  diplomatischen  Stellung 
noch  Zeit  fanden,  dem  Dienste  der  Musen  und  der  Wissenschaft 
obzuliegen.  Ein  trefflicher  Kenner  der  orientalischen  Sprachen, 
kühner  Reisender  und  aufmerksamer  Beobachter,  hat  er  durch 
Bereisung  der  wildesten  Grenzländer  Persiens  und  der  Türkei 
die  Geographie  und  Altertumskunde  jener  Gegenden  er- 
schlossen, hauptsächlich  aber  durch  Copierung  und  Entziffe- 
rung der  grossen  altpersischen  Dariusinschrift  von  Behistun 
und  später  durch  Herausgabe  und  Deutung  der  assyrischen 
und  babylonischen  Eeilinschriften  unvergänglichen  Ruhm 
sich  erworben. 


Der  Sekretär  der  historischen  Klasse,  Herr  Ad.  v.  Cor- 
nelius, gedachte  der  Verluste,  welche  die  historische  Klasse 
im  letzten  Jahr  erlitten  hatte. 

Am  11.  März  1895  starb  der  Professor  der  Kirchen- 
geschichte Karl  Schmidt  zu  Strassburg,  seit  1878  auswär- 
tiges Mitglied  unserer  Akademie. 

Geboren  zu  Strassburg  1812,  wurde  er  Professor  an  der 
Faculte  de  theologie  1840,  dann  1872  an  der  deutschen 
Universität,      Die    Studien    seines   langen    upd   arbeitsamen 


Nekrolog  auf  Bawlinaon,  Karl  Schmidt  und  Boscher,       201 

Lebeos  waren  der  Kirchengeschiclite  des  Mittelalters  und  der 
Refonnationszeit  gewidmet.  Der  ersten  Periode  gehören  seine 
Histoire  et  doctrine  de  la  secte  des  Cathares  ou  Albigeois 
und  mehrere  andere  namhafte  Werke  an ;  der  letzteren  eine 
ansehnliche  Zahl  von  Monographien  über  deutsche,  franzö- 
sische und  andere  Männer  der  Beformation.  Vor  allem  aber 
lag  ihm  seine  Heimat  am  Herzen.  Aus  den  vielen  ihr  gewid- 
meten Arbeiten  heben  wir  seine  Bücher  über  Tauler,  die 
Gottesfreunde,  das  Thomasstift,  Johann  Sturm  hervor.  Aber 
auch  das  Hauptwerk  seines  Lebens  gehört  in  diesen  Kreis: 
die  Histoire  litt^raire  de  TAlsace  ä  la  fin  du  15.  et  au  com- 
mencement  du  16.  siecle,  1879.  Der  politischen  Veränderung 
von  1870  g^enüber  verhielt  er  sich  ablehnend,  und  daher 
mag  es  kommen,  dass  er,  der  sonst  nach  den  Umständen 
zwischen  dem  Gebrauch  der  französischen  und  der  deutschen 
Sprache  wechselte,  es  über  sich  gewonnen  bat,  die  deutsche 
Blütezeit  seiner  deutschen  Heimat  samt  ihren  deutschen 
Sprachdenkmalen  in  französischer  Sprache  zu  behandeln. 
Samael  Berger  in  ReTue  hiatorique  1895»  Mai,  p.  234. 

Am  4.  Juni  1894  starb  Wilhelm  Röscher,  Professor 
der  Staatswissenschaft,  zu  Leipzig;  seit  1867  auswärtiges 
Mitglied  der  Akademie. 

Nach  üniversitatsstudien  zu  Göttingen  und  Berlin  hat 
er  sich  1840  zu  Göttingen  für  Geschichte  und  Staatswirt- 
schaft habilitirt.  Von  der  hervorragenden  historischen  Bil* 
düng,  die  er  hauptsächlich  unter  dem  Einflüsse  von  Otfrid 
Müller,  Gervinus  und  Ranke  erworben  hatte,  gab  schon  1842 
ein  Buch  über  Thukydides  Kunde,  das  mit  grossem  Beifall 
aufgenommen  wurde.  Aber  statt,  wie  seine  Absicht  gewesen, 
auf  diesem  Wege  fortzuschreiten  und  die  gesamte  klassische 
Historiographie  derselben  Behandlung  zu  unterziehen,  wandte 
er  sich  alsbald  und  auf  immer  der  Staatswirtschaft  zu.  Schon 
1843  erschien  sein   Grundriss    zu  Vorlesungen  über  Staats- 


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J''Wy^<oU.  A..j,U„  d,,  Chronik  ron  More. 

«Mf  Oro.d  4«r  j„  r«r*.hi.denen  Sprachen  und 
'/'""-'""«n  .rUiUn.n  Texte,  nebst  einer 
-«•.  .r-«.fMi,.K  «>,«r  d«,  Verhiltnis  jener  Texte 

/...  ..h...Mj«r  und  «ber  dan  Original  der  Chronik  • 


Zographos'Preis,  208 

Als  Einliefeningsterniin  wurde  der  31.  Dezember  1894 
bestimmt. 

Rechtzeitig  ist  eiue  Bearbeitung  der  Aufgabe  eingeliefert 
worden  mit  dem  Motto:  «Der  Lebende  hat  Recht. '^ 

Die  Aufgabe  einer  Veröfientlichung  der  nichtgriechischen 
Texte  der  Chronik  hat  der  Bearbeiter  in  der  zugemessenen 
Zeit  nicht  erfüllen  können,  und  auch  die  verlangte  Unter- 
suchung fiber  das  Verhältnis  aller  Texte  zu  einander  und 
über  das  Original  der  Chronik  hat  er  noch  nicht  vorgelegt. 
Dagegen  hat  er  den  Teil  der  Aufgabe,  der  als  der  wichtigste 
betrachtet  werden  muss,  eine  kritische  Ausgabe  der  griechi- 
schen Texte,  im  grossen  und  ganzen  befriedigend  erfüllt. 
Er  hat  die  vorhandenen  fünf  Handschriften  genau  unter- 
sucht, hat  zwei  derselben  als  Abschriften  einer  noch  exi- 
stierenden Handschrift  ausgeschieden,  in  den  übrigen  drei, 
zwei  wesentlich  von  einander  abweichende  Redaktionen  der 
Chronik  erkannt,  von  welchen  die  eine  durch  eine  Kopen- 
hagener und  eine  Turiner,  die  andere  durch  eine  Pariser 
Handschrift  vertreten  ist.  Der  Herausgeber,  der  richtig  sah, 
dass  diese  zwei  Redaktionen  in  extenso  neben  einander  ver- 
öffentlicht werden  müssen,  hat  den  in  den  Handschriften 
stark  verdorbenen  Text  im  allgemeinen  mit  Geschick  und 
genauer  Kenntnis  der  mittelgriechischen  Vulgärsprache  kon- 
stituiii.  Doch  müssen  zahlreiche  Lesearten  noch  gebessert 
werden,  in  einigen  Punkten  der  Orthographie  ist  eine  grössere 
Konsequenz  durchzuführen  und  namentlich  muss  der  Be- 
arbeiter vielfach  von  der  Streichung  überlieferter  und  syntak- 
tisch notwendiger  Wörter,  zu  welcher  er  durch  eine  zu  strenge 
Vorstellung  von  der  Metrik  des  Verfassers  der  Kopenhagener 
Redaktion  verleitet  worden  war,  zurückkommen.  Auch  im 
kritischen  Apparat  ist  nach  angestellten  Stichproben  nicht 
durchweg  die  nötige  Akribie  beobachtet  worden,  und  ist 
eine  erneute  Einsichtnahme  der  Handschriften  durchaus  not- 
wendig. 


204  Zographos-Preis. 

Die  Einleitung,  in  welcher  der  VerfasBer  die  Hand- 
schriften beschreibt  und  über  die  Stellung  der  Chronik  in 
der  Litteratur,  über  ihre  Sprache  nnd  über  die  bei  der  Her- 
stellung des  Textes  von  ihm  befolgten  Grundsatze  handelt, 
muss  präciser  gefasst  und  vor  allem  besser  disponirt  werden. 
Mithin  hat  der  Verfasser  die  gestellte  Aufgabe  nicht  in 
ihrem  ganzen  Umfange  gelöst  und  auch  denjenigen  Teil, 
dessen  Losung  er  vorlegte,  nicht  bis  zu  dem  für  den  Druck 
erforderlichen  Grad  von  Genauigkeit  und  Sauberkeit  ausge- 
arbeitet; doch  rechtfertigen  der  nnge wohnliche  Umfang  des 
Werkes,  welches  7892  Verse  in  zwei  verschiedenen  Be- 
arbeitungen, also  im  ganzen  gegen  16000  Verse  umfasst,  und 
die  eigenartigen  Schwierigkeiten  der  Ausgabe,  für  welche  die 
richtigen  Grundsätze  erst  gefunden  werden  mussten,  eine 
mildere  Beurteilung.  Die  k.  Akademie  erkennt  daher,  nach 
dem  Antrag  ihrer  philosophisch-philologischen  Klasse,  dem 
Verfasser  den  vollen  Preis  von  2000  Mark  zu,  setzt  aber 
voraus,  dass  er  die  erwähnte  Revision  vornimmt,  die  Ein- 
leitung umarbeitet  und  der  Ausgabe  einen  für  ihre  wissen- 
schaftliche Brauchbarkeit  unerlässlichen  Wort-  und  Sach- 
index beifügt.  Der  Preisträger  ist  Dr.  John  Schmitt  aus 
Gincinnati  in  den  Vereinigten  Staaten  von  Amerika. 

Als  neue  Preisaufgabe  aus  dem  Zographos-Fond  stellt 
die  k.  Akademie: 

„Neue  textkritische  Ausgabe  der  Werke  des 
Historikers  Prokop,  mit  Einschluss  der  Geheim- 
geschichte, auf  Grund  der  bestenHandschriften.* 

Einlieferungstermin  31.  Dezember  1897.  Preis  1500  Mark, 
von  welcher  Summe  ein  Teil  gleich  nach  Zuerkennung  des 
Preises,  der  andere  erst  nach  Abschluss  des  Drucks,  wenn 
derselbe  vor  Ende  1903  erfolgt,  ausbezahlt  werden  soll. 


205 


Sitzung  Tom  2.  M&rz  1895. 

Philosophisch-philologische  Classe. 

Herr  Kuhn  hielt  einen  Vortrag: 

Himmel-   und   Höllenfahrten,   ein   Beitrag   zur 
allgemeinen  Literaturgeschichte 

erscheint  in  den  Denkschriften. 


Historische  Classe. 

Herr  v.  Cornelius  hielt  einen  Vortrag: 

Calvin  und  Perrin  in  den  Jahren  1546  und  1547 
erscheint  in  den  Denkschriften. 


206 


Sitzung  vom  4.  Mai  1896. 

Philosophisch-philologische  Classe. 

Herr  Eeinz  hielt  einen  Vortri^: 

Wasserzeichen  des  14.  Jahrhunderts  in  den  Hand 
Schriften  der  k.  Staatsbibliothek 

erscheint  in  den  Abhandlungen. 


Historische  Classe. 

Herr  Friedrich  legt  eine  früher  gelesene  Abhandlung: 

Die  xoivcovol  der  Methodisten 

in  revidirter  Form  vor;   erscheint  in  den  Sitzungsberichten. 

Herr  Hbiqel  gibt: 

Beiträge  zur  Geschichte  der  Uebereinkunft  von 
Pillnitz  vom  27.  August  1791. 

Dieselben  sind  vorerst  nicht  für  den  Druck  bestimmt. 

Herr  Simonsfeld  gibt: 

Beiträge  zum  päpstlichen  Urkundenwesen  im 
Mittelalter  und  zur  Geschichte  des  14.  Jahr- 
hunderts. 

Dieselben  erscheinen  in  den  Sitzungsberichten. 


207 


üeber  die  Genones  der  Montanisten  bei  Hieronymus. 

Von  J.  Friedricli. 

(Vorgetragen  am  4.  Mai.) 

Durch  Cod.  lat.  Monac.  5508  (Diss.  8)  saec.  IX  bin  ich 
schon  seit  den  sechziger  Jahren  in  den  Besitz  eines  merk- 
würdigen, wenn  auch  kleinen  Beitrags  zu  der  Geschichte  der 
Montanisten  gekommen.  Ich  veröffentlichte  ihn  aber  damals 
nicht,  weil  ich  nach  der  Herausgabe  meiner  Schrift:  «Drei 
unedirte  Concilien  aus  der  Merovingerzeif,  welche  aus  dem 
nämlichen  Codex  stammen,  aufmerksam  gemacht  wurde,  und 
auch  Hefele  in  seiner  Conciliengeschichte  dann  darauf  ver- 
wies, dass  der  Codex  bereits  von  Amort  in  seinen  Elementa 
juris  canonici  gedruckt  sei.  Ich  konnte  vermuthen,  dass 
nunmehr  auch  der  oben  erwähnte  kleine  Beitrag  zur  mon- 
tanistischen Geschichte  der  gelehrten  Welt  bekannt  werden 
dürfte.     Diese  Annahme  war  eine  Täuschung. 

Erst  als  Hilgenfeld's  Ketzergeschichte  erschien  (1884), 
und  ich  darin  fand,  dass  die  Cenones  der  Montanisten  bei 
Hieronymus  noch  immer  keine  Erklärung  gefunden,  entschloss 
ich  mich  zu  einer  neuen  Veröffentlichung  des  bei  Amort  ge- 
druckten Stückes.  Ich  hielt  auch  im  März  1885  in  unserer 
Classe  einen  Vortrag  darüber,  konnte  ihn  aber  wegen  be- 
trübender Familienverhältnisse  nicht  ausarbeiten  und  liess 
dann  den  Gegenstand  überhaupt  wieder  liegen. 


208  J.  Friedriüih 

Ein  neuer  Anstoss,  denselben  wieder  aufzunehmen,  wurde 
mir  jüngst  durch  Hamack*s  Abhandlung  g^eben :  ,Zur 
Abercius -Inschrift",  wo  es  S.  25  heisst:  ,Die  Verfassung 
montanistischer  Gemeinden  mit  der  abgestuften  Hierarchie 
der  Patriarchen,  Cenonen  (noch  Niemand  hat  sie  sicher  zu 
erklaren  vermocht,  Oekonomen?)  und  Bischöfe  ist  aus  der 
allgemeinen  kirchlichen  Yerfassungsgeschichte  nicht  zu  er- 
klären'', vgl.  Dogmengesch.*  I,  356. 

Ehe  ich  aber  auf  das  Schriftstück  des  Codex  Diss.  ein- 
gehe, will  ich  zunächst  den  Stand  der  Frage  selbst  kurz 
darlegen. 

Trotz  der  nicht  ganz  unbedeutenden  Literatur  der  alten 
Kirche  über  den  Montanismus  wird  die  hierarchische  Ver- 
fassung desselben  nicht  weiter  erwähnt.  Erst  Hieronymus 
ep.  41  ad  Marcellam  (Opp.  I,  188  sq.)  gibt  darüber  Näheres 
an,  indem  er  schreibt:  apud  nos  apostolorum  locum  episcopi 
tenent,  apud  eos  episcopus  tertins  est,  habent  enim  primos 
de  Pepusa  Phrygiae  patriarchas,  secundos,  quos  appellant 
Genonas,  atque  ita  in  tertium,  id  est  pene  ultimum  locum 
episcopi  devolvuntur,  quasi  exinde  ambitiosior  religio  fiat, 
si  quod  apud  nos  primum  est,  apud  illos  novissimum  sit. 
Damit  hatte  man  aber  nur  ein  Wort,  Genones,  das  jeder 
Erklärung  spottete.  Döllinger  z.  B.  in  seinem  « Handbuch 
der  Eirchengeschichte"  (I,  284)  betrachtet  sie  als  „eine  eigene 
Classe  von  Aufsehern  (Zenones?)*  und  deutet  zugleich  an,  dass 
die  Bezeichnung  Genones  vielleicht  nicht  zuverlässig  über- 
liefert sein  dürfte. 

Um  einen  Schritt  weiter  führte  die  Sache  Hilgenfeld, 
indem  er  auf  eine  Stelle  in  Justinian^s  Cod.  I.  5,  20  hinwies : 
Idixcbg  dk  inl  roig  ävooloig  Movraviaraig  ^eaTtl^Ojuev,  Säte 
/nrjdeva  ovyxcoQeta&ai  r&v  xaXov/jiivcov  avxcbv  TtarqiaQx&y  xal 
xotvoDvcov  fj  iniaxöjKOv  ij  ngeüßinSgcDv  fj  diaxovwv  ij  äHo)v 
xlfiQixd>v  ...  In  der  lateinischen  Uebersetzung :  Specia- 
liter   autem    contra   impios   Montanistas  sancimus,   ut   nuUi 


Ueber  die  Cenones  der  Montanisten  bei  Hieronymus,        209 

concedatar  ex  pairiarchis  eoram,  quos  vocant,  vel  sociis,  vel 
episcopis  .  .  .  Hilgenfeld  hatte  Recht,  wenn  er  sein  Erstaunen 
darüber  aussprach,  dass  man  die  Cenones  «merkwürdigerweise 
bisher  noch  nicht  als  xoivd>vag  =s  xoivcDvoig  erkannt  hat^. 
Aber  er  geht  auch  wieder  zu  weit,  wenn  er  behauptet,  «die 
Cenones  werden  vollständig  erklärt  durch  diesen  Erlass  Justi- 
nian*s  I.  von  530" ;  denn  wir  haben  hier  nur  den  Nachweis, 
daas  die  Cenones  des  Hieronymus  die  xoivmvol  des  Justinian 
sind,  und  wissen  noch  keineswegs,  was  unter  ihnen  zu  ver- 
stehen ist,  wenn  es  jetzt  auch  nahe  liegt,  unter  ihnen  « Ge- 
nossen'^  zu  verstehen,  wie  Hilgenfeld  meint,  Genossen  des 
Patriarchen.  Deshalb  konnte  auch  noch  jüngst  Harnack  auf 
den  Gedanken  kommen,  es  möchten  die  Cenones  «Oekonomen* 
gewesen  sein. 

Ich  meine  nun  an  der  Hand  des  Schriftstücks  aus  Cod. 
lat.  Monac.  5508  f.  102  die  Erklärung  dieser  Cenones  um 
ein  Bedeutendes  fordern  zu  können.     Dasselbe  lautet: 

Dominis  beatissimis  in  Christo  fratribas  Lovocato  et 
Catihemo  presbyteris  Lecinius,  Melanins  et  Eustochius  epi- 
scopi.*)  Viri*)  venerabilis  Sparati  presbyteri  relatione  co- 
gnovimus,  quod  ....')  qnasdam  tabulas  per  diversorum  civium 
capannas*)  circumferre  non  desinatis,  et  missas  ibidem  ad- 
hibitis*)  mnlieribus  in  sacrificio  divino,  quas  conhospitas 
nominastis,  facere  praesumatis ;  sicut  erogantibus  vobis  eucha- 
ristiae  illae  vobis  positis  calices  teneant  et  sanguinem  Christi 
populo  administrare  praesuroant.  Cuius  rei  novitas  et  inaudita 
superstitio  ®)  non  leviter  contristavit,  ut  tarn  horrenda  secta, 
quae  intra  Gallias  numquam  fuisse  probatnr,  nostris  temporibus 
videatur  mergere,  quam  patres  orientales  pepodianam"^  vocant, 
pro  eo  quod  Pepodius  auctor  huius  scismatis  fuerit,  mulieres 


^)   episcopufl  DCiseensis).            ^)   vir  D.  ')    gestant  ex  D 

^)  capanat  D.  —  capanna  =  tugurium,  casola.  ^)  adhibetis  D. 
^)   auperttitionis  D.            '')   pepondianam  D. 

1895.  PhfloflL-pbUol.  o.  hist.  C1.  14 


210  /.  Prieäriek 

silH  in  sacrificio  divino  socias  habere  praeRnmpserit^),  prae-^ 
cipientee:  Ut  quicDmque  haic  errori  yoloerit  inherere,  a 
communione  ecclesiastica  reddatur  extraneos.  Qaa  de  re 
caritatem  yestram  in  Christi  amore  pro  ecclesiae  uoitate  et 
fidei  catholicae  .  .  .  e  ')  inprimis  credidimus  admonendani, 
obsecranies,  ut,  cum  ad  tos  nostrae  perTenerunt  paginae^) 
litterarum,  repentina*)  de  praedictis  rebus  emendatio  sub- 
secuta,  id  est,  ut  antedictas  tabulas,  quas  a  presbyteris  non 
dttbitamus,  ut  dieitis,  consecratas,  et  de  mulieribos  illis, 
quas  oonhospitas  dieitis,  quae  nuncupatio  non  sine  quodam 
pericnlo(?)^)  dicitur  auimi,  vel  auditur,  quod  clerum  infamat, 
et  sancta')  in  religione  tarn  detestandum  nomen  pndorem 
incutit  et  horrorem.  Idcirco  seoundum  statuta  patrum  caritati 
vestrae  praecipimus''):  üt  non  solum  huiuscemodi  muliercalae 
sacramenta  divina  pro  inücita  administratione  non  poUuant; 
sed  etiam  praeter  matrem,  aviam,  sororem  Tel  neptem  intra 
tectuu)  cellolae  suae  si  quis  ad  cohabitandum  habere  voluerit, 
canonum  sententia  a  sacrosanctis^)  liminibus  ecclesiae  arceatur. 
Gonvenit  itaque  nobis,  fratres  carissimi,  si  ita  est,  ut  ad  noB 
de  supradicto  perveniat^)  negotio  emendationem  celerrimam^^) 
exhibere,  quia  pro  salute  animarum  et  pro  aedificatione  populi 
res  ab  ecclesiastico  ordine  tarn  turpiter  depravatas  velociier 
expedit  emendare,  ut  nee  vos  pertinacitas  huius  obstinationis 
ad  maiorem  confusionem  exhibeat,  nee  nobis  necesse  sit  cum 
virga  ad  vos  venire  apostolica  [1.  Gor.  4,  21],  si  caritatem 
renuatis,  et  tradere  satanae  in  interitum  camis,  ut  Spiritus 
possit  salvari  [1.  Gor.  5,  5],  hoc  est,  tradere  satanae,  cum  ab 
ecclesiastico  grege  pro  crimine  suo  quisquis  fuerit  separatus, 
non    dubitet   se    a    daemopibus    tamquam    lupis    rapacibus 


^)  praesampserint  D.  ^)  Lücke  im  Codex  wegen  eines  oben 

▼om  Blatte  abgeriRsenen  Stückchens.  ')  pagina  D.  ^)  repen- 

tinam  D.  ^)  primo   D.  ^  sanctae   D.  ^)  praecipem  D. 

*)  sacrosancto  D.         ®)  nt,  bi  ita  est  .  . .  provenit  D.         '^)  celeber- 
rimam  D. 


Ueher  die  Cenones  der  Montetnisten  bei  Hieronymtts,        211 

deTorandum  [cf.  2.  Petr.  5,  8].  Similiter  et  eyangelica  com« 
monemor  aententia,  ^)  ubi  ait:  Si  nos  nostra  scandalizaverint; 
membra  [cf.  Matth.  5,  29 ;  Marc.  9,  46] :  quicumque  ecclesiae 
catholicae*)  haeresim  intromittit,  ideo  facilias  est,  ut  unum 
membrum,  quod')  totam  commacalat  ecclesiam,  abscidatar, 
quam  tota  ecoleeia  in  interitum  deducatur. 

Safficiant  vobis  baec  paaca,  quae  de  multis  praediximus. 
Date  operam  multani/)  cominunioneru  caritatis  et  viam  regiam, 
qna  paululam  deviastis,  avidissima  intentione  ingredi  proquretis, 
ot  et  Yos  fructum  de  oboedientia  capiatis,  et  nos  vos  pro 
ezoratione  noetra  congaudeamus  esse  salvandos. 

Dieses  kleine  Schreiben  ist  an  sich  interessant;  es  hat 
aber  eine  weit  über  die  Grenzen  der  gallischen  Kirche  hinaus- 
gehende Bedeutung,  insofern  es  eine  sonst  nirgends  vorkom- 
mende Nachricht  aus  der  orientalischen  Kirche  enthält. 

Die  erste  Frage  ist  die  nach  der  Zeit  des  undatirten 
Schreibens.  Für  ihre  Bestimmung  gibt  es  aber  nur  einen 
Anhaltspunkt,  die  Namen  der  Bischöfe.  Amort  hat  nun,  da 
alle  drei  unter  den  Unterschriften  des  Goncils  von  Orleans  511 
sich  finden,^)  auch  diesen  Bischöfen  des  Jahres  511  unser 
Schreiben  sugeschrieben ,  und  es  lässt  sich  nicht  leugnen, 
dass  viel  för  diese  Annahme  spricht.  Die  drei  Bischöfe 
gehören  der  nämlichen  Kirchenprovinz  Tours  an,  und  wie  es 
sonst  Brauch  ist,  steht  der  Metropolit  Licinius  von  Tours  an 
der  Spitze  seiner  Comprovincialbischöfe  Melanins  von  Rennes 
und  Eustochius  von  Angers.  Indessen  möchte  ich  doch  den 
Umstand,  dass  die  drei  Namen  unseres  Schriftstückes  auch 
anf  der  Synode  von  Orleans  vertreten  sind,  nicht  för  ent- 
scheidend halten.  Denn  ein  Bischof  Melanius  (von  Troyes) 
unterschreibt  auch  eine  Synode  von  Nimes,  deren  c.  2  wie 
ein  Anszng  aus  unserem  Schreiben   lautet:    Illud  aetiam  a 


^)  evangelicam  .  .  .  sententiam  D.  ^)  eccletia  catholica  D. 

')  qui  D.  ^)  operae  molta  D.  ^)  Mon.  Germ.,  Concilia  p.  9. 

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üt^er  die  Cenonea  der  Montanisten  bei  Hieronymue,        213 

ftir  die  drei  gleichnamigen  Bischöfe  der  Synode  von  Orleans 
entschiede,  bliebe  die  Thatsache  bestehen,  dass  unser  Schreiben 
einen  viel  älteren,  wahrscheinlich  vor  Hieronymus  abgefassten 
orientalischen  Canon  überliefert. 

Es  ist  von  keiner  Bedeutung,  ob  die  drei  Bischöfe  mit 
Recht  oder  Unrecht  das  Verfahren  der  Priester  Lovocatus  und 
Catihemus  als  montanistisch  bezeichneten;  denn  ähnliche 
Erscheinungen  kamen  auch  sonst  vor,  wie  die  Erzählung 
Firmilian*s  von  einer  Prophetin,  welche  die  Liturgie  feierte 
und  taufte  (Cypr.  opp.  ed.  Hartel  II,  817),  c.  11  der  Synode 
von  Laodicea  und  des  Papstes  Gelasius  I.  ep.  14  c.  26  zeigen, 
ohne  dass  man  deswegen  sogleich  an  Montanismus  dachte. 
Die  Wichtigkeit  ihres  Schreibens  liegt  vielmehr  darin,  dass 
sie  durch  ihre  Annahme  veranlasst  wurden,  sich  über  das 
pepuzianische  Schisma  auszusprechen. 

Ihre  Eenntniss  des  Montanismus  ist  zwar  nicht  gross, 
da  sie  den  Namen  der  pepuzianischen  Sekte  von  Pepodius 
als  ihrem  vermeintlichen  Urheber  statt  von  dem  Städtchen 
Pepuza  in  Phrygien  herleiten;  allein  dieser  für  die  Sache 
unbedeutende  Irrthum  beeinträchtigt  nicht  den  Werth  ihrer 
Quelle,  aus  der  sie  ihren  Beweis  führen  und  ihre  Berechtigung 
zum  Einschreiten  gegen  die  Priester  Lovocatus  und  Catihernus 
herleiten.  Diese  Quelle  ist  aber  eine  ihnen  vorliegende  Ver- 
dammung der  Pepuzianer  durch  die  orientalischen  Väter,  und 
zwar  in  der  Form  eines  Canons,  da  sie  ausdrücklich  hinzu- 
fügen: praecipientes  (sc.  patres  orientales):  ut  quicumque 
huic  errori  voluerit  inherere,  a  communione  ecclesiastica 
reddatur  extraneus.  Freilich  ist  ein  solcher  Canon  sonst 
nicht  bekannt;  allein  daraus  kann  kein  Einwand  gegen  ihn 
erhoben  werden.  Denn  einmal  können  wir  keineswegs  be- 
haupten, dass  wir  alle  Synoden  auch  nur  der  abendländischen, 
geschweige  der  morgenländischen  Kirche  kennen,  nachdem 
gerade  in  der  neuesten  Zeit  einzelne  vorher  unbekannte  erst 
entdeckt  wurden,  und  zweitens  ist  es  ganz   undenkbar,   dass 


214  /.  Friedrich 

die  drei  gallischen  Bischöfe  ihre  Angaben  erfunden  haben 
sollten.  Dagegen  spricht  auch  der  Inhalt  ihrer  Behauptung, 
die  wir  jetzt  näher  betrachten  mQssen. 

Lovocatus  und  Catihernus  nennen  die  Frauen,  welche 
sie  zum  kirchlichen  Dienste  zuliessen,  conhospitae.  Davon 
hebt  sich  in  der  auffallendsten  Weise  ab,  dass  die  Bischöfe 
gerade  da,  wo  sie  von  dem  Beschlüsse  der  orientalischen 
Väter  gegen  die  Pepuzianer  sprechen,  dafQr  eine  andere  Be* 
Zeichnung,  den  Ausdruck  sociae,  gebrauchen:  mulieres  sibi 
in  sacrificio  divino  socias  habere  praesumpserit.  Sie  müssen 
daher  die  Bezeichnung  sociae  in  ihrer  Vorlage,  in  dem 
Sjnodalbeschluss  der  orientalischen  Väter  selbst,  vorgefunden 
haben,  welche  dann  wieder  der  terminus  technicus  der  Pepu- 
zianer selbst  sein  muss.  In  der  That  gab  es  nach  der 
lateinischen  Uebersetzung  von  Cod.  I.  5,  20:  ex  .  .  .  sociis, 
eine  Classe  der  montanistischen  Hierarchie,  welche  diesen 
Namen  führte.  Ex  sociis  heisst  aber  ebenda  griechisch : 
xotvcDvcov,  welche  wieder  die  Genones  bei  Hieronymus   sind. 

Gegen  diese  Beweisführung  lässt  sich  meines  Erachtens 
nur  das  eine  einwenden,  dass,  wie  es  scheint,  Hieronymus 
und  Justinian  Männer  dabei  im  Auge  haben,  während  die 
gallischen  Bischöfe  von  Frauen  sprechen.  Doch  gerade  darin 
liegt  eine  der  bisherigen  Täuschungen,  dass  man  unter  den 
Cenones  des  Hieronymus  und  den  xoivcovwv  oder  ex  sociis 
des  Justinian  Männer  verstand. 

Beide,  Hieronymus  und  Justinian,  setzen  voraus,  dass 
über  die  Genones  oder  xoiv(ovwv  kein  Zweifel  aufkommen 
könne.  Während  man  aber  zu  Hieronymus'  Zeit  wissen 
konnte,  dass  Genones  Frauen  bedeute,  ging  der  späteren  Zeit 
diese  Kenntniss  vollständig  ab.  Sie  konnte  an  dem  nackten 
Genones  nicht  mehr  erkennen,  dass  es  sich  auf  Frauen  beziehe. 
Daher  auch  das  Schwanken  der  Lesarten.^)     Ebenso  verhält 

^)  Wie  unsicher  man  in  Bezug  anf  diese  Stelle  war,  zeigen  die 
Handschriften.    Pro  Cenona«  qnidam  Mbs.  Zenonos ;  unua  Bononiensit 


üeber  die  Cenones  der  Montanisten  bei  Hieronymua,        215 

es  sich  bei  Jasfcinian:  aus  dem  von  ihm  gebrauchten  xoivayvwif, 
das  ohnehin  masculinum  und  femininum  sein  kann,  sowie  aus 
der  lateinischen  Uebersetzung  ex  sociis  liess  sich  ebenfalls 
nicht  mehr  erkennen,  ob  sein  Decret  von  Männern  oder 
Frauen  spreche. 

Unser  Schreiben  bietet  daher  einen  willkommenen  Gom- 
mentar  zu  den  Stellen  des  Hieronymus  und  des  Justinian. 
Auch  nach  ihm  gibt  es  bei  den  Pepuzianem  Oenones,  die 
aber  keine  socii,  sondern  sociae  sind,  und  bilden  eine  Glasse 
in  der  montanistischen  Hierarchie. 

Nun  kann  es  auch  nicht  mehr  befremden,  wenn  Epiphanius 
Ton  den  Pepuzianern  berichtet,  dass  sie  Frauen  in  ihren  Glerus 
aufnahmen:  Kai  r^v  ddeXq^ifv  tov  McovaScog  cbg  Ttgofprjrida 
kiyovotr,  elg  juaQTVQlav  td>v  naQ""  avtok  ^tai^icrafievcDv  yvvaixöjv 
h  xXfjgq)  .  .  .  Doch  bezieht  sich  diese  Stelle  zunächst  nur 
auf  die  Prophetinnen,  welche  die  Pepuzianer  fortwährend  als 
eine  kirchliche  Institution  hatten,  und  deren  Auftreten  in  der 
Kirche  Epiphanius  näher  beschreibt.  Unsere  Beweisführung 
betrifft  die  weitere  Bemerkung  desselben,  dass  bei  den  Pepu- 
zianern Frauen  auch  Bischöfe,  Presbyter  n.  s.  w.  wurden: 
'Entaxoyioi  re  Tiag*  amoXg  ywaixeg,  xal  stgsaßmegoi  yvväixeg, 
xal  T(i  äXla  . . .  Käv  re  yäg  yvvmxeg  naQ*  amoXg  etg  iTiiaxoTirjv 
xal  TiQeaßvxiQiov  xa'&Uhavxai  diä  r^v  Evav . . .  (haer.  lib.  2, 49). 
Damit  geht  freilich  Epiphanius  über  die  anderen  Quellen  hinaus, 
allein  gerade  diese  näheren  Angaben  sind  verdächtig.  Seine 
Quelle  ist  hier  nur  das  Hörensagen,  wie  er  selbst  angibt: 
tavtd  iativ,  ä  xaxedriqHifiev  . . .,  und  man  kann  mit  ziemlich 
grosser  Gewissheit  errathen,  wie  die  Angaben  des  Epiphanius 


monasterii  s.  Salvatoris  Genonos,  alii,  etiam  Victorio  teste,  Iconomos, 
Mij^e  22,  476.  Es  ist  dann  auch  nicht  zu  verwundern,  dasa  die  Ab- 
schreiber das  grammatikalisch  geforderte :  secundas,  quas  ...  in : 
secandos,  qnos  .  .  .  änderten.  Die  richtige  ursprüngliche  Lesart 
dflrfle  daher  doch  gewesen  sein:  secundas  qnas  appellant  Cenonos 
(=  xowdnvovg). 


216  /.  Friedrich 

entstanden.  Wusste  man  nämlich,  dass  die  Pepuzianer  Frauen 
in  ihren  Glerus  aufnahmen,  so  lag  es  nahe,  sich  die  Vor* 
Stellung  zu  bilden,  dass  sie  zu  den  einzelnen  Graden,  zum 
Episcopat,  Presbyterat  u.  s.  w.,  zugelassen  würden.  Immerhin 
ist  die  Nachricht,  dass  die  Pepuzianer  Frauen  in  ihrem  Glerus 
hatten,  insofern  von  Bedeutung,  als  sie  die  andere  in  dem 
Schreiben  der  drei  gallischen  Bischöfe  bestätigt. 

Es  entspricht  aber  auch  der  Geschichte  des  Montanismus, 
dass  die  Cenones  sociae,  nicht  socii  waren.  Denn  nimmt 
man  sie  als  socii,  so  wird  alles  missverstandlich,  wie  man  an 
der  Ausführung  Hilgenfeld's  sieht:  ^ Der  Montanismus  musste 
von  vorne  herein  das  Bestreben  haben,  eine  eigene  Gemeinde 
des  Paraklet  zu  stiften.  Montanus  selbst  hat  nicht  blos  für 
Eintreibung  von  Geldern  und  Besoldung  von  Predigern  ge- 
sorgt, sondern  auch  Pepuza  und  Tymion  für  Jerusalem  oder 
den  Vorort  erklärt,  und  nicht  umsonst  den  Alkibiades  und 
Theodotos  um  sich  gehabt,  wie  die  Maximilla  ihren  Themison, 
die  Prophetin  oder  der  Prophet  des  Apollonios  den  Alexander. 
So  standen  auch  später  den  Patriarchen  zunächst  die  Koiviaveg 
oder  KoivMvoi  zur  Seite,  erst  an  dritter  Stelle  folgten  die 
Bischöfe.  Dem  Patriarchen  als  Nachfolger  des  Montanus 
und  seinen  »Genossene  war  der  Episcopat  entschieden  unter- 
geordnet, wogegen  der  katholische  Episcopat  seine  Ueber- 
ordnung  über  alle  prophetischen  Erscheinungen  innerhalb 
der  Kirche  behauptete*'  (S.  598).  Das  Charakteristische  des 
Montanismus  bilden  aber  nicht  diese  Begleiter  des  Montanus 
und  der  Maximilla,  sondern  der  Umstand,  dass  mit  und  neben 
Montanus  die  Frauen  PriscUla  und  Maximilla  als  Prophetinnen 
auftraten  und  seine  Begleiterinnen  waren.  Es  erscheint  daher 
wenig  motivirt,  dass  gerade  die  Begleiter  des  Montanus,  Alki- 
biades und  Theodotos,  oder  der  der  Maximilla,  Themison,  als 
Begleiter  Nachfolger  in  einer  besonderen  Classe  der  monta- 
nistischen Hierarchie  gehabt  haben  sollen,  nicht  aber  die 
Prophetinnen  und  Begleiterinnen  des  Montanus,  welche  doch 


I7e6er  die  Cenones  der  MontatUaten  bei  Hieronymue,        217 

die  männlicheli  Begleiter  an  Bedeutung  weit  überragten.  Es 
liegt  vielmehr,  wenn  der  Patriarch  in  Pepuza  der  Nachfolger 
des  Montanus  war,  weit  näher,  dass  auch  die  Prophetinnen 
Pnscilla  and  Maximilla,  gleich  Montanus  die  Organe  des 
Paraklet,  Nachfolgerinnen  hatten.  Doch  kam  Hilgenfeld  zu 
seiner  Au&tellung  auch  nur  aus  dem  Grunde,  weil  er  in 
den  Cenones  socii,  nicht  sociae,  erkannte.  Ist  dies,  wie  ich 
glaube,  auf  Grund  des  Schreibens  der  drei  gallischen  Bischöfe 
nicht  mehr  möglich,  so  ergibt  sich  auch  nothwendig,  wessen 
Nachfolger  die  Cenones  sind,  und  begreift  es  sich  hinreichend, 
warum  diese  den  Bischöfen,  Presbytern,  Diakonen  und  anderen 
Clerikern  übergeordnet  sind. 

Aus  dem  eben  Gesagten  folgt  auch,  dass  ich  ebenso* 
wenig  die  Behauptung  Hamack^s  unterschreiben  kann:  ^Die 
Verfassung  montanistischer  Gemeinden  mit  der  abgestuften 
Hierarchie  der  Patriarchen,  Cenonen  und  Bischöfe  ist  aus 
der  allgemeinen  kirchlichen  Verfassungsgeschichte  nicht  zu 
erklaren.*  Denn  das  könnte  nur  dann  gelten,  wenn  wir 
wirklich  «die  montanistische  Verfassung  nur  durch  Hiero- 
nymus  kennten**.  Das  ist  jedoch  nicht  der  Fall.  Justinian, 
der  das  nämliche  wie  Hieronymus  sagt,  zeigt  vielmehr,  dass 
die  Montanisten  die  ganze  Hierarchie  der  allgemeinen  Kirche 
beibehalten  hatten.  Das  Eigenthümliche  des  Montanismus 
besteht  daher  nur  darin,  dass  in  ihm  der  kirchlichen  Hier- 
archie von  oben  noch  Patriarchen  und  Cenones  als  die  Nach- 
folger des  Montanus  und  der  Priscilla  und  Maximilla  hinzu- 
gefügt wurden. 

Einige  Hauptfragen,  nämlich  die:  waren  die  Cenones 
ordinirt  und  welche  Aufgabe  kam  ihnen  zu?  sind  damit 
freilich  noch  nicht  beantwortet  und  werden  voraussichtlich 
kaum  mehr  ganz  befriedigend  beantwortet  werden  können. 
Denn  was  Epiphanius  erzählt,  dass  die  Pepuzianer  zwischen 
Mann  und  Weib  keinen  Unterschied  machten  und  deshalb 
auch  Frauen  zu  Bischöfen,  Priestern  u.  s.  w.  bestellten,  ist 


218  J,  Friedrieh 

nicht  nur  sonst  nicht  beglaubigt,  sondern  steht  im  directen 
Widerspruch  mit  der  bestimmten  Angabe  sowohl  des  Hiero- 
nymus  als  des  Kaisers  Jnstinian,  wonach  die  Cenones  eine 
besondere,  zwischen  dem  Patriarchen  und  den  Bischöfen 
stehende  hierarchische  Ordnung  bildeten.  Seine  Nachricht 
gibt  also  keinen  Aufschluss. 

Wichtiger  könnte  für  die  Beantwortung  dieser  Frage 
c.  2  der  Synode  von  Nimes  im  Jahre  394  zu  sein  scheinen, 
wenn  es  feststünde,  dass  er  sich  auf  das  Unterfangen  der 
Priester  LoYocatus  und  Gatihemus  beziehe.  Denn  nach  ihm 
wären  ihre  conhospitae  nicht  blos  ordinirt  gewesen,  sondern 
wir  erführen  auch,  dass  sie  zum  letritischen ,  also  zum 
Diakonendienst  verwendet  worden  seien.  Aliein  wenn  auch 
diesem  Canon  der  gleiche  Vorgang  wie  dem  Schreiben  der 
drei  gallischen  Bischöfe  zu  Ornnde  läge,  so  könnte  er  doch 
nicht  zu  der  Beantwortung  der  oben  gestellten  Fragen  heran- 
gezogen werden,  da  er,  obgleich  in  c.  1  von  Manichäischen 
Priestern  und  Diakonen,  welche  aus  dem  Orient  nach  Ghillien 
kamen,  gesprochen  wird,  in  keiner  Weise  auf  die  Pepuzianer 
hinweist,  sondern  das  von  ihm  gerügte  Vorkommniss  als  eine 
Erscheinung  ohne  Zusammenhang  mit  irgend  einer  Sekte 
behandelt. 

Es  bleibt  demnach  nur  noch  unser  Brief  übrig,  aus  dem 
einiges  Licht  auf  die  räthselhaften  Cenones  fallt.  Denn  wenn 
wir,  woran  nicht  gezweifelt  werden  kann,  in  dem  Schreiben 
der  drei  gallischen  Bischöfe  den  Canon  orientalischer  Väter 
vor  uns  haben,  so  steht  zugleich  fest,  dass  diese  sociae  sich 
an  der  Darbringung  «des  göttlichen  Opfers*  betbeiligten : 
mulieres  sibi  in  sacrificio  divino  socias  habere  praesumpserit. 
Ja  es  scheint,  dass  sie  von  dieser  Betheiligung  sogar  ihre 
Bezeichnung  sociae  erhalten  haben.  Worin  freilich  diese 
Betheiligung  bestand,  das  ist  nicht  gesagt.  Denn  wenn  die 
Bischöfe  schreiben:  sicut  erogantibus  vobis  eucharistiae  illae 
vobis    positis   calices   teneant   et  sanguinem   Christi    popnio 


üeber  die  Cenones  der  Montanisten  bei  Hieronymus.        219 

administrare  praesumant,  oder:  praecipimüs,  ut  non  solum 
huiuscemodi  mulierculae  sacramenta  divina  pro  inlicita  ad- 
minisiratione  non'  ipolluant,  so  bezieht  sich  dies  auf  die  von 
den  Priestern  LoYocatus  und  Catihemus  zum  Altar  zugelasse- 
nen Frauen,  die  conhospitae,  und  darf  nicht  ohne  Weiteres 
auf  die  pepuzianischen  sociae  übertragen  werden. 

Indessen  darf  aus  diesem  Canon  orientalischer  Väter  doch 
so  viel  geschlossen  werden,  dass  die  sociae  der  handelnden 
Hauptperson  bei  ier  Verrichtung  des  gottlichen  Opfers,  also 
bei  der  Vollziehung  der  Liturgie  Dienste  leisteten.  Da  dies 
aber  Sache  der  Diakonen  war,  so  werden  die  sociae  bei  den 
Pepuzianern  ebenfalls  Diakonendienste  gethan  haben.  Dass 
sie  dann  auch  wie  die  Diakonen  am  Altare  communicirten, 
folgt  von  selbst.  Auf  letzteres,  auf  das  Gommuniciren  am 
Opferaltar,  wie  es  dem  Glerus  gestattet  war,  weisen  aber 
sogar  die  Bezeichnungen  Cenones,  xoivwvol,  xoivo>veTv,  da 
Hoivioveiv  ein  liturgischer  Terminus  mit  ganz  bestimmtem 
Sinne  ist.  Der  Canon  19  der  Synode  von  Laodicea  bestimmt 
am  Schlüsse:  «Nur  den  Geistlichen  soll  es  erlaubt  sein, 
zu  dem  Opferaltar  hineinzugehen  und  Theil  zu  nehmen 
{xoivioyelvy ^  wozu  Hefele  (I,  764)  bemerkt:  „Endlich  ist 
das  letzte  Wort  unseres  Canons  xoivoivetv  wohl  dahin  zu 
verstehen,  dass  nur  die  Geistlichen  unmittelbar  am  Altar 
dem  Gk>tte8dienst  beiwohnen  und  die  hl.  Communion  em* 
pfangen  dürften.'^ 

In  einem  gewissen  Sinne  wird  dadurch  doch  auch  wieder 
Epiphanias  bestätigt,  wenn  er  behauptet,  dass  die  Pepuzianer 
zwischen  Mann  und  Frau  nicht  unterschieden  und  auch  diese 
in  den  Clerus  aufgenommen  hätten.  Er  geht  nur  insofern 
weiter,  als  er  Frauen  auch  Bischöfe,  Priester  u.  s.  w.  werden 
lässt,  wofür  wenigstens  die  übrigen  Quellen  keinen  Beleg  bieten. 

Natürlich    kann    damit    nicht   der    ganze   Umfang    der 
Thätigkeit  der  Cenones  beschrieben  sein.     Denn  wer' 
nymus  und  Justinian  sie  unmittelbar   nach   den 


220  J.  Friedrich 

und  vor  den  Bischöfen  einreihen,  so  deutet  schon  diese  die 
Bischöfe  überragende  Stellung  an,  dass  ihnen  noch  eine 
andere  Bestimmung  innerhalb  der  kirchliehen  Hierarchie  der 
Montanisten  zukommen  musste,  wobei  nicht  ausgeschlossen 
ist,  dass  diese  eigenthümliche  Stellung  der  Patriarchen  und 
Cenones  sich  erst  allmählich  herausgebildet  haben  konnte. 
Worin  aber  die  eigentliche  Stellung  der  Cenones  bestand, 
das  ist  schwer  mit  Bestimmtheit  zu  sagen.  Wenn  jedoch 
der  Patriarch  der  Nachfolger  des  Montanus,  die  Cenones  die 
Nachfolgerinnen  der  Maximilla  und  Priscilla  sind,  so  li^t 
es  nahe,  zu  vermuthen,  dass  Patriarchen  und  Cenones  die 
fortwährenden  Orgaue  des  Paraklet  sein  und  die  Rolle  you 
Propheten  haben  sollten.  Und  dafQr  scheint  in  der  That 
Epiphanius  zu  sprechen,  der,  nachdem  er  erwähnt,  Christus 
sei  auf  eine  der  Frauen  Qnintiüa  oder  Priscilla  herabgekom- 
men, habe  ihr  Weisheit  eingegeben  und  gesagt:  Dieser  Ort 
ist  heilig,  auf  ihn  wird  das  heilige  Jerusalem  herabkommen, 
fortfahrt:  Aid,  qorjol,  xal  äxQ'^  ^^^  devQO  fivovo^al  xtvag  ovt(o 
yvvaixag  ixeioe  iv  xtp  töjico  xal  ävögag,  Jigög  ro  btifxstvanag 
avräg  ij  amovg  xov  Xgiotöv  '^ecoQfjoai.  rvväixeg  oiv  nag' 
avxoTg  xakovvrm  Jigotptjrideg  . . .  KvtvrilXav  de  ^xovotv  ägxfjyov 
äjua  IlgioxikXfiy  xfj  xal  nagä  xdig  xaxä  0gvyag  . . .  Die  Mon- 
tanisten hätten  also  nur  ausgeführt,  was  die  katholischen 
Polemiker  von  ihnen  forderten:  Seiv  ydg  dvai  x6  ngoqyrjxatov 
xAgiojbta  iv  ndofi  xfj  ixxkrjoia  fiixQ^  ^V^  xelelag  nagovoiag, 
6  Ajiöoxoiog  ä^ioV  dAA*  ovx  hv  ^;foicv  öei^ai  XEaoageaxmdexaxov 
ijöi]  Ttov  xovxo  hog  duio  xfjg  Ma^ifiÜlr}g  xeXevxrjg,  Euseb. 
h.  e.  V.  20.  Eine  solche  Institution  von  Prophetinnen  scheint 
indessen  schon  Apollonius,  der  40  Jahre  nach  dem  Auftreten 
des  Montanus  geschrieben  hat,  gekannt  zu  haben,  da  er 
Maximilla  und  Priscilla  die  «ersten*  Prophetinnen  nennt: 
delxwjuev  ovv  avxäg  ngayxag  xäg  7igo<prjtidag  xavxag  .  .  ., 
Euseb.  V.  21. 


üeher  die  Cenanes  der  Montanisten  bei  Hieronymus.        221 

üeber  das  Alter  des  von  den  drei  gallischen  Bischöfen 
erwähnten  Canons  orientalischer  Väter  wage  ich  nichts  zu 
sagen.  Zwar  könnte  es  scheinen,  dass  die  von  ihnen  gebrauchten 
Aasdrücke  secta,  schisma  auf  jene  Zeit  weisen,  wo  man  noch 
fragte,  ob  der  Montanismus  blos  eine  Sekte  oder  eine  Häresie 
sei  (Hilgenfeld,  S.  575);  allein  darauf  hin  wage  ich,  wie 
gesagt,  keine  Entscheidung  zu  treffen. 


222 


Siteung  vom  15.  Jnni  1895. 

Philosophisch-philologische  Classe. 

Herr  Iw.  v.  Müller  legt  eine  Abhandlung  vor  von  Prof. 
Ungbr: 

Seleukidenära  der  Makkabäerbücher. 

Dieselbe  erscheint  in  den  Sitzungsberichten. 

Herr  Paul  hielt  einen  Vortrag  über  den  Neudruck  eines 
mittelalterlichen  Gedichtes 

Tristan  als  Mönch 

erscheint  in  den  Sitzungsberichten. 


Historische  Classe. 

Herr  Stieve  hielt  einen  Vortrag: 

Enstehung  des  Welthandels 
vorläufig  nicht  zum  Druck  bestimmt. 

Herr  Dove  gibt  einen  Nachtrag  zu  der  in  den  Sitzungs- 
berichten (1893  S.  201—237)  gedruckten  Abhandlung  unter 
dem  Titel: 

Das  älteste  Zeugniss  für  den  Namen  Deutsch 

erscheint  in  den  Sitzungsberichten. 


223 


Das  älteste  Zengniss  für  den  Namen  Deutsch. 

Von  A.  DoTe. 

(Vorgetragen  am  16.  Juni.) 

Den  ,  Bemerkungen  zur  Geschichte  des  deutschen  Volks- 
namens', die  ich  in  der  Sitzung  vom  4.  Miirz  1893  der 
Classe  vorgelegt/)  habe  ich  einen  berichtigenden  Nachtrag 
hinzuzufügen.  Er  betrifft  das  früheste  Vorkommen  von  theo- 
discus;  einer  mittellateinischen  Wortschöpfung,  die,  wie  seiner- 
zeit dargethan,  im  Altdeutschen  die  Entwicklung  des  ehedem 
appellativ  gebrauchten  Beiwortes  theodisk  zum  Eigennamen 
für  die  Gemeinsprache  der  deutschen  Stämme  als  vollzogen 
voraussetzt.  Als  ältester  Beleg  für  theodiscus  galt  bisher 
allgemein  die  bekannte,  von  der  Verurtheilung  Herzog 
Tassilos  handelnde  Stelle  der  Annales  Laurissenses  majores, 
von  der  ich  nachwies,  dass  sie  uns  in  der  formelhaften 
Wendung  quod  theodisca  lingua  harisliz  dicitur  einen  ur- 
kundlichen Nachhall  vom  Ingelheimer  Reichstage  selbst, 
also  vom  Juni  788  übermittelt  hat.  Wohl  machte  ich 
daneben  auf  ein  scheinbar  noch  älteres  Zeugniss  für  die 
Existenz  des  deutschen  Sprachnamens  aufmerksam,  das  jedoch 
so,  wie  es  vorliege,  unmöglich  seine  Richtigkeit  haben  könne. 
Den  Magdeburger  Centuriatoren  verdankt  man  die  freilich 
an   vielen   Stellen   fehlerhafte  Mittheilung   eines  Schreibens, 


1)  Sitzungsberichte  1893,  I.  S.  201  ff.    Auf  die  dort  gegebenen 
Ansfilhraiigen  nnd  Belege  wird  hiemit  im  allgemeinen  verwiesen. 


224  A.  Bwe 

in  welchem  Georg  Cardinalbischof  von  Ostia  dem  Papste 
Hadrian  I.  über  die  beiden  unter  dem  Namen  der  legatine 
Councils  berühmten  Synoden  Bericht  erstattet,  die  im  Herbst 
786  auf  englischem  Boden,  zu  Gorbridge  in  Northumberland 
und  zu  Cealchydh  in  Mercien,  abgehalten  wurden.  Da  hiess 
es  denn:  die  auf  dem  ersten,  northumbrischen  Concil  be- 
schlossenen Capitel  seien  auf  dem  zweiten,  mercischen  laut 
verlesen  et  tam  latine  quam  teutonice,  quo  omnes  intelligere 
possent,  deutlich  eröffiiet  worden;  eine  Lesart,  die  nach  dem 
ersten  Druck,  weil  die  benutzte  Handschrift  fQr  verloren 
galt,  bis  auf  Jaffes  Monumenta  Alcuiniana  herab  ohne  Be- 
denken wiederholt  ward.  Dass  in  teutonice  ein  Fehler 
stecken  müsse,  war  leicht  zu  zeigen;  tritt  doch  diese  gelehrte 
Verunstaltung  von  theodiscus  sonst  erst  neunzig  Jahr  später 
im  Kreise  fuldischer  Schulweisheit  zutage.  Im  Hinblick  auf 
die  Thatsache,  dass  hier  von  südenglischer  Zunge  die  Rede 
ist,  schlug  ich  vor,  das  gewohnliche  saxonice  dafür  einzu- 
setzen; bemerkte  indess,  dass  auch  ein  theodisce  zwar  be- 
fremden, immerhin  aber  zu  erklären  sein  würde.  Mittler- 
weile hat  sich  jedoch  die  so  lange  verschollene  Handschrift 
wiedergefunden;  aus  einem  Wolfenbüttler  Codex,  demselben, 
den  einst  Flacius  besass,  hat  schon  1891  gelegentlich  Sdralek,^) 
was  mir  derzeit  leider  entging,  und  vor  kurzem  abermals 
Düramler  in  seiner  Edition  der  Briefe  Alchvins*)  das  er- 
wähnte Schreiben  des  Cardinallegaten  kritisch  herausgegeben. 
Hienach  erweist  sich  teutonice  als  willkürliche  Neuerung 
der  Centuriatoren ;  der  wahre  Text  lautet  dagegen  in  der 
That:  tam  latine  quam  theodisce.  So  wenig  es  nun  auch 
überraschen  kann,  ein  von  788  an  regelmässig  wiederkehren- 
des  Wort    bereits   786   anzutreffen,    so   entschieden    fordern 


^)  Eine  kirchenrechtliche  Sammlang  Trier*scher  Herkunft;  siehe 
Kircfaengeschichtl.  Studien,  herausggb.  von  EnOpfler,  SchrOr«  und 
Sdralek  I,  2.  S.  66  £P. 

^)  Mon.  Qerm.  hiat.,  Episiolae  Karoljni  aevi  11.  p.  19  sqq. 


Das  älteste  Zeugniss  für  den  Namen  Deutsch.  225 

doch  die  eigenthümlichen  Umstände,  unter  denen  theodisee 
hier  zum  erstenmal  auftaucht,  zu  einer  historischen  Er- 
örterung heraus.  Dass  in  dem  Brief  eines  Romers  an  den 
anderen  das  Angelsächsisch  der  Unterthanen  König  Offas 
als  deutsch  charakterisirt  wird,  noch  bevor  uns  dieser  Name 
in  seiner  karolingischen  Heimath  selber  nachweislich  be- 
gegnet: diese  Wahrnehmung  böte  sonst  Anlass  genug,  alte 
Irrthömer  durch  neue  Missverständnisse  wiederzubeleben. 

.  Für  die  Beurtheilung  des  in  Rede  stehenden  Schreibens 
ist  die  Art  seiner  Ueberlieferung  nicht  ohne  Bedeutung. 
Weder  in  Rom  noch  in  England  hat  sich  eine  Abschrift 
davon,  oder  auch  nur  ein  verwandtes  Dokument  über  den 
Verlauf  jener  Legatenconcilien  erhalten;  vielmehr  findet  sich 
unser  Brief  einzig  in  einer,  wie  Sdralek  gezeigt  hat,  um 
965  im  Trierer  Kloster  St.  Maximin  angefertigten  kanonisti- 
schen  Sammlung  von  vorwiegend  karolingischem  Material, 
in  die  er  aufgenommen  worden  ist,  weil  er  die  englischen 
Synodalbeschlüsse  von  786  vollständig  recapitulirt.  Er  trägt 
in  der  Sammlung  die  bezeichnende  üeberschrift:  Synodus, 
que  facta  est  in  Anglorum  Saxonia  temporibus  ter  beatissimi 
et  coangelici  domini  Hadriani  summi  pontificis  et  universalis 
pape,  regnante  gloriosissimo  Karolo  excellentissimo  rege 
Francornm  et  Langobardorum  seu  patricio  Romanorum,  anno 
regni  ipsius  XYIII,  missis  a  sede  apostolica  Georgio  Ostiensi 
episcopo  et  Theophylacto  venerabili  episcopo  sancte  Tudertine 
ecclesie,  regnante  Domino  nostro  Jesu  Christo  in  perpetuum, 
anno  incarnationis  ejusdem  Domini  nostri  DCCLXXXVI, 
ind.  X.  Wie  man  sieht,  stammt  diese  Üeberschrift  aus  einer 
alten,  dem  geschilderten  Ereigniss  gleichzeitigen  Vorlage, 
der  Abschrift  nämlich,  die  ein  Unterthan  Karls  d.  Gr.  geist- 
lichen Standes  damals  von  dem  Legaten be rieht  um  seines 
kirchenrechtlichen  Inhalts  willen  genommen.  Man  beachte 
die  genaue  Zeitangabe  für  die  hier  in  eins  gefassten  Synoden: 
zwischen    1.    September    und    9.    Oktober    786,    wobei    die 

1805.  Sitsongsb.  d.  pbil.  u.  bist.  Gl.  15 


216  /.  Friedrich 

entstanden.  Wusste  man  nämlich,  dass  die  Pepusianer  Frauen 
in  ihren  Clerus  aufnahmen,  so  lag  es  nahe,  sieh  die  Vor- 
stellung zu  bilden,  dass  sie  zu  den  einzelnen  Graden,  zum 
Episcopat,  Presbyterat  u.  s.  w.,  zugelassen  würden.  Immerhin 
ist  die  Nachricht,  dass  die  Pepuzianer  Frauen  in  ihrmn  Glerus 
hatten,  insofern  von  Bedeutung,  als  sie  die  andere  in  dem 
Schreiben  der  drei  gallischen  Bischöfe  bestätigt. 

Es  entspricht  aber  auch  der  Geschichte  des  Montanismus, 
dass  die  Cenones  sociae,  nicht  socii  waren.  Denn  nimmt 
man  sie  als  socii,  so  wird  alles  missyerstaudlich,  wie  man  an 
der  Ausführung  Hilgenfeld's  sieht:  «Der  Montanismus  musste 
von  vorne  herein  das  Bestreben  haben,  eine  eigene  Gemeinde 
des  Paraklet  zu  stiften.  Montanus  selbst  hat  nicht  blos  für 
Eintreibung  von  Geldern  und  Besoldung  von  Predigern  ge- 
seilt, sondern  auch  Pepuza  und  Tymion  fQr  Jerusalem  oder 
den  Vorort  erklärt,  und  nicht  umsonst  den  Alkibiades  und 
Theodotos  um  sich  gehabt,  wie  die  Masimilla  ihren  Themison, 
die  Prophetin  oder  der  Prophet  des  ApoUonios  den  Alexander. 
So  standen  auch  später  den  Patriarchen  zunächst  die  Koivün^eg 
oder  Koiviovoi  zur  Seite,  erst  an  dritter  Stelle  folgten  die 
Bischöfe.  Dem  Patriarchen  als  Nachfolger  des  Montanus 
und  seinen  »Genossen«  war  der  Episcopat  entschieden  unter- 
geordnet, wogegen  der  katholische  Episcopat  seine  Ueber- 
ordnung  über  alle  prophetischen  Erscheinungen  innerhalb 
der  Kirche  behauptete**  (S.  598).  Das  Charakteristische  des 
Montanismus  bilden  aber  nicht  diese  Begleiter  des  Montanus 
und  der  Maximilla,  sondern  der  Umstand,  dass  mit  und  neben 
Montanus  die  Frauen  Priscilla  und  Maximilla  als  Prophetinnen 
auftraten  und  seine  Begleiterinnen  waren.  Es  erscheint  daher 
wenig  motivirt,  dass  gerade  die  Begleiter  des  Montanus,  Alki- 
biades und  Theodotos,  oder  der  der  Maximilla,  Themison,  als 
Begleiter  Nachfolger  in  einer  besonderen  Classe  der  monta- 
nistischen Hierarchie  gehabt  haben  sollen,  nicht  aber  die 
Prophetinnen  und  Begleiterinnen  des  Montanus,  welche  doch 


üd}er  die  Cenanes  der  Montanisten  bei  Hieronymus.        217 

die  männlicheti  Begleiter  an  Bedeutung  weit  überragten.  Es 
li^  vielmehr,  wenn  der  Patriarch  in  Pepuza  der  Nachfolger 
des  Montanus  war,  weit  naher,  d&ss  auch  die  Prophetinnen 
Priscilla  und  Maximiila,  gleich  Montanus  die  Organe  des 
Paraklet,  Nachfolgerinnen  hatten.  Doch  kam  Hilgenfeld  zu 
seiner  Aufstellung  auch  nur  aus  dem  Grunde,  weil  er  in 
den  Genones  socii,  nicht  sociae,  erkannte.  Ist  dies,  wie  ich 
glaube,  auf  Grund  des  Schreibens  der  drei  gallischen  Bischöfe 
nicht  mehr  möglich,  so  ergibt  sich  auch  nothwendig,  wessen 
Nachfolger  die  Genones  sind,  und  begreift  es  sich  hinreichend, 
warum  diese  den  Bischöfen,  Presbytern,  Diakonen  und  anderen 
Glerikern  übergeordnet  sind. 

Aus  dem  eben  Gesagten  folgt  auch,  dass  ich  ebenso- 
wenig die  Behauptung  Hamack 's  unterschreiben  kann:  ,Die 
Verfassung  montanistischer  Gemeinden  mit  der  abgestuften 
Hierarchie  der  Patriarchen,  Genonen  und  Bischöfe  ist  aus 
der  allgemeinen  kirchlichen  Verfassungsgeschichte  nicht  zu 
erklären,*  Denn  das  könnte  nur  dann  gelten,  wenn  wir 
wirklich  »die  montanistische  Verfassung  nur  durch  Hiero* 
nymus  kennten ''.  Das  ist  jedoch  nicht  der  Fall.  Justinian, 
der  das  nämliche  wie  Hieronymus  sagt,  zeigt  vielmehr,  dass 
die  Montanisten  die  ganze  Hierarchie  der  allgemeinen  Kirche 
beibehalten  hatten.  Das  Eigenthümliche  des  Montanismus 
besteht  daher  nur  darin,  dass  in  ihm  der  kirchlichen  Hier- 
archie von  oben  noch  Patriarchen  und  Genones  als  die  Nach- 
folger des  Montanus  und  der  Priscilla  und  Maximiila  hinzu- 
gefügt wurden. 

Einige  Hauptfragen,  nämlich  die:  waren  die  Genones 
ordinirt  und  welche  Aufgabe  kam  ihnen  zu?  sind  damit 
freilich  noch  nicht  beantwortet  und  werden  voraussichtlich 
kaum  mehr  ganz  befriedigend  beantwortet  werden  können. 
Denn  was  Epiphanius  erzählt,  dass  die  Pepuzianer  zwischen 
Mann  und  Weib  keinen  Unterschied  machten  und  deshalb 
auch  Frauen  zu  Bischöfen,  Priestern  u.  s.  w.   bestellten,  ist 


228  A,  Dave 

eingebend  bestätigt  wird,^)  sollte  man  in  dem  Bericht  des 
Legaten  gewiss  eine  Meldung  zu  finden  erwarten;  für 
frankiscbe  Leser  war  sie  freilich  verhältnissmässig  gleich- 
giltig,  und  so  wird  sie  wenigstens  in  der  uns  Torliegenden 
Abschrift  mit  Stillschweigen  übergangen.  Diese  gedenkt 
vielmehr  bloss  der  Verlesung,  Erläuterung  und  Annahme 
der  Dekrete  von  Gorbridge  —  an  dieser  Stelle  erscheint, 
wie  gesagt,  jenes  auffallende  tam  latine  quam  theodisce  — 
und  scbliesst  mit  den  Unterschriften  der  Akten  von  Cealchydh, 
lauter  südenglischen  Namen,  an  der  Spitze  Jaenbreht  von 
Canterbury  und  König  0£Pa. 

Was  nun  unser  theodisce  betrifft,  so  ist  vor  allen  Dingen 
scharf  zu  betonen,  dass  auch  äusserlich  nichts  dafür  spricht, 
als  sei  es  etwa  aus  den  Concilsakten  von  Cealchydh  in  den 
Bericht  des  Cardinalbischofs  herübergefiossen.  Getrost  darf 
man  es  daher  nach  wie  vor  für  innerlich  ausgeschlossen  er- 
klären, dass  dies  Wort  im  Sinne  von  angelsächsisch  in  einem 
von  Angelsachsen  verfassten,  ja  auch  nur  unterzeichneten 
Schriftstück  je  gestanden  haben  kann.  Im  ganzen  Mittel- 
alter ist  ein  namentlicher  Hinweis  auf  die  nationale  Sprache 
auf  englischem  Boden  und  durch  Engländer  selbst  lateinisch 
nie  anders,  als  durch  anglice  oder  saxonice  gegeben  worden. 
Diesem  thatsächlichen  Befunde  in  allen  einheimischen  Quellen 
steht  ein  prinzipiell  durchschlagender  Grund  zur  Seite.  Aller- 
dings nämlich  war  ein  substantivisch  gebrauchtes  Neutrum 
theödisc  neben  dem  häufigeren  getheöde  in  der  Bedeutung 
von  Volkssprache  überhaupt  im  Altenglischen  vorhanden; 
allein  es  erhob  sich  niemals,  wie  in  Deutschland,  über  die 
Stufe  des  Appellativs  hinaus  zum  nomen  proprium.  Wenn 
gegen  Ende  des  9.  Jahrhunderts  Eonig  Aelfred  in  seinem 
Boetius  tha  ütemestan  thiöda,  die  äussersten  Völker,  on 
manig  theödisc,  in  mancher  Volkssprache  reden  lässt,  können 


0  Ib.  p.  187  sqq. 


Das  älteste  Zeugniss  für  den  Namen  Deutsch,  229 

seine  Landslente  hundert  Jahr  früher  ein  lateinisches  theo- 
disce,  das  unter  allen  Umstanden  nicht  generell,  sondern 
individuell  von  einer  bestimmten  Sprache  zu  verstehen  war, 
zur  Bezeichnung  ihrer  eigenen  Zunge  weder  besessen,  noch 
verwendet  haben.  Hingegen  stand  es  eben  damals  jedem 
Deutschen  frei,  den  in  Deutschland  allein  entstandenen,  da- 
bei jedoch  aus  rein  linguistischer  Betrachtung  erwaclisenen 
Begriff  seiner  theodisca  lingua  soweit  zu  erstrecken,  als  ihm 
nach  fernerer  sprachlicher  Beobachtung  deren  einheitliches 
Gebiet  zu  reichen  schien.  Und  so  ist  es  gerade  in  den 
ersten  Jahrzehnten  der  nachweisbaren  Existenz  des  deutschen 
Sprachnamens,  bevor  sich  dieser  im  Laufe  geschichtlicher 
Entwicklung  mehr  und  mehr  mit  der  Idee  der  Nationalität 
erfüllt  hatte,  mit  dem  Ausdruck  theodiscus  in  Deutschland 
selber  wirklich  gehalten  worden.  Auf  dem  Ingelbeimer 
Tage  788,  wie  im  Capitulare  Italicum  von  801  wird  die 
Berufung  auf  einen  Rechtsbegriff  der  theodisca  oder  teudisca 
lingua  neben  den  eigentlich  deutseben  Stämmen  auch  an 
langobardische  Hörer  und  Leser  gerichtet.  Smaragd  us  misst 
zwischen  801  und  805,  wie  noch  um  840  Walahfrid  Strabo 
ausdrücklich  auch  den  Gothen  einen  Antheil  an  der  theodisca 
lingua,  dem  sermo  theotiscus  bei.  Ganz  gewiss  konnte 
daher  786  ein  Franke  oder  anderer  Deutscher  von  seinem 
Standpunkt  aus  einen  Angelsachsen  theodisce  sprechen  lassen ; 
es  gehorte  dazu  nichts  weiter,  als  dass  er,  was  höchstens 
dem  Oberdeutschen  schwerer  fallen  mochte,  mit  Bewusstsein 
den  Gedanken  einer  über  den  Kanal  hinübergreifenden 
Spracheinheit  fasste. 

Es  ergiebt  sich  demnach  die  Forderung  festländisch 
deutschen  Ursprungs  für  das  nur  unter  solcher  Bedingung 
in  dem  Bericht  des  Cardinallegaten  Georg  begreiflich  er- 
scheinende theodisce;  ein  derartiger  Ursprung  lässt  sich  auf 
mehrfache  Weise  vorstellen.  Das  einfachste,  sozusagen  roheste 
wäre,   dem   fränkischen  Abschreiber   des  Briefes,    dem  Ver- 


230  A.  Dave 

fasser  jener  nach  Karl  d.  Or.  datirenden  üeberschrift  die 
Einschwärzung  eines  ihm  yertrauten  Begriffs  und  Wortes 
zur  Last  zu  legen.  Wer  dieser  Abschreiber  war,  kann, 
denke  ich,  kaum  einem  Zweifel  unterliegen.  Der  von  Karl 
den  päpstlichen  Legaten  als  adjutor  zugesellte  Abt  und 
Priester  Wigbod  musste  nach  dem  Ablauf  seiner  Sendung 
seinem  Herrn  natürlich  über  die  für  die  allgemeine  Kirche 
wichtigen  Ergebnisse  der  Legation  referiren;  die  beste  Grund- 
lage für  ein  solches  Referat  bot  eine  Gopie  der  einschlagen- 
den Partien  aus  dem  Rechenschaftsberichte  des  Gardinal- 
bischofs,  von  der  ein  zweites  Exemplar  höchst  wahrscheinlich 
in  Wigbods  eigenen  Händen  blieb.  E^  ist  uns  nun  ander- 
weit ein  Presbyter  Wigbod  bekannt,  der  um  eben  diese  Zeit, 
zwischen  774  und  800,  auf  Karls  Befehl  Commentarien  zum 
Oktateuch  aus  den  Kirchenvätern  zusammengestellt  hat.  Er 
widmete  seine  Arbeit  dem  Könige  durch  ein  längeres  Vor- 
wort in  Hexametern,  die  jedoch  grösstentheils  aus  der  prae- 
iatio  des  Eugenius  Toletanus  zu  Dracontius  entwendet  sind;^) 
ein  Mann  also  von  literarischer  Bestrebung  ohne  eigene 
Ader.  Die  einzige  Handschrift  seiner  Commentarien,  welche 
zugleich  diesen  Prolog  enthielt,  war  aber  ein  jetzt  verlorener, 
von  Martene  als  sehr  alt  gerühmter  Codex  von  St.  Maximin 
in  Trier,  woselbst  sich,  wie  erwähnt,  auch  die  einzige  Spur 
unseres  Legatenberichts  in  der  Kanonsammlung  von  965 
erhalten  hat.  Es  liegt  somit  ungemein  nahe,  beide  Priester 
Wigbod  mit  einander  zu  identificiren  und  in  der  Vorlage 
des  Sammlers  von  965  eine  Aufzeichnung  des  karolingischen 
Mitgesandten  von  786,  d.  h.  eine  jener  Copien  des  Legaten- 
berichtes zu  vermuthen.  Dass  nun  aber  in  dieser  Copie  mit 
dem  Texte  des  Originals  ein  freies  Spiel  getrieben  und 
theodisce  für  saxonice  oder  dgl.  mit  derselben  Willkür  ein- 
gesetzt worden   sei,    mit  der   achthundert  Jahr    später   die 

^)  Mon.  Germ,  bist.,  Poetae  Latini  aevi  Earolini  I,  1.  p.  95  sqq. 
cf.  p.  88. 


Das  älteste  Zeugniss  für  den  Namen  Deutseh,  231 

Centariatoren  theodisce  in  teutonice  yerwandelten:  dies  an- 
zunehmen haben  wir  doch  kein  Recht,  solange  sich  eine 
Möglichkeit  zeigt,  das  Vorkommen  von  theodisce  im  Original* 
texte  des  Legatenberichtes  selber  zu  erklären. 

Hiefür  nun  giebt  es  zwei  Wege.  Der  erste  ^re  die 
Annahme,  dass  Bischof  Georg  von  Ostia  sich  zur  Abfassung 
seines  Berichts  geradezu  einer  fremden  Hand  bedient  habe. 
Dass  der  literarische  Charakter  des  Briefes  von  dem  kirch- 
lichen, zumal  eurialen  Oeschäftstile  jener  Zeit  einigermassen 
abweicht,  hat  schon  Dümmler  erkannt,  wenn  er  bemerkt: 
es  wäre  nicht  undenkbar,  dass  die  Fassung  der  Synodalbe- 
schlüsse, in  denen  die  Dichter  Virgil  und  Prudentius  benutzt 
seien,  zum  Theil  von  Alchvin  herrühre.^)  In  den  Synodal- 
beschlüssen von  Corbridge  kommt  indess  nur  der  eine  Pru- 
dentiusvers  vor,  den  man  wohl  auf  Rechnung  der  bekannten 
Schulbildung  des  nortbumbrischen  Clerus  im  allgemeinen 
setzen  darf.^)  Die  virgilischen  Floskeln  finden  sich  dagegen 
in  der  persönlichen  Reiseschilderung  des  Legaten,  sodass 
Dümmlers  Gründe  dazu  führen  müssten,  auch  in  dieser  die 
Hand  Alchvins  zu  vermuthen.  Nun  war  Alchvin  zuvor 
mindestens  zweimal  in  Rom  gewesen,  er  machte  beide  eng- 
lische Synoden  von  786  mit,')  begleitete  den  Bischof  von 
Ostia  von  der  einen  zur  anderen  als  Ueberbringer  der  Dekrete; 
er  selbst  wäre  ganz  der  Mann  gewesen,  die  Capitel  von  Gor- 
bridge tam  latine  quam  theodisce,  d.  h.  angelsächsisch,  zu 
erläutern.  Dass  er  aber  auch  an  der  Abfassung  des  Legaten- 
berichts betheiligt  gewesen  sei,  wird  mir  gerade  um  des 
Ausdrucks  theodisce  willen  äusserst  unwahrscheinlich.    Ohne 


1)  Neoes  Archiv  XVIIl,  61  f. 

^)  In  Alchvins  berühmten  Versen  über  die  Yorker  Bibliothek 
vermiest  man  übrigens  gerade  Prudentius. 

^)  Seine  Freundschaft  mit  Bischof  Chuniberct  von  Winchester 
schloss  er  zu  Cealchydh,  nicht  zu  Corbridge,  wie  Dümmler,  Epp. 
Karol.  aer.  II,  316  n.  4  angiebt. 


232  A.  Dave 

Zweifel  war  ihm  schon  damals  der  deutsche  Sprachname 
bekannt,  denn  er  hatte  bereits  einen  mehrjährigen  Aufent- 
halt im  Frankenreiche  hinter  sich.  Eine  Ausdehnung  des- 
selben auf  die  heimische  Zunge  musste  jedoch  ihm  als  ge- 
borenem Angelsachsen  gänzlich  fern  liegen.  In  den  zahl- 
reichen Briefen  und  Schriften,  die  er  hernach  auf  fränkischer 
Erde  verfasst  hat,  kommt  das  Wort  theodiscus  überhaupt 
niemals  vor;  das  Angelsächsische  bezeichnet  er  seinen  Lands- 
leuten gegenüber  als  deren  propria  lingua^)  und  es  galt  ihm 
für  eine,  wenigstens  von  der  bayrischen  Mundart  des  Deut- 
schen verschiedene  Sprache.  Er  bittet  Arno  yon  Salzburg, 
er  möge  seinem  Schüler,  dem  Angelsachsen  Witto  im  dortigen 
Rupertskloster  propter  adjutorium  hominum  linguaeque  no- 
titiam  den  Bayer  Adalbert  zum  Genossen  bestellen.^)  Ganz 
anders  steht  es  hingegen  mit  dem  fränkischen  Abte  Wigbod, 
dem  ständigen,  man  darf  sagen  offiziellen  adjutor  des  Cardinal- 
legaten  bei  dem  englischen  Unternehmen  des  Jahres  786; 
wenn  überhaupt  jemand,  so  wird  er  als  Mitarbeiter  auch  an 
dem  amtlichen  Reisebericht  des  Bischofs  Georg  zu  betrachten 
sein.  Dass  Wigbod  selbst  im  Briefe  des  Bischofs  als  vir 
probatae  fidei  gerühmt  wird,^)  scheint  mir  nicht  allzu  schwer 
dagegen  ins  Gewicht  zu  fallen. 

Hält  man  indessen  hiedurch  eine  schriftliche  Mitwirkung 
Wigbods  an  dem  Briefe  des  Legaten  für  ausgeschlossen,  so 
bleibt  als  letzte  Möglichkeit  zur  Erklärung  des  Gebrauchs 
von  theodisce  die  Annahme  übrig,  der  Cardinalbischof  von 
Ostia  habe  Begriff  und  Wort  aus  deutschem  Munde  sozu- 
sagen aufgelesen  und  beides  sodann  selbständig  auf  englische 
Verhältnisse  übertragen.  Wahrscheinlich  hat  er  seinen  Be- 
richt erst  nach  der  Rückkehr  aufs  Festland  redigirt  und 
▼om  Hofe  Karls  aus  durch  Theophylakt  nach  Rom  gesandt. 


1)  Ib.  p.  54. 

2)  Ib.  p.  253  eq. 

3)  Alcbvin  erscbeint  darin  gar  als  vir  inlaster. 


Das  älteste  Zeugniss  für  den  Namen  Deutsch.  233 

An  eben  diesem  Hofe  hatte  er  sich  vor  dem  Aufbruch  nach 
England  einige  Zeit  bewegt;  auf  der  Reise  genoss  er  täglihc 
des  Umgangs  mit  dem  Franken  Wigbod;  ihm  selbst,  dem 
Römer,  war  die  germanische  Sprache  jedenfalls  ziemlich 
fremd,  sodass  er  von  sich  aus  schwerlich  zwischen  fränkisch 
und  englisch  unterschieden  haben  wird:  um  so  eher  wird 
ihm  ein  bequemer  Gesammtname  für  beides  eingeleuchtet 
haben. 

Wie  dem  auch  sein  mag,  so  oder  so  haben  wir  in 
diesem  ersten  theodisce  vom  Herbst  786  mehr  oder  weniger 
direkt  vermittelt  nichts  anderes  zu  begrüssen,  als  das  älteste 
in  der  Reihe  continental  deutscher  Zeugnisse  ffir  das  Dasein 
unseres  Sprachnamens;  ein  Zeugniss,  das  auch  in  der  ideal 
erweiterten  inneren  Beziehung  dieses  Namens  auf  das  stamm- 
verwandte Ausland  von  den  nächst  jüngeren  der  folgenden 
zwanzig  Jahre  nicht  wesentlich  absticht.  Weit  merkwürdiger 
ist  auf  der  anderen  Seite  der  reale  Horizont  einer  fernhin 
bemessenen  äusseren  Verständlichkeit,  der  nunmehr  schon 
so  früh  dem  Namen  theodiscus  angewiesen  erscheint.  Ob  mit 
Recht  oder  Unrecht,  Bischof  Georg  von  Ostia,  oder  wer  sonst 
der  Verfasser  seines  Berichtes  war,  muss  darauf  gerechnet 
haben,  daes  auch  dem  Empfänger  des  Briefes,  dem  Papste 
zu  Rom  der  deutsche  Sprachnarae  in  dieser  seiner  lateinisch 
krystallisirten  Gestalt  wohlbekannt,  um  nicht  zu  sagen  ge- 
läufig sei.  Solche  Zuversicht  aber  konnte  sich  allein  darauf 
gründen,  dass  theodiscus  wenigstens  in  seiner  deutschen  Hei- 
math im  mündlichen  Gebrauch  bereits  entschieden  befestigt 
war,  was  dann  wieder  eine  weit  längere  Zeit  der  Einübung 
voraussetzt,  als  man  nicht  selten  angenommen  hat.  Selbst 
die  grammatische  Form  jenes  ältesten  Zeugnisses  dient  dazu, 
diesen  Eindruck  zu  verstärken.  Bisher  begegnete  uns  von 
788 — 822  einzig  die  Verbindung  theodisca  lingua,  822  zu- 
erst Theodisca  mit  Auslassung  von  lingua  nach  damaligem 
deutschen  Brauch,   831    daneben  in  Theodisco,  um  840  der 


234  A,  Dave 

serino  theotiscas  und  die  Theotisci  des  Walahfrid;  ein  Ad- 
verb theotisce  fand  sich  nicht  früher,  als  um  868  bei  Otfrid. 
Dass  wir  die  letzterwähnte  Bildung  nun  bereits  786,  in  der 
Schrift  also  von  vornherein  kennen  lernen,  beweist  eine 
schon  damals  erworbene  Geschmeidigkeit,  d.  h.  wiederum 
eine  längere  mündliche  Vorgeschichte  des  Wortes  theodiscus 
überhaupt.  In  dem  einen  wie  dem  anderen  erblicke  ich  eine 
willkommene  Bestätigung  meiner  vordem  ausführlich  begrün- 
deten Hypothese,  dass  der  Prozess  der  Heransbildung  eines 
Eigennamens  für  die  deutsche  Gemeinsprache,  zunächst  in 
deutscher  Zunge  selbst,  nicht  etwa  erst  mit  der  nationalen 
Gulturpolitik  Karls  d.  Gr.  begonnen  hat,  vielmehr  auf  die 
kirchlich  einigende  Gedankenarbeit  der  bonifazischen  Sjmoden, 
am  letzten  Ende  auf  die  systematische  Thätigkeit  des  ger- 
manischen Apostels  selber  zurückzuführen  ist.  In  dieser 
Hinsicht  kommt  noch  eine  weitere  Wahrnehmung  in  Betracht. 
Der  bisherige  älteste  Beleg  für  den  Namen  Deutsch,  das 
quod  theodisca  lingua  harisliz  dicitur  vom  Ingelheimer  Reichs- 
tag, stellte  sich  als  eine  weltliche  Rechtsformel  dar,  wie  sie 
von  da  ab  in  gleicher  oder  ähnlicher  Fassung  noch  häufig 
wiederkehrt.  Das  tarn  latine,  quam  theodisce  von  786  aber 
trägt  in  seiner  Verbindung  mit  den  motivirenden  Worten  quo 
omnes  intelligere  possent  ebenso  deutlich  das  Gepräge  einer 
kirchlich  eingewöhnten  Ideenverbindung  und  Redewendung  an 
sich.  So  beschliesst  das  Concil  zu  Tours  813  die  Uebersetzung 
von  Homilien  in  rusticam  Romanam  linguam  aut  theotiscam, 
quo  facilius  cuncti  possint  intelligere,  quae  dicuntur,  während 
die  gleichzeitige  Reimser  Synode  die  Predigt  verlangt  secun- 
dum  proprietatem  lingnae,  prout  omnes  intelligere  possint; 
woraus  dann  ein  Achener  Gapitulare  die  Summe  zieht:  de 
officio  praedicationis,  ut  juxta  quod  intelligere  vulgus  possit 
assidue  fiat.  Wird  hiedurch  nur  die  Mahnung  wiederholt, 
die  schon  um  760  Chrodegang  von  Metz  ausgesprochen: 
et   juxta    quod    intelligere    vulgus    possit    ita   praedicandum 


Dflw  älteste  Zeugniss  für  den  Namen  Deutsch.  235 

est,  ^)  so  klingen  die  Worte  der  Reimser  Synode  näher  an  ein 
Sendschreiben  an,  welches  Alchvin  793  aus  dem  Franken- 
reich an  Benediktiner  seiner  Heimath  gerichtet,  wo  es  heisst: 
et  propria  exponatur  lingua  (sc.  reguia  s.  Benedicti),  ut 
intellegi  possit  ab  omnibus.*)  Fünf  Jahr  später  fordert 
derselbe  von  Konig  Karl  auslegende  Predigt  der  Priester, 
ut  ab  Omnibus  intellegatur.')  üeberall  wird  an  solchen 
Stellen  in  Verbindung  mit  dem  Gedanken  einer  gemeinver- 
ständlichen Kirchenlehre,  sei  es  stillschweigend,  umschreibend 
oder  auch  namentlich,  der  Volkssprache  gedacht.  Es  ist 
gleichsam  die  Luft  geistlicher  Vermahnungen  und  Berath- 
ungen,  wie  sie  seit  den  Tagen  des  Bonifaz  im  karolingischen 
Reich  im  Schwange  waren,  die  wir  bei  der  Lektüre  dieser 
stehenden  Redeformen  athmen.  In  solcher  Luft,  die  uns, 
nach  England  abgelenkt,  auch  aus  dem  nunmehr  ältesten 
Zeugniss  für  den  Namen  Deutsch  von  786  entgegen  weht, 
wird  dieser  Name  selbst  seit  der  Mitte  des  Jahrhunderts  all- 
mählich erwachsen  sein. 


^}  Vgl.  E.  Jacob«,   die  Stellnog  der  LaDdessprachen  etc.,   For* 
scbanffen  zur  dtsch.  Gesch.  III,  378. 
^)  Epp.  Karol.  uev.  II.  p.  54. 
»)  Ib.  p.  209. 


236 


Die  Seleukidenära  der  Makkabäerbücher. 

Von  Q.  F.  Unrer. 

(Vorgelegt  am  16.  Juni.) 

Von  den  Büchern  des  Alien  Testaments  steht  nach  In- 
halt und  Form  den  historischen  Schriften  der  Griechen  und 
Romer  keines  so  nahe  wie  das  erste  der  Makkabäer.  Schlicht, 
anschaulich  und  zusammenhängend  erzählt  es  vom  Stand- 
punkt eines  gläubigen  Juden  die  Erhebung  zuerst  gegen  den 
religiösen  Druck  der  Fremdherrschaft  und  dann  gegen  diese 
selbst;  für  die  Geschichte  des  Seleukidenreichs  im  zweiten 
Drittel  des  zweiten  Jahrhunderts  bildet  es  neben  Polybios 
die  ergiebigste  Quelle  und  besitzt  einen  besonderen  Werth 
durch  seine  vielen,  auf  die  (oder  vielmehr  auf  eine)  Seleu- 
kidenära gestellten  Jahrdata.  Darüber,  dass  sie  nicht  mit 
der  im  Herbst  312  anhebenden  Jahrrechnung  identisch  ist, 
sondern  ein  halbes  Jahr  früher  oder  später  im  Frühling  an- 
föngt,  besteht  heutzutage  mit  wenig  Ausnahmen  allgemeine 
Uebereinstimmung  und  von  einem  einzigen  älteren  Forscher 
abgesehen  wird  ebenso  übereinstimmend  angenommen,  dass 
die  Epoche  in  den  Frühling  312  fallt,  eine  Annahme,  deren 
Wirkung  sich  weit  über  den^  Rahmen  der  Seleukiden- 
geschichte  hinaus,  unter  andern  auch  in  der  Anordnung  der 
Bruchstücke  des  Polybios  fühlbar  gemacht  hat.  Dass  im 
Gegentheil   der    Beginn    des  Frühjahrs   (genauer  gesprochen 


Die  Seleukidenära  der  MaJckahäerhücher.  237 

der  1.  Nisan)  311  die  Anfangsepoche  bildet,  soll  im  Nach- 
stehenden gezeigt  werden:  zunächst  mittelst  einer  Ausführung 
über  den  Ursprung  der  Seleukidenära  (Cap.  I);  dann  durch 
den  Nachweis,  dass  von  den  18  Jahrdaten  des  Buches  alle 
diejenigen,  welche  an  der  Hand  griechischer  oder  römischer 
Zeugnisse  geprüft  werden  können,  d.  i.  nicht  weniger  als  zwölf 
auf  dieses  spätere  Epochendatum  führen  (Gap.  II);  dasselbe 
gilt  von  dem  Cyklus  der  Sabbatjahre,  dessen  Bestimmung 
nur  auf  eine  von  zwei  einander  widersprechenden  Angaben 
des  Josephos  hin  dem  früheren  angepasst  worden  ist  (Cap.  III). 
Das  zweite  Buch  gibt  zum  Zweck  religiöser  Erbauung  einen 
Auszug  aus  Jason  von  Kyrene,  einem  jüdischen  Schriftsteller, 
welcher  die  Jahre  175 — 160  in  5  Büchern  behandelt  hatte; 
seine  Aera,  welche  verschiedene  Deutungen  erfahren  hat,  ist, 
wie  nach  dem  Ergebniss  des  ersten  Capitels  zu  erwarten 
steht  und  durch  die  einer  Prüfung  fähigen  Jahrdata  be- 
stätigt wird,  dieselbe  wie  die  des  ersten.  Das  Werthvollste 
in  dem  Buch  sind  vier  Aktenstücke,  bestehend  in  drei  Briefen 
syrischer  Regenten  und  einem  Schreiben  römischer  Botschafter; 
Jason  hat  sie  nicht  nur  (was  den  Neueren  nicht  entgangen 
ist)  gröblich  missverstanden,  sondern  auch  durch  die  Auf- 
nahme seiner  falschen  Deutungen  in  die  Erzählung  die  Ge- 
schichte gefälscht;  ihre  Erklärung  und  Verwerthung  wird  erst 
durch  die  richtige  Bestimmung  der  Aera  möglich  (Cap.  IV). 
Zu  den  Ursachen  des  Dunkels,  welches  über  der  Chronologie 
der  Seleukiden  schwebt,  gehört  in  erster  Linie  die  eigen- 
thümliche  Olympiadendatirung  der  syromakedonischen  Re- 
gentenzeittafel des  Porphyrios:  an  die  Stelle  der  jetzt  herr- 
schenden künstlichen  Erklärung  derselben  lässt  sich  eine 
andere  setzen,  welche  nicht  nur  den  Vorzug  der  Einfachheit 
besitzt,  sondern,  wie  sich  zeigen  wird,  auch  auf  die  Olym- 
piadendata des  Kastor,  Phlegon,  Africanus,  Eusebios  und 
anderer  gleich  Porphyrios  dem  Geltungsbereich  des  make- 
donischen Kalenders  angehörigen  Chronisten  zutrifft  (Cap.  V). 


238  ünger 

L   Ursprung  der  Seleukidenära. 

Anfangstag  der  Seleukidenära  war  in  der  späteren  Zeit,  ^) 
nachdem  der  syromakedoniscbe  Kalender  nach  dem  Muster 
des  romischen  umgestaltet  und  an  die  Stelle  des  Mondjahrs 
das  Sonnenjahr  gesetzt  worden  war,  der  1.  Oktober  312, 
s.  Ideler  I,  451;  vorher  ohne  Zweifel  das  makedonische  Ka- 
lenderneujahr, der  1.  Dios,  welcher  gleich  dem  attischen 
1.  Pyanepsion  und  dem  hebräischen  1.  Thishri  in  die  Zeit 
um  die  Herbstnachtgleiche  fiel.  Den  Anlass  zu  dieser  Jahr- 
zählung gab  also  ein  epochemachendes  Ereigniss,  welches  in 
den  Lauf  des  mit  1.  Dios  =  ungefähr^)  6.  Okt.  312  an- 
fangenden Jahres  gefallen  ist.  Die  Ansicht  Idelers  (I,  445) 
und  seiner  Vorgänger,  dass  dies  die  Schlacht  bei  Gaza  ge- 
wesen sei,  nach  welcher  der  Sieger  Ptolemaios  dem  fluchtig 
bei  ihm  weilenden  Seleukos  eine  Heeresabtheilung  mitgab, 
um  seine  Satrapie  Babjlonien  dem  Antigonos  zu  entreissen, 
beruht  darauf,  dass  Porphyrios  bei  Ensebios  chron.  I,  249 
den  Ptolemaios  bei  dieser  Gelegenheit  die  Ernennung  des 
Seleukos  zum  König  vollziehen  lässt  und  von  da  ab  dessen 
Regierung  datirt,  s.  Cap.  V;  aber  die  Schlacht  von  Gaza 
wurde  um  Frühlings  Anfang  312  geschlagen  und  dem  ent- 
sprechend beginnt  Porphyrios  nebst  seinen  Nachtretern,  den 
christlichen  Chronographen,  die  Regierung  des  Seleukos  mit 
Ol.  117,  1  makedonischen  Stils  =  Okt.  313—312,  während 
die  Seleukidenära  mit  Ol.  117,  2  mak.  Stils  anfängt.  Droysen 
Gesch.  d.  Hell.  II,  2,  45  denkt  an  die  Wiedererwerbung  Baby- 


1)  Yielleicht  seit  der  Mitte  des  dritten  Jahrhunderts;  zuerst 
nachweisbar  ist  das  syromakedoniscbe  Sonnenjabr  um  277,  s.  Tag- 
data des  Josepbos,  Akad.  Sitzungsb.  1893,  II,  467. 

2)  'Ungeföbr'  desswegen,  weil  das  Princip  des  makedonischen 
Monatswecbsels  nicht  bekannt  ist;  ich  setze  nach  hellenischer  Weise 
den  bürgerlichen  Tag,  welcher  auf  den  wahren  Neumond  folgt,  als 
ersten  Monatstag. 


Die  SeUukidenära  der  MaJckabäerhüeher.  239 

loniens  durch  Seleukos;  diese  geschah  aber  wahrscheinlich 
um  Mitte  312:  denn  den  späteren  Sieg  über  Nikanor  am 
Tigris,  durch  welchen  Seleakos  die  Unterwerfung  Mediens, 
Susianas  und  anderer  Länder  erzielte,  hat  er  noch  im  Herbst  312, 
eher  vor  als  nach  dem  1.  Dios  davongetragen  (vgl.  Diodor 
19,  100  mit  19,  82);  Porphyrios  scheint  mindestens  den  Ge- 
winn Babyloniens«  mit  welchem  seiner  Ansicht  zufolge  das 
Königtbum  des  Seleukos  thatsächlich  anfing  (inter  barbaros 
profectus  yicit  et  rex  declarabatur . . .  regnum  autem  tenuit 
XXXII  annos)  noch  in  Ol.  117,  1  zu  setzen. 

Das  bedeutsame  Ereigniss,  an  welches  die  Aera  ange- 
knüpft worden  ist,  föllt  hienach  in  das  J.  311  und  in  diesem 
hat  sich  eines  zugetragen,  welches  ganz  dazu  angethan  war 
eine  neue  Aera  zu  begründen:  das  ist  die  Ermordung  des 
letzten  rechtmässigen  Königs  der  Makedonen  Alexander  IV., 
welcher  nach  dem  Tod  seines  Vaters  Alexander  d.  Gr.  zur 
Welt  gekommen  war.  Auf  dieses  ist  die  Epoche  der  Aera 
in  der  That  zurückzuführen;^)  nach  Plutarch  Demetr.  18 
hatte  Seleukos,  ehe  er  mit  Ptolemaios,  Kassander  und  Lysi- 
machos  dem  von  Antigonos  und  Demetrios  im  J.  306  ge- 
gebenen Beispiel  folgend  sich  das  Diadem  aufsetzte,  dies  vor 
den  Barbaren  schon  lange  gethan;  er  konnte  es  nicht  eher 
thun,  als  der  auch  ihnen  als  rechtmässiger  Nachfolger  des 
grossen  Alexander  bekannte  König  die  Augen  geschlossen 
hatte.  Hierauf  bezieht  sich  die  Benennung  der  Aera  im 
ersten  Makkabäerbuch  c.  1,  31  iv  exet  ixaTOorcö  xal  TQiaxoorco 
xal  ißdöpLq)  ßaaikelag  'EXXtjvov  (d.  i.  der  Syromakedonen) 
und  die  zweideutige  (hri)  &3i*  'AXe^dvÖQov,  welche  zuerst  aus 
den  Akten  der  nicänischen  Kirchenversammlung   als   Datum 


1)  So  U.,  Zeitrechnung?  der  Griechen  und  Römer,  in  Iw.  Müllers 
Handb.  der  klass.  Altertumswissenschaft,  Band  I,  erste  Auflage  (1886), 
S.  605,  zweite  (1892),  S.  776  und  Kubitschek  in  Pauly- Wissowa's  Real- 
encyklop&die  I  (1893),  Sp.  632,  der  sich  auf  Vorgänger  bezieht,  aber 
gegen  seine  Gewohnheit  keinen  nennt. 


240  Unger 

derselben  citirfc  wird  (Mansi  coUectio  concil.  VI  956);  ihre 
vollständige  Bezeichnung  hat  Barhebräus  (Abulfaradsh),  Dy- 
nastiengesch.  B.  6  aufbewahrt,  welcher  bemerkt,  dass  die 
nach  Alexander  d.  Gr.  benannte  Aera  12  Jahre  ^)  nach 
seinem  Tod  anfange  nnd  auch  Aera  nach  Alexanders  Tod 
heisse. 

Fällt  aber  der  Tod  des  Knaben  Alexander  IV.  noch  vor 
den  1.  Dios  (ungeföhr  25.  Sept.)  311  und  damit  in  das 
1.  Jahr  der  Seleukidenära ?  Aus  der  Hauptstelle,  Diod. 
19,  105  ist  hierüber  nichts  zu  erfahren:  Hieronymos  von 
Kardia,  dem  Diodor  in  der  Diadochengeschichte  meistens 
folgt,  begann  seine  Jahresgeschichten  mit  dem  Frühling,') 
die  andere  Quelle,  Diyllos  in  makedonischer  Weise  um  die 
Herbstnachtgleiche;')  ist  Diodor  ihm  gefolgt,  so  wäre  be- 
wiesen, dass  das  Ereigniss  dem  ersten  Seleukidenjahr  ange- 
hört; aber  eine  Spur  seiner  Benützung  ist  a.  a.  0.  nicht  vor- 
handen und  Diodors  griechische  Jahresgeschichte  enthält 
weiter  nichts  als  den  Vertrag  zwischen  den  vier  grossen 
Statthaltern  und  die  Ermordung  des  Königs.  Doch  liegt  ein 
Anzeichen  vor,  dass  Alexander  IV.  wenigstens  im  No- 
vember 311  nicht  mehr  unter  den  Lebenden  gewesen  ist. 
Die  von  Wachsmuth  im  Rhein.  Museum  N.  F.  II,  464  und 
Droysen  II,  170  behandelte  hieroglyphische  Inschrift  aus 
dieser  Zeit  über  eine  Landschenkung  an  zwei  Tempel,  welche 
mit  den  Worten  Im  Jahr  7  im  Monat  Thoth  (9.  Nov.  bis 
8.  Dez.  811)  anfängt,  ist  von  dem  Bild  eines  Königs  be- 
gleitet, welcher  den  Tempelgottheiten  die  Geschenke  dar- 
bringt, aber  die  Königsschilde  sind  nicht  mit  seinen  Namen 


1)  Triift  zu:   er  starb   18.  Juni  823  =  Ol.  114,  2  maked.  Stils, 
12  Jahre  vor  Ol.  117,  2. 

2)  Diodors  Quellen  in  der  Diadochengeschicbte,  Akad.  Sitzungsb. 
1878,  I,  877  ff. 

8)  Ueber  die  Todeszeit  des  Pbilippos  Aridaios,  Philologus  1889, 
S.  98. 


Die  Seleukidenära  der  Makkabäerhücher.  241 

ansgefüllt;  man  wusste  also  bereits,  dass  er  gestorben  war. 
Eassander  befahl,  wie  Diodor  berichtet,  den  Tod  Alexanders 
zn  yerheimlichen.  Bis  er  doch  bekannt  wurde,  verging 
demnach  ein  mindestens  nach  Wochen  zählender  Zeitraum; 
ein  zweiter  verfloss,  bis  er  aus  Makedonien  nach  Aegypten 
gemeldet,  und  möglicher  Weise  ein  dritter,  bis  er  dort  be- 
kannt gemacht  wurde. 

Ist  das  Ereigniss,  an  welches  die  syromakedonische 
Beichsara  anknüpft,  nach  der  Frühlings-^)  und  vor  der 
Herbstnachtgleiche  311  geschehen,  so  fiel  es  in  allen 
Ländern  und  Städten  des  Seleukidenreichs,  in  welchen  der 
makedonische  Kalender  eingeführt  war,  in  das  mit  dem 
1.  Dios  312  beginnende  Jahr;  dieser  Kalender  war  aber 
zunächst  nur  da  in  üebung,  wo  Makedonen  die  auch  der 
Zahl  nach  herrschende  Bevölkerung  bildeten;  mindestens  ein 
Theil  der  unterworfenen  Völker  blieb  bei  dem  einheimischen 
Kalender,  nachweislich  die  Babylonier  und  die  Juden.  Das 
Kalenderjahr  beider  Völker  war  im  Wesentlichen  das  gleiche, 
es  begann  mit  dem  um  die  Frühlingsnachtgleiche  anhebenden 
Mondmonat  und  seit  der  Heimkehr  aus  Babylonien  bedienten 
sich  die  Juden  auch  der  babylonischen  Monatsnamen  (erster: 
hebr.  Nisan,  bab.  Nisannu),  Anfangs  neben  der  Bezeichnung 
durch  Ordnungszahlen,  später  jener  allein.  Für  alle  die- 
jenigen, welche  sich  nach  der  in  Babylon  und  in  Jerusalem 
geführten  Zeitrechnung  richteten,  musste  das  die  Seleukiden- 
ära bestimmende  Ereigniss  in  das  mit  dem  Nisannu,  bezw. 
Nisan  311  beginnende  Jahr  fallen,  ihr  erstes  Jahr  also  beider- 
seits von  da  bis  zum  Adaru,  bezw.  Adar  oder  bis  zum  Schalt- 
monat  310  laufen.  Von  der  babylonischen  Seleukidenära  ist 
dies  jetzt  aus  zahlreichen  Keilinschriften  meist  astronomischen 


1)  Der  ihm  yoransgegangene  Vertrag  der  grossen,  auf  dem  See- 
weg mit  einander  verkehrenden  Statthalter  ist  ohne  Zweifel  nach 
dem  Beginn  der  regelmässigen  Seefahrt,  welcher  nach  Anfang  März 
stattfand,  geschienen  worden. 

1895.  Sitsnngsb.  d.  phfl.  n.  hist.  C1.  IG 


242  ünger 

Inhalts  nachgewiesen,  s.  Strassmaier,  Zeitschr.  für  Assyrio- 
logie  III  (1888),  S.  132  und  Epping,  Astronomisches  aus 
Babylon  (1889),  S.  177;  in  den  ältesten  tritt  sie  als  Aera 
des  Selenkos  auf:  nicht  bloss  neben  Jahr  14  (298  v.  Chr.), 
sondern  auch  neben  Jahr  59  (253  v.  Chr.),  70,  72,  79  (233 
V.  Chr.)  wird  König  Siluku  genannt;  später  wird  sie  bloss 
durch  die  Jahrzahl  bezeichnet  und  wo  ein  Name  mit  ihr 
verbunden  wird,  ist  es  der  des  zur  Zeit  herrschenden 
Königs,  zugleich  wird  meist  eine  um  64  Jahre ^)  jüngere 
Aera  mit  ihr  verbunden,  welche  man  (nicht  ganz  zutreffend) 
als  Arsakidenära  bezeichnet;  sie  tritt  namenlos  auf  wie  die 
andere  und  der  Zusatz  Arsakes  weist  bloss  auf  den  zeit- 
weiligen Herrscher  hin. 

Durch  diese  Entdeckung  fallt,  was  den  Assyriologen 
entgangen  ist,^)  ein  Licht  auf  die  aus  drei  Daten  des  Pto- 
lemaios  im  Almagest  bekannte  Aera  xard  Xakdaiovg,  deren 

1)  Einige  Abweichungen  därfen  für  Schreibfehler  (deren  sich 
nicht  wenige  in  diesen  Inschriften  finden)  angesehen  werden. 

2)  Das  Richtige  jetzt  bei  Ed.  Meyer,  Zeitschr.  f.  Assyriologie  IX 
(Dez.  1894),  S.  325,  nur  hätte  er  nicht  annehmen  sollen,  dass  sich  in 
Babylon  die  einheimischen  und  die  makedonischen  Monate  als  auf 
demselben  Princip  beruhend  genau  gedeckt  haben:  wenn  das  Jahr 
dort  an  die  Frühlings-,  hier  an  die  Herbstgleiche*  angeknüpft  und 
dort  bald  am  Ende  bald  in  der  Mitte,  hier  am  Ende  geschaltet 
wurde,  so  war  keine  principielle  Uebereinstimmung  vorhanden  und 
es  konnte  oft  der  Tishritu  einem  andern  Monat  als  dem  Dios,  der 
Artemisios  einem  andern  als  dem  Nisannu  entsprechen.  Ganz  be- 
fremdlich ist  seine  Erklärung,  die  ägyptischen  Tagdata  des  Pto- 
lemaios  habe  er  nach  Brandes,  Abhandlungen  z.  Gesch.  d.  Orients 
S.  123  ff.  auf  julianische  reducirt,  weil  dessen  Ansatz  der  Sothis- 
periode  ihm  richtig  erscheine:  es  gibt  keine  verschiedenen  Rednc- 
tionen  derselben,  der  1.  Thoth  1325 — 1322  wird  aus  guten  Gründen 
seit  Petavius  dem  20.  Juli,  der  1.  Thoth  1821—1318  dem  19.  Juli  u.  s.  w. 
von  allen  geglichen  und  kommt  hiefiir  die  Frage  nach  dem  Anfang 
jener  Periode  nicht  in  Betracht;  über  diesen  s.  Die  Abfassungszeit 
der  ägyptischen  Festkalender  (aus  den  Abhandlungen  der  Akademie), 
München  1890,  S.  43  =  Abb.  S.  197  ff.    (Nachtragt 


Die  Seleukidenära  der  Makkäbäerhücher.  243 

Anfang  bisher  auf  den  1.  Dios  311,  also  genau  ein  Jahr 
später  als  die  Anfangsepoche  der  gewöhnlichen  Seleukidenära 
gesetzt  worden  ist.  Da  ihre  Monatsnamen  dem  makedonischen 
Kalender  angehören,  Hess  man  ihr  Jahr  mit  dem  Dios  be- 
ginnen; die  makedonischen  Monatsnamen  sind  aber  häufig 
auch  bloss  zur  Uebersetzung  der  semitischen  verwendet  worden, 
Josephos  datirt  in  seinem  älteren  Geschichtswerk,  dem  Juden- 
krieg, überall  nach  ihnen,  ohne  anzugeben,  dass  er  die  jüdi- 
schen Monate  meint,  s.  Tagdata  des  Josephos,  Ak.  Sitzungsb. 
1893,  II,  453  flF.,  und  die  Inschriften  von  Palmyra  geben 
Doppeldata  in  syrischen  und  makedonischen  Monaten  mit 
stets  übereinstimmenden  Tagnummern.  Ptolemaios  wendet 
diese  Aera  an,  weil  er  drei  von  den  babylonischen  Astro- 
nomen, d.  i.  den  Ghaldäern  angestellte  Planetenbeobachtungen 
citirt;  solche  Beobachtungen  (auch  ganze  Planetentafeln)  finden 
sich  auch  auf  den  erwähnten  Keilinschriften.  Die  von  Pto- 
lemaios angegebenen  gehören  zufalliger  Weise  alle  dem 
Winterhalbjahr  an,  dessen  Data  auf  eine  mit  dem  1.  Dios 
311  beginnende  Aera  ebenso  zutreffen  wie  auf  die  mit  dem 
Nisannu  311  anhebende  babylonische;  dafür  aber,  dass  die 
von  Ptolemaios  angegebenen  wirklich  der  letzteren  ange- 
hören, citiren  wir  das  Zeugniss  des  gelehrten  Chowaresmiers 
Albiruni,  Chronologie  der  orientalischen  Völker,  herausge- 
geben von  Sachau,  1876,  1878;  er  unterscheidet  p.  118.  208 
von  der  Aera  Alexanders  (d.  i.  der  gewöhnlichen  Seleukiden- 
ära) die  der  'Astronomen  Babyloniens'  und  setzt  ihren  Anfang 
in  den  Frühling  311.  Ptolemaios  hat  seine  drei  Data  dem 
Hipparch  entlehnt;  diesem  oder  einem  andern  griechischen 
Astronomen  verdankt  Albiruni,  wie  man  annehmen  darf, 
seine  Bekanntschaft  mit  dem  Anfang  der  babylonischen 
Astronomenära:  er  weiss  nicht,  dass  sie  die  Aera  des  ganzen 
Volks  gewesen  ist. 

Eine    gleiche   Jahrrechnung    haben    wir   dem    Gesagten 
zufolge  in  den  Makkabäerbüchern  zu  erwarten. 

IG* 


244  Unger 

n.  Die  Aera  des  ersten  Buchs. 

Die  Monate  werden  im  ersten  Buch  bald  durch  die 
Namen  Nisan,  Ijar,  Sivan,  Thammuz,  Ab,  Elul,  Thishri, 
Marcheshvan,  Kislev,  Tebeth,  Sh*bat,  Adar,  bald  durch  die 
dieser  Ordnung  entsprechenden  Zahlen,  bald  durch  beide  zu- 
sammen bezeichnet;  demgemäss  hat  man  seit  Scaliger  all- 
gemein als  Neujahr  der  Aera  den  1.  Nisan  genommen;  nur 
Wemsdorf  und  Clinton  behaupten  vollständige  Gleichheit  mit 
der  Seleukidenära,  so  dass  sie  mit  dem  7.  Monat  Thishri 
begonnen  hätte.  Ihre  Ansicht  ist  jedoch  an  zwei  Berichten 
des  Buchs  als  irrig  erkannt  worden,  vgl.  z.  B.  Ideler  I,  531. 
Schürer,  Gesch.  d.  jüd.  Volks  im  Zeitalter  Jesu  Christi 
(1890),  I,  28. 

Im  160.  Jahr,  heisst  es  c.  10,  1,  landete  Alexander  bei 
Ptolemais;  laut  c.  10,  21  erschien  Jonathan  im  7.  Monat 
des  160.  Jahres  am  Laubhüttenfest  (15. — 21.  Thishri)  zum 
ersten  Mal  im  Hohenpriestergewand.  Nach  Wernsdorf  und 
Clinton  würden  zwischen  beiden  Ereignissen  höchstens  14  Tage 
verflossen  sein;  aber  die  inzwischen  geschehenen  Vorgänge 
lassen  sich  nicht  in  einen  so  kurzen  Zeitraum  zusammen- 
drängen. Alexander  Bala  gewann  Ptolemais  (durch  Ver- 
rätherei  der  in  der  Stadt  liegenden  Soldaten,  Jos.  ant.  13,  2, 1) 
und  trat  jetzt  als  König  auf.  Auf  die  Kunde  davon  zog 
Demetrios  (der  dem  Volk  unnahbar  und  um  die  Regierung 
unbekümmert  in  einer  Burg  bei  Antiocheia  hauste,  Jos.  a.  a.  0.) 
ein  Heer  zusammen  und  rückte  gegen  ihn  ins  Feld;  auch 
schickte  er  an  Jonathan  ein  Schreiben,  welches  diesen  er- 
mächtigte Truppen  zu  sammeln,  Waffen  anzuschaffen  und 
als  sein  Bundesgenosse  vorzugehen;  die  auf  der  Akra  Jeru- 
salems verwahrten  Geiseln  sollten  ihm  übergeben  werden. 
Nun  zog  Jonathan  dahin,  las  das  Schreiben  sowohl  dem 
Volk  als  der  königlichen  Besatzung  vor,  bekam  von  dieser 
die  Geiseln  und  nahm  seinen  Wohnsitz  daselbst;   er  begann 


Die  Seleukidenära  der  Makkdbäerbücher.  245 

Bauten  wie  für  die  Gründung  einer  neuen  Stadt,  umzog 
Jerusalem  und  den  Tempelberg  mit  Mauern  aus  Quader- 
steinen; die  Heiden  in  den  andern  mit  Besatzung  belegten 
Plätzen  (Betbzura  ausgenommen)  flohen  in  ihre  Heimatsorte. 
Als  Alexander  von  den  Zugeständnissen  des  Demetrios  hörte, 
entschloss  er  sieh  diese  zu  überbieten;  in  einem  Schreiben, 
das  er  an  jenen  ergeben  Hess,  ernannte  er  ihn  zum  'Freund' 
und  Hohenpriester;  im  Ornat  eines  solchen  ^)  zeigte  sich 
Jonathan  zum  ersten  Mal  am  Laubhuttenfest. 

Demetrios  war  laut  c.  7,  1  im  151.  Jahr  aus  Rom  ent- 
flohen und  gleich  nach  der  Landung  König  geworden;  das 
nächste  Datum,  der  18.  Adar,  an  welchem  sein  Heerführer 
Nikanor  geschlagen  wurde,  steht  c.  7,  43.  49  ohne  Jahrzahl. 
Auf  die  Nachricht  von  dieser  Niederlage  (c.  9,  1)  schickte 
Demetrios  den  Bakchides  und  Alkimos  mit  dem  'rechten 
Flüger  des  Heeres  gegen  die  Juden;  sie  zogen  den  nach 
Galgala  führenden  Weg,  lagerten  vor  'Maisaloth  in  Arbela' 
und  eroberten  es;  im  1.  Monat  des  152.  Jahres  (c.  9,  3)  er- 
schienen sie  vor  Jerusalem.  Hätte  das  152.  Jahr  schon 
6  oder  7  Monate  vorher,  mit  dem  1.  Thishri  begonnen,  so 
würden  von  der  Niederlage  Nikanors  bis  zum  Eintreffen  des 
neuen  Heeres  vor  Jerusalem  ungefähr  13  Monate  und  damit 
eine  ganze,  vom  Frühling  bis  zum  Herbst  reichende  Kriegs- 
jahreszeit vergangen  sein,  ehe  der  König  daran  gegangen 
wäre,  die  Niederlage  zu  rächen;  die  Zwischenzeit  wird  aber 
c.  7,  50  ausdrücklich  auf  'wenige  Tage'  bestimmt;  über  ihre 
Dauer  s.  unten  zum  152.  Jahr. 


1)  Der  Hohepriester  trug  die  Prachtgewänder  bei  dem  Opfer, 
das  er  am  Oster-,  Pfingst-  und  Laubhüttenfest  und  von  jeher  am 
VersöfanuDgstag  (10.  Thishri)  darbrachte,  zu  Josephos  Zeit  auch  am 
Sabbat,  Neumonds-  und  jedem  anderen  Fest,  s.  SchQrer  II,  211  fg. 
Hieraus  folgt,  dass  das  Schreiben  mit  der  Ernennung  frühestens 
5  Tage  vor  Laubhütten  eingetroffen,  diese  selbst  aber  im  Anfang 
des  Thishri  yollzogen  worden  war. 


246  ünger 

Die  Seleukidenära  des  ersten  Buches  beginnt  also  ein 
halbes  Jahr  vor  oder  nach  der  gewöhnlichen,  entweder  mit 
dem  Nisan  312  oder  mit  dem  Nisan  311.  Für  Nisan  312 
haben  sich  mit  einer  einzigen  Ausnahme  alle  Forscher  ent- 
schieden, aber  keinen  durchschlagenden  Grund  dafür  beige- 
bracht; die  Epoche  der  Sabbatjahre,  auf  welche  hauptsächlich 
verwiesen  wird,  ist  selbst  strittig  und  in  Cap.  III  wird  sich 
zeigen,  dass  sie  für  Nisan  311  beweist.  Für  diesen  hat  sich 
Gibert,  memoire  sur  la  Chronologie  de  Thistoire  des  Macha- 
b^es,  in  den  Memoires  de  TAcademie  des  Inscriptions  et 
Belles-Lettres,  alte  Serie,  t.  XXVI  (1759),  p.  112—156  aus- 
gesprochen und  am  143.  und  160.  Jahr  (andere  Jahre  sind 
bei  ihm  nicht  glücklich  behandelt)  die  Richtigkeit  seiner 
Ansicht  erwiesen.  Wir  geben  im  Folgenden  alle  18  Jahr- 
data des  Buches;  für  6  von  ihnen  (das  153.,  162.,  165., 
167.,  170.,  171.)  findet  sich  in  anderen  Quellen  keine  auf 
ein  bestimmtes  Jahr  vor  Chr.  führende  Angabe,  dagegen  die 
andern  passen  sämmtlich  nur  auf  die  mit  dem  1.  Nisan  311 
beginnende  Aera. 

Jahr  137  der  hellenischen  Dynastie  (1.  Nisan  175 — 174 
v.Chr.):  Kegierungsanfang  desAntiochosEpiphanes,  1  Makk.l. 
Nach  Porphyrios  bei  Eusebios  chron.  I,  253  regiert  er  11  Jahre, 
von  Ol.  151,  3  (Okt.  175—174)  bis  154,  1;  die  Zahlen  passen 
zusammen,  da  Porphyrios  jedem  Regenten  die  unter  ihm 
vollendeten  makedonischen  Kalenderjahre  zählt  und  dem  ent- 
sprechend sein  Todesjahr  als  erstes  des  Nachfolgers  behandelt; 
nach  moderner  Rechnungsweise  regiert  er  also  von  Ol.  151,  3 
bis  154,  2;  die  Textrichtigkeit  des  Anfangsdatums  Ol.  151,  3 
ist  ausserdem  noch  durch  die  Zahlen  der  Vorgänger  ge- 
sichert, s.  Cap.  V.  Livius  erzählt  von  seiner  Regierung  zum 
ersten  Mal  41,  20  zum  J.  579/175  (beginnend  mit  id.  Mart.); 
sein  Bericht  lässt,  weil  der  Anfang  und  das  Ende  durch  eine 
Textlücke  verstümmelt  ist,  zwar  nicht  erkennen,  ob  Antiochos 
erst  in  diesem  Jahre  auf  den  Thron  gekommen  ist;  es  unter- 


Die  SeUukidenära  der  Makkabäerhücher,  247 

liegt  indess  keinem  Zweifel,  dass  sein  Antritt  nicht  früher 
gesetzt  werden  kann.  Gegen  die  Gleichung  1.  Nisan  176 
bis  175  entscheidet  auch  das  zum  149.  Jahr  Beigebrachte. 
Jahr  143  (1.  Nisan  169 — 168),  1  Makk.  1:  von  seinem 
Zug  nach  Aegypten  ^)  siegreich  zurückkehrend  plündert  An- 
tiochos  Epiphan&s  den  Tempel  von  Jerusalem.  Der  Krieg 
in  Aegypten  ging  im  Hochsommer  oder  Frühherbst  169, 
nicht  im  J.  170  zu  Ende.  Die  letzten  Vorbereitungen 
des  Ptolemaios  Philometor  zu  einem  Einfall  in  Koilesyrien 
und  seinen  Auszug  aus  Aegypten  erzählte  Diodor,  wie  aus 
der  Ordnung  der  vaticanischen  Excerpte  (D.  30,14 — 17) 
erhellt,  nach  dem  makedonischen  Krieg  des  J.  169  (D.  30, 
10—12).  Polybios  27,  17  berichtet  unter  Ol.  152,  2  =  Spät- 
jahr*) 171 — 170,  dass  Antiochos  wegen  der  offenkundigen 
Rüstungen  des  Ptolemaios  den  Meleagros  absandte,  um  in 
Rom  zu  melden,  jener  strecke  wider  alles  Recht  die  Hand 
gegen  ihn  aus;  unter  Ol.  152,  3  (Spätjahr  170 — 169)  erzählt 
er  28,  1,  wie  Meleagros  tov  nokefiov  zov  negi  Koürjg  ^vglag 
TJdi]  xaxaQxäg  kaßdvxog  die  Meldung  beim  Senat  ausrichtet, 
bereits  aber  auch  eine  Gesandtschaft  da  ist,  welche  Pto- 
lemaios auf  die  Nachricht  von  der  Sendung  des  Meleagros 
abgeschickt  hat.  Diesem  erklärt  der  Senat,  Q.  Marcius 
(Philippus,  in  seiner  Eigenschaft  als  Consul  des  J.  585/169) 
solle  Vollmacht  erhalten,  hierüber  an  Ptolemaios  nach  eigenem 
Ermessen  zu  schreiben.  Im  Anfang  des  Frühlings  169  (Liv. 
44,  1)  reiste  Marcius  ab,  um  die  Heerführung  gegen  Perseus 


1)  Alfl  Bein  zweiter  Zug  nach  Aegypten  2  Makk.  6,  1  wegen 
c.  4,  21  bezeichnet. 

2)  Nach  Nissen,  Rhein.  Museum  XXVI,  250  beginnen  die  eigen- 
thflmlichen  Olympiadenjahre,  welche  Polybios  von  Buch  7  an  ge- 
braucht, um  den  1.  Oktober;  dass  sie  erst  mit  dem  Winter,  also 
gegen  Mitte  Novembers  anfangen,  wird  Philologus  XXXIII,  284  gezeigt; 
bei  Pol.  82,  6  schreibe  ich  ht  ngw  (st.  ngo)  toi)  x^^f*^'^^^*  gleichbe- 
deutend mit  80,  20  sTi  xax^  oiQxag  zov  ;i^scjUCt>yo^. 


248  ünger 

zu  übernehmen,  und  wurde  als  Proconsul  im  Frühling  168 
Yon  Aemilius  Paulus  abgelöst;  die  Audienz  des  Meleagros 
hat  also  zwischen  dem  11.  Februar  (=  id.  Mart.  585,  s.  Zeit- 
rechnung der  Griechen  und  Romer  S.  809)  und  24.  März  169 
stattgefimden;  schon  vor  ihr,  also  im  Winter  170/169  war 
der  Krieg  ausgebrochen.  Ptolemaios  stiess  zwischen  Pelusion 
und  Kasion  mit  Antiochos  zusammen  und  wurde  vollständig 
geschlagen,  Hieronymus  zu  Daniel  11;  wegen  seiner  Milde 
gegen  die  Gefangenen  ergab  sich  diesem  sogleich  Pelusion  und 
dann  ganz  Aegypten,  Diod.  30,  10;  als  Ptolemaios  nach 
Samothrake  floh  (Pol.  28,  21.  Diod.  30,  17),  Hess  er  sich  in 
Memphis  als  König  Aegyptens  huldigen  (Hieronymus  a.  a.  0.), 
in  Alexandreia  aber  bestieg  Philometors  jüngerer  Bruder,  Pto- 
lemaios Euergetes  II.,  genannt  Physkon,  den  Thron,  Por- 
phyrios  b.  Eus.  I,  161.  Nun  legte  sich  Antiochos  vor  Ale- 
xandreia, erlitt  aber  eine  Niederlage  (Livius  45,  11.  Hieron. 
a.  a.  0.),  welche  ihn  bewog,  eine  Verständigung  mit  Philo- 
metor  zu  suchen;  sie  kam  zu  Stande  und  dieser  wurde  in 
Memphis  wieder  als  König  Aegyptens  eingesetzt  (Liv.  Hieron.). 
Dann  zog  Antiochos  ab,  liess  aber  wider  den  Vertrag  in 
Pelusion  eine  Besatzung  zurück  (Pol.  28,  18);  die  Folge  war, 
dass  die  Brüder  sich  einander  näherten  und  in  Alexandreia 
zusammen  als  Könige  anerkannt  wurden  (Liv.  Hieron.).  Etwa 
im  Juni  169  war  der  rhodische  Gesandte  Agepolis  bei  dem 
Consul  Marcius  im  Lager  zwischen  Herakleion  und  Leibethra 
(Polyb.  28,  17,  vgl.  mit  28,  14  und  Liv.  44,  2.  5),  welcher 
ihm  andeutete,  die  Rhodier  könnten  in  Aegypten  als  Ver- 
mittler auftreten;  der  Gesandtschaft,  welche  sie  darauf  hin 
abschickten,  bedeutete  Antiochos,  der  die  Belagerung  Alexan- 
dreias  bereits  aufgegeben  hatte,  mit  Philometor  sei  er  schon 
lange  ausgesöhnt  und  habe  nichts  dagegen,  wenn  die  Alexan- 
driner denselben  als  König  aufnehmen  wollten,  Pol.  28,  23. 
Den  Aufenthalt  des  Antiochos  in  Aegypten  und  den  Beginn 
der    gemeinsamen    Regierung   der   Brüder    setzt    Porphyrios 


Die  SeJeuhidenära  der  Mdkkdbäerhücher.  249 

b.  Eus.  I,  161  in  das  12.  Jahr  des  Ptolemaios  Philouietor, 
welches  nach  dem  astronomischen  Regeiitenkanon  mit  dem 
8.  Oktober  169  endigt;  der  Abzug  des  Antiochos  hat  also 
im  dritten  Viertel  von  169  stattgefunden. 

Im  145.  Jahr  =  1.  Nisan  167—166,  am  25.  Kislev 
(Dezember)  wurde  der  Tempel  dem  heidnischen  Cultus  über- 
liefert und  im  148.  Jahr  (Nisan  164 — 163)  abermals  am 
25.  Eisley  von  den  Juden  wieder  eingeweiht,  1  Makk.  1 
und  4.  Nach  Josephos  ant.  jud.  12,  5,  4.  12,  7,  6  geschah 
jenes  Ol.  153,  dieses  Ol.  154.  Die  Olympiadendata  des  Jo- 
sephos sind  überall  seinen  griechischen  Quellen  entlehnt: 
er  bringt  solche  nur  in  den  makedonischen  und  den  ersten 
römischen  Zeiten,  das  letzte  (ant.  16,  5,  1)  ist  Ol.  192  (Juli 
12 — 8),  woraus  geschlossen  werden  darf,  dass  er  sie  entweder 
seiner  Hauptquelle,  Nikolaos  von  Damaskos,  dem  Geheim- 
schreiber Herodes  des  Grossen,  oder  Strabon  verdankt;  wo 
er  selbständig  datirt,  in  der  Geschichte  des  ersten  Jahr- 
hunderts n.  Chr.  datirt  er  nach  Kegentenjahren.  Dass  diese 
Oljmpiadendata  auf  attischen,  nicht  makedonischen  Kalender 
gestellt  sind,  beweisen  die  einer  Prüfung  fähigen  Beispiele: 
ant.  14,  16,  4  Jerusalems  Eroberung  Ol.  185  (att.  Juli  40 — 36, 
mak.  Okt.  41 — 25.  Sept.  37)  unter  den  Consuln  M.  Agrippa, 
Caninius  Gallus  am  10.  Thishri  (=  5.  Okt.)  37,  der  nach 
makedonischer  Rechnung  in  Ol.  186,  1  fallen  würde;  ant. 
14,  1,  2  Regierungsantritt  des  Aristobulos  Ol.  177,  3  (Juli 
70 — 69,  makedonisch  Okt.  71 — 70)  unter  den  Consuln  (von  69) 
Q.  Hortensius  und  Q.  Metellus.  Der  25.  Kislev  des  145.  Jahres 
fallt  nach  beiden  Auffassungen  der  Makkabäerära  in  Ol.  153 
(att.  Juli  168 — 164,  mak.  Okt.  169 — 165),  dagegen  der  des 
148.  Jahres  nach  der  herkömmlichen  Erklärung  (24.  Dez.  165) 
nur  makedonisch  (Okt.  165 — 161),  aber  nicht  attisch  (Juli 
164—160)  in  Ol.  154. 

Im  147.  Jahr  (1.  Nisan  165  — 164)  zog  Antiochos 
mit   der   Hälfte   des   Heeres   in    die    Provinzen    jenseits    des 


250  Unger 

Euphrats  (1  Makk.  3),  aus  welchen  er  nicht  mehr  lebend 
zuröckkehren  sollte;  nach  Jos.  anfc.  12,  7,  2  im  Frühling. 
Dies  geschah  165,  nicht  166:  denn  im  Jahr  166  veranstaltete 
er  die  Kampfspiele  in  Daphne,  welche  bestimmt  waren,  die 
im  Herbst  167  (Liv.  45,  32)  von  Aemilius  Paulus  in  Make- 
donien gefeierten  an  Pracht  und  Grossartigkeit  noch  zu  über- 
treflFen,  Diod.  31,  IG.  Polyb.  31,  3.  Die  Einladungen  zum 
Besuch  von  Spielen  ergingen  gewöhnlich  viele  Monate  vorher; 
die  Vorbereitungen  (Künstler  wurden  aus  'der  ganzen  Welt* 
gerufen,  Diod.)  erforderten  lange  Zeit  und  die  Seereisen  in 
die  griechischen  Städte  und  aus  ihnen  (Polyb.)  sind  schwer- 
lich im  Winter  (167/6)  gemacht  worden,  ebenso  die  Botschafbs- 
reise  des  Gracchus,  welcher  gleich  nach  den  Spielen  (Pol.  31,  5) 
eintraf. 

Im  folgenden,  also  148.  Jahr  (1.  Nisan  164  —  163)  über- 
zog Lysias  die  Juden  mit  Krieg,  erlitt  aber  eine  grosse  Nieder- 
lage, welche  ihn  zum  Heimzug  zwang;  am  25.  Kislev  konnte 
in  Folge  dessen  der  durch  den  heidnischen  Götzendienst  ent- 
weihte Tempel  seiner  ursprünglichen  Bestimmung  zurück- 
gegeben werden.    Ueber  die  Zeitgleichung  s.  zum  145.  Jahr. 

Im  149.  Jahr  (1.  Nisan  163—162)  starb  König  An- 
tiochos  Epiphanes,  1  Makk.  6;  nach  Granius  Licinianus^) 
Buch  28  Graccho  iterum  consule,  also  591/163  (beginnend 
id.  Mart.).  Da  der  Senat  im  nächsten  Jahr  592  (Anfang  id. 
Mart.  =  3.  oder  26.  März  162)  die  Nachfolge  seines  Sohnes 
Antioehos  Eupator  bestätigt  hat  (Granius  a.  a.  0.),  so  lässt 
sich  der  Todesfall  nicht  früher  als  in  den  Spätsommer  163 
setzen;  dadurch  wird  die  Deutung  des  149.  Jahres  auf  1.  Nisan 
164  —  163  ausgeschlossen.  Aus  Appians  ßeßaoiXevxorog  heoi 
.  .  .  dcDÖexa  ov  Ttir/geoi  (Syr.  66)  folgt,  dass  er  die  Regierung 
frühestens  im  Herbst  175  (Bestimmteres  s,  unten)  angetreten 


1)  Bruchstücke   seines  verlorenen  Werkes  sind  vor  vier  Jahr- 
zehnten entdeckt  worden. 


Die  Sdeukidenära  der  Mdkkabäerhncher.  251 

hat,  das  127.  Jahr  also  dem  1.  Nisan  175 — 174,  nicht 
176—175  entspricht.  Bei  Polybios  (31,  11)  beruht  die  Ein- 
stellung des  Bruchstücks,  welches  von  dem  Ereigniss  handelt, 
in  Ol.  154,  1  (Spätjahr  164 — 163)  nicht  auf  der  Ordnung 
der  Excerpte,  welche  in  diesem  Fall  nicht  ffir  ein  bestimmtes 
Jahr  entscheidet,  ist  also,  wenn  auch  zutreffend,  bedeutungs- 
los; dagegen  bringen  die  11  Jahre,  welche  Porphyrios  dem 
König  gibt,  seinen  Tod  und  den  von  ihm  nicht  datirten 
Antritt  des  Eupator  in  Ol.  154,  2  =  ca.  21.  SepL  oder 
20.  Okt.  164—8.  Okt.  163  (s.  zum  137.  Jahr),  wodurch  die 
Zeit  des  Thronwechsels  die  engere  Begrenzung  Spätsommer/ 
Frühherbst  163  erhält.  Seine  Angabe  über  diesen  selbst  ist 
in  der  armenischen  Uebersetzung  (die  griechischen  Excerpte 
setzen  erst  beim  Ende  des  Demetrios  II.  ein)  entstellt,  Eus. 
ehr.  II,  253  Epiphanem  vero  Antiokhum  adhuc  viventem 
filius  eins  Antiokhus,  dum  diiodecim  annorum  erat,  excepit 
(excipit),  qui  vocabatnr  Eupator,  patre  sub  eo  annum  unum 
et  menses  sex  agente;  die  letzten  Worte  geben  den  Versuch 
des  armenischen  Uebersetzers,  der  in  seinem  Exemplar  des 
Eusebios  verdorbenen  Stelle  einen  Sinn  abzugewinnen.  Der 
ursprüngliche  Text  kann  ungefähr  folgende  Gestalt  gehabt 
haben;  xbv  dk  ^EnKpavrj  ^AvtIo^ov  v'  hr\  ßtovra^)  6  vlog 
avrov  'Avrhxog  5)v  dibdexa  hc7)v  diedi^aTo,  og  ixaXfXxo  Ev^ 
7idx(0Q,    iniC^^oag^)    hog  ev  xal  ßiijvag  e^.     Als   Reichskönig 


1)  Antiochos  der  Grosse  hatte  im  Herbst  221  (Pol.  5,  48)  ge- 
heiratet und  im  Sommer  220  einen  Thronerben  erhalten  (Pol.  5,  55), 
welcher  193  starb  (Liv.  35,  15);  im  J.  197  begleiteten  ihn  zwei  jüngere 
Söhne,  Ardys  und  Mithridates,  nach  Lydien  in  den  Krieg  (Liv.  38, 19), 
welche  wohl  ebenfalls,  x^nn  nicht  einer  von  ihnen  unter  Annahme 
des  Thronnamens  Seleukos  oder  Antiochos  König  geworden  ist,  beide 
vor  ihm  gestorben  sind;  sein  Nachfolger  Seleukos  war  bei  seinem 
Tod  im  J.  175  offenbar  nicht  60,  ^ie  bei  Porphyrios  steht,  sondern 
wahrscheinlich  40  Jahre  alt  (S  aus  M  verdorben). 

2)  So  Porphyrios  p.  240,  13.  260,  17  von  der  Regierungsdauer. 
Die  zeitliche  Bedeutung  von  sjti  zivi,  ijziCrjv,  ijiißiovv  hat  der  üeber- 


252  ünger 

wurde  Eupator  erst  auf  die  Nachricht  vom  Tod  des  Vaters 
ausgerufen,  1  Makk.  6;  den  Königstitel  führt  er  in  Babylon 
schon  am  18.  Nisan  des  142.  Jahres  (21.  April  170),  s.  Ep- 
ping  und  Strassmaier,  Zeitschr.  f.  Assyriol.  VI,  218,  ent- 
sprechend einem  häufigen,  von  Kyros  eingeführten  Brauch, 
welcher  den  künftigen  Thronfolger  anzeigen  sollte;  als  diesen 
hatte  ihn  der  Vater  auch  nach  dem  Zug  über  den  Enphrat 
bei  allen  Gelegenheiten  anerkannt,  2  Makk.  9.  Die  l^a  Jahre 
bezeichnen  seine  Regierungsdauer;  dies  geht  zunächst  aus  der 
dem  Porphyriosexcerpt  angehängten  Liste  (Euseb.  ehr.  I,  263) 
hervor,  welche  gleich  den  andern  im  1.  Buch  der  Chronik 
enthaltenen  Listen  dieser  Art  aus  dem  vorausgehenden  Ex- 
cerpt  gezogen  ist;  ebenso  geben  ihm  die  Series  regum  des 
Eusebios,  ferner  Sulpicius  Severus  und  Synkellos  l^/a  Jahre; 
die  2  Jahre  der  andern  Verzeichnisse  beruhen  auf  der  Zählung 
nach  Aera-  oder  Kalenderjahren.  So  viele  Jahre  regiert  er 
nicht  bloss  nach  dem  Makkabäerbuch  (Jahr  149  — 151), 
sondern  auch  nach  Porphyrios  (Ol.  154,  2,  s.  oben,  bis  154, 4, 
wohin  er  den  Anfang  des  Demetrios  setzt);  daraus  geht  aber 
hervor,  dass  in  der  Angabe  von  1  .fahr  6  Monaten  Regie- 
rungsdauer ein  Tagüberschuss  der  Abrundung  wegen  über- 
gangen ist:  denn  mit  genau  1  Jahr  6  Monaten  würden  wir 
von  frühestens  dem  1.  Nisan  161  zurück  nur  auf  den  1.  Thishri 
=  1.  Dios,  mit  welchem  das  makedonische  Kalenderjahr 
beginnt,  also  nicht  in  Ol.  154,  2,  sondern  Ol.  154,  3  kommen. 
Wir  müssen  daher  den  Tod  des  Epiphanes  in  den  letzten 
makedonischen  Monat  Hyperberetaios,  der  mit  ungefähr  dem 
8.  Okt.  163  endigt,   und  den  Anfang  des  Demetrios  in  den 


Bofzer  oft  mi 88 verstanden :  so  vixit  sub  eo  Eu8eb.  I,  79,  14.  18.  40. 
81,  18  u.  a.  für  ijteCrjaev,  femer  et  qui  sub  hoc  regnavit  I,  293  für 
6  d'  im  Tovzcp  ßaodevoag  ("Ayxog  Molqxios)  aus  Dionys.  Halic.  1,  76 
und  seine  Fehler  in  der  Chronologie  des  Demetrios  Poliorketes  und 
Antigonos  Gonatas,  s.  Die  Zeiten  des  Zenon  von  Kition,  Akad.  Sitznngsb. 
1887,  1,  163.  160. 


Die  Seleukidenära  der  Makkabäerhücher,  253 

Nisan  (beginnend  mit  25.  März)  161  setzen.  Mit  den  'fast 
vollen  12'  Jahren  des  Epiphanes  bei  Appian  erhalten  wir  nun- 
mehr für  seinen  Antritt  den  November  oder  Dezember  175.^) 
Im  150.  Jahr  (1.  Nisan  162 — 161)  begannen  die  Juden 
die  königliche  Besatzung  der  Akra  von  Jerusalem  zu  be- 
lagern, 1  Makk.  6.  Auf  den  Hülferuf  der  Belagerten,  heisst 
es  a.  a.  0.  weiter,  zog  der  König  (Antiochos  Eupator)  sein 
Heer  zusammen,  warb  auch  Söldner  'von  den  Inseln'  und 
rückte  mit  140000  Mann  ein.  In  Idumäa  belagerte  er 
Bethzura;  Judas  eilte  herbei,  machte  einen  Angriif  auf  sein 
Lager,  zog  sich  aber  dann  vor  der  Uebermacht  zurück  und 
der  König  rückte  mit  dem  Hauptheer  weiter,  vor  Bethzura 
eine  Abtheilung  zurücklassend.  Dieser  musste  sich  die  Be- 
satzung von  Bethzura  ergeben,  weil  man  im  Sabbatjahr 
stand,  in  welchem  weder  gesät  noch  geerntet  wurde,  und 
in  Folge  dessen  die  Lebensmittel  zu  Ende  gegangen  waren. 
Das  Sabbatjahr  begann  mit  dem  7.  Monat  Thishri  (Sep- 
tember/Oktober), ein  solches  muss,  wie  in  Cap.  11 1  gezeigt 
wird,  mit  dem  Thishri  163,  nicht  164,  begonnen  haben;  die 
Vorräthe  aus  163,  gewöhnlich  wohl  nach  Pfingsten  (dem 
Erntefest)  bald  erschöpft,  mögen  um  August  162  zu  Ende 
gegangen  sein.*)  Der  König  war  inzwischen  vor  Jerusalem 
erschienen,  dessen  Heiligthum  er  'viele  Tage'  belagerte;  auch 
dort  machte  das  Sabbatjahr  seine  Wirkung  geltend  und  er 
hätte  ruhig  den  Zeitpunkt  abwarten  können,  in  welchem 
sich  die  Juden  auf  Onade  und  Ungnade  ergeben  mussten; 
da  erfuhr  aber  sein  Leiter  Lysias,  dass  Philippos,  welchen 
Antiochos  Epiphanes  auf  dem  Todteubett  zum  Reichsverweser 


1)  Nach  Clinton  beginnt  Epiphanes  (Aug.)  175,  Eupator  (Dez.) 
164,  Demetrios  (Nov.)  162;  ihm  folgen,  hie  und  da  in  der  Monats- 
bestimmong  abweichend,  die  Späteren,  auch  Wilcken  in  Pauly-Wis- 
sowa*8  Realencyklopädie  (s.  die  Antiochos- Artikel)  1894. 

2)  Bis  zur  nächsten  Ernte  musste  man  gekauftes  Korn  ver- 
wenden, s.  Cap.  ni. 


254  Unger 

und  Vormund  seines  Sohnes  ernannt  hatte,  mit  dem  Heer 
aus  Persis  zurückgekommen  war  und  in  Antiocheia  bereits 
die  Regierung  übernommen  hatte.  Nun  wurde  den  Juden 
ein  günstiges  Abkommen  bewilligt,  der  Rückmarsch  ange- 
treten, Antiocheia  belagert  und  erobert,  Philippos  aber  hin- 
gerichtet. Dies  mag  um  Winters  Anfang,  im  November  162 
geschehen  sein:  die  Nähe  des  Winters  wurde  für  den  vor- 
zeitigen Abzug  von  Jerusalem  zum  Vorwand  genommen,  dies 
ist  aus  Josephos  bell.  jud.  1,  1,  5  (vgl.  Cap.  IV  zum  1.  Brief) 
zu  schliessen:  rijv  ioutrjv  dvvajiiiv  äjiayayQ)v  ;^fit/i69coi;aav 
ek  Tfjv  HvQiav,  In  Rom  hatte  auf  die  Nachricht  vom  Tod 
des  Epiphanes  Demetrios  der  Sohn  seines  Bruders  und  Re- 
gierungsvorgängers Seleukos  gebeten,  ihn  aus  der  Geiselschaft 
zu  entlassen  und  sein  Näher  recht  auf  den  Thron,  welchen 
Epiphanes  usurpirt  hatte,  anzuerkennen;  aber  der  Senat  zog 
es  vor,  diesen  im  Besitz  eines  Knaben  als  eines  23  jährigen 
Mannes  zu  wissen,  und  schickte  drei  Vertreter,  an  der  Spitze 
Cn.  Octavius  ab,  um  die  Verhältnisse  das  Reichs  in  seinem 
Sinn  zu  gestalten  (dioixtjaovrag  zd  xatä  ri/v  ßaaikelav  (bg 
avrf]  jiQojJQfjTo),  Pol.  31,  12.  Dieser  Bericht  ist  in  das 
Consulnjahr  590  (beginnend  mit  id.  Mart.)  von  Schweighäiiser 
und  in  Ol.  154,  1  (Spätjahr  164—163)  von  Metzung,  de  Po- 
lybii  librorum  XXX— XXX III  fragmentis  ordine  collocandis, 
diss.  inaug.  Marburg  1871,  welchem  Nissen  und  Hultsch 
folgen,  nur  desswegen  eingestellt  worden,  weil  das  149.  Jahr, 
in  welches  das  erste  Makkabäerbuch  den  Tod  des  Epiphanes 
setzt,  allgemein  auf  den  1.  Nisan  164 — 163  gedeutet  wird; 
in  den  Excerpten  über  auswärtige  Gesandtschaften  in  Rom 
steht  er  zwischen  31,  9  (aus  dem  Consulat  des  Tiberius, 
d.  i.  Gracchus  591/163)  und  31,  15 — 17  (Gesandtschaften  un- 
bekannten Datums);  das  auf  diese  folgende  Excerpt  (31,  18: 
Ptolemaios  Physkon  in  Rom)  fallt  in  Ol.  154,  2  oder  154,  3 
und  wird  in  154,  2  gesetzt.  Die  Aussendung  des  Octavius 
kann  demnach  ebenso  gut  592/162  wie  591/163  stattgefunden 


Die  Seleukidenära  der  Makkabäerhücher.  255 

haben;  nach  Oranius  Licinianns  Buch  28,  dessen  Angaben 
auch  hinsichtlich  der  Todeszeit  des  Epiphanes  keine  Beach- 
tung gefunden  haben,  wurde  unter  den  Consuln  von  592/162 
Demetrios  abgewiesen  und  dem  Knaben  Antiochos  ''qui  postea 
Eupator  appellatus  est'  (die  Annahme  dieses  Titels^)  wird 
1  Makk.  6  noch  in  das  149.  Jahr  gesetzt)  der  Thron  Syriens 
zugesprochen.  Der  15.  Martius  592  entspricht  entweder 
dem  3.  oder  dem  26.  März  162;  bis  die  Kunde  vom  Tod 
des  Epiphanes  von  Tabai  in  Persis,  wo  er  starb,  nach 
Antiocheia  und  dann  wieder  nach  Rom  kam,  verging  sicher 
eine  längere  Zeit;  die  Sitzung  des  Senats,  in  welcher  Deme- 
trios auftreten  durfte,  hat  frühestens  in  den  ersten  Tagen 
des  neuen  Gonsulnjahres,  in  welche  man  die  in  den  letzten 
Monaten  nachgesuchten  Audienzen  nicht  dringlicher  Art  zu 
verweisen  pflegte,  stattgefunden.  Die  drei  Senats  Vertreter 
hatten  auch  den  Auftrag,  in  Makedonien,  wo  Uneinigkeit 
und  Hader  herrschte,  nach  dem  Rechten  zu  sehen,  ferner 
in  Galatien  und  in  Kappadokien  Aufenthalt  zu  nehmen 
(Pol.  31,  12);  hier  erbot  sich  Ariarathes,  sie  mit  Heeres- 
macht zur  Grenze  des  Seleukidenreichs  zu  geleiten  und  dort 
bis  zu  ihrer  glücklichen  Rückkehr  zu  harren,  indem  er  auf 
die  unsicheren  Verhältnisse  der  Regierung  (Tr]v  aHaiaoraolav 
tfjg  ßaoiXaiag)  und  die  Unbesonnenheit  (elxaiOTrjra)  ihrer 
Leiter*)  hinwies  (Pol.  31,  13);  das  Heer  des  Epiphanes  war 
also  noch  nicht  nach  Syrien  zurückgekehrt  oder  Ariarathes 
hatte  noch  nichts  davon  erfahren.  Nach  der  Ankunft  der 
Senatoren    in    Antiocheia    würde    es    auch    schwerlich    zum 


1)  Offenbar  hat  man  erst  die  Anerkennung  durch  die  Schutz- 
macht abgewartet,  Tgl.  zum  151.  Jahr. 

2)  Wohl  darauf  zu  beziehen,  dass  Lysias,  ohne  die  letzten  An- 
ordnungen des  Epiphanes  abzuwarten  oder  zu  beachten,  thatsächlich 
die  ganze  Verwaltung  an  sich  gerissen  hatte;  über  die  Formen, 
welche  er  dabei  beobachtete,  s.  Cap.  IV  zum  2.  Brief. 


256  Unger 

Bürgerkrieg  daselbst  gekommen  sein.     Mehr  zur  Geschichte 
des  Antiochos  Eapator  in  Gap.  IV. 

Im  151.  Jahr  (1.  Nisan  161 — 160)  landete  Demetrios 
nnd  stürzte  den  Antiochos  Eapator,  1  Makk.  7,  nach  Por- 
phyrios  im  J.  Ol.  154,  4  (Okt.  162 — 161);  vielleicht  geschah 
es  im  Lauf  des  Nisan,  April  161,  s.  zum  149.  Jahr.*)  Die 
Senatsvertreter  waren  angewiesen,  die  besten  Kriegsschiffe 
verbrennen  und  die  Elephanten  verstümmeln  zu  lassen  (Pol. 
31,  12);  wegen  der  Ausführung  beider  Aufträge  oder  wenig- 
stens des  ersten  wurde  Octavius  in  Laodikeia  (Pol.  32,  6 — 7) 
ermordet.  In  Rom  erschien,  nachdem  der  Vorgang  (vielleicht 
durch  die  zwei  anderen  Senatoren)  bekannt  geworden  war, 
eine  Botschaft  des  Lysias,  um  ihn  von  dem  Verdacht  der 
Urheberschaft  des  Mordes  zu  reinigen.  Jetzt  erneuerte  De- 
metrios, nachdem  er  einige  Zeit  gezaudert  hatte,  sein  Gesuch 
um  Entlassung  und  Anerkennung  als  König;  abermals  ab- 
gewiesen, beschloss  er  sich  selbst  zu  helfen,  floh  aus  Rom 
und  erreichte  sein  Ziel,  Polyb.  31,  19—23.  Dieser  Bericht 
steht  in  den  Excerpten  über  nichtrömische  Gesandtschaften 
zwischen  dem  über  Physkons  Aufenthalt  in  Rom  und  dem 
in  dasselbe  Jahr  gehörenden  über  seinen  Versuch,  mit  Hülfe 
römischer  Senatsvertreter  den  Bruder  zu  einem  besseren  Ab- 
kommen zu  nöthigen  (31,  27 — 28),  und  kann  nach  dem  zum 
150.  Jahr  über  Physkons  Romreise  Bemerkten  nebst  beiden 
ebenso  gut  auf  Ol.  154,  3  (Spätjahr  162 — 161)  bezogen 
werden  wie  mit  den  Erklärern  auf  Ol.  154,  2.  Octavius  ist 
im  J.  592/162  (beginnend  mit  id.  Mart.)  nicht  nur  abge- 
sandt, sondern  auch,  wie  Obsequens  74  bezeugt,  ermordet 
worden   und   aus   der  langen  Zeit,    welche   zwischen   beiden 


1)  Die  Münzen  des  Demetrios  beginnen  erst  mit  Sei.  154  (Okt. 
159—158),  Babelon  p.  GXIX,  wie  auch  der  römische  Senat  ihn  erst 
Ol.  155,  1  (Spätjahr  160 — 159),  auch  in  diesem  Jahr  nur  nach  langem 
Zaudern  und  bloss  bedingungsweise  anerkannte,  Pol.  82^  6 — 7.  Diod. 
31,  29;  vgl.  die  Anmerkung  zum  150.  Jahr. 


Die  Seleukidenära  der  Mäkkahäerhücher,  257 

Ereignissen  verflossen  sein  muss,  geht  hervor,  dass  sein  Tod 
nicht  früher  als  in  die  zweite  Hälfte  dieses  Gonsulnjahres 
gesetzt  werden  kann;  sein  Eintreffen  in  Syrien  fällt  wahr- 
scheinlich in  die  letzten  Monate  von  162,  sein  Tod  jedenfalls 
in  den  Winter  162/161.  Als  Demetrios  alles  zur  Flucht  aus 
Rom  vorbereitet  hatte,  verliess  er  die  Stadt  unter  dem  Vor- 
geben auf  die  Saujagd  nach  Circeji  zu  gehen,  wo  er  schon 
bisher  ofk  gejagt  hatte  (Pol.  31,  22);  daraus  hat  bereits 
Metzung  den  Schluss  gezogen,  dass  er  sich  nicht  im  Sommer, 
sondern  etwa  im  März  entfernt  habe.  Von  Ostia  fuhr  er 
nach  Lykien  und  wartete  dort  auf  die  Rückkunft  des  Kund- 
schafters, welchen  er  nach  Syrien  vorausgeschickt  hatte 
(Pol.  23,  31,  vgl.  mit  Zonaras  9,  26);  dann  landete  er  in 
Tripolis,  wo  er  sogleich  als  König  anerkannt  wurde. 

Im  Nisan  des  152.  Jahres  (1.  Nisan  160 — 159)  erschien 
das  Heer,  welches  Demetrios  geschickt  hatte,  um  die  am 
13.  Adar  (im  12.  Monat  des  jüdischen  Jahres)  erlittene  Nieder- 
lage von  Bethhoron  zu  rächen,  vor  Jerusalem,  1  Makk.  9, 
vgl.  oben  S.  245.  Die  Anhänger  der  Meinung,  dass  die  Aera 
des  1.  Makkabäerbuchs  vollständig  mit  der  gewöhnlichen 
Seleukidenära  identisch  sei,  also  mit  dem  7.  jüdischen  Monat 
Thishri  anfange,  berufen  sich  besonders  auf  diese  Stelle,  weil 
die  Zeit  zwischen  13.  Adar  161  (160)  v.  Chr.  und  1./30.  Nisan 
161  (160)  zu  kurz  sei:  nicht  nur  hatte  in  der  Zwischenzeit 
das  geschlagene  Heer  den  Weg  nach  Syrien  zurückgelegt, 
Demetrios  die  nöthigen  Vorbereitungen  zu  einem  neuen  Feld- 
zug gemacht  und  das  neue  Heer  den  ganzen  Weg  bis  Jeru- 
salem zurückgelegt,  sondern  dieses  auf  dem  Zug  auch  ''Mai- 
saloth  in  Arbela'  belagert  und  erobert;  sie  setzen  daher  die 
Niederlage  in  den  Adar  Sei.  151  (März  162)  und  die  An- 
kunft in  Arbela  in  den  Nisan  Sei.  152  (April  161).  Aber 
Demetrios  wollte,  wie  man  aus  1  Makk.  9,  1 — 3  schliessen 
darf,  nicht  ein  ganzes  Jahr  und  darüber  bis  zum  Rachezug 
verfliessen  lassen  und  c.  7,  50  wird  von   der  Zeit    zwischen 

1895.  Sitzungab.  d.  phiL  u.  bist.  Cl.  17 


258  Üfiger 

der  Schlacht  von  Bethhoron  und  dem  Einmarsch  des  neuen 
Heeres  ausdrücklich  xal  ^ov^^^^  V  7^  dXlyag  fifjLeqag  gesagt; 
schon  Michaelis  hat  erinnert,  dass  zwischen  Adar  und  Nisan 
ein  Schaltmonat  (Veadar)  gelegen  haben  könne.  Am  Passah- 
fest und  zwar  am  16.  Tag  des  Nisan  wurden  die  Erstlinge 
des  Getreides  geopfert;  diese  lieferte  die  Gegend  um  Jericho, 
welche  sich  der  frühesten  Vegetation  erfreut,  in  den  ersten 
Tagen  des  greg.  April  (s.  Ideler  I,  487,  nach  Beobachtungen 
des  vorigen  Jahrhunderts),  also  frühestens  11  Tage  nach  der 
Nachtgleiche;  der  Nisan  durfte  demnach  nicht  früher  als 
4  Tage  vor  der  Nachtgleiche  beginnen,  welche  im  J.  161 
am  jul.  23.  März,  160  am  24.  (gerechnet  vom  Abend  des  23.) 
März  eintraf.  Im  J.  161  ereignete  sich  ein  wahrer  Neumond 
am  23.  März  Vorm.  8  U.  36  M.  Jerusalemer  Zeit;  der  1.  Nisan 
fiel  also,  weil  der  Monat  mit  dem  sichtbaren  Neumond  an- 
fangen sollte  (s.  Ideler  II,  512  und  Akad.  Sitzungsb.  1893, 
II,  475),  auf  den  25.  (oder  26.)  März,  gerade  um  die  Zeit 
der  Nachtgleiche,  welche  den  idealen  Termin  des  Neujahrs 
bildete,  so  dass  an  eine  Monafcseinschaltung  im  J.  162/1 
nicht  zu  denken  war.  Wohl  aber  war  sie  im  J.  161/0  am 
Platz:  denn  mit  bloss  12  Monaten  würde  der  1.  Nisan  vom 
25.  März  161  auf  den  14.  März  160  gekommen  sein. 

Für  das  153.  Jahr  (1  Makk.  9)  stehen  keine  Zeitmerk- 
male zn  Gebot. 

Im  160.  Jahr  (1.  Nisan  152 — 151)  trat  Alexander  als 
Gegenkönig  auf  und  wurde  in  Ptolemais  sogleich  anerkannt, 
1  Makk.  10.  Der  vorgebliche  Sohn  des  Antiochos  Epiphanes, 
ein  gemeiner  Antiochener  Bala,  wurde  Ol.  156,  4  (Spätjahr 
153 — 152)  in  Rom  anerkannt,  worauf  sein  Leiter  Herakleides 
sogleich  Söldner  zu  werben  anfing  und  mit  ihm  nach  Ephesos 
fuhr,  wo  die  weiteren  Anstalten  für  das  Auftreten  in  Syrien 
getrofi^en  wurden,  Polyb.  33,  18;  das  Jahrdatum  steht  durch 
die  Ordnung  der  Gesandtschaftsexcerpte  fest  und  ist  auch 
allgemein    anerkannt.     Die   Landung   fand  ein  paar  Monate 


Die  Seleukidenära  der  Makkabäerbücher,  259 


1 
1."*-- 


yor  dem  c.  10,  21  erwähnten  Laubhüttenfest  des  160.  Jahres 
(15.— 21.  Thishri  =  22.-28.  Okt.  152)  statt,  s.  oben  S.  244 
'  und  zum  172.  Jahr. 

^'  Im  162.  Jahr  (1.  Nisan  150 — 149)  vermählte  Ptolemaios 

E'  (Philometor)  in  Ptolemais  seine  Tochter  Kleopatra  mit  König 

'  Alexander,   1  Makk.  10.     Voraus  geht  der  Bericht  von  der 

Niederlage  und  dem  Tod  des  Demetrios;  es  folgt  daraus  nicht, 

dass  diese  Ereignisse  in  das  161.  Jahr  gefallen  seien:   denn 

k^  der  Verfasser  des  Buchs  zeigt  nicht  jeden  Jahreswechsel  an 

und  gibt  ein  Jahrdatum  nur  bei  ihm  wichtig  erscheinenden 

^  Ereignissen,   gleich   viel  ob  die  vorausgehenden   oder   nach- 

-.  folgenden   demselben    oder    einem    andern   Jahr   angehören; 

hier  thut  er  es,  weil  der  Hohepriester  Jonathan  zur  Festlich- 

y  keit  geladen  wurde.     Die  letzten  Münzen  des  Demetrios  und 

die  ersten  Alexanders  datiren  aus  Sei.  162  (Okt.  151 — 150), 

s.  Babelon  les  rois  de  Syrie,   p.  CXXIII  ff.     Polybios  3,  5 

nennt  nach  der  Wiedereinsetzung  des  Ariarathes  (Jahr  153 

.  v.Chr.)  den  Fall  des  Demetrios  nach  12  jähriger  Herrschaft, 

die  Heimkehr  der  Achaierführer  aus  Italien  und   den  nicht 

lange  darnach  f/irr'  ov  noXv)  ausgebrochenen  punischen  Krieg. 

Hat  Polybios  der  Jahrzählung   den    Abstand    zwischen   dem 

Jahrdatum  der   Thronbesteigung   des   Demetrios    (April  161 

fiel  ihm,   da  er  in  den  ersten   Büchern  die  Olympiadenjahre 

mit  dem  Datum  der   olympischen  Spiele  beginnt  und  endet, 

in  Ol.  154,  3  =  15.  August  162 — 161)  und  dem  seines  Todes 

zu  Grund  gelegt,  so  setzte  er  diesen  in  Ol.  157,  3  =  3.  Aug. 

150—149;    wenn    die    12  Jahre  bloss  die  Zeitdauer  an  sich 

bezeichneten,    würden    sie,    was   sich   nicht   annehmen   lässt, 

vom  April  161  bis  zum  Oktober  150  /  Okt.  149  laufen.    Der 

punische  Krieg  begann  im  Frühling  149  (Äppian  Pun.  75  ff., 

Tgl.  mit  Polyb.  37,  3);  die  Achaier,  im  Nov.  587  =  Okt.  167 

(Liv.  45,  35)  deportirt,  wurden  im  17.  Jahr  (Pausan.  7,  10) 

entlassen.     Die  letzten  Münzen  des  Demetrios  und  die  ersten 

des   Alexander   datiren   aus  Sei.  162  (Okt.  151 — 150);    den 

17* 


260  ünger 

BegieruDgswechsel  setzen  wir  nach  alle  dem  um  August  oder 
September  150.  Bei  Porphjrios  fällt  er  unrichtig  in  das 
nächstfolgende  Seleukidenjahr:  er  gibt  Demetrios  die  12  Jahre 
OL  154,  4  —  157,  3^)  und  Alexander  die  5  Jahre  157,  4 
(Okt.  150—149)  —158,  4;  er  hätte  jenem  bloss  11  Jahre 
geben  sollen.  Der  Fehler  setzt  sich  fort*)  bis  zum  Ende 
des  Demetrios  IL;  um  dies  anschaulich  zu  machen^  setzen 
wir  die  Data  des  Porphyrios  neben  die  von  den  Münzen 
gelieferten  und  drücken  beide  in  Jahren  vor  Christi  Geburt 
aus,  welche  aber  mit  dem  Yorausgegangenen  Oktober  (ge- 
nauer 1.  Dios)  anfangen: 

Demetrios  I.  endet,    Alexander  beginnt  150,   n.  Porph.  149 

Alexander  endet,  Demetrios  II.  beginnt  145,  n.  Porph.  144 

Ant.  Sidetes  beginnt  138,  n.  Porph.  137 

Aut.  Sidetes  endet,  Demetrios  IL  beginnt  129,  n.  Porph.  128 

Demetrios  IL  endet  125,  n.  Porph.  124 

Ant.  Grypos  beginnt  125,  n.  Porph.  123. 

Die  Münzen  des  Antiochos  Grypos  beginnen  schon  im 
Todesjahr  seines  Vaters  Demetrios;  aber  die  des  Gegenkönigs 
Alexander  Zabina  laufen  von  128  bis  122  (Babelon  p.  GL), 
in  welchem  Jahr  er  nach  Porphyrios  Herrschaft  und  Leben 
verloren  hat;  die  Lücke  eines  Jahres,  welche  dieser  zwischen 
Demetrios  und  Antiochos  Grypos  lässt,  entspricht  also  der 
Zeit,  da  Alexander  Zabina  auf  der  Höhe  seiner  Macht  stand, 
und  hier  suchen  wir  die  Wurzel  der  von  Porphyrios  be- 
gangenen Fehler:  in  seiner  Quelle,  die  nach  manchen  An- 
zeichen^) Tabellen  in  der  Art  des  eusebischen   Kanons   ent- 


1)  Die  Hdss.  geben  hier  157,  4  und  bei  Alexander  167,  8,  beide 
Fehler  sind  schon  von  den  Erklärem  verbessert. 

2)  Er  beschränkt  sich  auf  die  (oben  angegebenen)  Data  des 
Regierungswechsels;  die  nicht  auf  einen  solchen  bezüglichen  sind, 
wie  sich  zeigen  wird,  von  ihm  unberührt  geblieben. 

8)  Die  Zeiten  des  Zenon  von  Eition,  Akad.  Sitzungsb.  1887,  I,  129. 


Die  Seleukidenära  der  MakJcdbäerhücher,  261 

halten  zu  haben  scheint,  hat  die  Lücke  vielleicht  zwei  Jahre 
(125 — 128)  eingenommen,  Porphyrios  aber  verkürzte  sie  aus 
Versehen  nm  ein  Jahr,  schob  in  Folge  dessen  die  Begierungs- 
data um  eine  Stelle  herab  und  bekam  so  für  Demetrios  L 
12  Jahre  statt  11. 

Im  165.  Jahr  trat  Demetrios  (II.)  als  Gegenkönig  auf, 
1   Makk.   10.     Die  Zeit  bloss  hier  angegeben. 

Im  167.  Jahr  (1.  Nisan  145 — 144)  fiel  Alexander  im 
Kampf  mit  Demetrios  und  Ptolemaios  (Philoraetor),  der  ein 
paar  Tage  nach  der  Schlacht  starb,  1  Makk.  11.  Bei  Por- 
phyrios regiert  Alexander  5  Jahre,  von  Ol.  157,  4  (die  Hdss. 
157,  3)  bis  158,  4;  sein  Tod  und  der  Anfang  des  Demetrios  II. 
fällt  also  nach  ihm^)  Ol.  159,  1  (Okt.  145-144),  aber  die 
letzten  Münzen  Alexanders  und  die  ersten  des  Demetrios 
(Babelon  p.  CXXIV)  geben  das  vorausgehende  Jahr  Sei.  167 
(Okt.  146 — 145);  dazu  stimmt  der  astronomische  Regenten- 
kanon, nach  welchem  Ptolemaios  Philometor  in  dem  vom 
28.  Sept.  146  — 27.  Sept.  145  laufenden  Jahr  starb.  Nach 
dem  Tod  des  Ptolemaios  warf  Demetrios  dessen  Heer  mit 
Gewalt  aus  Syrien,  entliess  dann  die  einheimischen  Truppen 
sammt  ihren  Befehlshabern  und  stützte  sich  bloss  auf  fremde 
Soldner;  nun  verschworen  sich  jene  gegen  ihn,  ihr  Führer 
Diodotos  suchte  den  von  Alexander  hinterlassenen  Knaben 
Antiochos  (VI.)  an  seinem  Zufluchtsort  in  der  syrischen  Wüste 
auf  und  verweilte  dort  lange  Zeit,  bis  jener  ihm  endlich 
übergeben  wurde;   dann  rief  er  ihn  als  König  aus,    zog  die 


1)  Porphyrios  selbst  pflegt,  wo  er  den  Tod  oder  Sturz  eines 
Regenten  datirt,  ihn  in  das  letzte  unter  demselben  vollendete,  also 
eigentlich  in  sein  vorletztes  Begierungsjahr  zu  setzen;  dies  ist  die 
Folge  davon,  daaa  er  jeder  Regierung  bloss  volle  Jahre  zutheilt,  so 
dass  gewiaiermassen  der  erste  von  zweien  mit  dem  Schluss  des  letzten 
ihm  zugewiesenen  Jahres  endet  und  der  andere  mit  dem  Beginn 
seines  ersten  anfUngt.  Aehnlich  Eusebios  in  den  Anmerkungen  zum 
Kanon. 


262  ünger 

entlassenen  Truppen  an  sich  und  schlug  den  König  Demetrios 
in  einer  Schlacht,  nach  welcher  dieser  in  die  Seefeste  Se- 
leukeia  floh.  Da  auch  die  ersten  Münzen  des  Antiochos  VI. 
aus  Sei.  167  datiren,  so  ist  der  Tod  des  Alexander  and  Pto- 
lemaios  nicht  später  als  in  den  Fröhling  145  zu  setzen. 

Im  170.  Jahr  (1.  Nisan  142 — 141)  gewährte  Deinetrios 
den  Juden  wegen  ihres  Uebertritts  zu  ihm  Steuerfreiheit  und 
Autonomie,^)  von  da  an  datirten  sie  nach  Jahren  ihres  Jlohen« 
priesters  Simon;  im  171.  Jahr  eroberte  dieser  die  (von  Diodotos 
besetzt  gehaltene)  Burg  Jerusalems,  1  Makk.  13. 

Im  172.  Jahr  (1.  Nisan  140—139)  machte  Demetrios 
Rüstungen  und  zog  dann  nach  Medien  gegen  Arsakes; 
dieser  schickte  aber  auf  die  Nachricht  von  seinem  Einfall 
einen  Feldherrn  ab,  welcher  ihn  gefangen  nahm,  1  Makk.  14. 
Das  zuletzt  genannte  Ereigniss  gehört  unstreitig  einem  SfML- 
teren  als  dem  172.  Jahre  an,  aber  auch  von  den  andern 
Vorgängen  ist  bloss  der  erste  dem  172.  Jahr  zuzuweisen; 
der  Zug  nach  Medien  konnte  erst  angetreten  werden,  nach- 
dem Demetrios  das  von  den  Parthern  eroberte  Bahylonien 
wiedergewonnen  hatte.  Die  Eroberung  dieses  Landes  durch 
Mithridates  geschah,  wie  (von  den  Neueren  wenig  beachtet) 
Orosius  5,  4  meldet,  in  demselben  Jahre,  in  welchem  Viriathus 
getödtet  wurde,  also  140  y.  Chr.;  dann  habe  jener  in  einem 
zweiten  Krieg  (oder  Feldzug,  secundo  hello)  den  ihm  ent- 
gegenziehenden Demetrios  selbst  besiegt  und  gefangen  ge- 
nommen,  hierauf  aber  Diodotos   mit  dem  Sohn  Alexanders 


1)  Aus  dem  UmschwiiDg  der  VerbftltnisBe  zu  Gunsten  des  De- 
metrios, welcher  hiedurch  und  durch  den  von  Poseidonioa  (vgl.  zum 
174.  Jahr)  im  8.  Buch,  der  Jahresgeschichte  von  Ol.  169,  2  (Sp&ijahr 
148—142),  ers&hlten  Krieg  zwischen  den  zwei  Hanptstfltzpnnkten 
Diodots,  den  Städten  Apameia  und  Larissa  herheigeföhrt  werden 
mnsste,  erklärt  sich  vielleicht  der  Umstand,  dass  die  Data  der  er- 
haltenen Münzen  des  Antiochos  VI.  nicht  weiter  als  bis  Sei.  170 
(Okt.  148—142)  reichen. 


Die  Seleukidenära  der  Makkabäerhücher,  263 

Syrien  gewonnen.  Die  nächsten  Worte  M.  Aemilio  Lepido 
C.  Hostilio  Mancino  coss.  (617/137)  prodigia  apparuere  lehren, 
dass  die  nicht  datirten  Ereignisse  in  139 — 138  fallen.  Por- 
phyrios  schreibt  nach  der  Meldung  vom  Tod  des  Alexander 
und  Ptolemaios:  bellum  vero  excepit  laudatus  Demetrius,  qui 
erat  filius  Demetri  (Rest  einer  Meldung  von  dem  Kampf, 
in  Folge  dessen  Demetrios  nach  Seleukeia  floh).  Demetrio 
Seleuki  (gemeint  war  im  Original  ex  Seleucia)  et  Antiokho 
Alexandri  filio  ex  Syria  et  Antiokhia  urbe  invicem  irrnentibus 
yicit  Demetrius  regnabatque  (über  Antiocheia  und  Syrien, 
die  Apamene  ausgenommen)  GLX.  olompiadis  anno  primo 
(Okt.  141 — 140).  anno  etiam  secundo  copias  colligebat 
(Okt.  140 — 139)  et  adversum  Arshakem  profectus  est  Babe- 
lonem  et  in  superiores  regiones;  worauf  er  die  Gefaugeu- 
nähme,  geschehen  Ol.  160,  3  (Okt.  139—138),  folgen  lässb; 
ygl.  zum  174.  Jahr.  Nach  alle  dem  hat  Demetrios  II. 
140  y.  Chr.  in  der  guten  Jahreszeit  den  Gegenkönig  besiegt, 
zu  gleicher  2jeit  aber  Mithridates  Babylonien,  dessen  Statt- 
halter, wie  es  scheint,  keine  oder  nur  ungenügende  Unter- 
stfitzung  yon  Demetrios  erhalten  konnte,  erobert;  dieser  Ver- 
lust bewog  Demetrios,  statt  seinen  Sieg  yoUständig  bis  zur 
Vernichtung  der  nach  Apameia  geflohenen  Gegner  auszu- 
nützen, im  Winterhalbjahr  140/39  umfassende  Rüstungen 
gegen  die  Parther  zu  machen  und  im  Frühjahr  139  gegen 
sie  zu  ziehen.  Nach  yielen  Siegen  (Justin  36,  7.  38,  9)  wurde 
er,  durch  Scheinunterhandlungen  getäuscht,  während  des 
Waffenstillstands  treulos  überfallen  und  gefangen  genommen, 
nach  den  Angaben  über  Diodot  und  Antiochos  Sidetes  zu 
schliessen,  im  Winterhalbjahr  139/8,  vielleicht  noch  im  J.  139. 
Von  der  (ersten)  Regierung  des  Demetrios  II.  und  der 
des  Antiochos  VI.  hat  Porphyrios  weder  die  Zahl  der  Jahre 
noch  das  Datum  des  ersten  und  letzten  Jahres  genannt;  sein 
nächstes  Regierungsdatuni  ist  Ol.  160,  4  für  den  Anfang  des 
Antiochos  Sidetes;   die  diesem  voraufgehende  Herrschaft  des 


264  ünger 

Diodot,  welcher  nach  Demetrios'  Gefangennahme  Syrien 
gewann,  den  Knaben  Antiochos  umbringen  Hess  und  unter 
dem  Namen  Tryphon  als  König  regierte,  hat  er  ganz  über- 
gangen. Die  christlichen  Chronographen  haben  aus  den  Olym- 
piadendaten des  Porphyrios  (Ol.  160,  1.  2.  3),  von  welchen 
das  letzte  eigentlich  dem  Diodotos  gehört,  eine  dreijährige 
Regierung  des  Demetrios  gemacht,  die  4  vorausgehenden 
aber,  welche  bei  Porphyrios  der  Bürgerkrieg  füllt,  theils 
ganz  übersprungen,  theils  den  5  Jahren  Alexanders  zuge- 
schlagen, Sulpicius  Severus  2,  24  (Alexander)  annos  V  vel, 
ut  in  plerisque  (in  vielen)  auctoribus  reperi,  novem,  Synkellos 
p.  545  ert]  e,  ol  de  t>';  p.  559  eTtj  t?'  .  .  .  .  nvkg  dh  ert]  i 
tpaoiv  ainhv  ßaoiXevaai,  iv  olg  xal  Evoeßiog,  Der  eusebische 
Kanon  gibt  in  der  syrischen  Columne  das  1.,  2.,  3.  bis  10.  Be- 
gierungsjahr Alexanders  und  berechnet  dem  entsprechend  in 
der  Datirung  10  Jahre;  eine  genauere  Angabe  liefert  die 
üeberschrift  des  1.  Jahres  (9  Jahre  8  Mon.  Hieronymus; 
der  Armenier  10  Jahre,  ein  Flüchtigkeitsfehler),  die  syrische 
Epitome  (9  J.  9  M.)  und  die  bloss  in  der  armenischen  Ueber- 
setzung  erhaltene  Series  regum  (9  J.  10  M.).  Münzen  des 
Antiochos  VI.  gibt  es  nach  Babelon  p.  CXXXIV  aus  Sei. 
167 — 170  (Okt.  146—142),  später  geprägte  können  wegen 
geringer  Zahl  (vgl.  zum  170.  Jahr)  untergegangen  sein; 
Josephos  ant.  jud.  13,  7,  1  gibt  ihm  4  Jahre.  In  der  That 
verliefen  nicht  9,  sondern  10  Jahre  vom  Fall  des  Demetrios  I. 
(Ol.  157,  3)  bis  zur  Niederlage  des  Antiochos  VI.  (Ol.  160,  1): 
denn  Porphyrios  hat  jenen  um  1  Jahr  zu  spät  gesetzt.  Eu- 
sebios  hat  also,  offenbar  wegen  der  ungenügenden  Angaben 
des  Porphyrios  über  jene  4  Jahre,  eine  andere  Quelle  zu 
Rath  gezogen  und  zwar,  da  er  nicht  bloss  Jahre  sondern 
auch  Monate  angibt,  eine  ausschliesslich  oder  wenigstens  in 
erster  Linie  der  syrischen  Geschichte  gewidmete  Chronik, 
vielleicht  die  des  Tballos  (vgl.  Cap.  V);  setzen  wir  den  Tod 
des  Demetrios  I.  nebst  dem  Anfang  Alexanders  in  den  August 


Die  Seleukidenära  der  Makkabäerhücher,  265 

oder  September  150,  so  bringen  die  9  Jahre  8  Mouate  des 
Hieronymus^)  den  Sieg  des  Demetrios  II.  über  Antiochos  VI. 
ungefähr  in  den  April  oder  Mai  140;  die  4  Jahre  des  An- 
tiochos bei  Josephos,  beginnend  vielleicht  im  Spätsommer 
oder  Herbfitanfang  145,  mögen  attisch  genommen  sein,  von 
Ol.  158,  4  (Juli  145—144)  bis  159,  4  (Juli  141—140),  vgl. 
zum  145.  und  177.  Jahr;  jedenfalls  ist  die  kurze  zweite 
Regierung  des  Antiochos  VI.  (139/8—138/7)  nicht  einge- 
rechnet. 

Im  174.  Jahr  (1.  Nisan  138—137)  kam  Antiochos  in 
sein  Erbland  und  fast  das  ganze  Kriegsvolk  ging  von  Trjphon 
zu  ihm  über,  1  Makk.  15.  Die  letzten  Münzen  aus  der 
ersten  Regierung  des  Demetrios  zeigen  das  Jahr  Sei.  173 
(Okt.  140—139),  die  ersten  des  Antiochos  Sidetes  stammen 
aus  Sei.  174  (Okt.  139 — 138),  die  letzten  des  Antiochos  und 
die  ersten  des  zurückgekehrten  Demetrios  aus  Sei.  183  (Okt. 
130—129),  die  letzten  des  Demetrios  aus  Sei.  187  (Okt. 
126-125),  s.  Babelon  p.  CXXXI.  CXLI.  CXLV.  Porphyrios 
setzt  seine  Gefangennahme  richtig  in  Ol.  140,  3  =  Sei.  174; 
wegen  des  Fehlens  von  Münzen  desselben  aus  diesem  Jahr 
darf  wohl  geschlossen  werden,  dass  sie  in  den  ersten  Monaten, 
etwa  im  Spätherbst  139  stattgefunden  hat;  nach  ihrem  Be- 
kanntwerden trat  Diodot  mit  Antiochos  VI;  wieder  hervor 
und  gewann  den  grössten  Theil  Syriens  nebst  Kilikien;  An- 
tiochos VI.  wurde  von  ihm  im  nächsten  Jahr  (s.  zum  177.  J.) 
aus  dem  Weg  geräumt.  Auch  die  9  Jahre,  welche  Por- 
phyrios dem  Antiochos  Sidetes,  und  die  4,  welche  er  Deme- 
trios gibt,  treffen  zu,  aber  unrichtig  lässt  er  jenen  Ol.  160,  4 
(st.  160,  3)  und  Demetrios  Ol.  163,  1  (st.  162,  4)  beginnen, 
8.  zum  167,  Jahr.     Endlich  wenn  er  die  Gefangenschaft  des 


1)  Seine  Textüberlief erung  ist  eine  §^ute;  die  Epitome  hat  viele 
falsche  Zahlen,  ebenso  die  Series  und  die  9  Monate  sind  jedenfalls 
darch  Wiederholung  der  vorhergehenden  Neun  zahl  entstanden. 


266  Unger 

Demetrios  nicht  9,  sondern  10  Jahre  lang  dauern  lässt,  so 
erklärt  sich  das  daraus,  dass  er  ihren  Anfang  richtig  in 
Ol.  160,  3  (Okt.  139—138),  aber  den  Regierungsantritt  des 
Antiochos  Sidetes  um  ein  Jahr  zu  spät,  in  Ol.  160,  4  gesetzt 
hat.  Dieser  fand  den  Tod  unter  den  Consuln  von  624/130 
(Obsequens  28.  Orosius  5,  9)  im  Anfang  des  Winters  (Por- 
phyrios),  bald  nach  Bezug  der  Winterquartiere  (Justinus  38, 10), 
also  um  oder  nach  Mitte  November,  spätestens  in  der  ersten 
Hälfte  des  Dezember  130;  in  den  Krieg  gegen  die  Parther 
war  er  im  Frühjahr  131  gezogen;  die  im  Lauf  des  Krieges 
am  Anfang  des  Frühlings  erschienene  Friedensgesandtscbafb 
des  Partherkönigs  bei  Diodor  34,  15  fallt  in  das  J.  130.*) 
Im  177.  Jahr,  im  Monat  Shbat  (26.  Jan.  bis  24.  Febr.  134) 
wurde  der  Hohepriester  Simon  nebst  zwei  Söhnen  von  seinem 
Eidam  Ptolemaios  auf  dessen  Burg  Dok  bei  Jericho  ermordet; 
dann  forderte  dieser  den  König  Antiochos  brieflich  zur  Sen- 
dung eines  Heeres  auf,  suchte  vergebens  den  dritten  Sohn 
Johannes  Hyrkanos,  zur  Zeit  Statthalter  in  Gazara,  durch 
Meuchelmord  zu  beseitigen  und  schickte  Truppen  behufs 
Besetzung  Jerusalems  ab,  1  Makk.  16.  Damit  schliesst  das 
Buch.  Hyrkanos  übernahm  jetzt  mit  dem  Hohenpriesteramt 
die  Regierung  und  noch  in  seinem  ersten  Jahr  (Jos.  ant. 
13,  8,  2),  im  Sommer  (s.  Cap.  III)  rückte  Antiochos  in 
Judäa  ein;  der  Usurpator  Diodotos  Tryphon  war  bereits 
aus  dem  Leben  geschieden  (Justin  36,  1).  Dieser  hatte  den 
Knaben  Antiochos  im  J.  137  umbringen   lassen^)   und   sich 


1)  Mehr  hierüber  s.  Umfang  und  Anordnung  der  Geschichte 
des  Poseidonios,  Cap.  IV  zu  Buch  14  (demnächflt  im  Philolögas  er- 
scheinend). 

2)  Nach  1  Makk.  13  wäre  das  schon  um  142  geschehen,  doch  Aber 
auBserpalästinische  Vorgänge  zeigt  sich  der  Verfasser  anerkannter 
Massen  nicht  selten  mangelhaft  unterrichtet.  Die  griechischen  und 
römischen  Berichte  (welche  nachweislich  aus  mehr  als  einer  Quelle 
geflossen  sind)  stimmen  darin  überein,   dass  das  Ereignits  nach  d«r 


Die  Seleukidenära  der  Makkahäerhücher.  267 

die  Krone  aufgesetzt:  die  Epitome  aus  Livius  B.  52  bringt 
nach  der  Aussendung  des  Consuls  Fabius  (J.  143)  gegen 
Viriathus  und  vor  dem  Triumph  des  Mummius  (145)  den 
Sieg  des  Diodotos,  qui  Alexandri  filio  bimulo  regnum  as- 
serebat,  ober  Demetrios  und  B.  55  nach  dem  schimpflichen 
Vertrag  des  Consuls  Mancinus  (137)  und  dem  zweiten  lusi- 
tanischen  Feldzug  des  D.  Brutus  (137),  aber  vor  dessen 
gallaecischem  Feldzug  (136)  das  Ende  des  Antiochos  VI., 
welcher  decem  annos  admodum  habens  a  Diodoto  . . .  occisus 
est.  Dazu  stimmt  Orosius,  da  er  an  die  Vorgänge  aus  139 
bis  138  (s.  zum  172.  Jahr)  die  Ermordung  des  Knaben  und 
Diodots  Thronbesteigung  mittelst  des  Wortes  postea  anknüpft, 
diese  Ereignisse  also  in  ein  späteres  Jahr  setzt.  Tryphon 
war  3  Jahre*)  lang  König,  Jos.  ant.  13,  7,  2;  die  Münzen 
zeigen  sein  2.,  3.  und  4.  Jahr,  Babelon  p.  CXXXVIII;  die 
3  Jahre  sind  also  reichlich  genommen  und  sein  Ende  fällt 
jedenfalls  in  das  J.  134,  wohl  erst  nach  den  letzten  Vor- 
zügen des  Makkabäerbuchs.  Diesen  gehen  in  c.  15—16 
folgende  Ereignisse  voraus:  Tryphon,  von  Antiochos  in  Dora 
belagert,  entfloh  zur  See  gen  Orthosia,  der  König  aber  zog 
ihm  nach,  indem  er  eine  Heeresabtheilung  unter  Kendebaios 
zurückliess.  Dieser  befestigte  den  Ort  Kedron  bei  Jamnia, 
dessen  Besatzung  das  jüdische  Gebiet  durch  Einfälle  so  zu 
beunruhigen  anfing,  dass  Simon  sich  genöthigt  sah,  ein  Heer 
gegen  Kendebaios  aufzubieten.  Dieser  wurde  bei  Modin  ge- 
schlagen und  die  Castelle  bei  Asdod,  in  welche  sich  die 
Fliehenden  retteten,  erobert.  Dann  folgt  der  Bericht  vom 
Tod  Simons.  Bei  Josephos  ant.  13,  7,  2  flieht  Tryphon  von 
Dora   nach    Apameia,    wird    bei    der  Belagerung    der   Stadt 


Grefangemiahiiie  des  Demetrios  geschehen  ist,  vgl.  Karl  Müller,  fragm. 
hist.  gr.  II,  p.  XX. 

1)  Attisch  wie  die  4  der  ersten  Regierung  der  Antiochos  VI. 
(s.  zum  172.  J.)  berechnet  laufen  sie  von  Ol.  160,  3  (Juli  138—187) 
bis  01.161,  2  (Juli  136-184). 


268  ünger 

(also  bei  eiDem  Ausfall)  gefangen  genommen  und  getödtet, 
nach  Strabon  p.  668  eingesperrt  und  dadurch  zur  Selbstent- 
leibung getrieben.  Das  Makkabäerbuch  hat  die  Geschichte 
nur  bis  zu  seiner  Flucht  von  Dora  zu  dem  Platz  verfolgt, 
wo  die  Heerstrasse  nach  Apameia  sich  von  der  Küste  binnen- 
wärts  in  die  Einsattelung  zwischen  dem  nördlichen  Ende  des 
Libanon  und  dem  südlichen  des  syrischen  Gebirges  wendet, 
vielleicht  desswegen,  weil  der  benützte  zeitgenössische  Bericht- 
erstatter von  den  weiteren  Schicksalen  Tryphons  nichts  ge- 
hört hatte.  Die  letzten  in  dem  Buch  erzählten  Ereignisse 
vor  Simons  Tod  fallen  demnach  in  die  gute  Jahreszeit  von 
135;  über  die  späteren  s.  das  folgende  Gapitel. 

ni.   Die  Sabbatjahre. 

Wie  an  jedem  siebenten  Tage  die  Menschen  so  sollte 
in  jedem  siebenten  Jahre  der  Boden  ruhen,  man  durfte  weder 
säen  und  ernten  noch  pflanzen  oder  lesen,  die  Erträgnisse 
des  Vorjahres  sollten  auch  für  dieses  ausreichen.  Mit  dem 
Nisan  konnte  ein  solches  Jahr  nicht  anfangen:  in  diesem 
Monat  begann  sonst  die  Ernte;  unterliess  man  sie,  so  würde 
im  vorhergehenden  Herbst  vergebens  gesät  worden  sein  und 
da  im  kommenden  nicht  gesät  werden  durfte,  so  würde  man 
auch  im  nächsten  Kalenderjahr  nichts  zu  ernten  gehabt 
haben.  Das  Sabbatjahr  begann  mit  der  Saatzeit,  welche 
gewöhnlich  auf  das  Laubbütten  fest  (15. — 21.  Thishri)  folgte; 
um  es  mit  dem  Kalenderjahr  in  ein  gefälliges  Verhältniss 
zu  setzen,  wurde  seine  erste  Hälfte  der  zweiten  des  Kalender- 
jahres und  seine  zweite  dessen  erster  geglichen,  indem  als 
sein  Anfang,  wie  die  Mishna  im  Tractat  vom  Neujahr  (Rosh 
Hashanah  1,  1)  vorschreibt,  der  1.  Tag  des  7.  Monats  Thishri 
betrachtet    wurde.*)     Das    auf   das    7.   Sabbatjahr    folgende 

1)  ursprünglich  wohl  der  10.  Thiehri,  an  welchem  das  Ver- 
söhnungsfest  stattfindet;  mit  diesem  sollte  das  Jobeljabr  beginnen 
(3  Mos.  25). 


Die  Sdeükidenära  der  MakTcabäerbücher,  269 

Jobeljahr  sollte  ebenfalls  keine  Feldarbeit  sehen  und  nach 
ihm  ein  neuer  7 jähriger  Cyklus  anheben;  die  Vorschrift  ist 
aber  aus  begreiflichen  Gründen,  wenn  überhaupt,  in  dieser 
Beziehung  nur  selten  eingehalten  worden:  in  dem  Zeitraum, 
aus  welchem  das  Vorkommen  von  Sabbatjahren  bezeugt  wird, 
von  162  bis  36  v.  Chr.  finden  wir  den  7  jährigen  Cyklus 
ununterbrochen  eingehalten,  die  50  jährige  Jobelperiode  hat 
also  während  dieser  127  Jahre  nicht  bestanden. 

Im  Sommer  des  150.  Jahres  der  makkabäischen  Seleu- 
kidenära  war  ein  Sabbatjahr  im  Gang  (Cap.  II),  hatte  also 
im  Herbst  des  149.  Jahres,  der  hergebrachten  Ansicht  über 
diese  Aera  zufolge  im  Herbst  164  v.  Chr.  angefangen;  dazu 
stimmt,  dass  wenigstens  nach  Josephos  während  der  Be- 
lagerung Jerusalems  durch  Sosius  und  Herodes,  welche  vom 
Frühjahr  bis  zum  Herbst  37  dauerte,  in  Folge  der  Wirkungen 
des  Sabbatjahres  die  Lebensmittel  in  unzureichendem  Mass 
vorhanden  waren:  vom  Herbst  164  bis  zum  Herbst  38  v.  Chr., 
in  welchem  dieses  begonnen  hätte,  verlaufen  18  mal  7  = 
126  Jahre.  Dem  entspricht  es  auch,  dass  nach  einer  freilich 
spätrabbinischen  Notiz  die  Zerstörung  des  Tempels  durch 
Titus  im  August  70  in  das  Nachjahr  eines  Sabbatjahres 
gefallen  ist  und  dieses  demnach  im  Herbst  68  begonnen  hat: 
von  38  V.  Chr.  bis  dahin  sind  15  mal  7  =  105  Jahre.  Die 
Meldung  des  Josephos,  durch  welche  der  Anfang  eines  Sabbat- 
jahres in  das  178.  Jahr  der  makkabäischen  Aera,  also  um 
29  statt  28  Stellen  nach  dem  so  eben  genannten  149.  Jahr 
fallen  würde,  enthält  auch  noch  einen  andern  Fehler  und 
wird  daher  als  nicht  ausschlaggebend  betrachtet.  Aber  im 
Herbst  40  n.  Chr.,  in  welchem  (77  Jahre  nach  dem  Herbst  38 
V.  Chr.)  der  herrschenden  Ansicht  zufolge  ein  Sabbatjahr 
hätte  beginnen  müssen,  ist  dies,  nach  einer  anerkannt  sicheren 
Meldung  zu  schliessen,  keineswegs  der  Fall  gewesen.  Solche 
Fälle  hoffen  wir  noch  mehr  beizubringen  und  zugleich,  nach- 
dem der  im  ersten  Makkabäerbueh  aus  dem    150.  Jahr  be- 


270  Unger 

richtete  bereits  itn  gleichen  Sinn  erledigt  ist,  auch  an  den 
drei  andern  zu  zeigen,  dass  die  herkömmliche  Reduction  der 
makkabsÜschen  Seleukidenära  nicht  aufrecht  erhalten  werden 
kann,  sondern  um  1  Jahr  herabgesetzt  werden  muss.  Die 
Ernte  unterblieb  also  in  den  Jahren  nach  Christi  Geburt, 
deren  Zahl  durch  7  theilbar  ist,  z.  B.  im  J.  21,  35,  42,  70, 
in  der  vorchristlichen  Zeit  aber  in  denjenigen,  deren  Zahl 
ein  Siebenfaches  um  eine  Einheit  übersteigt,  z.  B.  vor  Christi 
Geburt  71,  43,  36,  22. 

Das  erste  Makkabäerbuch  schliesst  mit  der  Ermordung 
des  Hohenpriesters  Simon  durch  seinen  Eidam  Ptolemaios  im 
11.  Monat  des  177.  Jahres  (Jan./ Febr.  134,  vulgo  135),  dem 
Mordanschlag  gegen  seinen  Erben  Johannes  Hyrkanos  und 
dem  Versuch  des  Mörders,  Truppen  nach  Jerusalem  zu  werfen. 
Hyrkanos,  fahrt  Josephos  ant.  jud.  13,  7,  4.  bell.  jud.  1,  2,  3 
fort,  eilte  nach  Jerusalem  zu  kommen  und  ihm  wurde  das 
nächste  Thor  der  Stadt  geöffnet,  dem  Ptolemaios  aber  zur 
selben  Zeit  das  entgegengesetzte  verschlossen.  Dieser  zog 
sich  in  seine  Feste  Dagon  (1  Makk.  16:  Dok,  von  Jerusalem 
nicht  ganz  3  Meilen  entfernt)  zurück,  Hyrkanos  aber  hielt 
sich  in  Jerusalem  nur  so  lange  auf,  als  es  der  Antritt  des 
Hohenpriesteramts  sammt  den  ersten  Opfern  nothwendig 
machte;  dann  belagerte  er  die  Feste  und  würde  sie  auch  in 
Bälde  genommen  haben,  wenn  Ptolemaios  nicht,  so  oft  zum 
Stürmen  Anstalt  gemacht  wurde,  seine  (des  Hyrkanos)  Mutter 
und  Brüder  auf  die  Mauer  gebracht,  sie  zu  geissein  befohlen 
und  zu  tödten  gedroht  hätte.  Als  sich  so  die  Belagerung 
in  die  Länge  zog,  nöthigte  ihn  (angeblich)  der  Eintritt  des 
Sabbatjahrs,  sie  ganz  einzustellen,  ant.  13,  8,  1  hUnaxat  xö 
äQyov  hog  exeivo,  xad^  o  avjußalvei  rolg  'lovdaloig  dgyeiv; 
bell.  1,  2,  4  ivioxT)  x6  aqybv  exog,  o  xaxä  inxaexlav  ägyehai 
Tiagd  ^lovdaioig  ojuoicog  xaig  eßdofidoiv  rj/bieQaig.  Dass  jeg- 
liche, nicht  bloss  die  Feldarbeit  im  Sabbatjahr  verboten  ge- 
wesen sei,  ist  ein  grober  Irrthum,  welcher  auf  gedankenlose 


Die  Seleukidenära  der  Mdkkäbäerhücher,  271 

Benützung  einer  griechischen  Quelle  zurückgeführt  wird, 
8.  Schürer  I,  30.  Wie  erklärt  sich  aber  der  andere  Irrthum, 
den  Anfang  des  Sabbatjahres,  welches  im  177.  Aerajahr 
(28  Stellen  nach  dem  149.)  eingetreten  sein  muss,  in  das 
darauf  folgende,  also  in  das  178.  Jahr  zu  verlegen?  Nach 
unserer  Ansicht,  welche  sich  beim  J.  37  v.  Chr.  bestätigen 
wird,  daraus  dass  Josephos^)  wie  von  den  Eigenschaften  so 
auch  von  den  Grenzen  des  Sabbatjahres  keine  sichere  Kenntniss 
hat:  er  lässt  es  gleich  dem  Kalenderjahr  am  1.  Nisan 
beginnen.  Die  vom  Tod  Simons  bis  dahin  geschehenen 
Ereignisse  lassen  sich  in  ungefähr  1^/a  Monaten  sehr  wohl 
unterbringen.  Die  Belagerung  aufzugeben  wurde  Hyrkanos 
zunächst  durch  die  moralische  Unmöglichkeit,  durch  Sturm 
zum  Ziel  zu  kommen,  aber  ohne  Zweifel  auch  durch  die 
Erwartung  genöthigt,  dass  der  König  Antiochos,  der  die 
Niederlage  seines  Strategen  Kendebaios  rächen  musste  und, 
von  Ptolemaios  gerufen,  nun  auch  den  jüdischen  Bürgerkrieg 
ausnützen  konnte,  demnächst  mit  Heeresmacht  erscheinen 
werde.  Die  drohende  Gefahr  einer  Belagerung  Jerusalems 
rieth,  mit  den  Vorräthen  des  Sabbatjahres  haushälterisch 
umzugehen  und  so  viele  als  nur  möglich  in  der  Hauptstadt 
anzusammeln.^)  Dass  Antiochos  nicht  sogleich  kam,  erklärt 
sich  aus  den  Vorgängen  in  Syrien:  frühestens  Ende  Fe- 
bruar 134  (vgl.  Cap.  II  zum  177.  Jahr)   gab  sich  Tryphon 


1)  Wer  ihm  folgt,  muss  den  Abzug  des  Hyrkanos  auf  den  An- 
fang des  Thishri,  also  7—8  Monate  nach  seinem  Regierungsaniritt 
setzen;  in  sein  erstes  Jahr  fiel  aber  auch  der  Einmarsch  des  An- 
tiochos, welcher  längere  Zeit  (s.  oben  im  Text)  nach  dem  Abzug  und 
nngef&hr  ein  paar  Monate  vor  dem  Beginn  der  Regenzeit  (Mitte  No- 
vember) stattgefunden  hat;  dazu  passt  nicht  der  1.  Thishri,  wohl 
aber  sehr  gut  der  1.  Nisan  als  Zeit  jenes  Ereignisses. 

2)  In  der  That  erhellt,  dass  er  dies  in  umfassendster  Weise 
(wohl  hauptsächlich  durch  Ankauf  bei  den  Grenznachbarn)  gethan 
hat,  aus  der  langen  Dauer  der  Belagerung,  welche  Jerusalem  aus- 
gehalten hat. 


272  Unger 

den  Tod,  dann  nahm  ihn  die  Ordnung  der  Verhältnisse  in 
und  um  Apameia  in  Anspruch.  Nach  dem  Abzug  des  Hyr- 
kanos  ermordete  Ptolemaios  die  Mutter  und  die  Brfider  des- 
selben, dann  floh  er  nach  Philadelpheia;  der  zeitlich  unver'- 
mittelte  Anschluss  des  Berichtes  über  den  Einmarsch  des 
Königs  Antiochos  (ant.  13,  8,  2  *Avtu)xog  ök  ,  ,  .  elg  ttjv  'lov- 
daiav  hißaXev)  lässt  vermuthen,  dass  von  der  Flucht  des 
Ptolemaios  bis  dahin  einige  Monate  vergangen  waren.  Jo- 
sephos  setzt  ihn  in  das  4.  Jahr  des  Königs,  das  1.  des  Hyr- 
kanos  und  in  Ol.  162  (Juli  132—128  v.  Chr.).  Das  Olym- 
piadendatum ist  falsch:^)  da  Antiochos  zuerst  das  Land  ver- 
heert und  dann  länger  als  ein  ganzes  Jahr  Jerusalem  be- 
lagert hat,  so  würden  wir  mit  der  Eroberung  der  Stadt 
frühestens  in  den  Herbst  131  kommen;  aber  im  Frühling  131 
zog  schon  Hyrkanos  mit  Antiochos  als  dessen  Vasall  in  den 
Partherkrieg.  Das  erste  Jahr  des  Hyrkanos  ging  im  Januar/ 
Februar  133  zu  Ende,  das  vierte  des  Antiochos  im  Sommer- 
halbjahr 134:  er  war  im  174.  Jahr  sowohl  der  eigentlichen 
als  der  makkabäischen  Seleukidenära  zur  Regierung  ge- 
kommen, also  zwischen  dem  1.  Nisan  (10.  April)  und  1.  Dios 
(4.  Okt.)  138.  Nach  Verwüstung  des  Landes  schloss  er  die 
Stadt  ein,  richtete  aber  lange  Zeit  nichts  aus,  Anfangs  auch 
wegen  Wassermangel,  welcher  sich  erst  beim  Untergang  der 
Pleiade,  also  zu  Beginn  des  Winters,  d.  i.  der  Regenzeit  gegen 
Mitte  November  (134)  hob.  Endlich  trat  in  der  Stadt  Lebens- 
mittelnoth  ein,  welche  nach  einem  siebentägigen,  wegen  des 
Laubhüttenfestes  (22.-28.  Okt.  133)  bewilligten  Waffen- 
stillstand die  Uebergabe  zu  Weg  brachte.  Das  falsche  Datum 
derselben  bei  Porphyrios:  Ol.  162,  3  ist  in  Anbetracht  der 
häufigen  Verwechslung  von  TtQcbrog  mit  xqlxog  in  Ol.  162,  1 
(Okt.   133 — 132)  zu  verbessern;  im  Text  einer  Anmerkung 


1)  Auch  ant.  14,  14,  5  findet  sich  ein  falsches:   Ol.  184  st.  186 
(Ende  40  v.  Chr.). 


IHe  Meukidenära  der  MakkäbäerbüOter.  273 

des  eosebischen  Kanons  wird  OL  162  für  sie  ansdrücklich 
angegeben,  ist  also  wie  alle  Data  dieser  Art  nicht  bloss  anf 
die  (oft  yerkehrte)  Rechnung  des  Eosebios  gestellt,  sondern 
einer  seiner  Qnellen  entlehnt;  in  beiden  Uebersetzungen  ist 
die  Notiz  bei  dem  Datum  OL  162,  1  angebracht  und  die 
Quellen,  aus  deren  einer  oder  der  andern  Eusebios  hier  ge- 
schöpft haben  kann:  Kastor,  Thallos,  Phlegon,  Gassi us  Lon- 
ginus,  Julius  Africanus  berechnen  sammtlich  wie  Eusebios 
selbst  die  Olympiadenjahre  nach  makedonischem  Kalender, 
s.  Gap.  y.  Der  gewöhnlichen  Rechnung  zufolge  wflrden 
mit  dem  Sabbatjahr  alle  diese  Data  um  1  Jahr  früher,  die 
Einnahme  Jerusalems  also  in  Ende  Oktober  184,  d.  i.  in 
OL  161  faUen. 

Zu  Ostern  65,^)  unmittelbar  vor  der  Ankunft  des  M.  Ae- 
milius  Scaurus,  zahlten  die  mit  Aristobulos  von  Hyrkanos  II. 
und  dem  Nabatfterkönig  Aretas  auf  dem  Tempelberg  be- 
lagerten Priester  den  Feinden  fQr  die  üeberlassung  von  Opfer- 
thieren  den  ungeheuren  Preis  von  je  1000  Drachmen,  er- 
hielten aber  trotzdem  die  Thiere  nicht;  zur  Strafe  kam  ein 
schreckliches  Unwetter,  welches  alle  Feldfrüchte  vernichtete, 
Jos.  ant.  jud.  14,  2,  2.  Wäre  jetzt,  wie  es  die  gewöhnliche 
Berechnung  verlangt,  ein  Sabbatjahr  im  Gang  gewesen,  so 
würde  der  Sturm  keine  Feldfrucht  vorgefunden  haben;  ein 
solches  begann  vielmehr  im  Herbst  65. 

Im  Jahr  37  wurde  die  Einnahme  Jerusalems  5  Tage 
vor  dem  Laubhüttenfest,  am  Fasttag  d.  i.  Yersöhnuugstag 
(10.  Thishri)  durch  Erstürmung  des  inneren  Tempelvorhof  es 
und  der  Oberstadt  vollendet,  Jos.  ant.  14,  16,  4;  in  den  letzten 
Monaten  hatten  die  Lebensmittel,  'weil  man  im  Sabbatjahr 
stand',  nicht  ausgereicht,  ant.  14,  16,  2.  Trotz  der  ausdrück- 
lichen Angabe  des  Tagdatums   (tß  ioQTJj  rrjg  vtiarelag)   wird 


1)  Clinton  f.  hell,  m,  845  ig.    SchOrer  I,  285. 

ISW.  SMBUigril.  d.  phO.  o.  hUL  OL  18 


274  Unger 

das  Ereignifis  in  den  Sommer,  etwa  Juli^)  97  geaetzi,  weil  die 
Belagerung,  sobald  es  die  Jahreszeit  erlaubte  (ant.  14,  15,  12 
Xiqiavtog  tov  x^ifiojvog,  bell.  1,  17,  4  ixoqf/ioavxog  xov  x^^ 
ßuovog)^  wahrscheinlich  im  Februar,  spätestens  im  März  an- 
gefangen und  5  Monate  gedauert  habe  (bell.  1^  18,  2);  Jo* 
sephos  scheine  die  Erwähnung  eines  Festtages  in  seinen  heid* 
niscben  Quellen  irrthümlich  auf  den  Versäinungstag  bezogen 
zu  liaben;  gemeint  sei  der  Säbbat  gewesen,  welcher  in  der 
griechisch-römischen  Welt,  z.  B.  bei  Suetonius  Aug.  76,^) 
für  einen  Fasttag  gegolten  habe;  nach  Dio  Cassius  49,  22 
geschah  die  Einnahme  in  der  That  an  einem  Samstag,  ir  xfj 
Kqövov  ^iiAiQq.  S.  Schürer  I,  293.  Winters  Ende,  d.  L 
Frühlings  Anfang  wird  indess  von  den  öeschichtschreibern, 
der  Volksanschauung  entsprechend,  auf  die  Nachtgleiche 
gesetzt,  s.  Frühlings  Anfang,  Fleckeisens  Jahrbb.  1890.  Die 
Juden  rechneten  der  Mishna  zufo^e  die  Regenzeit  vom  Laub- 
hüttenfest bis  Passa,  also  bis  15,  Nisan,  oder  auch  bis  Ende 
Nisan,  s.  Schürer  I,  297,  der  auch  Jos,  bell.  4,  8,  1  ind  ji^r 
ägxrjv  xov  iaqog  mit  dem  4.  D7si»*os  a.  a.  0.  4,  7,  3  zu- 
sammenhält: an  diesem  Tag  (dem  37.  Februar  68,  Akad. 
Sitzungsb.  1893,  II,  478)  zog  Vespasian  in  Qadara,  der 
Hauptstadt  von  Peräa,  ein  und  verliess  die  Landschaft  nach 
langem  Aufenthalt  mit  'Frühlings  Anfang^  Dazu  kommt, 
dass  jene  5  Monate  nicht  mit  Winters  Ende,  sondern  mit 
einem  späteren  Zeitpunkt   beginnen.     Damals,  gegen  Ende 

1)  So  auch  Eromayer,  Forschungen  zur  Gesch.  des  2.  Trium- 
virats Hermes  XXIX  (1894),  S.  668—571.    [Vgl.  den  Nachtrag.] 

3)  Wohl  ein  yereinzelter  Fall;  aonH  wissen  die  Schriflstellev 
nur,  dass  am  Sabbat  nicht  gearbeitet  wurde,  daher  benStzte  Pompeias 
die  Sabbate  zum  Stürmen  (Jos.  ant.  14,.  4,  3.  Dio  Gass.  87,  16)^  Den 
Versöhnungstag,  an  welchem  er  .ferusalem  einnahm.,  nennt  auch 
Strabon  (p.  768)  r^v  xijg  vrjoreiag  ^fiSgav;  er  führte  diesen  Namen 
xar*  i^ox^v,  weil  die  andern  Fasttage  erst  spät  eingeJfUhrt  worden 
waren,  und  überall,  wo  derselbe  schlechthin  als  Tagdatum  angeführt 
wird,  bezeichnet  er  dem  entsprechend  den  10.  Thisbri,  s.  Sehürerl,  239. 


Die  SeUukidenära  äefMdkkdbäerbücker,  275 

M&rz  37  legte  sich  Herodes  vor  Jeriisalem  und  begann  dröi 
Wälle  mit  Belagerungsthünneii  zu  baaen;  dann  yerlieas  er 
das  Lager,  um  in  Samareia  Hochzeit  zn  halten;  nach  ihr 
kam  der  Legat  Sosios  knit  Reitern  und  Fu^7olk  über  Pfaoe? 
nicien  heran,  nachdem  er  die  Hauptmasse  des  ohne  die  Bundes*: 
genossen  aus  1 1  Legioneü  und  6000  .  Beitera  bestehenden 
römischen  Heeres  die  Binqenstrasse  hatte  einschlagen  lassen; 
ZQ  ihm  stieas  Herodes  mit  einem  neuen  Heer  von  30000  Mann^ 
dessen  Beschaffung  sicher  nicht  wenige  Tage  gekostet  hatte; 
in  Judaa  trafen  diese  Schaaren  zusammen  und  rückten  vor 
die  Nordseite  Jerusalems,  um  die  Belagerung  zu  beginnet), 
Jos.  ant.  U,  15,  14—15,  1,  1;  bell.  1,  17,  7—8.  Von  hie? 
ab  laufen  die  5  Monate  und  sie  gehen  überdies  nur  bis  zur  £in-r 
nähme  der  äusseren  Stadtmauer,  bell.  1,  18,  2  xtfkiHavttjg^) 
dwdfieoK  TtSQiKO&eJiofi&yfig  n&ne  fAtfol  diifyeyxov  tijv  noXi- 
ogxlav,  Sgk  twv  'Hgcidov  rivkg  inikixjcov  (40  Tage  nach 
B^nn  der  Bescbiessung,  ant.  14,  16,  2)  inißfjvai  xov  relxovg 
&agQ^oavT€s  eknbttavoiv  eis  triv  TtöXiv;  auf  die  letzten 
Stadien  dier  Einnahme  beziehen  sich  die  nächsten  Worte: 
iq>*  oZc  (15  Tage  darnach,  ant.  a.  a.  0.)  ixarortd^x^^  2oaiov\ 
nQ&fta  fikv  QÜyv  xä  ntQi  xb  legAv  fjUanexo,  Bis  zum  Abschluss 
der  Eroberung  dauerte  die  Belagerung  von  demselben  Zeit-^ 
punkt  ab  6  Monate,  bell.  5,  9,  4  'HQ<odi]g  fikv  .  .  .  26oiov, 
Z6ouK  dk  'Pco/iiaiayy  atgaxiw  ijyaye '  TUQiaxe&ivxBg  d'  &ri  /jiijvag 
Si  biohoQxovvxo,  jiiixQi  iäXioaav.  Den  Abschluss  setzt 'Jo- 
sephos  ant.  14,  16,  4  in  den  dritten  Monat,  um  die  zeitliche 
Aehnlichkeit  mit  der  Belagerung  des  J.  63  zu  yergrössem: 
er  fügt  nach   x(p  xgkcp  fji,i]vl,  xfj  ioQxß  ,t^g  vtjtnelag   hinzu: 


1)  Besieht  sich  zurück  auf  c.  17,  9  owa^QOKf&siarfs  (durch  Ver- 
einigong  des  Soaias  und  seines  grossen  Heeres  mit  Herodes  und  seinen 
nach  der  Hochzeit  verstärkten  Trappen)  Ttjg  oXrjg  dvvdfiecog  slg  evSexa 
fihv  xiXrj  sititÖv  bauTg  de  i^axigx^iovg  dlxo-  f^y  ojio  2vQlag  ovf*fidx(ov ; 
dann  wird  c.  18,  1  die  Wirkung,  geschildert,  welche  das  Erscheinen 
dieser  ungeheuren  Macht  auf  das  Volk  in  Jerusalem  machte, 

18* 


276  Üfigef 

AontQ  bc  nsQixQonfjg  T^g  ycvofihnjg  bil  IIoßjmi]tov  avßjupoQog' 
xal  yäg  in^  ixdvov  xfj  ainfj  ^/iiß<f^  fMjä  hi]  Bbtooiemd  (beide 
Grenzjahre  eingezählt);  dass  jene  im  Herbst  63  beendigt 
wurde,  ist  in  Fieckeisens  Jahrbb.  1884,  S.  375  und  auf 
anderem  Wege  von  Schfirer  I,  240  erwiesen;  es  geschab 
nicht  bloss  nach  ant.  14,  4,  3  negl  xQtxw  fAtjva,  bell.  1,  7,  3 
tqhcp  jnfjvl,  5,  9,  4  rgial  /lAtjol,  sondern  auch  nach  Eutropins 
6,  14  tertio  mense,  genauer  nach  Orosius  6,  6  vix  tertio 
mense.  Treffend  rechnet  SchOrer  nach  dem  Vorgang  Herz- 
felds das  TQctq}  fAt/vl  des  J.  37  vom  Beginn  der  Beschiessung 
ab;  zu  den  40  und  15  Tagen  (S.  275)  kommt  noch  die  nicht 
angegebene  Dauer  der  Belagerung  des  Tempelberges.  Da 
die  Stelle,  an  welcher  die  6  Monate  erwähnt  werden,  einer 
auf  Ermuthigung  der  Juden  berechneten  Bede  angehört,  so 
ist  der  sechste  als  angebrochen,  höchstens  als  kaam  vollendet 
zu  nehmen,  der  Beginn  der  Belagerung  durch  Sosius  also 
in  die  Zeit  um  den  20.  Nisan  ==  22.  April  37  zu  setzen; 
der  10.  Thishri^)  fiel,  da  ein  wahrer  Neumond  am  24.  Sep- 
tember Mittags  1  Uhr  17  Min.  Jerusalemer  Zeit  eingetroffen 
ist  und  der  1.  Thishri  demnach  dem  26.  (27.)  September 
entsprochen  hat,  auf  den  5.  (6.)  Oktober  37,  einen  Mittwoch 
(Donnerstag);  Dio  Cassius  hat  das  Wort  Sabbat,  welches 
nicht  bloss  auf  den  Samstag,  sondern  auch  auf  jeden  hohen 
Feiertag  angewendet  wurde,  missyerstanden.  Auch  die  Er* 
oberung  durch  Pompeius  setzt  er  37,  16  auf  den  Kronostag; 
ein  wahrer  Neumond  ereignete  sich  im  J.  63  am  12.  Sep** 
tember  Mittags  4  Uhr  3  Min.  Jerusalemer  Zeit,  der  1.  Thtshri 
fiel  also  auf  den  14.  (15.),  der  10.  Thishri  auf  23.  (24.)  Sep- 
tember 63,  einen  Sonntag  (Montag);  Dio*8  Behauptung  würde 
stimmen,  wenn  das  Ereigniss  am  Samstag  Abends  geschehen 
wäre   (was  auf  das  ebenfalls  als  Kronostag  von  Dio  66,  7 


1)  Die  von  Eromayer  und  Gardthansen  adoptirte  Oleicbmig  mit 
dem  S.  Okt.  87  beruht  auf  der  irrthümlichen  Voraassetzaiig,  der 
jfidiacbe  Monat  habe  mit  dem  Tag  des  wahren  Nenmonds  begonnen. 


Die  Sdeukidenära  der  Makkabäerbüeker.  277 

be/ieichnete  Datum  der  Eroberung  durch  Titos  vielleicht  zu- 
trifft, s.  Akad.  Sitzungsb.  1893,  II,  484),  es  geschah  aber 
nach  Jos.  ant.  14,  4,  8  bei  eiuem  der  zwei  taglichen  Brand- 
opfer der  Gemeinde,  yon  welchen  das  eine  früh,  das  andere 
3  Stunden  vor  Sonnenuntergang  dargebracht  wurde,  yermuth- 
lieh  während  des  zweiten.  —  Bestätigt  wird  der  10.  Thishri 
des  J.  37  als  Datum  der  Einnahme  Jerusalems  durch  eine  nicht 
beachtete  Angabe  des  Hohenpriesterverzeichnisses,  welches 
mindestens  von  Herodes  Zeit  an  (Schfirer  I,  65)  aus  priester- 
lichen Urkunden  geschöpft  ist,  ant.  jud.  20,  10,  4  rgla  htj 
xal  vgelg  ßitjvag  ägiavta  rovzov  (den  Antigonos)  26ai6g  re 
xal  'HQcidijg  i^enoXiÖQxtjaav:  Antigonos  war  nach  ant.  14, 
13,  4.  10  im  J.  40  geraume  Zeit  nach  Pfingsten  (7.  Sivan) 
eingesetzt  worden;  die  drei  Sfonate  ffihren  vom  10.  Thishri 
zurück  auf  (ungefähr)  den  10.  Thammuz.  Auch  an  sich  ist 
es  nicht  wahrscheinlich,  dass  Josephos,  da  sein  Hauptgewährs- 
niann  wenigstens  für  die  Zeiten  des  Herodes  dessen  Geheim- 
Schreiber  war,  sich  über  das  Ealenderdatnm  eines  so  hervor- 
ragenden Ereignisses  im  Irrthum  befunden  habe. 

Wer  jn  der  Angabe  des  Josephos,  dass  die  Belagerung 
Jerusalems  in  einem  Sabbatjahr  vor  sich  gegangen  sei,  den 
Beweis  findet,  dass  im  Herbst  38  ein  solches  angefangen 
habe,  der  übersieht,  dass  jener  in  der  Geschichte  der  Tage 
nach  der  Eroberung  sich  selbst  des  Irrthums  überführt,  ant. 
15,  1,  2  Tiigag  xe  xaxdry  oidh  ^r"  rd  jukv  yäg  ^  nXeove^ia 
rcv  xQazovvtog  di€q>6Q€i  h  XQ^^  yevofiivov,  xrjv  di  x^Q^^ 
/liretv  dyeiOQytjTOv  tö  ißdojuiauxdv  ^dyxaCev  hog '  Iveiari^xet 
ydg  T&te  xal  anelgeiv  h  ixelvq)  ttjv  yrjv  änriyoQBVfiivov  iarlv. 
Unmittelbar  nach  dem  Laubhüttenfest  des  15.— 21.  Thishri 
pflegte  man  an  die  Aussaat  zu  gehen  und  da  mit  oder  in 
dem  Thishri  das  Sabbatjahr  anfing,  so  bezeugt  Josephos  hier, 
dass  es  im  Herbst  37,  nicht  38  begonnen  hat,  und  wenn  er 
jenes  vor,  in  und  nach  dem  Thishri  im  Gang  befindlich 
glaubt,  so  erhellt,  dass  er  yon  dem  Bestehen  einer  besonderen 


278  Öfi0er 

Anfangsepoche  desselben  nichts  weiss,  es  also  wie  ein  jedes 
andere  mit  dem  Nisan  beginnen  lässt. 

Im  13.  Jahr^)  des  Herodes  (1.  Nisan  25—24),  schrabt 
Josephos  ant.  15,  9,  1,  traten  Zustilnde  anhaltender  Dttrre  ein 
{aixfAol  öitiveHeTg  lylvovro),  so  dass  der  Beden  keine  Früchte, 
nicht  einmal  wild  wachsende,  hervorbrachte;  dann  ersseagte 
die  veränderte  Nahrangsweise  Krankheiten  und  Seuchen; 
nachdem  aber  die  Jahresfracht  verloren  und  die  Vorrathe 
vollständig  aufgezehrt  waren,  besass  man  auch  kein^i  Samen 
(<bg . '. .  ikoX(oXivai  xal  rä  onigfiaxa),  daher  das  Unheil  sich 
nicht  auf  jenes  Jahr  beschränkte.  D&r  Ernte  des  Jahres  25 
hatte  die  Dürre  keinen  Schaden  thnn  ISnnen:  der  1.  Nisan 
fiel  auf.  den  21.  März  (wahrer  Neumond  19.  März  Mittags 
11  Uhr  37  Min«  Jenisalemer  Zeit),  die  Frühlingsgleiche  auf 
den  22.  Märe  Mittags  ca.  11  Uhr,  der  Anfang  der  Gersten- 
ernte  um  den  2.  April  frühestens;  diese  konnte  von  der 
Dürre  gar  nicht,  die  Weizenernte  nur  insofern  beeinflusst 
werden,  als  die  Körner  bald  ausfielen  und  der  Schnitt  dess- 
wegen  beschleunigt  werden  musste.  Die  Dürre  schadete 
durch  ihre  Fortdauer  während  der  zweiten  Fälfte  jenes 
Jahres,  d«  i.  während  der  Regenzeit,  diese  brachte  keinen 
Regen  und  im  Frühling  24  gab  es  daher  keine  Ernte,  im 
H9rbst  24  aber  kein  Samenkorn.  Doch  hier  half  die  Um- 
sicht des  Herodes.  Er  liess  (ant.  15,  9,  2),  weil  das  Uebel 
auch  die  Nachbargegenden  ergriffen  hatte  und  das  Oetreide 
sehr  theuer  geworden  war,  allen  Gold-  und  Silberschmnck 
seines  Hofes,  selbst  die  werthvoUsten  Kunstarbeiten  zusammen- 
schlagen und  Geld  daraus  prägen,  schickte  es  nach  Aegypten 
und  kaufte  dort,  in  jeder  Weise  von  dem  befreundeten  neuen 
Statthalter  Petronius  gefordert,  grosse  Massen  Getreide  zu- 
sammen, sorgte  für  gerechte  Vertheilung,  liess  für  alte  oder 


T 

1)  Die  R^gierungsjahre  des  Herodes  wurden  Von  dem  1.  Kisan 
des  J.  87  ab  geKablt^  ».  Schftrer  I,  844. 


Die  Sdeukidenära  der  JUakkabäerbüeher.  279 

gebrechliche  Personen.  Brod  backen,  emithrte  bis  zut  Ernte 
50000  Menschen  und  stattete  die  Armen  den  ganzen  Winter 
hindurch  mit  warmer  Kleidung  aus,  weil  auch  die  Herden 
gefallen  waren  und  es  ihnen  daher  an  Wolle  fehlte  (bufUXEtav 
xai  zov  fiff  diaxei(*doai  fteiä  xivdvycov  aizoiis  hiot^aaio  ttzL). 
Dies  war  also  der  Winter  24/23.  Hieraus  erhellt  die  Un- 
richtigkeit der  herrschenden  Ansicht,  welcher  zufolge  im 
Herbst  24  ein  Sabbatjahr  begonnen  hätte  und  gar  nicht 
gerät  worden  wäre;  in  diesem  Falle  würde  der  üeberschnss 
der  £mte  des  FrBhjahrs  25  nicht  ezportirt  sondern  surllck- 
behalten  worden  sein,  so  dass  man  statt  wie  gewChnlieh  bis 
Pfingsten  (24)  noch  aof  eine  Reihe  von  Monaten  Vorrath 
gehabt  und  was  später  fehlte,  eingeföhrt  hätte. 

Das  Sabbatjahr  begann  demnach  im  Herbst  23,  nicht  24; 
der  üeberschnss  der  Ernte  von  25  war  im  Sommer  verkauft, 
der  Rest  theils  im  Herbst  25  gesät  theils  bis  Mitte  24  auf" 
gezehrt  worden;  dann  stellte  sich  die  Noth  ein,  weil  im 
Winter  26/24  nichts  gewachsen  war,  und  ab  im  Herbst  24 
die  Aussaat  für  eine  auf  fast  2  Jahre  ausreichende  Erntet 
stiU^tfinden  sollte,  war  kein  Samenkorn  erübrigt.  Eine  auf- 
faltende Handlung  des  Herodes  lässt  erkennen,  daas  wirklich 
im  nächsten  Berb^  23  wegen  des  in  ihm  beginnenden  Sabbat- 
jabree  nicht  hat  gesät  werden  sollen.  Dass  Herodes  so  emsig 
der  Noth  seinem  Volkes  steuerte,  ist  leicht  erklärlich;  aber 
was  gingen  ihn  die  syrischen  Kachbarstädte  an,  welchen  er 
ebenfEjls  Samenkörn  und  fiberbanift  100000  Medimnen  Ge- 
treide verabreichte,  während  sein  ganzes  Volk  800000  erhielt. 
Bei  der  erbarmungslosen  Härte  seines  Charakters  ist  das  eine 
ebenso  wie  das  andere  nur  auf  Berechnung  zurOckeuföhren : 
selbst  von  dem  mildherzigsten  Regenten  ei 
Niemand  erwartet  haben,  dass  er  mit  a 
ftlr  eine  auswärtige  Bevölkerung  gesorgt 
mit  Rücksicht  darauf,  dasa  im  Spätjahr  2 
wen  durfte  utid  demnach   Tom   Spätsommi 


280  ünger 

an  zum  guten  Theil  auf  gekauftes  Oetpeide  angewiesen  war; 
unterstützte  er  im  J.  24  die  Nachbarn  nieht,  so  hatten  diese 
keinen  Ueberschuss  an  die  Juden  zu  yerkaufen«  Getrdde 
war  bis  in  das  späte  Alterthum  ein  Bauptausfohrartikri  Palä- 
stinas; in  der  früheren  Zeit,  als  die  Bevölkerung  weniger 
dicht  war,  muss  der  ausführbare  Ueberschuss  dem  Bedflrfnias 
eines  ganzen  Jahres  genügt  haben,  nur  unter  dieser  Voraus- 
setzung begreift  man  das  Bestehen  des  Sabbatjahrgesetzes 
und  in  der  noch  früheren  Zeit,  da  es  gegeben  wurde,  mag 
er  (yielleicht  begünstigt  durch  die  Hörigkeit  der  im  Norden 
zurückgebliebenen  Heiden)  bei  noch  geringerer  Menge  der 
Juden  so  bedeutend  gewesen  sein,  dass  man  alle  50  Jahre 
das  Säeverbot  sogar  auf  zwei  aufeinanderfolgende  Herbste 
ausdehnen  konnte.  Dagegen  162  r.  Chr.  reicht  das  Getreide 
des  Vorjahres  nicht  weiter  als  bis  in  den  Hochsommer. 

Im  Herbst  40  n.  Chr.  erhielt  der  Statthalter  von  Syrien 
den  Befehl^  die  Hälfte  seines  Heeres  nach  Palästina  zu  f&hrea 
und  das  Gebot  des  Kaisers  Caligula,  sein  Bildniss  im  Tempel 
aufzustellen,  nothigenfalls  mit  Waffengewalt  zur  AusfELhrung 
zu  bringen;  in  Tiberias,  wo  er  Halt  machte,  strömte  eine 
nach  Zehntausenden  zählende  Menge  Juden  mit  Weib  und 
Kind  zu  Beginn  der  Saatzeit  zusammen  und  flehte  40  Tage 
lang  fuesfällig  um  Abwendung  des  drohenden  Unheils,  so 
dass  zu  fürchten  war,  die  Bestellung  der  Aeeker  des  Landes 
könne  ganz  unterbleiben,  Jos.  bell.  2,  10,  5.  ant.  18,  8,  3. 
Der  Eintritt  des  Sabbatjahres  war  also  im  Herbst  40,  in 
welchen  er  der  gewöhnlichen  Ansicht  zufolge  gefallen  wäre, 
nicht  zu  erwarten. 

An  zwei  Stellen  der  Mishna  und  in  einer  ungefähr  zu 
gleicher  Zeit  (im  Ausgang  des  zweiten  Jahrhunderts  n.  Chr., 

8.  Schürer  I,  95)  oder  später  rerfassten  geschichtlichen  Schrift 
wird  behauptet,  die  Zerstöning  des  Tempels  durch  Titus  am 

9.  Ab  (ss  5.  Aug.)  70  sei  im  Nachjahr  des  Sabbatjahres 
geschehen,  s.  Schürer  I,  29;  demnach  würde  im  Herbst  68 


Die  Sdeukidenära  der  Makkabäerhücher.  281 

nicht  gesät  und  im  zweiten  Viertel  von  69  nicht  geemtet 
worden  sein.  Dass  es  dennoch  geschehen  ist,  geht  aus  Jos. 
bell.  jnd.  4,  9,  7  hervor.  In  den  ersten  Monaten  des  J.  69, 
etwa  im  Februar  (vgl.  4,  9,  2.  12),  verwüstete  der  Zelot  Simon 
mit  einem  grossen  Heer  ganz  Idumäa,  dessen  Einwohner  129 
oder  128  v.  Chr.  das  mosaische  Gesetz  angenommen  hatten 
und  sich  selbst  als  Juden  betrachteten,  so  vollständig,  dass 
er  nur  Wüsteneien  zurflckliess:  rd  jukv  i/Lmmgcovreg  xä  dk 
xcaaaxdjrtoyreg,  näv  dk  rd  nefpvxög  ävä  tijv  xtb^v  fj  ov/i- 
natoüvieg  rjqHiviCov  fj  vefxöfJLevoi  xal  rifv  ivsQyov  ind  xijg 
noQtfag  OHkfiQoxiQav  inotow  xrjg  AxdQnov. 

IV.  Die  Aera  des  zweiten  BtichB. 


Im  zweiten  Makkabäerbuch  wird  an  den  wenigen  Stellen, 
welche  das  Jahrdatnm  eines  erzahlten  Ereignisses  geben,  eine 
von  der  Aera  des  ersten  Buches  wenig  oder  gar  nicht  ab- 
weichende Zählung  befolgt,  ohne  dass  man  erfahrt,  von 
welchem  Staat  sie  ausgegangen  ist.  Die  meisten  älteren 
Forscher  nehmen  eine  halbjährige  Abweichung  von  der  Aera 
des  ersten  Buches  an,  indem  sie  die  des  zweiten  nicht  mit 
dem  Nisan  sondern  gleich  der  eigentlich  seleukidischen  erst 
mit  dem  Thishri  312  beginnen  lassen;  Ideler  eine  1^/% jährige, 
Jahr  1  =  Thishri  311—310.  Gleiche  Epoche  für  beide 
Bücher   stellen   die   andern   auf:    Clinton,    dem   Schlatter, ^) 


1)  Er  h&lt  Jason  (von  dessen  Werk  das  Bach  laut  c.  2  ein 
Auszug  ist)  auch  ftlr  die  Hanptquelle  des  1.  Buches  und  sucht  die 
Schwierigkeiten,  welche  Clintons  Ansicht  macht,  zum  Theil  durch 
die  Annahme  zn  lOsen,  der  Verfasser  jenes  Buches  setze  zwar  den 
1.  Nisan  812  als  Anfangaepoche  seiner  Aera  voraus,  hahe  aber  mit 
ihr  oft  Jasons  Aera  Terwechselt,  welche  die  eigentlich  seleukidische 
gewesen  sei.  Die  scharfsinnigen  und  feinen  Beobachtungen,  an  deren 
Hand  er  yiele  Angaben  des  einen  Buches  zur  Ergänzung  der  im 
andern  gegebenen  Berichte  bentitzt,  behalten  ihren  Werth  auch  ohne 
diese  Hypothesen. 


282  ünger 

Jason  von  Kyrene,  München  1891  (Festschrift  der  theol.  Fa- 
kultät zu  Greifswald)  folgt,  den  1.'  Thishri  812,  die  andern, 
wie  Grimm  zu  2  Makk.  13,  1  (im  Exegetischen  Handbuch  zu 
den  Apokryphen,  4.  Lieferung,  1857)  und  Schürer  I,  38,  den 

I.  Nisan  312.  Die  Verschiedenheit  der  Meinungen  bat  zwei 
Ursachen:  die  Yerkennnng  der  Aera  des  ersten  Buches  und 
die  irrige  Voraussetzung,  dass  die  Data  der  im  zweiten  (c.  11) 
mitgetheilten  Briefe  syrischer  Regenten,  welche  selbstver^ 
ständlich  keiner  andern  als  der  eigentlichen  Seleukidenära 
angehören,  auf  derselben  Jahrzählung  beruhen  wie  die  im 
erzählenden  Text  angegebenen.  Diese  folgen,  wie  von  >oni 
herein  zu  erwarten  steht  und  auch  nachgewiesen  werden 
kann,  der  nämlichen  Aera  wie  die  des  ersten  Buches;  durch 
Irrungen   über  Sinn   und    Inhalt  der   vier  Aktenstücke  des 

II.  Capitels  und  ihr  Verhältniss  zur  Erzählung  beider  Bücher 
sind  manche  Erklärer  veranlasst  worden,  sie  für  Fälschungen 
zu  erklären. 

Im  149.  Jahr  erfuhr  Judas,  dass  Antiochos  Eupator 
mit  einem  grossen  Heer  gegen  Judäa  heranziehe,  2  Makk.  13; 
im  151.  Jahr  begab  sich  ein  Gegner  des  Judas,  Alkimos  zu 
dem  neuen  König  Demctrios,  um  seine  Ernennung  zum 
Hohenpriester  zu  betreiben;  seine  Bitte  wurde  gern  erhört, 
2  Makk.  14.  Vorher  wird  in  diesem  Capitel  ohne  Datum 
aber  mit  der  Zeitbestimmung  /lezd  rgierrj  x^<Jyor*)  der  Ein- 
lauf der  Nachricht  von  der  Landung  des  Demetrios  in  Tri- 
polis, seiner  Anerkennung  und  der  Tödtung  des  Antiochos 
Eupator,  sowie  des  Lysias  berichtet;  dass  schon  diese  Ereig- 
nisse in  das  151.  Jahr,  in  welches  sie  auch  das  erste  Buch 
setzt,   gefallen  waren,   lehrt  jene  Zeitbestinnnung:   von  dem 


1)  Anscheinend  auf  den  onmittelbar  vorher  ersfthlten  Feldinn^ 
des  Antiochos  Eupator  als  vor  2—8  Jahren  geschehen  sn  beziehen, 
während  er  in  Wirklichkeit  dem  Vorjahr  angehört;  die  verkehrte 
Anknüpfung  rflhrt  ohne  Zweifel  von  dem  ebenso  flüchtigen  wie  nn* 
wissenden  Auszügler  her,  der  das  Buch  geschrieben  hat. 


Die  Sdcuhidenära  der  Makkabäerbikher.  283 

froher  angegebenen  149.  Jahr  bis  zu  diesem  verlaufen,  beide 
Termine  eingesäblt,  3  Jahre.  Da  DemetrioB,  wie  iu  Cap.  II 
gezeigt  wurde,  im  Anfang  des  Sommerhalbjahres  (161  y.  Chr.) 
gelandet  ist  und  Menelaos  sieber  kein  halbes  Jahr  gewartet 
hat,  so  ist  es  höchet  wahrscheinlich,  dass  er  den  König  noch 
▼or  dem  Herbst  aufgesucht  hat;  jedenfalls  stimmte  also  die 
Jahrzablung  beider  Bücher  wenigstens  im  Sommerhalbjahr 
überein;  hat  er  die  Reise  erst  im  Wintersemester  angetreten, 
so  dürfte  man  die  Uebereinstimmung  sofort  auch  auf  dieses 
und  damit  auf  das  ganze  Jahr  ausdehnen.  So  aber  bleibt 
vorläufig  noch  die  Möglichkeit  offen,  dass  das  Aerajahr  des 
zweiten  Buches  im  Herbst,  mit  dem  1.  Thishri  begonnen 
hat;  dann  würde,  da  der  Nisan  des  151.  Jahres  beider 
Bücher  in  den  Frühling  161  t.  Chr.  fallt,  der  Thishri  des 
151«  Jahres  im  zweiten  Buch  nicht  wie  im  ersten  dem 
Herbst  161  sondern  dem  Herbst  162  angehören  und  dem- 
nach im  zweiten  die  eigentliche  Seleukidenära  vorausgesetzt 
sein.  Dann  würde  aber  die  Meldung  von  dem  Heranzug  des 
Antiochos  Eupator  und  der  Zug  selbst  in  das  um  1.  Okt.  164 
beginnende  Jahr  und  damit  um  ein  Jahr  zu  früh,  in  163 
statt  162  fallen.  Hiemit  ist  erwiesen,  dass  das  zweite  Buch 
dieselbe  Aera  befolgt  wie  das  erste. 

Eine  sachliche  Abweichung  ist  es,  wenn  im  zweiten 
Buch  die  Meldung  von  dem  drohenden  Einfall  des  Antiochos 
Eupator  in  das  149.  Jahr,  im  zweiten  dagegen  schon  die 
Belagerung  der  von  königlichen  Truppen  besetzt  gehaltenen 
Akra  von  Jerusalem,  durch  welche  sein  Beschluss  ins  Feld 
zu  ziehen  erst  veranlasst  wurde,  in  das  150.  Jahr  gesetzt 
wird.  Im  zweiten  Buch  ist  vielleicht  die  Meldung  von  diesem 
mit  der  von  einem  früheren,  durch  irgend  einen  Zwischenfall 
vertagten  Eriegsbeschluss  verwechselt.  Nach  dem  Sieg  des 
Judas  über  Lysias  im  148.  Jahr  (164  v.  Chr.),  welcher  die 
Wiederherstellung  des  jüdischen  Cultus  verstattete,  zog  Lysias 
nack  Antiocheia  jsurück .  und  begann  för  einen  neuen  Feldzug 


28*  ünger 

Söldner  zu  werben  (iSeyoXöyei) ,  1  Makk.  4;  aber  eist  im 
150.  Jahr  kam  ee  zum  Feldzug  und  unter  ganz  anderen  Ver- 
hältnissen :  erst  der  Versuch  der  Juden,  die  Burg  zu  erobern, 
bestimmte  Lysias  und  den  von  ihm  geleiteten  Knaben,  welcher 
inzwischen,  im  149.  Jahr,  durch  den  Tod  seines  Vaters  An- 
tiochos  Epiphanes  König  geworden  war,  gegen  sie  ins  Feld 
zu  ziehen;  was  in  der  Zwischenzeit  den  Aufschub  und 
schliesslich  die  Aufgabe  jener  Absicht  herbeigeführt  hatte, 
wird  in  dem  Buch  nicht  erwähnt.  Dass  seine  Angaben 
richtig  sind,  daf&r  bürgt  ausser  der  Zuverlässigkeit  des 
Berichterstatters  selbst  auch  die  fragmentarische  Beschaffen- 
heit seines  Berichtes,  in  welchem  kein  Versuch  gemacht  ist, 
die  Aenderung  der  ursprünglichen  Absicht  zu  erklären;  er 
beschränkt  sich  auf  die  Angabe  von  Vorgängen,  welche  ihm 
bekannt  geworden  sind.  Dagegen  im  2.  Buch  (c.  11)  zieht 
Lysias  nach  seiner  Niederlage  noch  nicht  aus  dem  Luid: 
er  bietet  den  Frieden  an  und  verspricht  den  Konig  zum 
Freund  der  Juden  zu  machen;  Judas  stimmt  zu  und  An* 
tiochos  genehmigt  den  Vertrag;  dann  (c.  12,  1)  zieht  Lysias 
zum  König  zurück.  Hand  in  Hand  mit  diesen  Abweichungen 
gehen  andere,  in  welchen  der  Fehler  anerkannter  Massen 
auf  Seiten  des  2.  Buches  liegt.  Der  König,  zu  welchem, 
wie  eben  erwähnt,  Lysias  zurückkehrt,  ist  hier  Antiochos 
Eupator:  unter  dessen  Regierung  hat  Lysias  seinen  unglück- 
lichen Feldzug  unternommen  (c.  11,  1),  und  da  dieser  im 
148.  Jahr  (1  Makk.  4,  28.  2  Makk.  11,  21.  33)  vor  sieh  ge- 
gangen ist,  so  muss  der  Verfasser  des  Buches,  ebenso  vor 
ihm  Jason  den  syrischen  Thronwechsel  unrichtig  in  das  147. 
oder  148.  Jahr  gesetzt  haben;  damit  hängt  der  weitere  Fehler 
zusammen,  dass  er  c.  10,  3  die  Tempelreinigung  nicht  8 
sondern  2  Jahre  nach  der  Tempelentweihung,  also  in  das 
147.  statt  148.  Jahr  verlegt;  seiner  Ansicht  nach  hat  An- 
tiochos Epiphanes  jene  noch  erlebt  (2  Makk.  10,  9),  aber, 
wie  aus  c.  9,  3 — 4.  7.  14 — 17.  19 — 27  hervorgeht,  nicht  mehr 


Die  Seleühidenära  der  Makkäbäerbüeher.  285 

erfahren,  ist  also  bald  nach  ihr,  in  den  letzten  Monaten  des 

147.  Jahres  (den  ersten  von  164  y.  Chr.)  gestorben. 
Schuld  an  diesen   anerkannten   Fehlern,   aber  auch   an 

den  zuerst  genannten  Abweichungen  des  zweiten  Buches  ist 
ein  grober  Irrthum,  welchen  Jason  und  mit  ihm  der  Ver- 
fasser begangen  hat.  Der  Erzählung  von  dem  angeblichen 
Friedensvertrag  des  Lysias  fQgt  er  c.  II,  16 — 38  vier  amt- 
liche Briefe  an,  welche  offenbar  die  Bestimmung  haben,  seine 
der  bisherigen  Ueberlieferung  widersprechende  Darstellung 
ans  den  Akten,  ans  welchen  er  sie  geschöpft  hat,  zu  erhärten. 
Der  erste  stammt  von  Lysias,  der  2.  und  8.  von  'König 
Antiochoe',  der  4.  von  zwei  römischen  Botschaftern.  Der 
Antiochos  des  2.  Briefes  ist  offenbar  Eupator,  für  diesen  hält 
der  Verfasser  aber  auch  den  Absender  des  dritten  und  den 
in  den  zwei  andern  ohne  Namen  erwähnten  König  und  setzt 
demgemäss  voraus,  dass  das  2.  und  4.  Aktenstück  demselben 

148.  Jahr  angehören  wie  das  erste  und  dritte.  Auf  die 
falsche  Vorstellung,  welche  er  sich  besonders  in  Folge  dieser 
Irrthümer  Ober  den  Inhalt  der  vier  Urkunden  gebildet  hat, 
gründet  sich  die  Erzählung  der  Verhandlungen,  welche  in 
c.  11  zu  lesen  ist.  Von  den  Neueren  hat  noch  Froelich 
alle  vier  Briefe  in  die  Zeit  des  Eupator  gesetzt,  aber  doch 
wenigstens  ihre  Abfolge  insofern  verbessert,  als  er  den  des 
Lysias  von  der  ersten  Stelle  entfernte,  nur  hätte  er  ihm 
nicht  die  vierte  anweisen  sollen;  Clinton  kam  der  Wahrheit 
mit  der  Ordnung  lU,  IV,  I,  II  ziemlich  nahe;  jüngst  hat 
Schlatter  den  vierten  für  den  ältesten  erklärt.  Die  richtige 
Abfolge  ist  III,  I,  IV,  IL 

Ehe  wir  von  den  Briefen  im  Einzelnen  handeln,  ver- 
suchen wir  anzugeben,  was  aus  ihrem  Inhalt  zu  erschliessen 
ist.  Wer  die  Initiative  zu  den  Verhandlungen  ergriffen  hat, 
ist  aus  ihnen  nicht  zu  ersehen;  dass  es,  wie  das  Buch  be- 
hauptet, Lysias  war,  kann  richtig  sein,  aber  die  Behauptung 
selbst  ist  wohl  nur  einer  Eingebung  des  Nationalstolzes  ent- 


286  ünger 

sprangen.  Vielleicht  hat  der  mit  der  ndtionalen  Erhebung 
nicht  einverstandene  Hohepriester  Menelaos  dem  Lysias  dazu 
gerathen;  man  T^ürde  dann  die  seltsame  Nachricht  (1  Makk. 
13,  3)  verstehen,  dass  er  nach  dem  Feldscig  des  Eapator  auf 
Befehl  desselben  als  Urheber  aller  dieser  Wirren^)  hingen 
richtet  worden  sei.  Der  dritte  Brief,  in  welchem  Antiochos 
Epiphanes  den  die  Fahne  des  Aufstand^  verlassenden  Juden 
volle  Amnestie  zusichert,  ist  auf  den  Rath  des  Menelaos  ge* 
schrieben  und  von  ihm  den  Juden  überbracht  worden;  seine 
Abfassung  (15.  Xanthikos  Sd.  148  =  ca.  11.  März  164) 
fallt  aber  in  die  Zeit  zwischen  der  Niederlage  des  Gorgias 
(1  Makk.  4,  22)  im  147.  Jahr  und  der  des  Lydias,  nach 
welcher  die  Friedensverhandlung  erst  begonnen  hat.  Die 
erste  N^hricht  über  sie  gibt  der  1.  Brief,  in  welchem  Lysias 
am  24.  Dioskoros  148  (ca.  13.  Okt.  164)  den  Juden  schreibt, 
er  habe  die  von  ihren  Gesandten  überbrachten  Antrfige  dem 
Eonig  übermittelt  und  dieser  alle  ihm  ausführbar  erscheinen- 
den genehmigt;  welche  das  seien,  würden  ihre  und  seine  Bot- 
schafter ihnen  auseinandersetzen.  Vermuthlich  gehorte  zu 
diesen  die  freie  Religionsnbung,  zu  den  abgewiesenen  der 
Abzug  der  Besatzung  aus  der  Burg  von  Jerusalem.  Den 
Juden  genügten  die  Zugestandnisse  des  Königs  nicht;  Lysias 
verwies  sie  daher,  wie  aus  dem  4.  Brief  hervorgeht,  an  diesen 
selbst.     Eine  unmittelbare  Verhandlung  mit  Epiphanes  ist 


1)  Von  Josephoa  ant.  12,  9,  7  auf  Urheberschaft  des  von  Epi- 
phanes verfolf^ien  Planes,  die  Juden  su  hellenisiren,  gedeutet;  dieser 
Gedanke  lag  dem  König  selbst  nahe  genug,  Niemanden  aber  femer 
als  einem  jfldisehen  Hohenpriester.  Jene  Friedensveriiandinngen 
führten  sunächst  dahin,  dasi  Lysias  verhindert  wurde«  m  reebter 
Zeit,  d.  i.  schon  164  v.  Chr.,  als  die  l^ationalpartei  noch  nicht  se 
erstarkt  war  wie  später,  den  Krieg  zu  erneuern,  dann  zur  Intervention 
der  Römer;  als  er  endlich  doch  gefilhrt  wurde,  musste  er  ?or  der 
Zeit  und  daher  trotz  nnlit&riaefaer  Erfolge  ohne  Gewinn  beendigt 
werden* 


Die  Sdeukidenära  der  Makkabäerbücher.  287 

entweder  nicht  oder  ohne  Erfolg  zur  AosfÜhmiig  gekommea; 
im  J.  168,  wahrscheinlich  seit  Beginn  der  guten  Jahreszeit, 
führen  die  Jaden  gifickliche  Kriege  zuerst  mit  den  Idumäem 
und  Ammonitem,  dann  gleichzeitig  in  Qilead  und  Galiläa, 
um  erlittene  Unbill  zu  rächen,  die  späteren  auch  um  ihre 
dortigen  Glaubensgenossen  durch  Ueberführung  nach  Judäa 
in  Sicherheit  zu  bringen  (1  Makk.  5).  Inzwischen  unter- 
nahmen aber  in  der  Pfingstwoche  (1  Makk.  5, 56,  Ygl.  2  Makk. 
12,  82 — 88)  die  mit  dem  Schutz  der  Westgrenze  beauftragten 
Befehlshaber  eigenmächtiger  Weise  einen  Kriegszug  gegen 
den  königlichen  Strategen  Gorgias  in  Jamnia;  sie  wurden 
geschlagen,  aber  von  Gorgias  der  Sieg  nicht  yerfolgt,  ver- 
muthlich  weil  er  sich  zu  schwach  fühlte.  Um  so  mehr  ist 
zu  erwarten,  dass  Lysias  selbst  jetzt  endlich  daran  gegangen 
seif  den  längst  geplanten  Rachezug  ins  Werk  zu  setzen,  da 
die  Friedensrerhandlung  zu  keinem  Ergebniss  geführt  hatte. 
Die  Meldung  von  diesem  Vorhaben  ist  es,  welche  der 
Verfasser  des  2.  Buches,  Jasons  Darstellung  flüchtig  aus- 
ziehend, mit  der  ein  Jahr  später  gekommenen  yerwechselt 
hat;  er  konnte  das,  weil  Eupator  bei  ihm  wie  bei  Jason 
schon  in  diesem  Jahr  regiert. 

Wodurch  Lysias  verhindert  worden  ist,  den  Feldzug  aus- 
zuführen, lässt  der  4.  Brief  vermuthen.  Bömische  Gesandte, 
welche  (wahrscheinlich  um  oder  nach  Mitte  163)  auf  der 
Reise  von  Aegypten  nach  Antiocheia  an  der  Philisterküste 
anlegten,  liessen,  hier  oder  schon  in  Alexandreia  von  den 
obschwebenden  Händeln  unterrichtet,  in  diesem  Schreiben  an 
die  Juden  die  Aufforderung  ergehen,  durch  Botschafter  sie 
über  die  von  Lysias  der  Entscheidung  des  Königs  vorbe- 
haltenen Artikel  aufzuklären,  weil  sie  jetzt  diesen  besuchen 
würden.  Sie  trafen  ihn  nicht  an,  bald  darnach,  um  Sep^ 
tember  163  starb  er  im  fernen  Osten;  das  Ergebniss  ihrer 
Verhandlung  mit  Lysias  war  zunächst  die  Einstellung  des 
FeldzngB   gegen  die  Juden,   dann  aber,   nach   der  Meldung 


288  Unger 

von  dem  Tod  des  Epiphanee,  wohl  bald  nach  der  Thron-^ 
besteigung  des  Eapator  im  Spatjahr  163  der .  BeschlcBS, 
welchen  dieser  im  2.  Briefe  ausführt.  Er  bietet  den  Jnden 
die  Wiederherstellnng  des  Verhältnisses  an,  welches  Tor  den 
gewaltsamen  Eingriffen  smnes  Vaters  zwischen  den  Juden 
und  dem  Reich  bestanden  hatte.  Die  Burg  Yon  Jerusalem 
sollte  also  nicht  geräumt  werden.  Ohne  Zweifel  hatten  die 
Senatoren  auf  dem  Abzug  der  königlichen  Besatzung  nicht 
bestanden  und  entspricht  das  Angebot  des  Königs  den  von 
ihnen  ausgesprochenen  Forderungen:  das  syrische  Reich  stand 
unter  der  Oberhoheit  Borns,  erst  vor  5  Jahren  hatte  der 
kraftvolle  Antiochos  Epiphanes  auf  den  Wink  eines  Senats- 
Vertreters  sofort  mit  seinem  Heer  das  so  eben  eroberte 
Aegypten  geräumt,  der  neae  König  aber  hatte  alle  Ursache, 
die  Unzufriedenheit  des  Senats  in  keiner  Weise  zu  erregen. 
Er  war  noch  gar  nicht  in  Rom  anerkannt,  erst  im  Früh- 
jahr 162  kam  es  dazu,  und  uliterdess  machte  dort  Demetrios 
mit  aller  Kraft  seine  besser  begründeten  Ansprüche  auf  den 
Thron  Syriens  geltend;  dazu  kam,  daas  im  Widerspruch  mit 
dem  Testament  des  Epiphanes  Lysias  alles  so  eingerichtet 
hatte,  dass  für  den  von  jenem  ernannten  Reichsverweser  und 
Vormund  kein  Raum  war.  Die  römischen  Botschafter  geben 
in  dem  Schreiben  kein  Versprechen  dahin  ab,  dass  sie  die 
Ansprüche  der  Juden  geltend  machen  werden;  sie  woll^ 
bloss  diese  und  die  Begründung  derselben  kennen  lernen, 
um  dann  in  Antiocheia  das  Audiatur  et  altera  pars  zu  üben; 
Lysias  gibt  ihnen  zu  Gefallen  den  Feldzug  auf  und  in  der 
Besetzthaltung  der  Feste  eines  Unterthanenlandes  konnten 
die  Römer  um  so  weniger  ein  Unrecht  finden  als  diese  seit 
lange  schon  bestand,  wie  ja  auch  ein  Theil  des  Judenvolks, 
an  seiner  Spitze  der  Hohepriester  nichts  gegen  sie  einzu* 
wenden  hatte.  Die  Makkabäer  waren  natürlich  mit  den 
Zugeständnissen  des  Eupator  nicht  zufrieden  und  wenn  sie 
im  Frühling  162  die  Burg  zu  belagern  anfingen,  so  gaben 


Die  Seleuhidenära  der  Makhdbäerbücher.  289 

dazu  die  wirklichen  oder  angebliclien  Unbilden  der  Besatzang 
niur  den  ostensiblen  Grund  her. 

In  der  falschen  Ordnung,  Zeitbestimmung  und  Deutung 
der  vier  Urkunden  des  c.  11  ist  dem  Verfasser  des  Buches 
unfraglich  schon  Jason  vorangegangen :  hätte  dieser  sie  besser 
verstanden  und  richtig  geordnet,  so  würde  die  Geschichts- 
erzählang  in  c.  11  einen  wesentlich  anderen  Inhalt  bekommen 
haben;  vne  abhängig  aber  diese  von  den  Briefen  ist,  hat 
sich  theils  oben  gezeigt  theils  ist  es  aus  dem  Nachstehenden 
zu  ersehen. 

Im  1.  Brief  benachrichtigt  Lysias  die  Juden,  dass  er 
die  zugleich  in  einem  Schriftstück  niedergelegten  Anträge, 
welche  ihre  Gesandten  gestellt  haben,  dem  König  mitgetheilt 
und  dieser  alles,  was  möglich  war  (ä  ^v  evöexo/neva),  ver- 
willigt habe;  wenn  sie  bei  der  bewiesenen  guten  Gesinnung 
verharrten,  werde  er  auch  fernerhin  auf  ihr  Bestes  bedacht 
sein;  über  die  Einzelheiten  würden  sie  von  ihren  und  seinen 
Gesandten  unterrichtet  werden.  In  dem  erzählenden  Theil 
des  11.  Gapitels  wird  Lysias  durch  seine  Niederlage  bewogen, 
den  Juden  unter  den  billigsten  Bedingungen  (im  näoi  roTg 
dixaioig)  Frieden  und  Erwirkung  der  Huld  des  Königs  anzu- 
bieten; Judas  geht  vollständig  auf  seine  Vorschläge  ein, 
woran  er  wohlgethan  hat:  denn  der  König  bewilligt  alle 
Forderungen,  welche  Judas  in  einer  Schrift  (did  ygaTtroJv) 
dem  Lysias  hat  zugehen  lassen.  Der  Brief  nämlich  (heisst 
es  dort  weiter),  welchen  Lysias  an  die  Juden  richtete,  lautet 
folgendermassen  u.  s.  w.  Grimm,  der  zu  den  Gegnern  der 
Echtheit  gehört,  erklärt  das  anscheinend  bittende  Auftreten 
der  Juden,  welches  von  andern  als  Beweis  der  Unechtheit 
des  Briefes  angesehen  worden  ist,  aus  Staatsklugheit,  ein- 
gegeben von  Lysias;  treffend  bemerkt  Schlatter,  es  habe  der 
Situation  entsprochen,  dass  sie  (öffentlich  wenigstens)  den 
ersten  Schritt  zur  Unterwerfung  unter  die  syrische  Oberhoheit 
thaten;  übrigens  heisst  ^^Covv,  gleichbedeutend  mit  idixaiovv, 

1896.  Sitnmgik  d.  phil.  a.  hirt.  CL  19 


290  ünger 

sieht  'sie  baten'  sondern  'sie  erachteten  als  billig'  nnd  ent- 
spricht dem  hil  Jiäoi  röig  dixaiois  des  Briefes.  Der  Haupt- 
einwand  gegen  die  Echtheit,  dass  die  günstige  Gesinnung, 
welche  Lysias  in  dem  Schreiben  ausspricht,  nicht  zu  seinen 
nachherigen  Thaten  stimme,  beruht  auf  einer  in  der  Er- 
zählung f&fii  näoi  TÖig  dixcuoisj  erkennbaren  falschen  Aus- 
legung, welche  Jason  den  Worten  Jidna  ä  ^v  hdex&fuva 
ovv€xojQf]0€v  gegeben  hat.  Er  verstand  sie  dahin,  dass  der 
König  alle  Forderungen  der  Juden  bewilligt  habe  (nach 
jüdischer  Auffassung  waren  auch  alle  berechtigt);  in  Wirk- 
lichkeit ist  hdeyofjieva  ein  unserm  'thunlichst'  vergleichbarer 
Euphemismus. 

Das  Datum:  im  148.  Jahr  Aiooxoqiv&Iov  (Hieronymus 
Dioscori)  TeiQädi  xai  elxddi  gibt  einen  unter  den  zwölf  des 
makedonischen  Kalenders^)  nicht  vorkommenden  Monats- 
namen. Die  Neueren  finden  jetzt,  unterstützt  durch  die 
syrische  Uebersetzung,  eine  Corruptel  aus  Aiov  darin,  können 
aber  nicht  erklären,  wie  sie  entstanden  sein  soll;  dadurch 
würde,  da  der  Dios  das  Jahr  anfangt,  dieser  Brief  nicht 
bloss  in  eine  frühere  Zeit  (Okt.  165)  fallen  als  der  vor  ihm 
geschriebene  dritte,  sondern  auch  in  eine  frühere  als  die 
Niederlage  des  Lysias  (BVühling  oder 'Frühsommer  des  148. 
makkabäischen  Jahres,  164  y.  Chr.).  Mit  Scaliger,  Froelich 
und  andern  ist  an  den  Schaltmonat  zu  denken,  den  letzten 
des  Jahres  (um  Sept.  164).     Die  Lesart  des  Hieronymus  ist 


1)  Dios  (attisch  Pyanepsion,  hebr.  Thishri),  Apellaios,  Audynaios; 
Peritios  (GamelioD,  Tebeth),  Dystros,  Xanthikos;  Artemisioa  (Munj- 
chion,  Nisan),  Daiaios,  Panemos;  Loos  (Hekatombaion,  Thammiiz), 
Gorpiaios,  Hjperberetaios.  Der  Name  des  syromakedonischen  Schalt- 
monats  ist  nicht  bekannt^  weil  unsere  Verzeichnisse  der  christlichen 
Zeit  und  damit  der  Herrschaft  des  Sonnenjahres  angehören ;  seit  dem 
1.  Jahrhundert  n.  Chr.  trafen  die  syromakedonischen  Monate  um  eine 
Stelle  zu  spät  ein,  so  dass  der  Dios  dem  Maimakterion  und  Marcheshvan 
(November)  entsprach. 


Die  SeUuhidenära  der  MakTcahäerhücher.  2dl 

unter  anderem  wegen  ihres  hohen  Alters  vorzuziehen  (er 
hat  den  Text  des  Buches  seiner  eigenen  Erklärung  zafolge 
der  Itala  entlehnt);  auch  bei  Strabon  p.  98  '&EO)Qdv  xal 
ojtovdotpoQov  Tov  T(bv  KooEicov  (Fest  der  Köre  in  Kyzikos, 
wie  auch  an  andern  Orten)  äyojvog  findet  sich  die  Variante 
KoQtv&Uov,  Von  den  12  Monaten  des  kretischen  Kalenders 
hiess  der  sechste  (im  Sonnenjahr  =  21.  Febr.  bis  23.  März) 
Atooxovgog,  vielleicht  dess wegen,  weil  die  Dioskuren  Be- 
schützer der  Seefahrt  waren,  welche  in  ihm  einige  Wochen 
vor  der  Nachtgleiche  eröflFnet  wurde;  dies  war  indess  kein 
Schaltmonat.  Im  ältesten  griechischen  Schaltkreis  wechselte 
wie  im  altromischen  immer  ein  gewöhnliches  Jahr  mit  einem 
13  monatlichen  ab,  so  dass  der  Schaltmonat  den  Dioskuren 
glich,  von  welchen  es  in  der  Odyssee  11,  301  heisst:  xal 
veg^ev  yfjg  rififjv  ngög  Zt]vdg  exovreg  äXkore  juev  ^coovo^ 
hEQrjiJLEQoi  äkloTE  S*  avxE  TE&vaoiv.  Scaliger  und  Froelich 
setzen  den  syromakedonischen  Dioskuros  an  die  letzte  Stelle, 
so  dass  er  in  den  Herbst  fällt.  Ideler  im  Zusammenhang  mit 
seiner  falschen  Ansicht  über  die  makkabäische  Aera  in  die 
Mitte  zwischen  dem  6.  und  gewöhnlich  7.  Monat  (eine  Stelle, 
die  der  Schaltmonat  in  verschiedenen  Kalendern  einnahm), 
also  in  Winters  Ende  164;  in  diesem  Fall  würde  aber  Lysias 
der  Brief  vor  seiner  Niederlage  geschrieben  haben.  War  im 
J.  165  der  1.  Dios  auf  ungefähr  den  1.  Oktober  gefallen, 
so  begann  164  um  den  20.  September  (6  Tage  vor  der 
Nachtgleiche)  entweder  der  Dios  eines  neuen  Jahres  oder, 
was  wir  annehmen  müssen,  der  Schaltmonat  des  alten;  sein 
24.  Tag  entsprach  ungefähr  dem  13.  Okt.  164.  Die  Dauer 
der  Vorgänge  seit  der  Niederlage  des  Lysias  bei  Bethzura 
(Reise  der  jüdischen  Gesandten  zu  Lysias,  Einlauf  seines 
Berichts  bei  dem  König  und  dann  der  Entschliessung  des- 
selben bei  Lysias)  in  Anschlag  gebracht,  lässt  sich  die 
Schlacht  nicht  später  als  Hochsommer  164  setzen;  dass  sie 
frühestens  im  Ijar  (26.  April  bis  25.  Mai  164)  stattgefunden 

19* 


292  Unger 

hat,  geht  aus  1  Makk.  4,  28  hervor,  wo  Lysias  im  148.  Jahr 
(Nisan  164 — 163)  ein  grosses  Heer  zusammenbringt,  nach 
Idumäa  rückt,  bei  Bethzura  lagert  und  Judas  gegen  ihn 
heranzieht.  Dass  Lysias  im  Frühling  164  ins  Feld  gezogen 
ist,  darf  man  desswegen  annehmen,  weil  die  Niederlage  des 
Gorgias,  welche  er  rächen  wollte,  schon  im  vorhergehenden 
Jahr  165  stattgefunden  hatte.  Aus  1  Makk.  4  könnte  man 
schliessen  wollen,  dass  Lysias  erst  im  Spatherbst  oder  gar 
Frühwinter  geschlagen  worden  sei:  dort  folgt  auf  den  Sieg 
des  Judas  sein  Zug  auf  den  Tempelberg,  die  Reinigung  des 
Heiligthums,  die  Weihe  am  25.  Kislev  (2.  Jan.  163)  und 
die  Befestigung  des  Berges.  Aber  in  der  aus  griechischer 
Quelle  (vgl.  zum  4.  Brief  und  Gap.  II  zum  150  J.)  geflos- 
senen Darstellung  des  Josephos  beU.  jud.  1,  1,  4  ist  die  Ab- 
folge eine  andere:  vom  Schlachtfeld  weg  zieht  Judas  gen 
Jerusalem,  treibt  die  Besatzung  aus  der  oberen  Stadt  in  die 
untere,  bemächtigt  sich  des  Heiligthums,  reinigt  den  ganzen 
Platz,  umzieht  ihn  mit  Mauern  (Tieoieteixtae) ,  lasst  neue 
Tempelgeräthe  fertigen  und  einen  neuen  Altar  bauen,  dann 
feiert  er  die  Tempelweihe.  Die  Vertreibung  der  Besatzung 
aus  der  Oberstadt  und  die  Befestigung  haben  offenbar  eine 
längere  Zeit  in  Anspruch  genommen.  Das  erste  Makkabäer- 
buch  (im  zweiten  ist  alles  durcheinander  geworfen)  hat  die 
Zeitfolge  insofern  nicht  streng  eingehalten,  als  es  die  kirch- 
lichen Vorgänge  zusammenfasst  und  dann  erst  die  Befestigung 
des  Berges  bringt:  diese  musste  vorausgehen,  wenn  die  Tempel- 
weihe und  ihre  Vorbereitungen  ohne  Störung  vor  sich  gehen 
sollten. 

Im  2.  Brief  schreibt  König  Antiochos  (wohl  bald  nach 
seiner  Thronbesteigung,  jeden&Us  im  Spätjahr  163,  vgl. 
Cap.  II  zum  149.  Jahr)  an  Lysias,  da  sein  Vater  gestorben 
sei  und  er  Frieden  im  ganzen  Reiche  wünsche,  die  Juden 
aber  durchaus  nicht  Hellenen  werden  sondern  bei  ihren  alten 


Die  Seleukidenära  der  Makkabäerhücher,  293 

Brauchen  beharren  wollen,  so  bestimme  er,  dass  ihnen  das 
Heiligthom  und  ihre  alte  staatsrechtliche  Stellung  zurück- 
gegeben werde;  Ljsias  solle  daher  Botschafter  an  sie  schicken 
nnd  auf  diese  Zugeständnisse  hin  mit  ihnen  Frieden  schliessen. 
Gegen  die  Aechtheit  des  Aktenstücks  wird  eingewendet,  dass 
der  zehnjährige^)  Knabe  keine  solche  Cabinetsordre  an  seinen 
Vormund  habe  erlassen  können;  dem  Fälscher  sei  unbekannt 
geblieben  oder  entfallen,  dass  Antiochos  Eupator  unmündig 
war.  Bekannt  war  es  dem  Verfasser  des  Buches  (c.  11, 
vgl.  13,  2)  und  seinem  Vorgänger;  trotzdem  lässt  er  (c.  13, 
3-*-26)  und  nicht  bloss  er  sondern  auch  der  Verfasser  des 
1.  Buches  (c.  6,  21 — 63)  den  Knaben  als  regierenden  König 
auftreten  und  am  Schlachtgewühl  wie  einen  Führer  theil- 
nehmen;  in  Syrien  wurde  in  der  römischen  Zeit  und  sicher 
auch  schon  vorher  die  Mündigkeit  mit  14  Lebensjahren  er- 
reicht und  einige  Jahre  vor  ihr  stehen  auch  im  Privatleben 
den  unmündigen  schon  gewisse  Rechte  zu.  Auffallend  könnte 
nur  gefunden  werden,  dass  der  König  in  Antiocheia  einen 
schriftlichen  Erlass  an  den  ohne  Zweifel  ebendort  befindlichen 
Lysias  (der  schon  wegen  deir  Obhut  über  den  Knaben  an 
gleichem  Platze  weilen  musste)  ergehen  lässt:  dies  erklärt 
sich  aus  den  Einrichtungen,  welche  bei  der  Thronbesteigung 
des  Eupator,  ohne  Zweifel  auf  Lysias*  Betreiben,  geschaffen 
worden  waren,  um  der  testamentswidrigen  Machtstellung  des- 
selben den  Schein  des  Rechts  zu  verleihen.  Die  Vormund- 
schaft wurde  von  einem  Collegium  geführt,  welches  vom  Volk 
eingesetzt  war,  Justin  34,  3  Antiochus  decedit  relicto  parvulo 
admodum    filio;    cui  cum  tutores  a  populo   dati   essent  etc.; 


1)  Nach  Appian  Syr.  46  und  66  war  er  beim  Tod  des  Vaters 
ein  iwastks  Jtatdiov,  dagegen  nach  Porphyrios  (b.  Eos.  ehr.  I,  253) 
12  Jahre  alt.  Zn  seinem  Auftreten  passt  letzteres  besser,  im  Krieg 
des  Sommers  162  hätte  er  dann  im  13.  Lebensjahr  gestanden  and 
das  zweimalige  hvasrig  Appians  müsste  man  für  einen  Lesefehler 
(st.  Msxaexig)  des  flüchtigen  Schriftstellers  halten. 


294  Unger 

wegen  der  Königseigenschaft  des  Mündels  mosste^)  es  zu- 
gleich Regentschaftsbehörde  sein,  Justin  a.  a.  0.  regnum  ei 
(Demetrio)  occiso  pupillo  a  tutoribas  traditur.  Bei  Polybios 
31,  13  and  12  fQhrt  sie  die  Bezeichnung  ol  TtooearcbTsg  rrjg 
ßaadeiag;  dass  Lysias  die  Seele  des  Ganzen  war,  lehrt  der 
mit  ihr  wechselnde  Ausdruck  31,  20  ol  ntQi  xbv  Avaiav, 
Wie  seine  Collegen  die  Verantwortlichkeit  mit  ihm  theilten, 
so  theilten  sie  auch  das  Interesse  an  der  Fernhaltung  des 
Philippos.  Von  den  zwei  Vollmachten,  welche  ihm  Epi- 
phanes  beim  Auszug  in  den  Osten  ertheilt  hatte,  war  nach 
dessen  Tod  die  eine,  die  Vormundschaft,  in  der  angegebenen 
Weise  umgewandelt  worden;  die  andere,  die  Regierung  der 
Westeuphratländer  führte  er,  da  hier  der  neue  Reichsverweser 
seine  Thätigkeit  noch  nicht  eröffnet  hatte,  jedenfalls  fort. 
In  dieser  Eigenschaft  war  er  der  Regentschaftsbehörde  unter- 
geordnet und  konnte  daher  sehr  wohl  einen  schriftlichen 
Erlass  des  Königs  erhalten,  welchen  dieser  in  einer  Sitzung 
jener  Behörde  beschlossen  hatte.  —  Jason  hat  aus  dem 
scheinbar  verschiedenen  Aufenthaltsort  beider  Personen  den 
im  erzählenden  Theil  befolgten  Schluss  gezogen,  dass  Lysias 
Palästina  erst  nach  glücklichem  Abschluss  der  Friedensver- 
handlungen verlassen  habe;  darauf  führte  ihn  auch  dessen 
brieflicher  Verkehr  mit  dem  vermeintlichen  Antiochos  Eu- 
pator  im  ersten  Aktenstück, 

Im  3.  Brief  schreibt  König  Antiochos  am  15.  Xanthikos 
des  148.  Jahres  (ca.  11.  März  164)  dem  Rath  und  Volk  der 
Juden,  Menelaos  habe  ihm  berichtet,  dass  viele  Juden  Äetw- 
sukehren  und  (xarel&öj'rag)  ihren  Geschäften  nachzugehen 
Lust  hätten;  es  solle  also  den  Heimkehrenden  (xaraTtogevo- 
^ivoig)  bis  zum  30.  Xanthikos  freistehen,  es  mit  ihren  Zah- 

1)  So  war  Lysias  als  Statthalter  der  Westeuphratländer  zugleich 
zum  Vormund  des  dort  zurückgelassenen  Thronfolgers  und  Philippoi 
sowohl  zum  Reichsverweser  als  zum  Vormund  desselben  von  Epiphaoes 
ernannt  worden. 


Die  Seleükidenära  der  Makkabäerhüeher.  295 

lungen  und  Branchen  gerade  so  wie  früher  zu  halten,  auch 
solle  keiner  wegen  der  begangenen  Verfehlungen  irgendwie 
behelligt  werden;  um  sie  hierüber  zu  beruhigen,  habe  er 
den  Menelaos  zu  ihnen  abgesendet.  Als  Beweis  der  Unechtheit 
des  Schreibens  ist  die  'römische  Briefformalitat'  der  Adresse 
und  die  zu  kurze  Frist  von  15  Tagen  angeführt  worden;  doch 
ist  die  gewählte  Briefform  nicht  ausschliesslich  römisch^) 
und  die  bei  der  Zeit,  welche  von  der  Ausstellung  des  Schreibens 
in  Babylon  oder  einer  anderen  Stadt  des  Ostens  bis  zu  seiner 
Bekanntmachung  in  Judäa  vergehen  musste,  in  der  That  viel 
zu  kurze  Befristung  kein  Zeichen  von  Unechtheit,  sondern 
von  Textverderbniss.  Entweder  war  der  Brief  in  einem 
andern  Monat  als  dem  Xanthikos  geschrieben  oder  der  Termin 
auf  ein  um  mindestens  einen  Monat  ^)  späteres  Datum  als 
den  30.  Xanthikos  gestellt.  Dass  dieses  der  Fall  ist,  beweist 
das  am  Ende  des  4.  Briefes  irrthümlich  hinzugefügte  Datum : 


1)  Eine  von  Gardner,  Hogarth  und  James  im  Aphroditeheilig- 
ihum  von  Paphos  gefandene  und  im  Journal  of  Hellenic  Stud.  IX 
(1886)  S.  229  veröffentlichte,  auch  von  Wilcken  im  Hermes  XXIX,  486 
mitgetheilte  Inschrift  enthält  zuerst  einen,  wie  Wilcken  S.  440  zeigt, 
von  Antiochos  Grjrpos  an  Ptolemaios  Alexander  im  J.  108  gerichteten 
Brief,  welcher  folgendermassen  anfangt:  B]aaiXevg  'Avxioxog  ßaodeX 
IlToXefiaitoi  t&i  xai  ['A]Xe^dvdQ(p  röji  ddeXtpcJi  X^Q*^-  ^^  sggcoaai,  eitj 
av  mg  ßov\k6fx\e^a,  Mal  avxol  de  vyialvofiev  xai  oov  sftnjfAovevofJtev 
\<pdo]aT6Qycog  und  mit  "EgQcoaßs  schliesst.  Aehnlich  beginnt,  wie  die 
Beste  des  Anfangs  zeigen,  der  zweite,  laut  Ergänzung  der  Heraus- 
geber von  der  Stadtgemeinde  Seleukeia  (an  der  Orontesmündung)  an 
Kath  und  Gemeinde  von  Paphos  geschriebene  Brief. 

2)  Wohl  auch  nicht  um  mehr  als  einen:  beim  30.  Daisios 
(ca.  24.  Mai)  z.  B.  konnte  der  Krieg  schon  wieder  in  vollem  Gang  sein 
und  ein  grosser  Theil  der  unter  Umständen  zum  Niederlegen  der 
Waffen  geneigten  Aufständischen  sich  noch  am  Kampf  betheiligen, 
um  je  nach  dem  .Verlauf  desselben  am  Ende  der  Frist  sie  entweder 
niederzulegen  oder  fortzuführen.  Bloss  die  Aehnlichkeit  der  Schrift- 
züge  in  Betracht  gezogen,  würde  eine  Vertausch ung  von  UANEMOY 
(nANBMOY)  mit  SANBIKOY  am  nächsten  gelegen  haben. 


296  Unger 

im  148.  Jahr  am  15.  Xanthikoe,  welches  offenbar  eine  Wieder- 
holung des  im  dritten  stehenden  Briefdatnms  ist.  Im  Text 
stand  ursprünglich  wohl  der  30.  Artemisios  (ca.  24.  April  164); 
der  Monatsname  wurde  durch  den  Xanthikos  yerdrangt,  welcher 
dem  Abschreiber  im  Hinblick  auf  das  Briefdatum  vorschwebte. 
Die  UnWahrscheinlichkeit  der  älteren  Deutung  von  xorcl- 
{^övzag  und  xatajiogsvo/Lievoig  auf  eine  zur  Ei^ebung  ge- 
neigte Partei  der  auf  dem  Tempelberg  von  Eupator  und 
Lysias  im  150.  Jahr  belagerten  Juden,  welche  die  Erlaubniss 
erhalte,  zu  freiem  Abzug  herunterzukommen,  hat  Schlatter 
aufgezeigt  und  die  richtige  Erklärung  (heimkehren  aus  Ver- 
bannung, Flucht  und  anderen  mit  einer  Ruhestörung  ver- 
bundenen Verhältnissen)  bereits  gegeben;  er  denkt  an  die 
wegen  ihrer  Friedensliebe  in  der  Heimat  geächteten  Juden, 
deren  Haupt  der  Hohepriester  Menelaos  war,  ganz  besonders 
an  die  auf  die  Burg  zu  der  königlichen  Besatzung  geflfichteten, 
welche  in  dem  Vertrag  zwischen  Lysias  und  Judas  nicht 
berücksichtigt  gewesen  seien;  för  ihre  gefahrlose  Rückkehr 
solle  dieser  Schutzbrief  sorgen.  Es  ist  aber  nicht  wahr- 
scheinlich, dass  Lysias  die  treu  gebliebenen  Juden  durch 
eine  solche  Vergesslichkeit  der  Rache  ihrer  Gegner  preis- 
gegeben habe,  und  einen  Schutzbrief  dieser  Art  hätte  nicht 
der  syrische  Regent,  sondern  Judas  ausstellen  müssen.  Es 
ist  vielmehr  ein  Amnestieerlass  des  Königs  f&r  alle,  welche 
binnen  einer  gewissen  Frist  die  Fahne  des  Aufstands  ver- 
lassen und  in  die  Heimat  zu  ihrem  gewöhnlichen  Gewerbe*) 
zurückkehren  wollen;  dort  sollen  sie  unbehelligt  nach  ihrer 
alten  Weise  leben  und  dieselben  Steuern  ^)  zahlen  wie  früher. 


1)  Diese  Wendung  auch  im  erzählenden  Theil  (c.  12,  1). 

2)  So  verstehe  ich  die  danavrjfjiaxa :  die  Kopfsteuer,  den  ateipavitffc 
und  die  andern  Abgaben,  von  welchen  allen  seit  Antiochos  Megas 
nar  die  Priester  befreit  waren  (Jos.  ant.  12,  8,  3);  Aufstand  wurde 
wenigstens  unter  der  römischen  HerrBchafb  (s.  Schürer  I,  439)  mit 
Steuererhöhung  bestraft. 


Die  StUeukidenära  der  Mdkkäbäerbücher.  297 

Im  4.  Brief  schreiben  die  römischen  Gesandten  Q.  Mem- 
mins,  T.  Manlius  den  Jaden,  dass  sie  die  Verwillignngen  des 
Lysias  anerkennen;  weil  er  aber  wegen  einiger  Punkte  anf 
die  Entscheidung  des  Königs  verwiesen  hat  und  sie  jetzt  nach 
Antiocheia  reisen,  sollen  die  Juden  hierüber  Berathung  halten 
und  ihnen  durch  Botschafter  ihre  Wünsche  zu  erkennen  geben. 
Als  Zeichen  der  Unechtheit  ist  das  am  Schluss  beigefügte 
unrömische  Datum:  15.  Xanthikos  des  148.  Jahres,  welches 
nur  durch  das  Versehen  eines  Abschreibers  aus  dem  3.  Brief 
wiederholt  ist,  und  die  in  dem  Schreiben  vorausgesetzte 
Bekanntschaft,  ja  Befreunduog  mit  den  Römern  angesehen 
worden,  welche  laut  1  Makk.  8  erst  seit  dem  151.  Jahr  datirt. 
Doch  ist  der  Verfasser  des  ersten  Buches,  wie  eben  seine 
Unkenntniss  dieser  Friedensverhandlungen  lehrt,  keineswegs 
vollständig  über  die  jüdische  ßeschichte  jener  Zeit  unter- 
richtet, und  der  schon  zum  2.  Brief  benützte  Bericht  des 
Josephos  bell.  jud.  1,  1,  4  meldet,  Judas  habe  nach  Ueber- 
nahme  des  Oberbefehls  (165  v.  Chr.)  die  Aufständischen  gut 
in  den  Waffen  geübt,  zum  ersten  Mal  {ngcoTog)  mit  den 
Römern  Freundschaft  geschlossen  und  den  neuen  Einfall  des 
Epiphanes  (d.  i.  des  Lysias  164)  kräftig  zurückgeschlagen; 
übrigens  ist  die  Intervention  der  römischen  Gesandten  viel- 
leicht ohne  Auftrag  geschehen  und  auch  ohne  vorherige 
Befreundung  mit  den  Juden  durften  sie  sich  eine  solche 
herausnehmen,  ja  die  ausdrückliche  Genehmigung  der  Con- 
cessionen  des  Lysias  macht  nicht  sowohl  den  Eindruck  einer 
Parteinahme  für  die  Juden  als  vielmehr  den  eines  über  den 
Parteien  stehenden  Auftretens.  Hierauf  führt  auch  ein  anderer 
Umstand.  Schlatter  hält  diesen  Brief  für  den  ältesten:  die 
im  ersten  genannten  jüdischen  Botschafter  seien  in  Folge 
desselben  zu  Lysias  geschickt  worden;  aber  die  Erwähnung 
der  Bewilligungen  des  Lysias  beweist,  dass  der  1.  Brief  älter 
ist,  und  die  Senatoren  wollen  sich  von  jüdischen  Gesandten 
nicht  nach  Antiocheia  begleiten,   sondern  an  Ort  und  Stelle 


298  Unger 

fiber  die  AnsprQche  des  Volkes  nnierrichten  lassen;  jenes 
wSrde  Parteinahme  f&r  die  Joden  Toranssetzen ,  dieses  enfe- 
spricbt  dem  Bundes-  und  Freandschaftsyerhältniss  Borns  zn 
Antiochos.  Und  so  ist  denn  auch  der  sehnlichste  Wunsch 
des  Volkes,  das  seiner  Cultusfreiheit  nach  so  glanzenden 
Thaten  bereits  sicher  war,  der  Abzug  der  Besatzung  ans 
Jerusalem  von  den  angeblichen  Freunden  schwerlich  befür- 
wortet, wenigstens  nicht  darauf  bestanden  worden. 

Die  romischen  Gesandten  kennen  die  am  24.  Dioskoros 
Sei.  148  (Okt.  164)  von  Lysias  gemachten  Zugestandnisse 
und  glauben,  der  König  Antiochos  Epiphanes  sei  aus  dem 
Osten  zurückgekehrt,  haben  also  nach  diesem  Datum  und 
zwar  spätestens  im  September  163,  jedenfalls  wohl  erst  im 
J.  163  das  Schreiben  abgehen  lassen.  Der  eine  Ton  ihnen, 
Titus  Manlius,  ist  also  mit  dem  T.  Manlius  Torqnatus,  welcher 
im  J.  162  mit  Cn.  Cornelius  Merula  den  Ptolemaios  Physkon 
nach  Aegypten  begleitete,  um  zu  dessen  Gunsten  die  im 
J.  163  geschehene  Theilung  jenes  Reiches  zu  ändern,  ent- 
weder nicht  identisch  oder  er  hat  schon  vorher  eine  Bot- 
schaftsreise  unternommen.  Im  J.  163,  in  welches  wir  den 
Brief  setzen,  wurden  G.  Sulpicius  Gallus  und  M.'  Sergius 
abgeschickt,  um  die  Verhältnisse  in  Hellas  zn  besichtigen 
und  dort  einen  Grenzstreit  zu  schlichten,  dann  aber  Nach- 
forschungen anzustellen,  ob  Antiochos  und  Eumenes  wirklich, 
wie  es  hiess,  sich  heimlich  gegen  Rom  verbündet  hätten, 
Polyb.  31,9;  über  das  Ergebniss  dieser  Nachforschungen, 
insbesondere  über  einen  Aufenthalt  derselben  in  Syrien  ist 
keine  Nachricht  vorhanden.  Die  Reise  wurde  erst  nach 
dem  Abgang  des  Consuls  Ti.  Gracchus  in  seine  Provinz 
(Pol.  31,  9,  1),  also  frühestens  im  April  163  unternommen; 
dass  sie  nicht,  wie  viele  annehmen,  mit  unserem  Brief  in 
Verbindung  zu  setzen  ist,  lehrt  die  von  den  Absendern 
desselben  eingeschlagene  Route  (s.  u.).  Der  Versuch,  den 
M.*  Sergius  in  dem  Brief  anzubringen,   stützt  sich   auf  die 


Die  Seleukidenära  der  Makkabäerbücker.  299 

Lesart  JMdviog  vieler  Hdss.,  darunter  des  Alexandrinus  (andere 
geben  Mdiog) ;  die  älteste  Textquelle,  die  durch  Hieronymus 
vertretene  Itala,  gibt  Manlius,  mit  ihr  einige  gute  Hdss. 
MdvXiog,  und  der  Text,  welchen  jener  Versuch  herstellt: 
Kdivxog  Mifxfuog,  Tttog,  Mdvtog  ist  schon  an  sich  wegen  der 
unrömischen  Namengebung  unhaltbar.  Von  der  ebenfalls 
dem  J.  163  angehörenden  ersten  Theilung  des  alexandrini- 
schen  Reichs  schreibt  die  46.  Perioche  aus  Livius:  Ptolemaeus 
Aegypti  rex  pulsas  a  minore  fratre  missis  ad  eum  legatis 
restitutus  est;  vor  ihr  steht  das  Lustrum,  der  letzte  Akt  der 
Censoren  von  164 — 163  (de  Boor,  fasti  censorii  p.  19)  und 
vor  diesem  die  Aussöhnung  Roms  mit  Rhodos  (Ol.  154,  1  = 
Spätjahr  164— 163,  Pol.  31,  15);  nach  der  Theilung  wird 
der  Regierungswechsel  in  Eappadokien  nebst  den  durch  ihn 
veranlassten  Botschaften  und  die  Kriegführung  in  Ligurien 
(des  Consuk  Ti.  Gracchus)  undCorsica  (im  J.l  63,  Val.  Max.  9, 12) 
erwähnt.  An  Botschafter,  welche  bei  dieser  Theilung  thätig 
gewesen  sind,  wird  man  mit  besserem  Recht  denken:  denn 
die  Gesandten,  welche  den  Brief  schicken,  kommen  offenbar 
von  Alexandreia  her,  sie  befinden  sich,  wie  daraus,  dass  sie 
nach  Antiocheia  reisen,  hervorgeht,  zur  Zeit  an  der  Philister- 
küste, lieber  ihre  Namen  besitzen  wir  weiter  keine  Angabe  als 
die  unvollständige  bei  PolybiosSl,  18:  xwv  jieqI  KavoX/jiov  xai 
Koivxov  &JiofiaQTVQovvx(ov  xxl,  Quintus  kann  der  Q.  Mem- 
mius  des  Briefes,  kann  aber  auch,  wenn  der  Gesandten 
mehr  als  drei  waren, ^)  einer  von  den  bei  Polybios  nicht 
genannten  jüngeren  Senatoren  sein,  zu  welchen  jedenfalls 
T.  Manlius  gehört;  dieser  ist  mit  T.  Manlius  Torquatus,  Consul 
165  (und  möglicher  Weise  Botschafter  162),  nicht  identisch, 
welcher  wegen  seines  Ranges  in  dem  Briefe  vor,  nicht  nach 


1)  Mindeatens  noch  zwei  jüngere  Senatoren  gingen  162  mit 
Torqnatns  und  Merala  nach  Aegypten,  vgl.  Pol.  31,  27:  oi  jzegl  joy 
ToQxoväxor,  gesagt  nach  der  Entfernung  dea  Merala,  welcher  mit 
Pbyskon  über  Kreta  nach  Kyrene  fuhr. 


SOO  ünger 

Q.  Memmins  stehen  mfisste.  Die  Papyri  von  Memphis  datiren 
im  Anfang  des  mit  dem  3.  Oktober  164  bannenden  Jahres 
ans  dem  7.  Jahr  des  Ptolemaios  Energetes  (Physkon),  im 
Ausgang  desselben  aus  dem  18.  des  Ptolemaios  Philometor.  ^) 
Die  Abfassung  des  Briefes  darf  hienach  in  den  Sommer  163 
gesetzt  werden. 

y.  Das  Olympiadeigahr  des  Porphyrios. 

Wer  nach  dem  makedonischen  Kalender  rechnete,  dem 
fiel  die  erste  gezahlte  Olympien feier,  weil  sie  im  Sommer 
stattfand,  in  das  mit  dem  1.  Dios  (ungeßLhr  17.  Oktober)  777, 
also  9  Monate  Tor  dem  attischen  beginnende  Jahr;  so  hat 
mit  andei^n  im  Gebiet  jenes  Kalenders  lebenden  Schrift- 
stellern, Ton  welchen  unten  die  Rede  sein  wird,  auch  Por- 
phyrios gerechnet.*)  Die  Eroberung  Troias,')  von  Erato- 
sthenes  bei  Dionysios  t.  Hai.  ant.  rom.  1,  63  (TgL  mit  1,  74) 
auf  den  23.  attischen  Thargelion  =  9.  Juni  1183  gestellt, 
geschah  nach  dessen  Anhänger  und  Fortsetzer,  dem  Athener 
ApoUodoros,   wie  Porphyrios   bei  Euseb.  ehr.  I,  221    angibt. 


1)  Robiou,  Recheivhet  sur  le  calendrier  Macedoniea  es  £gypte, 
1S76,  p.  31. 

2  Djlns  sehr  Tiele  Re^emng^n  schon  eine  AwTaM  tob  Monaten 
Tor  dem  attisch  berechneten  Anfanir  de$  Olrmpi^enjahn  begooBen 
haben,  in  welches  Porprrrio«  ihren  Antritt  setit.  nt  bekasst;  nan 
nimmt  daher  mit  Nieba'tir  an,  er  habe  das  ganxe  Jahr  des  Regi^mig»- 
wechseis  der  Toraus^hecden  zogeechlagen  nnd  jede«  Antrittsdatom 
•ei  demnach  in  Wirk.ichkeit  um  ein  Jahr  früher  aninsetiea,  als  ei 
Porphrrio«  ä:e»etxt  hat.  Pie$e  Annahme  tri:^  anf  diejenige»  lliron- 
Wechsel  nicht  nu  welche  im  dritten  Viertel  des  jnl.  Jahres  (Jii)i^e|yt.) 
statto^funden  haben,  i.  B.  Antiochos  Epiphaaea«  wt^Ichem  er  II  Jahre 
Ton  01.151.3  an  gibt,  würde  d.iiui  attisch  «rer^echnet  im  J.OL  151,3 
Ja.i  175—174»  und  Antiocfco*  Kup^tor  Ol.  154,  1  «Jali  164—163) 
begonnen  haben:  ab^r  EpiphAnes  starb  nm  September  163- 

3^  Vgl.  iw>  troi$^.*:ie  Aeni  dee  Saili$.  Mürchcm  1886  (av  den 
Abkal^d:uni^*n  d.  Ak^d."  S.  56  •  Abh.  S.  56S  . 


Bit  Saeuhiäenära  der  Mäkhabäerbüeher.  301 

407  Jabre  vor  OL  1,  1;  nach  attischem  Kalender  gerechnet 
waren  es  aber  408,    vom  1.  Hekatombaion  1184—1183   bis 

1.  Hekatombaion  776—775  und  so  viele  zählt  Diodor  1,5 
mit  Berufung  auf  Apollodor.  Porphyrios  setzte  also  die  von 
Eratosthenes  und  ApoUodoros  attisch  berechneten  Jahre  der 
Einnahme  Troias  und  der  Olympienstiftung  auf  makedonischen 
Stil  um  und  erhielt  so  vom  Herbst  1184 — 1183  bis  Herbst 
777 — 776  nur  407.  Gerade  so  verfuhr  Varro,  welcher  bei 
Censorinus  21  behauptet,  Eratosthenes  habe  407  Jahre 
gezahlt:  so  viele  (römische)  erhielt  er  vom  1.  Januar  — 
31.  (29.)  Dezember  1183  bis  zum  1.  Januar— 31.  (29.)  De- 
zember 776.     Vgl.  unten  über  Eastor. 

In  der  syrischen  Regententafel  des  Porphyrios  bei  Euseb. 
ehr.  1, 249  regiert  Seleukos  I.  32  Jahre  von  Ol.  117, 1  (attisch 
Juli  312-311,  makedonisch  Oktober  313—312)  bis  124,  4 
(incl.  3=  letztes  unter  ihm  vollendetes  Olympiadenjahr) ,  be- 
ginnend mit  seiner  (angeblichen)  Ernennung  zum  König 
Syriens  und  der  Ostländer  durch  Ftolemaios  I.  nach  dem 
Sieg  von  Qaza,  nach  welcher  jener  zu  den  Barbaren  gezogen 
und  von  ihnen  als  König  ausgerufen  worden  sei.  Die  Schlacht 
wurde  im  Frühjahr  312,  möglicher  Weise  schon  Ende  Winters 
geschlagen,  s.  Diodor  19,  80  extr.  Droysen,  Gesch.  d.  Hell.  II, 

2.  45.  Sein  Nachfolger  Antiochos  I.  Soter  regiert  bei  Por- 
phyrios 19  Jahre  von  Ol.  125,  1  (attisch  Juli  280—279, 
makedonisch  Oktober  281—280)  bis  129,  3  (incl.  =  letztes 
volles  Jahr);  dahin  führen  auch  die  32  Jahre  des  Seleukos 
von  Ol.  117,  1  ab.  Im  Winter  281/280  hatte  jener  schon 
den  Thron  seines  von  Ptolemaios  Keraunos  ermordeten  Vaters 
inne:  zu  der  Heerfahrt  nach  Tarent,  welche  Pyrrhos  im 
März  280  antrat,  lieh  ihm  Antiochos  Geld,  Äntigonos  Gonatas 
Schiffe  und  Ptolemaios,  dem  der  Tod  des  Seleukos  die  Herr- 
schaft über  Makedonien  eingetragen  hatte,  Hülfstruppen, 
Justinus  17,  2;  der  Thronwechsel  fällt  wahrscheinlich  in  den 
November  281,   s.  Die  Zeiten   des  Zenon    von   Kition   und 


302  Ungtr 

Antigonos  Gonatas,  Akad.  Sitzungsb.  1887  S.  132.  Den 
19  Regierangsjahren  des  Antiochos  I.  von  Ol.  125,  1  ab  and 
seinem  letzten  (yoUen)  Jahr  129,  3  entsprechend  beginnt  bei 
Porphyrios  sein  Sohn  Antiochos  IT.  Theos  Ol.  129,  4;  das 
letzte  (yoUe)  seiner  15  Regierangsjahre  ist  also  Ol.  133,  2 
(im  Text  des  armenischen  Eusebios  yerdorben  135,  3);  dazu 
stimmt,  dass  a.  a.  0.  Seleakos  IL  Eallinikos  Ol.  133,  3  den 
Thron  besteigt.  Diesem  gibt  der  Text  2 1  Jahre,  nennt  aber 
als  letztes  nicht  Ol.  138,  3,  sondern  den  20  Jahren  des  Kanons 
(in  welchem  Eusebios  mit  Porphyrios^  Zahlen  willkürlich 
umgeht)  entsprechend  138,  2,  was  scheinbar  dadurch  bestätigt 
wird,  dass  Seleukos  IIF.  Keraanos  3  Jahre  yon  Ol.  138,  3 
ab  (das  dritte  ist  nicht  mit  Olympiadendatum  versehen)  und 
Antiochos  III.  Megas  36  Jahre,  beginnend  mit  01.139,2  erhält. 
Es  sind  jedoch  die  besseren  Zeugnisse  (darunter  die  aas  dem 
Text  des  Porphyrios  gezogene  Tabelle  bei  Euseb.  ehr.  I,  263 
im  griechischen  Original  und  in  der  armenischen  Uebersetzung 
und  der  von  Eusebios  anabhängige  Sulpicius  Seyerus),  welche 
dem  Seleukos  Kallinikos  21  Jahre  geben,  und  aus  Polybios 
ist  zu  ersehen,  dass  der  Anfang  des  Antiochos  Megas  in 
Ol.  139,  3  makedonischen  Stils  (Okt.  223—222)  fäUt.  Im 
Winter  220—219  (Pol.  4,  37,  8)  schickten  die  Byzantier  nach 
Lydien  eine  Botschaft  zu  dem  Usurpator  Achaios;  ungeßlhr 
2  Jahre  {dvoi  judhard  nog  ereoi)  vorher,  schreibt  er  4,  48, 
war  Seleukos  aus  Syrien  mit  dem  Heere  über  den  Taaros 
gezogen,  dann  aber  (in  Phrygien  im  3.  Jahr  seiner  Herrschaft, 
Hieronynius  zu  Daniel  11)  meuchlings  ermordet  worden.  Der 
Heereszug  fand  also,  wie  schon  Droysen  bemerkt  hat,  in  der 
guten  Jahreszeit*)  von  222  statt.  Das  letzte  (volle)  der 
36  Jahre  des  Antiochos  Megas  ist  also  Ol.  148,  2,  wie  auch 


1)  Vielleicht,  da  Polybios  in  den  fünf  ersten  Buchern  das  Neujahr 
auf  das  Olympiendatum  (16.  oder  15.  Metageitnion)  stellt,  nach  diesem 
(im  J.  222  dem  18.  oder  17.  August)  und  vor  dem  makedonischen  Neu- 
jahr (ca.  2.  Oktober). 


Die  Seleukidenära  der  Mäkhabäerbücher,  303 

der  von  da  an  wieder  zutre£fende  Text  angibt;  dazu  stimmen 
die  Zahlen  des  Seleukos  III.  Philopator:  12  Jahre  von  01.148, 3 
an  (att.  Juli  186—185,  maked.  Okt.  187—186)  und  die  des 
Antiochos  Epiphanes:  11  Jahre  von  Ol.  151,  3  (att.  Juli  174 
bis  173,  maked.  Okt.  175—174)  bis  Ol.  154, 1;  woraus  sich 
ergibt,  dass  Ol.  151,  1,  dem  Text  zufolge  das  letzte  (volle) 
Jahr  des  Seleukos,  aus  151,  2  verdorben  ist.  Beide  Anfangs- 
data sind  makedonisch  gerechnet:  Antiochos  Megas  starb  nach 
Zonaras  9  p.  455,  6  unter  den  Consuln  von  567/187,  und  unter 
denen  von  579/175  kam  Antiochos  Epiphanes  zur  Regierung, 
s.  Gap.  II,  wo  euch  über  die  Zeiten  der  Nachfolger  das 
Nöthige  gesagt  ist. 

In  der  alexandrinisch-ägyptischen  Regentenzeittafel  bei 
Euseb.  chron.  I,  229  ff.  gibt  Porphyrios  am  Anfang  und  am 
Schluss  Olympiadendata,  ausserdem  bloss  die  Zahl  der  Re- 
gierungsjahre, was  zunächst  wohl  damit  zusammenhängt, 
dass  in  Alexandreia  nach  makedonischem  Kalender,  dessen 
Schalt wesen  dort  schlecht  geordnet  war,  in  Aegypten  da- 
gegen nach  dem  althergebrachten  beweglichen  Sonnenjahr 
gerechnet  wurde.  Die  Zählung  der  Regierungsjahre  ist  die 
amtliche,  vom  Regenten  (p.  164  avrög)  und  der  Gemeinde 
(p.  162.  166  ol  'Ale^avÖQeig)  in  Alexandreia  geführte,  bei 
jedem  Wechsel  verkündigte  (p.  164  ävrjyogsv^rj)  und  schrift- 
lich verzeichnete  (p.  166  äveyQdtprj,  öfters  äveygdfpr]  u.  dgl.); 
der  seit  mindestens  den  letzten  Pharaonen  in  Aegypten  herr- 
schenden Sitte  gemäss  wurde  mit  jedem  Kalenderneujahr  ein 
neues  Regierungsjahr  angefangen,  ein  Verfahren,  welches 
sich  auch  in  der  römischen  Zeit  erhielt.  Die  von  Porphyrios 
angegebenen  Regierungsjahrzahlen  der  Alexandriner  stimmen 
überall,*)  wo  ein  Einblick   möglich  ist,    mit   den    im  astro- 


1)  Eine  sachliche,  nicht  kalendarische  Abweichung  ist,  dass  die 
Erhebung  des  Ptolemaios  I.  zum  König  von  Porphyrios  in  sein  18.  Jahr 
(80.  Sept.  806  bis  18.  Okt.  806),  vom  Regentenkanon  dagegen  in  das 
nächste  Ägyptische  (7.  Nov.  806  bis  6.  Nov.  804}  gesetzt  wird.    Dieser 


304  Unger 

nomischen  Elegentenkanon  erhaltenen  ägyptischen  überein : 
was  sich,  soweit  der  alexandrinische  Kalender  von  Seiten  der 
Schaltung  in  gutem  Gang  war,  daraas  erklart,  dass  beide 
Neujahre  einander  immer  näher  kamen:  der  l.Thoth,  welcher 
sich  wegen  der  Dauer  des  ägyptischen  Jahres  (365  Tage, 
ohne  dass  alle  vier  Jahre  ein  Schalttag  hinzukommt)  im 
julianischen  alle  vier  Jahre  um  einen  Tag  zurückschiebt, 
traf  325—822  auf  den  12.  November,  285—282  auf  den 
2.  November,  245—242  auf  23.  Oktober,  221—218  auf 
17.  Oktober,  205—202  auf  13.  Oktober,  181—178  auf 
7.  Oktober,  145—142  auf  28.  September,  117—114  auf  den 
21.  September.  Um  100  v.  Chr.  wurde  das  makedonische 
Mondjahr  der  Alexandriner  in  das  ägyptische  Sonnenjahr 
umgewandelt,  nur  die  Namen  der  Monate  blieben  die  alten, 
s.  Brandes,  Zur  maked.  Zeitrechnung,  Rhein.  Museum  XXII,  377 
und  Robiou,  Recherches  sur  le  calendrier  Macedonien  en  Egypte, 
1876. 

Auf  Alexander  d.  Gr.,  schreibt  Porphyrios,  folgte  Ol.  114, 2 
Philippos  Aridaios;  ein  Jahr  darnach^)  (also  Ol.  114,  3,  att. 
Juli  322—321,  maked.  Okt.  323—322)  wird  Ptolemaios  als 
Satrap  nach  Aegypten  geschickt  (nijUTietai).  Mitte  322  war 
Ptolemaios  bereits  seit  geraumer  Zeit  in  seiner  Provinz:  als 
sich  Perdikkas  im  Winter  322/321  zum  Krieg  entschloss, 
hatte  er  schon  Cyrenaica  mit  ihr  vereinigt:  von  dem  Be- 
schluss  der  dort  im  Burgerkrieg  unterlegenen  Partei,  seine 
Hülfe   anzurufen,   bis   zur  Erwerbung  des  Landes   war  eine 


folgt,  wie  seine  Uebereinstimmung  mit  den  Mflnzen  beweist,  der 
amtlichen  Z&hlung;  auf  die  Nachricht,  dass  Antigonos  806  v.  Chr. 
sich  und  seinem  Sohne  Demetrios  das  Diadem  aufgesetzt  hatte,  rief 
das  Heer  auch  den  Ptolemaios  als  König  aus  (Appian  Syr.  64. 
Just.  15,  2),  er  wagte  aber  erst  später  den  Titel  anzunehmen. 

1)  Porphyrios:  fiet'  iviavr6v  (d.  i.  t<jj?  hto/ierq}  IviavT^),  ent- 
sprechend seiner  Gewohnheit,  bloss  mit  ganzen  Jahren  za  rechnen; 
s.  Bom  Schlnss  der  ägyptischen  Begententafel. 


DU  SOeukidenära  der  Makhahäerhüeher.  305 

lange  Zeit  yergangen  (Diod.  18,  21)  und  ihrem  Rufe  konnte 
er  nur  folgen,  weil  Söldnerwerbungen  (Diod.  18,  14)  in 
Hellas,  Eleinasien  und  auf  den  Inseln  ihn  bereits  in  den 
Stand  gesetzt  hatten,  ein  Heer  zu  schicken,  ohne  Aegypten 
zu  entblössen;  als  im  Frühjahr  322  (Diod,  18, 15:  gleichzeitig 
mit  dem  Zug  des  Krateros  aus  Eilikien  nach  Makedonien) 
Perdikkas  mit  den  Königen  und  dem  Reichsheer  von  Babylon 
gegen  Ariarathes  zog,  war  Pfcolemaios  sicher  schon  in  Aegypten, 
jedenfalls  wäre  er  weder  mit  nach  Kappadokien  gezogen 
noch  in  Babylon  zurückgeblieben ;  spater  als  in  den  Anfang 
dee  Frühlings  322  kann  man  seinen  Abgang  nach  Aegypten 
nicht  setzen;  Droysen  lasst  ihn  wegen  der  Angabe  des  Por- 
phyrios  infolge  irgend  einer  Verzögerung  im  Winter  323/322 
stattfinden.  Alexander  starb  am  4.  Pharmuthi  (Julius  Yale« 
rins  3,  35)  ^s  13.  Jnni  323;  sobald  die  Satrapien  vertheiit 
waren,  begannen  die  Zurüstungen  für  die  Leichenfeier,  nach 
Curtius  10,  10,  dessen  Angabe  gewöhnlich  befolgt  wird,  am 
7.  Tage,  seit  der  König  im  Sarge  lag;  die  Zahl  ist  jedoch, 
wie  aus  Curtius  selbst  hervorgeht,  aus  einer  weit  höheren 
verdorben.  Der  Hader  über  die  Besetzung  des  Thrones 
dauerte  viele  Tage,  Plut.  Eum.  77:  xcav  ^ye/idvcov  ataai^ 
aodrtwv  i<p*  ^juigag  nokidg;  oftmals  gingen  Gesandtschafben 
herüber  und  hinüber,  bis  endlich  eine  Einigung  erzielt 
wurde,  Arrian  bei  Photios  bibl.  p.  69a;  30  Tage  lag  nach 
Aelian  var.  bist.  12,  64  die  Leiche  unbeachtet,  als  ein  Orakel 
verkündet  wurde,  welches  Ptolemaios  auf  den  Gedanken 
brachte,  sie  nach  Aegypten  zu  entführen;  auf  dem  Wege 
von  Perdikkas  eingeholt,  täuschte  er  diesen  durch  Unter- 
schiebung einer  fremden  Leiche  und  brachte  die  echte  nach 
Aegypten,  Dies  ist  ein  Märchen,  das  aber  wegen  seines 
Widerspruchs  mit  der  gewöhnlichen  Beerdigungsfrist  nur  ent- 
stehen konnte,  wenn  diese  in  ungewöhnlicher  Weise  über- 
schritten worden  war.  Nach  Curtius  10,  6,  7  (vgl.  c.  8,  6 
und  6|  4)  kam  fünf  Tage  nach  dem  Todesfall  die  Nachricht 

1805.  Sitningib.  d.  pbil.  n.  hist.  Ol.  20 


306  Vnger 

nach  Babylon,  dass  die  hinausgezc^ene  Partei  kein  Getreide 
zu  den  Thoren  lasse;  itaque,  schreibt  er,  inopia  primam, 
deinde  fanies  esse  coepit.  Da  die  Ernte  erst  vor  zwei  Mo* 
naten  beendigt  worden  war,  musste  eine  lange  Zeit  yergehen, 
ehe  sich  Hungersnoth  einstellen  konnte.  Jetzt  wurde  eine 
Botschaft  hinansgeschiekt,  die  aber  unverrichteter  Dinge  zq- 
rOckkam;  eine  spätere  fOhrte  znr  Einigung  und  diese  zur 
Ordnung  der  Thronfolge  und  der  Reichsregierung;  mehrere 
Tage  später  (c.  9,  13)  wurden  die  ProTinzen  ▼ertheilt  und 
dann  die  Vorbereitungen  zur  Leichenfeier  begonnen.  Er- 
gänzen wir,  weil  eine  Dauer  von  ca.  2^%  Monaten  zu  yer- 
muthen  ist  (s.  u.),  septimus  <et  septuagesimus)  diee  erat,  ex 
quo  corpus  regis  jacebat  in  solio,  so  wäre  es  am  28.  August 
geschehen.  Nach  der  Feier,  ungewiss  wie  lange  nachher, 
schenkte  Roxane  einem  Knaben  das  Leben,  nach  Curtins  10,  6 
(seztus  mensis  est,  ex  quo  Roxane  praegn.ans  est)  wäre  das 
um  Mitte  Oktober,  nach  Justinus  13,  2  (exacto  mense  octaro 
matura  iam  ex  Alexandro  erat)  um  Ende  Juli  oder  Anfang 
August  geschehen:  beide  sprechen  vom  Tag  nach  dem  Todes- 
fall, dem  14.  Juni,  und  als  normale  Frist  zwischen  Conception 
und  Geburt  galt  der  10.  Mondmonat.  Der  Bericht  des  Curtius 
ist  ausführlich  und  genau,  der  andere  ein  flüchtiger  und  in 
Folge  davon,  dass  Justinus  uninteressante  Vorgänge  seiner 
Gewohnheit  gemäss  übersprungen  hat,  lückenhafter  Auszug 
aus  Trogns,  in  welchem  von  einer  längeren  Dauer  jener 
Händel  gar  nichts  zu  erkennen  ist:  auf  den  am  14.  Juni 
(Curtius  10,  8,  3 — 4)  gegen  Perdikkas  gerichteten  Mord- 
anschlag lässt  er  sofort  dessen  Ansprache  an  das  Fussvcdk 
folgen,  durch  welche  mittelst  der  ersten  Gesandtschaft  die 
Einigung  angebahnt  wurde.  Seine  Zeitangabe  scheint  dem 
späteren  der  zwei  zusammengeschobenen  Ereignisse  gegolten 
zu  haben;  dann  liegen  zwischen  ihnen  ungefähr  2^/a  Monate 
(die  Differenz  zwischen  dem  6.  laufenden  und  dem  8.  volU 
endeten).      Die  letzte  Ehre  haben   ihrem   todtea  K&nig  die 


Die  Seleukidenara  der  Mäkkabäer^fücher.  807 

Sbitthalter  sicher  noch  erwiesen,  ehe  sie  sich  in  ihre  Pro- 
vinzen begaben f  das  setzt  auch  Droysen  voraus;  von  den 
hervorragenden  wie  Ptolemaios  darf  man  wohl  auch  an- 
nehmen, dass  sie  gewartet  haben,  bis  sich  die  Frage  ent- 
schied, ob  Roxane  einen  Sohn  zur  Welt  bringen  würde  oder 
nicht.  Seihet  wenn  er  das  nicht  gethan  hat,  ist  zu  ver- 
muthen,  dass  er  nicht  vor  dem  makedonischen  Neujahr 
1.  Dios  (ungef&hr  9.  Okt.)  in  Aegjpten  angekommen  ist: 
den  ohnehin  weiten  Weg  von  Babylon  über  Ninive  oder 
einen  Nachbarort  durch  Mesopotamien,  Nord-  und  Södsyrien 
hat  er  wahrscheinlich  in  Begleitung  einer  Heeresabtheiiung 
gemacht  und  in  Folge,  dessen  längere  Zeit  als  die  einer 
gewöhnlichen  Reise  gebraucht;  dies  ist  aus  Diod.  18,  14: 
äxwAvvcos  ncLQekaße  rifv  Alyvmov  zu  schliessen;  Porpfayrios 
aber  datirt  mit  Ol.  114,  3  sein  Eintreffen  in  Alexandreia 
(s.  u.)  als  den  Beginn  seiner  Regierung  daselbst. 

Die  Olympiadendata  des  Schlusses  sind  planmässig  ge- 
fälscht und  die  ganze  Stelle  harrt  noch  ihrer  Erklärung, 
deren  Schlüssel  darin  liegt,  dass  Porphyrios  zwei  einander 
parallel  laufende  Regentenreihen,  die  Beherrscher  Aegyptens 
und  die  in  Alexandreia  residirenden  Könige  unterscheidet: 
die  Personen  sind,  den  Anfang  ausgenommen,  auf  beiden 
Seiten  dieselben,  auch  die  Dauer  beider  Linien  gleich  lang, 
aber  die  eine  beginnt  und  endigt  ein  Jahr  vor  der  andern. 
'Auf  Kleopatra,  heisst  es  dort,  folgt  in  der  Regierung 
Aegyptens  in  Folge  des  Sieges  bei  Actium  Octavianus 
Caesar  Augustus  im  Jahr  Ol.  184,  2  (Okt.  44—43;^)  hiess 
ursprünglich  Ol.  187,  3  =  Okt.  31—30);  von  Ol.  111,  1 
(Okt.  337-386,  ursprünglich  Ol.  114,  2  =  Okt.  324—323), 
wo  Philippos  Aridaios  die  HeiTSchaft  überkam,  bis  Ol.  184,  2 


1)  VerwechBlung  des  römischen  Anfangs  seiner  Regierung  mit 
dem  ägyptischen;  in  Folge  dessen  ist  aacfa  die  Epoche  des  Aridaios 
um  IB  Jahve  su  frfik  gesetast  worden. 


308  ünger 

(arsprüDglich  187,  3)  ei^eben  sich  73  Olympiaden  und  1  Jahr, 
zusammen  293  Jahre.  So  viel  zahlt  man  aber  auch  Jahre 
der  Könige,  welche  in  Alexaudreia  residirt  haben  {x&v 
iv  lAXe^avÖQsbjt  ßaoikevadvrcov)  bis  zum  Ende  der  Eleopatra* 
Der  erste  in  Alexandreia  residirende  König  war  Ptolemaios 
(er  wurde  zwar  erst  306/305  König,  aber  auch  von  den 
293  Jahren  der  Könige  Aegjptens  kommen  17  auf  dessen 
Satrapenzeit),  er  begann  ein  Jahr  später  als  Aridaios,  im 
J.  Ol.  114,  3  und  Kleopatra^s  Ende  fiel  nach  dem  astro- 
nomiscben  Kanon  in  das  mit  dem  1.  Thoth  (31.  August)  30 
beginnende  ägyptische  Jahr  und  damit  fdr  Porphyrios,  weil 
das  alexandrinische  Neujahr,  der  1.  Dios  damals  mit  dem 
1.  Thoth  gleich  war,  auch  in  Ol.  187,  4  (eigentlich  Okt.  30 
bis  29);  die  Herrschaft  über  Aegypten  verlor  sie  im  vorher- 
gehenden Jahre  Ol.  187,  3  (beginnend  mit  1.  Dios  s=s  1.  Thoth 
=  31.  Aug.  31):  am  römischen  2.,  julianisch  1.  Sept.  31 
wurde  die  Schlacht  von  Actium  geschlagen,  im  Sommer  30 
drang  Octavian  von  Osten,  Cornelius  Qallus  von  Westen  her 
ein,  bald  wurde  Alexandreia  eingeschlossen,  womit  ihre  Herr- 
schaft über  Aegypten  selbst  auf  allen  Punkten  endigte,  nach 
der  Seeschlacht  des  1.  Sextilis  =  31.  Juli  30  konnte  Alexan- 
dreia keinen  Widerstand  mehr  leisten,  um  Anfang  Sept.  30 
gab  sich  Kleopatra  den  Tod. 

Die  makedonische  Begentenzeittafel  des  Porphyrios  (Eus. 
ehr.  I,  229  ff.)  gibt  Ol.  139,  4  als  letztes  (volles)  Regierungs- 
jahr des  Antigonos  Doson  und  dem  entsprechend  als  erstes 
des  Philippos  Ol.  140, 1  (att.  Juli  220—219,  maked.  Okt.  221 
bis  220).  Diesen  finden  wir  im  Winterhalbjahr  221/220  be- 
reits als  König,  Pol.  4,  5  ff. ;  Antigonos  war  von  den  nemei- 
schen  Spielen  (18.  Panemos  =11.  Juli  221)  in  Eile  w^en 
eines  Einfalls  der  Illyrier  heimgezogen,  in  der  Schlacht  von 
einem  Blutsturz  befallen  worden  und  bald  darauf  (jiev*  ov 
noXv)  gestorben,  Pol.  2,  70;  während  seiner  Krankheit  hatte 
er  den  Philippos  in  die  Peloponnesos  geschickt  und  war  bei 


Die  SeUukidenära  der  Mäkkabäerbücher.  309 

dessen  Rückkehr,  wie  es  scheint,  noch  am  Leben,  Plntarch 
Aratos  46.  Die  42  Jahre,  welche  Porphyrios  dem  Philippos 
gibt,  bringen  seinen  Tod  und  den  Anfang  des  Perseus  in 
Ol.  150,  3  (att.  Juli  178—177,  maked.  Okt.  179—178): 
der  Regierungswechsel  fand  nach  Livius  40,  54  im  J.  575 
(beginnend  mit  id.  Mart.  =  5.  Jan.  179)  statt  und  zwar,  den 
10  Jahren  8  Monaten  zufolge,  welche  er  dem  Perseus  gibt 
und  mit  der  Schlacht^)  von  Pydna  (19.  Juli  168)  endigt,  im 
November  oder  Dezember  179.*)  Ueber  die  anderen  Data 
der  makedonischen  Regententafel,  ebenso  über  die  thessalische 
und  asianische  s.  Die  Zeiten  des  Zenon  von  Kition  und  Anti- 
gonos  Gonatas,  Akad.  Sitznngsb.  1887  S.  125  ff.,  vgl.  üeber 
die  Todeszeit  des  Philippos  Aridaios,  Philologus  1889  S.  88 
bis  98. 

Anfang  der  Olympiadenjahre  um  die  Herbstnachtgleiche 
finden  wir  vielleicht  schon  bei  Ephoros,  wenigstens  begannen 
um  sie  seine  Jahresgeschichten,  s.  Quellen  Diodors  im  11.  Buch, 
Philologus  XL,  60;  ob  er  das  lakonische  oder  das  makedonische 
Neujahr  zu  Grunde  legte,  ist  ungewiss,  sachlich  aber  einerlei. 
Nachweisbar  der  erste,  welcher  die  Olympiadenjahre  make- 
donisch berechnet,  ist  der  Chronograph  Kastor.  Wie  Por- 
phyrios setzt  er  bei  Josephos  gegen  Apion  1,  23  die  Schlacht 
von  Oaza  (März/April  312)  in  Ol.  117,  1  und  in  das  11.  Jahr 
seit  Alexander's  Tod   (13.  Juni  323  =  maked.  Ol.  114,  2, 


1)  Wie  an  vielen  Stellen  den  Tod  eines  Königs  (z.  B.  des 
Aridaios )  Seleukos  I.,  Antiochos  I.  u.  a.),  so  setzt  er  hier  diese 
Schlacht,  weil  mit  ihr  die  Regierung  endigte,  oneigentlich  in  das 
letzte  nnter  ihm  yollendete  Jahr,  in  Ol.  152,  4  (Okt.  170—169),  ein 
Datum,  welches  man  attisch  (Jali  169—168)  genommen  und,  an  die 
Fabel  yon  dem  unmittelbaren  Vorausgehen  der  Mondfinsterniss  des 
21.  Jnni  168  glaubend,  far  das  wirkliche  Schlachtdatum  erklärt  hat: 
das  eigentliche  Jahr  der  Schlacht  war  nach  makedonischem  Kalender 
Ol.  168»  1  (Okt.  169—168). 

2)  Bestfttigt  durch  die  thessalische  Zeittafel  des  Porphyrios, 
s.  Zeiten  des  Zenon  S.  168. 


310  ünger 

ait.  114,  l).  Die  407  Jahre,  welche  Porphyrios  von  Troias 
Fall  bis  zur  1.  Olympiade  zählte,  setzten  sich  nach  Euseb. 
ehr.  I,  189  aus  folgenden  Posten  zusammen:  'von  Troias  Ein- 
nahme (Okt.  1184 — 1183)  bis  zur  Herakleidenwanderung 
(Okt.  1104—1103)  80,  von  da  zur  Gründung  loniens  (Okt- 
1044—1043)  60,  von  da  bis  Lykurg  (Okt.  885—884)  159, 
von  da  bis  Ol.  1  (Okt.  777—776)  108,  im  Ganzen  407; 
während  Eratostbenes  (bei  Clemens  Alex,  ström.  I,  p.  336)  und 
Apollodoros  bis  zur  vorletzten  Epoche  mit  denselben  Ab- 
ständen die  Data  Juli  1184—1183,  Juli  1104-1103,  Juli 
1044—1043,  Juli  885—884,  dann  aber  mit  108  bis  zum 
Vorjahr  der  ersten  Olympiade,  also  mit  109  bis  zu  dieser 
selbst  das  Jahr  Ol.  1, 1  =  Juli  776—775  erhielten.  Eastor 
bei  Euseb.  ehr.  1, 179  bestimmte  die  Einnahme  Troias  anders, 
8.  Troische  Aera  des  Suidas  S.  62  (572) ;  aber  die  übrigen 
Posten  sind  dieselben  wie  bei  Porphyrios:  von  der  Hera- 
kleidenwanderung bis  zur  ionischen  60,  von  da  bis  zur 
1.  Olympiade  267  (Eratostbenes  und  Apollodoros  268)  Jahre. 

Geizer  Africanus  II,  169  meint,  Kastor  habe  das  feste 
Sonnenjahr  von  Alezandreia,  welches  mit  dem  29.  August 
anfangt,  zu  Grunde  gelegt;  dieses  ist  aber  erst  nach  Kastor's 
Zeit  eingeführt  und  für  geschichtliche  Daten  von  keinem 
hellenistischen  Schriftsteller  verwendet  worden,  auch  nicht 
(wie  Arn.  Schäfer  meinte)  von  dem  Verfasser  der  tabula  Iliaca. 

Die  Verfinsterung  des  Himmels,  welche  bei  Christi 
Kreuzigung  vom  Mittag  an  drei  Stunden  lang  dauerte 
(Matth.  27,  Marc.  15,  Luc.  23),  wurde  nach  Africanus  bei 
Synkellos  p.  610  von  Thallos^)    als  eine  Sonnenfinsterniss 


1)  Dass  er  nach  Olympiaden  datirt  hat,  g^eht  aus  Eas.  ehr.  l,  265 
hervor.  Die  Unbekanntschaft  mit  dem  Monatsdatum  jeoer  Yerfinste- 
rang  (in  der  Mitte  des  Mondmonats  konnte  nur  eine  MondfinatemiBS 
eintreten)  und  ihrer  Jahreszeit  (FrQhling)  spricht  gegen  die  beliebte 
Yerarathang,  Thallos  sei  der  nur  ans  Josephos  ont.  18, 16, 4  bekannte 
Freigelassene  des  Tiberius  aus  Samareia  gewesen,  von  welchem  keine 


Die  Seleukidenära  der  Makkabäerhücher.  311 

bezeicbnet;  es  ist  wahrscheinlich  dieselbe,  welche  nach  Phlegon 
ans  Tralles,  citirt  von  Africanns  bei  Euseb.  demonsfcr.  evang. 
8,  2,  53  und  bei  Synkellos  a.  a.  0.  im  16.  Jahr  des  Tiberius 
(19.  Aug.  29—30),  im  J.  Ol.  202,  2  (att.  Juli  80-31,  maked. 
Okt.  29  -  30)  eingetreten  ist:  denn  Africanus  setzte  Christi 
Tod  eben  in  dieses  Jahr.  Die  Verlegenheit,  in  welche  dieses 
Datum  die  neueren  Forscher  in  Folge  dayon  gesetzt  hat,  dass 
in  der  202.  Olympiade  nur  eine  Sonneufinsterniss,  die  totale 
des  24.  November  29  sichtbar  gewesen  ist  (s.  Wurm  bei 
Ideler  11,  417),  hebt  sich,  wenn  das  Olympiadenjahr  auf 
makedonischen  Kalender  gestellt  war;  Eusebios,  dem  Christi 
Tod  in  Ol.  202,  4  fiel,  hat  im  Kanon  das  Datum  Phlegon^s 
stillschweigend  in  Ol.  202,  4  umgewandelt.  —  In  dem  von 
Photios  biblioth.  cod.  97  aufbewahrten  Bruchstück  der  Olyra- 
piadenchronik  Phlegon 's  beginnt  die  177.  Olympiade  (att.  JuH 
72—68,  maked.  ca.  3.  Okt.  73—20.  Sept.  oder  19.  Okt.  69) 
mit  der  Belagerung  von  Araisos,  Herbst  oder  Winter  73/72, 
und  dem  Zug  des  Fabius  Hadrianus  gegen  Mithridates,  Früh^ 
ling  72 ;  in  das  4.  Jahr  setzt  er  die  Rüstungen  des  Mithridates 
und  Tigranes,  Winter  70/69,  und  ihre  (erste)  Niederlage, 
Frühling  69,  s.  Historische  Glosseme  in  Xenophons  Hellenika, 
Akad.  Sitzungsb.  1882  S.  302,  wo  bereits  der  Schluss  auf 
makedonischen  Stil  gezogen  worden  ist.  Die  grosse  Schlacht 
von  Tigranocerta  setzte  Phlegon  demnach  in  Ol.  178,1;  ihr 
romisches  Datum  6.  Okt.  685  entspricht  dem  20.  Okt.  69. 
Virgil's  Todesdatum  15.  Okt.  684  =  18.  Okt.  70  stellt  er  in 
Ol.  177,  3  statt  177,  4  (1.  Dios  =  ca.  1.  Okt.  70);  vielleicht 
wählte  er  hier  und  anderwärts,  wo  ihm  nicht  wie  bei  den 
anderen  Ereignissen  ein  griechisches  Datum  zu  Gebot  stand, 


literarische  Tbätigkeit  gemeldet  wird ;  der  Chronograph  scheint 
mehrere  Generationen  nach  Christus  gelebt  zu  haben.  Die  verdorbene 
Angabe  bei  Eosebios  a.  a.  0.«  dass  er  seine  Chronik  bis  Ol.  167 
geführt  habe,  ändert  Gntschmid  in  Ol.  217,  Wachsmuth  mit  Karl 
Müller  in  01.207;  yieUeicht  ist  Ol.  227  (Okt.  128—132)  das  Richtige. 


312  Unger 

in  der  Ungewissheit  über  die  Gleichung  das  dem  römischen 
Jahr  zum  grössten  Tbeil  gleichlaufende  makedonische;  daraus 
erklärt  es  sich,  dass  er  bloss  hier  das  Tagdatum  und  zwar 
das  römische  beisetzt. 

Die  Olympionikenliste  im  Quellenbuch  der  Chronik 
des  Eusebios  (I,  193  ff.)i  ^^^  Verzeichniss  der  Sieger  im 
Stadion,  fügt  bei  vielen  Olympiaden  eine  kurze  Notiz  bei, 
welche  entweder  die  Geschichte  der  Spiele  oder  ein  epoche* 
machendes  Ereigniss  der  Weltgeschichte  betrifft;  die  einzelnen 
Jahre  der  Olympiaden  gibt  sie  nicht  an.  üeberall,  wo  das 
Datum  eines  solchen  auf  der  zwischen  dem  attischen  und 
makedonischen  Stil  strittigen  Grenze  liegt,  zeigt  sich  An- 
wendung des  makedonischen^):  den  Begierungsantritt  des 
Caligula,  geschehen  am  16.  März  37,  bringt  sie  unter  OL  204 
(att.  Juli  37—41,  maked.  Okt.  36—40),  den  des  Claudias, 
geschehen  24.  Jan.  41,  unter  Ol.  205  (att.  Juli  41 — 45, 
maked.  Okt.  40 — 44),  des  M.  Aurelius,  geschehen  7.  März  161, 
unter  Ol.  235  (att.  Juli  161-165,  maked.  Okt.  160—164), 
des  Pertinax  am  1.  Jan.  193  und  des  Septimius  Severus  am 
1.  Juni  193  unter  Ol.  243  (att.  Juli  193—197,  maked.  Okt. 
192—196).  Auch  das  Antrittsdatum  des  Nerva  Ol.  218 
(att.  Juli  97—101,  maked.  Okt.  96—100)  gehört  hieher: 
der  18.  Sept.  96  fiel  attisch  und  makedonisch  in  Ol.  217,  4, 
aber  der  Verfasser  und  mit  ihm  sein  Nachtreter  Eusebios  hat, 
wie  Gutschmid  bezüglich  des  letzteren  bemerkt,  das  romische 
Datum  XIV  kal.  Oct.  aus  Versehen  für  den  14.  Okt.  96 
genommen.  Die  Liste  ist  nicht,  wie  seit  Scaliger  auch  jetzt 
noch,  z.  B.  von  Geizer  Afric.  I,  161  angenommen  wird,  der 


1)  An  den  Eaiserdaten  des  eatebischen  Kanons,  welche  auf 
dieser  Olympionikenliste  beruhen,  schon  von  Gutschmid,  De  tempo- 
mm  notis  quibus  Eusebias  utitar  in  chronicis  canonibus,  Progr.  Kiel 
1868  p.  5  erkannt;  nur  lässt  er  von  Septimius  Sevems  an  mit  Un- 
recht das  alexandrinische  Nei^ahr  an  die  Stelle  des  inakedonischen 
treten. 


Die  Seletikidenära  der  Makkabäerbüt^ier.  318 

Chronik  des  Africanns  entlehnt,  8.  Philologus  XXVIII,  407 ; 
sie  stand,  wie  seinerzeit  gezeigt  werden  soll,  in  der  Oljm- 
piadeuchronik  des  Cassius  Longinus. 

Julius  Africanus,  wohnhaft  in  Emmaos  (Nikopolis) 
westlich  Jerusalems,  setzte,  wie  schon  erwähnt,  Christi 
Kreuzigung  in  Ol.  202,  2  (att.  Juli  80—31,  maked.  Okt. 
29—30)  und  Jahr  16  des  Tiberius  (19.  Aug.  29—30);  der 
15.  Nisan,  an  welchem  sie,  wie  Geizer  Afric.  I,  49  aus  seiner 
Bemerkung  bei  Synkellos  p.  610:  'EßgaToi  yäg  äyovai  ro 
ndaxa  xarä  aeXT^vfjv  id\  nqb  dh  juiäg  xov  ndaxcL  rä  negl  tdv 
oantJQa  ovvißri  schliesst,  fiel  nach  jüdischer  Rechnung  (wahrer 
Neumond  22.  März  Nachts  7  U.  55  Min.)  auf  den  7.  (oder  8.) 
April  30,  einen  Dienstag  (od.  Mittwoch) ;  wenn  statt  nagaoHevi} 
(oder  nQÖ  fxiäg)  xov  ndaxa  im  Ev.  Marci  15,  42  auch  tzqo- 
adßßaxov  gesagt  wird,  so  ist  daraus  nicht  zu  folgern,  dass 
Africanus  das  Ereigniss  auf  einen  Freitag  gesetzt  habe;  die 
Christen  jüdiscber  Abkunft  feierten  die  Auferstehung  Christi  an 
jedem  16.  Nisan,  gleichviel  welcher  Wochentag  es  auch  war, 
ebenso  behandelten  sie  die  anderen  Festtage  und  noch  ein  Jahr- 
hundert nach  Africanus  galt  diese  Sitte  in  den  meisten  orien- 
talischen Kirchen,  s.  Ideler  II,  200  fg.  204;  TtQoodßßaxov 
heisst  der  alten  Bedeutung  des  Wortes  Sabbat  entsprechend 
Vortag  eines  Festes,  nicht  bloss  Vortag  des  allwöchentlichen 
Festes.  —  Africanus  schrieb,  wie  er  bei  Synkellos  p.  400.  614 
erklärt,  unter  den  Consaln  (von  221)  Gratus  und  Seleucus, 
im  3.  Jahr  (8.  Juni  220 — 221)  des  K.  Antoninus  Avitus 
(Elagabal)  in  der  250.  Olympiade  (att.^)  8.  Juli  221—225, 
maked.  Okt.  220—221). 

EusebioSr  Bischof  von  Caesarea  in  Palästina,  wendet 
in  den  Tabellen  [xav6veg\  dem  sog.  Kanon  des  zweiten  Buchs 
seiner  Chronik  eine  doppelte  allgemeine  Jahrzählung  an,  nach 


1)  DamalB  wegen  der  VertpAtang  des  Kalenders  6.  Sept.  221, 
Ygl.  Zeitrechnung  der  Qriechen  and  Römer  S.  765. 


314  ünger 

Jahren  Abrahams  und  nach  Olympiaden;  aber  zur  Datirang 
von  Ereignissen^)  gebraucht  er  bloss  die  zweite:  so  in  der 
biblischen  Chronologie  des  ersten  Buchs  (I,  71.  121.  125. 
127.  129)  und  des  Vorworts  zum  zweiten,  in  der  Series 
regum  (I  append.  p.  6  sqq.),  femer  in  der  Vorrede  und  den 
Anmerkungen  zum  Kanon.  Beide  Zahlungen  setzen  eine  und 
dieselbe  Jahrform,  gleiches  Neujahr  voraus,  oder  vielmehr 
bloss  die  zweite  ist  eine  eigentliche  Aera,  dagegen  die  Zäh- 
lung nach  Abrahamsjahren  dient  nur  als  Nothbehelf,  weil  er 
1240  Jahre  vor  der  ersten  Olympiade  mit  Abrahams  Geburt 
anfangend  irgend  eine  Jahrzählung  anwenden  musste;  eine 
Aera  konnte  diese  sonst  nirgends  gebrauchte  Zählung  schon 
desswegen  nicht  sein,  weil  das  Tagdatum  der  Geburt  Abra- 
hams nicht  überliefert  war  und  in  Folge  dessen  die  Abra- 
hamsjahre keine  nachweisbare  Anfangsepoche  besassen.  Auch 
die  Olympiadenzählung  wendet  er  nur  desswegen  an,  weil  sie 
die  Aera  seiner  Quellen^)  bildet;  ihm  selbst  ist  sie,  wie  die 
verkehrten  Olympiadenzahlen  des  letzten  Jahrhunderts,  in 
welchem  er  theils  auf  anders  datirte  Angaben,  theils  auf 
sich  selbst  angewiesen  ist,  beweisen,  gar  nicht  geläufig.  Er 
kennt  auch  die  Seleukidenära  nicht:  in  der  Anmerkung*) 
zum  2.  Jahr  des  Probus  datirt  er  die  Entstehung  der  Mani- 
chäersekte,  ohne  jene  zu  erwähnen,  nach  den  Acren  von 
Antiocheia,  Tyros,  Laodikeia,  Edessa  und  Askalon;  zum 
2.  Jahr  des  Seleukos,  Ol.  117,  2  (Okt.  312—311),  bemerkt 
er,  dass  mit  diesem  die  Aera  von  Edessa  beginne,  kein  Wort 

1)  Die  in  die  Zeit  yor  Ol.  1  fallenden  datirt  er  nicht. 

2)  Für  die  Kaiserzeit  eben  des  Thallos,  Phlegon,  Oassins  Lon- 
gmoBj  Africaniifl  and  Porphyrios,  von  welchen  oben  nachgewiesen  ist, 
dass  sie  den  makedonischen  Kalender  za  Grande  legen. 

8)  Die  Stelle  fehlt,  wie  vieles  andere  in  der  überhaupt  flüchtigen 
und  nngenauen  armenischen  Uebersetzang :  wäre  sie  von  Hieronymaa 
hinzugefügt,  so  würde  vor  allen  die  römische  Stadt&ra  (vgl.  den 
Schlass  seiner  Fortsetzung)  berücksichtigt  sein;  die  angeführten  Local- 
ären  entstammen  sämmtlich  der  Nachbarschaft  ?on  Caesarea. 


Die  Seleükidenära  der  Makkabäerbücker.  315 

davon,  dass  die  ungleich  berühmtere  und  viel  weiter  ver- 
breitete Seleükidenära  mit  dem  nämlichen  Jahr  anhebt. 
Seine  eigene  Aera,  die  er  aber  wegen  ihres  späten  Zeitalters 
dem  Kanon  nicht  zu  Grunde  legen  konnte,  ist  die  mit 
Okt.  49  y.  Chr.  beginnende  Aera  von  Antiocheia:  ihren 
Anfang  notirt  er  zum  1.  Jahr  Caesars,  Ol.  183,  1  (Okt.  49 
bis  48;  falsch  in  der  armenischen  Uebersetzung  zum  1.  Jahr 
Octavians);  auf  sie  stellt  er  kirchliche  Data:  die  Feier  eines 
Jobeljahres  zum  12.  Jahr  des  Septimius  Severus  und  den  Be- 
ginn der  Ghristenverfolgung  unter  Diocletian.  Sein  Kalender 
ist  der  dieser  Aera  zu  Grunde  gelegte  syromakedonische : 
in  der  Schrift  über  die  palästinischen  Martyrien,  einem  Be- 
standtheil  des  8.  Buchs  seiner  Kirchengeschichte,  gibt  er  eine 
Menge  Doppeldata  an,  welche  auf  jenen  und  den  römischen 
gestellt  sind.  Das  von  ihm  selbst  vorausgesetzte  Neujahr 
seiner  Olympiadendata  lässt  sich  bloss  an  den  von  ihm  her- 
gestellten, d.  i.  an  den  in  seine  Lebenszeit  fallenden  Regie- 
rungsjahrzahlen prüfen ;  unter  diesen  ist  eine  einzige ,  für 
welche  die  zwei  dazu  nöthigen  Tagdata  bekannt  sind. 
Diocletian  beginnt  bei  ihm  in  der  lateinischen  Uebersetzung 
des  Hieronymus  Ol.  266,  2  (att.  Juli  286—287,  maked.  Okt. 
285—286),  in  der  armenischen  Ol.  267,  1  (att.  289—290, 
maked.  288 — 289);  nach  der  Paschalchronik  wäre  er  am 
17.  Sept.  284  zur  Elegierung  gekommen ,  aber  mit  Recht 
setzt  dafür  Seeck  (Zeitschr.  f.  Numismatik  XII,  131,  zuletzt 
Fleckeisen's  Jahrbb.  1889  S.  634)  auf  zwei  zeitgenössische 
Zeugnisse  hin  den  17.  Nov.  284.  Nach  Eusebios  de  martyr. 
Palaest.  1,  5  (vgl.  2,  4)  hat  Diocletian  seine  Vicennalien  an 
diesem  (römisch  und  antiochenisch  datirten)  Monatstage  ge- 
feiert; nach  Lactantius  de  mort.  persec.  17  am  20.  Nov., 
aber  XV  (kal.  Dec.)  konnte  leicht  mit  XII  verwechselt 
werden.  Wenigstens  im  Monat  stimmt  dazu  auch  der 
12.  Nov.  284  als  Anfang  der  diocletianischen  Aera  bei 
Abu'lhassan,   s.  Ideler  II,  627.     Vom  17.  Nov.  284  bis  zum 


316  ünger,  Die  Seleuhidenära  der  Mdkkabäefrbücher. 

1.  Mai  305,  an  welchem  der  Kaiser  abdankte,  fahren  nach 
römischer  Rechnung  21,  nach  attischer  und  makedonischer 
20  Jahre ;  Eosebios  gibt  20. 


Nachtrag  zu  S.  274—277. 

Oardthausen,  Die  Belagerung  Jerusalems  durch  Herodes, 
Rhein.  Mus.  L  (1895)  S.  311 — 314  schützt  das  von  Josephos 
angegebene  Datum  der  Eroberung  (Pastenfest  =  Versöhnungs- 
tag) dadurch,  dass  er  die  5  und  die  6  Monate  von  dem  Be- 
ginn der  Arbeiten  ab  rechnet,  mit  welchen  die  Legionen  des 
Sosius  die  völlige  Einschliessung  der  Stadt  in^s  Werk  setzten; 
er  verweist  auf  die  Ausdrücke  negixa'&e^o/iivrjg  und  negi- 
axe^ivreg  (s.  oben  S.  275),  lässt  übrigens  auch  die  5  Monate 
bis  zum  Abschluss  der  Eroberung  laufen.  In  reo  xghq}  /jli]vI 
findet  er  mit  van  der  Chijs  und  Kromayer  ein  Kalender- 
datum, den  3.  Monat  des  Olympiadenjahres  185,  4.  Nach 
gezahlten  Monaten  wurde  aber  (einige  locale  Kalender  ab- 
gerechnet) nicht  datirt,  ebensowenig  gab  es  ein  festes,  in 
Monate  getheiltes  Olympiadenjahr  (schon  desswegen  nicht, 
weil  die  Olympien  in  die  Mitte  des  Mondmonats  fielen)  und 
in  dem  attisch  berechneten  Olympiadenjahr,  an  welches  bei 
dieser  Ansicht  gedacht  zu  sein  scheint,  fiel  der  5.  Oktober  37 
in  den*4.  Monat  Pyanepsion  (1.  Hekat.  185, 4  =  29.  Juni  37), 
in  dem  makedonisch  berechneten  gar  in  den  1.  Monat  von 
Ol.  186,  1  (oben  S.  249). 


Sitzungsberichte 

der 

königl.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Tristan  als  Mönch, 

dentsehes  Gedicht  ans  dem  13.  Jahrhniidert. 

Von  H.  Paul. 

(yorgetragen  am  16.  Juni.) 

E.  y.  Groote  Iiat  in  seiner  1821  erschienenen  Ausgabe 
des  Tristan  von  Gottfried  von  Strassburg  auch  eine  späte 
Papierhs.  benutzt,  die  sich  damals  im  Besitz  eines  Grafen 
von  Rennes^)  befand  und  die  er  mit  R  bezeichnet.  Eine 
Beschreibung  der  Hs.  hat  er  S.  LXXI  S.  gegeben,  eine  Probe 
der  Bilder  neben  dem  Titel  seiner  Ausgabe,  ein  Facsimile 
am  Schluss,  endlich  ein  Verzeichnis  der  Kapitelüberschriften 
S.  391  ff.  Im  übrigen  ist  nur  hie  und  da  eine  Variante 
daraus  mitgeteilt.  Groote  bemerkt,  dass  die  Hs.  eine  zum 
Teil  eigentümliche  Fortsetzung  enthält.  Von  dem  Inhalt 
derselben  kann  man  sich  aus  den  mitgeteilten  Kapitelüber- 
schriften eine  ungefähre  Vorstellung  machen.     Nach  Groote 


^)  Nach  Groote  ist  sie  identisch  mit  der  von  y.  d.  Hagen  im 
Gmndrits  8.  124  all  in  der  grftfl.  BirreBheimiscfaen  Bibliothek  zu 
Koblenz  befindlich  bezeichneten  Ha. 

18M&.  SitauBgik  d.  phfl.  a.  hiat  GL  21 


31 S  Paml 

bat  noch  t.  d.  Hagen  im  Jahre  1S23  die  Hs.  eingesehen 
(vi^l.  MiDneisinger  1 V.  r}ll  Anm.  1).  Was  er  über  die  Fort- 
feetzung  angiebt  (ib.  617a",  Ljt  ganz  dörftig.  Die  Literator- 
g€?$chichten  haben  Ton  derselben  keine  Notiz  genommen. 
Als  ich  es  Tor  mehr  als  20  Jahren  unternahm,  zum  Zweck 
einer  kriti9<:hen  Ausgabe  tod  Gottfrieds  Tristan  das  hand- 
sohrifiliche  Material  za^ammen  za  bringen,  bemühte  ich  mich 
auch  um  die  seitdem  Terschoilene  Hs.  R,  zunächst  vergebens, 
Viis  mir  im  Sept.  1870  £.  Stein mejer  mitteilte,  dass  dieselbe 
sich  seit  kurzem  auf  der  königlichen  Bibliothek  zu  Brüssel 
befände  aLs  No.  14697.  Durch  die  Liberalität  der  Bibliotheks- 
verwaltung war  es  mir  möglich,  bald  darauf  die  Eb.  nach 
Frei  bürg  geschickt  zu  erhalten,  wo  ich  sie  coUationiert  und, 
soweit  ihr  Inhalt  eigentümlich  war,  abgeschrieben  habe. 

Theod.  T.  Hagen  hat  in  seinen  Kritischen  Beitragen  zu 
Gottfrieds  von  Stra-sburg  Tristan  (Göttinger  Diss. ,  Mühl- 
hausen  i.  Th.  1868j  auch  die  Citate  in  dem  Glossarium  Ger- 
manicum  von  Scherz-Oberün  herangezogen,  die  aus  einer  Hs. 
btammen,  über  deren  Verbleib  nichts  bekannt  ist.  Im  Quellen- 
verzeichnis wird  dieselbe  als  Historia  de  Trisiano  aufgeführt. 
V.  Hagen  bezeichnet  sie  mit  S  und  giebt  als  Anhang  einen 
Excurs  über  sie  (S.  47  ff.).*)  Er  bemerkt  darin,  dass  S  die 
gleiche  Fortsetzung  enthalten  hat  wie  R  und  stellt  die  um- 
fänglicheren Citate  daraus  zusammen. 

Weiterhin  berichtete  R.  Bechstein  in  seiner  1877  er- 
schienenen Ausgabe  von  Heinrichs  von  Freiberg  Tristan  S.  V  ff. 
über  eine  moderne  Abschrift  einer  Tristan  hs.  auf  der  Ham- 
burger Stadtbibliuthek,  auf  die  er  durch  den  Bibliotheks- 
sekretär Herrn  Dr.  Walther  aufmerksam  gemacht  worden 
war,  und  machte  Mitteilungen  über  die  darin  enthaltene  mit 
der  in  R  stimmende  Fortaetzung.      Auch   diese  Hs.  ist   mir 

^)  In  der  Umarbeitung  der  Dissertation,  die  in  Bartschs  Germa* 
nistiächen  Studien  1,31  erschienen  ist,  ist  dieser  Exours  fortg^elassen. 


Tristan  als  Mönch,  319 

bald  darauf  bereitwillig  zugeschickt  worden,  und  vor  kurzem 
noch  einmal  zu  einer  NachcoUation.  Es  ist  ein  Schweinsleder- 
band in  Folio,  637  beschriebene  gezählte  Seiten  umfassend. 
Auf  dem  Rücken  steht  als  Titel :  Histor :  Boman :  Tristani 
Bhytmis  Germ:  Vet:  cantexta.  Ex  codice  antiquo  descripta. 
Die  Innenseite  des  Deckels  enthält  das  eingefasste  Bild  einer 
Bibliothek  mit  der  Bemerkung:  Ex  libris  bibliotheca  I),  Zach: 
Conr:  ah  Uffenbach.  M.  F.  Auf  dem  mittleren  der  drei  dem 
Texte  vorangehenden  Blätter  steht  als  Titel:  Histor ia  Roma'' 
nensis  Tristani  Bhythmis  germ.  vet,  contexta  quam  e  Codice 
antiquo  a  viro  consultiss.  et  celeb.  Dn.  Jo.  Joe.  Scherteio 
prof.  Argentorat.  benivoU  concesso  per  amanuensem  describi 
fecit  MDCCXXIl  Zach.  Conr.  ab  Uffenbach,  Das  Original 
befand  sich  also  in  den  Händen  von  Scherz,  und  es  ist  da- 
durch schon  die  Vermutung  nahe  gelegt,  dass  dasselbe  mit  S 
identisch  ist.  Diese  Vermutung  wird  zur  Gewissheit  durch 
die  Übereinstimmung  mit  den  dort  gegebenen  Citaten.  Es 
ist  wohl  zweifellos,  dass  die  Auszüge  für  das  Glossarium  schon 
von  Scherz  gemacht  sind.  Oberlin,  dem  v.  d.  Hagen  den  Besitz 
der  Hs.  zuschreibt,  hat  sie  vielleicht  nie  gesehen.  Übrigens 
darf  die  Abschrift  im  allgemeinen  als  zuverlässig  betrachtet 
werden.  Wo  sie  von  den  Citaten  im  Glossarium  abweicht, 
ist  ihre  Lesung  zweifellos  die  richtigere.  Wenn  Bechstein 
bemerkt:  ,Die  Hamburger  Abschrift  ist,  wie  leicht  erklärlich, 
sehr  fehlerhaft*',  so  ist  er  im  Unrecht,  falls  er  damit  an- 
deuten will,  dass  diese  Fehlerhaftigkeit  dem  modernen  Ab- 
schreiber zur  Last  fällt.  Die  Zeit,  in  der  S  geschrieben 
ist,  ergiebt  sich  aus  der  Bemerkung  am  Schluss:  Dis  buch 
hett  geschriben  Hans  Brant  betten  gott  für  die  seilen 
MCCCCLXXXIX  jor. 

In  dem  Texte  von  Gottfrieds  Tristan  zeigen  R  und  S, 
die  der  Hauptgruppe  FNO  etc.  angehören,  eine  nahe  Ver- 
wandtschaft. Sie  haben  eine  grosse  Menge  von  Fehlern  mit 
einander  gemein.     Schon  hieraus  ergiebt  sich,    dass   sie  zu* 

21* 


320  Paul 

nächst  auf  eine  gemeinsame  Quelle  zurückgehen,  und  dazu 
stimmt  die  übereinstimmende  Art,  wie  in  beiden  eine  Fort- 
setzung zu  Gottfrieds  Werk  hergestellt  ist. 

Diese  Fortsetzung  setzt  sich  zusammen  aus  einer  nur  in 
ihnen  überlieferten  Partie  (2705  Z.  nach  meiner  Herstellung) 
und  dem  Schlüsse  der  Fortsetzung  von  Ulrich  von  Türheim 
(Massmann  568,  35  ff.).  Es  kann  kaum  einem  Zweifel  unter- 
liegen, dass  wir  es  mit  einer  willkürlichen  Compilation  zu 
thun  haben,  die  von  dem  Schreiber  des  den  Hss.  R  und  S  zu 
Grunde  liegenden  Originales  wahrscheinlich  erst  im  15.  Jahrb. 
gemacht  ist.  Von  Hause  aus  war  der  den  beiden  Hs.  eigen- 
tümliche Teil  weder  dazu  bestimmt  als  Fortsetzung  von  Gott- 
frieds Werk  zu  dienen  noch  das  von  Ulrich  teilweise  zu 
ergänzen,  sondern  es  war  ein  selbständiges  Gedicht,  das 
eine  einzelne  Episode  in  der  Liebesgeschicbte  Tristans  völlig 
selbständig  und  in  sich  abgeschlossen  behandelt,  nur  die  all- 
gemeine Bekanntschaft  mit  der  Sage  voraussetzend.  Wir 
geben  diesem  Gedichte  den  Titel  , Tristan  als  Mönch*.  Bei 
der  ungeschickten  Aneinanderreihung  fehlt  jeder  Zusammen- 
hang. Gottfrieds  Werk  schliesst  damit,  dass  Tristan  noch 
schwankt,  ob  er  um  die  weisshandige  Isolt  anhalten  soll;  in 
T.  als  Mönch  ist  er  mit  ihr  vermählt,  und  der  Dichter  findet 
es  angezeigt,  den  Leser  über  sie  zu  orientieren  (298).  Das 
Stück  aus  Ulrichs  Werk  beginnt  mit  einem  Zwiegespräch 
zwischen  Tristan  und  Kaedin,  wodurch  das  Abenteuer  mit  der 
Frau  des  Nampotenis  eingeleitet  wird,  während  doch  nach 
T.  als  Mönch  Kaedin  den  Tristan  für  tot  halten  müsste. 

Die  Abfassung  von  T.  als  Mönch  wird  in  die  zweite 
Hälfte  des  13.  Jahrb.  fallen.  Gegen  eine  spätere  Datierung 
sprechen  Versbau  und  Stil,  welche  die  Traditionen  der  Blüte- 
zeit bewahren,  gegen  eine  frühere  mehrere  Kürzungen  im 
Reime  (s.  zu  654),  der  Reim  geriten:  enmitten  2345,  die 
Reime  von  ht  auf  cht  (s.  zu  431),  besonders  aber  mehrere 
Reime  von  s  auf  0  (s.  zu  2050). 


Tristan  ah  Mönch.  321 

Der  Verfasser  war  ein  Alemanne.  Das  beweist  am  ent- 
schiedensten die  mehrmals  durch  den  Beim  gesicherte  Form 
har  für  her.  Vgl.  ferner  das  Part,  gestn  (s.  zu  17),  ir  sint 
und  ir  stn  im  Reime  (s.  zn  809) ;  auch  die  mehrmals  durch 
den  Reim  erwiesene  Ausstossung  eines  h  stimmt  dazu.  Warum 
ihn  aber  Bechstein  speziell  für  einen  Schweizer  erklärt,  weiss 
ich  nicht.  Einiges  weist  auf  eine  näher  an  Mitteldeutsch- 
land grenzende  Heimat:  2.  Sg.  auf  -es  (leides:  scheides  1676), 
-et)  für  In  als  stoff bezeichnendes  Suffix  (steinen:  weinen  1671), 
aleine  =  obgleich  1915  (auch  bei  Gottfried).  Es  ist  wahr- 
scheinlicher, dass  der  Dichter  aus  dem  Elsass  stammte,  wohin 
die  Hss.  mit  ziemlicher  Sicherheit  zu  setzen  sind.  Dazu  stimmt 
auch  die  Bekanntschaft  mit  dem  Reinhard  Fuchs  (s.  zu  2656). 

Der  Dichter  giebt  nicht  an,  woher  er  den  Stoff  zu  seinem 
Werke  hat.  Z.  434  spricht  er  von  seinem  Gewährsmann, 
den  er  als  min  meister  bezeichnet.  Von  keinem  Belang  ist 
das  formelhafte  also  uns  diu  äventiure  saget  2273.  Wahr- 
scheinlich ist,  dass  er  ein  französisches  Gedicht  als  Vorlage 
gehabt  hat,  welches  wie  andere,  von  denen  uns  einige  erhalten 
sind,  sich  auf  die  Behandlung  einer  einzelnen  Episode  be- 
schränkte. Es  ist  eine  neue  Variation  des  Motivs,  dass  sich 
Tristan  der  Isolde  in  einer  Verkleidung  nähert  (s.  Lichten- 
stein, Eilhard  CXXXI). 

Von  den  beiden  Hauptfassungen  der  Sage  wird  bald  die 
eine,  bald  die  andere,  doch  vorzugsweise  die  ältere  voraus- 
gesetzt. Der  Held  des  Gedichtes  heisst  wie  bei  Gottfried 
Tristan  oder  Tristant  (bei  Gottfried  nur  in  den  obliquen 
Kasus  Tristand")^  nie  Tristran  oder  Tristrant^  welches  bei 
Eilhard  die  herrschende  Form  ist.  Doch  ist  sie  auch  bei 
ihm  nicht  die  ausschliessliche,  und  die  Form  ohne  r  ist  auch 
sonst  nicht  auf  die  Thomas- Recension  beschränkt.  Anderseits 
haben  wir  keine  Gewähr  dafür,  dass  die  Form  nicht  bei  der 
Anfügung  an  Gottfrieds  Werk  geändert  ist.  Sein  Land  heisst 
Parmenie  (2702)   wie   sonst   nur   bei   Gottfried   und  Heinr. 


322  Paul 

V.  Freiberg,  welches  eine  Verderbnis  ans  Armenie  zn  sein 
scheint,  wie  wahrscheinlich  Thomas  hatte  (s.  Hertz,  Trist, 
u.  Is.  '  S.  487) ,  während  in  der  älteren  Fassung  Lohnais 
(Leonois  etc.)  genannt  wird.*)  Dagegen  wird  Tristan  1661 
als  König  bezeichnet  in  L  bereinstimmong  mit  der  älteren 
Fassang.     Übereinstimmung  mit  Gottfried   und  seinen  Fort- 

*  1  A 

Setzern  besteht  in  der  Namensform  Isolt  oder  Isot  gegen  Isali 
bei  Eilhard.  Der  Bruder  der  zweiten  Isolde  heisst  Keidin  im 
Anschluss  an  Kaidin  bei  Gottfried  und  seinen  Fortsetzen! 
gegen  Kehenis  in  der  Lberarbeitung  Eilhards,  wofür  das 
Original  wohl  Kdhenis  (so  bei  Wolfram)  hatte;  doch  zeigen 
auch  franzosische  Gedichte,  die  der  älteren  Version  angehören, 
Namensformen,  die  der  bei  Gottfried  nahe  stehen  (s.  Hertz 
S.  547).  Dagegen  heisst  der  Erzieher  Tristans  Komewdl,  was 
zu  dem  bei  Eilhard  gewöhnlichen  Kumeväl^  sowie  zu  Formen 
in  französischen  Gedichten  der  älteren  Version  (s.  Hertz  S.  498) 
stimmt  gegen  Kurvendl  bei  Gottfried  und  seinen  Fortsetzern, 
welche  Form  auch  einmal  in  einem  alten  Fragmente  von 
Eilhards  Gedichte  erscheint.  Als  Gegner  Tristans  an  Markes 
Hofe  wird  244  der  herzog  genannt  nach  der  älteren  Fassung; 
dieser  Herzog  erscheint  bei  Eilhard  zuerst  Fragm.  VIII,  63, 
später  unter  dem  Namen  Antrete  der  auch  bei  Gottfrieds 
Fortsetzern  eine  Rolle  spielt.  Ebenfalls  nur  der  älteren 
Version  angehörig  ist  der  1836  erwähnte,  Tristan  günstig 
gesinnte  Truchsess  Tinas.  Dass  Brattgcene  2455  als  tot  be- 
klagt wird,  stimmt  zu  Eilhard,  wo  ihr  Tod  7562  erzählt 
wird,  während  sie  bei  Thomas  noch  zum  Schluss  am  Leben 
ist.  Als  ihre  Nachfolgerin  wird  Diamtre  genannt  (2222.  45. 
42.  2458.  2507.  2614).  Dafür  hat  Eilhard  Gimele.  Ulrich 
nennt  sie  KamSle^  Heinrich  Kameltne.  Beide  lassen  sie  aber 
noch   neben   der  Brangäne   auftreten,   vielleicht   gegen   ihre 

^)  Über  die  Lage  dieses  Landes  hat  der  Dichter  nicht  die  der 
Darstellung  Gottfrieds  entsprechende  Vorstellung,  indem  er  Tristan 
von  Kornewal  dahin  zu  Pferde  gelangen  l&sst. 


Tristan  als  Mönch.  323 

Quelle^  indem  sie  die  letztere  aus  Gottfrieds  Werk  herüber- 
geiiommen  haben.  Erst  gegen  das  Ende  des  Gedichtes 
(581,  17)  erwähnt  auch  Ulrich  ihren  Tod.  Zu  der  älteren 
Version  stimmt  es  endlich,  dass  vorausgesetzt  wird,  dass 
Tristan  geradezu  aus  Kornewal  verbannt  ist  (vgl.  1452.  1462). 
Dagegen  geht  vielleicht  dio  Anspielung  auf  Isoldens  Recht* 
fertigung  durch  das  glühende  Eisen  (1636  ff.)  auf  Gottfried 
zurück.  Bei  Eilhard  fehlt  dieselbe,  sie  ist  jedoch  nicht  der 
älteren  Version  überhaupt  fremd   und  findet  sich  bei  Berol. 

Die  Contamination  beider  Sagenformen  wird  wohl  ebenso 
zu  erklären  sein  wie  bei  Gottfrieds  Fortsetzern:  die  französische 
Quelle  setzte  die  ältere  voraus,  der  deutsche  Dichter  wurde 
durch  die  Bekanntschaft  mit  Gottfrieds  Werk  zu  Einmischung 
der  jüngeren  veranlasst.  Doch  ist  die  Möglichkeit  nicht  aus- 
geschlossen, dass  er  auch  Eilhard  gekannt  hat. 

Die  Darstellung  ist  sehr  breit,  sowohl  in  der  Schilderung 
des  äusseren  Details,  wodurch  das  Gedicht  für  die  Altertums- 
kunde interessant  wird,  als  in  den  reichlich  mitgeteilten  Ge- 
fühlsergüssen.  Die  Periodenbildung  ist  nicht  sehr  entwickelt. 
Der  Dichter  bewegt  sich  meistens  in  kurzen  Sätzen,  die  sich 
aber  in  ununterbrochenem  Flusse  an  einander  anschliessen, 
so  dass  eine  Gliederung  in  Abschnitte  schwer  möglich  ist 
und  daher  auch  von  mir  vielleicht  besser  liätte  unterlassen 
werden  sollen.  Gegenüber  dem  gleich  massigen  höfischen 
Tone  kommt  auch  der  Humor,  zu  dem  der  Stoff  reichlich 
Veranlassung  giebt,  nur  massig  zur  Geltung.  Grosse  Vor- 
liebe zeigt  sich  für  die  kurze  Wechselrede,  ein  Umstand,  der 
für  eine  französische  Vorlage  spricht.  Nirgends  zeij^t  sich 
Einfluss  der  Manier  Wolframs.  Das  Vorbild  Gottfrieds  hat, 
abgesehen  von  einigen  Reminiscenzen,  die  Veranlassung  zu 
mehreren  sich  länger  fortspinnenden  geschmacklosen  Wort- 
spielereien gegeben  (2014—42.  2390—2413.  2478—2482). 
Eine  durchgehende  Nachahmung  von  Gottfrieds  Stil  zeigt 
.sich   nicht.      Mehrfach    bedient   sich    der    Dichter    noch    der 


\ 


y 

f 


324  TanA 

Ansdracksweise  des  Volksepos,  ygl.  Aegen  1244.  1568.  2042. 
2124.  2376,  degenheit  1920,  uAgani  1652,  g%taU  hnekte  210, 
guoten  kneht  535. 1724,  küene  14,  halt  14,  eOenthaft  1659. 1918. 

Beide  Hss.  sind  voll  von  sinnlosen  Entstellungen  des 
Textes.  Wenn  auch  vielfach  die  eine  durch  die  andere  be- 
richtigt wird,  so  bleiben  doch  eine  Menge  Stellen,  an  denen 
keine  das  Richtige  bietet.  Mitunter  ist  dasselbe  dann  durch 
eine  Combination  der  beiden  Lesarten  zu  gewinnen.  Viele 
Fehler  sind  aber  schon  aus  der  gemeinsamen  Grundlage  über- 
nommen, darunter  auch  Auslassungen  und  Umstellungen.  Es 
musste  somit  oft  zu  Conjecturen  gegriffen  werden.  Unter 
solchen  Umstanden  ist  natürlich  die  Herstellung  vielfach 
missHch,  und  an  manchen  Stellen  musste  ich  überhaupt  auf 
den  Versuch  verzichten.  Bloss  aus  metrischen  Gründen  habe 
ich  im  allgemeinen  keine  Änderungen  vorgenommen,  habe 
namentlich  auch  die  zu  kurzen  Verse  belassen,  um  nicht  in 
Willkür  zu  geraten. 


\ 


Tristan  als  Mönch,  325 


lu  ist  wol  ze  wizzen  daz, 
wie  ze  Britanje  ein  künec  saz, 
der  was  Artus  genant, 
mit  micheln  eren  stuont  sin  lant. 
daz  hant  ir  dicke  wol  vernomen  5 

nach  der  sage  die  dar  sint  komen. 
der  selbe  kunec  der  hete  ein  wip, 
diu  hete  den  wunneclichsten  llp 
den  ie  frouwe  gewan. 

diu  künegin  minnete  einen  man,  10 

der  was  ein  ritter  wol  verraezzen. 
sin  ist  noch  unvergezzen 
swä  man  guote  helde  zalt. 
er  was  küene  unde  halt 

und  lebete  frumecliche.  15 

durch  daz  minnete  in  diu  riche. 
in  des  küneges  hove  was  er  gesln; 
dö  hete  er  die  künegin 
mit  zühten  erworben. 

durch  in  was  si  nach  verdorben ;  20 

wan  er  si  lange  hete  vermiten. 
si  gedähte  daz  si  durch  fremeden  siten 


überschriß  in  S:  Wie  der  kunij?  artua  zn  brittanien  hoff  hielt 
vnd  er  die  forsten  dar  zu  lüde.  1  Vch  B,  Ich  S.  zu  RS  (immer). 
2  bitanie  B.  was  B.  4  michel  S.  7  koning  B  {so  gewöhnlich^ 
entsprechend  koningin).  der  f.  B,  8  Die  BS  (m.  s.  f.).  9  Die  BS. 
10  iren  B,  IS  Wo  B  (w.  «.  /*.),  Won  S.  zalte  S,  14  balde  S. 
16  inl  er  BS,  17  was  er  S,  lange  B.  20  siu  B  (m.  s.  f.),  sie  S 
(u.  s,  f..).  nohe  S,  21  er  f.  BS.  22  das  S,  da  B.  noch  frowen 
Bitten  8. 


826  Tristan  ah  Mönch, 

einen  hof  gebieten  wolte, 

und  daz  dar  komen  solte 

swer  ie  gewan  dekeinen  muot  26 

ze  bejagenne  ere  unde  guot, 

und  8in  vil  liebestez  brsshte. 

durch  waz  siu  des  gedasbie? 

swenne  ez  ir  friunt  yernseme, 

daz  er  ouch  dar  ksBme.  30 

Do  si  sich  sus  hete  beraten, 
do  gienc  si  üz  ir  kemenäten 
unz  si  den  künec  sach. 
göetliche  si  zime  sprach 

'vemini,  trüter  herre  min:  86 

wir  sin  nu  lange  gesin 
daz  wir  nie  hof  gewannen, 
wilt  du  mirs  nu  gunnen, 
so  wil  ich  einen  [hof]  machen 

mit  gemelichen  Sachen.  40 

einen  hof  wil  ich  tuon  schrigen, 
gebieten  forsten  und  frigen 
und  rittern  al  gemeine, 
daz  enlieze  deheine, 

swenne  er  diu  maßre  habe  vernomen,  45 

har  ze  hove  sol  er  komen 
mit  disem  gedinge 
daz  er  har  mit  ime  bringe 
sine  liebeste  friundinne 
die  er  habe  oder  gewinne.'  50 

25  Wer  RS  (u.  8.  f,).  do  keinen  RS  (so  gewöhnlich).  28  Durch 
das  RS.  29  Wan  S,  Nach  30  Überschrift  in  R:  Cliui  Also  die 
koningin  zh  dem  koniDge  ging  vnd  in  früntlicben  bat  Das  er  ein 
hoff  dete  gebietten  wenne  sü  lange  nit  fröhlich  werent  gewesen. 
83  Vnd  RS.  40  gemmelicben  R,  gemeinelichen  8.  43  alle  R, 
allen  S.        44  do  keine  R,  do  keine  S.    Wan  S. 


Tristan  als  Manch.  327 

Der  künec  sprach  'des  bin  icb  fro' 
diu  kfinegin  hiez  also 
schiere  boten  senden 
üz  in  allen  enden, 
die  sageten  diu  msere 
wä  oder  wenne  der  hof  wasre. 
der  boten  einer  kam  in  daz  lant 
da  der  herre  Tristant 
mit  sime  elichen  wlbe  saz, 

der  hübescheit  nie  vergaz  60 

und  den  eren  nie  verdröz; 
des  leit  er  dicke  kumber  gröz. 
do  er  diu  msßre  vernam 
daz  ein  böte  dar  kam, 

do  hiez  er  ime  gewinnen  66 

den  boten  mit  schoenen  sinnen, 
der  böte  für  den  herren  gienc. 
Tristan  in  tugentliche  enpfienc 
und  frägete  in  wannen  er  waere, 
ob  er  iht  wiste  msere.  70 

'von  Britanje  der  künee,  der  herre  min, 
und  sin  wip,  min  frouwe  diu  künigln, 
enbietent  allen  rittern  hochgemuot 
ir  hulde,  liep  und  allez  guot, 

und  hiez  mich  min  frouwe  sagen,  75 

daz  si  ze  den  ersten  pfingesttagen 
einen  hof  haben  welle.' 
Tristan  sprach  'trüt  geselle, 
wie  lebet  min  frouwe,  der  künec  da  mite?' 

52  Die  konigin  hiesse  also  5,  Der  kooing  hiesz  zu  do  R. 
56  wen  8,  wie  wenne  B.  62  leite  R.  67  vor  68  R.  68  tu- 
gentklichen  5,  gnHlich  R.  69  in  f.  S.  wanne  S.  71  partinien  R. 
72  da  die  koningin  B,  78  wohl  gemutt  S.  76  pfinst  tagen  R, 
pfingtagen  S. 


328  Tristan  ah  Bi^tuh. 

er  sprach  'wol  mit  ^ren  nach  ir  aite'  80 

'daz  ist  mir  liep,'  spitich  Tristant. 

'na  sage  me,  darch  waz  bist  da  az  gesant?' 

der  böte  sprach  'ze  karidöl  hant  ir  ▼emomen, 

ze  mins  herren  bare  dar  sol  komen 

zeime  hoTe  den  min  froawe  geb6t  B5 

swer  ie  gewan  dekeine  not 

von  innecllchen  dingen, 

und  sol  mit  ime  bringen 

sine  liebsten  friandinne. 

daz  gebot  min  froawe,  dia  küneginne.  90 

D6  Tristan  bete  diz  vemomen, 
d6  was  ime  gar  benomen 
froude  unde  spil. 
der  maere  dühte  in  ze  vil. 

wan  er  mit  sinen  sinnen  95 

sin  liep  niht  mohte  gewinnen 
des  er  yergezzen  niht  enkande: 
daz  was  frou  Isot  dia  blande, 
der  er  ie  mit  st»te  pflac, 

wan  si  ime  ze  herzen  lac.  100 

der  mohte  er  leider  niht  gehän. 
so  enwolte  er  ouch  niht  län, 
er  enwolte  ze  hove  varn. 
swer  in  nu  künde  bewarn. 

mit  raten,  der  tsete  wol;  106 

wan  sin  llp  was  sorgen  vol. 
er  sprach  'sol  ich  disen  hof  verligen, 

88  karido  R,  kandal  S.  84  aol  er  S.  86  gewänne  E,  do 
keine  <Sf,  keine  R.  89  liebste  S.  91  diz  f,  RS,  98  Froide 
Bin  vnd  S,  94  alle  lu  S.  95  Wenne  E  (u.  8.  f,),  97  Daa  S. 
98  Daa  frowe  S. 

100  Wenne  er  z&  R,     Ol  ie  niht  han  S,     02  Ich  enwolte  (wolt  B) 
ir  ouch  RS.        08  woite  S,        04  jme  R.        06  ist  S, 


Tristan  als  Manch.  329 

s6  wffire  mir  bezzer  yerzigen 

^ren  unde  libes. 

ouw§  des  besten  wibes  HO 

der  ich  mit  mir  füeren  sol« 

joch  mohte  ich  ir  niht  haben  wol, 

ob  ez  mir  stüende  umb  den  lip. 

und  föere  aber  ich  min  euch  wip, 

so  hän  ich  mine  frouwen  verlorn.  115 

noch  gerner  waere  ich  beschorn 

zeime  gouch,  dan  ich  von  miner  schulde 

verlür  miner  frouwen  hulde, 

der  ich  bin  und  iemer  bllbe. 

var  ich  hin  mit  minem  wibe,  120 

so  spreche  min  frouwe  daz  mir  wsere 

vil  liep  min  wip  und  si  unrnsere, 

und  waere  mir  durch  daz  gehaz. 

wes  mohte  si  gedenken  baz? 

wan  ich  min  liebstez  [wip]  füeren  sol.  126 

mit  rehte  so  mac  si  sprechen  wol: 

"min  arbeit  hän  ich  gar  verlorn. 

Tristanden  hete  ich  üz  erkorn 

und  hän  durch  in  vil  getan. 

dicke  ich  durch  in  gewäget  hän  130 

beide  ere  unde  lip. 

nu  minnet  er  sin  elich  wip 

me  denne  mich,  d^z  tuot  er  schin. 

nu  sol  er  mir  unmaere  sin." 

Tristan  gedähte  in  sinem  sinne  135 

daz  er  siner  frouwen  minne 

alsus  verb'esen  mohte. 


11  Die  S,  14  Pur  S,  15  frouwe  BS.  17  Zö  eime  den 
ich  von  myner  fronwen  schulde  B.  21  sprich  S.  25  liebtes  S. 
26  8d  f.  8.  83  Md  f.  B.  85  sinen  synneD  S.  86  mynnen  S. 
87  verlieren  BS. 


330  Tristan  als  Mönch. 

er  sprach  'waz  töhte 

mir  ze  habenne  mere 

weder  guot  noch  ere,  140 

verlüre  ich  die  frouwen  min? 

gerner  wolt  ich  iemer  sin 

in  eime  kärkaere, 

denne  ich  des  ir  leit  waere 

iemer  iht  getaßte*  145 

Tristan  der  staete 

was  mit  grozer  n6t  behafb. 

er  sprach  'verlige  ich  dise  herschaft, 

diu  ist  mir  so  nähe  bi, 

so  enlät  mich  niemer  fri  150 

schände  und  unere; 

ouch  zürnte  liebte  sere 

min  frouwe,  diu  mir  wil  taon  daz  beste. 

ouw§  mir  ist  s6  veste 

mines  leides  ungevelle,  155 

ich  enweiz  wiech  min  dinc  gestelle 

daz  ez  mir  mtige  ze  guote  ergän. 

min  liebesten  frouwen  [Isot]  muoz  ich  han ; 

die  hat  der  künec  Marke; 

ouch  zurnde  lihte  starke  160 

min  wip,  ob  ich  si  da  binden  lieze.' 

swen  nu  des  verdrieze, 

der  disen  zwlvel  ande, 

der  rate  Tristande 

wie  er  ze  hove  süle  komen,  166 

als  er  die  rede  habe  vernomen. 


89  haben  R8.  41  froawe  RS,  44  das  <S,  dete  das  R. 
46  Jieme  ich  R,  48  Terlihe  8,  50  lat  R,  lot  8,  yemer  RS, 
52  xOmete  er  sere  S,  53  die  wile  mir  dun  8,  55  6  /*.  R, 
56  dinge  gefelle  S.  57  guttem  8.  58  /*.  8,  liebeate  froawe  22. 
60  zürnet  8,  61  do  hindenan  liesz  R,  sie  hin  lies  8»  62  Went  8, 
das  8^  diz  R. 


Tristan  als  Mönch,  331 

Tristan  begunde  denken 
war  er  möhte  wenken 
daz  er  iht  des  fände 

daz  ime  gehelfen  künde  170 

und  in  von  sime  wibe  brsehte. 
swie  küme  er  des  gedachte, 
sinen  Kornewäl  den  getriuwen, 
der  nie  wart  äne  riuwen, 

swenne  Tristanden  iht  gewar,  176 

den  hiez  er  schiere  komen  dar. 
Tristan  do  unfroelichen  sprach 
und  klagete  sin  ungeraach. 
er  sprach  'weist  du  waz  mir  wirret?' 
er  sprach  'nein.'     'ich  bin  verirret.'  180 

'herre,  wie?'     'ich  bin  unfro.' 
'wä  von?'     'ich  enweiz.'     'wie  denne  so?' 
'von  maeren.'     'nu  sagent  me 
waz  iu  werre.'     'mir  ist  we 

von  maeren  diu  mir  ist  gesaget.'  185 

'wie  hänt  ir  daz  also  verdaget 
daz  ich  es  niht  enwiste?* 
'da  wänte  ich  die  liste 
vinden  die  mir  waeren  guot.' 

*herre,  nu  sagent  iuwern  muot,  190 

waz  iu  si  so  swaere.' 
'vernaeme  du  diu  maere 
des  boten  diu  er  da  sagete  har?' 

67  gedencken  S.  69  ihs  des  5.  71  von  /*.  BS,  72  des  R, 
do  S,  73  Sin  koroewale  B,  Zu  komewalen  S.  Wan  S.  76  hies  S, 
liesz  B,  Nach  176  Überschrift  in  B:  Clxiiii  Also  tristan  mere  kam 
das  man  weit  einen  grossen  hoff  machen  vnd  er  dar  wolt  ysoten  zu 
liebe.  77  frölichen  B^  frolich  S.  80  nein  B,  nie  S,  81  so  bin 
ich  S,  82  ich  weisz  B.  dan  S,  83  mere  nun  sagent  wie  B, 
innen  nu  tage  me  S,  84  were  S,  85  mere  S.  86  so  S,  88  Do  BS. 
90  sige  B.        98  diu  er]  der  BS,    saget  B.    her  S. 


332  Tristan  ais  Mönch. 

'ja,  Yon  dem  hoye.'     'wie  kume  ich  dar, 

also  du  weist  wie  ez  mir  stat  195 

und  der  böte  geseit  hat 

von  der  kQnegln  geböte?' 

'wie?  waz  seite  der  böte?* 

'waz?  swer  dar  komen  wolte, 

daz  er  dar  bringen  solte  200 

sin  liebesten  friundinnen. 

der  enmag  ich  niht  gewinnen, 

also  du  selbe  wol  weist. 

nu  ist  min  sorge  aller  meist, 

ob  ich  ze  bove  niht  welle  komen,  206 

daz  ich  mir  selbe  habe  benomen 

alle  mine  ere. 

man  schiltet  mich  [gar]  sere, 

und  tuot  mir  ouch  vil  rehte. 

wan  selten  guote  knehte  210 

verligent  so  gröze  hochgeztt. 

ouch  fürhte  ich  miuer  frouwen  strit, 

ob  ich  mit  minem  wlbe  var. 

nu  rät,  wie  ich  mich  bewar 

daz  ich  iht  Verliese  min  ere,  216 

und  dannoch  fürhte  ich  mere 

miner  frouwen  unhulde 

dan  gröz  laster  unde  schulde. 

wan  ich  gerner  dulde  schaden, 

dan  ich  mit  ir  zome  wsere  beladen.  220 

wan  so  enwurde  ich  niemer  frö.* 


94  der  S.        95  mir  es  S.        97  var  98  RS. 

201  liebste  S.  08  selber  BS.  05  zft  ich  z&  JR.  wolte  8. 
06  selber  BS.  genomen  R.  12  forchte  R,  ferte  S.  13  willen  S. 
15  verliere  RS.  16  forchte  RS.  17  hulde  RS.  18  dan  f.  RS, 
Grosse  5f.  vndSJ.R.  219  wacÄ  220  JBS.  19  gerne  Ä.  20WenneÄ. 
mit  ir]  mit  R,  in  S. 


Tristan  als  Möneh.  333 

Eornewal  der  sprach  do: 

'bezzer  ist  an  wäge  gelän 

minne  denne  gar  verlom  hän 

beide  ere  unde  minne.'  226 

'Kornewäl,  wä  sint  dine  sinne, 

daz  du  mir  geseitesfc  ie 

daz  ich  an  einen  zwifel  lie 

miner  froawen  hulde? 

e  wolt  ich  äne  schulde  280 

mich  iezuo  läzen  henken, 

denne  ich  ir  wolte  wenken.' 

'herre,  des  enrät  ich  niet 

ir  wizzent  wol  daz  ich  nie  riet 

daz  iu  laster  wsere.  235 

mir  wsere  ouch  noch  vil  swsdre, 

soltent  ir  von  den  reeten  min 

erzürnen  die  künigin, 

diu  iu  yil  liebes  hat  getan. 

ir  sülnt  ez  äne  zwivel  län,  240 

ob  ir  si  länt  an  wäge 

diu  mit  köndiger  läge 

durch  iuch  hat  betrogen 

ir  man  den  künec  und  den  herzogen 

der  iu  was  gram  durch  schalkes  muöt.  245 

swaz  ir  gevalle  daz  ir  daz  tuot, 

daz  rät  ich  iu  mit  filze. 

nu  fürhte  ich  die  itewize, 

daz  die  liute  sprechen  durch  nit 

28  ?nder  wegen  5.  28  einem  R,  81  jetzent  S.  32  Dan  S 
(u.  8,  f.).  83  nit  -B,  niht  S.  84  nie  riet  S,  mere  it  B,  37  Sol- 
len R.  39  liebes  vil  S.  40  suUent  R,  sollen  S.  41  on  R, 
onne  S,  43  heil  S,  44  Er  nam  den  RS.  46  uch  R.  dar 
ir  das  B,  48  forchle  ich  S,  fo^'rhlent  ir  R.  itenisse  R.  49  lul  S. 
sprechent  B, 

1896.  Bltoangsb.  d.  pliU.  a.  hist.  Cl.  22 


334  Tristan  (da  Möneh. 

daz  ir  diso  bochgezit  250 

habeni  durch  bösheit  verlegen. 

dar  umbe  suint  ir  iuch  verwegen, 

ob  ir  weint  beliben  oder  vam. 

dar  nach  sulnt  ir  iuch  bewarn.' 

'ich  füere  gerne,  wiste  ich  wie.'  255 

'mugent  ir  niht  varn,  aö  bllbent  hie.* 

'nein,  trutgeselle  min, 

daz  laz  äne  rede  sin, 

daz  ich  durch  iht  belibe.' 

'so  varnt  mit  iuwerm  wibe;  260 

daz  ist  dekein  laster  getan. 

miner  frouwen  mügent  ir  niht  gehän; 

ich  waene  si  ir  man  niht  läze. 

ouch  ist  ez  dehein  unmäze, 

daz  ein  man  nutzet  daz  er  hat  266 

und  anderz  durch  mangel  lät.' 

Tristan  sprach  mit  eide: 

ich  fürhte,  ez  habe  ze  leide 

min  frouwe  diu  künigin. 

wan  ich  die  liebeste  friundin  270 

8ol  ze  hove  bringen.' 

'iu  sol  vil  wol  gelingen,' 

sprach  Eornewäl  der  helt, 

'sit  ir  varn  hänt  erweit. 

min  frouwe  ist  so  guot,  275 

swaz  ir  durch  ere  tuot. 


50  ir  f.  BS.  61  verligen  R.  62  verwigen  B.  63  4  f.  S. 
66  bliben  5.  69  iht  S,  ich  B.  60  farn  B,  mit  uwern  S,  mit 
mir  uwer  B.  62  Min  frouwe  B.  ban  12.  64  do  kein  S.  66  ma- 
niger  S,  Nach  66  Überschrift  in  S:  Wie  Tristan  sich  röstet  zu 
ritten    zn    kunig  Artus    hoff  mit    siner    frowen.  70  ich  f,  BS. 

72  Vch  B,  Ich  S,        78  holt  S. 


Tristan  als  Mönch.  335 

des  ist  si  iu  niht  erbolgen.' 

er  sprach  'joch  wil  ich  dir  volgen* 

Des  guoten  rates  wart  er  frö. 
lachende  gieng  er  do  280 

und  sagete  sinem  wlbe, 
er  sprach  'frouwe,  taont  iuwerm  libe 
swaz  ir  guotes  kunnent, 
ob  ir  iu  eren  gunnent. 

wir  suln  vam  zeiner  höchgezit.  286 

schafFent  also  daz  ir  sit 
bereit,  swenne  wir  vam  weilen.' 
si  sprach  ze  ir  gesellen, 
daz  si  daz  gerne  tsete. 

d6  beyalch  Tristan  der  staste  290 

Kornewäle  sere 
daz  er  nach  siner  ere 
gewunne  funfzic  ritteru  kleit 
und  also  maniger  frouwen  gemeit 
diu  wol  zaemen  ir  Ilbe,  295 

und  ouch  sime  wibe 
hiez  kleider  geben  Tristant. 
diu  was  tsot  genant 
und  was  siner  frouwen  genanne; 
deste  lieber  was  si  dem  manne.  300 

do  brähte  man  ime  getragen 
einen  mantel  guot,  als  ich  iu  wil  sagen, 
daz  tach  was  ein  pfellor  guot 
von  slden  rot  alsam  ein  bluot, 

77  Die  RS,  78  joch  E,  jach  S.  79  Der  JR.  sie  S.  81  seite  S, 
85  Büllent  B,  solent  S.  86  Schaffen  B.  87  wanne  B,  wan  S,  wel- 
lest B.  88  irem  gesellen  S,  ir  gefellent  B.  90  Das  B,  91  Korne- 
wal  B,  Comewalen  S,  93  Gewinne  S.  ritter  BS.  94  man  ig  frowe  S. 
95  nach  96  BS.    95  zaemen]  zu  einem  BS.   ir  f.  S.    99  Die  S.  namme  B. 

802  also  B.   üch  B,  f.  S.       03  pfoler  S.      04  als  sam  S,  also  B. 

22* 


336  Trigtan  cHr  Mönch. 

beslagen  mit  golde  wol  ze  flize.  306 

dar  ione  lagen  wlze 

berlln  und  almandine, 

Smaragde  und  rubine, 

safFire  und  jächande. 

von  steinen  aller  hande  810 

was  er  wol  gezieret, 

dar  under  geschrickieret  (?) 

von  zobelen  und  yon  barmen. 

diu  yeder  was  von  armen 

dingen  niht  erziuget.  815 

ob  micb  min  sin  niht  triuget, 

so  bän  ich  daz  an  wäne, 

ob  ein  man  yalsches  äne 

noch  einen  solhen  mantel  ssehe, 

daz  er  mir  des  jaehe  820 

daz  in  frouwe  grözes  namen 

mohte  tragen  äne  schämen. 

den  roc,  den  diu  frouwe  truoc, 

der  was  ein  pfellor  guot  genuoc, 

die,  grüene  also  ein  gras.  825 

von  golde  dar  an  genät  was 

maniger  hande  wunder. 

ein  schoene  wip  was  si  dar  under. 

ir  gebende  wil  ich  verdagen; 

doch  was  ez  also  ez  möhte  tragen  880 


07  Belin   vnd  alunvidine  S,  09  joachande  B^  jochande  S, 

12  geschieret  S.  13  zabel  iS^.  herlin  S.  14  die  was  8,  vor  den 
armen  i2,  von  arin  S.  16  sinne  BS,  niht]  nü  BS.  trugent  S. 
17  habe  B,  hab  S.  onne  S.  19  einem  BS.  20  das  S.  21  ein 
fr.  S.  24  pfeller  S.  25  Dicke  B,  Dick  vnd  S.  als  5.  26  ge- 
neget  8.  28  schon  5,  schönes  B.  29.  In  f.  S.  ich  f.  S.  ver- 
tagen BS.        30  was  es  alles  ichs  wil  sagen  S. 


Tristan  <Ü8  Mönch.  337 

ein  künegin  zallen  stunden 
und  wsere  wol  gebunden. 

Sus  waren  die  frouwen  bekleit. 
nu  wären  oueh  vil  bereit 

die  ze  hove  solten  varn.  885 

die  frouwen  muoz  man  e  bewam 
mit  pferden  die  si  riten. 
Tristan  bete  witen 
dö  gesamnet  pfert, 

die  der  frouwen  wären  wert,  340 

funfzic  swarz  also  ein  ber. 
in  gellchem  her 
gesähent  ir  nie 
anderswä  noch  hie 

also  manic  pfert  so  geliche  345 

varwe  und  waetliche. 
diu  gereite  diu  drüfe  lägen 
wären  guot  also  ir  pflägen 
frouwen  in  den  ziten. 

noch  möhten  also  riten  350 

frouwen  äue  missezemen, 
so  man  ir  war  solte  nemen. 
ouch  bete  ein  ktineginne 
Tristanden  durch  minne 

gesendet  ein  pfert  guot.  855 

si  truoc  ime  holden  muot. 
ein  fuoz  was  im  grüene  als6  ein  gras, 


Nach  82  Überschrift  in  R:  Also  die  koningin  mit  iren  junck- 
froawe  zu  hoffe  reit  gar  köstlichen.  85  nach  86  BS.  85  solte  S. 
37  ritten  BS.  38  hatte  B.  witten  5,  witte  B.  39  gesamet  S, 
pferde  8.  40  den  8.  werde  S.  41  Fiinffzig  pfert  B.  als  S. 
45  pferde  8.  glich  S.  46  Fare  B,  Wore  S.  wetlich  BS.  47  truffe  S, 
dar  vff  B.  48  als  8.  60  also  f.  BS.  54  Tristan  8.  so  durch  BS. 
56  Gut  in  huldem  mut  8.    hnlden  B.        57  als  gras  S. 


338  TtUtan  als  Manch. 

ein  faoz  ime  wiz  was, 

und  ein  ore  sere  r6t. 

da  bi  si  ime  enbdt,  360 

daz  die  varwen  mislich 

waeren  bezeichenllcb. 

an  des  ören  roßte 

klagete  si  ir  noete 

daz  si  enbran  von  minne,  365 

an  der  gruenen  yarwen  inne 

daz  ir  ie  was  niuwe 

diu  wlze  röte  triuwe; 

wan  diu  wlze  yarwe 

ist  äne  yalter  garwe.  370 

daz  gereite  daz  si  Tristande 

üf  dem  pferde  sande, 

daz  was  rieh  unde  guot 

so  daz  mich  twinget  der  muot 

daz  ich  es  niht  yerswigen  mac.  375 

ein  satel  dar  üfe  lac 

wlt  unde  wol  bezogen. 

guot  wären  die  satelbogen ; 

der  yorder  der  was  helfenbein, 

der  ander  ein  schoener  siein,  380 

den  wir  erkennen  alle; 

er  waz  ein  kristalle. 

gemachet  wären  dar  inne 

yögelin  mit  sinne; 

diu  sach  man  wol  regen  sich;  385 

si  wären  lebene  gelich. 


61  die  f*  S.   misaelich  S^  müszlich  B,      62  gezeichenlich  i2,  her 
zeichlich  S,  67  ie]   das  RS.  68    witze  S.  69   wiae  S. 

70  falter  S,  folter  B.     71  tristanden  BS.     72  Banden  BS.    74  den  R 
77  gezogen  B.      79  der  f.  S.       83  Gemachent  S.       86  lebende  BS. 


Tristan  als  Manch.  339 

diu  geschelle  wären  vischin, 

die  blaster  (?)  rot  sidin. 

daz  gelider  was  ein  pfeller  dicke, 

von  golde  dar  üf  gestricke  390 

daz  fürgebfiege  was  hübescheit, 

ein  borte  uiht  ze  breit 

mit  guoter  siden  undertragen, 

dar  uf  schoene  golt  geslagen ; 

dem  merte  sinen  schin  896 

manic  edel  tierlln. 

scbellen  hiengen  ouch  dar  an, 

die  hörte  man  wol  an  der  ban. 

die  stegereife  guldin 

wären  zwei  wurmelin;  400 

die  Zügel  si  in  dem  munde  viengen; 

an  siden  si  dö  hiengen. 

die  gegenleder  wären  veste 

von  siden  so  man  beste 

gesach  in  manigen  jären.  40ö 

die  targatele  (?)  wären 

ze  mäzen  breite  borten 

und  beten  an  den  orten 

rinken  von  golde. 

der  satel  also  er  solde  410 

mit  Stangen  wol  beben  ket, 

von  siden  geschrenket, 

röt  wlz  blä  brün  val; 

die  hiengen  verre  hin  ze  tal. 


89  dicke  S,  gedeck  R.  90  gestreck  R,  91  Do  Vorgebirge  S. 
92  Bor  Dit  S.        95  mert  in  sinen  S.        98  Hie  R, 

400  zweyer  RS,  mormelin  R.  Ol  Die  zigel  S,  Den  zügel  R. 
munt  gefingen  S,  02  sidin  S.  04  So  von  R.  06  gflrten  die  S. 
10  als  S.        18  bra  blo  S,        14  hungent  S. 


340  Tristan  als  Mönch. 

an  dera  satel  was  der  koste  yil.  ^1& 

den  britel  ich  na  zeigen  wil 

mit  sage  wie  er  wsdre; 

Ton  gezierde  was  er  swsere. 

daz  gebizze  daz  was  stehelin, 

daz  val  (?)  daz  was  silberin,  *20 

von  golde  der  kinnereif. 

ein  tierltn  daz  umbegreif, 

daz  dar  was  erhaben; 

da  bi  was  wol  ergraben, 

daz  dö  ieman  hete  gewalt,  ^25 

und  gie  umbe  manicvalt. 

ein  stein  daran  vor  der  stirnen  lac, 

der  lühte  nahtes  alsam  der  tac. 

der  zoum  was  geflöhten 

von  siden,  man  mohten  490 

niemer  bezzer  hän  gemacht, 

Sit  zoumes  erste  wart  erdäht. 

von  maniger  hQbescheite 

min  meister  mir  seite 

(ich  enweiz  für  war  ob  erz  bevant):  435 

so  man  in  nam  in  die  hant, 

dar  inne  sanc  ein  merlekln, 

so  daz  gebot  diu  frouwe  sin. 

hete  ich  selbe  daz  gesehen, 

so  möhtent  ir  mir  des  jehen  440 

16  Der  sattel  RS.  kost  fol  S,  16  zonm  8.  wol  S.  19  ge- 
bis  was  S.  20  daz  was]  das  Jß,  was  S.  21  knüereiff  S, 
23  der  S,  27  do  für  in  der  stirne  B.  28  lüchtet  jR.  nahter  als 
sam  S,  30  sidin  S.  31  Nyeman  RS,  32  Die  sinen  zonm  z& 
de  erste  hant  gedacht  Bf  Die  sinen  zoum  erst  hat  erdacht  <S. 
86  weis  S.  36  Do  BS,  37  merelin  S.  88  Do  S.  erhört  S, 
39  selber  BS.  dis  S,  40  Do  B,  möchten  ir  mir  S,  mochte  er 
mir  B,    des]  für  (von  S)  worheit  BS. 


Tristam  aU  Manch,  341 

mit  rehter  w&rheite 

daz  gaofc  waere  daz  gereite. 

Si  beten  ez  allez  wol  bereit, 
die  frouwen,  pfert  unde  kleit, 

also  Tristan  bete  begert.  446 

sin  wip  reit  das  schoene  pfert. 
er  was  ouch  gevazzet  wol 
also  ein  richer  berre  sol 
durcb  solbes  gesindes  ere. 

nu  gebrast  dö  nibtes  mere.  4B0 

nibt  langer  si  dö  biten: 
ze  Britanje  si  dö  riten. 
Tristandes  geselle  Eeidin 
der  fuorte  dö  die  swester  sin, 

dar  nach  die  ritter  alle  gemeine,  4&& 

ir  iegelicber  der  frouwen  eine. 
Tristan  reit  besunder. 
daz  was  ein  michel  wunder: 
swaz  er  fröuden  ie  gesacb, 

so  bete  er  docb  einen  ungemacb  460 

des  er  nibt  mobte  vergezzen 
und  der  in  bete  besezzen 
mit  starker  minne  überkrafk. 
sus  was  ir  berze  in  minnen  baft 
daz  ez  ander  geste  nibt  enpflac.  465 

docb  es  wsere  manic  tac 
daz  er  ir  nibt  ensssbe, 
ir  w8Bre  docb  vil  smaehe, 
solt  ime  iht  lieber  sin. 
diz  was  von  Kornewäl  diu  künegin,  470 


4S  ez  f.S,  46  scbönste  S.  50  enbrast  S.  51  lange  B. 
52  britanien  8.  53  keydin  RS.  60  ein  HS  (t*.  s,  f.)  64  mynne 
behafFb  S.        67  er  f.  S. 


342  Tristan  äk  Manch. 

isöt,  diu  in  dicke  iete  fr6, 

swenne  ez  heil  gefuogie  so. 

swaz  er  ungersBtes  hete, 

so  was  ouch  an  iegelicber  stete 

Tristan  also  ez  dö  gezam.  475 

wunder  ist  wä  er  froude  nam. 

wan  er  fröude  niergent  pflac, 

wan  so  sin  trost  bl  heile  lac. 

Tristan  der  milde 
gähete  über  daz  gevilde  480 

mit  slme  gesinde  zuo  den  Briten, 
nach  gemelicher  liute  siten 
kurzierten  si  dö  lange  tage 
mit  maniger  gemelicher  sage. 

ze  Earidol  wart  do  vernoraeu  486 

daz  dar  ze  hove  solte  komen 
schiere  ein  gröziu  ritterschafl 
mit  scfaoener  frouwen  geselleschaft. 
die  ze  hove  wären  dö, 

der  msere  wurden  si  alle  frö.  490 

si  ilten  yil  harte 
üz  an  die  warte, 
ritter  unde  frouwen, 
die  wolten  beschouwen 

wer  wsßren  die  dö  kaemen.  495 

wie  gerne  si  daz  Ternsemen! 

71  dat  fro   <S,   det  frot  B,  72  Wan  8  (u.  8.  f,)    gefOget 

hette  B,  75  als  ime  gezam  S,  78  Wenne  B,  Ynd  S.  Nach 
478  Überschrift  in  B:  Clxxj.  Also  tristan  mit  sime  gesinde  kam 
züi  dem  koninge  geriten  Tff  die  bürg  ynd  in  der  koning  enpfing. 
80  Gehet  8,  Gohes  B,  82  gemeinelicher  8.  83  Karzieren  B8. 
so  8,  84  gemehelicher  B,  gemeinlicher  8.  85  karidal  J^,  koridal  8, 
86  der  8.  94  do  wolten  schowen  8.  95  sie  weren  8^  wer  B» 
komen  B.        96  das  sie  das  S.    betten  vernomen  B, 


Tristan  als  Mönch.  343 

ez  wunderte  si  alle. 

Tristan  so  mit  schalle 

näher  der  bürge  reit. 

sin  gesinde  äne  dörperheit  500 

reit  gezogenliche. 

so  rehte  prisliche 

kam  ze  hove  nieman  §. 

videlen  pfifen  was  do  m^, 

denne  ie  was  gesehen  in  manigen  tagen.  505 

ouch  wurden  do  wol  geslagen 

die  tambüren  von  den  wiben. 

die  künden  wol  vertriben 

ein  truren,  swar  si  kämen. 

vil  wol  diz  vernämen  610 

dise  hoveliute  an  der  gewer. 

si  erkanten  gerne  daz  her. 

nu  wart  vil  schiere  mere, 

daz  ez  Tristan  wsere, 

der  biderbe  und  der  guote.  515 

des  wart  in  wol  ze  muote 

unde  sprächen  ze  hant: 

'diz  ist  Tristant; 

daz  tuot  sin  hübescheit  wol  schin. 

vil  willekomen  sol  er  sitf.  620 

do  si  balde  randen 

ze  enpfahenne  Tristanden 

mit  schoBuem  hovieren. 


98  80  S,  8Ü  R. 

500  mit  BS.  dorpheit  R,  tarberheit  5.  Ol  gezogelichen  S. 
02  briazlichen  S.  03  e  S,  me  It.  05  Wan  S.  07  tonbern  B, 
09  komen  B,  konen  S,  10  veroomen  BS  16  im  B.  17  spre- 
chen S.  18  Das  B,  Nach  20  Überschrift  in  S:  Wie  der  kunig 
artui    tristanden    empfing    vnd    sine    frowe     jsolt.  21    So    B. 

22  enpfohende  B,  entpfohen  S.        23  gezieren  S. 


344  Tristan  ah  Mönch. 

do  wart  gröz  bahurdieren, 

fröude  unde  spil.  525 

gegen  Tristanden  liefen  ir  vil, 

die  in  wol  enpfiengen. 

genuoge  an  ime  hiengen, 

die  in  von  dem  pferde  zagen. 

diu  willekomen  dö  fingen,  580 

daz  er  niht  in  zehen  tagen 

genäde  möhte  yollesagen. 

der  künic  und  diu  knniginne 

giengen  ouch  durch  minne 

ze  enpfahenne  den  guoten  kneht  535 

an  den  hof.     des  beten  si  rebt. 

wan  er  kam  bübescblicbe 

und  bete  oucb  lobelicbe 

da  vor  gewesen,     manic  man 

micbel  ere  do  gewan.  540 

die  geste  do  si  säben 

die  berscbafb  so  näben, 

von  den  rossen  si  kämen, 

die  frouwen  si  abe  nämen, 

ieglicber  die  im  von  Tristande  546 

bevolben  was  ze  lande. 

ze  vorderst  gie  Eeidln 

mit  Is6t  der  s wester  sin. 

die  wurden  wol  enpfangen 

äne  aller  slabte  angen.  550 

si  gruozten  frumeclicbe 

die  frouwen  und  den  künec  riebe. 

küssens  mobte  d6  vil  sin. 


24  hoffieren  S.  29  nomen  8.  SO  Vil  wilkomen  do  komen  S, 
do  do  R.  82  folen  sagen  S,  86  das  8.  40  ere  er  B,  41  ko- 
men R,  42  8Ü  nomen  B,  47  zu  walleis  RS.  50  alle  R. 
51  Enpfingen  R,  Entpfingent  8.        53  vil  do  8, 


!Pri8tan  aus  Mönch.  345 

d5  bescheinte  diu  küne^n 

daz  sie  §ren  gelüste:  556 

Isoten  si  kuste 

und  sprach  'sint  willekomen. 

ich  hän  ere  unde  fromen, 

daz  ir  ie  woltent  geriten 

ze  minen  höchgeziten  560 

alsus  hübeschliche. 

ich  wil  iu  waerliche 

dienstes  dar  umbe  schuldic  sin', 

sprach  Ginover  diu  künegin, 

*und  iuwers  willen  sin  bereit'.  566 

'frouwe,  genäde  si  iu  geseit', 

sprach  diu  schoene  frouwe  Isot. 

ir  zuht  si  ir  da  wider  bot, 

ze  Samen  si  sich  viengen, 

froellche  si  do  giengen  570 

in  eine  kemenäten. 

gemach  si  in  da  taten. 

der  künic  nam  Tristanden, 

sie  viengen  sich  mit  banden, 

ze  samen  si  gesazen,  575 

leides  si  vergäzen 

und  Seiten   stolziu  msere. 

do  twanc  ie  sin  altiu  swsere 

Tristanden,  diu  im  do  was  starc; 

mit  zuht  er  si  doch  verbare.  580 

sich  geselleten  ouch  die  geste, 

iegllcher  so  er  beste 

54  beschämte  sich  R.  55  iren  BS.  56  sü  ouch  B.  57  eyt  8. 
59  weiten  BS.  65  uwer  J?,  uwern  S.  ey  B.  68  do  B,  f.  5. 
70  Gar  frdlich  B.  73  tristan  B,  74  banden  dan  B.  78  in 
je  BS.      79  doch  B.      80  züchten  er  sich  doch  S,      82  ieglichen  B. 


346  Tristan  als  Mönch. 

kimde  unde  mohte, 

ze  dem  besten  der  im  tobte. 

Daz  bofgesinde,  also  ez  pflac,  586 

yertreip  yil  schöne  den  tac 
mit  manigem  daz  wol  gezam. 
die  geste  taten  alsam. 
dö  ez  begunde  nabten, 

die  stüele  die  machten  590 

ze  ezzen  die  kameraere 
in  einem  sal  abtbsere, 
da  die  geste  sitzen  solten. 
ezzen  si  dö  wolten. 

dö  wolte  man  bt  banden  595 

setzen  Tristanden 
an  die  taTelronde. 
wan  er  an  maniger  stunde 
bete  wol  gedienet  daz 

daz  man  sin  da  nibt  vei^^.  600 

des  enndorfte  in  nibt  Terdriezen. 
der  künec  iedocb  biezen 
bt  sime  wibe  sitzen 
und  sprach  mit  guot^ii  wiizen: 
*nement  Keidinen  G05 

an  den  stuol  minen. 
der  i$l  ein  ritter  unrenaget: 
er  hiA(  dicke  pris  bejag^ 
und  michel  lop  gewunnen: 
det$  $tuv^le$  sol  man  im  mannen.'  610 


Tristan  als  M(h^ch,  347 

ze  stunt  als  ez  der  künic  gebot, 
saz  Tristan  unde  Is6t 
an  des  küneges  siten. 
die  andern  äne  biten 

an  stüele  sich  do  liezen,  616 

so  si  die  kamereere  hiezen. 
D6  si  wären  gesezzen, 
man  gap  in  trinken  und  ezzen. 
schenken  und  trubssezen 

ir  zuht  si  niht  vergsezen.  620 

die  maniger  hande  trabte 
die  läze  ich  äne  ahte; 
ein  fräz  von  fräzbeit  sagen  sol; 
wizzent  daz  si  gäzen  wol. 

d6  der  tisch  erhaben  wart,  625 

die  spilliute  nach  ir  art 
erhuoben  maniger  hande  spil. 
ir  was  da  äne  mäzen  vil 
und  hebeten  sich  in  widerstrit. 

gröz  was  diu  höchgezit  680 

nach  grozer  fröude  ober  lanc 
unz  si  diu  naht  betwanc 
und  ouch  die  frouwen  släfens  not. 
diu  künegin  und  tsot 

und  die  frouwen  alle  geliche,  685 

vil  gezogenliche 
urloubes  si  dö  bäten, 
si  giengen  ze  kemenäten. 

11  Do  stunt  also  B.  12  Das  B,  16  Do  BS.  Nach  16 
Überschrift  in  B  Clxxij:  Also  die  herren  zu  tische  sossent  ynd  man 
in  zfi  essen  gap  vnd  man  vbe*n  tisch  pfeiff.  20  vergessen  12,  ver- 
gossen S.  22  Die  f.  S,  28  Es  BS.  29  habeten  S,  31  froi- 
den  S,  freiden  B.  32  Wenne  B,  Wan  S.  twang  B,  33  sloffes  8, 
36  gezogeliche  S.        37  si  f.  S.        88  kamnoten  B. 


348  Tristan  als  Mönch. 

die  ritter  nach  ir  site 

giengen  den  frouwen  mite,  640 

die  des  wert  wären. 

die  andern  daz  verbären. 

da  stuonden  ein  teil  diez  vermiten. 

niht  lange  si  do  biten: 

guote  naht  si  enpfiengen;  646 

dannen  si  dö  giengen. 

Yon  erste  huop  sieb  ein  micbel  schal 

under  den  rittern  über  al,  . 

und  doch  mit  grozen  güeten. 

si  begunden  sere  wüeten,  650 

tanzen  nnde  singen, 

springen  unde  ringen 

(es  enmohte  nieman  wizzen  aht) 

vil  bi  unz  an  die  mitten  naht. 

wäfen  si  riefen  655 

und  vielen  nider  und  sliefen 

an  einem  sebette  gar; 

si  nämen  senfte  kleine  war. 

Tristan  lac  ouch  under  in. 
dö  huop  sich  sin  ungewin:  660 

do  si  sliefen  yaste, 
do  troumde  dem  gaste, 
dem  guoten  Tristande, 
daz  er  in  Marken  lande 
ze  Tintajoele  waere  665 

39  irem  RS.  Bitten  S.  40  noch  den  S,  mitten  S,  42  des  S, 
43  Die  S.  die  ES.  U  bitten  S,  bliben  B.  46  Denne  R. 
47  Von  erhub  5.  48  ritter  S.  51  springen  S,  53  Er  möchte  S. 
54  die  f.  S.  mitter  nacht  i2.  55  sie  S^  yil  E,  58  sanffte  R- 
Nach  58  Überschrift  in  S:  Wie  tristan  in  einen  walt  kam  mit  kor- 
newal  vnd  wie  er  einen  toten  ritter  fant  liegen.  62  dromde  R, 
trdme  S.        65  tintayoel  R,  tintaoil  S, 


Tristan  als  Mönch.  349 

und  als  ein  minnsre 

sine  frouwen  suochte, 

doch  si  des  niht  geruochte, 

daz  si  in  wolte  grQezen. 

er  viel  zuo  ir  füezen,  670 

gensedecliche  er  si  hulde  bat. 

zorneclicbe  si  höher  trat 

und  sprach  vil  hertecllche: 

'Tristan,  daz  dir  got  gewiche! 

Tristan,  ungetriuwez  vaz,  675 

ich  wänte  ir  mich  minnetent  baz. 

her  Tristan,  min  arbeit  ist  verlorn. 

ich  hete  iuch  ze  friunde  erkom 

und  minnete  iuch  baz  denne  ir  mich. 

weiz  got  diu  minne  scheidet  sich.  680 

ich  hän  durch  iuch  vil  getan : 

dicke  ich  durch  iuch  gewäget  hän 

beide  ere  unde  lip. 

nu  minnent  ir  baz  iuwer  wip, 

denne  mich,  ez  ist  wol  schin.  685 

für  war,  ir  sulnt  mir  unmsere  sin. 

ich  wil  dar  keren  minen  sin 

da  ich  michel  lieber  bin 

und  da  min  zorn  lihte  ist  leit. 

min  hulde  si  iu  widerseit.'  690 

do  erwachete  ze  hant 

vil  ungemeliche  Tristant. 

unlidic  wart  sin  uugemach. 


66  also  B.         67  frouwe  BS.         68  rüchte  S.         69  iren  BS. 
70  Ymb   halde  B.  73  hörteclichen  6',    hitzecliche  B,  74  ge- 

wichen S,  75  vnd  getmwea  S.  76  mich  mynten  B^  mynneten 
mich  S.  82  von  S.  86  aalt  S,  jemer  Tninere  i2,  vngeneme  S. 
89  do  B,  f.  S.  90  sa  S.  91  er  zu  (zur  S)  BS,  93  Vnledig  jB, 
Vnd  lidelich  8. 

1896.  Bitcnogsb.  d.  phIL  n.  biat.  Gl.  23 


350  Tristan  äU  M(hich, 

zuo  im  selber  er  dö  sprach: 

'we  mir  unsaeligem  man!  696 

sol  ich  sus  yerlorn  hän 

miner  frouwen  hulde? 

ja  ich,  min  ist  diu  schulde. 

welch  tiuvel  truoc  mich  har? 

in  rehtes  gouches  wise  ich  var  700 

ketzende  mit  minem  wlbe. 

ouwe  minem  libe, 

der  diz  solte  bewam. 

ich  bin  übele  gevam 

und  äne  guote  liste.  706 

selbe  ich  wol  wiste, 

ob  ich  min  wip  fuorte, 

daz  mich  unheil  ruorte. 

dö  trugen  mich  mine  witze 

nach  doten  mynnen  hitze  (?)  710 

wil  mich  min  frouwe  miden. 

ich  möhte  gemer  liden 

laster  unde  schelten, 

wolte  mir  daz  gelten 

mit  liebe  diu  frouwe  min.  716 

min  geminne  wil  si  niht  mere  sin. 

sus  kan  ich  fröude  erwerben. 

weiz  got,  ich  muoz  nu  sterben 

von  herzelichem  leide. 

disen  zorn  got  scheide.'  720 

94  dö  f.  8,         96  Tnselig  BS,  98  Do  ist  es  myne  ich.  S, 
99  dar  R. 

700  rechtes  g&tes  B,   rechter  gottes  S.         Ol  Ketsschende  S, 

02  We  B.        08  dis  S,  dise  B,  08  unheil]  michel  B,  traren  S. 

10  so  Bf  Mich   dotten  myne  h.  S.  12  gerne  B.        14  Mochte  B. 

16   myner  mynne   BS.     mere  JR,  int  S.          19  hertzemlichen  S. 
20  zome  S,    bescheide  B, 


Tristan  als  Manch.  351 

er  was  mit  not  bevangen, 

in  begunde  sdre  belangen 

daz  sich  s6  sümte  der  tac. 

in  jaemerlicher  klage  er  lac. 

ze  stunt  d5  er  den  tac  ersach,  726 

do  stuont  er  üf.     sin  ungemach 

yerbarc  er  zuo  dem  male 

nnd  rief  Komewale. 

er  sprach  'Kornewäl  geselle, 

ich  waene  ich  riten  welle  730 

suochen  äventiure; 

diu  ist  mir  doch  yil  tiure,' 

sprach  er  von  unsinneu. 

'heiz  mir  min  ros  gewinnen 

schiere  äne  blten'  786 

eine  wolte  er  rlten. 

daz  was  Eornewäle  leit. 

mit  ime  er  ungebeten  reit. 

dö  riten  die  helde  beide 

über  eine  grüene  beide  740 

in  einen  wunneclichen  walt. 

Tristandes  sin  was  manicvalt, 

daz  er  enwartete  noch  ensach 

wä  ime  ze  ritenne  geschach. 

ouch  was  sin  gebsBrde  leit  746 

dem  der  bi  ime  reit. 

lützel  rede  wart  under  in. 

si  riten  beide  äne  sin 

irrende  in  dem  forste. 

Tristan  der  getorste  760 


22  loe  S,  28  raffe  S.  81  offentore  RS.  83  sinnen  B. 
89  hilde  B.  42  Bjnne  S.  43  enwartete  B,  ensprach  S»  47  Gar 
lützel  S.        49  Ire  ritende  S.        60  der]  er  J2,  onne  5. 


352  Tristan  ah  Manch, 

sich  Eornewäle  niht  enbarn, 

wie  ez  umb  in  was  gevarn. 

er  wände  ez  wsere  wachende  geschehen, 

daz  er  in  dem  släfe  hete  gesehen ; 

des  was  mislich  sin  gedanc.  765 

d6  kämen  si  niht  über  lanc 

in  dem  forste  an  ein  gras, 

da  ein  ritter  gelegen  was. 

gewäfent  si  in  fnnden, 

tot,  sere  wunden.  760 

Tristan  erbeizte  dd, 

also  leidic  wart  er  fr6 

und  sprach  mit  slner  kfindekeit: 

'mit  disem  mag  ich  klagen  min  leit.' 

sine  hende  er  zesamen  sluoc,  765 

missehabe  bete  er  genuoc, 

vil  innecliche  er  weinde. 

ein  anderz  er  dö  meinde, 

denne  daz  er  da  gesach. 

niht  grozes  ime  daran  geschach.  770 

er  weinde  siner  fron  wen  zorn. 

we  ime!  si  wänte  in  hän  verlorn. 

er  begunde  sich  s^re  slän 

daz  Kornewäl  des  bete  wän, 

er  wolte  wüetic  werden.  775 

do  viel  er  zuo  der  erden 

und  vieng  in  mit  den  armen  sin. 

51  Sich  komewalen  S,  Eornewal  B.  enbem  8,  57  den  fortt  S. 
58  ritte'n  do  B,  erslaKen  S.  59  Gewoffen  S.  Nach  760  'Über- 
schrift in  B  Clziij  Also  tristan  sich  gar  Vbel  geh&p  von  ysoten 
wegen  vnd  yme  geswant  vnd  in  kornewäl  vnder  die  arme  nam  und 
in  tröste.  62   er]   vnd  ;Sf.  68  Er  8.    zu  B.  64  disen  B. 

67  er  w.]  enweinde  B,       70  grflsses  BS,    do  an  jR.       71  wenite  B, 
72  80  won  in  B.        73  slahen  ;S'.        74  hatte  8, 


Tristan  als  Manch.  353 

er  sprach  'neinä,  trütgeselle  min, 

habent  nibt  sus  bcese  site; 

schonent  iuwer  selber  mite.  780 

verkerent  ir  sus  iuwer  selbes  lip, 

des  spottet  man  unde  wip. 

ouch  muoz  ichs  kumber  liden, 

sol  ich  inch  iemer  miden. 

sagent  mir  waz  iu  werre.'  786 

dö  mante  er  in  so  verre 

dienstes  und  als6  sere 

bat  er  in  durch  sin  ere 

im  sine  not  erscheinen, 

er  wolte  dar  an  gemeinen.  790 

Tristan  do  jaeraerllchen  sprach: 

'solte  ich  niht  haben  ungemach? 

ich  sol  ouch  wol  von  schulden  klagen, 

Sit  ich  yinde  sus  erslagen 

einen  werlichen  man,  796 

und  ich  enmac  noch  enkan 

sinen  tot  gerechen.' 

do  begunde  sprechen 

mit  zorne  der  geselle  sin: 

'nim  war!  nu  ist  alr^rst  schin  800 

daz  ir  nie  wurdent  ein  man. 

ein  tumbez  wip  solte  hän 

gebserde  alsus  getane. 

ir  sint  Witzen  ane. 

nu  mugent  ir  mir  wol  jehen :  805 

78  nein  trut  harre  8.  79  ans  nicht  R.      b.  synne  site  B. 

81  awero  selbes  S^  uweren  selben  jR.  83  ich  es  R,  ich  sin  S. 
kamer  22,  komer  S,  84  liden  miden  S.  87  und  also]  ynd  i^, 

also  S.  89  erschinen  S.  93  schulde  B,  98  beg.  er  S^  beg.  er 
ouch  B.        99  myn  BS. 

801  wurden  BS.        08  also  susz  B. 


354  Tristan  als  Mönch. 

waz  leides  ist  in  hie  gesclielien? 

ouch  erkantent  ir  sin  niht. 

yil  rehte  wol  man  nu  siht 

daz  ir  sint  äne  sinne. 

ich  hän  durch  iuwer  minne  810 

und  durch  iuwer  hfibescheit 

manigen  tag  gewesen  bereit 

iuwerm  willen  und  iuwerm  geböte 

nu  wil  ich  iu  geloben  bi  gote, 

ir  gebärent  froelich  als  ^,  81* 

ich  gediene  iu  niemer  me. 

waz  solte  mir  ze  herren  der, 

s5  er  ze  wunnecllchem  her 

yil  prislichen  kssme 

und  er  als  ez  zseme  820 

in  allen  solte  machen 

gemeliche  unde  lachen 

mit  zuht  und  mit  güete, 

daz  er  denne  ungemüete 

mit  unfuoge  machte.  826 

ich  laze  in  uzer  achte 

noch  enmac  sin  niht  gepflegen* 

do  wolte  er  riten  after  wegen. 

urloubes  gerte  er  zehant. 

dö  sprach  her  Tristant:  830 

'neinä,  trutgeselle  min, 

joch  weistu  wol,  ich  bin  gestn 

ie  gar  ze  dinem  willen. 

nn  beginnet  mich  villen 

08  nu  f,  S.  09  ir  na  SS.  12  wesen  BS.  18  Uwem  8. 
14  glonben  B.  16  fi^eborent  B,  geborn  S.  also  B.  20  als  es] 
abufl  BS.  gezeme  S.  22  gemelich  8,  gemmelich  B.  23  xndi- 
ten  S.  27  mag  S.  28  yff  der  B.  31  Nein  ach  B,  Nein  8. 
84  begunden  B,    fallen  S, 


1 


Tristan  als  Mönch.  355 

daz  Unheil  mit  leide.  835 

daz  ez  dich  von  mir  gescheide, 

zwäre  des  getrüwe  ich  dir  niet. 

wan  nie  guot  friunt  geschiet 

von  friunde  in  kumber  also  gröz. 

zwäre  ich  wurde  fröuden  blöz,  840 

und  Züge  ze  untriuwen  sich. 

Kornewäl,  nu  bedenke  dich, 

trütgeselle,  nnde  belip. 

in  grozen  riuwen  ist  min  llp: 

wellest  du  mich  danne  län,  846 

so  muost  du  mir  abe  gän 

(daz  solte  mich  iemer  riuwen) 

geselleschaft  und  triawen 

der  ich  mich  ze  dir  yersach.' 

Kornewäl  aber  dö  sprach :  860 

'woltent  ir  mit  eren  leben, 

solte  ich  noch  dar  umbe  geben 

den  lip  und  ouch  die  §re, 

ich  wolte  doch  iemer  m^re 

iuwer  kneht  sin  und  geselle.  865 

woltent  ir  ouch  ze  helle 

Tarn  oder  grdze  not  bestan, 

ich  enwolte  iu  niemer  abe  gegän; 

daz  mugent  ir  wol  wizzen. 

ich  hän  mich  e  geflizzen  860 

daz  ich  iu  gediende  wol. 

ob  mir  nu  daz  sol 

86  ez  f,  RS.  87  Das  ist  wor  das  S.  dir  f.  S.  88  ge- 
schieht 8.  89  fründen  B.  44  grossem  S.  45  WoUestu  S, 
Weitest  da  B.  denne  mich  B.  49  zn  dir  mich  S.  50  Der 
kornewäl  S.  58  Min  libe  vnd  min  ere  S.  54  wolte  üch  BS. 
55  sin  vngeselle  8.  56  zur  S.  58  wolte  S.  gan  S.  60  ver- 
flissen  8.        61  gediene  S.        62  das  na  S. 


356  TVistan  als  Mönch. 

Vnsin  üch  mit  luten  leiden  (?).* 

dö  begreif  er  in  mit  eiden 

und  bat  in  durch  minne  865 

siner  lieben  friundinne, 

daz  er  ime  doch  wolte  si^en 

wä  von  er  bete  solhes  klagen. 

dö  ime  sin  frouwe  wart  genant, 

dö  ersiuftzete  Tristant.  870 

wan  er  nie  niht  geliez 

swes  man  in  durch  si  gehiez, 

ez  waere  im  liep  oder  leit. 

doch  bete  si  ime  verseit 

ir  minne  äne  schulde,  875 

so  enwolte  er  doch  ir  hulde 

an  disen  dingen  niht  vertoben. 

ouch  muoste  im  e  für  war  geloben 

sin  geselle  daz  er  taete 

swaz  so  er  in  bffite.  880 

dö  sprach  aber  Eornewäl: 

'herre,  daz  hän  ich  manic  jär 

getan  und  tuonz  noch  gerne, 

daz  ich  ebt  gelerne 

wannen  si  komen  diser  ungewin  885 

der  iuch  machet  sus  äne  sin.' 

Tristan  sin  klagen  dö  vermeit. 

Kornewäle  dem  wart  geseit 

waz  ime  des  nahtes  was  geschehen. 

er  sprach  'geselle,  ich  muoz  dir  verjehen :  890 

68  80  B,  Vnd  sin  uch  mit  leiden  B,  67  doch  f.S.  71  me  E, 
72  Wes  B,  Was  S.  75.  Er  B.  77.  verdorben  8.  78  er  jme 
für  wer  geloben  B^  er  ime  e  verloben  S.  79  was  er  dechte  S. 
81   komewal  farwor  S,  82  das  ich  125.    manige  S.  88  Han 

geton  S,  noch  f.  E,       84  echt  E,  iecht  S.       85  Wennen  B.  Wan- 
nen 80  kämet  S, 


Tristan  ah  Möneh.  357 

• 

min  heil  ist  an  den  genäden  din. 

mich  dühte  wie  daz  diu  frouwe  min 

8§re  zürne  wider  mich. 

na  rafc,  waz  dunket  dich? 

wie  mag  ich  yersaochen  daz,  895 

ob  ich  nu  süle  liden  ir  haz. 

d6  ich  an  minem  bette  lac. 

hinaht  e  denne  der  tac 

vollecliche  erlühte, 

wffirliche  mich  dühte  900 

daz  ich  si  gesaehe 

und  ir  daz  wsBre  smaehe 

daz  ich  min  wip  her  brfehte 

und  ir  zersten  niht  gedsehte. 

diz  zürnte  min  frouwe  tsot,  905 

ir  hulde  si  mir  widerbot. 

sich,  das  ist  min  ungemach.' 

Eornewäl  da  wider  sprach: 

"min  frouwe  iu  unrebte  tuot. 

iedoch,  swaz  iu  dunket  guot,  910 

des  wil  ich  gerne  sin  berrit.' 

Tristan  sprach  'mit  stsetekeit 

hän  ich  einen  sin  genomen: 

ich  gewinnes  schaden  oder  fromen, 

wil  eht  got  sin  ruochen,  915 

so  wil  ich  ez  versuochen, 

wie  min  frouwe  wolte  klagen, 

92  dancket  das  S.  96  ich  liden  salle  S,  iren  S,  f.  R. 
97  nacfi  98  RS,  Nach  98  Überschrift  in  S:  Wie  tristan  ein  manch 
wart  vnd  ime  sin  höre  wart  abgeschnitten  vnd  munches  kleider 
andett. 

908  herbrecht  S,  hette  bracht  R.  04  gedecht  S,  gedacht  R, 
07  Sieche  S.  08  do  wider  R,  hinwider  S,  09  vnrecht  RS, 

18  nne  S.        14  gewin  sin  Sf  gewin  R, 


358  THstan  ah  M9ncK 

• 

stürbe  ich  oder  wnrde  erslagen. 

daran  mag  ich  wol  spehen 

wes  ich  mich  mQge  ze  ir  versehen.*  930 

er  selbe  verwunte  dö 

den  ritter  under  den  ongen  so 

daz  in  niht  bekennen  solte 

swer  in  sehen  wolte. 

ouch  was  er  an  gewande  9S6 

gelich  hem  Trisfcande. 

Dö  sprach  er  aber  'geselle  min, 
nu  solt  du  läzen  werden  schin 
ob  du  bist  getriuwe. 

eine  trfige  niuwe  980 

wil  ich  an  yähen, 
ob  ich  ir  möge  genähen. 
nu  nim  du  disen  toten  man 
den  wir  hie  funden  hän, 

und  füere  in  tU  snelle  986 

hin  zuo  der  zelle 
diu  uns  ist  vil  nahe  bi, 
unde  gich  daz  ich  ez  n 
erslagen  in  dem  walde. 

dar  nach  rlt  yil  balde  940 

ze  hove  klegeliche 
und  sage  in  allen  gellche, 
dem  künege  vor  den  sinen, 
und  läz  ouch  Eeidinen 

18  wnrde  ich  8,  19  wol  22,  nit  S,  21  Terwundetie  8,  tot 
wnndert  B,  22  ob  8.  26  wart  B,  2G  herren  8,  her  J2. 
Nach  26  Überschrift  in  B  Glxxiüj  Also  man  einen  dotten  ritter 
f&rte  zu  siner  froawen  ynd  dem  konin^^e  in  dem  nämen  also  ob  es 
tristan  wäre  vnd  l&gen  wolt  wie  man  sich  gehaben  wolt.  28  werden 
loBsen  B,  80  Ein  trawe  8,         88  Nun  BS,         86  gesaeile  K 

87  ist  vns  8,  yns  B.    hie  by  8.       88  gihe  B8. 


Tristan  cda  Mönch.  359 

wizzen  unde  min  wip  946 

daz  ich  hän  verlorn  den  lip, 

dö  ich  wolte  pris  bejagen. 

ouch  solt  du  dem  kfinege  sagen, 

daz  min  begrebede  süle  sin 

ze  der  bürge  des  neven  min.*  9B0 

er  tete  swaz  er  von  ime  vernam. 

Tristan  iedoch  selbe  kam 

zuo  der  zellen  gerant. 

den  abbet  er  da  vor  vant. 

ze  stunt  viel  er  an  slnen  fuoz  956 

und  sprach  'genäde,  herre,  ich  muoz 

schiere  sterben  äne  wem, 

went  ir  mich  eine  niht  genern/ 

harte  forhtliche  er  tete. 

den  abbet  michel  wunder  hete,  960 

wan  er  so  Yorhteclichen  sprach. 

do  fraget  er  sin  ungemach. 

Tristan  sprach  ime  zuo: 

'ich  reit  her  hiute  frao 

von  minen  unheile.  966 

umb  Sre  bot  ich  veile 

beide  lip  unde  guot 

einem  ritter  wol  gemiiot. 

er  was  ouch  der  besten  ein, 

den  diu  sunne  ie  überschein.  970 

in  dem  forste  er  mir  widerreit, 

umbe  ruom  er  so  mit  mir  streit 

einen  kämpf  vesten. 

46  verlorn  faan  min  lip  S,  52  doch  ye  R,  54  dar  RS, 
55  viel  B,  sie  S,  57  onne  S,  vnd  B.  58  Wan  S.  eine  5,  en  B. 
59  fortlich  JB,  förchteklichen  S,  60  Der  RS.  michel  B,  mich  S. 
61  foUecIichen  B,  felleklichen  S.  64  herre  B.  65  vnd  heil  S. 
66  wart  BS.        68  Einen  BS. 


«    ' 


'/"•:  T'-üSraB 


^^-    -     — .  ^   «.* 


w:;i:i*rr  mkii  nizjel  dirre  scii:;Iie. 

Leire,  d-:;rch  zo^es  L^lie 

grbeLt  mir  einen  entwich  9öß 

ond  ma/::hent  mich  zeinem  m^nch-f  (?). 

der  wil  ich  gerne  werden 

d^ifch  daz  ich  af  d^r  erden 

gebGeze  doch  die  ^ün-ie  min/ 

der  abbet  und  die  brüeder  sin  ^^ 

de$»  er  da  bat  niht  Termiten: 

%\  $»charen  ime  nach  ir  siten 

and  taten  ime  an  ir  gewant. 

do  wart  müoech  Tristant 

durch  slner  frouwen  minne;  ^^ 

daz  wären  fromde  sinne. 

Schiere  kam  geriten  her  nach 
Komewäl,  wan  im  was  gäch 
ze  taonne  swaz  sin  herre  gebot, 
mit  klage  machte  er  gröze  not.  ^^^ 

also  brahte  er  den  töten  man. 

74  in  f.  HS,  75  mit  f,  S.  80  also  JK.  ein  S.  81  biet  S. 
82  Dfti  Ji.  enwenken  BS,  83  nymet  5,  nymmer  i2.  dirre  B, 
genug  der  S,  86  entwiche  B,  ein  tbunnig  S.  86  manig  S, 

90  münche  B.  92  schüren  in  S.  96  fromde  BS.  97  hienoch  S, 
99  t&nde  BS. 

1000  machte  f.  B.       Ol  Sam  S.    er  yme  B. 


Tristan  als  Mönch,  361 

den  münchen  er  künden  began, 

wie  sin  herre  Tristant, 

ein  ritter  guot  und  bekant, 

erslagen  wsere  an  der  reviere.  1006 

dö  bereiten  in  schiere 

die  mtinche  herllche 

und  sprachen  klösterliche: 

'zwäre  dirre  tot  ist  schedelich; 

er  was  ein  ritter  lobellch;  1010 

crede  mich,  ez  ist  mir  leit.' 

Komewäl  dö  ze  hove  reit 

ze  sagenne  diz  ungelQcke. 

wärheit  warf  er  ze  rücke; 

wan  er  muoste  liegen,  1015 

durch  sinen  herren  triegen. 

nu  was  ez  verre  tac. 

Artus  der  künec  lac 

an  spil  mit  slme  gesinde 

under  einer  grüenen  linde  1020 

an  einer  warte  lussam. 

da  sach  er  wä  und  wer  da  kam. 

da  beite  er  nach  sinen  siten 

der  die  nach  äventiure  riten. 

der  eteliche  wären  komen:  1026 

äventiure  was  vemomen. 

si  sprächen  alle  sunder  wan, 

man  möhte  wol  enbizzen  hän. 

ouch  sprächen  sumellche  da: 

'Tristan  ist  noch  anderswä;  1030 

03  sin  herre  B,  do  S.  04  fj^utt  ynbekant  S.  06  sü  in  BS. 
09  Das  ist  wor  S.  11  Credo  BS.  michy  S.  13  das  vnglick  S. 
19  Mit  B.  20  eine  f^rune  B.  21  lutsam  S,  lassen  B.  22  wer  S, 
der  B.  kam  vssen  B.  23  sime  B.  24  Der  f.  BS.  25  wären 
f.  BS.        27  Nach  28  B.        29  semeliche  B,  semelichen  S. 


362  Tristan  äU  Jföncft. 

hiute  in  nieman  gesach.' 

Artns  der  kfinec  sprach: 

'uns  entouc  sin  niht  ze  enberne, 

man  sol  sin  beiten  gerne* 

einen  ritter  si  d6  gesahen  1086 

zuo  in  dort  har  gähen, 

als  ez  Eornewäl  wasre. 

dö  was  in  vil  swaere 

daz  er  kam  Tristandes  äne. 

si  wären  des  an  wäne  1040 

daz  ime  iht  leides  waere. 

ouch  begande  er  sine  swaore 

mit  schrienne  und  mit  grözer  klage. 

er  sprach  'leidia  msere  ich  iu  sage, 

ir  mügent  ez  alle  klagen  wol.  1046 

oawe  daz  ich  ez  klagen  sol, 

min  innecllchez  herzes^r; 

ich  fiberwinde  ez  niemer  mer.' 

daz  gesinde  michel  wunder  nam 

daz  er  sus  klegeliche  kam.  1060 

si  hörtenz,  wan  ez  was  nähe  bi. 

jaemerllche  ouw§,  ouwi 

begunde  er  manecvalten. 

er  sprach  'übel  muoz  min  walten. 

min  lieber  herre  erslagen  ist.*  1056 

ach  geselleschaft,  waz  du  bist, 

daz  er  sus  offenlichen  louc 

und  sus  mit  sime  schaden  trouc. 


83  endouget  5,  entouwet  B.  84  beiden  8,  beide  B,  85  Die 
ritter  die  do  BS.  86  har  f,  Jß.  87  Also  BS.  er  S.  40  one  B, 
onne  S.  42  er  in  S.  45  alles  B,  f,  S.  46  Ob  S,  47  hertze- 
sere  B,  hertzen  sere  S.  48  mere  BS.  50  sus  so  clegelichen  8, 
52  owe  ynd  owi  i2,  owe  owe  owy  S.  58  Besonder  m.  S,  57  offe- 
lich  S.    l&g  B,  läge  S.        58  so  S.    trflg  22,  trage  S. 


Tristan  als  M&neh.  363 

er  machte  und  het  gröze  pln, 

daz  eht  möhte  der  herre  sin  1060 

gesehen  sine  frouwen. 

dö  mohte  man  wol  schouwen 

daz  guot  ist  der  geselle 

dem  man  swaz  man  welle 

mac  gebieten  oder  bevelen  1065 

und  erz  kan  frumen  und  helen. 

Tristandes  not  über  hof  erschal 
dö  wart  michel  frouden  val. 
so  sime  wlbe  geseit  wart 

daz  er  an  äventiuren  vart  1070 

sin  leben  hete  geendet, 
ir  was  vil  nach  erwendet 
wunne  klagen  unde  leben 
unde  fröude  dö  begeben 

umbe  den  helt  vermezzen.  1075 

des  imbizzes  wart  vergezzen, 
zerstoeret  wart  diu  Wirtschaft, 
do  nam  weinen  Überkraft 
an  frouwen  und  an  mannen. 

dö  huoben  si  sich  dannen,  1080 

alle  die  da  wären; 
si  riten  zuo  der  baren, 
so  gäch  was  in  allen  dar, 
der  frouwen  nam  man  keine  war. 
in  allen  reit  der  künec  vor.  1085 

dö  er  kam  zuo  dem  klöstertor, 
ane  dienest  er  erbeizte. 

59  bin  S,     64  Der  B.     65  Mag  er  B.    befellen  S.     66  hellen  S. 
67  erst  bal   B.  68  froide  S.  69  Das  S.  70  offenture  S. 

72  nohe  B8,  74  geben.  76  imbes  B,  ymbs  S.  77  Zerstert  8, 
wurtschaft  BS.  82  Die  8.  den  B.  85  Vor  in  8,  Von  B.  in 
der  B.       86  Also  8,   des  closters  dor  8.     87  erbeisset  B,  erbeiset  8, 


864  Tristan  als  Mönch. 

gröz  leit  die  zuht  zersleizte, 

daz  man  ir  dö  kleine  pflac. 

der  künec  gie  da  der  töte  lac  1090 

und  sprach  'ouwe,  lieber  Tristant, 

daz  da  her  in  min  lant 

ie  ze  hove  woltest  koraen, 

und  du  ein  ende  hast  genomen 

hie  in  mlnem  riche,  1095 

daz  riuwet  mich  innecliche. 

weerest  du  doch  da  heime  erslagen ! 

so  möhte  ich  deste  baz  verklagen 

dich  und  getroesten  mich, 

wie  ich  überwinde  dich,  1100 

zwäre  und  waere  mir  doch  leit. 

ouwe  daz  mir  nieman  enseit 

wer  der  mordsBre  si 

der  dich  erslagen  hat  sd  bi. 

umbe  in  wolte  ich  wägen  1105 

mit  friunden  und  mit  mägen, 

die  ich  hän  in  den  landen, 

sinen  tot  wolte  ich  anden, 

im  müeste  misselingen. 

der  zage  hat  vssrlingen  1110 

an  dir  bcesen  piis  bejaget. 

erkande  er  dich,  er  waere  verzaget. 

zwäre  wiste  er  dich  Tristanden, 

ern  hete  ez  nie  bestanden. 

nu  wer  waere  ouch  der  1115 

88  Grosse  sere  leit  R.    eersleisset  JB,  zursleisset  S.        89  in  S. 
98  Jo  S.        94  da  S.        98  dester  B,    verdagen. 

1100  Das  ist  wor  S,  Oi  so  R,  hie  S.  11  hat  verlingen  B^ 
bette  er  vemigen  S.  11  dir  12,  der  S.  12  dich]  sich  jB,  /.  S. 
ein  er  /*.  8,  18  Doch  zwor  Ry  Das  ist  wor  S,  16  wer  were  8^ 
were  wer  R. 


Tristan  als  M&nch.  365 

der  mit  gelicher  wer 

an  dir  möhte  gesigen. 

so  maneger  hat  genigen 

Yon  diner  ellenhafben  hant. 

wS  wie  rinwest  du  mich,  Tristant.  1120 

dln  t6t  machet  mich  unfro.' 

die  anderen  klageten  so 

daz  es  niht  mere  dorfte  sin. 

dö  kam  ouch  diu  künegin. 

die  ritter  si  enpfiengen,  1125 

mit  ir  ze  der  bare  giengen, 

da  in  allen  leit  geschach. 

diu  frouwe  mit  tiefen  Worten  sprach 

eine  klage  gezogenliche: 

'daz  ime  got  gewiche  1130 

von  dem  wir  hän  ditze  leit. 

ouch  heten  wir  alle  fröude  breit 

ze  hove  wol  angevangen. 

nu  ist  min  hof  zergangen. 

daz  wurde  lihte  verkorn,  1185 

bete  wir  dich  eht  niht  verlorn. 

getriuwe  minne  stste  birt. 

weiz  got,  uns  wiben  niemer  wirt 

ersetzet  din  dienest  und  dln  zuht. 

din  t6t  machet  minnen  fluht,  11^0 

und  gät  si  Hz  den  riehen. 

si  gewan  din  nie  geliehen. 

man  mac  si  nu  zeln  ze  gaste. 

19  ellenthaffcer  B.  22  do  S.  25  die  S.  29  gezogelich  B, 
gezagentcliche  S.  30  g^ewüche  5,  getwich  B,  31  disz  B,  das  S. 
88  gefangen  8.  85  werde  B,  36  Betten  S,  echt  B,  f.  S. 
87  wtirt  B.  38  niemer  f,  BS.    würt  B,  89   dinen  dienst  B^ 

noch  8.      40  myne  B,      41  sü  do  vis  B.       42  gewänne  B,  wan  8, 
nie  f.  B.       48  zalen  8.    geste  B, 

1896.  attnmgsb.  d.  phU.  u.  hist.  OL  24 


1 


366  Tristan  äh  M&nch. 

du  eine  pflaBge  ir  vaste 

mit  wisheit  und  mit  triuwen.  1146 

uns  frouwen  muost  du  riuwen. 

du  eine  lertest  alle  man 

wie  si  minne  selten  hän. 

ouwe  wie  hat  got  sd  getan 

daz  er  iu  liez  erslän  1160 

einen  der  was  so  gemuot 

daz  er  gerne  taete  guot 

und  bosheit  yerbsere. 

Tristan,  guot  du  wsere, 

ein  goltvaz  reiner  sinne,  1156 

ein  Spiegel  rehter  minne, 

ein  brunne  aller  ritterschefte, 

der  hübescheit  ein  hefte, 

vater  yarnder  diete. 

got  hat  mit  swacher  miete  1160 

dir  vergolten  dine  tugent. 

Tristan,  nu  riuwet  mich  dtn  jugent 

und  dln  minnecllcher  llp. 

mich  riuwet  ouch  din  schoenez  wip, 

diu  sich  an  dir  verlorn  hat.  1166 

min  riuwe  dannoch  färbaz  g&t, 

mich  riuwet  der  schade  gemeine. 

du  riuwest  mich  mere  eine  .  .  . 

mich  riuwet  daz  mich  riuwen  sol, 

ein  ritter  aller  eren  vol.  1170 

sehent,  daz  tuot  mir  fröuden  buoz. 

daz  ich  doch  helen  muoz 

riuwet  mich  vor  in  allen: 


44  Die  BS,    ein  pflag  sin  8,     feste   B,  46  moste  r.  S. 

47  Die  B.  60  liesse  B,  ertlagen  S,  61  Eine  B.  64  got  S. 
67  bronne  rittersobaft  S.  68  haffle  B,  hafft  8,  60  mutt  5. 
62  junget  B,        68  enyüweat  B.       71  dunt  8,       72  noch  holen  B. 


Tristan  als  Manch.  367 

ouw6  wie  sol  ez  ir  gevallen, 

oder  wie  sol  $1  klagen  dich.  1175 

ouwe  waz  reden  ich? 
wes  hete  ich  dich  vil  n&ch  gezigen. 
talanc  me  ist  guot  geswigen.' 
Dö  gesweic  diu  künegin. 
do  was  ouch  komen  Keidin  1180 

und  tsot  sin  swester. 
der  herzeleit  was  vester, 
denne  si  ez  möhte  erllden. 
gsehes  muoste  si  liden 

ir  schände  ir  geverten  (?).  1185 

wan  si  ez  niht  mohie  erherten. 
von  stunde  do  si  die  bare  sach, 
von  leide  nach  ir  herze  brach, 
daz  ez  in  dem  bluote  wiel. 

von  dem  pferde  si  dö  viel.  *  1190 

Qäwän  der  tugende  riebe 
der  kam  vil  snellecliche 
ze  helfe  der  frouwen. 
man  mohte  an  ir  wol  schouwen 
herzeleides  zeichen.  1195 

dö  er  si  mohte  erreichen, 
mit  den  banden  er  si  gevie, 
mit  ir  ze  der  bare  er  gie 
8Ö  daz  er  si  mit  armen  truoc. 
si  vant  ouch  leides  genuoc,  1200 

74  Bolie  B.  77  Was  B.  vil  JB,  so  S.  nohe  BS,  78  Ta- 
lant  BS,  ist  me  B.  79  sweig  S.  82  hertzelit  B,  hertzenleit  S, 
83  Dan  S.  84  miden  S,  85  scheiden  S.  geferden  S.  87  stunt  B. 
88  nobe  8.  Nach  90  Überschrift  in  B  Clxz  Also  her  gawan  die 
fronwe  s&  der  boren  f&rte  do  der  dote  ritter  yff  lag  vnd  sü  sich  gar 
vbel  gefa&p.      91  Gewan  S.      92  Der  B,  f.  S,      97  fie  B.     98  er  f.  B. 

1200  ouch  f,  S, 

24» 


1 


368  Tristan  als  MönOi. 

dö  8i  ze  der  bare  kam. 

ir  leit  doch  dar  nach  ende  nani. 

dö  si  sach  ir  herren  tot, 

si  wart  bleich  nnde  r6t 

und  ouch  anders  misseyar.  1206 

rehter  klage  wart  si  gewar. 

Yon  herzeleide  si  gesweic, 

bi  der  bare  si  nider  seic. 

ir  bruoder  si  dö  wolte 

troesten  als  er  solte,  1210 

mohte  er  oder  künde. 

dö  was  ze  der  selben  stunde 

An  lip  so  swsBres  leides  vol, 

er  bedorfbe  selbe  tröstes  wol. 

dö  sprach  er  als  ich  iu  sage  1215 

ir  ze  tröste  und  ime  ze  klage: 

'got  trcBste  dich,  liebe  swester  nun. 

na  ist  wol  worden  schin 

daz  du  vil  rehtes  leides  hast. 

der  wünsch  was  dir  ein  rehter  gast,  1220 

die  wile  lebete  der  helt. 

nu  hat  unsaslde  an  ime  erweit 

Unheil  uns  beiden. 

zwäre  der  tot  was  unbescheiden, 

der  uns  entsetzet  hat  so  gar.  1226 

wa  sahent  ir  ie  so  manege  schar 

so  schiere  entwürket  kne  wer? 

08  Das  RS.  06  bar  S.  07  hertsenleyde  S,  06  geseig  B, 
10  also  B.  14  selber  B,  selbes  S.  15  also  B.  16  Ir  f.  B, 
Nach  16  Überschrift  in  S:  Wie  tristans  wip  tristanden  claget  das 
er  tot  solte  sin  ynd  ers  doch  nit  was.  18  vil  wol  S.  21  hilt  jR. 
22  gesielede  yme  B,  ime  rnselde  S,  erwilt  B,  28  Ynd  heil  BS, 
24  Das  ist  wor  BS.  25  hat  entseteet  B.  26  sehent  8.  ie  f.  B. 
27  entwircket  S. 


Tristan  cHb  M&nek.  369 

Sit  daz  nu  Unsselden  her 

an  mir  gar  sinen  willen  tnot, 

so  habe  doch,  swester,  lihten  muot  1280 

und  schöne  dln  nmbe  mich. 

wan  yerlür  ich  eine  dich, 

so  wnrde  ich  niemer  m^re  fro. 

liebe,  tuo  niht  also. 

swester,  du  seit  üf  st&n,  1286 

lä  dir  leit  niht  ze  herzen  gän, 

gehabe  dich  s6  du  beste  mäht. 

doch  solt  dn  des  haben  aht 

daz  wir  gar  yerlorn  hän 

swaz  ie  dehein  liut  gewan  (?).  1240 

liebe  swester  ts6t, 

gunde  uns  gelücke  oder  got 

daz  wir  fröuden  solten  pflegen, 

zwäre  s6  lebete  noch  der  degen, 

der  milte  süeze  Tristant.  1246 

der  brahte  uns  in  daz  lant 

ze  fröuden  and  ze  geile. 

heil  mit  unheile 

uns  sich  wol  vergolten  h&t. 

rlcher  got,  wart  ie  missetät  1260 

dlme  tuonne  ie  erkant, 

s6  missetete  an  uns  dln  haut 

daz  si  den  ie  erslahen  liez 

der  tugende  vater  was  und  hiez. 

Tristan,  lieber  herre  min,  1266 


28  na  8^  yme  E.  81  vnd  ich  mich  BS.  32  verliere  S, 

38  me  B,  f,  8.  40  leit  do  heine  lüte  B,  leit  do  kein  lat  S. 
42  glicke  8.  44  Das  ist  wor  S,  tegen  B.  46  vns  B,  in  S. 
.47  freide  B.  heil  ^eil  8,  48  Heile  mit  fürheile  B.  61  tande  8, 
.tode  B,  erkande  B^  erkante  8,  62  missedat  BS,  hande  B, 
68  jer  B.    erslagen  BS,        64  vnd  5,  in  B, 


370  Tristan  als  Möneh. 

Joch  hiez  ich  armer  Keidin 

din  swäger  und  din  geselle. 

so  we  dir,  ungeyelle, 

wie  du  dich  verkerest  mir! 

Tristan  herre,  ich  was  von  dir  1260 

hohe  geahtet  und  wol  erkant 

und  baz  über  manec  laut 

denne  manege  bezzer  dene  ich  si. 

durch  dlnen  pris  so  was  ich  fii 

boeses  wortes  und  bar.  1266 

swar  ich  kam  in  diner  schar, 

da  wart  ich  geahtet  michel  baz, 

denne  ich  künde  erholn  daz. 

Tristan,  willekomender  man, 

dicke  ich  heil  von  dir  gewan.  1270 

des  bin  ich  nu  worden  bloz, 

und  daz  man  wände  ich  waere  genöz 

diner  tugende  und  dlner  site. 

von  dir  was  mir  gelttcke  mite. 

nu  ist  min  kraft  gar  gelegen,  1276 

des  muoz  ich  iemer  leides  pfl^en. 

ritters  lop  ich  von  dir  hete: 

nu  wil  ich  ouch  hie  ze  stete 

ritterschaft  durch  dich  begeben; 

unmaere  ist  mir  färbaz  daz  leben.*  1280 

nu  was  ouch  üf  gestanden, 

diu  ez  hete  enblanden 

übe  unde  sinne 

nach  leides  ungewinne, 

66  Jo  S.  heisse  B,  68  wie  R,  wer  S.  60  bj  S.  61  be- 
kant  S,  63  Den  menge  E,  Dan  mange  S.  66  Boret  BS. 
66  kume  B.  78  stete  B,  stette  S.  74  glick  8.  77  lobe  S. 
80  Jemer  B.  mir  ftfrbes  B,  furbas  mir  8.  81  oneh  8,  ist  B. 
82  erblanden  8.        83  Lip  BS.        84  leyder  B. 


Trigkm  äU  Motuh.  371 

Tristandes  wlp  ts6t  1286 

si  sprach  'ouwd  grözer  n6t 

der  ich  han  yil  armez  wip. 

in  jämer,  in  sorgen  was  mir  ie  der  lip, 

Tristap  herre  unde  man, 

daz  dn  manege  soltest  hän  1^^ 

michel  lieber  denne  mich. 

ouw§  mir,  nu  bin  ich 

dirre  sorgen  entladen 

mit  minem  herzelichen  schaden. 

Tristan  herre,  ich  enkan  l&d6 

noch  enmac,  getriuwer  man, 

dich  überwinden  iemer  mS; 

ouwe  mir»  inneclicben  we. 

Tristan,  lieber  Tristant, 

joch  enmöhte  dekein  hant  1300 

niemer  voUenschriben, 

waz  mir  vor  allen  wlben 

was  heiles  beschert. 

daz  hat  benomen  und  erwert 

mir  ein  unsselec  tot.  l^ö^ 

ouwe  mir  dirre  not 

die  ich  für  dich  liden  muoz. 

nu  muoz  mir  fröuden  werden  buoz 

der  ich  iedoch  mit  stffite  pflac. 

ouw§  daz  ich  niht  enmac  1^1^ 

sterben,  herre,  mit  dir. 

an  dir  engät  gelücke  mir 

und  lat  mich  äne  ruoche  stan. 


88  ie  f.  8.        96  getruwern  <Sf. 

1800  ich  do  keine  B,  es  do  keine  S.  02  Das  S,  03  Was 
beilos  was  B,  06  der  groBsen  8,  07  Nicht  für  BS.  die  8. 
12  gliok  an  mir  8. 


372  Tristan  als  Mönch. 

noch  enhän  des  keinen  wan 

daz  ich  es  teil  gewinne.  1316 

ez  waeren  iedoch  tumbe  sinne, 

wolt  ich  leben  äne  dich. 

oawe  bruoder,  na  sich 

wä  ich  han  verlorn  hie 

daz  mich  nie  tac  getraren  lie.*  1820 

diu  frouwe  sSre  weinde, 

liebe  si  bescheinde 

gröze  dem  töten. 

mit  trehenen  bluotrdten 

begöz  si  ime  die  wunden.  1B25 

si  kuste  under  standen 

innecliche  an  nnen  munt 

nibt  ze  einem  male,  wol  tasent  stunt. 

si  kuste  in  unde  sprach, 

si  kuste  in  aber  unde  jach  1830 

daz  si  bete  verlorn  me, 

denne  alle  frouwen  gewunnen  6. 

Der  töte  wart  wol  göret, 
im  endorfte  sin  niht  gemeret 

daz  klagen  in  sime  lande.  1886 

dem  münche  Tristande 
begunde  ez  wol  gevallen. 
er  sprach  vor  in  allen 
daz  si  tören  wsßren 

daz  si  gröze  swaaren  1810 

beten  umbe  so  kleine  not. 
dö  sprach  aber  tsöt: 

14  enkan  22.  kein  B.  man  BS.  16  ich  teile  8,  20  ge- 
tniwe  BS,  22  sich  S.  23  Noch  S.  24  trehen  S,  trehe&den  R. 
26  kost  sie  S.  27  Inneclichen  B.  28  s&  tasen  B.  29  koste  S. 
80  koste  in  aber  8,  wider  knste  in  B,  82  Wanne  B,  88  bereit  8. 
84  In  BS.    gemet  BS.       86  Den  B.    münch  BS.       87  Begnnne  B. 


Tristan  ah  Mäneh,  373 

'Tristan  herre,  0ttw6  mir, 

bete  ich  niht  me  von  dir 

wan  daz  lobeliche  wort,  1846 

daz  mir  was  ein  lieber  bort, 

daz  icb  dime  stolzen  libe 

ze  ellchem  wlbe 

ie  wart  erkom, 

dar  an  bete  ich  me  verlorn,  1960 

denne  ie  frouwe  yerlür. 

ahi  wie  libte  icb  daz  yerkür, 

scbiede  eht  ich  diz  scheiden 

s6  daz  der  tot  nns  beiden 

gebe  gellchez  ende.  1866 

ahi,  lieben  bende, 

wan  gesellent  ir  mich  minem  man ! 

ouwe  daz  ich  niht  enb&n 

swertes  hie  ze  stiare. 

zwäre  heil  wart  mir  tinre.  1860 

ich  kan  mich  fröuden  wol  bewarn : 

ich  wil  in  eine  klüse  varn 

und  nrlonp  aller  der  weite  geben. 

ouwe  dennoch  muoz  ich  leben, 

Tristan  herre,  ane  dich.*  1866 

d6  gesaz  si  hinder  sich. 

ir  herzeclicher  ungemach 

twanc  si  daz  si  niht  me  sprach. 

daz  lange  weinen  ande  klagen 

knnde  nieman  voUesagen;  1870 

48  Do  zft  B,  49  Das  nje  S.  60  nje  S,  62  Alhie  BS. 
ktlre  8.  68  acht  ich  das  5.  66  glicbes  8,  glückes  B.  66  Al- 
hie B8,  bi  liebem  8.  67  einem  S,  58  enkan  noch  han  8. 
59  stritten  störe  8.  60  Das  ist  wor  8.  heile  B,  wnrt  B8. 
61  freide  B.  68  der  f.  8,  64  dannoch  $.  65  H  *  '^ 
66  hdnder  B. 


374  Tristan  aU  Mönch. 

wan  ez  was  äne  mäzen  vil, 
niht  gelich  eime  spil. 

Artus  der  künec  gedahte 
wie  er  ze  der  erden  brahte 

Tristanden  mit  eren.  1375 

dar  an  begunde  er  kSren 
sinen  fliz  und  sinen  sin. 
Kornewäl  bewlste  in 
daz  er  in  sante  über  se; 

wan  er  es  beten  gebeten  e,  1380 

swa  er  wurde  libes  bar, 
daz  man  in  braehte  dar 
da  sin  6heim  wasre; 
wan,  waere  er  ime  unmsBre, 

so  Isege  er  doch  vil  gemer  da  1385 

und  ouch  baz  denne  anderswa. 
der  künec  und  diu  künegln 
sprächen  balde  'daz  sol  sin.' 
ouch  was  ez  ir  aller  muot. 

den  töten  man  dö  luot  1390 

üf  eine  rosb&ren. 
alle  die  da  wären 
fuoren  mite  yil  snelle 
der  abbet  von  der  zelle 

huop  sich  ouch  an  die  vart.  1395 

der  niuwe  münch  aln  kappelän  wart, 
mit  vil  trehenen  und  mit  vil  grozer  not 
klageten  si  daz  er  was  tot 


71  moMe  S,  Nach  72  Überschrift  in  B  Clzzj  Also  koning  artu 
den  dotten  ritter  in  tristandefl  nammen  yS  ein  roszbor  l&t  md  in 
•ante  zu  dem  mere.  78  Eor&ewale  22.  79  fürte  S.  60  es 
ketten  S,  hette  »s  B,  81  war  B,  88  ohein  B,  oben  S.  84  er  /*.  & 
88  alle  S.  90  do  men  B,  inen  S.  91  ein  B,  einen  S.  tomt 
boren  B,       96  nn  cappelan  S,  cappelo  B, 


Tristan  <ds  Mönch,  375 

der  ie  lebete  in  schoenen  siten. 

alsus  si  mit  im  riten  1^00 

mit  Yil  grozem  her 

sere  weinde  unz  an  daz  mer. 

Isöt,  Tristandes  wip, 

dia  verquelte  den  lip 

von  ungemüete  sere,  1406 

daz  8i  niht  mohte  mSre 

erllden  daz  riten. 

man  muoste  si  überstriten 

daz  81  niht  fürbaz  füere. 

allez  ir  ungefüere  1410 

mohte  si  es  niht  erwendet  hän, 

het  ez  der  künec  niht  getan 

mit  bete  und  diu  künegln, 

ouch  tete  ez  ir  bruoder  Keidln. 

die  künegin  si  do  @rte  1416 

mit  ir  si  wider  kerte. 

der  künec  und  alle  die  sin, 

Eornewäl  und  Keidin 

schieden  von  ir  gesinde 

und  ergäben  sich  dem  winde  1420 

mit  dem  töten  und  die  da  sint. 

den  abbet  und  daz  gotes  kint, 

den  niuwen  münch,  den  kappellän 

muosten  si  ouch  mit  in  hän, 

doch  er  es  niht  enbeete ;  1426 

99  schönem  8, 

1400  si  f.  BS,  in  BS.  Ol  vil  f.  B,  herre  S.  02  Siere  5. 
wseinde  S^  wenden  22.  unz  f,  BS.  in  das  uerre  S,  04  yerzu weite 
Iren  1.  S,  10  Also  es  ir  BS.  an  für  S.  13  bore  B.  16  erde  B, 
16  sie  8,  80  B.  17  sine  22,  einen  S,  18  keidine  B,  keydinen  8. 
22  Der  BS.  des  B.  23  der  8,  vnd  der  B.  24  mit  in  8, 
mitte  B. 


376  Tristan  <Ü8  Manch. 

wan  ez  was  sin  geraote. 
des  gesindes  was  da  niht  me. 
weinende  si  faoren  über  so. 
Do  si  daz  stat  ergriffen, 
do  truogen  si  üz  ir  schiffen  1430 

den  toten  mit  der  baren, 
si  begunden  mit  dem  gebären, 
al86  in  ril  leide  wasre  geschehen, 
man  mohte  an  in  wol  sehen 

daz  si  den  herren  erteh.  14S5 

ze  TintajoSl  si  karten. 
Eornewäl  der  getriuwe 
mit  der  lügene  niuwe 
kam  vil  balde  fQr  gerant. 

ze  stunt  dö  er  den  künec  vant  1440 

und  ouch  ander  sine  man, 
sine  hende  er  winden  began ; 
vil  jsemerlichen  er  dö  schre: 
'ach  ouwe  ande  ouwe 

des  vil  lieben  herren  min.*  1445 

'waz  sol  dirre  rede  sin,' 
sprächen  etliche  dar  under. 
ouch  nam  es  michel  wunder 
den  künec  und  was  im  ungemach. 
ze  Korne wäle  er  d6  sprach,  14M) 

wannen  er  ksame, 
oder  wä  er  urloup  nasme 
da  ze  komenne  in  dn  laut. 


was  f.  S.  27  do  B,  f.  S.  28  furerent  S.  29  die  SS. 
80  üz  ir]  Tsser  B,  uwer  irem  S.  83  was  S.  86  tinioiol  8. 
87  der  f.  B.  88  lugent  5.  39  vor  S.  40  Z&  stunt  B,  f.  S, 
48  jemerlich  B,  inneclichen  S.  dd  f.  S,  schrey  BS.  44  5  in  einer 
Zeüe  R  44  vnd  S,  f.  B.  owej  S.  45  vil  f.  BS.  46  Das  22. 
diser  rede  S,  dirre  dot  B.        49  gemach  B.        51  Wennan  B, 


Tristan  äla  Manch,  377 

Eomewäl  sprach  alze  hant: 

'ich  enbite  iuch  niemer  m6;  1456 

tuont  mir  wol  oder  wo, 

daz  ahte  ich  allez  gellche. 

wan  ir  hftnt  sicberllcfae 

begangen  michelen  mort, 

daz  ir  darch  lügen  und  durch  mort  1460 

mlnen  herren  Tristanden 

vertribent  uz  iuwem  landen. 

der  ist  von  iuwem  schulden  erslagen. 

daz  muoz  ich  iemer  klagen 

und  ouch  ir,  ob  iuch  untriuwe  1466 

lieze  und  so  vil  riuwe  (?). 

iuwer  untriuwe  ist  aber  so  breit. 

wan  ir  die  wärheit 

selbe  bänt  befunden 

ze  vil  manegen  stunden  1470 

und  wärent  ime  doch  gehaz, 

irn  wistent  niht  umbe  waz. 

gedenkent,  künec  here 

daz  er  iu  michel  ere 

dicke  bete  erworben.  1476 

nu  ist  er  erstorben 

durch  iuwer  vil  swachez  niden. 

ir  enmohtet  niht  liden 

der  iu  diente  gerne. 

ir  wändent  sin  ze  enberne,  1480 

die  wile  er  daz  leben  muoste  hän, 

und  hetent  des  yil  guoten  wan, 


64  SU  S.      69  michel  S.    hört  BS,      60  ligen  R       61  Min  B. 
62  Vertriben  BS.  63  uwer  S,    dot  erslagen  S,  66  Lihe  BS, 

80  B,  aol  S.      67  gross  ynd  breit  S.      86  Went  B.       78  herre  BS. 
74  erre  S.       78  Er  enmochte  BS.        80  Sü  wonden  B.    le  f.  BS. 


378  Tristan  als  Möneh. 

swenne  er  iu  ze  ihte  tobte, 

daz  man  in  iu  mochte 

schiere  gewinnen  1485 

und  bringen  ze  iuwern  minnen. 

nu  ist  er  tot,  und  wirt  sehln 

wie  ir  mügent  enbern  An: 

aber  sprach  er  jsemerliche: 

'ouwe,  künec  riebe,  1490 

Tristanden  hetent  ir  holden, 

do  er  den  küenen  Mörolden 

durch  iuwer  ere  sluoc, 

da  von  er  mere  denne  genuoc 

arbeite  hete  erliten.  1496 

ouch  hete  er  dicke  erstriten 

durch  iuch  vil  grözer  freisen, 

manege  tomge  (?)  reisen 

und  bestanden  manec  nitspil. 

durch  iuch  hete  er  yil  1500 

getan  mit  sinem  libe, 

d6  er  iu  ze  wibe 

mine  frouwen  bräbte. 

wie  lützel  er  dö  gedähte 

dar  an  ze  holn  iuwern  haz.  1506 

er  wände  selbe  michel  baz, 

herre,  umb  iuch  gedienet  hän 

daz  ir  in  für  alle  man 

iemer  soltent  haben  zarte. 

so  man  iu  gedienet  harte  1510 

88  Wenne  B,  Wan  8.  84  in  f,  BS.  86  ze  /*.  8.  91  heten 
ir  8,  hat  B.  in  halden  BS.  92  konnig  mornlden  22.  98  erslng  S, 
94  dannen  trag  8,  97  grosse  8,  not  fressen  B,  not  freisse  jSf. 
98  tonige  reisse  8 

1508  firouwe  BS.  04  d5  f.  8.  05  holen  8,  hnlde  i^. 
09  zart  BS,        10  in  f.  BS.    hart  BS. 


JVistan  ah  Manch.  379 

biz  an  des  lönes  marke, 

na  tuont  ir  nach  boesem  arge, 

80  habent  ir  iemer  einen  haz: 

daz  tuont  ir  niht  wan  umbe  daz 

daz  ir  mfiezent  lönen.  1616 

daz  zimt  niht  wol  der  krönen 

noch  künecUcher  Sre. 

ouw^  mir  iemer  mere, 

lieber  herre  Tristant, 

ir  brahtent  in  daz  lant  1620 

den  lip  umb  ere  veile. 

den  hat  mit  nnheile 

in  iuwer  neve  vergolten. 

ich  enweiz  waz  wir  wolten; 

ir  wärent  selbe  ein  künec  rieh,  1626 

disem  und  allen  künegen  gelich* 

dö  sprach  er  mit  schalle: 

'tuont  swie  iu  gevalle, 

habent  fröude  oder  riuwe. 

doch  mtijent  mich  die  triuwe  1680 

die  ich  an  mlnem  herren  sach 

dem  doch  nie  liep  noch  ungemach  .  .  . 

wie  dicke  ich  in  erzürnet  habe, 

swenne  ich  in  woite  leiten  abe, 

daz  er  iu  diende  niht  so  vil.  1636 

nu  ist  ez  komen  an  ein  zil. 

daz  ich  muoz  klagen  iemer. 

ouch  weiz  ich  daz  ir  niemer 


11  Bits  BS.    marcke  225.        12  fj^ar  noch  S^  noch  gar  aoch  B. 
arcke  BS.         13  sü  BS.  14  8Ü  BS.  16  sü  BS.    müsse  S. 

21  ynd  BS.  22  mir  BS.  23  Oach  S.  24  weisz  B.  wir  uch  B. 
26  koniffe  S.  80  mflgent  B,  magent  'S.  31  Dich  an  S.  82  oder  S. 
88  erzüret  B.        34  Wan  S.        38  ir]  ich  BS. 


380  TrisUm  ala  Iföncft. 

sinen  genözen  Tindent, 

swie  ir  in  Gberwindent'  1540 

Der  künec  gesweic  dö, 
ein  lützel  wart  er  unfro. 
eines  alten  Wortes  man  pfliget, 
daz  nlt  nach  töde  geliget. 

der  künec  daz  wol  bescheinde,  1545 

daz  er  von  herzen  weinde 
dem  er  e  was  von  herzen  gram, 
ouch  taten  alsam 
die  sine  alle  geliche. 

si  sprächen  'sicherliche  1550 

diz  sint  übeliu  msdre. 
der  tot  ist  klagebsare.* 
do  gienc  der  künec  rlche 
harte  jämmerliche 

hin  zuo  gegen  der  baren.  1555 

alle  die  da  wären 
begnnden  sere  schrigen. 
fürsten  unde  frigen 
die  wunden  dö  ir  hende. 

'oQwe  grözer  missewende  1560 

unde  herzeliches  schaden, 
da  mite  wir  sint  beladen,' 
sprach  der  künec  here. 


39  Sine  S.  fiindent  B.  Nach  40  Üherschnft  in  E  Clx^  Also 
die  konnige  ynd  harren  tristan  weineten  sere  do  man  in  wolt  yon 
der  boren  in  das  grap  legen,  in  8  Wie  der  kunig  marcke  tristanden 
claget  das  er  in  hette  ys  dem  lande  vertriben  ynd  er  erslagen  were 
worden  durch  sinen  willen.  48  er  S,  44  nyde  8.  49  sinen  BS. 
an  glichen  B.  50  Die  8.  sicherlichen  B,  alle  sicher) iche  8. 
58  die  koningin  B8.  54  Gar  8,  57  sere  schire  schrigen  S. 
58  ynd  fryen  8^  ynd  ouch  die  frigen  B,  59  Sie  8.  60  grosse  8, 
61  hertzecliches  B,       68  herre  B, 


Tristan  dU  M(hieh.  381 

'hie  lit  al  mtn  dre. 

erste  hän  ich  anheil.  1566 

aller  miner  fröuden  teil 

ist  an  disem  manne  gelegen. 

Tristan,  ellentbafter  degen, 

von  mlnen  schulden  bist  du  tot. 

des  miioz  ich  iemer  haben  not  1570 

die  wile  disiu  weit  gestat. 

wan  dn  von  miner  missetät 

und  durch  min  unsaelec  jagen 

in  frömden  landen  bist  erslagen. 

daz  klage  ich  klegellche.  1575 

daz  mir  got  gewiche! 

unsaelec  si  min  lip, 

daz  ich  durch  min  wlp 

dich  üz  minem  hove  vertreip, 

oder  daz  der  ie  beleip  1580 

in  minem  hove  einen  tac 

der  wider  dich  gefehten  pflac 

und  dich  verdruhte  wider  mich. 

so  wil  ich  iemer  klagen  dich. 

Tristan,  lieber  neve  min,  1585 

du  gffibe  mir  die  künegln 

und  erwürbe  si  angestliche. 

die  mohte  ich  willecliche 

durch  dich  dir  hän  geläzen. 

daz  si  sin  verwäzen  1590 

die  gerieten  ie  den  zorn. 

mit  lügen  hän  ich  dich  verlorn. 


64   alle    BS.         65   vnheile   B,         66   freiden   ein    teile   B. 
73  selig  B.        74  bietu  S.        75  eweclicb  S.        77  Vnd  vnselig  S. 
79   vBser   B,         80   das   12,   des   S.         82   mich   S.    gefecbte   B. 
87  ensclich  22.        88  Do  BS.        90  vermossen  BS. 
1896.  Sitznngsb.  cL  phiL  vl  bist.  CI. 


382  Tristan  als  Manch. 

ich  enweiz  wie  ich  geredet  han; 

wie  möhie  ich  dir  häD  verlän 

der  du  nie  gewunne  schulde.  1595 

ich  weiz,  du  ir  hulde 

gesaochtest  nie  denne  umbe  mich. 

80  wil  ich  iemer  klagen  dich. 

lieber  neve  Tristant, 

din  unschulde  ich  wol  bevant,  1600 

also  ich  si  solte  bevinden, 

do  ich  saz  üf  der  linden 

und  ich  dich  ob  dem  brunnen  sach 

und  diu  künegln  wider  sprach, 

du  wserest  ir  da  ze  hove  leit,  1605 

wan  si  dicke  arbeit 

hete  von  diner  schulde, 

und  ottch  si  der  minen  hulde 

niemer  wolte  erwerben. 

schiere  müeste  ich  sterben  1610 

und  nssme  mich  der  tiuvel, 

daz  ich  deheinen  zwivel 

ie  noch  in  minem  muote  gewan, 

da  von  ich  dir  wurde  gram. 

Tristan,  lieber  neve  min,  1615 

ich  envant  nie  lip  noch  willen  din 

wan  rehte  also  ich  wolte. 

W8ßr  ich  S88lec,  ich  solte 

dir  min  riebe  han  gegeben 


98  weiss  BS,  96  du  5,  nii  B.  gewinne  BS.  96  do  da  S. 
97  Gemchest  S,    wan  S. 

1600  ist  wo]  bekant  B,  Ol  befiinden  B,  fanden  8.  02  ati 
■ach  BS.  03  ich  8,  euch  B.  06  dicket  8.  08  von  myner  S, 
12  do  keinen  8.  18  Je  do  noch  B,  Jedoch  8.  14  werde  S. 
16  enpfant  JB,  entpfant  8.  ye  liep  B,  ir  liebe  8.  17  als  S. 
19  Der  B. 


Tristan  als  M&neh,  883 

und  ich  nach  dinem  willen  leben;  1620 

daz  hetest  du  gedienet  wol. 

so  tuot  mich,  also  ez  sol, 

iemer  pflegen  riuwe 

min  bösheit  und  dln  triuwe. 

lieber  neve  Tristant,  1626 

daz  ich  diu  swert  vant 

zwischen  dir  und  miner  frouwen, 

dö  mohte  ich  wol  schouwen 

und  mohte  ouch  wol  wizzen, 

hetest  du  dich  ie  geflizzen  1680 

daz  du  mir  laster  tsetest, 

daz  du  niht  enhsetest 

also  geleit  dln  swert. 

min  leit  ist  alles  leides  wert. 

Tristan,  lieber  neve  min,  1685 

dö  min  wip  diu  künegin, 

diu  reinest  aller  wibe, 

angestliche  ir  libe 

gerihte  mit  heile 

nach  rehter  urteile,  1640 

diu  doch  was  freislich  genuoc, 

und  das  glüejende  isen  truoc, 

daz  si  niht  wsere  schuldec  din: 

waer  ez  an  den  saelden  min, 

so  solt  ich  wol  geloubet  hän  1645 

daz  si  din  nie  schulde  gewan. 

Sit  ich  daz  hän  vermiten, 


22  Sü  E,  Sie  8,    mich  8,  f,  B.  als  ich  aol  8.  28  pflege  R. 

rowen  B8,      24  min  B,    tniwen  BS,  25  Liebe  8.  27  myner  B, 

der  8.         82  mir  niht  8,  mit  B,  36  Dö  f.  R8.  89  mir  B8, 

41  freisohelich  B.       42  gluwende  B.  44  der  B8.  45  gloubet  8. 
^egloabet  B. 


25 


i 


384  Tristan  äh  JCdneft. 


8Ö  wil  ich  ungelücke  biten 

und  senden  mir  ze  herzen 

mit  eweclicbem  smerzen.  1660 

Tristan,  lieber  Tristant, 

du  wssre  ein  guoter  wigant, 

hübesch  unde  wol  gezogen, 

deheiner  eren  betrogen. 

den  frouwen  wasre  du  bereit,  1655 

und  enhete  dehein  bösheit 

an  dir  geberc  noch  loch. 

waerest  du  boBse,  du  lebetest  noch. 

du  betest  ellenthaften  muot 

und  betest  lip  unde  gnot.  1660 

du  wsare  ein  künec  riebe; 

du  dientest  mir  waerliche 

also  du  wsBrest  min  kneht. 

dar  umbe  hete  ich  gar  reht 

daz  ich  iemer  klagete  dich.  1665 

weiz  got,  daz  tuon  ich.* 

d5  bat  er  alle  sine  man 

daz  si  ze  leide  solten  hän 

eines  lieben  neven  tot. 

ouch  machte  er  selbe  soihe  n6t,  1670 

si  enwffiren  denne  steinen 

si  muosten  alle  weinen. 

der  künec  hete  jaBmerlichiu  wort, 

er  sprach  'nu  hän  ich  Srst  bekort 

herzeliches  leides.  1675 


48  vnf^elich  BS,  49  sendent  B,  54  Ynd  do  keiner  8. 

56  enhette  do  kein  5,  hattest  dp  heine  B,  57  gebrech  B. 
59  bette  S.  60  übe  8.  62  dienstest  B,  dienst  8.  68  Oech 
also  B.  65  ich  f.  8.  70  möchte  B.  71  Vnd  das  sie  weient  8. 
74  gebort  B, 


Tristan  cds  Mönch,  385 

oawd  tot,  wie  da  scheidee 

triuwe  ande  minne. 

ich  rede  äne  sinne; 

wan  ich  triuwen  niht  enpflac 

mlnem  neven  nie  keinen  tac.  1680 

daz  wil  ich  iemer  klagen.' 

die  bare  half  er  selbe  tragen 

und  enpfie  si  herllche. 

daz  gebot  der  kOnec  riche. 

daz  gesinde  und  die  herren,  1686 

die  kleinen  und  die  merren, 

arme  unde  riche, 

harte  flizecliche 

Tristanden  si  weinden. 

wol  si  bescheinden  1690 

daz  in  der  herre  liep  was. 

der  abbet  sinen  salter  las; 

nu  muoste  ouch  einen  salter  han 

des  abbetes  kappelän, 

der  niuwe  der  nu  wart  ze  münche,  1695 

verbarc  sich  mit  der  twünche(?) 

der  einen  kurtzen  zümtzlag(?) 

durch  die  brä  er  über  den  salter  sach. 

daz  klagen  von  in  allen, 

ez  begunde  im  wol  gevallen.  1700 

doch  was  ime  niht  ungemach; 

ze  ime  selben  er  sprach: 

'wie  dise  liute  effent  sich, 


76  dot  8,  f,  R.  du  f.  BS.  80  nye  kein  B,  naht  vnd  S. 
86   Des  J2.  86  meren  BS,         98  must  du   einen   B,     ein   S. 

95  wart  f.  BS,  mnnich  S.  96  twunich  S,  97  so  B,  vnd  det 
ein  knrtzen  smurtzlach  S,       98  broge  S,    darch  S.       99  clagten  S. 

1700  ime  B,  f.  S,  02  Do  sft  22,  Do  er  za  S.  selben  er] 
selber  BS, 


1 


386  Tristan  als  Mönch, 

daz  si  sus  weinende  klagent  mich 

und  ich  noch  lebe  froeliche.  1705 

si  tuont  tören  geliche, 

daz  wizzent  alle  sicherliche.' 

diz  was  sin  heimlich  gebet. 

ouch  sage  ich  iu  was  er  tet: 

wunderlichen  dicke  1710 

schellecllche  blicke, 

ob  er  si  iergen  möhte  ersehen 

der  er  ze  frouwen  wolte  jehen. 

ir  klage  hete  er  gerne  vemomen. 

dannoch  was  si  dar  niht  komen.  1715 

Der  riebe  künec  Marke, 
weinende  vil  starke 
ze  stme  wlbe  er  dö  gie. 
minnecliche  er  si  gevie 

und  sprach  vil  jsemerliche:  1720 

ä  küneginne  nche, 
so  liep  so  ir  mir  iemer  sin, 
so  klagent  den  lieben  neven  min, 
Tristanden  den  guoten  kneht. 

für  war  des  hant  ir  reht;  1725 

wan  er  iu  wol  gedienet  hat 
sunder  alle  missetät/ 
do  diu  künegin  vernam 
daz  er  ze  klagenne  kam 

ir  lieben  friunt  Tristant,  1780 

do  hete  si  nach  al  zehant 
verlorn  alle  ir  sinne. 


(H  clagen  dich  RS.  10  Wanderliche  Jß,  Vil  wunderlichen  S. 
11  Schelleflc  J2,  Schalleclichen  S.  12  Ob  sie  die  S.  adien  S, 
18  Das  RS.  zur  S,  z&  der  R.  17  f.  jR.  Weinde  S.  21  0  R,  f.  S. 
25  des  hent  R,  das  hant  S.  81  si  f.  RS.  alle  RS.  82  Ver- 
lornen S. 


Tristan  als  Mönch,  387 

sin  liebiu  friundinne, 

von  vil  jämer  si  erschrac. 

iedoch  si  gaoter  sinne  pflac  1785 

und  fragete  waz  im  wsere. 

er  sprach  'der  vil  klagebsere 

neve  min  der  ist  erslagen.' 

'den  wil  ich  niemer  klagen', 

sprach  diu  küneginne.  1740 

der  künec  von  nnsinne 

wolte  nach  erwüeten. 

hete  er  ez  niht  von  güeten 

und  durch  hübescheit  vermiten, 

so  hete  er  sSre  gestriten.  1746 

do  sprach  er  'wie  redest  du  so.' 

diu  &ouwe  sprach  aber  dö 

'ist  er  sicherlichen  tot?' 

'ja  er.'     s6  mag  ich  äne  not 

leben  hinfür  me,  1750 

wan  ich  von  sinen  schulden  e 

hän  leides  vil  gewunnen. 

des  tödes  wil  ich  im  gunnen 

und  lobe  es  got,  ob  ez  war  ist.' 

diz  ist  ouch  ein  kündeger  list,  1755 

daz  si  mit  solher  kündekeit 

fär  brahte  so  rehtez  herzeleit. 

dem  künege  was  diz  ungemach, 

zorneclichen  er  dö  sprach: 

'got  von  himel  riuwe  1760 

wibes  untriuwe. 


88  Uebe  S,  lieben  B,         35  in  was  ime  8.         38  Der  &efe  S. 
39  verclagen  BS,  42  nohe  S^   noch  er  wol  B,  46  er  f,  S. 

47  die  sprach  S,  53  gynnen  8,  gegannen  B,  54  ob  B,  als  S, 
65  oaeh  f,  8,  57  Vorbracht  8,  rechte  hertsenleit  8,  59  Zom- 
neclich  B. 


388  Tristan  äU  Mönch. 

frouwe,  waere  ich  ia  liep, 

und  waere  er  noch  denne  ein  diep, 

und  hetent  stn  schaden  genomen 

dicke  ane  grözen  fromen  1766 

den  ich  klage  also  sere, 

durch  wipUche  ere 

so  soltent  ir  tuon  also  ich. 

nu  schiuet  wie  ir  minnent  mich.' 

si  sprach  'herre,  ez  tuot  mir  not.  1770 

er  waere  mir  lihte  leider  t6t, 

wan  daz  ich  ane  schulde 

durch  in  dicke  iuwer  hulde 

verlüre,  trüt  herre  min.' 

er  sprach  'liebe  frouwe  künegin,  1775 

swaz  ir  durch  in  hänt  erliten, 

möhte  er  daz  d5  hän  widerstriten, 

des  hete  er  niht  geläzen, 

ouch  hete  er  äne  mäzen 

durch  iuch  gewunnen  arbeit.  1780 

daz  ist  mir  hiute  und  iemer  leit. 

nu  bite  ich  dich,  liebe  künegin, 

klage  den  lieben  neven  min.' 

swie  vil  er  gebaete, 

so  was  si  s5  staete  1785 

daz  si  in  verklagete  lihte. 

do  bat  er  ie  gedihte,  ^ 

der  künec  die  küneginne, 

daz  si  durch  sine  minne 

sinen  neven  klagete.  1790 

68  So  S.  danna  S.  64  hette  S.  66  Nach  67  BS.  66  Denne 
(Dan  S)  den  BS.  daget  B.  68  solten  S,  solt&n  B,  t&m  B.  als  S. 
69  schinent  B.  72  Wenne  denne  on  B.  77  er  do  wider  hau 
gestritten  S.  78  Das  B.  79  ftne]  me  BS.  80  gewinne  JS. 
86  woa  B,  das  S.         87  ye  B,  in  S. 


Tristem  als  Mönch.  389 

unschuldec  er  si  dö  sagete 

aller  ir  misseteete. 

daz  si  doch  gerne  tsete, 

des  liez  si  sich  dö  schiere  erbiten 

nach  aller  guoten  frouwen  siten  1796 

und  sprach  'ez  ist  mir  leit, 

ouch  sage  ich  dir  mlne  wärheit 

daz  wir  sin  grözen  schaden  han ; 

er  was  ein  tugenthafber  man 

und  diente  dir  getrinwellche*  18Ö0 

der  künec  sprach  'sicherliche 

enklagest  da  in  niht  also  mich, 

so  geminne  ich  niemer  dich/ 

Diu  frouwe  tete  swaz  er  gebot; 
ouch  twanc  si  der  minnen  ndt  1806 

die  si  ze  dem  gaste  hete. 
wser  ez  niht  des  küneges  bete, 
si  enhffite  ez  lenger  niht  verbom, 
solte  si  han  verlorn 

ze  stunt  ere  unde  llp.  1810 

dö  lie  dar  gän  daz  schoene  wip 
da  zuo  der  baren, 
vor  allen  den  die  da  wären 
getorste  si  ez  niemer  h&n  getan: 
si  wolte  in  geleit  hän  1816 

an  ir  arme  gerne 
und  sprach  'sit  ich  von  Ibeme 
dich  ritter  guot  von  örste  gesach 

92  Alle  RS.  missete  R.  93  hatte  S.  94  Das  B8,  liessen  B. 
do  8,  f.  B.        97  myne  S,  myn  B. 

1800  ir  B.  01  Den  B.  sprach  f.  hier  BS.  02  Sprach  du 
enclagest  BS.  08  gewynne  S.  04  Diu  f.  S.  07  nit  8,  mit  B. 
8  hette  8.  09—12  f.  8.  10  liep  B.  11  Do  f.  B.  18  den  f.  8. 
14  gehan  B.        16  iren  B,  irem  8, 


390  Tristan  als  Mänd^. 

sit  hän  ich  durch  dich  uugemach 

und  ouch  du  durch  mich  erliten.  1820 

nu  hat  dich  leit  üherstriten.' 

weinende  si  diz  sagete, 

gezogenliche  si  klagete, 

Tristanden  diu  küneginne. 

diz  wären  sinne,  1826 

daz  si  sich  üzen  huote 

und  doch  ir  herze  bluote 

da  innen  von  swsare. 

ich  wasne  ir  lieber  wsare 

daz  si  selbe  wasre  tot,  18S0 

denne  si  in  ssBhe  in  solher  not, 

den  lieben  Tristanden, 

und  si  des  niht  anden 

nach  ir  willen  solte 

und  reden  swaz  si  wolte.  1886 

der  truhsaeze  Tinas, 

der  Tristanden  holt  was, 

sprach  vil  jssmerliche : 

'we  mir  innecllche, 

daz  ich  dich  tot  hie  vinde.'  1840 

allez  daz  ingesinde 

endorften  niht  klagen  mere. 

Tristan  wart  vil  sere 

geklaget  von  genuogen. 

sumeliche  si  sich  sluogen  1846 

and  rouften  eteliche. 

19  dich  f.E.  21  eretritten  S,  22  das  B,  28  Gesoge- 
lich  B,  Qezngelich  S,  24  Tristan  den  B.  26  grosse  synne  S. 
26  si  f.  BS.  27  ir  S,  f.  B.  28  Do  ir  man  B,  31  Dan  8, 
Denne  das  B.  83  das  B.  39  mirgar  (korrigiert)  B,  40  dich  2^ 
doch  8,  hie  8,  f.  B.  42  ouch  nicht  B.  44  Bedaget  B.  46  So- 
melich  sü  B,  Jemerlich  sie  sich  ;Si.        46  r&fften  B, 


Tristan  ah  Mönch.  391 

dö  diu  leides  rlche 

frouwe  dise  not  gesach, 

zuo  ir  selber  si  d6  sprach: 

'hie  ist  leides  so  vil,  18B0 

ich  mac  taon  swaz  ich  wil. 

si  sint  von  klage  so  sinne  bar, 

si  nement  min  deheine  war. 

si  duhten  si  dö  alle  blint. 

sus  machet  sine  wise  kint  (?).  1856 

der  baren  lit  warf  si  dö  hin, 

daz  ir  ir  f rinnt  rehte  erschin. 

dö  wären  ime  die  wanden 

bluotec  und  nnverbunden, 

und  was  so  verhouwen  1860 

daz  si  niht  mohte  schouwen 

oder  wer  er  wsere  wizzen. 

des  hete  sich  verflizzen 

des  abbetes  kappellän, 

dö  er  diz  wolte  an  gän.  1866 

mohte  der  töte  sin  genesen, 

si  wsere  im  arzät  gewesen, 

also  ez  da  vor  ouch  beschach. 

die  wunden  si  im  üf  brach 

und  begreif  si  allenthalben.  1870 

dö  enhete  si  niht  ander  salben 

wan  ir  trehene  vil  unde  gröz, 

die  si  in  die  wunden  göz. 

49  In  5.  do  B,  f.  S.  52  von  f.  B.  58  do  keine  S, 
54  dochtent  S,  dachte  B.  66  sjnne  S.  56  Do  S.  lüt  B. 
61  nit  S,  f.  B,  62  wor  B.  68  gefiissen  S,  Nach  65  Über, 
sthrift  in  S  Wie  tristan  sich  in  munches  kleider  andet  vnd  wie  er 
jtolt  ynd  den  konig  marck  im  sine  liez  das  er  der  tode  riter  were 
der  do  lag.  71  anders  wasser  S.  72  Was  B,  ir  trehene  ir 
trehene  B. 


392  Tristan  als  M6n<^. 

dö  sprach  si  zehant: 

'daz  ich  dich,  lieber  Tristant,  1875 

alsQs  yinde  töten 

und  s6  sSre  verschrdten, 

und  ich  dir  niht  mac  gewegen, 

des  wil  ich  iemer  leides  pflegen/ 

ir  stachen  nam  si  ze  stant  1880 

unde  wischte  ime  den  munt. 

minnecllche  si  in  knste. 

ach  wie  dö  gelüste 

des  abbetes  kappel&n 

daz  er  den  kus  möhte  h&n  1885 

den  der  töte  man  enpfie. 

wizzent  daz  ez  ergie 

al  ze  jungest  ane  stnt. 

er  sprach  'dort  einer  lit, 

der  geniuzet  min  ze  vil.*  1890 

boese  duhte  in  daz  spil. 

tsöt,  der  minne  trinwe  pflac, 

klagete  also  ir  ze  herzen  lac 

ir  stseter  minne  süezen  gart, 

der  ouch  ir  nie  ledec  wart,  1895 

ir  lieben  friunt  Tristant. 

leides  si  sich  underwant. 

des  si  sich  dö  vil  versach. 

vil  jsBmerliche  si  dö  sprach: 

'Tristan,  aller  saelden  man,  1900 

Nach  78  Überschrift  in  R  Clxviij  Also  yaot  die  koningiii  den 
dotten  ritter  vff  der  boren  kaate  an  einen  mant  vnd  wone  ei  were 
triBtan  Ir  fnint.  76  Also  alsns  B,    yinden  ES.         77  Wie  S, 

78  dich  B,  din  S.  80  stücken  B.  81  wnste  S,  wfiacb  R. 
82  Mynneklichen  S,  87  nicht  ergie  BS.  78  Alle  S.  92  myn- 
nen  8.  98  Glagente  als  8.  ir  oach  B.  94  sOsier  BS,  gert  JS. 
96  lidig  B.       96  lieber  BS. 


Tristan  äU  M&neh.  393 

den  nieman  volle  klagen  kan, 

wie  sere  mich  wandert 

daz  du  so  manec  hundert 

ze  noeten  hast  bestanden 

und  nu  in  fromden  landen  1906 

aLsus  bist  eralagen, 

und  uns  nieman  kan  gesagen 

wie  dir  diz  sl  geschehen! 

ich  wil  dir  offenlichen  jehen: 

es  mQezen  iemer  schaden  hän  1910 

alle  mines  herren  man. 

ich  wsene  diz  gesinde 

dich  niemer  überwinde. 

ouch  sol  ich  dich  von  schulden  klagen: 

aleine  han  ich  durch  dich  getragen  .  .  .  1916 

daz  hast  du  widerdienet  wol 

so  daz  ich  dich  klagen  sol. 

Tristan,  du  ellenthafter  degen, 

do  du  mit  angestlichen  wegen 

mit  diner  degenheite  1920 

mich  under  din  geleite 

gewunne  da  in  trlant, 

d5  ergsebe  du  zehant 

kQr  (?)  ze  rittere  dich. 

sit  hast  du  dicke  umbe  mich  1925 

gewunnen  michel  arbeit. 

hie  hebet  sich  min  herzeleit. 

Tristant,  lieber  Tristant, 

1901  vollen  8,  02  mich  hie  8,  04  not  R.  05  nfi  R, 
ime  8,  08  das  Bige  S,  disz  R.  09  offenclichen  8,  10  Er 
müBse  sin  R.  11  hertzen  R8.  14  ich  f.  R,  15  durch  f.  R. 
18  allenthafter  8.  19  nicht  engestlicher  R.  20  tugentheite  RS. 
21  vnd  RS.  22  Oewjnne  dar  8.  vrlant  R.  24  ritter  8.  26  Ge- 
wunne R,        27  hertzenleit  8, 


394  Tristan  äh  M(huh. 

dö  da  den  serpant 

hetest  engestlichen  erslagen,  ^^0 

d6  wurde  du  getragen 

in  mine  kemenäten. 

dö  hiez  ich  dich  beraten 

heiles  unde  spise. 

nu  bin  ich  din  unwise;  1^86 

wan  du  bist  an  ein  ende  komen 

da  mir  unheil  h&t  heil  benomen. 

Tristan,  tugenthafter  man, 

soltest  du  daz  leben  hän, 

so  solte  ich  iemer  dienen  dir.  1940 

wan  du  geschüefe  mir 

daz  ich  wart  ein  künegin, 

dö  ich  nach  solte  sin 

worden  eins  schüzzeltragers  wip. 

mit  rehte  solte  dir  min  lip  1946 

iemer  undertaenec  sin. 

ich  wart  von  der  manheit  din 

erlöst  von  der  boesen  art: 

daz  ich  niht  truhssezin  wart, 

daz  kam  von  dlner  stiure.  i960 

hie  A  mir  fröude  tiure. 

Tristan,  du  beredetest  daz, 

des  sich  der  truhsaeze  vermaz, 

daz  waere  allez  gelogen, 

dö  er  nach  hete  betrogen  19^ 

mit  lügene  minen  vater. 

den  künec  sere  bater 

daz  er  mich  ime  ze  wlbe 

80  en^eschlichen  8.  81  du  wurde  8.  87  vnheil  B,  michel  8. 
43  f.  B.  44  schüsseltregers  22,  scbisseldragers  8,  46  Mit  mit 
recht  B.         49  trugsessen  B,  61   Nu  8.         62  do  berestn  S. 

68  Das  8.        67  sere  den  8. 


Triftan  als  Manch,  395 

gSBbe,  wan  er  mit  sime  libe 

heie  erslagen  den  serpant.  1960 

daz  beredetest  du  zehant 

daz  ich  solte  wesen  din. 

nu  bin  ich  din,  noch  du  min. 

wan  uns  scheidet  der  tot. 

des  hän  ich  icmer  niuwe  not.'  1966 

dö  gedähte  aber  der  kappelan : 

'wolte  si  ir  zürnen  län 

nnd  min  liebiu  frouwe  wesen, 

so  möhte  ich  noch  vil  wol  genesen, 

und  ksBme  lihte  wol  alsd  1970 

daz  wir  beide  wurden  frö, 

bevienge  uns  beide  ein  bettestro.' 

diu  frouwe  sprach  aber  dö: 

'Tristan,  daz  ez  got  riuwe. 

du  enwoltest  durch  triuwe  1975 

mich  ze  wibe  niht  nemen; 

du  sprseche,  ich  solte  baz  zemen 

dem  künege  ze  küneginne. 

diu  hat  dir  ze  minne 

sin  niht  denne  den  tot  gegeben.  1980 

des  muoz  ich  iemer  trürec  leben. 

Tristan  vil  guoter, 

min  vater  und  min  muoter 

befulhen  mich  in  triuwen  dir. 

nu  bist  du  gescheiden  von  mir  1985 

äne  segen  und  äne  gruoz. 

nu  6i  mir  aller  fröuden  buoz. 

süezer  lieber  Tristant, 


61  berestu  8.      62  dln  f.  R      63  myn  genesen  B.      67  Wil  B. 
Iren  zom  B,         74  er  B.  77  es  8,         79  Sü  hat  dar  z&  B. 

80  denne  dot  Jß,  den  do  8,        86  vnd  ouch  B,        87  N&  me  sy  mir 
freiden  B, 


396  Tristan  al$  M&nth. 

ich  muoz  verfluochen  das  lant, 

daz  du  mich  ie  brahtest  har.  1990 

doch  nseme  du  min  vil  wol  war 

und  dientest  mir  ze  flize 

äne  itewize, 

daz  ich  wol  mohte  liden. 

enwsere  ouch  boesez  nlden,  1995 

BÖ  möhtest  da  noch  lihte  leben. 

dirre  nlt  hat  ein  ende  geben 

mir  fröaden  und  dir  libes. 

ouwe,  min  armen  wibes 

mac  niemer  mere  werden  rät.  9000 

daz  si  dö  hiezen  misaetat, 

daz  wolt  ich  gerne  an  dir  vertragen, 

solt  eht  ich  dich  aus  niht  klagen« 

ich  enweiz  wie  ich  dich  klage  baz, 

wan  mit  eide  spriche  ich  daz:  9005 

ist  min  unheil  s5  veste 

daz  ich,  manne  beste, 

mit  dir  niht  erstirbe, 

daz  ich  doch  erwirbe 

mlnen  sinnen  den  tot;  9010 

wan  ich  gibe  in  solhe  not 

daz  si  mir  tödes  verjehent, 

so  si  niht  guotes  sich  versehent. 

Tristan,  liep  äne  leit, 

ze  liebe  wurde  du  bereit  9015 

91  vil  S,  gar  B.  92  dieiiBtes  b&  E.  95  btee  S.  97  heit 
ende  8,  hat  dir  din  ende  E.        98  froide  S.    mir  B.        99  mir  BS, 

2000  Mich  B,  Myn  8.  niemerme  mag  w.  8.  Ol  sie  8^  f.  B. 
doch  8,  heimen  iSi.  03  ans  f,  8,  04  weis  8,  07  mannes  BS* 
leete  8.  08  erstürbe  8.  09  Ynd  B8.  verdirbe  B8.  11  gebe  BS, 
soUich  8,  Bollichen  B.  12  dote«  mir  8.  verjehen  BS.  18  sich  S^ 
an  mir  B,    versehen  B8,     15  wurde  on  gereit  B, 


Tristan  als  Mönch.  397 

dmer  liebe  ze  aller  zit. 

diu  liebe  bete  sunder  strit 

liebes  me  denne  alliu  wip, 

die  wile  din  lieber  süezer  lip 

ze  liebe  liebes  geltes  pflac.  2020 

ein  leider  liebelöser  tac 

giltet  dise  liebe  weide. 

Sit  nu  liep  von  liebe  scheide, 

so  belfe  swer  ie  liep  gewan 

mir  klagen  disen  lieben  man.  2025 

Tristan,  liebe  minnet  got; 

wie  hat  des  lieben  gotes  gebot 

mir  heiles  guot  so  gar  benomen. 

joch  enmag  ich  arme  wider  komen 

niemer  me  ze  guote.  2080 

du  gnoter,  minem  muote 

du  gsßbe  guoter  frönden  vil. 

ein  ungefQegez  vederspil 

verbiatet  mir  guoten  muot. 

din  güete  mir  unsanfte  tuet,  2035 

der  ich  noch  baz  entwonen  muoz. 

guotes  llbes  si  mir  buoz. 

sit  nu  liep  mit  leide 

liep  von  liebe  scheide, 

so  helfe  swer  ie  liep  gewan  2040 

mir  klagen  disen  lieben  man. 

ouwe  Tristan,  lieber  degen, 

nu  muoz  ich  armez  wip  verpflegen 


16  einer  8.         17  Diene  -Sf.         19  lieber  5,  vil  B.         20  liebe 
fsrtüde  B.  21  liebe  leideloser  BS.  24  liebe  S.  25  Mit  B. 

26  lieber  BS,  28  Min  B.  29    Noch  B.  81   mynnen  RS. 

36  besser  S,  bosser  B,  enwonen  B.  37  liebes  S.  88  Sy  BS. 
liebe  S.  89  diep  vnd  von  liebe  B,  Liebe  von  leide  S.  40  lieb  S. 
liebe  B,        41  Mit  BS.    clage  'S'.        43  wibe  S.     mich  verpflege  B. 

)895.  Bitxangsb.  d.  pbil.  u.  bist.  CI.  2t) 


398  Tristan  äh  Möndi. 

genäde  alle  die  wile  ich  lebe. 

nu  diuhte  mich  ein  goies  gebe,  2045 

müeste  ich  tot  bi  dir  geligen. 

wan  mir  ist  raste  zuo  gesigen 

so  vil  der  herzesw^re, 

daz  ich  noch  gerner  wtere 

tot,  denne  ich  belibe  sus.  2050 

ouwe  Tristan,  wie  hast  duz 

alsus  übele  bewart! 

waz  tone  dir  diu  leide  vart, 

do  du  nach  äventiure  rite. 

ouwe,  ez  was  aber  ie  din  site  2055 

daz  dir  was  von  herzen  ger, 

da  man  mit  swerten  und  mit  sper 

ere  bejagete  oder  prls. 

du  waere  der  witze  gris 

und  der  järe  gar  ein  kint.  2060 

ouwe  daz  alle  die  nu  sint 

niht  helfent  klagen  dinen  lip. 

ouw§  mir,  vil  armez  wip, 

daz  mich  min  muoter  ie  gebar. 

wan,  swaz  mir  biz  har  gewar,  2065 

s5  was  ich  des  an  dir  gewou 

daz  du  mir  hülfest  wol  da  von. 

nu  bin  ich  hie  vereinet, 

und  mich  nieman  meinet 

mit  solhen  triuwen  also  du.  2070 

ouwe,  Tristan,  wer  ist  nu 

der  mich  von  leide  troestet  me? 


44  wil  ich  aldo  die  wile  R.  45  gutes  B,  geben  S.  46.  Muaz  H, 
ligen  S,  48  hertzen  swere  8.  51  hastu  us  S,  58  toiget  Ji, 
doget  S.  leides  S.  54  Docht  noch  S.  55  Obe  S.  56  gir  B, 
59  witzen  S.  60  joren  B,  66  bitz  har  i?,  bitz  her  8.  66  ^e- 
wan  BS.        67  dar  van  BS.        71  war  B.        72  Das  mir  B. 


Tristm  äl8  Manch.  399 

ouwe  mir  armen  wibe,  ouwe! 

waz  hän  ich  leides  gelebet  an  dir! 

ouwe,  Tristan,  und  ouwe  mir  2075 

daz  mich  din  ouge  ie  gesach ! 

wan  dir  daz  micbel  ungemach 

von  mir  armen  ist  geschehen. 

wan  betest  du  mich  nie  gesehen, 

so  waerest  du  hie  beliben.  2080 

nu  wurde  du  durch  mich  vertriben 

hin  da  du  verlür  dln  leben. 

got  geruoche  ez  ime  vergeben 

der  ie  geriet  daz  gröze  mein 

daz  dich  der  künec,  dln  öhein  2066 

äne  schulde  hiez  verjagen, 

da  von  du  leider  bist  erslagen. 

nu  ist  der  nit  gelegen  gar. 

swer  nu  welle,  dar 

und  rede  von  Tristande  2090 

ere  oder  schände, 

wan  er  enmac  sich  gerechen  niet, 

und  swer  in  ie  verriet 

der  habe  fröude  unde  gamen. 

doch  süln  si  wizzen  benamen,  2096 

missezseme  ez  niht  wibes  güete, 

von  den  ich  habe  diz  ungemtiete, 

ich  brsßhte  si  des  innen  wol, 

also  man  sinen  vigent  sol, 

daz  ez  im  gienge  an  sinen  lip.  2100 

nu  bin  ich  leider  ein  wip 


74  gehabet  B.      77  mir  5.      81  Du  wurde  durch  B.       82  min  8. 
83  es  zu  geben   ime   vergeben  S.  84  gerat  B,  86  oben  S, 

90  reden  S.         92  mag  B,    rechen  S.    nit  B,  niht  S.         93  Nu  JB. 
94  unde]  vil  BS.      95  wizzen  f.  H,    by  namen  BS.      99  fund  solt  S. 

2G* 


400  Tristan  (Ü9  Manch, 

und  mag  es  nibt  veranden, 

wan  ich  maoz  ez  enblanden 

mlnen  armen  ougen. 

ouwe,  nu  ist  unlougen  2105 

daz  man  mir  ofte  hat  geseit, 

daz  dicke  groz  herzeleit 

von  herzeliebe  komen  ist. 

doch  wände  ich  unze  an  dise  frist 

daz  ez  ein  lügen  waere.  2110 

nu  weiz  ich  erst  diu  maßre 

diu  ich  nibt  wiste  unz  an  daz  mal. 

ouwe  vil  armer  Eornewäl, 

wie  geschach  dir  armen  ie  also 

daz  du  dich  von  ime  dö  .  .  .  2115 

ime  daz  wunder  widerfuor.* 

Eornewäl  do  tiure  swuor 

mit  grözen  eiden  iezuo 

daz  er  nibt  bi  im  weere  duo. 

Ist  nu  ieman  dem  missebage  2120 

dirre  lieben  frouwen  klage, 
der  dunket  mich  unwise  genuoc. 
wan  diu  erde  nie  getruoc 
tiurer  degen  denne  er  was, 

der  münch  der  da  bi  ir  saz,  2125 

den  si  wände  vor  ir  ligen. 
dö  si  weinennes  bete  geswigen, 
dö  huop  man  üf  die  bäreladen 


2102  verenden  S.  OS  ich  wil  es  müsz  enb.  B,  entblenden  S, 
05  ist  es  onne  lougen  S.  07  grosses  B.  hertzenleit  S,  08  hertzen 
liebe  H,  10  lüge  B.  12  nit  ich  S.  16  Vnd  ime  S.  17  E 
kurnewal  S,  16  ieza  S,  do  yez&  B,  19  wore  S.  do  B,  da  S, 
20  Ist  yeman  dem  nu  B.  22  vnd  wise  S.  24  Tirer  B,  wan  S, 
26  Denne  B,  von  ir  Bj  vor  S,  lugen  S.  27  weinens  S^  weindes  JB. 
28  der  bore  laden  t>. 


Tristan  ah  Mönch,  401 

und  truoc  den  ritter  von  dem  stadeii 

mit  grözes  leides  kraft;  hin  für  2180 

und  satzte  in  für  die  münstertür. 

d5  wart  von  weinen  michel  braht. 

nu  was  ez  iezuo  an  der  naht, 

daz  man  ze  hove  solte  gän. 

nu  huop  sich  Tristan  der  kappeiän  2136 

hin  üf  gegen  dem  alter 

und  las  da  sinen  salter. 

er  weinte  dicke  und  dicke 

mit  manegem  üf  blicke. 

doch  was  anders  niht  sin  gebet,  2140 

daz  er  do  vor  dem  alter  tet, 

wan  daz  im  got  des  gnnde 

daz  in  tsot  diu  blunde 

mit  fnogen  gessehe. 

er  gedähte  wie  das  geschsBhe  2146 

so  stille  und  also  sunder  vär 

daz  es  nieman  wurde  gewar. 

wan  er  wiste  benamen  daz 

daz  ime  der  künec  was  gehaz. 

ouch  forhte  er  siner  frouwen  schaden.  2160 

nu  daz  er  sus  was  überladen 

mit  zwlvel  und  mit  sorgen, 

er  gedahte  'beite  ich  unz  morgen, 

so  benimt  mir  lihte  der  tac 

daz  ich  si  niht  gesprechen  raac'  2156 

doch  bedäht  er  sich  ze  leste. 


so  grossem  5.    vor  BS,         31  sat  S,  stalt  R.    vor  B.    daa  S. 
münster  tor  U,    munster  dor   S.         33  yetzunt  B.  34  huse  B. 

41  d6  f.  S.        42  Wan  daz]  Wenne  B,  Das  S.    got  das  *S',  das  got  B. 
48    ime  S,   frouwe  B.  46   so  B.    sunder  bar  JB,    sunderbar  S. 

48  es  i2.    bjnammen  B.        51  da  B,  do  S,        63  beite  ohne  ich  B, 
beidestu  S,        54  liecht  S,        65  besprechen  B, 


402  TrUtan  aU  Mämd^. 

im  wsere  dö  daz  beste 

daz  er  niht  bite  anze  firoo. 

na  gieDC  i^enöte  zao 

der  abbet  sin  Mobeoagris  2160 

nnd  sprach  'bmoder,  benedis.* 

des  geneic  Tristan  und  sprach  sas 

mit  zuhten  ''meister  dominus' 

al  nach  sines  klösters  orden. 

ich  wsne,  er  waere  worden  2165 

an  sime  libe  strenge, 

het  erz  getriben  die  lenge. 

na  sprach  der  abbet  'braoder  Wit, 

hänt  ir  gesprochen  luwer  atV* 

'nein  ich,  meister.'     'wie  kumet  daz?*  2170 

'ich  enweiz;  wan  ich  enmohte  baz* 

'ist  in  denne  hiute  iht  gewesen, 

daz  ir  niht  gar  hant  gelesen?* 

'ja  ez,  meister,  mir  was  we  .  .  . 

dö  ich  dort  az  von  in  gie.  2175 

nu  wolt  ich  gerne  raowen  hie 

and  beiten  anz  mir  wnrde  baz* 

dö  sprach  der  apt  'so  rat  ich  daz, 

and  danket  mich  ein  bezzer  rat, 

braoder,  daz  ir  of  stat  2180 

and  mit  mir  gant  ze  hove  hin.* 

'nein,'  sprach  Tristan,  'ich  enbin 

niht  wol  hoTebsere. 

57  enwere  BS.  dö  f.  S.  58  ynts  S,  bitte  R  59  ingnote  B, 
ingenoten  S.  61  beneditz  5.  62  geneig  S^  f,  B.  tristande  S. 
64  Alle  B,  AU  5.  66  leben  B,  68  wiU  S.  71  mochte  BS. 
75  Ton  üch  tsz  B.  ge  BS,  76  hie  S.  das  it  77  biU  B.  Nach 
77  Überschrift  in  B  Clxxii^  Alao  ein  apt  heimlich  tu  tristaa  Tnd 
komewal  kam  vnd  in  bat  das  er  mit  jme  ginge  s&  hoffe  essen  ynd 
es  tri^tan  nit  tän  wolte.        81  gont  B,  geat  6', 


Tristan  als  Mönch.  403 

herre,  ez  ensol  iu  niht  sin  swsere 

daz  ir  micli  beliben  liknt.  2185 

ouch  ist  es  zlt  daz  ir  gant.* 

dö  sprach  der  abbet  'ich  wil  gän, 

doch  soltent  ir  iuch  erbiten  län 

daz  ir  mit  mir  giengent  dan.* 

'nein  ich,  crede  mich,  niht  enkan  2190 

gebären  üze  und  anderswä, 

als  ob  ir  bi  mir  wsßrent  dä(?).' 

Nu  diz  scheiden  was  geschehen, 
dö  hete  Kornewäl  gesehen 

daz  der  apt  ze  hove  gie;  2195 

unlange  frist  er  dö  lie, 
ze  sinem  herren  gieng  er  wider  hin. 
er  sprach  'herre,  wä  ist  iuwer  sin? 
wellent  ir  min  frouwen  iht  sehen?' 
'ja  ich,  möhte  ez  so  geschehen  2200 

daz  es  nieman  wurde  gewar.' 
'ja,  ir  koment  wol  also  dar 
daz  ir  ouch  wol  koment  dan.' 
'lieber  Kornewäl,  nu  sage  an 

wie  daz  mit  fuoge  geschehen  mtige  2205 

daz  wir  si  bringen  dirre  lüge 
äne  missewende 
mit  listen  an  ein  ende.' 
'herre,  daz  kan  ich  wol  bewam. 
ich  wil  mich  wider  si  enbarn,  2210 

daz  ir  noch  lebent  und  hie  sint 
und  ir  wellent  si  noch  hint 


84  80l  S.  88  eiillent  E.  90  Wenne  R,  Wan  S.  credo  BS, 
mich  f.  8.  91  anderswo  RS.  92  also  R.  do  RS.  97  sinen 
herre  R.        98  sint  S.        99  frouwe  RS. 

2200  ich  f.  8.  so  S,  wol  jB.  Ol  gebar  R.  03  f.  S.  vol- 
koment  R,        06  diser  RS.        11  leben  RS.        12  sie  5,  so  R. 


404  Tristan  als  Mönch. 

gesprechen  etewä  hie  bi, 

und  daz  diu  lüge  hie  si 

erdäht  durch  Artüses  höchgezit,  ^^5 

und  daz  der  tote  der  hie  lit, 

ze  dem  ir  klagen  ist  8Ö  ger, 

ein  ritter  si,  ich  enweiz  niht  wer.' 

'so  engeloubet  si  lihte  niht  dir.' 

'si  tuot,  wan  ich  gibe  ir  2220 

daz  vingerlln  mit  dem  saffire 

daz  si  iu  saute  bi  Dlamire, 

und  ouch  den  brief  der  da  mite  ist 

versigelt  durch  den  selben  list, 

dar  an  ir,  herre,  haut  geschriben  2225 

waz  Sachen  iuch  her  habe  getriben. 

doch  muoz  ich  beiten  eine  wile.' 

'nein  Komewäl,  lieber,  ile.' 

'entriuwen,  herre,  ich  enwil.' 

'war  umbe?'   'da  ist  hie  ritter  vil  2280 

die  der  künec  Marke  lie 

hiute  bi  miner  frouwen  hie. 

dö  er  si  bat  und  ir  verbot 

daz  si  niht  machte  s6  gröze  n6t 

und  mit  im  gienge  slafen,  2235 

dö  begunde  si  in  strafen 

und  sprach  "herre,  wie  redest  du  so? 

ich  wil  durch  bete  noch  durch  drö 

mich  Ungemaches  niht  enthaben 

unze  Tristan  wirt  begraben.  2240 

da  von  sülnt  ir  die  rede  lan. 


18  etwan  S,      15  Er  gedochte  R.    artus  S,      17  uwer  olage  S. 
18  weis  S,  19  gloubet  S.    sie  dis  liecht  S,         22  saate  f.  B. 

28  der  B.         24  selten  8.         26  sach  S,  27  do  S.    bitten  E- 

wile  f.  R.    81  Do  die  R.         84  nit  möchte  S,  machte  B.         86  sü 
in  begunde  RS,        89  enbaben  S,        40  wart  R,  wurde  S, 


Tristan  als  Möftch,  405 

beizent  die  ritter  mit  iu  gän 

und  bitent  si  komen  her  wider. 

so  belibet  Kornewäl  hie  nider 

und  Dlamire  diu  guote;  2245 

unser  ist  nu  genuoc  ze  huote." 

ouch  horte  ich  wol  an  Marken 

daz  er  zwein  knebten  starken 

die  bare  mit  dem  manne  bevalch; 

der  eine  ist  von  Hispanje  ein  Walch,  2250 

der  ander  ist  von  Engellant. 

sebent,  disen  zwein  ist  unerkant 

unser  spräche  und  unser  wort; 

ich  weiz  wol,  seite  ich  in  ein  mort, 

si  Seiten  ez  niemer  mere  vort;  2265 

ez  waere  verswigen  von  disen  zwein; 

si  enkunnent  nibt  wan  ja  und  nein, 

dar  an  doch  mäze  kunst  lit.' 

do  sprach  er  aber  'es  ist  zit' 

daz  ich  ze  miner  frouwen  ga.  226() 

ich  wssne,  die  ritter  sint  noch  da. 

ouch  sülnt  ir  Valien  an  iuwer  knie 

und  sülnt  got  flehen  hie 

daz  er  geruoche  gunnen  mir 

daz  ich  zwischen  iu  und  ir  2265 

gerede  ein  ganze  suon.' 

Tristan  sprach  'ich  tuon.' 

Kornewäl  der  gienc  hin  üz. 
nu  wären  gevarn  die  ritter  ze  hüs, 


48    swen    BS.     kneht    S.  50    hjspaxmyen   B^    jspanie    S. 

52  zweyen  B,  ynbekant  S.  54  in  f,  S,  einen  BS.  55  me  BS. 
fort  B,  56  ist  S,  vor  S.  57  denne  B.  59  herre  ist  es  S. 
61  noch  B,  nit  S.  63  hie  by  B.  66  sün  B.  Bune  S.  Nach 
67  Überschrift  in  S  Wie  der  kunig  marcke  den  abt  bat  vmb  den 
mfinch  tristan  vnd  er  ime  geben  wart  die  kunigin  Ysolt  zu  artzenyen. 


406  Tristan  als  Mönch, 

und  was  nieman  beliben  da  2270 

wan  die  zwene  nein  und  ja 

und  Diamire  diu  guote  maget, 

also  uns  diu  äventiure  saget, 

bi  der  tsolt  was  vereinet. 

nu  bete  si  [leider]  86  8§re  geweinet  2275 

daz  si  niht  mobte  weinen  me. 

ouwe  daz  ir  nibt  kämen  e 

diu  rehten  m»re,  daz  ist  mir  leit. 

Komewäl  d6  nibt  lenger  beit 

und  gienc  bi  banden  zuo  ir  stan.  2280 

si  biez  in  guoten  äbent  bän. 

des  seite  er  ir  genäde  nn. 

si  spracb  'sage  an  w&  wsere  du 

binabt  alle  dise  nabt?' 

'frouwe,*  spracb  er,  'icb  enmabt.'  2286 

'bat  dicb  iht  gesümet  dan?' 

'ja  ez,  frouwe,  mir  bat  ein  man 

ein  teil  maere  dort  verjeben* 

'sieb,  daz  möbte  wol  gescheben 

morne  und  diz  lange  jär.  2290 

nu  sibe  icb  wol,  ez  ist  eht  war: 

dicke  kumet  näcb  frouden  riuwe, 

selten  näcb  töde  triuwe.' 

Kornewäl  neicte  sieb  ze  ir  fuoze, 

er  spracb  'frouwe,  vemement  min  unmuoze,         2295 

diu  micb  sider  geirret  bat. 

der  müncb  der  dort  böber  stät, 


74  ysolde  JB.  76  we  B.  77  komet  RS.  78  rechte  RS. 
79  dd  f.  S.  80  zu  ir  S,  su  B.  82  Disz  R,  Dia  S.  gnode  ynd 
danck  S.  83  du  so  lang  8.  86  Jo  bette  dich  S,  iht  S,  ich  R, 
87  het  S.  89  Sie  S.  90  Mom  R,  92  frouwen  RS.  98  Sel- 
tnen R.  dote  S,  doten  R-  94  neiget  RS,  irem  R^  iren  8.  fassen  S, 
97  do  8, 


Tristan  als  Mönch,  407 

der  bewarte  ie  gedihte 

minen  herren  an  siner  bihte. 

den  fraget  ich  bi  siner  triuwe,  2300 

ob  min  herre  iht  guoter  riuwe 

an  slnem  ende  hsete. 

do  yerjach  er  mir  mit  stsBte 

daz  er  nie  gessehe  ritter 

des  jämer  waere  so  bitter  2305 

von  sinen  sünden  also  der  sin, 

und  Seite  s5  yil,  frouwe  min, 

daz  mir  daz  ouge  über  lief. 

ouch  gab  er  ime  disen  brief. 

frouwe,  swaz  dar  an  si  geschriben,  2310 

daz  ist  noch  unversnochet  beliben. 

ouch  weiz  ich  wol  wie  daz  beleip: 

do  in  min  herre  selbe  schreip, 

do  gap  er  in  dem  manche  sa; 

äne  mich  was  nieman  da.  2316 

den  sülnt  ir,  frouwe,  von  mir  uemen 

und  sülnt  iu  selber  gestemen, 

biz  ir  gelesent  dar  abe 

swaz  er  dar  an  geschriben  habe.' 

also  er  ir  diz  tete  kunt,  2320 

si  nam  den  brief  do  ze  stunt 

und  brach  sines  gebendes  rigel 

und  nam  daz  liebe  ingesigel, 

daz  yingerlin  da  mite  er  was 

versigelt,  also  ich  iu  e  las,  2325 


98  Des  B.    je  die  B.        99  Min  herre  B. 

2302  sime  S,        06  als  S.        08  die  ougen  S.        11  noch  f.  S. 

13  in  f,  B.    selber  li,  selbes  S,      14  ime  S.    so  B,  do  S.  15  do  B, 

so  8.        17  selbes  S.        18  gelesen  BS.        19  darab  S.  20  Als  S. 
das  5.        21  dö  f,  S,        22  sin  S,        25  als  ich  e  S, 


408  Tristan  als  Manch. 

und  stiez  ez  an  ir  vinger. 

ir  kumber  der  wart  ringer. 

daz  kam  von  solber  ahte 

daz  si  da  bi  mähte 

gedenken  Tristandes.  2830 

ich  wsene,  si  bevandez 

schiere,  waz  dar  ane  staont. 

si  tete  als  noch  genuoge  tuont, 

der  herze  ist  gar  äne  yalsch. 

si  tete  in  üf  (do  was  er  enwalsch)  23S5 

und  las  dar  an  also  si  ez  vant, 

geschriben  sus  mit  welscher  haut: 

'ich  wil  iuch,  frouwe,  gerne  biten 

daz  ir  vemement  mit  guoten  siten 

ein  dinc  daz  ich  iu  künden  wil.  2340 

erschreckent  dar  abe  niht  ze  vil. 

ich  huop  mich  üz  durch  beji^^en 

eines  morgens  do  an  einem  tagen 

und  kam  über  ein  velt  geriten. 

dar  üfe  sach  ich  ligen  enmitten  2345 

einen  ritler  in  einer  furch, 

mit  eime  sper  gestochen  durch 

zer  schultern  binden  und  vorne  zer  brüst, 

als  ez  geschach  an  einer  just. 

disen  selben  töten  man,  2350 

do  ich  in  sach  von  verren  an, 

do  k^rte  ich  dar  und  rihte  in  üf 

nu  sach  ich  wa  im  was  diu  huf 


26  stiease  B,  iren  RS.  27  komer  S.  28  Do  R.  81  be- 
fant  es  RS,  82  dar  an  R,  do  onne  S,  38  also  R,  34  gar  f.  R. 
36  er  walch  S,  ein  walsch  R.  36  als  S.  88  Vnd  R.  39  gu- 
tem R,  48  so  an  einen  S,  45  sach  so  ich  R,  ligen  f,  R. 
47  einem  S.  48  forn  zur  S,  vo'nä  zu  d  R.  49  Also  R.  61  fer- 
rem  RS.  52  riech te  S.  68—55  Nu  sach  ich  vor  im  was  dot  S, 
53  So  nü  sage  ich  R. 


Tristan  als  Mönch,  409 

gebrochen  von  des  yalles  not, 

und  dar  nach  daz  er  was  tot.  2S55 

ich  liez  in  slgen  üf  daz  gras. 

Komewäl  dö  bi  mir  was; 

der  half  mir  in  mit  jämer  klagen. 

dar  nach  begunde  ez  verre  tagen 

s6  sere  daz  diu  sunne  erschein.  2360 

nu  wurden  wir  zwene  des  enein. 

daz  Komewal  wsBre  böte 

ze  der  tavelrunde  rote 

und  Seite  wie  in  kurzen  tagen 

mich  ein  ritter  hete  erslagen  2365 

ze  einer  juste  mit  einem  spar, 

er  enwiste  wenne  oder  wer, 

und  daz  ich  des  gebeten  habe 

daz  man  mich  dort  niht  begrabe, 

man  süle  mich  ze  Markes  hüs  1^370 

füeren  und  daz  der  künec  Artus 

ouch  dar  min  geverte  sie 

mit  dner  lieben  massenie. 

daz  geschach  schiere  zunder  twäl.  2375 

ze  hoye  gähete  Komewäl 

und  Seite  Artusen,  der  eren  degen, 

ich  wsere  an  einer  juste  gelegen. 

dar  nach  ouch  ich  niht  lenger  beit, 

und  also  schiere  do  er  gereit, 

do  versneit  ich  den  ritter  gar,  2380 

daz  nieman  wurde  des  gewar 

ob  er  ez  wsBre  oder  ich. 


57  Komewale  B,  60  schein  S.  61  in  ein  RS.  66  einer 
aper  B.  67  wüste  wanne  S,  68  dz  S.  69  dort]  durch  Ä,  hie 
durch  B.  70  sol  BS,  71  und  f.  R.  72  sy  S,  73  masseny  S. 
76  saget  B.  77  wore  B,    just  6',    wüste  JB.  78  ich  ouch  B. 

bleip  B,        80  sneit  S, 


r 


410  Trigtan  äh  MönOi. 

dar  nach  huop  ich  selbe  mich 

ze  eime  klöster  durch  einen  list 

und  bat  den  apt,  der  noch  hie  ist,  2385 

daz  er  mich  naBme  ze  bruoder  drin, 

und  mit  dem  ouch  ich  nu  hie  bin 

und  stände  hie  bi  in  münches  wät. 

nu  gebeut,  frouwe,  uns  den  rat, 

wie  liep  ze  liebe  kome  also  2890 

daz  liep  von  liebe  werde  frö. 

wan  geschiht  do  swacher  huote  kraft 

und  swechet  dise  geselleschaft 

und  liep  so  liebe  leidet 

daz  liep  von  liebe  scheidet,  2396 

s6  geschiht  von  liebe  niemer  liep 

dem  der  durch  minne  ist  worden  ein  diep, 

mir  armen,  den  der  liebe  not 

nach  liebe  twinget  unz  an  den  tot. 

und  ist,  daz  ir  iuch  Terzihent  mir,  2400 

s6  wirt  durch  muoter  lieber  gir(?) 

so  bellbe  ich  äne  liep  mit  leide. 

liebe  und  leide  die  beide 

stritent  hie  mit  rehter  pflege  (?). 

nu  helfent,  firouwe,  daz  liebe  gesige  2405 

und  leide  ze  liebe  ibt  kome  wider. 

wan  kumet  von  leide  liebe  nider, 

so  wirt  von  leide  liebe  we 

und  kumet  ze  liebe  niemer  me. 


83  selber  R,  selbes  S.  84  einem  8»  ein  S,  86  dar  in  S, 
87   ich   ouch   R.  88   hie   in    by   B.  92    schwaher    hüte   S. 

93  swechecht  B.  94  so  S,  zu  B,  96  von  S,  vnd  i2.  96  Schicht  5. 
nie  mer  B.        98  Mit  BS.    dem  BS.    lieben  B,        99  twungent  S, 

2400  das  üch  verliebent  BS.  Ol  liebe  S.  02  bliebe  onne  S. 
03  Lieb  vnd  leide  S,  Liep  vnd  leit  B.  04  pflige  8,  06  lieb  S, 
Jiep  B.        06  leid  &\  leit  B.        07  lieb  S,  liep  B. 


Tristan  als  Mönch.  411 

ist  ^ber  daz  gesiget  diu  liebe  süeze  2410 

an  feide,  daz  geschehen  müeze, 
so  wirt  liep  an  liebe  Teste 
gar  äne  leit,  daz  ist  daz  beste.' 

Do  diu  frouwe  diz  gelas 
daz  ir  friunt  do  bi  ir  was  241B 

lebendec  unde  niht  tot, 
dö  wart  si  bleich  unde  rot 
und  erschrac  von  der  geschiht. 
*Ist  ez  war  oder  niht?' 

sprach  diu  künegin  tsot.  2420 

Eomewäl  ir  dö  bot 
des  Sicherheit  mit  eide 
daz  er  si  dennoch  beide 
ze  einander  brähte  an  eine  stat. 
tsöt  dö  Eornewälen  bat  2425 

daz  er  ilte  harte, 
biz  si  der  liute  warte 
niht  dorfte  entsitzen. 
er  sprach  do  mit  witzen 

'nu  gebiutet,  frouwe,  mir  daz  zil  2430 

wä  ir  in  gesprechent,  wan  ich  wil 
iezuo  gan,'     'ich  enweiz. 
da  gihe  ich  daz  mir  si  ze  heiz 
und  welle  mich  erküelen  gän. 

dise  zwene  wil  ich  hie  inne  län  2485 

hüeten  bi  der  bare, 
so  mügen  wir  zewäre 
gar  äne  alle  vorhte  sin. 


11  Onne  leit  S,  Owe  leit  B,  12  wurt  R,  ward  S.  14  15  Do 
die  frowe  do  by  ir  was  S,  18  schiebt  S.  19  Es  ist  B,  Es  sy  S. 
23  dannoch  S.  28  durffte  B,    durf  S.  30  gebüt  B,  gebitt  S. 

32  wenne  ich  JB.  35  hinnan   lan  B,         36  boreu  BS.         37  Sü 

müc^ent  (mögent  S)  mir  zworen  BS. 


412  Tristan  (da  Mönch. 

du  solt  mir  den  herren  dln 

bringen  an  daz  schoene  gras  ^^^ 

da  er  yement  bi  mir  was, 

ob  dem  brunnen  in  dem  garten. 

da  wil  ich  sin  warten. 

so  wil  ich  iezuo  hin  gan.' 

Eornewäl  sprach  'diz  sl  getän.^  2445 

Nu  gie  diu  frouwe  an  den  kle. 
Tristanden  tete  daz  beiten  we, 
daz  Eornewäl  niht  schiere  kam, 
dö  lief  er  von  dem  alter  hin  dan, 
da  er  sin  gebet  gesprach.  2460 

wider  sich  selben  er  do  jach 
'dirre  wil  ze  lange  sin. 
möhte  ich  die  lieben  frouwen  min 
selbe  gesehen,  des  wsßre  mir  not. 
ouw§  Brangsdne,  du  bist  tot.  2465 

du  hülfe  mir  ze  stsete  wol; 
din  herze  daz  was  triuwen  vol. 
Diämire  diu  krenket  sich 
daz  si  die  lieben  unde  mich 

alsus  lät  besunder.  2460 

es  nimet  mich  michel  wunder 
daz  unssBlde  hat  über  mich  gesworn; 
wan  ich  sselde  hän  verlorn. 
unssBlde,  du  solt  verfluochet  wesen; 
du  wilt  mich  niergen  län  genesen.'  2465 

do  er  sich  alsus  klagete, 
dö  kam  unde  sagete 


89  min  R.  40  schönste  8,  41   fernen  S,  44  Do  JB. 

45  das  5.  47  Tristan  S.  50  gebette  sprach  S.  61  selber  R. 
selbes  S.  sprach  iSi.  58  liebe  frouwe  RS.  54  Selb  i2,  Selbes  S, 
das  RS.  56  hilffe  RS.  state  S.  59  liebe  RS.  60  byännder  S. 
62  het  R,  hett  8.        63  selb  R,  selbes  S.        64  Vnd  sette  S. 


Tristan  als  Mötich.  4 UV 

Kornewal,  ain  knappe: 

'ziehent  abe  die  kappe, 

diu  nach  münches  wise  stat.  2'*'^^ 

und  nement,  herre,  mine  wät 

und  gant  da  min  frouwe  si. 

si  ist  worden  sorgen  frl.' 

'sol  ich  die  lieben  gesehen.' 

'ja,  herre/     'wä  sol  daz  geschehen?'  2475 

'herre,  bl  dem  brunnen  da. 

Tristan  lief  balde  sä 

da  er  die  herzelieben  vant. 

nach  liebe  er  sich  ir  underwant; 

mit  liebe  si  ez  ime  wol  vergalt;  2480 

ir  liebe  diu  was  manecvalt; 

liebes  heten  si  die  mäht 

biz  dan  umbe  die  mitten  naht. 

dö  muosten  si  sich  scheiden. 

ich  weiz  wol  daz  in  beiden  2485 

liebes  niht  dar  an  geschach 

daz  si  daz  liep  und  daz  gemach 

so  schiere  muosten  läzen. 

*naht,  du  bist  verwäzen 

daz  du  balde  fliuhest  hin.  2490 

du  solt  wizzen  daz  ich  bin 

niht  din  friunt  vil  guoter. 

wan  Sit  mich  min  muoter 

von  allererste  ie  gebar, 

s6  wizzest  daz  mir  nie  gewar 


2495 


68  knabe  8.        Nach  68  in  R  Clxxv.  Nach  73   Überschrift 

in  R  Also  komewal  tristan  seite  das  er  zu  ysot  kerne  by  dem  brun- 
nen do  wolt  8ü  sin  wa'te.  74  liebe  RS.  76  do  RS.  77  8o  RS. 
78  hertzeliebe  RS.  80  ime  f.  R.         82  naht  S.  83  die  f.  S. 

mittenaht  S,  mitter  nacht  R.  88  Vil  schier  muste  *S.  89  ver- 
wachsen  S.        90  fliehest  8.        94  nye  RS.        95  wisse  *S. 

1896.  StUmigsb.  d.  phil.  u.  hist.  Cl.  27 


414  Tristan  ah  Mönch. 

s6  rehte  leide  von  dir. 
des  solt  du  wol  gelouben  mir.' 
Nu  gie  si  wider  sa  zestunt. 
si  wolte  den  ritter  an  den  munt 
fürbaz  do  niht  küssen  me.  2500 

si  jach  des  vaste,  ir  wsere  we 
worden  in  vil  kurzer  frist 
diz  tetiie  si  durch  den  list 
daz  si  den  töten  man 

niht  mere  möhte  sehen  an.  2605 

enmitten  gie  der  künec  in. 
Diamire  hete  die  künegin 
genomen  in  ir  schöze. 
ungehabe  gröze 

nam  diu  frouwe  an  ir  llp.  2510 

ez  w8Bre  man  oder  wip, 
so  dühte  si  es  alze  vil. 
daz  was  dem  künege  als  ein  übe)  spil. 
der  künec  begunde  schoQwen 

sine  herzelieben  frouwen.  2516 

er  kuste  si  güetliche  an  ir  munt 
und  sprach  'frouwe,  wserest  du  gesunt, 
daz  nasme  ich  für  Tristandes  leben, 
got  der  hat  mir  gegeben 

groz  laster  und  herzensere.  2620 

des  muoz  ich  iemer  mere 
von  rehte  trürec  sin, 
sol  ich  die  lieben  frouwen  min 
Verliesen  ich  enweiz  niht  wie. 


99  So  B.    den  f.  S. 

2501  das  S.  02  Wurden  B.  vil  f.  B,  06  ire  Ä,  iren  S. 
schössen  S.  18   alles   ein   B^   als   S.  15   hertze   Hebe   BS, 

17  frouwe  f.  B.  20  Qrossen  BS.  lust  von  hertzeme  sere  R. 
21  Das  BS.        23  hebe  frouwe  B,        24  weis  S, 


Tristan  als  Mönch,  415 

wä  Arieschent  ir  noch  ie  2^2^ 

so  vil  von  herzenleide. 

süezer  got,  du  enscheide 

die  herzelieben  von  mir  niet. 

wan  man  noch  nie  geschiet 

von  liebem  wibe  also  ich  von  ir.  2530 

richer  got,  des  geloube  mir. 

Isolde,  minneclichez  wip, 

schoene  Isolde,  reiner  lip, 

du  wsBre  ie  so  schoener  site; 

tsolde  dir  wonete  saelde  mite;  2586 

tsolde,  du  waere  wol  gemuot; 

man  sprach  dir  nie  wan  allez  guot, 

und  sol  ich  äne,  dich  nu  leben, 

mit  dem  lebene  ist  mir  vergeben/ 

tsöt  sprach  'gehabent  iuch  wol.  2640 

unser  herre  got  uns  gunnen  sol 

ze  lebenne  mit  einander  noch.' 

liebe  frouwe,  wiste  ich  doch 

ob  arzenie  iht  hörte  da  zuo, 

daz  man  si  gewinnen  tno.'  2546 

do  sprach  diu  frouwe  wol  gesunt: 

'daz  ist  mir  nu  gar  unkunt. 

ez  sol  dir  niht  wesen  zorn, 

die  liste  hän  ich  gar  verlorn 

der  ich  ie  gar  ein  meister  was.  2650 

iedoch  solt  du  heizen  daz 

man  den  abbet  frage  des 

ob  er  iht  kunne  wizzen  wes 


25  frischen  B,  freischent  S,  28  hertzliebe  ES.  29  Wenne  E, 
Von  8.  noch  f,  S.  80  lebem  wibe  also  ii,  liebe  wip  als  S. 
31  das  £f.  85  wonet  ES,  40  Isolt  S.  41  gynnen  S.  44  do 
höre  EU  S.  45  du  ES.  49  beste  E.  habe  ES.  50  ie  f.  E. 
58  nit  E.    des  S. 

27* 


416  THstan  aU  Mönch. 

/e  dem  siech  tagen  sige  not, 

daz  mir  gelenget  werde  der  tot.  2655 

sin  bruoder  Wit  der  hie  bi  im  ist, 
der  kan  den  besten  arz4tlist  ^ 

den  ieman  von  Saleme  kan 
und  ist  ein  harte  wlser  man* 

sprach  diu  künegin  tsöt;  2560 

'der  kumet  uns  wol  ze  dirre  not/ 
Do  geschuof  der  künec  zehant 
daz  der  abbet  wart  besant. 
do  was  des  Tristan  äne  wän, 

er  müeste  den  lip  verlorn  h&n.  2565 

dö  er  vernam  diu  msere 
daz  er  er  verrüeget  weere 
umbe  arzeliche  liste, 
von  den  er  kleine  weiste, 

do  wart  er  von  der  bete  r6t.  2570 

er  werte  sich  mit  maneger  not. 
dö  sprach  der  küußc  'bruoder  Wit, 
daz  ir  sus  übel  ze  erbitenne  sit, 
daz  tuont  ir  sere  wider  got. 

ez  enist  niht  gotes  gebot,  2575 

swaz  ir  von  gotes  hulden  hänt, 
daz  ir  des  iemen  mangeln  iänt.' 
'herre,'  sprach  der  münech  dö, 
unser  orden  der  ist  also, 

swer  der  weite  sich  bewege,  2680 

daz  er  iht  arzenie  pflege, 
herre,  frägent  den  abbet  da 
ob  ez  habe  diu  regulä. 


56  ime  S^  nii  H,  58  nieznan  S.  salueme  i2.  62  schaff  S. 
66  nam  S.  er  die  B.  71  sich  werte  B.  78  übel  f,  B.  75  Es 
ist  gottes  S.  76  hulde  S,  halben  B,  76  das  B,  jemer  BS. 
mangel  hant  S.         79  der  f,  S.         83  den  regebo  B^  den  rigebo  S. 


Tristan  als  Mönch.  417 

der  ist'meister  über  mich.' 

der  abbet  sprach  'creJe  mich,  2585 

ich  enweiz  dar  umbe  niht  ze  vil. 

swaz  aber  min  herre  wil 

und  verbot  uns  verbiete, 

daz  leistent  äne  miete, 

bruoder,  daz  ist  gotlich ;  2590 

die  sunde  die  nime  ich  über  mich/ 

tsöt  was  der  msere  frö. 

neben  die  bare  seic  si  dö, 

also  ir  waere  geswunden. 

dö  truoc  man  si  an  den  stunden  2595 

mit  jämer  ze  kernen  äten. 

meister  Wlt,  der  muoste  raten 

von  der  angestlichen  not; 

wan  ez  ime  der  künec  gebot; 

der  apt  hete  ez  ime  erloubet. 

er  greif  ir  an  daz  houbet; 

eine  salbe  streich  er  ir  dar 

daz  ir  zehant  niht  enwar. 

dö  der  künec  daz  ersach, 

zuo  dem  abbet  daz  er  sprach: 

'diz  ist  der  beste  arzät 

den  allez  Salerne  hat. 

got  hat  in  bar  gesant.' 

meister  Wlt  der  sprach  zehant: 

'man  sol  uns  eine  stille  län,  2610 

daz  waere  harte  wol  getan.' 

der  künec  si  alle  üz  treip 


m^o 


2605 


85  credo  S.  86  nicht  nich  R,  88  vnd  11,    gebiette  S. 

89  leisten  ich  onne  gemüte  S,  91  die  nym  S,  neme  Ä.  95  zu  Ä. 
98  engestlichen  S. 

2600  hat  68  in  S,  Ol  Ergreiff  E.  02  selbe  B.  04  Do 
der  do  k.  R.        08  her  S,        09  der  f,  S.        12  alle  vertreip  S. 


418  Tristan  ah  Mönch, 

daz  dö  nieman  iune  beleip 

wan  Dianüre  und  meister  Wlt. 

der  abbet  sprach  ''es  ist  zit  2615 

daz  man  den  toten  begrabe." 

dö  wart  michel  ungehabe, 

weinen  unde  schrien 

von  aller  der  massenieu. 

Artus  unde  Marke  2620 

die  weinden  starke. 

ir  aller  weinen  unde  klagen 

mac  ich  sunder  niht  gesagen. 

diu  messe  gesungen  wart, 

und  der  töte  [wart]  bewart  2625 

nach  sinem  rehte  mit  gebete. 

dö  tete  man  ime  als  man  e  tete: 

in  die  erde  man  in  begruop. 

daz  Yolc  sich  allez  dannen  huop. 

Marke  gie  sä  zehant  2630 

da  er  die  küneginne  vant, 
und  fragete  si  der  msere 
wie  ir  an  dem  llbe  w8Bre. 
si  sprach  'nach  ungeuäden  wol, 

des  man  iemer  danken  sei  2635 

disem  vil  guoten  man, 
der  min  so  wol  gepflegen  kan. 
seit  er  lenger  bi  mir  sin  gewesen, 
so  wsere  ich  schiere  genesen.' 
Marke  sprach  'frouwe  künegin,  2640 


14  denne  B.  18  schrigen  RS,  19  der  f,  S,  massenigen  R, 
Nach  19  Überschrift  in  8  Wie  der  kunig  marcke  dem  mfinch  triBtan 
erloubet  wider  heim  in  sin  closter  vnd  wie  er  heim  in  sin  laat  reit. 
27  also  R.  28  grup  R,  29  alles  do  vbel  gehikp  R.  38  liebe  S. 
35  Da«  R,        38  sin  f.  S. 


Tristan  als  Mönch,  419 

der  abbet  lat  in  bi  ia  slu 

also  lange  also  ir  wellent.* 

'ouwe,  herre,  daz  stellent 

daz  er  lange  belibe  hie. 

ich  gesach  s6  guoten  arzat  nie.'  2645 

der  abbet  schiere  wart  besant. 

Marke  bat  in  sä  zehant 

daz  er  bruoder  Wlten 

bi  ime  hieze  biten 

unz  er  generte  die  künegin.  2650 

daz  liez  der  abbet  also  sin. 

ouwe,  weihen  arzat 

slme  wlbe  Marke  erweit  hat! 

und  wiste  er  wer  er  wsere, 

wie  gerne  er  sin  enbiere!  -655 

do  tete  Marke  rehte  als  tsengrin, 

der  Hersant  sine  friundin 

bevalch  Reinharte, 

der  si  ime  wol  bewarte. 

der  münch  bruoder  Wite  2660 

der  sprach  sin  gezlte 

tsote  ze  aller  stunde, 

swenne  er  mit  fuogen  künde. 

eine  minne  er  ir  gap, 

daz  si  gienc  äne  stap  2665 

swar  so  si  dühte  guot. 

Hie  mite  so  nam  er  in  sinen  muot: 
der  münech  und  der  arzat 


42  80  S.  43  bestellent  S.  46  besaDt'wart  li.  47  so  li, 
f,  S.  60  Vntze  er  fj^ente  12,  Vnd  genese  S.  52  wellichen  S, 
welch  ein  B,  56  Do  f.  S,  also  recht  B.  57  Der  herre  sant 
(sante  S)  sin  BS.  58  Vnd  befalch  (entpfalch  .S')  sü  BS.  59  hü 
n&  wol  (unterpungiert:)  bewol  B.     63  Wenne  B,  Wan  S.     67  so.  /",  S. 


420  Tristan  als  Mönch. 

die  nänien  ze  dem  ritter  rat, 

ir  friunde  Tristande,  -^670 

ob  ieman  dö  erkande 

ir  drlger  einen  under  in, 

daz  wurde  ir  aller  ungewin. 

sus  wart  der  eine  mit  den  zwein 

mit  guotem  willen  des  enein,  2675 

si  solten  varn,  es  waere  zlt. 

hie  mite  so  gie  bruoder  Wit 

für  den  künec  Marken  stan. 

er  sprach  'herre,  ir  sülnt  mich  lan 

ze  der  samenunge  varn.  2680 

der  stieze  got  müeze  iuch  bewarn. 

ich  ensol  hie  nimme  lenger  wesen. 

min  froawe  diu  ist  wol  genesen. 

bedarf  si  min  hie  nach  iht  me, 

ich  diene  ir  aber  gerne  als  e.'  2685 

Marke  sprach  'nu  sagent  mir, 

lieber  meister,  geruochent  ir 

von  uns  iht  des  wir  hän, 

daz  ist  allez  iu  getan* 

'nein,*  sprach  er,  'lieber  herre  min,*  2690 

ir  sülnt  des  klosters  friunt  sin. 

ob  ich  iu  iht  gedienet  hän, 

des  sülnt  ir  ez  geniezen  lan.* 

sus  huop  der  guote  klösterman 

sich  üf  sine  sträze  hin  dan  2695 


69  den  rittern  RS.  Nach  69  Überschrift  in  B  Cbcxvj  Also 
der  apt  vnd  der  artzat  rot  nomen  by  tristAn  wie  sü  ir  ding  an 
vingent.  70  Mime  B.  72  dryer  S.  einer  BS,  73  alle  ir  BS. 
74  Des  S.  75  der  B,  gar  S.  in  ein  BS.  77  Die  S.  80  aamenuge  S. 
81  soll  uns  S.  82  hie   lenger   nit   me  S.  83  ist  hie   wol  ^. 

84  mere  B.      86  also  ere  B.      88  des  (das  S)  wir  icht  BS.      90  tu 
lieber  B,        92  iht  uch  S.        98  Das  S.    bie  lan  B.        95  hin  f.  S. 


IHstan  als  Mönch,  421 

und  künde  leider  vinden  nie 

den  wec  der  zuo  der  zellen  gie. 

einen  andern  wec  er  dö  geriet, 

der  diu  zwei  lant  schiet, 

Kornewal  und  Engellant.  2700 

den  reit  er  ffir  sich  zehant 

in  sin  lant  ze  Parmenle. 

da  was  der  schänden  frle 

unz  ime  daz  här  gewuohs  als  e. 

dar  nach  wart  er  nie  münech  nie.  2705 


96  funden  S. 

2701  er  f.  S.    alle  zu  hant  S.    parmanie  B.        04  gewuchse  S» 
also  B, 


422  TrisUtn  dU  Mantk, 


Anmerkungen. 

17  gesin  im  Reime  noch  36.  832. 

44  deheine. 

45  har  habe  ich  überall  gesetzt  in  Übereinstimmang  mit  den 
Hss.  (nar  S  hat  zuweilen  her)  und  den  Reimen,  Tgl.  193.  699.  1990. 

125  Dass  irtp  zugesetzt  ist,  wird  wahrscheinlich  nach  27. 

172  Man  sollte  den  Ind.  erwarten:  .sobald  er  auf  den  Gedanken 
kam.*  Umgekehrt  ist  1874  der  Konj.  hrahte  im  Reim  aaf  gedähte 
zu  erwarten.     Vgl.  zn  620. 

228  Ue  ist  auffallend,  da  der  Conj.  sn  erwarten  ist. 

233  Die  Form  niet  im  Reime  noch  837.  2092.  2628.  Nach  240 
fehlen  wohl  einige  Zeilen, 

801  ime  vielleicht  in  ir  zu  ändern. 

303  Besser  des  lach. 

307  almandine,  vgl.  Lexer,  Nachtrag. 

812  Man  könnte  in  gefurricret  ändern,  was  aber  von  dem 
überlieferten  zu  weit  absteht. 

345  geliche  wird  als  .Acc.  PL  zu  nehmen  sein,  der  durch  den 
pluraliscben  Sinn  von  wanee  pfert  gerechtfertigt  wird.  £■  stünde 
dann  schon  für  gelichiu.  Immerhin  ist  diese  .\nnahme  wahrschein- 
licher ald  die  Kürzung  tccetUch. 

357  ff.  Die  Beschreibung  des  Pferdes  lässt  sich  mit  der  im 
Erec  7290  ff.  vergleichen.  Doch  findet  keine  n&here  Übereinstim- 
mung statt. 

370  Vgl.  Liedersal  XXXVII,  9  vnd  kunt  vil  valters  triben.  Doch 
ist  vielleicht  emcalte  statt  dne  vaiter  zu  lesen. 

385  Kurzer   Vokal   im  Reime  auf  langen   noch   an   folgenden 
Stellen  :  man  :  hdn  695.  938.  1147.  1667;  hdn  :  man  1507.  1798.  1910 
hdn  :  gewan    1289.    1645  ;    gemacht :  erddht   481 ;     cär  :  gewar  2146 
/klsf  :  gast    1219  ;    drin  :  hin  2886;    sint  :  hhU  2211 ;    /aot :  goi    1241 
uf :  huf  2352. 

401  Unter  zwjel  uiüssen  hier  die  Riemen  verstanden  seio,  an 
denen  die  Steigbügel  hingen. 


Tristan  als  Mäncli,  423 

420  Hängt  dies  val  vielleicht  mit  dem  in  einem  Weistume  be- 
legten faUrieme  zusammen? 
424  5  unverständlich. 

430  Vgl.  die  Reime  verdriezen :  hiezen  (=  hiez  in)  601,  Tris- 
tandes  :  bevandes  2880. 

431  Reim  von  cht  auf  ht  noch  589  (nahten :  machten),  825 
(machte :  ahte). 

440  Vielleicht  ist  doch  die  Lesart  von  R  möhte  er  richtig,  und 
der  Sinn  wäre  dann:  ,80  müsste  ich  es  ihm  (dem  Verfasser  der 
Quelle)  glauben*. 

474  5  wohl  verderbt. 

483  Ein  Beleg  fttr  kurzieren  bei  Lexer  im  Nachtrag. 

511  gewer  statt  des  einfachen  wer  in  diesem  Sinne  sonst  meist 
in  mitteldeutschen  Quellen,  doch  nicht  ausschliesslich. 

530  Vgl.  Gottfrieds  Trist.  5282  dö  fiugen  tüsent  loülekomen  von 
iegeliches  munde;  vgl.  auch  5481.  6. 

550  angen,  wenn  richtig,  ist  wohl  Acc.  Sg.  eines  schw.  Masc. 
ange,  welches  sich  aus  der  Verbindung  mir  ist  ande  und  ange  er- 
geben haben  könnte.  Lexer  setzt  ein  Fem.  ange  an  nach  Virginal 
301,  8,  wo  man  aber  nicht  gerade  genötigt  ist,  ein  Subst.  anzu- 
nehmen. 

620  AnfiTallender  Umlaut  bei  oifenbarem  Ind.     Vgl.  zu  172. 

642  si  .die  Damen*. 

G54  Weitere  Kürzungen  im  Reime  sind:  hin  :  erschin(e)  1856, 
gebet  :tet(e)  17Ö8.  2140;  ttcäl(e  i :  Kornewäl  2374,  vär(e)  :  gewar  2146, 
suoft(e)  :  tuon  2266,  dan(ne)  :  man  2286,  s%n(e)  :  Keidin  1417,  mäht  : 
aht(e)  1238,  naht  :  enmäht(e)  2284,  bruM  :  just(e)  2349,  sint :  hint(e) 
2211;  vielleicht  auch  si :  mas8eni(e)  2372,  die :  gestric(ke)  889,  zart: 
hart(e)  1509. 

657  Mit  dem  sonst  nicht  belegten  sebette  wird  ein  Bett  von 
Seegras  gemeint  sein. 

701  Belege  für  hetzen,  ketschen  bei  Lexer  und  im  DWb. 

717  Ironisch  zu  nehmen?  oder  verderbt? 

778  Vgl.  den  Reim  getan  :  erslän  1149.  Ausstossung  eines  h 
auch  in  bevelen  :  helen  1065. 

809  sint  als  2.  PI.  im  Reime  auf  hint  2211 ;  dagegen  ir  siJi : 
min  1722. 

868  Hier  scheint  eine  Lücke  zu  sein,  so  dass  die  Zeile  aus  zwei 
verschiedenen  zusammengezogen  ist. 

874  Besser  wohl  si  hete^  da  doch  =  , obwohl*  ist. 

881.  2  Der  Reim  hat  sonst  nicht  seines  Gleichen  iu  dem  Gedichte. 


424  Tristan  als  Mönch. 

961  Die  versuchte  Besserung  ist  ein  Notbehelf. 

982  Der  Gen.  bei  entwenken  auch  Dietrichs  Flucht  8833 :  iuwers 
zomes  solt  ir  entwenken, 

988  wohl  verderbt. 

986.  Man  könnte  ändern  in  zeinem  münche  inathent  mich.  Kaum 
denkbar  ist  mümch  im  Reim  auf  entwich, 

1011  Da  2585  das  richtige  crede  in  B  überliefert  ist,  so  habe 
ich  es  auch  hier  und  2190  eingesetzt. 

1054  Vielleicht  müeze, 

1110  Die  Lesart  von  S  weist  auf  vtßringen.  Beide  Formen 
kommen  vor. 

1186  erherten  aushalten?  Vgl.  Rolandsl.  85, 22,  wo  aber  erherten 
ohne  Obj.  steht. 

1202  kann  sich  nur  darauf  beziehen,  dass  sie  später  erfuhr, 
dass  ihr  Mann  nicht  tot  war. 

1297  Wohl  niemer. 

1874  Vgl.  zu  172. 

1891  Schwache  Flexion  von  bare  wird  ausserdem  durch  den 
Reim  erwiesen  1431.  1555.  1812,  dagegen  starke  2436. 

1481  Rührender  Reim  noch  1457.  1549.  1792.  1800,  vielleicht  1459. 

1459  Ich  habe  das  sinnlose  hört  durch  mort  ersetzt,  doch  ist 
die  Wiederholung  des  Wortes  in  der  folgenden  Zeile  auch  sehr  be- 
denklich. 

1509  Das  Adv.  neben  haben  wird  ebenso  berechtigt  sein  wie  das 
Adj.,  doch  wäre  auch  die  Kürzung  hart  zulässig,  vgl.  zu  654. 

1558  diu  künegtn  kann  trotz  der  Übereinstimmung  von  BS  nicht 
richtig  sein,  denn  nach  1712  ff.  hat  sich  Isolt  bis  dahin  noch  nicht 
gezeigt,  und  die  Nachricht  muss  ihr  erst  noch  durch  Marke  über- 
bracht werden. 

.1611  Andere  Beispiele  für  den  Reim  tiuvel :  zwivel  bei  Lexer 
unter  tiuvel. 

1696  Wohl  tünche  =  tunica,  welches  allerdings  sonst  nicht  be- 
legt ist. 

1705 — 7  Ob  der  vereinzelte  dreifache  Reim  richtig  ist,  ist  sehr 
zweifelhaft. 

1757  für  brähte  «hinweg  kam  über*. 

1771   »er  wäre  mir  leid  als  toter",   »sein  Tod   wäre  mir  leid*. 

1817  Man  sollte  erwarten  ze  Iberne.  Zwischen  1923  und  24  ist 
wohl  eine  Lücke  anzunehmen. 

1979  diu  auf  triuwe  bezogen. 

2015  Vielleicht  ze  übe  =  ,im  Leben*. 


Tristan  ah  Mönch,  425 

2050  Reim  yon  8  anf  e  noch  2124  was  :  saz,  2550  was :  daz, 
2269  uz  :  ^u«,  2330  Tmtandes  :  hevandez. 

2068  Vielleicht  tc^. 

2127  Man  sollte  was  erwarten. 

2184  Vgl.  2181. 

2191.  2  unTerst&ndlich. 

2217  Vielleicht  hlagennes. 

2280  61  handen  «ganz  nahe  heran*  (?)  oder  «sofort*  (?).  Die 
letztere  Bedeutung  könnte  es  auch  595  hahen. 

2285  Die  Antwort  passt  nicht  genau  logisch  auf  die  Frage.  Sie 
steht,  als  w&re  gefragt  »warum  bist  du  nicht  eher  gekommen?" 

2343  Für  schwach  flektiertes  einfaches  tage  kenne  ich  sonst  kein 
Beispiel. 

2372.  3  Vielleicht  besser  s%  :  masseni,  vgl.  zu  654. 

2400  Man  sollte  min  statt  mir  erwarten,  und  so  i^t  auch  wahr- 
scheinlich zu  lesen,  indem  die  Verderbnis  in  2401  durch  Überspringen 
einiger  Zeilen  veranlasst  ist. 

2489  ff.  Worte  der  Isolt. 

2496  Vielleicht  so  von  dir, 

2564  dne  wdn  =  «sicher";  oder  ist  an  wan  zu  schreiben?  vgl. 
zu  654. 

2588  niht  verbiete? 

2631  Vgl.  Gottfrieds  Trist.  1818:  des  weisen  dinc  der  da  gena^, 
daz  gefuür  nach  ungenäden  wol. 

2656  ff.  Vgl.  Reinhard  Fuchs  416  ff. 


426 


Tristan  als  Mönch. 


Wortverzeichnis. 


ahtbiBre  :  einen  sai  dfUbcere  592. 

älmandtn,  ein  Edelstein  307. 

anden  rächen  1883. 

ange  scbw.  M.?  550,  s.  Anm. 

arzelich  2568. 

begehen  aufgeben  1074. 

begrebede  49. 

bekam  1674. 

blaster?  388. 

bringen  :  für  bringen  aber  etwas 
hinwegkommen  1757. 

brUel  416. 

btu)z  in  Bezug  aaf  etwas  Ange- 
nehmes 1308. 

daz  :  wie  daz  892. 

enbam,  sich  751.  2210. 

enblanden  2103. 

entwich  st.  M.  985. 

erherten  aushalten  1186. 

ertcOeten  1742. 

gamen  2094. 

gebende  für  den  Verschluss  eines 
Briefes  2322. 

5fe6crc  1667. 

gebizze  419. 

^edt;»<e  Adv.  1787.  2298. 

gegenleder  403. 

^ci/«  F.  1247. 

gelider  389. 

gemeinen  Gemeinschaft  haben  790. 

gemeliche  F.  822. 

geminne  716. 

genanne  F.  299. 


^cr  2056.  2217. 

gescheite  387. 

geselleschaft  Freundschaft  1056. 

^e<t«men  2317. 

gestricke  N.  890. 

peioer  Schutzwehr  511. 

hant :  bl  handen  2280,  s.  Anm« 

Amo^ :  A.  aXle  dise  naht  2284. 

itfjrenote  2159. 

ketzen  701. 

kinnereif  421. 

ktösterliche  1006. 

Ä:ur£;teren  483. 

/oxren  :  2ie  dar  ^an  ging  hin  1811. 

lengen  aufschieben  2555. 

manecvalten  scbw.  V.  1053. 

mdze  adjektivisch  2258. 

merlekin  437. 

neve  Oheim  950.  1523. 

nider  :  hie  nider  2244. 

rt^en  sich  durch  Gottesurteil  rei- 
nigen 1639. 

rOcke :  wdrheit  warf  er  ze  rücke 
1014. 

ruoche  st  F.  1313. 

schrenken  412. 

schüzzelträger  1944. 

sebette  657,  s.  Anm. 

smurtzlach?  1697  Var. 

Stange  als  Verzierung  411. 

s^uc/)^  1880. 

sumtzlag?  1697. 

tünche  (twünche?)  1696,  s.  Anm^ 


Trigtan  als  Mönch, 


427 


überkraft  1078. 

überschinen  970. 

iAergtrUen  1408. 

überwinden  =  Tenehmerzen  1297. 

1540.  1918. 
undertragen,  ftnt  siden  398. 
ungefüere  st  N.  1410. 
ungemeliche  Aar,  892. 
ungeriBte  tt  N.  473. 
val  st  N.?  420,  8.  Anm. 
väUer?  370.  t.  Anm. 
wtfiingen  Adv.  1110. 
Veranden  rftchen  2102. 
vereinen  2274. 


««rnetii  2441. 

verpflegen  aufhören  sich   womit 

absageben  2043. 
verrüegen  2567. 
visdmn  387. 
widerdienen  1916. 
widerstriten  mit  Acc.  1777. 
icülekomende  1269. 
träeffn  aasgelassen  sein  650. 
zoZn  13. 
zer^  eisen  1088. 
.Tieften  :  um/    ru^e   ze   untriuwen 

sich  841. 
xrii^eZ  401,  8.  Anm. 


428 


Sitzung  vom  6.  Jnli  1895. 

Philosophisch-philologische  Classe. 

Herr  Ed.  v.  Wölfflin  hielt  einen  Vortrag: 
Benedict  von  Nursia  und  seine  Mönchsregel 
wird  in  den  Sitzungsberichten  erscheinen. 

Herr   Hebm.  Paul  legt  eine  Abhandlung  vor  von   dem 
auswärtigen  Mitgliede  W.  Meyer: 

Nürnberger  Faustgeschichten 

wird  in  den  Abhandlungen  erscheinen. 


Historische  Classe. 

Herr  J.  Friedrich  hielt  einen  Vortrag: 

lieber   die   unächten  Kaiser-  und  Papstschreiben  in 
den  Biographien  des  Johannes  Chrysostomus 

wird  in  den  Sitzungsberichten  erscheinen. 


429 


Benedict  von  Nnrsia  und  seine  Mönchsregel. 

Von  Ed.  Wölfflin. 

(Vorgetragen  am  6.  Juli.) 

Wenn  die  Benedictiner  in  der  Geschichte  der  Wissen- 
schaften einen  so  hervorragenden  Platz  erohert  und  einzelne 
Disciplinen,  wie  die  Paläographie  und  die  Diploraatik,  ge- 
radezu begründet  haben,  so  verdanken  sie  diess  ihrer  eigenen 
Entwicklung  und  nicht  den  Vorschriften  ihrer  Ordensregel; 
denn  es  wurden  nach  derselben  (cap.  58,  37)  auch  des  Schrei- 
bens Unkundige  als  Mönche  zugelassen,  und  es  gentigte, 
wenn  dieselben  das  von  einem  Anderen  geschriebene  Auf- 
nahmsgesuch  mit  ihrem  Handzeichen  (signum:  wahrschein- 
lich crucis,  also  einem  Kreuze,  wie  heute  noch  üblich)  be- 
glaubigten. Wer  diese  Ansprüche  an  die  Bildung  als  zu 
gering  erachtet,  der  ist  verblendet  durch  die  Anschauungen 
des  karolingischen  Zeitalters,  welches  in  den  Klöstern  das 
Stadium  der  heidnischen  Klassiker  nicht  nur  duldete,  sondern 
förderte.  Wer  aber  die  Frage  historisch  beurtheilen  will, 
der  muss  sich  erinnern,  dass  das  Mönchs wesen  von  Aegypten 
ausgegangen  ist,  und  dass  die  erste  Stufe  desselben,  das  Ein- 
siedlerthum,  gelehrten  Bestrebungen  nicht  günstig  sein  konnte. 
Weder  von  dem  heiligen  Antonius,  dem  Begründer  des  Kloster- 
lebens, noch  von  seinem  Schüler  Pachomius,  dem  ersten  Ge- 
setzgeber der  Mönche  (um  330)  werden  wir  viel  erwarten 
dürfen;  vielmehr  ermuntert   der    letztere  so  wenig  zum  Stu- 

1895.  SiUuQgsb.  d.  phil.  u.  bist.  Cl.  28 


430  Ed.   WölffUn 

dieren,  dass  er  cap.  25  sagt:  wer  einen  Codex  zum  Lesen 
verlangt,  der  soll  ihn  bekommen,  aber  bald  wieder  zurück- 
geben. Dabei  ist  aber  sicher,  dass  er  bei  .Codex'  nur  an 
biblische  Schriften  gedacht  hat,  während  man  die  heidnische 
Litteratur  mehr  mit  Volumina  zu  bezeichnen  pflegte;  denn 
codex  war  der  viereckige,  buchförmige  Pergamentcodex, 
welchen  die  christliche  Kirche  schon  um  der  Dauerhaftig- 
keit des  Materiales  willen  angenommen  hatte,  wogegen  die 
heidnischen  volumina  Papyrusrollen  waren.  Basilins  der 
Grosse  (um  370),  Sohn  eines  Rhetors,  welcher  Grammatik, 
Rhetorik  und  Philosophie  in  Constantinopel  und  Athen  stu- 
diert hatte,  und  dann  Klöster  besuchte  und  der  Askese  lebte, 
legte  für  ein  gottesfürchtiges  Leben  auf  die  Gelehrsamkeit 
gar  keinen  Werth,  so  dass  er  in  seiner  Regel  {5qoi)  cap.  81 
nicht  nur  die  Frage  aufwirft,  ob  man  dem  Wunsche  eines 
Mönches,  welcher  lesen  oder  lesen  lernen  will,  durchaus 
nachzugeben  habe,  sondern  dieselbe  in  verneinendem  Sinne 
beantwortet.  In  diesem  Zusammenhange  ist  die  Duldung 
grammatischer  Studien  bei  Benedict  eher  ein  Fortschritt 

Er  selbst  (geboren  um  480,  gestorben  um  540),  dessen 
Biographie  Gregor  der  Grosse  auf  Grund  der  Aussagen  von 
vier  Schülern  geschrieben  hat,  stammte  zwar  aus  guter  Fa- 
milie (liberiori  genere  exortus)  und  kam  nach  Rom,  um  sich 
eine  höhere  Bildung  zu  erwerben  (liberalium  litterarum 
studiis  traditus);  allein  die  Sitten losigkeit,  welche  er  in  der 
Hauptstadt  kennen  lernte,  trieb  ihn  dazu,  den  Studien  schon 
mit  14  Jahren  den  Rücken  zu  kehren  und  Einsiedler  zu 
werden;  und  wenn  auch  Edmund  Schmidt  in  seinen  bei- 
den Mettener  Programmen  .über  die  wissenschaftliche  Bil- 
dung des  heiligen  Benedict'  (1885,  S.  4  ff.)  versucht  hat,  den 
Ausdruck  Gregors  .religiosus  et  pius  puer'  etwas  weiter 
auszudehnen,  was  aus  sprachlichen  Gründen  zulässig  ist,  so 
bleibt  doch  des  Biographen  Zeugniss  über  seine  Halbbildung 
bestehen:  recessit  scienter  nescius  et  sapienter  indoctus«     Wie 


Benedict  von  Nursia  und  seine  Mönchsregel.  431 

weit  erstreckte  sich  nun  die  Litteraturkenntniss  Benedicts  zur 
Zeit,  als  er  seine  Regel  schrieb,  nnd  wie  gross  war  die  seiner 
Genossen  ? 

Wohl  sind  in  der  Ordensregel  je  nach  der  Jahreszeit 
besondere  Standen  für  Leetüre  in  dem  Tagesprogramme 
angesetzt,  und  als  Nachtisch  bei  beiden  Hauptmahlzeiten 
liest  der  ebdomadarius  lector  einen  Abschnitt  von  4 — 5  Blät- 
tern Tor,  nachdem  er  vorher  ein  Mixtum  getrunken.  Nach 
cap.  48,  29  empfieng  während  der  40i»gigen  Fasten  jeder 
Mönch  aus  der  Bibliothek  einen  codex,  den  er  ganz  lesen 
musste,  und  ein  oder  zwei  Aeltere  machten  die  Runde,  um 
sich  zu  überzeugen,  ob  die  Brüder  auch  wirklich  in  die 
Leetüre  vertieft  seien.  Aber  cap.  48,  4  ist  zunächst  nur  von 
lectio  divin a  die  Rede,  und  42,7  werden  unter  den 
biblischen  Schriften  der  Heptateuch,  d.  h.  der  Pentateuch 
nebst  Josua  und  Richter,  oder  die  Bücher  Samuelis  und 
Könige  als  minder  geeignet  zur  Vorlesung  bezeichnet.  Auch 
Commentare  zu  den  biblischen  Schriften  werden  cap.  9,  18 
genannt,  doch  nur  a  nominatis  orthodoxis  patribus,  von  an- 
erkannten Autoritäten,  also  nicht  von  Männern  wie  etwa 
TertuUian  oder  Lactantius.  Im  Gegensätze  zu  dem  Hepta- 
teuch werden  dagegen  die  CoUationes  oder  Vitae  patrum, 
aut  certe  aliquid  quod  aedificet  audientes,  also  Schriften  er- 
baulichen Inhaltes  empfohlen.  Was  hier  unter  CoUationes 
patrum  zu  verstehen  sei,  hat  uns  Hildemar,  welcher  bald 
nach  dem  Tode  Karls  des  Grossen  einen  Commentar  zu  der 
Regel  geschrieben,^)  nicht  ausdrücklich  gesagt;  da  er  aber 
zu  cap.  73,  12,  wo  Benedict  wieder  die  Conlationes  patrum 
als   Muster   hinstellt,    von   24   Büchern   spricht,    welche   in 


^)  Zuerst  gedruckt  als  Expositio  R«gulae  im  Anhange  der  Vita 
Benedicti  etc.  Ratisbonae  1880.  Vor  ihm  hatte  schon  Paulus  Dia- 
conus  einen  ähnlichen  Commentar  geschrieben.  Vgl.  Anecdota  Ca- 
sinensia  vol  I. 

28* 


432  Ed.  Wölfflin 

Gruppen  von  7,  7  und  10  zerfallen,  so  muss  man  nothwen- 
dig  an  die  24  Gespräche  des  Gassi  an  von  Massilia  über 
das  Mönchsleben  denken,  welche  nicht  nur  den  Titel  Gon- 
lationes^)  führen,  sondern  auch  in  der  oben  angegebenen 
Weise  in  drei  Theile  gegliedert  sind.  Er  hatte  von  Bethlehem 
aus  selbst  das  Pharaonenland  aufgesucht  und  dort  mit  den 
Einsiedlern  zahlreiche  Unterredungen  gefuhrt.  Die  Erhaltung 
seines  Werkes  gestattet  uns  auch  die  Probe  zu  machen  und 
wir  finden  in  demselben  nicht  nur  einige  der  Lieblings- 
wendungen Benedicts,  wie  domino  roilitare,  efficaciter  implere 
(complere),  oculi  (conspectus)  cordis,  mit  kühner  Tropik  .die 
Augen  des  Herzens%^)  sondern  es  ist  namentlich  das  acht- 
zehnte Gespräch  über  die  verschiedenen  Arten  der  Mönche, 
welches  die  auffallendsten  Berührungen  zeigt.  Gassian  nennt 
die  Sarabaiten  das  deterrimum  genus,  qui  bini  aut  temi  in 
cellulis  commorantur,  non  contenti  abbatis  cura  gubernari 
(coli.  18,  7,  4),  gerade  wie  es  in  der  Regula  von  denselben 
heisst:  deterrimum  (codex  Sangallensis ;  Variante  teterrimum) 
genus,  qui  bini  aut  temi  sine  pastore  suis  inclusi  sunt 
ovilibus. 

Ist  es  nun  klar,  dass  die  in  der  Regula  genannten  Gol- 
lationes  als  die  Cassians  zu  verstehen  sind,  so  wird  man  auch 
versucht  sein,  den  daneben  erwähnten  Vitae  patrum  eine 
bestimmte  Deutung  zu  geben.  Man  könnte  an  Heiligenleben 
denken,  etwa  wie  Sulpicius  Severus  das  des  Martin  von  Tours 
geschrieben  hat,  nur  würde  man  damit  dem  Lesestoffe  der 
ersten  benedictinischen  Klöster  eine  zu  weitherzige  Auslegung 
gebeu,  und  eine  Sammlung  solcher  Schriften  verschiedener 
Autoren  unter  dem  Titel  Vitae  patrum  kennen  wir  nicht. 
Wohl   aber   hat  Rufinus,    welcher  gleichfalls  in  Aegypten 


^)  Sie  werden  auch  citiert  in  der  Regula  Solitariorum   cp.  14. 
2)  Collat.  8,  6,  4  =  Pro].  Reg.   Ben.  7;    9,  18,  5  =  prol.  4; 
3,  7,  4  =  prol.  66  u.  8.  w. 


Benedict  van  Nursia  und  seine  Mönchsregel.  43 B 

gewesen  war,  bald  nach  400  nach  Chr.  Vitae  patrum  ge- 
schrieben, welche  später,  da  die  behandelten  Patres  im 
engeren  Sinne  ägyptische  Mönche  sind,  auch  Historia  mona- 
chorum  oder  eremitica  genannt  worden  sind.  Da  nun  dieser 
Stoff  sich  so  eng  mit  Gassian  berührt,  und  wir  unten  noch 
zweimal  auf  Rufin  stossen  werden,  so  halten  wir  uns  für 
berechtigt,  die  ohne  Verfassernamen  citierte  Schrift  ganz 
bestimmt  auf  diesen  Autor  zu  beziehen.  Man  kann  dann 
auch  das  Citat  cap.  18,  57  dum  quando  legamus  sanctos 
Patres  nostros  uno  die  hoc  strenue  implesse,  nämlich  den 
ganzen  Psalter  zu  beten,  auf  Rufin  vit.  patr.  3,  6  (Patrol. 
Mign.  vol.  73)  zurückführen,  wo  es  heisst:  ut  prius  ex 
more  complerent  psalmodiara  et  postea  cibum  caperent  .  .  . 
psallebant  totumque  psalterium  complevernnt;  und  ebenda- 
selbst 8,  5  psalmos  secundum  consuetudinem  complevernnt. 
Vgl.  auch  10,  40,  wo  derselbe  Gedanke,  wenn  auch  nicht 
von  Rufin  ausgesprochen  ist.  Ebenso  deckt  sich  Reg.  40,  11 
licet  legamus  vinum  omnino  monachorum  non  esse  mit  Rufin 
vit.  patr.  (Patrol.  Mig.  73)  5,4,31:  Narraverunt  quidam 
abbati  Pastori  de  quodam  monacho,  qui  non  bibebat  vinum. 
Et  dixit  eis:  quia  vinum  monachorum  oranino  non  est. 

Haben  wir  bisher  an  der  Hand  der  eigenen  Angaben 
Benedicts  die  CoUationes  Cassians  und  die  Vitae  Rufins  ge- 
funden, so  können  wir  nach  einer  Stelle  der  Regula  das 
Gebiet  der  Belesenheit  noch  mehr  erweitern,  da  cap.  73,  13 
neben  den  Conlationes  und  Vitae  patrum  auch  noch  die 
Instituta  (seil,  patrum?)  genannt  sind.  Dem  Kenner  des 
Spätlateins  wird  nicht  unbekannt  sein ,  dass  mit  Instituta 
das  bezeichnet  wird,  was  im  klassischen  Latein  Jnstitutiones' 
hiess,  also  Unterweisungen,  Anleitungen,  Handbücher,  wie  sie 
beispielsweise  für  Baukunst,  Rhetorik  und  Jurisprudenz  Vitruv,*) 


1)  Vitruv  7,  1,  10.    Archiv  für   latein.   Lexikogr.   und  Gramm. 
1  1884.    8.  92. 


434  Ed.  Wölfflin 

Quintilian,  Gaius  und  im  Auftrage  Justinians  und  Tribonians 
Theophilus  und  Dorotheus  geschrieben  haben.  Wenn  aber 
der  Grammatiker  Priscian  Gaius  in  primo  institutorum  ciiiert, 
so  durfte  man  den  Titel  seines  Buches  nicht  ändern,  son- 
dern nur  den  spätlateinischen  Ausdruck  anerkennen,  nach 
welchem  auch  der  Grammatiker  Probus  Instituta  artium 
(Corp.  grammat.  latin.  vol.  IV)  geschrieben  hat,  und  welcher 
vielleicht  daher  stammt,  dass  die  Juristen  ihre  Institutionen, 
deren  ausser  Gaius  auch  Ulpian  und  Paulus  geschrieben 
hatten,   nach  Analogie   der   Digesta   in  Instituta   umtauften. 

Wenn  es  nach  diesen  Ausführungen  scheinen  könnte, 
als  habe  Benedict  ein  theologisches  Institutionenwerk  im 
Sinne  gehabt,  so  würde  sich  uns  zuerst  Lactantius  mit  seinen 
berühmten  Divinae  institutiones  darbieten;  doch  bewegte  er 
sich  zu  sehr  in  der  antiken,  mythologischen  und  philoso- 
phischen Welt,  als  dass  sein  Werk  eine  passende  Kloster- 
lectüre  hätte  werden  können,  und  er  ist  nicht  nur  von 
Hieronymus  wegen  incorrecter  dogmatischer  Haltung  getadelt, 
sondern  sogar  aus  der  Liste  der  kirchlich  empfohlenen  Au- 
toren gestrichen  worden.  Man  könnte  auch  versucht  sein, 
an  einen  Hinweis  auf  Cassiodors  Institutiones  zu  denken; 
allein  auch  dieser  Mann  ist  zu  weltlich,  und  schon  die 
Chronologie  lässt  diese  Annahme  kaum  zu,  selbst  wenn  man 
cap.  73  als  spätem  Nachtrag  betrachtet.     (Vgl.  unten.) 

So  bleibt  nichts  Anderes  übrig,  als  die  von  Benedict 
genannten  Instituta  auf  das  zweite  Hauptwerk  des  bereits 
genannten  Cassian,  seine  Instituta  coenobiorum  (über 
die  Einrichtungen  der  Klöster)  zu  beziehen,  und  so  muss  die 
Stelle  schon  Hildemar  verstanden  haben,  indem  er  den  Aus- 
druck im  Sinne  von  constituta  oder  constitutiones  fasst  =: 
Klosterregeln,  Vorschriften  über  Essen  und  Trinken  u.  s.  w. 
Dazu  kommt,  dass  Rufin  in  der  Vorrede  zu  der  lateinischen 
Uebersetzung  der  Regel  des  Basilius  dieselbe  als  Instituta 
monachorum    bezeichnet  hat.     Dass   diess  allein  richtig  sei. 


Benedict  von  Nursia  utid  seine  Mönchsregel.  435 

lehrt  der  Augenschein.  Denn  nicht  nur  handeln  die  vier 
ersten  Bücher  dieser  Instituta  von  dem  Leben  der  ägypti- 
schen Mönche,  sondern  die  Uebereinstimmungen  sind  hier 
noch  viel  handgreiflicher  als  irgendwo,  wie  z.  B.  die  Vor- 
schriften über  Auskleidung  und  Einkleidung  der  neu  Ein- 
tretenden : 

Inst.  4,  5  exuatur  propriis  Reg.  58,  50  sq.  in  oratorio 

ac  per  manus  abbatis  induatur  exuatur  rebus  propriis  et  in- 

monasteriivestimentis.  4,6illa  duatur  rebus  monasterii.    lila 

vero,  quae  deposuit  vestiraenta  autera  vesHmenta,  quibus  exu- 

oeconomo    consignata    reser-  tus  est,  reponantur  in  vestiario 

vantnr  etc.  conservanda. 

Noch  andere  sprachliche  wie  sachliche  Parallelen  hat 
mir  der  verdiente  Herausgeber  Cassians,  Prof.  Petschenig 
in  Graz,  zur  Verfügung  gestellt,  welche  indess  abzudrucken 
für  unsern  Zweck  nicht  nöthig  erscheint,  sind  doch  ganze 
sieben  Zeilen  über  die  humilitas  aus  Cassians  inst.  4,  39,  2 
fast  wörtlich  und  buchstäblich  in  das  siebente  Capitel  der 
Regel  übergegangen.  Die  Vergleichung  Cassians  giebt  uns 
sogar  eine   den  Sinn    betreffende  Emendation    an   die  Hand. 

Cassian.    si    omni    vilitate  Reg.  7, 112  si  omni  vilitate 

contentus  sit  et  ad  omnia  se,  contentus    sit    et    ad    omnia, 

quae    sibi   praebentur,    velut  quae  sibi   iniungunfcnr,    velut 

operarium    malum ,    iudicarit  operarium  malum  se  iudic  e  t 

indignum.  [et]  indignura. 

Der  Mönch  soll  sich,  wie  ein  schlechter  Arbeiter,  sagen, 
dass  er  dessen,  was  man  ihm  bietet  oder  anvertraut,  gar 
nicht  würdig  sei;  diesen  Gedanken  des  Cassian  erhält  man 
nur,  wenn  man  bei  Benedict  .et'  nach  iudicet  als  Ditto- 
graphie  streicht. 

Von  selbst  versteht  sich,  dass  in  dem  Mutterkloster  von 
Monte  Cassino,   sowie  in  den  Filialen  (vgl.  Regula  Magistri 


436  EJ.   WÖlfflin 

cp.  24)  die  Regel  Benedict»  von  2^it  za  2ieit,  unter  Um- 
ständen sogar  täglich  abschnittweise  vorgelesen  wurde,  damit 
niemand  sich  mit  Unkenntniss  entschuldigen  könne  (cap.  66, 1 5) ; 
in  der  späteren  Regel  des  Paulus  und  Stephanus  wird  sogar 
cap.  41  verlangt,  dass  auch  andere  Regeln  von  Vätern  vorgelesen 
werden  sollen  (regulae  quoque  Patrum  assidue  nobis  legantur). 
Noch  einen  letzten  Schritt  dürfen  wir  versuchen  vor- 
wärts zu  gehen,  wenn  wir  uns  der  Worte  des  Schluaseapitels 
73,  10  erinnern:  quis  liber  sanctoruro  catholicorum 
Patrum  hoc  non  resonat,  ut  recto  cursu  perveniamus  ad 
Greatorem  nostrum?  Demnach  hat  Benedict,  wenigstens  in 
seinem  Nachtrage  (worüber  unten),  abgesehen  von  den  Con- 
lationes  und  Institutiones  Cassians  und  den  Vitae  Rufins 
noch  Kenntniss  von  anderen  patristischen  Schriften.  Eine 
Fährte  haben  die  Herausgeber  bereits  aufgefunden,  ohne  sie 
indessen  bis  an  das  Ende  zu  verfolgen.  Ueber  die  ver- 
schiedenen Arten  von  Mönchen  hat  nämlich  ausser  Cassian 
und  Benedict  auch  Hieronymus  in  dem  berühmten  22.  Briefe 
ad  Eustochium  geschrieben,  wo  er  in  einem  längeren  Excurse 
§  34 — 36  das  Mönchs wesen  bespricht,  und  zwar  stimmt 
Benedict  so  genau  mit  Cassian  wie  mit  Hieronymus  überein, 
dass  man  schwanken  kann,  welchen  er  mehr  benützt  habe; 
denn  auch  Hieronymus  sagt  von  den  Sarabaiten :  genus 
deterrimum  .  .  .  bini  aut  temi  simul  habitant  suo  arbitratu 
viventes,  gerade  wie  wir  es  oben  bei  Cassian  und  Benedict 
gefunden  haben.  Dass  aber  Benedict  den  Hieronymus  vor 
Augen  gehabt,  ergiebt  sich  nicht  nur  aus  dem  beiden  ge- 
meinsamen üebergange  Hieron.  §  35  bis  ergo  exterminatis 
veniamus  ad  coenobitas  =  Reg.  1, 28  his  ergo  omissis  ad 
coenobitarum  genus  veniamus,  wobei  in  die  Wagschale  fällt, 
dass  Cas.sian  diese  Phrase  nicht  nur  nicht  hat,  sondern  da^s 
er  die  betreffenden  Mönche  Coenobioten  nennt.*)    Den  Haupt- 

*)  Umgekehrt  stammen  aus  Cassian  inst.  4,  10,  17  die  decaniae 
der  Regula  21,  4,  welche  Hieronymus  decuriae  nennt. 


Benedict  von  Nursia  und  seine  Möncharegel. 


437 


beweis  aber  für  Benedicts  Abhängigkeit  von  Hieronymus  hat 
Schmidt  nicht  gesehen.  Die  Vorrede  der  Regel  beginnt 
nämlich  mit  den  Worten:  Ausculta,  o  fili,  praecepta  magistri 
et  inclina  aurem,  welche  genau  dem  Anfange  des  Hieronymus- 
briefes  entsprechen:  audi,  filia,  et  inclina  aurem  tuam. 

Gar  nicht  erwähnt,  weder  bei  Edm.  Schmidt  noch  bei 
Grützmacher  (Die  Bedeutung  Benedicts  von  Nursia  und  seiner 
Regel.  Berlin.  1892)  finde  ich  den  grossen  Augustin;  und 
doch  hat  er,  ähnlich  wie  Hieronymus,  in  dem  Briefe  211 
das  Klosterleben  besprochen,  wenn  auch  mit  besonderer  Be- 
ziehung auf  ein  Frauenkloster.  Ein  halbes  Dutzend  An- 
klänge mögen  genügen. 


Epist.  21 1, 5  distribuebatur 
unicuique  sicut  opus  fuerit 
Legitis  enim  in  Actibus  Apo- 
stolorum:  distribuebatur  sin- 
gulis  prout  cuique  opus  erat. 

Epist.  211,7  si  praeter  horas 
constitutas  orare  voluerit,  non 
eis  sint  impedimento. 

Epist.  211,11  cum  dilectione 
hominum  et  odio  vitiorum.  Cf. 
serm.  49 ,  5  dilige  hominem, 
oderis  vitium.  Civ.  d.  14,  6 
oderit  vitium,  amet  hominem. 


Reg.  55,  33  eonsideretur 
illa  sententia  Actuum  Apostu- 
lorum,  quia  dabatur  singulis, 
prout  cuique  opus  erat. 

Reg.  52,  6  si  alter  vult  sibi 
forte  secretius  orare,  simpli- 
citer  intret  et  oret. 

Reg.  64, 22  oderit  vitia,  di- 
ligat  fratres. 


Epist.211,12sitinpotestate  Reg.  54,8  quod  si  iusserit 

praepositae,  ut  cui  necessarium      suscipi,   in  abbatis  sit  potes- 
fuerit,  praebeatur.  täte,  cui  illud  iubeat  dare. 


Epist.  211,  15  plus  a  vobis 
amari  appetat  quam  timeri. 


Reg.  64,  29    studeat    plus 
amari  quam  timeri. 


438  Ed.   WölffUn 

Diese  Anklänge  sind  um  so  bemerkenswerther,  als  sie 
sich  innerhalb  weniger  Paragraphe  finden.  Aber  auch  an- 
dere Schriften  Augustins  muss  Benedict  gelesen  haben,  worauf 
mich  der  beste  Kenner  Augustins,  P.  Odilo  Rottmanner 
zu  St.  Bonifaz  aufmerksam  zu  machen  die  Freundlichkeit 
hatte.     Man  vergleiche 

Aug.  serm.  96,  2  quicquid  Reg.  4,  24  Bonum  aliquod 

boni  habet,  illi  retribuat,  a  in  se  cum  viderit,  Deo  adpli- 
quo  factus  est;  quicquid  mali  cet,  non  sibi,  malum  vero 
habet,  ipse  sibi  fecit.  semper  a  se   factum   sciat  et 

sibi  reputet. 

und  das  bei  Augustin  so  beliebte  Wortspiel 

Civ.  d.  19,  19  praeesse,  non  Reg.  64, 18  sciat  sibi  opor- 

prodesse.  Contra  Faust.  22,56  tere  prodesse  magis  quam 
non  ut  praesint,  sed  ut  prosint.      praeesse. 

welchem  ich  das  noch  schlagendere  hinzufüge: 

De  cons.  evang.  8,  13  tre-  Reg.  5, 26  non  trepide,  non 

pidas  et  tepidas  contradictiun-     tepide,  non  tarde. 
culas 

Somit  bleibt  als  Ergebniss  unserer  Untersuchung,  dass 
Benedict  in  der  asketischen  Litteratur  wohl  bewandert  war, 
in  Gassian  wie  in  Rufin,  dass  er  auch  die  beiden  hieher  ge- 
hörigen Briefe  des  Hieronymus  und  Augustin  wohl  kannte; 
weitere  Kenntniss  des  Augustin  zeigt  sich  nur  sporadisch. 

Wenden  wir  uns  zu  der  Bibelkenntniss  des  Benedict, 
so  ist  seine  gute  Belesenheit  nicht  zu  bezweifeln,  wenn  man 
auch  zugeben  kann,  dass  viele  seiner  Citate  sich  bereits  bei 
Cassian  finden;  doch  treten  unter  den  Schriften  des  alten 
Testamentes  zuerst  die  Psalmen  und  dann  die  Sprüche  Salo- 
mons  (Proverbia),  sowie  der  Ecclesiasticus  so  sehr  in  dea 
Vordergrund,  dass  für  die  andern  wenig  übrig  bleibt,  wahrend 


Benedict  von  Nursia  und  seine  Mönchsregel,  439 

andrerseits,  was  das  neue  Testament  betrifft,  die  Nichtbe- 
nutzung des  Marcuseyaugeliums  in  die  Augen  fallt;  denn 
dass  auf  28  Matthäuscitate  kein  einziges  aus  Marcus  trifft, 
kann  doch  nicht  wohl  auf  Zufall  beruhen,  üebrigens  steht 
diese  Erscheinung  durchaus  nicht  vereinzelt  da,  sondern  auch 
Victor  Yitensis  hat  auf  14  Matthäusstellen  keine  einzige  aus 
Marcus,  und  bei  andern  Kirchenvätern  tritt  wenigstens  das 
zweite  Evangelium  in  nicht  zu  verkennender  Weise  zurück, 
wie  z.  B.  bei  Pseudo  Cyprian  ad  Novat.*)  16  Matthäuscitateu 
nur  eines  aus  Marcus,  bei  Salvian  40  Matthäuscitateu  nur 
zwei  aus  Marcus  gegenüberstehen.  Endlich  rechnet  Benedict 
zur  .Scriptura'  auch  die  der  Passio  S.  Anastasiae  eingefügte 
Passio  Irenes,  auf  welche  er  sich  cap.  7,  73  bezieht. 

Nicht  nur  die  Anführungen  von  Worten  der  heiligen 
Schrift,  sondern  die  blossen  Anspielungen  haben  die  Bene- 
dictiner,  welche  die  Ausgaben  der  Regula  besorgten,  im 
grossen  Ganzen  nachgewiesen;  aber  es  ist  doch  sonderbar, 
wenn  noch  der  letzte  einem  Philologen  zu  bemerken  übrig 
lässt,  dass  die  Anfangsworte  des  Vorrede  zur  Regula:  Aus- 
culta,  o  fili,  praecepta  magistri  et  inclina  aurem,  aus  Psalm 
44,  1 1  audi,  filia,  et  inclina  aurem  tuam  entlehnt  sind.  Noch 
viel  weniger  ist  untersucht,  wie  sich  der  Wortlaut  der  Bibel- 
citate  zur  Vulgata  des  Hieronymus  verhalte.  Ohne  Anspruch 
diese  Frage  allseitig  zu  beleuchten,  können  wir  hier  doch  die 
Hauptsache  feststellen,  nämlich  dass  Benedict  durchaus  nicht 
immer,  oder  nicht  einmal  vorwiegend  der  üebersetzung  des 
Hieronymus  folgt,  sondern  oft  einem  andern  lateinischen 
Texte.  So  giebt  er  zwar  in  der  Matthäusstelle  6,  33  haec 
omnia  adicientur  vobis  mit  der  Vulgata,  während  wir  aus 
Sabatier  die  ältere  Interpretation  apponentur  (7iQoaT8&r]oerai) 
kennen;  aber  im  Johannesevangelium  12,  35  schreibt  er 
Currite,  dum  lumen  vitae  habetis  mit  Prädestinatus,  während 


1)  Vgl.  Ad.  Harnack,  Texte  und  Untereuchungen  XIII  (1895)  65. 


440  Ed.  wm/rUn 

die  Vulgata  und  die  älteren  Uebersetzer  ambulate  {TtegmaTehe) 
geben;  in  dem  Mattbäuscitate  7,  24  bietet  Benedict  similabo 
eum,  genauer  dem  grieehiscben  S/noKoaco  avrov  entsprechend, 
statt  des  assimilabitur  der  Vulgata,  und  ebendaselbst  im- 
pegerunt  statt  des  inruerunt  des  Hieronymus. 

Von  Reminiscenzen  aus  heidnischer  Litteratur  habe 
ich  dagegen  so  gut  wie  nichts  gefunden,  mit  Ausnahme  von 
1,25:  de  quorum  miserrima  conversatione  melius  est  silere 
quam  loqui.  Es  ist  diess  eine  Phrase  aus  Sallust  bell. 
Jugürth.  19,  2:  de  Carthagine  silere  melius  puto  quam  parum 
dicere,  die  an  dem  Verfasser  von  der  Schulbank  her  hängen 
geblieben  ist.  Dass  sie  allgemein  bekannt  war,  zeigen  die 
von  Dietsch  in  der  grossen  kritischen  Ausgabe  gesammelten 
Nachahmungen,  wie  Ps.  Apul.  de  mundo  24  silere  melius 
est,  und  schon  Qnintian  instit.  orat.  2,  13,  14  citiert  den  Satz 
als  .illud  Sallustianum',  man  könnte  fast  sagen  als  geflügeltes 
Wort.  Nachtragen  kann  man  noch  SoUius  Apollin.  Sidon. 
epist.  1,  1  de  Marco  Tullio  silere  melius  puto.  Offenbar  las 
man  in  den  Klöstern  damals  und  noch  später  keine  heidnischen 
Autoren,  wie  uns  die  Regula  Isidori  cap.  9  belehrt:  gentilium 
libros  vel  haereticorum  volumina  (z.  B.  Novatian,  Priscillian) 
monachus  legere  caveat.  Für  Benedict  war  grammatikalische 
Bildung  kein  Hinderniss,  um  den  Eintritt  in  das  Kloster  zu 
gewähren,  aber  er  verlangte  sie  ebenso  wenig,  wie  schon 
vor  ihm  Basilius. 

Bahnbrechend  für  die  Pflege  der  Klassiker  ist  der  Zeit- 
genosse Benedicts,  Gassiodor,  der  bekannte  Staatsminister 
Theoderichs,  welcher  später  dem  Orden  beitrat:  denn  er  hob 
zuerst  den  Werth  der  heidnischen  Litteratur  auch  für  den 
Theologen  hervor  und  stellte  in  seinen  Institutiones  divinarum 
et  saecularium  litterarum  (lectionum)  die  beiden  Factoren 
der  Bildung  gleich.  Er  hat  auch  in  seinem  Kloster  Vivarium 
in  Bruttium  die  geistige  Arbeit  zur  Hauptsache  des  Kloster- 
lebens gemacht  und  Handarbeit  nur  für  diejenigen  bestimmt, 


Benedict  von  Nursia  und  seine  Mönchsregel,  441 

welche  zu  jener  nicht  mehr  fähig  sind.  Es  folgte  in  Frank- 
reich zunächst  Aurelian  von  Ärles,  Reg.  cap.  32  litteras 
omnes  discant,  dann  Ferreolus  Reg.  cap.  11  oninis  qui  nomen 
Yult  monachi  vindicare,  litteras  ei  ignorare  non  liceat.  Auch 
scheint  Caesarius  von  Arles  in  der  Tisch lectüre  mehr  Frei- 
heit gestattet  zu  haben,  wenn  er  Reg.  cap.  9  schreibt:  ad 
mensam  unus  legat  quemcumque  librum,  ein  beliebiges 
Buch. 

Ob  Benedict  auch  griechische  Litteratur  benutzt,  möchte 
man  um  so  lieber  wissen,  als  es  ja  ähnliche  griechische 
Mönchsregeln  des  Pachomius  und  Basilius  gegeben  hat,  und 
der  Verf.  cap.  73,  13  die  Regula  sancti  patris  nostri  Basilii 
als  instrumentum  virtutis  für  die  Mönche  empfiehlt.  Bedenkt 
man ,  dass  die  an  das  ägyptische  Mönchswesen  sich  an- 
schliessende Literatur  noth wendig  griechisch  sein  musste, 
und  dass  die  Klosterbrüder  im  Abendlande  nicht  wohl  ohne 
Verkehr  mit  ihren  Genossen  sein  konnten,  so  wird  man  zwar 
eine  gewisse  Kenntniss  des  Griechischen  kaum  in  Abrede 
stellen,  aber  noch  viel  weniger  eine  fortgesetzte  Pflege  grie- 
chischer Studien  als  wahrscheinlich  nachweisen  können.  Zu- 
dem gab  es  ja  eine  lateinische  Uebersetzung  der  Regel  des 
Basilius  von  Rufin,*)  den  Benedict,  wie  wir  oben  bemerkten, 
gekannt  hat.  Wenn  also  in  der  Regel  cap.  40,  11  geschrieben 
steht:  licet  legamus  vinum  omnino  monachorum  non  esse, 
so  kann  dieser  Satz,  welchen  wir  oben  aus  Rufins  vitae 
patrum  belegten,  sich  möglicherweise  auch  auf  Basilius  be- 
ziehen, welcher  in  der  That  Respons.  9  (Uebersetzung  von 
Rufin:  de  potu  ne  mentio  quidem  uUa  fuit;  ex  quo  illud 
sine  dubio  designatur,  quod  omnibus  sufticiens  esse  possit 
aquae  usus)  den  Gennss  des  Weines  absolut  verbietet;  aber, 
wenn  diess  der  Fall  ist,  so  wird  Benedict  diese  Worte  eher 


*)  Abgedrackt  im  Codex  regularum  von  Lucas  Holsten.   Romae. 
1651.    pag.  174. 


442  Ed.  Wafflin 

in  der  lateinischen  Uebersetznng  gelesen  haben.  Wir  werden 
in  dieser  Auffassung  nur  bestärkt,  wenn  wir  finden,  dass 
Benedict  auch  7,  138  ein  Citat  giebt,  welches  ans  in  latei- 
nischer, griechischer  und  syrischer  Fassung  erhalten  ist, 
welches  aber  Benedict  aus  der  lateinischen  desselben  Rufin 
bezogen  haben  wird.  Es  ist  ein  Sprach  des  Philosophen 
Sextius,  welcher  in  der  Ausgabe  von  Gildemeister  143  (135) 
lautet:  Sapiens  paucis  verbis  innotescit.  Sotpbg  äy&Qionoq 
dkiyoig  yivayaxö/Lievog ;  er  deckt  sich  aber  wörtlich  mit  Re- 
gula cap.  7,  138  Sapiens  yerbis  innotescit  paucis.  Die 
syrische  Form  übersetzt  Gildemeister  mit:  Sapiens  etiam 
paucis  cognoscitur  sapiens  esse,  wobei  er  annimmt,  dass  das 
im  Lateinischen  zugefügte  Substantiv  .verbis'  Glossem  sei. 
Vgl.  A.  Elter  im  Bonner  Vorlesungsverzeichnisse  vom  Winter 
1891/92.  pg.  XII. 

Ein  anderes  Mittel,  Licht  auf  diese  offene  Frage  zu 
werfen,  bietet  uns  der  Gebrauch  der  griechischen  Fremd- 
wörter in  der  Regula.  Allerdings  besass  die  christliche 
Kirche  in  Italien  eine  umfangreiche  griechische  Termino- 
logie, aus  welcher  man  keine  Schlüsse  ziehen  darf;  dahin 
gehören  Wörter  wie :  apostolus,  episcopus,  presby ter,  clericus, 
diacon,  monachus,  coenobita,  eremita,  angelus,  catholicus, 
orthodoxus;  ecclesia,  dioecesis,  chorus,  evangelium,  psalmus, 
psalmodia,  hymnus,  scandalum,  zelus  (zelotypus  64,  30  schon 
bei  Petron  und  Quintilian)  u.  ä.  Die  puristische  Opposition, 
wo  möglich  lateinische  Wörter  an  die  Stelle  zu  setzen,  war 
längst  zum  Schweigen  gebracht.  Ja  das  Griechische  drang 
weiter  ein  und  bemächtigte  sich  der  Begriffe  des  weltlichen 
Lebens  und  Verkehres,  z.  B.  graphium  der  Griffel,  lateinisch 
scriptorium  (Reg.  33,  6);  analogium,  ävakoyeiov^  das  Lese- 
pult; eulogia,  das  Geschenk  (54  eulogias  vel  quaelibet  ma* 
nuscula) ;  sine  aliquo  typho  vel  mora,  ohne  hochfahrendes 
Wesen,  31;  pausare,  dreimal  für  dormire  (4  Esdr.  2,  24  pausa 
et  requiesce);    acediosus   kann  Benedict  aus  Gassian  haben, 


Benedict  von  Nursia  und  seine  Mönchsregel.  443 

bei  welchem  sich  acedia  besonders  häufig  findet.  Die  beiden 
Ausdrücke  für  Woche  ebdomada  uud  septimana  concurrieren 
neben  einander,  wie  die  Wöchner,  die  ebdomadarii  und  die 
septimanarii,  während  in  der  Volkssprache  septimana  durch- 
schlug, wie  man  aus  dem  italiänischen  settimana,  dem  spa- 
nischen semana,  dem  französischen  semaine   schliessen  muss. 

Endlich  erkennt  man  den  Einfluss  des  Griechischen  an 
verschiedenen  Constructionen ,  wie  Pro!.  6  ad  te  nunc  mihi 
sermo  dirigitur,  33,  13  huic  vitio  delectari  (xaigeaßai  mit 
Dativ),  55,  17  propter  lavare  ipsas  res.  Einzelne  Wörter 
suchten  sich  zu  latinisieren  wie  diabulus  und  apostulus,  nach 
dem  Vorgänge  von  epistula  =  ijiioxoXrj. 

Andere  aber  treten  uns  —  und  das  berührt  unsere 
Frage  —  in  einer  schlechten  Vulgäraussprache  entgegen, 
zunächst  in  der  Form  des  Itacismus,  zwar  nicht  ecclesia, 
welches  13,  16  sich  rein  erhalten  hat  und  nicht  in  ecclisia 
verdorben  ist,  wohl  aber  1,  4  anachorita,  welches  wir  nach 
den  Handschriften  herstellen  mussten  (=  ävax(ogt]Tt]g)  59,  12 
elimosina  {iXerjßioovyrj)^  und  das  allerdings  gemein  übliche 
Kyrie  eleison  17,  9.  12.  20  (=  iXetjoov)^  welchem  sich  Bene- 
dict nicht  entziehen  konnte,  wogegen  der  umgekehrte  Fehler 
in  letania  =  Xiravia  (9,  22.  12,  9.  13,  19.  17,  17)  voriiegt. 
Statt  antifona  hat  Benedict  entweder  immer  oder  doch  vor- 
wiegend antefana  geschrieben,  als  ob  das  Wort  von  ante 
und  fari  herkäme,  und  dieser  Irrthum  hat  sich  so  lange  er- 
halten, dass  noch  Diez  und  andere  Gelehrte  das  französische 
antienne  mit  Vorgesang  übersetzen,  während  bloss  Gegen- 
gesang oder  Wechselgesang  berechtigt  ist.  Gap.  27,  6  aber 
heisst  es,  man  dürfe  es  nicht  so  weit  kommen  lassen,  dass 
die  Excommunicierten  in  Trauer  sich  aufzehren,  sondern  der 
Abt  müsse  sjmpaectas  hineinschicken,  qui  quasi  secreto  con- 
solentur  fratrem  fluctuanteni :  so  die  Ausgaben  durchaus  ver- 
ständlich, da  das  griechische  Work  ovjbutaixrtjg ,  eigentlich 
der  Spielgenosse,  von  der  Palästra  auf  das  Klosterleben  über- 


444  Ed,  WÖlfflin 

tragen  ist.  Da  aber  alle  guten  Handschriften  senpectas 
haben,  was  die  Heransgeber  nicht  anführen,  so  muss  man 
diese  Form  nicht  nur  in  den  Text  setzen,  sondern  annehmen, 
Benedict  habe  das  griechische  ovfiTtaixjTjg  wie  senpecta  ge- 
sprochen und  von  anderen  sprechen  gehört.  Die  Bestätigung 
bringen  die  von  dem  Verfasser  zur  Erklärung  beigefügten 
Worte:  senpectas,  id  est  seniores  sapientes  fratres,  woraus 
denn  weiter  hervorgeht,  dass  Benedict  die  erste  Silbe  des 
Wortes  falschlich  mit  senex  in  Verbindung  brachte.  Der 
Fehler  ist  nicht  grösser,  als  wenn  in  Corp.  gloas.  V  565, 61 
erklärt  wird:  senodo  (d.  h.  synodo)  congregatio  senum. 
Ebenso  Corp.  V  331,  39  senodus  congregatio  senum.  Wir 
brauchen  darum  nicht  anzunehmen,  Benedict  selbst  sei  der 
Urheber  dieser  verfehlten  Etymologie;  vielmehr  hatte  er  es 
so  in  der  Schule  gelernt,  und  wer  den  Stand  der  lateinischen 
Etymologie  in  jenen  Jahrhunderten  kennt,  wird  sich  darüber 
nicht  wundern.  Solche  Beobachtungen  aber  widerrathen  es, 
sich  eine  zu  grosse  Vorstellung  von  den  griechischen  Studien 
des  Benedict  zu  machen,  wie  sie  andrerseits  die  Annahme 
unterstützen,  derselbe  werde  die  Regel  des  Basilius  und  die 
Sentenzen  des  Sextius  in  der  lateinischen  Uebersetzung  des 
ihm  wohl  bekannten  Rufin  gelesen  haben.  Dass  man  in 
Campanien  Griechisch  zu  hören  bekam,  soll  durchaus  nicht 
bestritten  werden;  im  Gegentheil  erklärt  sich  so  eine  von 
Benedict,  und  nur  von  ihm  allein  gebrauchte  vox  hybrida 
'gyrovagum*  (cap.  1,  21  quartum  genus  monachorum  nomi- 
natur  gyrovagum,  qui  tota  vita  sua  per  diversas  provincias 
hospitantur,  semper  vagi  et  numquam  stabiles.) 

Wir  sind  durch  diese  Erwägungen  auch  der  Entschei- 
dung der  Frage  näher  gerückt,  wie  wir  uns  das  Latein 
Benedicts  vorzustellen  haben.  Da  nämlich  die  ältesten  Hand- 
schriften so  viele  Abweichungen  vom  ciceronianischen  Latein 
zeigen,  so  hat  Edm.  Schmidt  zwei  verschiedene  Ausgaben 
veranstaltet,   eine   für  Gelehrte,    welche   starke   Proben   von 


Benedict  von  Nursia  und  seine  Mönchsregel.  4:45 

Vulgärlatein  ertragen  können,  und  eine  für  das  weitere 
gebildete  Publikum,  dessen  Ohren  dadurch  geschont  werden, 
dass  die  unklassischen  B^ormen  nach  der  Grammatik  geglättet 
sind.  Unser  Standpunkt  ist  durch  den  streng  wissenschaft- 
lichen Character  dieser  Abhandlung  gegeben,  der  uns  gebietet, 
die  Regel  so  zu  nehmen,  wie  sie  Benedict  veröffentlicht  hat, 
unbekümmert  um  die  stilistischen  Nachbesserungen,  welche 
ihr  später  von  kundigeren  Abschreibern,  und  vielleicht  sogar 
schon  bei  Lebzeiten  Benedicts  zu  Theil  geworden  sind.  Der 
Philologe  hat  sogar  ein  viel  grösseres  Interesse  daran,  fest- 
zustellen, wie  starke  Ansätze  zu  den  romanischen  Formen 
die  lateinische  Umgangssprache,  die  Benedict  schrieb,  schon 
damals  bot.  Vgl.  des  Verf.  Ausgabe  in  der  Bibliotheca 
Teubneriana.  1895.  Dass  hier  mit  Emendieren  nicht  zu  helfen 
ist,  beweist  die  eine  Beobachtung,  dass  Benedict  an  zwei 
Stellen  das  Part.  fut.  pass.  mit  der  entsprechenden  activen 
Form  verwechselt  hat,  Prol.  81  corpora  nostra  sanctae  prae- 
ceptorum  obedientiae  militanda,  eine  für  ein  intransitives 
Verbum  unmögliche  Form,  man  müsste  denn  militare  im 
Sinne  von  subigere  verstehen,  und  cap.  39,  10  tertia  pars 
servetur  reddenda  cenandis.  Wenn  hier  die  jüngeren  Hand- 
schriften abändern  militatura  und  cenaturis,  so  verrathen 
deren  Schreiber  ohne  Zweifel  ein  besser  entwickeltes  Form- 
gefühl, aber  für  Benedict  wird  man  die  beiden  Fehler  stehen 
lassen  müssen.  Da  wir  übrigens  hier  keine  grammatische 
Detailuntersuchung  geben  wollen,  welche  an  anderer  Stelle 
(Arch.  f.  lat.  Lex.  IX.  Heft  4)  nachfolgen  soll,  so  müssen  wir 
uns  darauf  beschränken,  einige  Hauptresultate  anzugeben  und 
auf  solche  Formen  hinzuweisen,  welche  Edm.  Schmidt  nicht 
einmal  in  der  gelehrten  Ausgabe  zugeleissen  oder  durch  Mit- 
theilung der  handschriftlichen  Varianten  dem  Sprachforscher 
zur  Kenntniss  gebracht  hat. 

Bekanntlich  ist  aus  den  lateinischen  Nominativen  hym- 
nus  und  versus  die  italiänische  Form  hymno  und  verso  her- 

189S.  SitsnngBb.  d.  phil.  u.  bist.  Gl.  29 


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Benedict  von  Nursia  und  seine  Mönchsregel,  447 

^js  soll  damit  durchaus  nicht  gesagt  sein,  dass  Benedict 
besser   hätte  schreiben   können,    wenn  es  ihm   darauf 
kommen   wäre;    er   zog   es  aber  vor  zu  schreiben,    wie 
damals  sprach,  um  besser  verstanden  zu  werden.    Schon 
ihm   zeigten  mehrere  lateinische  Kirchenväter  eine  ge- 
i  Verachtung  des  klassischen  Lateins,  wie  sie  analog  bei 
griechischen  Kirchenvätern  nicht  vorkommt.    Sie  identi- 
rten  das  klassische  Latein  mit  der  ihnen  unsympathischen 
nischen  Bildung,    und  da  sie  in  derselben   nicht  concur- 
en  konnten,  so  legten  sie  auch  keinen  Werth  darauf  und 
ten  es  mit  der  Masse   des  Volkes,   d.  h.  eben   mit  dem 
Igärlatein.     Schon   Arnobius   adv.   gent.    1, 59   hatte   ge- 
rieben :   pompa  ista  ^rationis  (das  ^iceronianische  Latein) 
oratio  missa  per   regulas  contionibus   litibus  foro  iudiciis- 
d  servetur.    Selbst  der  gelehrte  und  grammatisch  gebildete 
eronymus   stimmt   in    diesen   Ton   ein   im  Gomraent.   zum 
;echiel  40 :  non  nobis  curae  est  vitare  sermonum  vitia,  und 
^nn    Augustin    enarr.    psalm.   138,  20    absichtlich    schrieb 
9sam'    (der    Knochen)    statt   ""os',   fügte   er  entschuldigend 
inza:   sie  enim    potius   loquainur;   melius  est   reprehendant 
08  grammatici  quam  non  intellegant  populi.    Erinnert  man 
.  iCb    aber,    dass  Gregor   der  Grosse   die  Unabhängigkeit  der 
'    kirche   von  der  Schulgrammatik  proclamierte,   so  ist  gewiss 
\ach  Benedict   entschuldigt;   er  lässt  sich  nämlich  im  Com- 
*   nentare  zum  Hiob    also  vernehmen :    motus    praepositionum 
sasusque  servare  contemno,  quia  indignum  vehementer  exis- 
kimo,  ut  verba  caelestis  oraculi  restringam  sub  regulis  Donati. 
Damit  ist  aber  auch  genügend  erklärt,  dass  Gregor  der  Grosse 
de  vita  Bened.  36,  was  uns  anders  erscheinen  muss,   unsere 
Regel   'sermone   luculentanf   nennen    konnte,    weil  in  seinen 
Augen   die   grammatikalische  Correctheit  bei  der  Ertheilung 
dieses  Lobes  gar  nicht  mitspielt.    So  sonderbar  übrigens  diese 
Ansicht  den  Ohren  des  Ciceronianers    klingen   mag,   so  ver- 
nünftig ist  sie  mit  Rücksicht  auf  die  damalige  Lage.    Denn 

29* 


448  Ed.  Walfflin 

das  klassische  Latein  lebte  nun  einmal  nicht  mehr  im  Volke 
nnd  die  Bemühungen  der  Grammatiker  es  zu  halten  waren 
vergeblich.  Griechische  Prediger,  welche  auf  der  Kanzel  als 
Gelehrte  erscheinen  wollten,  wurden  mehr  als  einmal  nicht 
mehr  verstanden,  während  die  praktischere  Kirche  des  Abend- 
landes nachgab  und  die  Umbildung  in  die  romanischen  Spra- 
chen anerkannte. 

Edm.  Schmidt  hat  in  seinem  zweiten  Programme,  Met- 
ten 1887,  S.  21.  28  ff.  einen  Beweis  der  wissenschaftlichen 
Bildung  des  Verf.  auch  in  der  Disposition  der  Regula 
finden  wollen,  welche  genau  den  Schulregeln  der  Partition 
entspreche,  so  dass  sich  beispielsweise  in  der  Vorrede  exor- 
dium,  partitio,  tractatio,  recapitulatio,  conclnsio  nachweisen 
lassen ;  das  erste  Gapitel  der  Hegel  selbst  behandle  den  Sco- 
pus  magistri  (es  unterscheidet  aber  die  vier  Arten  der  Mönche), 
das  letzte  den  scopus  discipulorum.  Ganz  abgesehen  davon, 
dass  das  Wort  scopus  in  dieser  übertragenen  Bedeutung 
überhaupt  erst  in  der  asketischen  Litteratur  des  Cassian  vor- 
kommt, stehen  mit  dieser  Eintheilung  zunächst  die  Capitel- 
überschriften  im  Widerspruche,  was  Schmidt  selbst  zugiebt. 
Hier  können  wir  ihm  zu  Hilfe  kommen,  indem  wir  nach- 
gewiesen haben,  dass  diese  Ueberschriften  nicht  von  Benedict 
herrühren;  denn  nicht  nur  steht  dieses  Inhaltsverzeichniss 
im  codex  Sangallensis  vor  dem  Prologe,  wie  in  den  andern 
Handschriften  hinter  demselben,  woraus  man  eben  ersieht, 
dass  ihm  Benedict  selbst  keine  bestimmte  Stelle  gegeben 
hatte,  sondern  das  Latein  der  Ueberschriften  weicht  auch 
mehrfach  von  dem  Latein  der  Regel  ab,  und  einige  sind 
geradezu  inhaltlich  falsch.  So  heisst  der  Pfortner  in  der 
Ueberschrift  des  Cap.  66  ostiarius,  in  der  Regel  selbst  por- 
tarias,  und  das  Cap.  23  konnte  nicht  überschrieben  sein  De 
excommunicatione  culparum,  da  Benedict  culpa  nur  im  Sin- 
gular gebraucht  und  überhaupt  nichl  die  culpae  excommuni- 
eiert  werden,  sondern  die  Schuldigen.    Mehr  in  der  Vorrede 


Benedict  van  Nursia  und  seine  Mönehsregel.  449 

meiner  Ausgabe,  Lips.  1895.  pg.  X.  Aber  wir  haben  auch 
mit  verschiedenen  gelehrten  Benedictinern  verschiedener  Länder 
gesprochen,  welche  unbefangen  genug  waren,  die  streng 
logische  Disposition  nicht  zu  den  Vorzügen  der  Regel  zu 
rechnen,  und  es  stimmt  mit  ihnen  Grützmacher  S.  14  überein 
mit  den  Worten :  ,,die  Regel  folgt  keiner  strengen  Dis- 
position/ Zwar  ist  dessen  Einwendung,  cap.  64  de  ordi- 
nando  abbate  und  65  de  praepositio  monasterii  gehörten  an 
den  Anfang  der  Regel  doch  nur  halb  begründet,  indem  sich 
cap.  2  und  64  zwar  vielfach  berühren,  an  erster  Stelle  aber 
doch  mehr  von  den  Pflichten,  an  zweiter  von  der  Wahl  des 
Abtes  die  Rede  ist.  Weil  nun  auch  der  ultimus  in  ordine 
congregationis  Abt  werden  kann,  so  schliesst  sich  cap.  64 
gut  an  63  (de  ordines  congregationis)  an.  Ueberhaupt  wer- 
den am  Schlüsse  der  Regel  die  Klosterbewohner  nach  Rang 
und  Würden,  unter  Zugrundelegung  der  Figur  der  Gradatio 
behandelt,  cap.  57  die  Handwerker,  58  die  Novizen,  59  die 
zum  Eintritte  angemeldeten  Söhne  von  Nobiles,  60  die  aus- 
wärtigen Sacerdotes,  61  die  fremden  Mönche,  62  die  internen 
Sacerdotes,  63  die  Anciennetät  und  Rangfolge  im  Kloster, 
64  der  Abt  und  seine  Wahl,  65  die  Ordination  des  Prae- 
positus,  endlich  noch  cap.  66  der  Pförtner.  Dass  damit  ein 
Abschluss  erreicht  ist,  liegt  auf  der  Hand.  Nachdem  dem 
Klosterbruder  das  ganze  Kloster  vorgeführt  worden  ist,  hat 
auch  Benedict  nichts  mehr  zu  sagen,  weil  die  Aussen  weit 
den  Mönch  nichts  mehr  angeht  und  das  Verlassen  des 
Klosters  ohne  ausdrückliche  Erlaubniss  nicht  gestattet  ist. 
Mit  cap.  66  muss  die  erste  Ausgabe  der  Regel  ein  Ende 
gehabt  haben,  gerade  wie  die  ihr  in  diesem  Punkte  nach- 
gebildete anonyme  Regula  Magistri  aus  dem  Ende  des  achten 
Jahrhunderts  cap.  95  mit  dem  Pfortner  schliesst.  Dieser  Be- 
weis gilt  aber  um  so  mehr,  als  auch  das  Anfangscapitel  der 
Reg.  Magistri  genau,  ja  bis  auf  die  Worte,  dem  Benedicts 
entspricht  De  quattuor  generibus  monachorum.    Die  im  codex 


450  Ed.  WölffUn 

Sangallensis  übergeschriebenen  altdeatschen  Glossen  hören  im 
Ganzen  auch  mit  diesem  Capitel  auf;  der  Uebersetzer  schrieb 
zwar  zu  cap.  67  noch  einige  wenige  Interpretamente,  hörte 
aber  dann  auf,  weil  er  in  seinem  Exemplare  sah,  dass  der 
ursprüngliche  Bestand  der  Regel  von  erster  Hand  mit  cap.  66 
aufhörte  uud  das  Weitere  späterer  Zusatz  war.  Benedikt 
schloss  das  cap.  66  vom  Pförtner  mit  den  Worten:  hanc 
autem  regulam  saepius  volumus  in  congregatione  legi,  ne 
quis  fratrum  se  de  ignorantia  excuset.  Endlich  verrathen 
sich  auch  capp.  67  S.  inhaltlich  als  blosse  Nachträge,  die 
sich  dem  Gesetzgeber  im  Laufe  der  Jahre  aus  der  Praxis 
ergaben.  Obschon  bereits  cap.  51  von  den  Brüdern  die  Rede 
war,  welche  auf  einen  Tag  das  Kloster  verlassen,  z.  B.  zum 
Verkaufen  oder  Einkaufen  von  Gegenständen  (Holst.  II  70), 
hält  es  Benedict  doch  in  cap.  67  für  noth wendig,  eine  be- 
sondere Reinigung  für  diese  Berührung  mit  der  'Weit*  ein- 
treten zu  lassen,  und  keiner  soll  erzählen  dürfen,  was  er 
draussen  gehört  oder  gesehen  hat.  Hatte  Benedict  cap.  4, 44 
gelehrt  Zelum  et  invidiam  non  habere,  so  berichtigt  er  doch 
cap.  72,  den  zelus  bonus  dürften  die  Mönche  schon  haben, 
weil  er  zu  Gott  führe.  Der  Vorschrift  cap.  5,  man  sei  den 
Oberen  Gehorsam  schuldig,  folgt  cap.  71  die  Ergänzung 
nach,  die  Brüder  sollen  sich  auch  gegenseitig  gehorchen. 
Diese  Nachträge  reichten  bis  cap.  72  Ende,  welches  mit  dem 
Hinweise  auf  das  ewige  Leben,  dem  beliebten  Schlüsse  Bene- 
dicts (vgl.  Prologus  95  erste  Fassung :  heredes  regni  caelorum, 
zweite  Fassung  105  regni  eins  consortes),  und  im  codex  San- 
gallensis mit  Amen  schliesst.  Gap.  73  dürfte  ein  zweiter 
Anhangt)  sein.  Wenn  schon  Grützmacher  die  Vermuthung 
ausgesprochen  hat,   cap.  67  S,    seien  spätere  Zuthat,  so  irrt 

^)  Diesen  kennt  die  Regnla  Solitariorum  cap.  58 :  Ut  autem  ait 
sanctus  Benedictus,  sicut  est  zelus  bonus,  qui  separat  hominem  a 
▼itiis  et  ducit  ad  Deum  et  ad  vitam  aetemam  ^  Ben.  Reg.  78  ita  est 
zeluB  bonus  qui  separat  a  vitüs  etc. 


Benedict  von  Nur^ia  tmd  seine  Mönchsregel,  451 

er  darin,  dass  er  nicht  erkannt  und  bestimmt  ausgesprochen 
hat,  dass  diese  Zosätze  dem  Benedict  selbst  angehören,  son- 
dern vermuthungsweise  eine  Umarbeitung  durch  Gregor  den 
Grossen  annimmt.  8.  19.  Mit  dem  Nachweise  dieser  An- 
hängsel ist  die  These  von  der  logischen  Disposition  der 
capp.  1 — 73  umgestossen.  Gewiss  hätte  Benedict  die  ganze 
Regel  nochmals  umarbeiten  und  die  neuen  Zusätze  an  rich- 
tiger Stelle  einfügen  können,  allein  er  legte  darauf  keinen 
so  grossen  Werth  und  begnügte  sich  mit  der  Appendix,  wie 
er  ähnlich  der  Vorrede  einen  längeren  Schluss  beifügte,  was 
ich  in  meiner  Ausgabe  gezeigt  habe.  Prolog.  79  fiP.  und 
Praefat.  pg.  VII  sq. 

Dieser  zweite  Nachtrag  cap.  73  zeigt  uns  den  Benedict 
auf  der  Höhe  seiner  geistigen  Erkenntniss.  Haben  wir  ihn 
oben  insoferne  als  einseitig  bezeichnen  müssen,  als  er  von 
der  Patristik  fast  nur  die  asketische  Litteratur  kennt  und 
von  der  heidnischen  offenbar  gar  nichts  wissen  will,  so  er- 
scheint er  uns  hier  als  'weitherzig*,  indem  er  seine  Regel 
nur  als  einen  Anfang  einer  Anleitung  zum  gottseligen  Leben, 
als  eine  Grundlage  (minima  inchoationis  regula  und  initium 
eonversationis)  bezeichnet,  die  man  weiter  ausbilden  solle 
(perficere).  Diess  steht  einigermassen  im  Gegensatze  zum 
Prolog.  2  ff.,  wo  er  strengen  Gehorsam  und  strenge  Er- 
füllung seiner  Vorschriften  verlangt.  Immerhin  hatte  er 
schon  cap.  18,  49  gesagt:  si  cui  forte  haec  distributio  psal- 
morum  displicuerit,  ordinet,  si  melius  aliter  iudicaverit,  also 
Vollmacht  zu  einer  Modification  gegeben.  Cap.  55,  2  hat  er 
anerkannt,  dass  sich  die  Kleidung  nach  dem  Klima  richten 
müsse  und  nur  für  ein  Klima  wie  in  Monte  Cassino  gelte 
seine  Vorschrift  einer  Wintercuculla  (Oberkleid),  einer  Som- 
mercucuUa  und  einer  Tunica  (Unterkleid).  Dass  Benedict 
mit  dem  Zugeständnisse  massigen  Weingenusses,  einer  He- 
mina,  d.  h.  einer  halben  Flasche  per  Tag,  liberaler  war,  als 
Basilius,   ist  schon   oben  erwähnt  worden,    ausserdem  bleibt 


452  Ed.  WÖtfflm 

es  Dach  39,  11  dem  Ermessen  des  Abtes  anheimgesiellt,  oach 
anstrengender  Arbeit  den  Speisezettel  zo  verbessern,  oder  bei 
ungewöhnlicher  Hitze  einen  Extratrank  zu  gewähren.  Dabei 
muss  aber  auch  die  necessitas  loci  (40, 15  =s  die  Lage  des 
Klosters)  berOcksichtigt  werden,  d.  h.  die  Frage,  ob  man 
die  genannten  Artikel,  z.  B.  Gemüse,  leicht  beschaffen  könne 
oder  nicht.  Zeigt  diess  in  Einzelnheiten  und  Nebendingen 
eine  freiere  Auffassung,  so  setzt  dieser  doch  erst  die  Er- 
klärung im  Schlusscapitel  die  Krone  auf.  Denn  nur  so  ist 
es  möglich  geworden,  dass  die  R^el  Benedicts  dem  Geiste 
nach  heute  noch  fortbesteht.  Wenn  also  Benedict  den  Ge- 
nuss  des  Fleisches  von  Vierfßsslern  verbot,  unter  Zulassung 
des  Geflügels,  der  Fische  und  Schnecken,  so  galt  diess  zu- 
nächst nur  für  Mittelitalien,  und  cap.  39,  19  wird  nach  der 
Tegernseeer  Handschrift  die  Einschränkung  gemacht:  praeter 
omnino  debiles  aegrotos,  mit  Ausnahme  der  ganz  schwachen 
Kranken,  denen  der  Fleischgenuss  erlaubt  sein  soll.  Hier 
dürfte  zunächst  omnino  zu  tilgen  sein,  weil  das  Wort  den 
Satztheil  ungebührlich  beschwert,  weil  es  schon  in  der  vor- 
hergehenden Zeile  steht,  und  weil  es  in  der  That  als  falsche 
Wiederholung  im  codex  Sangallensis  gestrichen  ist.  Allein 
auch  diese  Vergünstigung  erweitert  sich  nochmals,  indem 
mit  den  besten  Handschriften,  dem  Oxoniensis  und  dem  San- 
gallensis 'et'  zwischen  debiles  und  aegrotos  einzuschalten  ist, 
so  dass  die  Stelle  lautet:  mit  Ausnahme  der  Schwachen  und 
der  Kranken,  was  allein  richtig  ist.  Nun  kann  jemand 
scbwiichlich  sein  oder  wenigstens  einen  schwachen  Magen 
haben,  ohne  gerade  krank  zu  sein,  und  somit  erlaubt  selbst 
der  Wortlaut  eine  ausgedehntere  Theilnahme  an  den  Tafel- 
freuden. 

Viel  gebieterischer  lautet  beispielsweise  der  Eingang 
der  sog.  Consensoria  monachorum  (Holst.  II  (55) :  Communi 
definitione  decrevimus  apud  nos,  quod  numquam  postmodum 
ab  ullo  poterit  infringi. 


Benedict  wm  Nursia  und  seine  Mönchsregel.  453 

Dass  Benedict  erst  im  zweiten  Nachtrage  cap.  73  auf 
Basilius  verweist,  während  er  in  der  Regula  nur  auf  Cassian 
und  Rufin  hindeutet,  ist  vielleicht  nicht  zuföUig:  as  beweist 
eine  Erweiterung  seiner  Leetüre.  Aber  weil  uns  Cassian 
wie  Rufin  erhalten  sind,  vermögen  wir  auch  die  Selbst- 
ständigkeit und  die  Abhängigkeit  zu  beurtbeilen.  Seine  Ge- 
danken brauchen  darum  nicht  alle  neu  und  original  zu  sein, 
doch  hat  Benedict  die  goldene  Mittelstrasse  gefunden.^) 

Während  man  sonst  vielfach  bemüht  ist,  den  Zutritt 
möglichst  zu  erleichtern,  hat  Benedict  den  Eintritt  in  das 
Kloster  mit  allen  Mitteln  erschwert,  und  dass  er  damit  für 
seine  Zeit  das  Richtige  getroffen,  steht  ausser  allem  Zweifel. 
Er  hat  ferner  seinen  Brüdern  Feldarbeit  und  Handarbeit 
zur  Pflicht  gemacht,  worin  ein  Gegengewicht  gegen  ihren 
geistlichen  Beruf  liegt;  auch  in  der  Küche  schalten  und 
walten  die  Brüder  selbst  abwechslungsweise,  und  es  giebt 
weder  eigene  Köche  noch  eigene  Diener.  Die  Erzeugnisse 
der  Handwerker  werden  zu  billigen  Preisen,  d.  h.  unter  dem 
Preise  der  Stadt  verkauft  und  das  erlöste  Geld  fliesst  in  die 
allgemeine  Kasse. 

Die  Abschliessung  von  der  'Welt'  können  wir  heute 
nicht  mehr  billigen,  da  uns  dieselbe  nicht  ausschliesslich 
schlecht,  sondern  ebensowohl  gut  als  schlecht  erscheint  und 
es  der  Vernunft  des  Einzelnen  überlassen  bleibt,  das  bessere 
Theil  herauszusuchen.  Benedict  hat  seinen  Grundsatz  nur 
durch  die  Zulassung  von  Gästen  im  Kloster  gemildert.  Aber 
auch  wo  wir  sonst  mit  Benedict  nicht  einverstanden  sind, 
müssen  wir  uns  den  Gegensatz  der  damaligen  Zeit  vor  Augen 


^)  Carl  Weyman  schreibt  darüber  in  der  Literarischen  Rund- 
schau 1895,  N.  9:  Die  Regula  Benedicti  ist  kein  Originalwerk  im 
strengen  Sinne  des  Wortes.  Mit  dem  praktischen  Blicke  des  Abend- 
l&nders  prüfte  er  frühere  Leistungen  monastischer  Gesetzgebung  und 
nahm  von  dem  Guten,  welches  er  in  diesem  niedergelegt  fand.  Man- 
ches dankbar  in  sein  Werk  herüber. 


454  Ed,  Wöifflin:  Benedict  tfon  Nursia, 

halten.  Die  angeborene  Redseligkeit,  gelegentlich  auch  Wich- 
tigtbaerei  der  Italiäner  mnss  gebrochen  werden  dnrch  Schweig- 
samkeit, das  Uebermass  des  Freudengenasses  durch  das  Ver- 
bot schallenden  Lachens,  und  wenn  Benedict  die  warmen 
Bäder  einschränkt,  mit  Ausnahme  der  Kranken,  so  war  er 
in  einem  Vorurtheile  befangen,  weil  er  an  die  Verweich- 
lichung und  an  die  Ueppigkeit  in  den  Thermen  dachte. 
Der  Grundton,  welcher  aus  der  Regel  an  unsere  Ohren  dringt, 
ist,  im  Gegensätze  zu  dem  Selbstgeffihle  der  Eroberer,  der 
der  christlichen  Demuth. 

Die  'humilitas'  ist  in  dem  Grade  die  Haupteigenschaft 
des  Christen,  dass  Benedict  im  siebenten  Gapitel  12  Stufen 
derselben  unterscheidet;  erst  im  Sprachgebrauche  der  Kirche 
wurde  sie  eine  Tugend,  während  die  Heiden  das  Wort  fast 
nur  in  malam  partem  gebraucht  hatten,  und  Demuth  über- 
haupt kein  antiker  Begriff  ist,  auch  kein  griechischer. 


455 


Verzeichniss  der  eingelaufenen  Drnekschriften 

Januar  bis  Juni  1895. 


Die  yerebrliehen  GosellschAften  und  Institute,  mit  welchen  unsere  Al^ademie  in 
Tauschrerkehr  steht^  werden  gebeten,  naofastehendesVerzeiehnias  zugleich  als  Emplknga- 
bestätignng  zu  betrachten. 


Von  folgenden  G^esellsoliaften  nnd  Instituten: 

Geschichtsverem  in  Aachen: 
Zeitschrift.     16.  Band.    1894.    S^. 

Historische  Gesellschaft  in  Aar  au: 
ArgOTia.    Band  XXV.     1894.    S«. 

University  of  the  State  of  New -York  in  Albany: 

State  Library  Bulletin.    Legislation  No.  5.     1895.    8». 

GeschichtS'  und  Alterthunisforschende  Gesellschaft  des  Osterlandes  in 

Altenburg : 
Mittheilungen.    Band  X,  Heft  4.     1895.    8^. 

Naturforschende  Gesellschaft  des  Osterlandes  in  Altenburg: 

Mittheilnngen  aus  dem  Osterlande.     N.  F.     Band  6.     1894.    8^. 

Historischer  Verein  in  Augsburg: 

Zeitschrift.    Band  XXI.     1894.    8^. 

Johns  Hopkins  University  in  Baltimore: 

Circulars.    Vol.  XIV,  No.  116—118.     1895.    4». 

Historischer  Verein  in  Bamberg: 

54.  u.  55.  Bericht  f.  d.  Jahre  1892  u.  1893.     1898/94.    8». 

Naturforschende  Gesellschaft  in  Basel: 

Verhandlungen.    Band  X,  No.  2.  8.     1894/95.    80. 

Historische  und  antiquarische  Gesellschaft  iy\  Basel: 

19.  Jahresbericht  Ober  das  Jahr  1893/94.     1894.    8^. 
Mittheilungen.    N.  F.  IV.     1894.    fol. 


456  Vergeichniss  der  eingelaufenen  Druckschriften. 

Genootschap  van  kunsten  en  wetensehappen  in  Batavia: 

Tijdgchrift.    Deel  37,   afl.  4—6.     Deel  38,   1—3.    1894.    8P. 

Notulen.     Deel  82,  No.  1-3.     1894.    &>. 

Verhandelingen.    Deel  47,   3.  stak.     1894.    4^. 

Catalogua    der    ethnologische    verzameling.     4.   druk.     Sapplement. 

1894.    8^. 
Nederlandsch-'lndisch  Plakaatboek  1602—1811.     Deel  XII.    1894.    Bfi. 
Dagh-Register  geboaden  int  Casteel  Batavia  Anno  1665.     1894.    8^. 

Obaervatory  in  Batavia: 

Observations.    Vol.  16,  1893.     1894.    fol. 
Regenwaarenemingen.    XV.  Jahrg.  1698.     1894.    8^. 

K,  Serbische  Akademie  in  Belgrad: 
Srpski  etnografski  sbomik.     Kniga  I.     1894.    8®. 
Glas.    XX,  No.  45-47.     1894/95.    8^. 
Spomenik.    No.  28.     1895.    4». 

Museum  in  Bergen  (Norwegen): 

On  the  development  and  stroctare  of  the  whale.    Part  I.    By  Gast. 

Gnldberg  und  Fridtjof  Nansen.     1894.    fol. 
Aarbog  für  1893.     1894.    8«. 

üniversity  of  California  in  Berkeley: 

Bulletin  of  the  Department  of  Geology.    Vol.  I.     1S93— 1896.    8®. 

Register  of  the  üniversity  of  California  1893—1894.    8^ 

Biennial  Report  of  the  President  of  the  Üniversity  1893.  Sacramento 
1894.    80. 

Annual  Report  of  the  Secretary  of  the  Board  of  Regents  of  the  Üni- 
versity of  California  for  the  year  ending  June  SO.  1894.  Sacra- 
mento 1894.    8^ 

A  brief  account  of  the  Lick  Observatory  by  Edw.  S.  Holden.  Sacra- 
mento 1895.    8^. 

Report  of  work  of  the  agricultural  experiment  stations  for  1892/98. 
Sacramento  1894.    6^. 

Report  of  viticultural  work  during  the  seasons  1887 — 80  by  L.  Pa- 
parelli.    Sacramento  1892.    8^. 

List  of  recorded  Earthquakes  in  California,  by  Edw.  S.  Holden.  Sacra- 
mento 1887.    80. 

K,  preussische  Akademie  der  Wissenschaften  in  Berlin: 

Sitzungsberichte.     1894,    No.  39—53.     1895,    No.  1—25.    gr.  8«. 
Inscriptiones  graecae  insularum  maris  Aegaei.     Fase.  I.     1895.     fol. 

K.  geolog.  Landesanstalt  und  Bergakademie  in  Berlin: 
Jahrbuch  für  das  Jahr  1898.    Band  XIV.     1894.    4^. 

Deutsche  chemische  Gesellschaft  in  Berlin: 
Berichte.    27.  Jahrg.,  No.  19— 21.   28.  Jahrg.,  No.  1-11.   1894/95.  8«. 

Medicinische  Gesellschaft  in  Berlin: 
Verhandlungen.    Band  XXV.     1895.    8^. 

Deutsche  geologische  Gesellschaft  in  Berlin: 
Zeitschrift.    Bd.  46,  Heft  3.     1894.    B9. 


Verzeichniss  der  eingelaufenen  Drueksehriften.  457 

PhtfsikaHieche  Gesellschaft  in  Berlin: 

Die  Fortschritte  der  Physik  im  Jahre  1888.   Abt.  I— lU.  Braanschweig 

1894.  8P. 

Physiologische  Gesellschaft  in  Berlin: 

Centralblatt  für  Physiologie.   Bd.  VIII.    1894.   No.  20-26.    Band  IX. 

1895.  No.  1—7.    8«. 

Verhandlungen.    Jahrg.  1894/95,  No.  1—16.    8<>. 

K,  technische  Hochschule  in  Berlin: 

Das  Gesetz  von  der  Erhaltung  der  Energie  und  seine  Bedeutung  fQr 
die  Technik.     Rede  von  A.  Slaby.     1895.    4P. 

Kaiserlich  deutsches  archäologisches  Institut  in  Berlin: 
Jahrbuch.     Band  IX,   Heft  4.     Band  X,   Heft  1.     Ergänzungsheft  3. 

1896.  40. 

Antike  Denkm&ler.    Band  II,  Heft  2.     1895.    fol. 

K.  preuss.  meteorologisches  InstitiU  in  Berlin: 

Ergebnisse  der  meteorol.  Beobachtungen  in  Potsdam  im  Jahre  1893. 

1895.    fol. 
Ergebnisse  der  Beobachtungen  an  den  Stationen  II.  und  III.  Ordnung 

1894.    Heft  2.     1895.     fol. 
Ergebnisse  der  meteorol.  Beobachtungen  in  Bremen.  Jahrg.  5.  1895.  fol. 
Deutsches  Meteorol.  Jahrb.  für  1891.    Heft  3.     1895.    4^^. 

Jahrbuch  über  die  Fortschntte  der  Mathematik  in  Berlin: 

Jahrbuch.    Bd.  XXIV,  Heft  1.    Berlin  1895.    8°. 

Verein  zur  Verbreitung  des  Gartenbaues  in  den  preussischen  Staaten 

in  Berlin: 

Gartenflora.    43.  Jahrgang.     1894.    49. 

Naturwissenschaftliche  Wochenschrift  in  Berlin: 

Wochenschrift.  Band  IX,  Heft  11. 12.   BandX,  Heft  1—5.  1894/95.  fol. 

Zeitschrift  für  Instrumentenkunde  in  Berlin: 
Zeitschrift.    XV.  Jahrgang  1895.    Heft  1—6.    4». 

Allgemeine  geschichtsforsehende  Gesellschaft  der  Schweiz  in  Bern: 
Jahrbuch  fär  Schweizerische  Geschichte.    20.  Band.    Zürich.    1895.    8^. 

Natural  History  and  Phüosophiccd  Society  in  Biifningliam: 
Proceedings.    Vol.  IX,  1.     1894.    SP. 

B.  Äccademia  delle  Scienze  delVIstituto  di  Bologna: 
Memorie.    Serie  V.    Tom.  III,  fasc.  1—4.     1893.    4». 

B.  Deputazione  di  storia  patria  in  Bologna: 
Atti.    IH.  Serie.    Vol.  XII,  fasc.  4—6.     1895.    S« 

SodetS  de  geographie  commerciale  in  Bordeaux: 
Bulletin.     1894.    No.  23.  24.     1895.     No.  1—12.    8^ 

American  Academy  of  Arts  and  Sciences  in  Boston: 
Proceedings,    Vol.  XXIX.     1894.    S«. 

Public  Library  in  Boston: 
43.  annual  Report  1894.     1895.    8». 


458  Verzeichniss  der  eingelaufenen  Druckschriften. 

Boston  Society  of  natural  History  in  Boston: 
Proceedings.    Vol.  XXVI,  part  2.  8.     1894.    4». 
Memoirs.    Vol.  III,  No.  14.     1894.    4». 
OccasiODal  Papers  IV.     1894.    8^. 

Stadtmagistrat  zu  Braunschweig: 
Urkundenbuch  der  Stadt  Braunschweig.    Band  II,  Abth.  1.    1895.   4^. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  in  Bremen: 
Abhandlungen.    Band  XIII,  Heft  2.     1895.    8^. 
Beiträge  z.  nord westdeutschen  Volks-  u.  Landeskunde.  Heft  1.  1895.  8°. 

Historisch' statistische  Sektion  der  Je.  Je.  mährischen  LandwirtJischafts- 

Gesellschaft  in  Brunn: 

Schriften.    Band  29.     1895.    80. 
Notizenblatt.    Jahrg.  1894.    4^. 

NaturforscJiender  Verein  in  Brunn: 
Verhandlungen.    82.  Band  1893.     1894.    B^. 
XII.  Bericht  der  meteorol.  Commission.     1894.    8^. 

Äcademie  Boyale  de  midecine  in  BrUssel: 
Bulletin.   IV.  Särie.   Tome  7,  No.  11.   Tome  9,  No.  1-4.    1894/95.  8». 

Äcadimie  Boyale  des  sciences  in  Brüssel: 
Annuaire  1895.    61«  annäe.    8<^. 
Bulletin.   8»  Sör.    Tome  28,  No.  12.    Tome  29,  No.  1—5.    1894/95.   8«. 

SociHi  des  Bollandistes  in  Brüssel: 
Analecta  BoUandiana.    Tom.  XIV,  £ei8C.  1.  2.    1895.    ^, 

Societi  beige  de  geölogie  in  Brüssel: 
Bulletin.    Tome  II,  4—7.     1888/98.    8°. 

American  philosophical  Association  in  Bryn  Manor  (PensyJvanien), 

Transactions.     Vol.  25.     1894.    Boston  1894.    8^. 

K.  ungatische  Akademie  der  Wissenschaften  in  Budapest: 

Mathematische  u.  naturwissenschaftliche  Berichte  aus  Ungarn.  Bd.  XII. 
1.  Hälfte.    Berlin  1895.    8^^. 

Ungarische  Revue.  14.  Jahrg.  Heft  9.  10.  1895.  Heft  1—4.  Buda- 
pest 1894.    gr.  8^. 

K.  ungarische  geologische  Anstalt  in  Budapest: 
Jahresbericht  fOr  1892.     1894.    8^. 

Földtani  közlöny.     Band  XXIV,  Heft  11.  12.     1894.    8^ 
Geologische  Specialkarte  von   Ungarn.     Blatt  Zone   14.     Col.  XXX 
mit  erklärendem  Text,     1894.    8«. 

Society  of  natural  sciences  in  Buffalo: 
BuUetin.    Vol.  5,  No.  4.     1894.    8«. 

Academia  Bomana  in  Bukarest: 
Documente  privitöre  la  istoria  Komänilor.    Suppl.  I.  Vol.  6.   Suppl.  U. 

Vol.  2.     1895.    40. 
Analele.     Ser.  II.    Tome  14.    1891—92.   Sect.  liter.  u.  Sect.  Scientif. 

,      15.    1892—98.    Sect.  liter.  u.  partea  administr. 
„      16.    1898—94.    Partea  administr.  1898/94. 4«. 
Festreden  1894/95.    4°. 
Basmele  Rom&ne.    Studiu  comparatiyu  de  Läzar,  Säiuänu.    1895.   8^. 


Vereeichnias  der  eingelaufenen  DrueJcsehnften.  459 

Instituto  y  ObservcUario  de  marina  de  San  Fernando  in  Cadix: 
Anales.    Seccion  2.    Ano  1898.    1894.    fol. 

SocietS  Lmneenne  de  Normandie  in  Caen: 
BuUeün.    4«  S^r.    Vol.  8,  fasc.  3.  4.    1895.    8». 

Metearölogical  Department  of  the  Government  oflndia  in  CalciUta: 

Monthly  Weather  Review  1894  July — Deoember.     1895.    fol. 
Meteorological  Observationa  1894  July — December.     1895.    fol. 
Indian  Meteorological  Memoirs.    Vol.  V,  part  4.  5.  6.   Vol.  VII,  1.  2. 

1894.    fol. 
Instructions  to  obseryers  of  the  Indian  Meteorological  Department. 

By  J.  Eliot.     1894.     &>.  * 

Rainfall  of  India.    III^  year  1898.     1894.    fol. 

Asiatic  Society  of  Bengal  in  CaIctUta: 
Bibliotheca  Indica.    New  Ser.     No.  847—849.     1894.    8«. 
Journal.    No.  338.  340-348.     1894/95.    8». 
Proceedings.    1894.   No.  X.     1895.   No.  I— lU.     1894/95.    8». 

Oeological  Survey  of  India  in  Cälcutta: 
Records.    Vol.  27,  part  4.    Vol.  28,  part  1.  2.    1894/95.    4». 

Philosophical  Society  in  Cambridge: 
Proceedings.    Vol.  VIII,  part  4.    1895.    8». 

Museum  of  comparative  zoölogy  in  Cambridge,  Mass.: 
Annual  Report  for  1893-94.     1894.    B^. 
Memoirs.     Vol.  XVII,  No.  3.     1894.    4«. 

Bulletin.   Vol.  XXV,  No-  12.    Vol.  XXVI,  No.  1.  2.  Vol.  XX VII,  No.  1. 
1894/95.     Vol.  XVI,  No.  15.     1895.    S^. 

Astronomical  Observatory  at  Harvard  College  in  Cambridge,  Mass.: 
49th  annual  Report  1893—94.     1894.    8^. 
Annais.    Vol.  XXXV.  Waterville  1894.   Vol.  XXXII,  part  1.    1895.    4^ 

Äccademia  Gioenia  di  scienze  naturali  in  Catania: 
Atti.     Serie  IV,  Vol.  7  und  BuUettino,  fa9c.  36—38.     1894.     4®. 

Physikalisch-technische  Reichsanstalt  in  Charlottenburg: 

Herstellung  und  Untersuchung  der  Quecksilber-Normalthermometer  von 
J.  Pemet,  W.  Jäger  u.  E.  Gumlich.     Berlin  1895.     4^. 

Field  Columbian  Museum  in  Chicago: 
Publications.    Vol.  I,  No.  1.     1894.    8». 

Zeitschrift  „The  Monist^  in  Chicago: 
The  Monist.    Vol.  V,   No.  2.  3.     1895.    8©. 

Zeitschrift  „The  Open  Court"  in  Chicago: 
The  Open  Court.     No.  382-893.  395—408.     1894/95.     4«. 
Historisch-antiquarische  Gesellschaft  in  Chur: 
XXIV.  Jahresbericht.    Jahrg.  1894.     1895.     8». 

Observatory  in  Cincinnati: 
Pablications  of  the  Cincinnati  Observatory.     Nr.  13.     1895.     4*^. 


460  Verzeichniss  der  eingelaufenen  Dnicksckriffen. 

Chemiker-Zeitung  in  Cöthen: 
Chemiker-Zeitung  1894.    No.  102—104.     1895.    No.  1—47.    fol. 

Naturhistarisehe  Gesellschaft  in  Colmar: 
Mittheilangen.    N.  F.     Band  2.    Jahrgang  1891-94.     1894.    &*. 
Äeademia  nadonal  de  ciencias  in  Cördoha  (Rep.  Argentina): 
Boletin.    Tom.  XII,  2.    XIV,  1.     Buenos  Aires.  1891—94.    8». 

Universität  in  GzernowiU: 
Verzeichniss  der  Vorlesungen.    Sommer-Sem.  1895.    8^. 

Historischer  Verein  in  Darmstadt; 
Qaartalblätter  1894  in  4  Heften.    ^. 

Verein  für  Hessische  Geschichte  in  Darmstadt: 
Archiv  f&r  Hessische  Geschichte.    N.  F.    Band  II,  Heft  1.    1895.   8<>. 

Colorado  Scientific  Society  in  Denver,  Colorado: 
Proceedings.     Vol.  IV,  1891—93.     1894.    8^. 

Verein  für  Anhaltische  Geschichte  in  Dessau: 
Mittheilungen.     Band  VII,  Theil  2.     1895.    8®. 

Uniofi  giographique  du  Nord  de  la  France  in  Douai: 
Bulletin.    Tome  XV,  3«  trimestre.    Tom.  XVI,  4«»  trimestre.    1894.   S». 

Sociite  astronomique  Russe  in  Dorpat: 
Ephdmeridis  des  dtoiles  pour  1895.    8^. 

Boy  dl  Irish  Academy  in  Dublin: 

Proceedings.     Ser.  III.    Vol.  3,  No.  3.     1894.    8°. 
Cunningham  Memoirs.    No.  10.     1894.    4*^. 

Geological  Society  in  Edinburgh: 
Transactions.     Vol.  VI,  part  4.     1892.    8®. 

Royal  Society  in  Edinburgh: 
Proceedings.     Vol.  XX,  page  305—384.     1895.    6^. 

Gymnasium  zu  Eisenadh: 

Jahresbericht  für  1894/95  nebst  Abhandlung  von  G.  Kühn :  Regesten 
zur  Geschichte  des  Gymnasiums.     1895.    4^. 

K.  Akademie  gemeinnütziger  Wissenschaften  in  Erfurt: 
Jahrbücher.     N.  F.     Heft  21.     1896.     8<». 

Reale  Accademia  dei  Georgofüi  in  Florenz: 

Atti.     Ser.  IV.    Vol.  17,   disp.  3.  4.    Vol.  18,  disp.  1.     1894/95.    8«. 

R.  Deputazione  di  storia  patria  in  Florenz: 

Documenti  di  storia  italiana.   Documenti  dell*  antica  costitnzione  deir 
comune  di  Firenze,  pabbl.  da  P.  Santini.     1895.    4". 

Senckenbergische  naturforschende  Gesellschaft  in  Frankfurt  a/M,: 
Abhandlungen.    Band  XVIU,  Heft  4.     1895.    4«. 


Verzeiehniss  der  eingelaufenen  Drucksdmften.  461 

Naturtoiasenschaftlieher  Verein  in  Frankfurt  a/0.: 
Helios.     12.  Jahrg.    No.  7—12.     1894/95.    8°. 

Societatum  Literae,  8.  Jahrg.   1894.     No.  10—12.     9.  Jahrg.   1895. 
No.  1—3.    8^. 

Universität  IfVeihurg  in  der  Schweiz: 

Collectanea  Friburgensia.    Fase.  III.     1895.    4^. 

Festreden  1894/95.     1895.    8<^. 

Behörden,  Lehrer  und  Stadirende.  S.-S.  1895.  W.-S.  1895/96.  1895.  8^. 

Aatoril^s  professeors  et  ätudiante.    Sem.  d'hiver  1894/96.     1894.    8^. 

Index  lectionnm.    S.-S.  1895.    8^. 

Oherhessischer  Geschichtsverein  in  Giessen: 
Mittheilungen.     N.  F.    Band  V.     1894.    8^, 

K,  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Qüttingen: 

Göttingische  gelehrte  Anzeigen.     1895.    No.  1—6.    4^. 
Nachrichten.    Philol.-hist.  Classe.    1894.    No.  4.    1895.    Nr.  1.  2    8^ 
,  Mathem.-phys.  Claase.    1894.    No.  4.    1895.    No.  1.    8". 

Nachrichten  u.  geschäftliche  Mittheilungen.     1895.     Heft  1. 
Julias  Plückers  gesammelte  wissenschaftliche  Abhandlungen.    Band  I. 
Leipzig  1895.    8^. 

Oberlausitzische  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Görlitz: 

Neues  Lausitzisches  Magazin.     Band  70,  Heft  2.     1894.    8*^ 

The  Journal  of  Comparative  Neurology  in  Chranvüle  (ü,  St.  A.^: 

The  Journal.   Vol.  IV,  p.  198-206  u.  CLIII— CCXII.   Vol.  V,  p.  1  -70 
u.  I— XXVi.    1894/95.    8«. 

I^aturwissenschafUicher  Verein  für  NewVarpammem  in  Greifswald: 
Mittheilungen.    26.  Jahrg.  1894.    Berlin  1895.    8^. 

Fürsten-  und  Landesschule  zu  Grimma: 

Jahresbericht  1894/95  mit  Abhandlung  von  P.Meyer:  Samuel  Pufen- 
dorf.     1895.     4^. 

K.  Instituut  voor  de  Taal,  Land-  en  Volkenkunde  im  Haag: 

Bijdragen.  V.  Reeks.  Deel  IX.  VI.  Reeks.  Deel  I,  No.  12.   1894/95.  8*^. 
Naamlijst  der  leden  op  1.  Januar  1895.     1896.    8^. 

Teyler  Genootschap  in  Haarlem: 
Archives  du  Musee  Teyler.    Ser.  IL    Vol.  4,  partie  III.     1894.    4". 

Sodete  Hollandaise  des  Sciences  in  Haarlem: 
Archives  N^rlandaises  des  sciences  exactes.  Tome  28,  livr.  5.  Tome  29, 
livr.  1.     1895.    8«. 

Kaiserl,  Leopoldinisch-Caroliniache  Deutsche  Akademie  der  Natur- 
forscher in  Halle: 

Leopoldina.    Heft  80,  No.  21-24.    Heft  31,   No.  1— 10.    1894/95.    4P. 

Deutsche  margenländische  Gesellschaft  in  Halle: 
ZeiUchrift.   Band  48,  Heft  4.    Band  49,  Heft  1.    Leipzig  1894/95.    8^ 

Jahrbuch  der  Elektrochemie  in  Halle: 
Jahrbuch.     1.  Jahrg.     Halle  1895.    8^. 

1895.  Sitsongsb.  d.  phü.  u.  biat.  Ol.  80 


462  Vereeiehni88  der  eingelaufenen  Druckschrißen. 

Universität  in  Halle: 
Das  zweihundertjährige  Jabil&nm  der  Universität  Halle- Wittenberg. 

Festbericht  von  D.  B.  Bejscblag.     1896.    4^. 
Verzeichnias  der  Vorlesungen.     Somm.-Sem.  1895.     4®. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Sachsen  und  Thüringen  in  Halle : 
Zeitschrift  für  Naturwissenschaften.    Band  67,  Heft  5  n.  6.    Leipzig 
1894/95.    8^ 

Thüringisch-sächsischer  Verein  für  Erforschung  vaterl.'  Älterthums 

in  Halle: 
Neue  Mittheilungen.     Band  XIX,  1.     1895.    S». 

Verein  für  Hamburger  Geschichte  in  Hamburg: 
Mittheilungen.     16.  Jahrg.  1893/94.     1894.     8^. 

Verein  für  naturwissenschaftliche  Unterhaltung  in  Hamburg: 
Verhandlungen.    Band  VIII.     1891-98.     1894.    8«. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  in  Hamburg: 
Abhandlungen.     Band  XIII.     1895.    4^'. 

Historischer  Verein  für  Niedersachsen  in  Hannover: 
Zeitschrift.     Jahrgang  1894.    8^. 

Atlas  vorgeschichtlicher  Befestigungen  in  Niedersachsen.   Heft  3.  u.  4. 
1890—94.    fol. 

Universität  Heidelberg: 

Erwin  Rohde,  Die  Religion  der  Griechen.     Rede.     1895.    4^. 

Historisch-philosophischer  Verein  in  Heidelberg: 
Neue  Heidelberger  Jahrbücher.    Jahrg.  V,   Heft  1.    1895.    8®. 

Naturhistorisch-medicinischer  Verein  zu  Heidelberg: 
Verhandlungen.    N.  F.    Band  V,  Heft  3.    1894.    8®. 

Verein  für  siebenbürgische  Landeskunde  in  Hermannstadt: 
Archiv.    N.  F.    Band  XXV,  Heft  2.     1895.    8«. 

Michigan  Mining  School  in  Houghton: 
Catalogue  of  the  Michigan  Mining  School  1892—94.    8^ 

Ferdinandeum  in  Innsbruck: 
Wappenbuch  der  Städte  und  Märkte  Tirols.     1894.    8. 

Medicinisch-naturwissenschaftliche  Gesellschaft  in  Jena: 
Denkschriften.    Band  IV,     Lieferung  1.  Text  und  Atlas. 

Band  V,       Lieferung  1.  Text  und  Atlas. 
Band  VI H,  Lieferung  1.  Text  und  Atlas.   1893/94.    foL 
Jenaische  Zeitschrift  für  Naturwissenschaft.  Band  29,  Heft  2.  1894.  8®. 

Universität  Kasan: 
ütschenia  Sapiski.     Band  62,   1-6.     1895.     8^. 
Medicinische  Üoctor-Dissertation  von  P.  Dmitriewsky.     1894.    8P, 
2  Medicinische  Dissertationen  von  Gratshov  und  Sergaiev.    1895.    8®. 

Kaiserliche  Universität  in  Kharkow: 
Sapiski.     1894.     No.  4.     1895.     No.  1.  2.    8^. 
M.  Tikhomandritzky,  Theorie  des  integrales  et  des  fonctions  elliptiques. 

1895.    8«. 


Verzeidhniss  der  eingelaufenen  Druckschriften.  463 

Ministerial'Commission  zur  Untersuchung  der  deutschen  Meere 

in  Kiel: 

Ergebnisse  der  Beobachtangs- Stationen.    1893.    Heft  1—12.    1894/96. 

quer  4®. 
Wissenschaftliche  Meeres -Untersuchungen.     N.  F.    Band  I,   Heft  1. 

1894.    40. 

Kais.  Universität  in  Kiew: 

Iswestija.   1894.   Band  34,  No.  11.  12.   Band  35,  No.  1.  2.   1894/96.   8'V 
Spisok  etc.  (Verzeichniss  des  Pernonals).     1894.    8^. 

Naturhistorisches  Landesmuseum  in  Klagen  fürt: 

Jahrbuch.    Heft  23.     1895.    8^. 
Diagramme.     1894.    fol. 

Äerztlidi-naturwissenschaftlicher  Verein  in  Klausenburg: 
Ert«8it0.    3  Hefte.     1894.    9f^. 

Archäologische  kroatische  Gesellschaft  in  Knin: 
Glasilo.    Band  I,  No.  1.  2.     1895.    80. 

K.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Kopenhagen: 

Descriptio  iconibus  illuütrata  plantarum   novarum   vel  minu.s  cogni- 

tarum,  autore  Job.  Lange.     Fase.  I— III.     1864—66.     fol. 
Oversigt.     1894.   No.  3.     1895,   No.  1.     1894/95.    8» 
M^moires.   6«  Sör.  Section  des  sciences.   Tora.  VIII,  No.  10.    1894.  4^ 

Gesellschaft  für  nordische  Alterthumskunde  in  Kopenhagen: 

Aarböger.     II.  Raekke.    Band  9,   Hett  3.  4.     Band  10,    Heft  1    und 

Tillaeg  zu  Band  9.     1894/95.    8^. 
Memoires.    Nouv.  Sär.  1893.     1894.    8^ 

Genealogisk  Institut  in  Kopenhagen: 
Danmarks  Kirkeböger.     1895.    eß. 

Akademie  der  Wissenschaften  in  Krakau: 

Anzeiger.     1895.     Januar— Mai.     8®. 

Rozprawy  filolog.      Tom.  20.   21.  23.      Rozprawy   filozof.      Tom.  30. 

1894.    8®. 
Rocznik  1893/94.    8^. 

Monumenta  medii  aevi  historica.     Tom.  14.     1894.     4^. 
Sprawozdania  komisyi  jezykowej.     Tom.  5.     1894.     8®. 
Acta  rectoralia.     Tom.  1,  fasc.  3.     1894.    8^. 
Archiwum  komisyi  histor.     Tom.  7.     1894.    8®. 
Biblioteka  piaarzöw  polak.     Tom.  29.     1894.     8^. 
Scriptores  rerum  Polonicarum.     Tom.  15.     1894.    8^ 
Nie.  Hnsso Viani  carmina.     1894.    8^. 
Atlas  geologiczny  Galicyi.    Heft  III.    (Text  und   Atlas.)     1894.     fol. 

Text  in  8«. 

SociSti  Vaudoise  des  sciences  naturelles  in  Lausanne: 
Bulletin.    3«  Sörie.    Vol.  30,    No.  115.  116.     1894.    S«. 

McuUscJiappij  der  Nederlandsche  Letterkunde  in  Leiden: 
Tijdschrift.    Deel  XIV,  1.  2.    1895.    8«. 

30* 


464  Verzei<^%88  der  eingelaufenen  Drueksehriften. 

Sternwarte  in  Leiden: 
Verslag  1893/94.    1894.    8^ 

Archiv  der  Mathematik  und  Physik  in  Leipzig: 
Archiv.     II.  Reihe,  Theil  13,  Heft  3.  4.     1894/95,    8". 

Astronomische  Gesellschaft  in  Leipzig: 
Vierteljahrsschrift.    Jahrgang?  29,  Heft  3.  4.    Jahrgang  30,  Heft  1.  2. 
1894/96.    80 

K,  sächsische  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Leipzig: 
Berichte  der  math-phya.  Classe.     1894,  II.  IQ.     189B,  I.    8^. 
Abhandlungen  der  math.-phys.  Classe.  BandXXF,  No.  3— 6.  Band  XXII, 

No.  1.     1895.    40. 
Berichte  der  philol.-hist.  Ciasso.     1894.     Heft  2.     8^. 
Abhandlungen  der  philol.-hist.  Classe.    Band  XV,  2.    4^ 

Journal  für  praktische  Chemie  in  Leipzig: 
Journal.    N.  F.    Band  51,   Heft  1-11.     1896.    8^ 

üniversiti  catholique  in  Loewen: 

Annuaire  1895.    6^. 

Theses.    No.  654—670.     Facult^  de  th^ologie.     1894.    S^. 

Programme  des  cours  de  Tannde  acad^mique  1894/95.     1894.    8^. 

J.  Muthuon,  Arkoses  de  Lembecq-Clabecq.    1894.    8''. 

V.  de  Bück,  Mgr.  de  Kam.     Paris  1865.    8®. 

M.  Arendt,  Commentaires  de  Charles  V.     Bruxelles  1859.    8^. 

W.  A.  Arendt,  Leo  der  Grosse.    Mainz  1885.    8^. 

J.  J.  Thonissen,  Vie  du  comte  Ferdinand  de  Meea>4.     1863.    8^. 

J.  J.  Thonissen,  Vie  du  comte  F^lix  de  Märode.     1861.    8®. 

Jansenius,  äväque  d'Ypres.     1893.    8®. 

J.  B.  Lafor§t,  Orphäe.    1850.    S«. 

Her  Majesty's  Government  in  London: 

The  Voyage  of  H.  M.  S.  Ohallenger.    A  Summary  of  the  scientific 
Results.     Part  I  a.  II.     1895.    4^. 

R,  Institution  of  Great  Britain  in  London: 
Proceedings.     Vol.  14,  2.     1895.    8®. 

The  English  Historiedl  Review  in  London: 
Historical  Review.     Vol.  X,    No.  37  u.  38.    1895.    8^. 

Royal  Society  in  London: 
Proceedings.    Vol.  57,   No.  340—846.     1895.    80. 
Philosophical  Transactions.     Vol.  185,    part  1.     A.  B.     1895.     4*. 
List  of  Membres.     1894.    4^. 

R.  Astronomical  Society  in  London: 
Monthly  Notices.    Vol.  56,   No.  2-7.     1894/96.    8^. 

Chemical  Society  in  London: 
Proceedings.     Session  1894—95.     No.  143—153.    8«. 
Journal.    Supplementary  Number  1894  und  Nr.  386— 391.    January  — 

June  1896.    8«. 
Charter  and  By  Laws.     1895.     8^. 
A  List  of  the  Ofißcers  and  Fellows.     1895.    8"". 


Verzeichnias  der  eingelaufenen  Druckschriften.  405 

Geological  Society  in  London: 
The  quarterly  Journal.     No.  197—200.     1894.     8«. 
liist.    November  1.     1894.     &>, 

Boyal  Microscopiccd  Society  in  London: 
Journal.     1894.    Part  6.    8«. 

Zoologicdl  Society  in  Lo^idon: 
Proceedings.     1894,    Part  IV.     1896,    Part  I.     1895.    8^. 
1  ranaactions.    Vol.  VIII,  10.     1895.    4<>. 

Zeitschrift  „Natur e"  in  London: 
Nature.    Vol.  51,  No.  1309—1333.     1894/95.    4». 

Aecademia  di  scienee  in  Lucca: 
Atti.     Tome  27.     1896.    8®. 

Universität  in  Lund: 
Acta.    Tom.  XXX,  1.  2.     1893/94.    4». 

Institut  Grand  Ducal  (Section  des  sciences  naturelles)  in  Luxemburg: 
Poblications.    Tome  2.  3.     1894.    8^. 

Verein  für  Luxemburger  Geschichte  in  Luxemburg: 
•0ns  H^mecht".    Vereina-Organ.    Jahrg.  I.   No.  3.     1895.    8«. 

Washburn  Observatory  in  Madison: 
Publications.     Vol.  VII,   part  2.     1894.    4». 

Government  Ästronomer  in  Madras: 
Madras  Meridian  Circle  Observatione.    Vol.  VIII.     1894.    4». 

Government  Museum  in  Madras: 
Bulletin.    No.  3.     1895.    8<>. 

R.  Academia  de  ciencias  in  Madrid: 
Anuario.     1895.    8^ 

B.  Academia  de  la  historia  in  Madrid: 

Boletin.     Tomo  26,  cuad.  1—6   und  Indice  general  zu  Tom.  1—25 
1895.    8^. 

R,  Osservatorio  astronomico  di  Brera  in  Mailand: 

OäHeryazioni  meteorologiche  deir  anno  1894.     1894     40 
Publicazioni.     Nr.  88.     1893.    fol. 

Societä  Italiana  di  scienze  naturali  in  Mailand: 
Meraorie.     Tomo  V.     1895.    4®. 

Societä  Storica  Lombarda  in  Mailand: 

Archivio  Storico  Lombardo.    Ser.  III.    Anno  XXI,  fasc.  4.    Anno  XXIT 
fasc.  1.     1894/95.    8P.  '  ^  ^*^' 

Literary  and  phüosophical  Society  in  Manchester: 

^^™1894/96'^  Proceedings.    IV.  Ser.    Vol.  8,   No.  4.    Vol.  9,  No.  1.  2. 


466  Verzeichniss  der  eingelaufenen  Druckschriften. 

Fürsten-  und  Landesschule  St.  Afra  in  Meissen: 
Jahresbericht  fftr  das  Jahr  1894/95.    4®. 

Verein  für  Geschichte  der  Stadt  Meissen  in  Meissen: 
Mittheilungen.     Band  IIT,  4.     1894.     S^. 

Zeitschrift  Bivista  di  Storia  Antica  in  Messina: 
Rivista.     Anno  I,   fasc.  1.    1896.    8°. 

Acadhnie  in  Metz: 
Mämoires.     Annöe  1892/98.     1895.    8®. 

Gesellschaft  für  lothringische  Geschichte  in  Metz: 
Jahrbuch.     Vf.  Jahrgang  1894.     4®. 

Observatorio  meteorologico  central  in  Mexico: 
Boletin  mensuel.    1895.   1 — 4.    4°. 

Sociedad  cientifka  „Antonio  Alzate^  in  Mexico: 
Memorias.    Tomo  8,   No.  1—4.    1894.    8°. 

Sociedad  de  historia  naturcd  in  Mexico: 
La  Natnraleza.    IL  Serie.    Tomo  2,  No.  6—7.     1898/94.    foL 
Natural  History  Society  of  Wisconsin  in  Mütoaukee: 
Occaaional  Papers.    VoL  II,  No.  2.  3.    1894/96.    8^. 

Societä  dei  naturalisti  in  Modena: 
Atti.    Anno  28.    Ser.  III.    VoL  3,  fasc.  1.     1894.    8^. 

Bureau  d^echanges  internationaux  de  publications  de  la  B^puhlique 

de  r  Uruguay  in  Montevideo: 

Loi  dn  rayonnement  solaire.    1894.    4^. 

Annuario  estadfstico  de  la  Repüblica  oriental  del  Uruguay.   Ano  1898. 

1896.     40. 
Estadistica  escolar  ano  de  1898.     1894.    4^. 
Rasgos  biogrä.fico6   del   Sefior  Don  Juan   Idiarte  Borda,   Presidente 

de  la  RepiSblica  0.  de  Uruguay.     1894.    4^^. 

SocUti  Impiriäle  des  Naturälistes  in  Moskau: 
Bulletin.    Ann^e  1894,   No.  8.  4.     1894/95.    8«. 

Lick  Observatory  of  the  üniversity  of  California  in  Mount  HamÜtan: 
Publicationa.    Vol.  III.     1894.     Sacramento.    4®. 

Deutsche  Gesellschaft  für  Anthropologie  in  Berlin  und  München: 
Correspondenzblatt.     1894,    No.  9—12.     1896,    No.  1—6.     1896.     4» 

K.  Technische  Hochschule  in  München: 
Personalstand.     Sommer-Sem.  1895.    8®. 

Metropolüan-Kapitel  München-FVeising  in  Münd^en: 

Schematismus  der  Geistlichkeit  fär  das  Jahr  1896.    8^. 

Amtsblatt  der  Erzdiöcese  München  und  Freising.    1896,  No.  1—16.   8^. 


Verzekhniss  der  eingelaufenen  Druckschriften.  407 

K.  Staatsminieterium  des  Innern  für  Kirchen^  und  Schulangelegenheiten 

in  München: 

Das  Eisenbabn-Nivellement  der  K.  B.  Staatseisenbahnen.     1894.    4P. 
Geognostische  JahreJ»hefte.     VII.  Jahrg.  1894.     Casael  1895.     4P. 

Historischer  Verein  von  Oberbayern  in  München: 

Monatoscbrifb.    4.  Jahrg.  1895,  No.  1—6.    Januar— Juni.    8®. 

Akademischer  Verlag  München: 

Hocbschul- Nachrichten.    No.  50—52.     1894/95.    4^. 

Verein  für  Geschichte  und  Älterthumskunde  Westfalens  in  Münster: 

Zeitächrift.    Band  52  und  Ergänzungsbefb  I,  Lief.  2.     1894.    8^^. 

Äccademia  delle  scienze  fisiche  e  matematice  in  Neapel: 

Rendiconfco.     Serie  IL    VoL  VIII,    fasc.   11.   12.     Serie  III.     VoL  I, 
fasc.  1—4.     1894/95.    gr.  8^. 

Zoologische  Station  in  Neapel: 

Mitibeilungen.    Bd.  XI,   Heft  4.     1895.    8^. 

Historischer  Verein  in  Neuburg  a/D,: 

Neaburger  Kollektaneen-Blatt.    57.  Jabrgang  1893.    8^. 

Institute  of  Mining  and  Mechaniccd  Engineers  in  NewcasÜe-upon-Tyne: 

Transactiona.     Vol.  44,  part  2.  3.     1895.     8^. 

2he  American  Journal  of  Science  in  Neto-Haven: 

The  American  Journal.    No.  289 — 294.    January— Jane  1895.    SP. 

Academy  of  Sciences  in  New- York: 

Transactiona.     Vol.  XIII.     1894.    8^. 

Annale.     Vol.  VII  (Index).    VoL  VIII,  No.  6.    1895.    8^. 

American  Museum  of  Natural  History  in  New- York: 

Bulletin.   .Vol.  VI.     1894.    8«. 

American  Chemical  Society  in  New- York: 

The  Journal.    Vol.  17,    No.  1  -7.     Easton  1895.    SP. 

American  Geographicdl  Society  in  New- York: 

Bulletin.   Vol.  26,  No.  4,  part  L  IL   Vol.  XXV U,  No.  1.    1894/95.   8^. 

Germanisches  Nationalmuseum  in  Nürnberg: 

Anzeiger.    Jahrg.  1894.    8^. 

Mittheilungen.    Jahrg.  1894.    8^^. 

Katalog  der  Holzatöcke  des  XV— XVIII.  Jahrh.    Theil  IL    1894.    8». 

Neurussische  naturforschende  Gesellschaft  in  Odessa: 
Sapiski.    Tom.  XIX,  1.  2.     1894/96.    80. 

Historischer  Verein  in  Osnabrück: 
Osnabrücker  Qeschichtsquellen.     Band  OL     1895.    8®. 

Verein  für  Geschichte  utid  Landeskunde  in  Osnabrück: 
Hittheilongen.     Band  19,  1894  u.  Uegister  zu  Band  1—16.     8^ 


468 


Verzeichniss  der  eingelaufenen  DrUckgehriften. 


Societä'VeneUhTrentina  dt  scienze  naturdli  in  Padova: 
Bullettino.    Tom.  VI,  No.  1.     1895.    8«. 

Circolo  matematico  in  Palermo: 
Rendiconti.     Tom.  IX,  fa?c.  1.  2.     1895.     8^. 

Acadimie  de  medecine  in  Paris: 
Bulletin.     1894,    No.  62.     1895,    No.  1—25.     8«. 

Acadtmie  des  sciences  in  Paris: 

Comptes  rendiis.     Tome  119,    No.  26.  27.     Tome  120,    No.  1-2V 
1894/95.    4^ 

Moniteur  scientifique  in  Paris: 

Moniteur.     Livr.  637—642.    Janvier— Juin  1895.     4°. 

Museum  c^histoire  naturelle  in  Paris: 

Bulletin.     Annde  1895,  No.  2.  3.    8<>. 

SociSte  giographique  in  Paris: 

Bulletin.     7®  Sdr.,  Tome  15,   Tome  16.     1894,   3«  et  4«  trim.     189.^ 

iw  trim.     B^. 
Comptes  rendus.     1894,   No.  18.  19.     1895,   No.  1—8.     8®. 

Sociiti  mathhnatique  de  France  in  Paris: 

Bulletin.    Tome  22,   No.  9.  10.     Tome  23,    No.  1—3.     1894/95.    8®. 

SocietS  zoologique  de  France  in  Paris: 

Bulletin.    Tome  19.     1894.    8». 

Mömoires.    Tome  VII,  part  1—4.     1894.    8®. 

Zeitschrift  „V ilectriden"  in  Paris: 
L'filectricien.     Tom.  VÜI,  No.  209.     1894.    4P. 

Academie  Imperiale  des  sciences  in  St,  Petersburg: 

Bulletin.    5«  S^rie.    Vol.  I,   No.  4.    Vol.  II,   No.  1—4.     1894/95.   4® 
Alex.  Veselovfiky,  Boccaccio.    Tom.  II.     1894.    8^. 
MemoireH.     Tom.  42,   No.  12.     1894.     4P, 
BvCavtiva  xQovixd.     Tom.  I,  Nr.  2—4.     1894.     4^ 

Botanischer  Garten  in  St.  Petersburg: 
Acta  horti  Petropolitani.     Tom.  XIII,  2.     1894.    8«. 

Kais.  russ.  mineralogische  Gesellschaft  in  St.  Petersburg: 
Verhandlungen.    II.  Serie.    Band  XXXI.     1894.    8^ 

Physikal. -chemische  Gesellschaft  an  der  kais.  Universität  St.  Petersburg: 
Schurnal.    Tom.  XXVI,  No.  8.  9.  Tom.  XXVII,  No.  1-3.   1894/95.  eP. 

Physikalisches  Gentral-Observatorium  in  St.  Petersburg: 

Annalen.    Jahrg.  1893,   Theil  I.  II.     1894.     4^ 
Repertorium  für  Meteorologie.      Supplem.-Band  VI    u.    Band  XVII. 
1894.    4<>. 


Verzeichniss  der  eingelaufenen  Druckschriften.  469 

Kaiserliche  Universität  in  St.  Petersburg: 

Gotitschnyact  (Jahresact),  8.  Febniar  1895.    8*. 

P.  M.  MelioranRki,  Kurze  Grammatik  der  Kosak-Kirgisischen  Sprache. 

Theil  I.     (In  russ.  Sprache.)     1894.     S«. 
Jos.   Kurono,    Russisch -japanische   Gespräche.     (In   russ.    Sprache.) 

1894.    49, 
Bestimmungen    för   die   Benützung   der   K.  üniversitäts- Bibliothek. 

(In  russ.  Sprache.)     1894.    8®. 

Äcademy  of  natural  Sciences  in  Philadelphia: 

Proceedings.     1894,  part  IL  III.     8^. 

Journal.    Second  Series.    Vol.  X,  part  2.     1894.    fol. 

American  pharmaceutical  Ässocicttion  in  Philadelphia: 

Proceedings.  XLII.  annual  Meeting  at  AsheTille.  Sept.  1894.  Balti- 
more 1894.    8^. 

Geographiccd  Club  in  Philadelphia: 
Bulletin.     Vol.  I,  No.  3-6.     1894/95.    B\ 

Historical  Society  of  Pennsylvania  in  Philadelphia: 
The  Pennsylvania  Magazine  of  Hi&tory.  Vol.  18,  No.  2—4.    1894/95.   &>. 

American  philosophical  Society  in  Philadelphia: 
Proceedings.    Vol.  32,  No.  148.     Vol.  33,  No.  146.     1893/94.    80. 

Societä  Toscana  di  scienze  naturdli  in  Pisa: 
Atti.    Processi  verbali.     Vol.  IX,  pag.  133—241.     1894/95.     4^. 

K.  Gymnasium  in  Plauen: 

Jahresbericht  für  1894/95  mit  Abhandlung:  Lncianstudien  von  Joh. 
Rentsch.     1895.     4». 

Historische  Gesellschaft  in  Posen: 
Zeitschrift.     7.  Jahrg.,  Heft  1.  2.     1894.     8' 

Central' Bure  au  des  meteorologischen  Instituts  in  Potsdam: 

Verhandlungen  der  1894  in  Innsbruck  abgehaltenen  Conferenz  der 
Permanenten  Commis.sion  der  Internationalen  Erdmessung.  Berlin 
1896.     40. 

K.  geodätisches  Infttitut  in  Potsdam: 

Astronomisch-geodätische  Arbeiten  I.  Ordnung.  Telegraphische Längen- 
bestimmungen  in  den  Jahren  1890—93.     1895.    4". 

Astrophysikalisches  Observatorium  in  Potsdam: 

Publikationen.     Band  VII,  2  und  X.     1895.     4«. 

Kaiser  Franz-Josef  Akademie  in  Prag: 

Rozpravy.     TKda  I.    Ro6nik  3,    dislo  3.   4.      Th'da   III.    Rocnik  3, 

«iftlo  3.     1894.     gr.  4^. 
V&tnik.     Roönik  3,  cislo  7-9.     1894.     gr.  8«. 
Almanach.     Ro6nik  5.     1895.    8^. 


470  Vergeichniss  der  eingelaufenen  Druckschriften, 

Gesellschaft  zur  Förderung  deutscher  Wissenschaft,  Kunst  und 

Literatur  in  Böhmen  in  Prag: 

Rechenschaftsbericht  vom  15.  Dezember  1894  und  Mittheilong  No.  III 
u.  IV.     1895.    8^ 

Eugen  Holzner,  Studien  zu  Euripides.    Wien  1895.    8^. 

Bibliothek  deutscher  Schriftsteller  aus  Böhmen.  Band  IL  Nik.  Her- 
mann.   Wien  1895.    8^. 

K.  Böhmische  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Prag. 

Jahresbericht  fßr  das  Jahr  1894.     1895.    8^. 
Sitzungsberichte  1894.     a)  Classe  für  Philosophie. 

b)  Mathem.-naturw.  Classe.     1895.    8^. 

Lese-  und  BedehaUe  der  deutschen  Studenten  in  Prag: 
Bericht  über  das  Jahr  1894.     1895.    8<>. 

K.  Böhmisches  Museum  in  Prag: 
Öasopis.    Jahrg.  1894.    4  Hefle.     1894.    &^. 

K.  K.  Sternwarte  in  Prag: 

Magnetische  und  meteorologische  Beobachtungen  im  Jahre  1894. 
55.  Jahrg.     1895.    4®. 

Deutsche  Carl- Ferdinands -Universität  in  Prag: 

Die  feierliche  Installation  des  Kectors  für  das  Jahr  1894/95.   1894.  8^. 
Ordnung  der  Vorlesungen.    Sommer-Sem.  1895.    8®. 

Verein  für  Geschichte  der  Deutschen  in  Böhmen  in  Prag: 
Mittheilungen.    33.  Jahrg.,  No.  1—4.     1894.    8». 

Naturforscher -Verein  in  Riga: 

Correspondenzblatt.     Nr.  37.     1894.    8^. 

Festschrift  aus  Anlass  seines  50  jährigen  Bestehens.     1895.    8^. 

Observatorio  in  Bio  de  Janeiro: 
Annuario  1894.     1893.    8^. 

„Limburg"  Provinciadl  Genootschap  voor  geschiedkundige  Weten- 

schappen  in  Boermond: 

Limburg's  Jaarboeck  I.     1894.    8®. 

R.  Äccademia  dei  Lincei  in  Born: 

Annuario  1895.    &>. 

Atti.     Serie  V.     Classe  di  scienze  morali.    Vol.  II,  parte  2.     Notizie 

degli  scavi,  Sett.— Die.  e  Indice  1894.   Vol.  III,  p.  2.   Gennaio — 

Marzo  1895.     4«. 
Rendiconti.    Classe  di  scienze  morali.   Serie  V.    Vol.  III,  fasc.  10—12. 

Vol.  IV,  fasc.  1-3.     1894/95.    8^. 
Atti.  Ser.  V.  Classe  di  scienze  fisiche.  Rendiconti.  Vol.  III.  Semestre  2, 

fasc.  9—12.    Vol.  IV.    Semestre  1,  fasc.  1—11.     1894/96.    4». 

Äccademia  Pontificia  dei'  Nuovi  Lincei  in  Rom: 
Atti.     Anno  45,  sess.  7.     Anno  47,  sess.  4.     1894.    4^. 


Verzeichniss  der  eingelaufenen  Druckschriften.  471 

B.  Comitato  geoiogico  d' Itcdia  in  Born: 
ßoUettino.    Anno  1894,  No.  4.     1895,  No.  1.    S». 

Kais,  deutsches  archäoloffisches  Institut  (röm.  Äbth.)  in  Born: 
Mittheilungen.    Band  IX,  No.  4.     gr.  8**. 

Ministero  di  agricultura,  industria  e  commercio  in  Born: 
Statistica  delle  Biblioteche.    2  voll.     1898/94.    4». 

Office  centrale  meteorologico  in  Born: 
Annali.    Vol.  XII,  parte  2.   1890.     1895.    4P. 

Societä  Bomana  di  stona  patria  in  Born: 
Archivio.     Vol.  XVII,  fasc.  3.  4.     1894.    8». 

Äccademia  degli  Ägiati  in  Bovereto: 
Atti.     Anno  XII.     1894.    Serie  III.    Vol.  I,  fasc.  1.    1895.    8«. 

American  Association  for  the  avancement  of  sciences  in  Salem: 

ProceediDgs,   held  at  Madison,  Wisconsin.    August  1893.     1894.    8^. 

Naturwissenschaftliche  Gesellschaft  in  St.  Gallen: 

Bericht  1892/93.    1894.    8<>. 

Joachim  Vatian  von  Emil  Arbenz.     1895.    4^. 

California  Academy  of  Sciences  in  San  Francisco: 

Proceedings.    11^  Series.    Vol.  IV,  part  1.     1894.    8®. 

Observatorio  astronömico  meteorologico  in  San  Salvator: 
Annuario  1895.    fol. 

K.  K.  archäologisches  Museum  in  Spälato: 
BuUettino.     Anno  18,  No.  1—5.     1895.    8^. 

Museum  in  Stavangen: 
Aarsberetning  for  1893.     1894.    8^. 

Gesellschaft  für  Pommer'sche  Geschichte  in  Stettin: 

Die  Bau-   und  Eunstdenkmäler   des   Heg.-Bezirks   Eöslin.     Band  II, 

Heft  1.     1894.     gr.  80. 
Baltische  Studien.    Jahrg.  24.     1894.    8^. 

K.  Vitterhets,  Historie  och  Antiquitets- Akademie  in  Stockholm: 

Handlingar.    Del  31.  32.     1893.    8». 

Antiquarisk  Tidskrift.     XIII,  1.     XIV,  3.     XV,  2.     1894/95.     8». 

Schwedens  öffentliche  Bibliotheken  in  Stockholm: 

Accessions-Katalog.     IX,  1894.     1895.    8^. 

Geseilschaft  zur  Förderung  der  Wissenschaften  in  Strassburg: 

Monatsbericht.  Band  28,  fasc.  8—10, 1894.  Band  29.  Heft  1—5,  1895.  8^, 

SocUte  des  sciences  in  Strassburg: 
Bulletin  mensuel.     Tome  28,  No.  7.     1894.     8^. 

K.  statistisches  Landesamt  in  Stuttgart: 

Württembergische  Jahrbücher  für  Statistik  u.  Landeskunde.  Jahrg.  1894, 
Heft  1—3.     1896.     4«. 


172  Verzeid^tnsB  der  emgüaufenen  Druekstknften. 

K.  äffetiÜMe  BMiathek  in  Stuttgart: 

Wirtemberjfi.Hcbe«  UrkandeDbücb.    Band  VI.    1894.    4®. 

HennaDn  Fischer,  Geographie  der  tchw&biBcken  Maiidart,  Text  und 

AtlaH,     Tübingen  1895.     foi. 

Würilem^ßergische  Kommission  für  Landesgeschichte  in  Stuttgart: 

WrirttemlK;rgifche   Yierteljabreshefte    för   Landesgeschichte.     N.    F. 
Jahrg.  III,  1894,   Heft  1—4.     1894/96.    8«. 

Department  of  Mines  and  Ägriculture  in  Sydney: 

I'alaeontology.    No.  8,  pari  IIL     1896.    4<>. 

Becordn  of  the  Geological  Sunrcy   of  New -South -Wales.     VoL  IV, 
part  3.     1896.     4P. 

Observatorio  astronömico  nacional  in  Tactibaya: 
Boleiin.    Tom.  I,  No.  20.  21.    Mexico  1896.    4<>. 

Physikalisches  Observcttorium  in  TifUs: 
Beobachtungen.    Jahrgang  1892.     1894.    fol. 

Deutsche  Gesellschaft  für  Natur-  und  Völkerkunde  Ostasiens  in  Tokio: 
Mitfheilungen.    56.  Heft.     1895.    fol. 

Imperial  University  in  Tokio: 
Calendar  1893/94.    S9. 
The  Journal  of  the  College  of  Science.    Vol.  VH,  2—4.   1894/96.   4«. 

Mediciniache  Faetdtät  der  Universität  Tokio: 
Miltheilungen.     Band  II,  No.  2.    Bd.  III,  No.  1.     1894.    4». 

Museo  civico  di  storia  naturale  in  Triest: 
Atfci.    Vol.  IX.     1896.    80. 

R,  Äccademia  delle  scienze  in  Turin: 

Atti.    Vol.  XXX,  disp.  1—11.     1894/95.    ^, 
OsHerva/Joni  mcteorologiche  deir  anno  1894.     1896.    8®. 

Humanistika  Vetenkaposamfund  in  Upscda: 
Skrifter.     Band  11.     1892—94.    8«. 

Universität  üpsala: 

Bulletin  menauel  de  Tobservatoire  m^täorologique.  Vol.  26,  Annde  1894. 
1891/96.    fol. 

Historisch  Genootschap  in  Utrecht: 

Bijiiragen  on  Mcdedeelingen.    XV.  Deel.    s'Gravenhage  1894.    8^. 
Werken.     Ser.  III,  Deel  5,     s'Gravenhage  1894.    8®. 

Provindal  Utrechtsch  Genootschap  in  Utrecht: 

Aanteekeningen  1894,    8**. 
VerslRg.     1894.    8». 

Äteneo  Veneto  in  Venedig: 

L'Ateneo  Veneto.    Ser.  XVI,  VoL  1.  2.   XVII,  Vol.  1.  2.    1892fW.    8». 


Verzeichniss  der  eingelaufenen  Dntckschriften.  473 

Istituto  Veneto  di  scienze,  lettere  e  arti  in  Venedig: 

Atti.     Tom.  50,  diap.  4—10,  u.  2  Appendices.     Tom.  61,  Nr.  1—10. 

Tom.  62,  No.  1—3.     1891—94.    &, 
Temi  di  premio  dal  19,  Maggio  1896.    8^. 

Bureau  of  Education  in  Washington: 

Annoal  Report  of  the  Commidsioner  of  Edacation  for  1891/92.    2  Voll. 
1894.    8«. 

Bureau  of  American  Ethnology  in  Washington: 

XL  Annual  Report   for   1889/90.     XII.  Annuü  Report  for   1890/91. 

1894.     40. 
ContributioDR  to  North   American  Ethnology.     Vol.  IX.     1893.    4®. 
An  ancient  Quarry  in  Indian  Territory,  by  W.  H.  Holmes.    1894.   8^. 
List  of  the  Pnblications  of  the  Bureau  of  Ethnology.     1894     8^. 

N.  S,  Departement  of  Agriculture  in  Washington: 

North  American  Fauna.    No.  8.     1896.    8^. 

Smithsonian  Institution  in  Washington: 

Smithsonian  Report.  U.  S.  National-Museum  1891.  1892.    1892/93.    8^. 
Annual  Report.    July  1893.     1894.     &>, 

Smithsonian  Miscellaneous  CoUections.    No.  854.  909.  970.    1894.    8^. 
Diary  of  a  Joumey  tbrough  Mongolia  and  Tibet  in  1391    and  1892 
by  William  Woodville  Rockhill.    1894.    8«. 

ü.  S,  Naval  Ohservatory  in  Washington: 

Observations  made  during  the  year  1889.     1893.    4^. 
The  Elements  of  the  four  inner  planets  and  the  fundamental  constants 
of  Aatronomy  by  Simon  Newcomb.     1896.    8^. 

ü,  S.  Coast  and  Geodetic  Survey  in  Washington: 

Annual  Report  for  1892.     Part  IL     1894.    d^. 
Bulletin.     No.  31-33.     1894/95.    8®. 

United  States  Geological  Survey  in  Washington: 

XU.  annual  Report  in  2  parts.     XIII.  in  3  parts.     1891/92.    4^ 
Monographs.    No.  XIX.  XXI.  XXIL     1893.    4«. 
Mineral  Resources.     1892.  1898.     1894.    8<'. 
Bulletin.    No.  97—117.     1893/94.    8«. 

Harzverein  für  Geschichte  in  Wernigerode: 
Zeitschrift.    Jahrg.  28,  Heft  1.     1895.    8». 

Kaiserliche  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien: 

Sitzungsberichte.     Philos.-hist.  Classe.    Band  130.     1894.    8^\ 

Mathem.-naturwi.ssensch.  Classe.     1893/94.    8^'. 

Abth.  I.     1893,    No.  8—10.     1894,    No.  1—3. 

,     n.     1893,    No.  8—10.     1894,    No.  1-5. 

,     IIb.  1893,    No.  8—10.     1894,    No.  1—3. 

,   III.     1893,    No.  8— 10.     1894,    No.  1—4. 

Denkschriften.     Philos.-hist.  Classe.    Band  43. 

Mathem.-naturw.  Classe.     Band  60.     1894.     4^. 
Archiv  für  österreichische  Geschichte.  Band  80,  2.  Band  81, 1.  1894.  8^. 


474  Verzeidmi$$  der  ängeUmfenen  Drududuiften, 

K,  K,  geoli}ff%sche  lieidufanstaU  in  Wien: 

VerhandlnsgeD.     1894,   No.  10—18.     1895,    1—7.    4^ 
Jahrbuch.    Jahrg.  1894.     Band  44.  Heft  2—4.    4^ 

K,  K,  Gradmessunfjs-Bureau  in  Wien: 

Attronomiüche  ArbeiteD.   VI.  Band.   Längenbesfciinmimgeii.    1894.   4®. 

K.  K.  Gesellschaft  der  Äerzte  in  Wien: 

Wiener  kliniBche  Wochenschrift.  VIIL  Jahrg.  1895,  No.  1—26.  1895.  4«. 
Ernst  Ludwig,  Schwefelbad  Ilidze  bei  Sarajero  in  Bosnien.    1895.   8^. 

Anthropologische  Gesellschaft  in  Wien: 

Mittheilungen.    Band  24,  Heft  6.    Band  25,  Heft  1.     1894/95.    4^. 

Geographische  Gesellschaft  in  Wien: 

Mittheilungen.    Band  37.     1894.    8<*. 

Zoologisch-botanische  Gesellschaft  in  Wien: 

Verhandlungen.    Band  44,  Jahrg.  1894,  HI.  u.  IV.  Quartal.    Band  45, 
Jahrg.  1895,  Heft  1—5.     1895.    8». 

K.  K.  lieiehS'KriegS'Ministerium  „Marine-Section"  in  Wien: 

Relative  Schwerbestimmungen  durch  Pendel beobachtungen.    1895.  8^. 

K.  K.  naturhistorisches  Hofmuseum  in  Wien: 

Annalen.     Band  IX,  No.  3.  4.    Band  X,  No.  1.     1894/95.    4<>. 

Physikalisch-medicinische  Gesellschaft  in  Würzhurg: 

Verhandlungen.    N.  F.    Band  XXVIII,  No.  2—7.    Band  XXIX,  No.  1. 

1894/96.    80. 
Sitzungsberichte.     1894,  No.  5—10.     1895,  No.  1.  2.     1894/95.    8^. 

Historischer  Verein  von  Unterfranken  in  Würzburg: 

Archiv.     Band  36  und  Ergänznngsheft.     1893/94.    99, 

Jahreabericht  für  1892  u.  1893.     1893  u.  1894.    8«. 

i)r.  Th.  Henner,  Der  historische  Verein  von  Unterfranken  in  seinem 

60  jährigen  Wirken.     1893.    8^ 
Ansicht   von   Würzburg   im  Jahre   1648   aus   Merian's   Topographia 

Franconiae  1650. 

Schweizerische  Meteorologische  Centrdlanstalt  in  Zürich: 
Annalen  1892.    Jahrg.  29.     1894.    4^. 

Schweizerische  geologische  Commission  in  Zürich: 
Beiträge  zur  geologischen  Karte  der  Schweiz.  Lief.  33.  34.  1893/94.  4^. 

Antiquarische  Gesellschaft  in  Zürich: 
Mittheilungen.     Band  XXIII,  7.    XXIV,  1.     1896.    4^. 

Natur  forschende  Gesellschaft  in  Zürich: 
Vierteljahrsschrift.  Jahrg.  39,  Heft  3.  4.  Jahrg.  40,  Heft  1.   1894/9)5.  8°. 

Universität  Zürich: 
Schriften  der  Universität  vom  1.  Mai  1894  bis  1.  Mai  1895.   4®  u.  S^. 


Verzeichniss  der  eingelaufenen  Druckschriften,  475 

Von  folgenden  Privatpersonen: 

Le  Prince  Albert  I""  de  Monaco: 

Snr  les  premi^reB  campagnes  scientifiques  de  .Princesse  Alice*.    Paris 

1895.    40. 
Sar  la  density  et  ralcalinit^  des  eanx  de  TAtlantiqae  par  M.  J.-Y. 

Buchanan.    Paris  1895.    4^. 

J,  P.  Alibert  in  Paris: 
Notes  sar  sea  d^ouvertes  et  ses  travauz.     1895.    4^. 

Francesco  Brioschi  in  Rmn: 
Notizie  anlla  vita  e  sulle  opere  di  Arturo  Cayley.    1895.    4®. 

V.  FusbÖll  in  Kopenhagen: 
VoBgter-Versene.    1894.    8^. 

3f.  P.  Foucart  in  Athen: 

Rechercbes  snr  rorigine  et  la  nature  des  mystbrea  d'flleasis.    Paris 

1895.  80. 

Aristote,  Constitution  d* Äthanes,  notes  sur  la  seconde  partie.    Paris 

1896.  8». 

C.  Bemigius  Fresenius  in  Wiesbaden: 

Anleitung  zur  qualitativen  chemischen  Analyse.    16.  Aufl.    1895.    8^'. 

Ur.  Gerling  in  Elmshorn  (Holstein): 
Ein  Ausflog  nach  den  ostholsteinischen  Seen.    Halle  1898.    8®. 

Emü  Heuser  in  Landau  (Pfalz): 
Katalog  des  stadtischen  Museums  in  Landau  i.  d.  Pfalz.    1895.    8^. 

Friedrich  Hirth  in  Tschung-King  (China): 

Die  Länder  des  Islam  nach  chinesischen  Quellen.    L    Leiden  1894.    8^. 
Ueber  den  Scbriftenverkehr  von  Einsay  zu  Marco  Polö^s  Zeit.    Leiden 

1895.    80. 
Das  Reich  Malabar  nach  Chao-Ju-Eua.    Leiden  1895.    8^. 

Wilhelm  His  in  Leipzig: 
Die  anatomische  Nomenclatur.    Sep.-Abdruck.     1895.    8^. 

Charles  Janet  in  Beauvais: 
l^tudes  sur  les  foumis.    Note  IV,  V  et  VI  (mit  4  weiteren  geologi- 
schen Abhandlungen).     Paris  1894.     4^  u.  8^. 

Alfred  Jörgensen  in  Kopenhagen: 
Der  Ursprung  der  Weinhefen.    Jena  1895.    8®. 

Albert  von  Kölliker  in  Würzburg: 

Kritik  der  Hypothesen  über  amöboide  Bewegungen  der  Neurodendren. 
1895.    80. 

Nicolaos  Krispi  in  Athen: 
Nia  ^ecDQla  tcöv  dsxadixcöv  dtji&ficäy.     1895.     B^. 

Otto  Kuntze  in  Friedenau  bei  Berlin: 
Geogenetische  Beiträge.     Leipzig  1895.    8^. 

August  Kurz  in  Augsburg: 
Der  Bunsenbrenner  (Ausschnitt).     1894.    8^. 


476  Vereeichnisa  der  eingelaufenen  Druckschrifien. 

Henry  Charles  Lea  in  Philadelphia: 

Philosophical  Sin.    1895.    8». 

Gabnel  Monod  in  Paris: 

Revue  historique.  XX.  Ann^e.  Tome  67,  No.  1.  2.  Tome  58,  No.  1. 
Paris  1895.    8«. 

Emü  Pcdlioppi  in  Pontresina: 

Dizionari  dels  itioms  romauntscbs.    Fase.  IV.     1895.    8^. 

Michele  Rajna  in  Maüaful: 

Suir  escursione  dinrna  della  declinazione  magnetica  a  Milano  1895.  8^. 

LHetrich  Reimer,  geogr,  Verlagshandlung  in  Berlin: 

Zeitschrift  für  afrikanische  und  oceanische  Sprachen.  Jahrg.  1,  Heft  1-3. 
1895.    40. 

Albert  Sarel  in  Paris: 

Notice  sur  M.  Fustel  de  Coulanges  par  M.  Albert  Sorel.     1893.     4^. 
Discours  pour  la  r^ception  de  M.  Albert  Sorel.     1890.     4*^. 

Äi'turo  Soria  y  Mala  in  Madrid: 

Origen  poli^drico  de  las  espacies.     1894.    8®. 

M.  A.  Stein  in  Lahore: 

Catalogue  of  the  Sanskrit  manuscriptä  in  the  Library  of  the  Inf  aharaja 
of  Jammu  and  Kashmir.     Bombay  1894.     4^. 

Michele  Stossich  in  Triest: 

Notizie  elmitologiche.     1895.    8^. 

I  distomi  dei  rettili.     1895.    8^. 

Osservazioni  sul  Solenophorus  megalocephalus.     1895.    8^ 

II  genere  Ankylostomum  Dubini.     1895.    8^.     • 

August  Tischner  in  Leipzig: 
Le  phdnombne  fondamental  du  Systeme  solaire.     1895.    8^. 

G.  Tschermak  in  Wien: 
Ueber  gewundene  Bergkry stalle.     1894.    4°. 

G.  Tropea  in  Messina: 
Storia  dei  Lncani.     1894.    8^. 

Girolamo  Vitelli  in  Florenz: 

Studi  italiani.    Vol.  lU.     1895.    8°. 

Gauthier  Villars  et  fUs  in  Paris: 

Repertoire  bibliograpbique  des  sciences  mathämatiqaes.  I.  S^rie. 
Fiches  k  100.     1894.    8». 

Henry  Wilde  in  Manchester: 

On  tbe  Multiple  Proportions  of  the  Atomic  Weights  of  Elementary 
Substanceis  in  relation  to  the  unit  of  Hydrogen.     1895.    8^*. 

On  the  Pividenc  e  aftorded  by  Bode'«  Law  of  a  permanent  Contraction 
of  the  Radii  Vectores  of  the  Planetary  Orbits.     1895.    8". 


Inhalt. 


Die  mit  *  bezeiebiioton  Abhandlungen  sind  in  den  Sitsnngsberichten  nicht  abgedmekt. 

•  Historische  Classe,     Sitzung  vom  15.  Juni  1895. 

Seite 
H.  Paul:  Tristan  als  Mönch,  deatsches  Gedicht  aas  dem  13.  Jahr- 
hundert      817 


Philos.'philoL  Classe,     Sitzung  vom  6.  Juli  1895. 

Wölfflin:  Benedict  von  Nursia  und  seine  Mönchsregel  .     .     .    429 
*W.  Meyer:  Nürnberger  Faustgeschichten 428 


Historische  Glosse,     Sitzung  vom  6.  Juli  1895. 

*J.  Friedrich:  Ueber  die  unäcbten  Kaiser-  und  Papstschreiben 

in  den  Biographien  des  Johannes  Chrysostomus  .    .     .    -.    426 


Einsendung  von  Druckschriften 455 


\ 


Akademische  Buchdruckerei  von  F.  Straub  in  München. 


Sitzungsberichte 


der 


philosophisch  -  philologisehen 

und  der 

historischen  Classe 


der 


k.  b.  Akademie  der  Wissenschaften 


zu  M-ünchen. 


1895.    Heft  IV. 


Mfinohen 

Verlag   der  K.  Akademie 
1896. 

In  Commiadon  des  G.  Frant'sohen  Verlags  (J.  Roth). 


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.-  ~.  . ' 


Sitzungsberichte 

der 

königl.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 


Sitzung  vom  2.  November  1896. 

Philosophisch-philologische  Classe. 

Herr  N.  Wecklein  hielt  einen  Vortrag: 

Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides. 
Derselbe  wird  in  den  Sitzungsberichten  erscheinen. 

Historische  Classe. 
Herr  W.  Pregeb  hielt  einen  Vortrag: 
üeber  eine  noch  unbekannte  Schrift  Suses. 
Derselbe  wird  in  den  Abhandlungen  erscheinen. 

Die  Classe  beschliesst  auf  den  Wunsch  des  Verfassers 
die  oben  S.  206  für  die  Sitzungsberichte  angemeldete  Ab- 
handlung von  H.  Simonsfeld: 

Neue  Beiträge  zum  päpstlichen  Urkundenwesen  im 
Mittelalter  und  zur  Geschichte  des  14.  Jahrhunderts 

in  den  Abhandlungen  zur  VeröflFentlichung  zu  bringen. 


18V5.  SiUungsb.  d.  pbil.  u.  bist.  Ci.  31 


Ä 


479 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides. 

Von  N.  WeckleiB. 
(Vorgetragen  am  2.  November.) 

I. 

Auch  ffir  die  Kritik  gilt  der  Satz  des  Polos:  i/uieigla 
fikv  noiei  tdv  alcbva  fi[i(bv  JiOQSveo'&ai  xarä  rix^'^»  ä^eigio, 
de  xarä  rvxfjv.  Nur  wer  einen  üeberblick  über  die  ganze 
handschriftliche  üeberlieferung  eines  Schriftstellers  hat,  wird 
bei  einzelnen  Stellen  die  entstehenden  Zweifel  losen' und  über 
die  Notwendigkeit  oder  Berechtigung  einer  Textänderung  ein 
massgebendes  Urteil  haben.  Manche  Kritiker,  die  es  sich 
zum  Verdienste  anrechnen,  an  einer  Stelle  die  Lesart  der 
Handschriften  in  Schutz  zu  nehmen,  würden  vielleicht  ganz 
anders  denken,  wenn  ihnen  die  häufige  Wiederkehr  des 
gleichen  Fehlers  vor  Augen  stünde.  Z.  B.  geben  Hik.  1183 
die  beiden  Handschriften 

äxove,  Srjoev,  xovoS*  ^A'&rjvaiag  XSyovg. 

Markland  bat  zijod'  für  rovod^  verlangt.  Weder  Kirchhoff 
noch  Nauck  hat  gewagt  diese  Emendation  in  den  Text  zu 
setzen  und  der  neueste  Heransgeber  des  Stückes  hat  dieselbe 
nicht  einmal  einer  Erwähnung  wert  erachtet.  Die  Worte 
spricht  Athena,  welche  sich  damit  den  Zuschauern  vorstellt. 
Der  Gebrauch  von  8de  bei  solcher  Vorstellung   ist   bekannt. 

Es  genügt  auf  die  ganz  gleiche  Stelle  Iph.  T.  1436  äxovoov 

Sl* 


480  N,  Wecklein 

xrjod^  'A&rivalag  Xöyovg  zu  verweisen.  Wer  trotzdem  diese 
Aenderung  für  stark  und  bedenklich  hält,  wird  sich  eines 
besseren  belehren  lassen,  wenn  er  die  zahlreichen  Fälle  über- 
blickt, in  denen  eine  unrichtige  Beziehung  auf  ein  in  der 
Nähe  stehendes  Wort  einen  Einfluss  auf  die  Alterierung  des 
Textes  ausgeübt  hat.  Ich  beschränke  mich  auf  Pronomina. 
Ein  lehrreiches  Beispiel  bietet  Alk.  17 

oix  ^Q^  nktjv  yvvaixbg  fjrtg  ij'&eXe 
^aveTv  tiqö  xelvov  /jLTjxh^  elaogäv  (pdog. 

Wie  Reiske  gesehen,  fordert  der  Sinn  Sorig  für  fjrig.  Das 
folgende  /ii]xh'  eloogäv  lehrt  weiter,  dass  '&av(lov  für  ^aveiv 
zu  setzen  ist,  was  gleichfalls  Reiske  erkannt  hat.  Also  wurde 
dem  yvvaixög  zu  Liebe  iftig  geschrieben  und  da  sich  damit 
^avcov  nicht  vertrug,  dieses  in  '&aveTv  verwandelt.  Hieraus 
ergibt  sich,  wie  wenig  methodisch  diejenigen  verfahren, 
welche  zwar  Sorig  aufnehmen,  aber  '&aveXv  stehen  lassen  und 
die  wertlose  Correctur  des  cod.  Havniensis  yuiy^'  h^  aner- 
kennen. Ebd.  23  hat  das  Schol.  zu  Hipp.  1437  die  richtige 
Lesart  Xebioy  fxeXd'&Q(ov  xcbvöe  (ptXrdTrjv  oriyrjv  bewahrt,  die 
Handschriften  geben  teils  tdjvde  (pdxdrojv,  teils  rijvde  cpiX- 
rdtrjv.  Ebd.  501  gibt  nach  Jiaiolv  die  eine  Klasse  der  Hand- 
schriften oTg  für  ovg,  546  hat  nur  eine  Handschrift  das 
richtige  ^yov  ov  Ttpde  dcüjudicov  . .  ^evcovag  oT^ag,  die  übrigen 
geben  tcbvde  dcDjbidTCüv.  Androm.  148  bieten  die  Handschriften 
teilweise  ozoXjxöv  xe  XQ^"^^^  Tcovde  noixlXcov  ninXcov  für  xdvÖe. 
Ebd.  663 

fjv  naXg  fikv  fjfJLYi  jufj  xixtj,  xavxrjg  d^  äno  ) 

ßXdaxcoot  naideg,  xrjode  yrjg  0&ic6xidog 
oxijoeig  xvgdwovg; 

wagt  niemand  die  Emendation  von  Brunck  xovods  yrjg  ^Mia>^ 
xidog  aufzunehmen;  ja  Matthiae  spottet  darüber  und  Lenting 
bekritelt  sie  mit  elegantius  quam  verius;    und    doch   fordert 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides,  481 

der  Gegensatz  rovade  (istos)  und  ist  rrjade  ganz  unnütz.  Für 
die  ähnliche  Emendation  von  Brunck  ebd.  896 

•   Ti  XQVJ^^f'  (^^  iocpAXfjied^  fj  oaq>(og  öqoj 
d6/Li(ov  ävaaoav  zwvde  Mevikeco  xdQtjv; 

wo  die  Handschriften  Ti^vde  bieten,  kann  ich  nur  das  Stil- 
gefühl geltend  machen,  bin  aber  von  der  Richtigkeit  der- 
selben überzeugt.  An  und  für  sich  passt  „ich  sehe  die 
Herrin  des  Hauses  hier*  sehr  gut;  aber  auf  die  Erscheinung 
ist  schon  vorher  hingewiesen,  nunmehr  handelt  es  sich  nur 
um  die  Identität  der  Person.     Ebenso  halte  ich  ebd.  959 

iyco  yäg  eldhg  Tijvde  ovyxvoiv  dö/xwv 
EQiv  te  X7]v  arjv  xal  yvvaixog  ^xtoqog 

für  notwendig,  weil  nach  dem  Zusammenhang  auf  die  Zer- 
rüttung des  Hauses  hingewiesen  werden  muss,  während  das 
handschriftliche  xibvde  überflüssig  ist.  Ebd.  709  fjv . .  Ikq, 
ÖC  oixcDv  xTJvd^  (rfjod^  P)  iTtioTidoag  xö/Lirjg  hat  Musgrave 
Tcovd^  hergestellt.     Bakch.  23 

jiQcoTag  dh  Gfjßag  xijade.  yfjg  'EXXtjvldog 

wäre  x'^ade  nur  dann  richtig,  wenn  nicht  bereits  ig  xiqvde 
Tiganov  ijX'&ov  'EXXi^vcov  x"^^^  vorherginge.  Da  jetzt  der 
Schauplatz  der  Handlung  angegeben  wird,  muss  es  xdode 
heissen,  was  bereits  Pierson  hergestellt,  der  neueste  Heraus- 
geber aber  verschmäht  hat.     Ebd.  28 

üejuiXrjv  dk  wfA(pev9eioav  ix  '&vrjxov  xivog 
ig  Zrjv^  &vaq)iQeiv  xtjv  äfiagxlav  Xexovg, 
KddfJLOv  oo(pio^a'&\  (bv  wv  eivexa  xxaveTv 
Zfjv'*  i^€xavxcbv'&\  oxi  ydfxovg  ey>evoaxo 

wird  durch  d>v,  welches  nur  auf  Kddjuov  oocplofiaxa  bezogen 
werden  kann,  der  Sinn  gestört.  Die  nachfolgende  Erklärung 
oti  ydfxovg  ixpevaaxo  beweist,   dass  die  Beziehung  auf  iva^ 


482  JV:  Wecklein 

(pigeiv  r^v  äjuLogTlav  Xixovs  doch  wohl  ov  erfordert.  Eine 
ähnliche  Unklarheit  hat  man  Soph.  El.  256 

äkX*  fj  ßla  yäg  xavx    äray^dCei  fie  dgäv, 
avyyvcoze.    ncbg  yäg  fjtig  ehyevqg  ywri, 
7xaTQ(p^  ÖQcboa  7i^fjuir\  ov  dgcpfj  rdS*  äv, 

d^dXlovra  ixäXXov  fj  xaxaqy^lvovd^  ögcj; 

Unwillkürlich  bezieht  man  &  auf  das  unmittelbar  vorher- 
gehende xdde,  während  es  zu  m^fiara  gehört.  Die  Unklarheit 
wird  beseitigt,  wenn  man  töö'  und  vorher  tovt'  schreibt, 
da  beides  sich  auf  TtoXXotoi  '^Qi/jvoig  dvoqpoQeiv  bezieht,  der 
Singular  also  ohnedies  dem  Sinne  mehr  entspricht.  Ebenso 
ist  man  ebd.  538  xravcDv  räfi\  ovx  ifxeXXev  twvöS  fioi  dcoaetv 
dbcrjv;  versucht  rcbvde  auf  rd  i/m  zu  beziehen,  während 
tovde  die  Beziehung  (rov  xraveTv  rä  i/ud)  klarmacht.  Aus 
gleichem  Grunde  hat  Elmsley  Heraklid.  246  xal  röd'  äyx^^^Q 
TieXaq  für  idS*  gesetzt.  Vgl.  auch  Jon  731  S  /x^  yhovzo  d\ 
et  Ti  Tvyxdvoi  xaxöv,  wo  Stephanus  S  verbessert  hat,  und 
Phoen.  1663  xäxeTvo  xixQiTai,  jlitj  icpvßQlCeo'&ai  vexgovg,  wo 
mehrere  Handschriften  xäxeTva  haben.  Die  Vertauschung 
von  röd^  und  xdd\  xovx'  und  xavx^  ist  eine  sehr  gewöhn- 
liche. Vgl.  Androm.  988,  Heraklid.  393.  Hik.  349  xdde  L, 
xdde  corr.  in  xdde  P,  Hipp.  379  xdde  P,  xode  die  übrigen, 
-f  1257  xdde  E,  xdde  ALP,  Iphj^999,  Or.  365,  Tro.  396.  So 
entspricht  Bakch.  483 

HE,  (pQovovGi  ydg  xdxiov  ^EXXi^vcov  noXii.  j^ 

AI.  xdd^  ev  ye  jbiäXXov'  ol  vd/ioi  dk  didq>OQOi 

xoS*  dem  Sinne  (dieses  eine)  weit  mehr  als  xdde.  Ebd.  347 
iX'&cbv  de  ^dxovg  xovod^  Tv'  olojvoaxoTiet  hat  Elmsley  xovd^ 
hergestellt,  1190  '^gq  xovde  für  '&i^Qa  xdvde  Hermann,  1265 
xi  fioi  xovd^  e^nelnag  etoogäv  für  xl  /noi  xwvd^  Stephanus, 
Hek.  1070  ßdoip  alo^^dvo/xat  xdvde  yvvaixcbv  für  xävde  (x&vde) 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides.  483 

Yvvaix(bv  Seidler,  Hei.  637  rd  r^g  Aids  für  rd  tov  Ai6g 
Schaefer,  735  ixnovcbv  Ißiol  für  ix  7i6vo>v  l/ubv  Barnes, 
809  xvQQwov  o  für  xvqawov  3v  Seidler,  945  rovg  dk  MeviXeo) 
für  TOV  de  MeviXeo)  Hermann,  1019  tg  Kaoiyv^rov  für  rov 
xaoiyvfixov  Dobree,  El.  \99  xovö'  äa^eveoxiQq>  Jtoxcp  für  xcpd'  ¥9^ 
äa^eveaxigq)  noxcp  Beiske,  1311  nöoig  for'  avx^  für  Jiöoig 
^ot'  avxög  Barnes,  Herakleid.  902  xöd'  äipeXia&ai  für  xovd' 
ifpeUo^ai  apogr.  Paria.,  930  rcßöi  t'  ovx  fjooov  xvxelv  für 
xwvde . .  xvx^iv  Ganter.  Hik.  106  ol  S*  ä/ntpl  xövde  Jiäideg; 
fj  xovxov  xixva;  gibt  P  xovxcov  mit  yq,  xovxov,  L  xovxcov. 
Ebd.  167  hat  Nauck  ovjj.q>oQäig  eixeiv  ijui  für  ovfjLq)OQaig 
eixeiv  ijLLcug  geset7.t,  765  Sviipev  avxög  xdw  xaXamcoQOJv  ocpaydg 
Reiske  für  avxaw,  1168  o(pe  Elmsley  für  oe  (durch  unrichtige 
Beziehung  auf  Adrast  entstanden),  Hipp.  268  xdade  övaxiqvov 
xvx<ig  für  xrioöe  ivaxi^vovg  Markland  (und  Luzac),  843  jiqO' 
anöXcov  ifwv  für  jiqootiöXcdv  ifi(bv  Valckenaer.  Ebd.  1153 
bietet  A  yrig  ävaxxa  xövde,  die  übrigen  yfjg  ävaxxa  x^oöe, 
Iph.  A.  639  hat  naldwv  x(pd'  für  naldwv  x&vd^  Fix  corrigiert, 
1354  xdv  ydßicov  für  xcbv  yd/ncov  Matthiae,  Iph.  T.  618  i^eäg 
yäg  xT^vde  TtQooxQOJitjv  ^x^  ^^r  ^eäg  yoLQ  xfjode  Bothe,  Kykl.  273 
xcpöe  xov  'Padafidr&vog  für  xovöe  Ganter,  412  MdQwvog  avxcp 
xovde  Tigoapigo}  nmv  für  MdgcDvog  avxov  xcode  L.  Dindorf, 
Or.  384  äfpiiai  <J'  avxov  ig  xcuqöv  xaxcbv  für  ä(piiai  d'  avxög 
Schaefer.  Ebd.  1597  gibt  L  xT^vde  fioi  dwoeig  dbcrjv  für 
xwvdi  ßioi  dcüoeig  dCxrjv,  1653  iq)^  fj  .  .  öiQfj  ABP  für  ^9?' 
jyg  diQjj,  Tro.  626  eldöv  wv  avxi^v  mehrere  Handschriften 
für  eldöv  wv  avxrj,  879  noiväg  0001  (andere  richtig  8oo)v) 
xe&väo^  Iv  'IXlcp  (plXoi,  Es  ermüdet  noch  weitere  Beispiele 
zu  suchen.  Die  gesammelten  werden  genügen  zu  zeigen, 
welchen  Wert  der  s.  g.  conservative  Standpunkt  hat  bei 
Stellen  wie  Hik.  1183,  wovon  wir  ausgegangen  sind.  Dem- 
nach wird  es  der  Beurteilung  einzelner  Stellen  dienen  und 
die  Sicherheit  der  Rezension  sowohl  wie  der  Emendation 
fördern,   wenn   durch   Zusammenstellung    und   Yergleichung 


484  N.  WeeJdein 

methodische  Grundsatze  und  allgemeine  Regeln  gefunden 
werden.  Ich  knüpfe  im  Folgenden  an  Versuche  an,  die  ich 
früher  in  meinen  Studien  zu  Euripides  gemacht  habe. 

Obwohl  schon  Reiske  und  Tyrwhitt  auf  unechte  Verse 
hinwiesen  und  Valckenaer  derjenige  ist,  der  zuerst  die  Frage 
der  Interpolation  systematisch  behandelt  hat,  kennzeichnet 
doch  gerade  die  Erkenntnis  der  Ausdehnung  fremder  Zusätze 
und  verwässernder  Nachträge  einen  grossen  Fortschritt  der 
neueren  Textkritik,  dessen  Verdienst  vorzugsweise  Dindorf, 
Nauck  und  Kirchhoff  zufällt.  Einige  zufallige  Anzeichen 
müssen  die  Besorgnis  erwecken,  dass  uns  manche  geschickte 
Einlagen,  welche  die  Redeweise  des  Euripides  gut  treffen, 
verborgen  bleiben.  Ein  lehrreiches  Beispiel  ist  die  Rede  des 
Theseus  Hik.  195—249.  Adrastos  fleht  163—192  Theseus 
um  Beistand  an,  um  von  den  Thebanem  die  Herausgabe  der 
Leichen  zu  erwirken.  Schon  diese  Rede  hat  mehrfache  Zu- 
sätze erhalten,  welche  von  Bothe  (177  f.),  Reiske  und  Tyr- 
whitt (180—3),  Dindorf  und  Kirchhoff  (190—92)  ausge- 
schieden worden  sind.  Theseus  erwidert  Adrast,  dass  er 
keinen  Grund  habe  den  erbetenen  Beistand  zu  leisten:  «der 
Pessimismus  der  Menschen  hat  keinen  Grund,  da  die  Gottheit 
alles  wohl  eingerichtet  hat;  aber  der  Witz  der  Sterblichen 
dünkt  sich  erhaben  über  die  Weisheit  der  Gotter. 

fjg  xal  ov  q>alvfi  dexddog  ov  ooq)bg  yeycos, 

öarig  xögag  fikv  '&ea<pdroig  0oißov  Cvyelg  220 

^ivoujiv  0)0'  Sdcoxag  d>g  ^(ovTCoy  '^eöv, 

XaiJuiQov  dk  '^olegcp  dcofia  ovfifiliag  x6  obv 

'^Xxcooag  olxovg'  xQV  7^0  ö^^*  dmfiaxa^) 


1)  ovu  di&ßiata  habe  ich  für  orre  e^fiata  geschrieben.  Im  vorher- 
gehenden Yen  hat  L  acöpka,  P  d&fia,  hier  ist  also  der  Fehler  in  P 
verbessert  worden,  im  folgenden  Verse  ist  er  stehen  geblieben.  Der 
Gedanke  ist:  ,was  du  gethan  hast,  thut  der  Weise  nicht,  welcher 
vielmehr  gesegnete  Freunde  für  sein  Haus  gewinnt". 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides.  485 

ädixa  dixaioig  röv  ao(p6v  avfifiiyvvvaiy 

evdaifiovovvtag  d^  ig  dofiovg  xräo'&ai  (püovg.         225 

xoivdg  yäg  6  '&edg  rag  rv^ag  ^yovjuevog 

TOig  xov  vooovvTog  nrjjüiaoiv  du^Xeoe 

Tov  ov  vooovvxa  xovdkv  rjdixrjxdra. 

ig  de  orgaTBiav  ndvxag  ^Aoyelovg  äycov, 

jüidvrecov  Xeyövrcov  '9€0<paT\  eh'  ärijudoag  230 

ß(q  TtagekdcDV  #eovg  äncoleoag  nöXiv. 

Der  Gedanke  von  222  —  228,  welcher  an  Aesch.  Sieb.  529  ff. 
erinnert,  bietet  an  und  für  sich  keinen  Anstoss.  Schwierig- 
keit bereitet  nur  cbg  ^(ovrov  '&ewv  221.  Theseus  kann  doch 
nicht  den  Ädrastos  tadeln,  dass  er  an  das  Dasein  der  Gotter 
geglaubt  und  dem  entsprechend  gehandelt  habe.  Markland 
schreibt  &6vxo)v  für  ^(bvKov  und  bemerkt  dazu:  oraculorum 
fidem  hie  leviter  stringit  Euripides  sub  persona  Thesei.  Gegen 
diese  Auffassung  spricht  entschieden  der  Zusammenhang.  Den 
Sinn  des  Dichters  haben  Reiske  und  Heath  erfasst:  oraculi 
monitu  dedisti  filias  tuas  hospitibus  quasi  dii  fuissent,  sed 
contra  Argivos  in  expeditionem  eduxisti  contempto  oraculo 
quasi  nuUi  dii  fuissent.  Die  V.  220  f.  werden  erst  ver- 
ständlich in  Verbindung  mit  229  f.:  „Als  es  sich  um  deine 
Tochter  handelte,  verfuhrst  du  so  wie  man  verfahren  muss, 
wenn  man  an  Götter  glaubt;  als  aber  das  Wohl  des  ganzen 
Volkes  auf  dem  Spiele  stand,  da  Messest  du  den  göttlichen 
Willen  ausser  Acht  und  stürztest  so  den  Staat  ins  Verderben.* 
Aus  diesem  Zusammenhang  ergibt  sich,  dass  die  V,  222 — 28 
auszuscheiden  sind,  wie  es  bereits  0.  Lüders  gethan  hat.  An 
den  Tadel  drijudodg  . .  dndiyXeoag  ndXiv  würde  sich  naturgemäss 
xäneix^  iyco  ooi  ovfxfxaxog  yevrjoofxai  (246)  anschliessen.  Statt 
dessen  folgt  eine  Tirade  über  das  verderbliche  Walten  ehr- 
geiziger junger  Leute  im  Staate  und  über  die  drei  politischen 
Parteien,  die  rechte,  die  linke  und  die  Mittelpartei.  Die 
letztere  Ausführung  hat  schon  Markland  nicht  gefallen: 
pulchra  et  vera  haec  sunt;    utrum   ad   rem   praesentem  sint, 


486  N.  WecMein 

dubitari  potest.  Huiiismodi  emblemata  seu  locos  commanes 
paratos  verosimile  est  poetas  domi  habuisse  etc.  In  dem 
Ausfall  auf  den  Ehrgeiz  junger  Leute  kann  man  eine  An- 
spielung auf  Älkibiades  finden  und  nur  die  V.  238 — 245 
sind  bisher  dem  Obelos  verfallen  (in  der  Schrift  von  Thom. 
Miller,  Euripides  rhetoricus,  Gott.  1887).  Aber  dass  die 
ganze  politische  Partie,  zu  welcher  mit  vioig  naQax^eig 
der  Uebergang  gewonnen  wird,  beseitigt  werden  niuss, 
zeigt  der  mangelnde  Zusammenhang  zwischen  245  und  246 
und  nach  Ausscheidung  von  238—245  zwischen  237  und  246. 
So  ist  also  der  ursprüngliche  Gedanke:  „der  Pessimismus  der 
Menschen  sollte  dem  Glauben  an  ein  gütiges  Walten  der  Gott- 
heit weichen.  Aber  die  Menschen  wollen  weiser  sein  als  die 
Gottheit.  So  hast  auch  du  dich  über  den  Willen  der  Gottheit 
hinweggesetzt  und  damit  den  Staat  ins  Verderben  gestürzt. 
Und  dann  sollte  ich  dein  Verbündeter  werden?*  durch  eine 
ethische  und  eine  politische  Einlage  auseinandergerissen 
worden.  Wir  lernen  hieraus,  dass  längere  Q^f^oeig,  deren 
Inhalt  unter  den  Gesichtspunkt  der  didvoia  fallt, 
leicht  Anlass  zur  Einfügung  allgemeiner  Gedanken 
boten.  Bemerkenswert  ist,  dass  gleich  im  ersten  Vers  der 
zweiten  Einlage  sich  die  Form  nagax^ek  findet,  welche 
Blomfield  mit  Recht  dem  tragischen  Sprachgebrauch  abge- 
sprochen hat.  Das  von  ihm  vermutete  ragax'^eig  entspricht 
dem  Sinne  weit  weniger  als  TiaQax^siQ-  In  ähnlicher  Weise 
wird  eine  Interpolation  durch  eine  einzige  Form  verraten 
Hik.  506 — 510,  durch  die  Form  xarä^ai.  Ich  will  xara- 
yvvvai  Ttatglda  nicht  gerade  als  ungriechisch  bezeichnen,  wie 
Elmsley  gethan  hat,  aber  dem  Euripides  kann  ich  diesen 
Ausdruck  nicht  zumuten.  Da^  kommt,  dass  sich  die  Ant- 
wort des  Chorführers  eng  anschliesst  an  504  f.  ij  wv  q>Qoveiv 
äfieivov  i^avx^i  Aiög,  fj  '&eovg  dixalov  (so  Markland  für 
dixaw)g:  diese  treffliche  Emendation  ist  ganz  unbeachtet 
geblieben)   rovg  xaxovg  änokXvvai,   welche  Mahnung  selber 


Beiträge  zur  Krüik  des  Euripides,  487 

den  besten  Abschluss  der  Rede  des  Herolds  bildet  Mit 
fremden  Zusätzen  scheint  die  Rede,  welche  Elektra  an  die 
Leiche  des  Aegisthos  hält,  El.  907  ff.  bereichert  zu  sein.  Die 
V.  942 — 44,  durch  welche  der  Gedanke  ^  yäg  q)voig  ßißaiog, 
ov  td  xQVf^'^^  verwässert  wird,  hat  bereits  Vitelli  als  ver- 
dächtig bezeichnet.  Ein  Kennzeichen  der  Interpolation  ist 
a^iHQÖv  dv&ijoag  XQ^^^  ^*<^^  ^^™  '^^''^  vorhergehenden 
ßgaxvv  öfxdfjoai  xQ^^ov,  Aebnlich  nimmt  sich  die  Wieder- 
kehr des  Ausdrucks  aus  in  909  ff.: 

xal  firiv  dC  ÖQ'&Qoyv  y'  oCttot'  i^sXlfjJtavov 
^Qvkovo^  &  y'  ebisTv  {j'^elov  xar*  ojxfxa  o6v,  910 

eI  df]  yevotjbitjv  deijj^drcDv  Hev^iga 
r&v  TtQÖa^e'  vvv  ovv  iojLiev'  &7todibo(o  de  ooi 
ixeiv^  ä  ae  l^ayyr^  tj&eXov  Xe^ai  xaxd, 

Sehr  überflüssig  ist  der  Zusatz  rcov  TtgöanH  und  der  ganze 
Gedanke  von  912  f.  entspricht  nicht  dem  Zusammenhang  des 
Vorhergehenden:  »Ich  bin  in  Verlegenheit  wegen  der  Ordnung 
meiner  Gedanken,  obwohl  ich  so  oft  in  der  Morgenstunde  die 
dir  zugedachte  Schmährede  hergesagt  habe.*  Es  ist  also 
nicht  bloss  913,  wie  Weil  gethan  hat,  sondern  auch 
912  zu  beanstanden.  In  910  hat  ye  keinen  Zweck.  Man 
hut  S  Xdoxeiv,  fl  cpcoveiv,  oo^  ebiEiv  vermutet.     Es  wird  jetzt 

i^Qvlovo'  ä  o£  Cojvt'  ij'^ekov  Xi^ai  xaxd 

zu  schreiben  sein.  Noch  eine  dritte  Stelle  dieser  Rede  ist 
verdächtig: 

näoiv  d'  h  'Agyeloimv  fjxoveg  rdde'  930 

6  Tfjg  yvvatxog,  ovxl  rdvÖQog  ^  yvvrj, 

xairoi  röd^  aloxgdv,  TiQooxaxEiv  ye  dofidrayv 

yvvaixa,  jurj  rov  ävdoa'  xdxeivovg  orvyo) 

rovg  naidag,  Song  rov  fxhv  ägoevog  naxQog 

ovx  AvofMomi,  rrjg  dk  /LtrjXQdg  Iv  jiokei.  035 

biioi]fia  ydg  yi^/iavTi  xal  fjitl^co  kext} 

rävÖQÖg  jiihv  ovdeig,  rdtv  dk  ^^Xfmov  koyog. 


I 


488  K  Wecklein 

Mit  xahoi  rod'  aloxQOV,  ngoorareiv  ye  diofxartov  yvvabca 
spricht  Elektra  keine  grosse  Weisheit  aus.  Vollends  Her 
Gedanke  xäxeivovg  cnvycö  rovg  ndidag  xri.  ist  in  der  Elektra 
des  Sophokles  am  Platze,  wo  Elektra  ihrer  Schwester  ein- 
dringlich vorhält:  vvv  d'  i$dv  naxQog  nivtoyv  dglorov  naida 
xBxXrjodai  xakov  rfjg  jLtrjrQÖg'  ovrco  yäg  q)avfj  nXetatov  xaxrj 
(365);  was  aber  die  Worte  bei  Aegisthos  bedeuten  sollen, 
ist  schwer  ersichtlich.  Die  beiden  letzten  Verse,  welche 
bereits  Härtung  als  unecht  erklärt  hat,  verwässern  den 
V.  931  und  sind  durch  die  Nachlässigkeit  des  Stils  gekenn- 
zeichnet. Hiernach  scheinen  mir  die  V.  932—37  späterer. 
Zusatz  zu  sein.  Durch  die  Lässigkeit  der  Ausdrucksweise 
wird  die  dieser  Rede  vorausgehende  Stelle  verdächtig: 

HA,  alo^vvo/uai  jaev,  ßovXofiai  S*  eijiEiv  Ofioig.         OOü 

OP.  xl  XQ^f^^f  ^^^o^'  ^^  (pdßov  y'  e^co^ev  et 
HA.  vexQOvg  vßQit^Eiv  jurj  fie  zig  (p^ovco  ßäXtj. 

OP.  ovx  ioTiv  ovdelg  oorig  äv  juifirifattö  ae. 
HA.  dvadgeorog  rj/ucov  xal  (pdotpoyog  noXig. 

OP.  Xey\  et  xi  XQYi^^^^y  ovyyov^'  äanovöoiai  yäg      005 
vö/ÄOioiv  ^x&gav  xcpde  avfißtßXr^xa^Bv. 

Wenn  die  Gedankenfolge  eine  richtige  sein  sollte,  raüsste 
Orestes  „  Warum  schämst  du  dich  das  zu  sagen,  was  du  im 
Sinne  hast?*  fragen.  Die  Worte  Xiy^  et  xi  XQI]^^^  können 
sich  naturgemäss  nur  an  900  anschliessen  und  V.  902  ist 
durch  einen  unordentlichen  Satzbau  gekennzeichnet,  da  der 
Infin.  vßgiCeiv  in  keiner  Verbindung  steht.  Der  Gedanke 
ovx  eoxiv  ovdelg  Öaxig  äv  fxifiyjaixo  ae  wäre  nach,  nicht 
vor  övodgeoxog  rjjüLcbv  xal  (piXoipoyog  TtöXig  am  Platze.  Wie 
es  scheint,  müssen  also  901 — 904  getilgt  werden.  Un- 
klarheit des  Ausdrucks  scheint  auf  Interpolation  auch  Hei.  575 

ME.  ov  Ttov  (pQOVG)  jiikv  ev,  xö  (J'  d/xjna  juov  vooeX;    575 
EA.  ov  ydg  ^e  Xavoarov  afjv  ödfAxigd^  ögav  doxeig; 
ME.  xd  ar7)ii'  fijuotov,  xd  dk  oatpig  pC  änooxegeJ. 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides,  489 

EA,  oxhpai'  xl  ooi  dei  Jilorecog  aaq)e(n€Qag; 

ME,  Soixag'  ovroi  rovro  y'  i^agv^ao/üiaL 

EA,  rig  ovv  didd^ei  o'  äXXog  fj  rä  6*  ofi/nara;        680 

hinzuweisen.  Man  weiss  nicht,  was  Subjekt  zu  dtTioGTegei 
ist,  Matthiae  hält  rö  ocbfia  dafiir,  Pflugk  tb  aaq)eg.  Hermann 
gibt  die  gezwungene  Erklärung:  sed  id  quod  certum  est 
(yeram  Helenam  in  antro  esse)  privat  me  te  uxore.  Nauck 
erklärt  den  Vers  für  korrupt.  In  rov  aatpovg  d'  äneatigriv, 
wie  Härtung  schreibt,  ist  der  Aor.  nicht  am  Platz.  Man 
könnte  an  rö  dk  aaqjeg  y'  äneoxl  fxoi  oder  x6  de  aaq?ig  fjiov 
äjiooraxei  denken:  im  ersten  Falle  stört  yi,  im  zweiten  die 
eigentümliche  Erasis.  Sieht  man  genauer  zu,  so  ist  der 
Gedanke  von  577  f.  und  579  f.  der  gleiche.  Es  werden 
also  die  V.  577  f.  auszuscheiden  sein. 

Manchmal  verrät  sich  die  Interpolation   durch  ein   un- 
geschicktes Wort.     Beim  Lesen  von  Hei.  704 

ME.  ovx  tjdSf  TiQÖg  &ecbv  d^  fifiev  fjTtaxrjjuevoi, 

vetpiXrjg  äyak/Ä*  l^ovxeg  h  xeQoTv  kvygdv.       705 
Arr.  xi  (prjg; 

veq^eXrjg  Sq^  äXkwg  elxoßiev  novovg  nsQi; 

würde  man  keinen  Argwohn  haben,  wenn  etwa  xev6v  an 
Stelle  von  XvyQov  stünde.  Was  mit  Xvygov  bezeichnet  wird, 
gehört  jetzt  nicht  zur  Sache;  kvygdv  dient  nur  zur  Ausfüllung 
des  Verses.  Valckenaer  vermutete  dafür  vygov,  was  Hermann 
gut  zurückgewiesen  hat.  Nun  sieht  man  weiter,  dass  der 
Vers  überflüssig  ist.  Ein  Trugbild  als  vecpekri  zu  bezeichnen 
kann  dem  Boten  überlassen  werden.  Endlich  erkennt  man, 
dass  mit  der  Beseitigung  des  Verses  die  Stichoraythie  her- 
gestellt wird.  Das  störende  xl  (pj)g;  ist  bereits  von  Matthiae 
ausgeschieden  worden.  Hermann  will  xi  (ft)g;  vor  705  setzen 
und  damit  eine  Art  Stichomythie  herstellen.  Bedenklich  ist 
die  Bemerkung:  reete  xl  (p/jg;  pro  integro  verau  est  stupente 
aliquamdiu  nuncio  nee  statim  respondente  Menelao.     In  der 


490  N,  Wechlem 

älteren  Ausgabe  hat  Kirchhoff  die  beiden  Verse  ausgeschieden, 
in  der  zweiten  bat  er  sie  nicht  beanstandet.  Nauck  will  die 
Stichomytbie  durch  den  Ausfall  eines  Verses  vor  705  gewinnen. 
Eine  auffallende  und  beunruhigende  Bestätigung  hat  die 
Annahme  einer  Interpolation  Hik.  903  erhalten.  Obwohl  das 
Lob  des  Tydeus  sich  durch  Kürze  auszeichnen  soll  (TvdecDg 
d^  Snaivov  h  ßg^xei  '^ood  /xeyav),  lautet  es  also: 

ovx  h  köyoig  fjv  la/njiQÖg,  äXV  h  dojildi  ^2 

deivdg  aotpicfxrjg  nokXd  t'  I^bvqeXv  oo<pd. 

yv(Ofifi  S*  ädelq)ov  Mekedygov  XeJiEtiJLfiivog 

toov  JiagSaxsv  Svofia  did  xixvrig  dogög,  905 

evQä)v  dxQißfj  fiovaixtjv  Iv  donldi' 

q)iX6nifxov  fi'&og  nkovoiov,  (pgdvtjfjia  dk 

iv  roToiv  Igyoig,  ovxi  rotg  Xöyotg  excov. 

Am  Ende  wird  der  am  Anfang  stehende  Gedanke  wiederholt. 
Nachdem  Porson  903  als  unecht  erklärt  hatte,  sind  von 
Dindorf  903—908  ausgeschieden  worden.  So  wird  das  Lob 
wirklich  kurz  und  bündig:  ovx  iv  Xöyoig  ^v  Xafuiqog,  äiX 
h  donlÖL  Aber  Wilamowitz  hat  gesehen,  dass  noXXd  t' 
l^evQeTv  oo(pd  nur  Erklärung  zu  deivög  oo(ptoTi^g  ist  und  die 
Worte  deivdg  oo<piaxijg  sehr  wohl  ursprünglich  sein  können; 
er  hat  auch  in  Numenios'  Traktat  negl  tijg  x&v  'AxadrjfAäixcjv 
ngdg  IlXdrcova  diaordoecog,  wo  es  von  Arkesilaos  heisst: 
Avofid^exo  oJjv  deivdg  acxpiarijg  xwv  AyvpivdaTCDv  oipayevg, 
die  Ergänzung  gefunden.  Der  Ausdruck  h  äonlbi  deirdc 
oo<pioTi^g,  T&v  äyvjLivdaTcov — atpayevg  erweist  sich  als  echt 
dichterisch  und  sehr  zum  Tone  dieser  Stelle  passend.  Die 
yv/nvdo^ra  oder  nQoyvfivdofxata  waren  also  schon  zur  Zeit 
des  Euripides  in  den  Schulen  der  Rhetoren  gebräuchlich. 
Dieser  Fall  lässt  ahnen,  was  uns  an  manchen  Stellen  die 
Ueberlieferung  statt  des  echten  Werkes  des  Dichters  bieten 
mag.  Eine  ähnliche  Erweiterung  scheint  Hek.  798  erfahren 
zu  haben: 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides,  491 

^fxetg  fikv  ovv  dovXol  re  xäa^evetg  Tacog' 
äiX*  ol  deoi  o'&ivovoi  x^  xeivcov  xQOtwv 
vöjuog'  vojLKp  yoLQ  tovg  '&€ovg  fiyovfie^a 
xal  ^a}fjiev  ädixa  xal  dbcai*  cbgiofiivoi' 
8g  ig  a'  ivek'&cov  et  diatp^agrioeiai  xxL 

Sehr  zur  Unzeit  ist  die  Rede  von  dem  Gesetz,  welches  noch 
mächtiger  ist  als  die  Gotter.  Versteht  man  darunter  nach 
dem  Ausspruch  des  Pindar  vößiog  6  jidvTcov  ßaoikevg  &vaxajv  xe 
xal  ä'&avdToyv  (Plat.  Gorg.  454  B)  das  allgewaltige  Schicksal, 
so  lässt  sich  die  Begründung  vö/bLcp  yäg  xxL  schwer  begreifen. 
Weil  gibt  die  Erläuterung:  ,das  Gesetz  beherrscht  die  Gfötter, 
weil  es  die  Grundlage  unseres  Glaubens  an  die  Götter  ist. 
Ohne  dasselbe  würden  die  Götter  für  uns  nicht  existieren*'. 
Was  soll  dieser  Gedanke  in  solchem  Zusammenhang?  Nauck 
hat  die  beiden  Verse  800.  801  als  unecht  erklärt.  Aber 
dann  fehlt  das  Wort  vö/nog,  auf  welches  allein  sich  8g  ig 
o'  ävek'&(bv  el  öiaqy&agi^aeTai  beziehen  kann.  Den  rechten 
Weg  zeigt  die  vollkommen  entsprechende  Stelle  Hik.  561 
ov  ydg  not^  tlg  'EXlrjvag  iSoia'^TJaexai  cbg  etg  Efx  iX&div  xal 
nöXiv  Ilavdlovog  vößiog  jiaXaiög  daifxdvoyv  dieq)&dQri.  Hier- 
nach haben  wir  zu  schreiben: 

dJU'  ol  ^eol  o^ivovoi  %&  xelvcjv  v6^og, 
8g  ig  a'  dveX'&dyv  el  diacp^aQ^aexai  xri. 

unter  Tilgung  der  übrigen  Worte. 

Die  eben  behandelten  Stellen  zeigen  auch,  wie  zur  Er- 
läuterung dienende  Worte  in  den  echten  Text  hineingearbeitet 
sind.     Ein  sprechendes  Beispiel  hiefür  bietet  Hei.  9  f. 

Oeoxkvfievov  äQoev\  [Sxi  di]  'äeovg  oißcov 
ßlov  di?jveyx\J  evyevfj  xe  Ttag^evovt 

wo  Nauck  das  Unechte  ausgeschieden  hat.     Bakch.  1108  f. 

^^'  (bg  iüODjUEV,  [ßirjd^  äjiayyeHf]  ^eov 
XOQOvg  xQV(pa(ovg].    ai  6k  fivQlav  X^Q^ 


492  N,  Weeklein 

hat  Paley  die  Worte  fitjd^  dnayyeüifi . .  xQvqxilovg  als  unecht 
erkannt,  weil  Agaue  den  Pentheus  für  ein  wildes  Tier,  nicht 
für  einen  Menschen  hält.     Alk.  795 

mj]  yL4€#'  ^ficav  [rdoS*  VTiegßakdjv  nvXag, 
ozetpdvoig  nvxao^eig] ;  xai  adq)^  olS*  &9ovvexa  htL 

hat  Mekler  die  aus  829.  832  stammenden  Worte  ausgestossen. 
Ein  ähnliches  Einschiebsel  finde  ich  in  dem  überflüssigen 
Relativsätze  Androm.  1151 

AeXcpov  TiQÖg  ävögög,  [ootieq  amdv  (oleae 
7ioXXd>v  yuer'  äU.o)v]'  (bg  dt  JiQog  yäiav  nkvei  xxL 

Die  Anmerkung  Hermanns,  in  welcher  er  die  Aenderung 
wvTiBQ  avTÖg  äksaev  noXXcöv  juei^  äXXcov  zu  begründen  sucht, 
ist  geeignet  von  der  Unechtheit  der  Worte  zu  überzeugen.  Als 
unecht  sind  dieselben  auch  von  Her  werden  erklärt  worden. 
Die  Handschriften,  welche  Stobaeos  benützte,  waren  von 
manchen  interpolierten  Stellen  frei.  Bemerkenswert  ist  in 
dieser  Hinsicht  die  Partie  Hik.  423  flF.  Die  V.  423—25, 
welche  Kirchhoff  als  unecht  erkannt  hat,  citiert  Stob.  fl.  106,  4 
EvQutidov  'Ixeildcov.  Dagegen  werden  44,  6  die  V.  433 — 37 
mit  Auslassung  der  unechten  Verse  435  f. 

eoTiv  Ö*  ivioTieiv  roloiv  io'&eveoTiQOig 
xöv  evTvxovvra  xav&\  8xav  xXvfi  xaXa}g. 

citiert.    Zwischen  diesen  und  den  vorher  angeführten  Versen 

Yj  d^  voocbdegf  xavxd  xoTg  &/xelvooiv 

8xav  novYjQÖg  d^iwju^  ävrjQ  exf] 

yX(6oorj  xaxaoxcDv  drjjuiov,  ovdiv  Ar  xö  tiqIv 

erkennt  man  auf  den  ersten  Blick  einen  grossen  Unterschied. 
Den  zwei  nach  Form  und  Inhalt  gleich  ungeschickten  Versen 
kann  man  nur  etwa  Phoen.  1370 

noXXoig  d^  ijzjJEi  ddxgva  xrjg  xvxtjg  öorj 
xäßXeipav  dXXrjXoioi  dcadövxeg  xÖQag 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides,  493 

und  den  Schloss  der  Aulischen  Iphigenie  an  die  Seite  stellen. 
Für  die  Bestimmung  des  Alters  der  drei  Interpolationen 
dürfte  dieser  Unterschied  nicht  ohne  Bedeutung  sein.  Vgl. 
Studien  zu  Eurip,  S.  350.  Die  V.  429—31  werden  49,  1 
angeführt  ohne  432: 

ovdkv  Tugdwov  övafievEoxeQov  ndkei, 

onov  x6  /Likv  7iQ(6uoTOv  ovx  eloiv  v6/jloi  480 

xoivol,  xQaTEt  Ö*  elg  xöv  v6fxov  xexTtjjbtivog 

avrög  naq*  avxtp,  xal  rod^  ovxh^  cor'  loov. 

Da  der  letzte  Vers  zwar  der  Satzconstruction  nach  zum 
vorhergehenden  gehört,  aber  doch  am  Ende  der  Sentenz 
steht,  lässt  sich  aus  der  Auslassung  desselben  nichts  mit 
Sicherheit  entnehmen;  aber  der  Yers  ist  in  seinem 
zweiten  Teile  ungeschickt  und  im  ersten  über* 
flüssig;  denn  wenn  es  auch  Aesch.  Prom.  202  nag^  iavxcp 
xo  dlxaiov  Sx^"^  heisst,  so  bezeichnet  doch  elg  xexxrjfiivog 
xöv  vöjbiov  bei  der  besonderen  Bedeutung,  welche  xexxrjjusvog 
dem  Sklaven  gegenüber  hat,  den  Gewaltherrn  des  Gesetzes, 
so  dass  avxdg  nag*  avxtp  eigentlich  den  Sinn  stört.  Dieser 
Stelle  geht  auch  eine  Interpolation  voraus: 

inel  d''  äycbva  xal  ov  xövd''  fjycovlaü),  427 

äxov^'  äjuiXXav  yäg  av  7iQov'&Y}xag  köycDv, 
ovdev  xvgdwov  dva/Lteveaxegov  nöXei. 

Mit  äjbuXXav  ydg  ob  ngov&rjxag  Xoyojv  wird  nur  der  Sinn  von 
äycbva  xal  oh  oovd^  rjycovloa)  wiederholt.  Der  V.  428  wird 
also  wegzubleiben  haben.  Androm.  668 — 77  hat  H.  Hirzel 
wegen  des  Inhalts  als  unecht  erkannt.  Die  mangelhafte 
Satzconstruction  in  669  dient  zur  Bestätigung.  Einen  Teil 
dieser  Verse,  672—77,  hat  Stob.  fl.  74,  24.  Es  kann  also 
auch  das  Citat  bei  Stob.  fl.  51,  13  die  Echtheit  von 
Androm.  764  f. 

7tokXd>v  vecov  yäg  xäv  yigcoy  evipvyog  fj 
xgeioocov  xl  yäg  del  öeiXbv  öyx^  euoco/zareiv ; 

1895.  Sitximgib.  d.  pbU.  u.  bist.  Cl.  32 


494  N.  WedOeim 

nicht  Terbfirgen.  Diese  Verse  sind  Terdächtig  wegen  der 
fibertriebenen  and  an  ihrer  Stelle  unpassenden  Prahlerei  des 
Pelens.  Die  Ungeschicklichkeit  von  xär  yiqfov  evtpvx'^  Ü 
wird  durch  die  Erklamng  Hermanns:  dixit  ,etiam  si  senex 
animoeos  est*  pro  ,etiam  senex  si  animosns  est*  nicht  be- 
seitigt. An  der  oben  erwähnten  Stelle,  wo  Hik.  433 — 37 
mit  AoslasBong  von  435  f.  angefahrt  werden,  stehen  an  Stelle 
des  in  den  Handschriften  des  Eoripides  erhaltenen  Verses 

yeyqafifievoyy  de  xwv  vofjuov  5  z'  äo&eyi^g 

folgende  zwei  Verse: 

ovx  iaziv  ovdhv  xQuaoov  ^  vofLOi  n61ei 
xcüidkg  xedivtts'  5  xe  yäg  äa&eriaregiK 

Dindorf  meint,  Stobaeos  habe  diese  zwei  Verse  an  die  Stelle 
gesetzt,  um  die  Sentenz  för  sich  allein  ausheben  zu  können, 
weil  yeyQafjLfiivoyy  dk  rwv  vöjucdv  ohne  das  Vorausgehende 
nicht  klar  sei.  Dies  ist  um  so  wahrscheinlicher,  weil  diese 
zwei  Verse  in  den  Text  des  Euripides  nicht  hineinpassen, 
also  nicht  fQr  diesen  gemacht  sein  können.  Doch  haben 
sich  s.  g.  Dittographien  nicht  bloss  im  Texte  des  Euripides 
neben  den  echten  Stellen  (z.  B.  Hik.  849 — 52  neben  853 — 56), 
sondern  auch  anderswo  erhalten. '  Wenigstens  möchte  ich  in 
dem  bei  Clem.  Alex.  Paed.  H  p.  211  erhaltenen  Verse 
(Adesp.  108  N.) 

äneQQB,  fXTJ  fxoi  micpavov  äfjupi'^g  xäga 

eine  Dittographie  zu  Bakch.  343 

ov  fjLYi  TiQoooloeig  x^^Q^f  ßaxxevoeig  d^  Icov 

erkennen.  Der  nächste  Vers  ßirjd^  l^ofidq^rj  /icoglav  TTjr  oijv 
IjLtoi  kann  sich  an  diesen  wie  an  jenen  anschliessen,  da  i(o- 
/lÖQ^f]  sowohl  Fnt.  wie  Aor.  Conj.  sein  kann.  Der  Sinn, 
welcher  mit  Icov  gegeben  wird,  ist  darch  äneQQS  deutlicher 
gemacht,  freilich  auch  vergröbert,  so  dass  wir  die  beruhigende 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides.  495 

Sicherheit  haben,  dass  der  handschriftliche  Vers  das  Ursprüng- 
liche bietet  und  die  Alezandrinische  Kritik  ähnlich  wie  bei 
Homer  das  Echte  richtig  erkannt  hat. 

Zu  Androm.  1254,  zu  welchem  das  Scholion  iv  xdig 
jiokXöig  T(ov  ävTiyQciqjcov  ov  (pigexai  6  lafißog  vorliegt,  bemerkt 
mit  Rücksicht  auf  dasselbe  Hermann:  sane  non  modo  non 
desideratur  omissus,  sed  etiam  importunus  est,  et  male  inter- 
rumpit  orationem.  Quare  non  mirabor,  si  eorum  aliquis 
criticorum,  qui  nihil  prius  habent  quam  eicere  quidquid  vel 
displicet  vel  obscurum  est,  hunc  versum  ut  ab  aliquo  inter- 
polatore  profectum  damnabunt.  Dindorf,  Nauck,  Eirchhoif 
haben  sich  durch  diese  Worte  Hermanns  nicht  abhalten 
lassen,  den  Vers  unter  den  Texfc  zu  setzen  wohin  er  gehör!;, 
und  unsere  Darlegung  mag  zeigen,  wie  weit  die  Kritik  der 
Tragiker  über  den  seiner  Zeit  massgebenden  Standpunkt 
Hermanns  hinausgeschritten  ist. 

Wie  die  Interpolationen,  so  benehmen  uns  auch  die 
Verderbnisse  einzelner  Stellen  das  Vertrauen,  dass  sich 
alle  Stellen  heilen  lassen,  ja  nur  dass  wir  überall  den  Schaden 
wenigstens  wahrnehmen.  An  der  handschriftlichen  Ueber- 
lieferung  von  Hik.  1109  flF. 

fiiocb  (J'  Sooi  xQtlCovoiv  ixrelveiv  ßlov 
vcoxoioi  xal  oxQCOfivaioi  xal  fxavrevjLiaoi 
naQexxQenovteg  öxexbv  dioxs  jbiij  'davelv 

würde  wohl  vcoxoioi  beanstandet  worden  sein  und  man  würde 
geglaubt  haben,  mit  jioxoToi  oder  oiroioi  das  Ursprüngliche 
zu  besitzen.  Die  Emendation  von  jnavTeu/iaoi  wäre  wahr- 
scheinlich auch  gefunden  worden.  Dagegen  hätte  oxQcojuvaioi 
alle  Kritik  verhöhnt.     Nach  Plutarch  lautet  der  Vers: 

ßgcDxoToi  xal  noxoXoi  xal  ixayevfxaoi. 

Bei  diesen  und  ähnlichen  Erfahrungen  wird  man  sich  wohl 
überzeugen,  dass  die  aus  den  Buchstaben  der  Ueberlieferung 
zusammengeschweisste   Emendation   häufig   nicht   zum   Ziele 

82* 


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^'nn  ' ,,    .,,,/;.  .>,,,.„  //,  ,»,4r,./^  z^;'»^  ,^t^     i't  i,^^  nunc  Jegnntiir, 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides.  497 

xagdaaei  dictum  est  pro  tagay/utöv  i/umoiet  Bei  dieser  Erklä- 
rang  kann  man  sich  hier  ebenso  wenig  beruhigen  wie  Soph. 
0.  T.  483  deivä  jüth  ovv,  deivd  ragdooet  ootpds  olcDvo'&hag 
oüre  doxovvT^  ovt'  änocpdoxovra  bei  der  Erklärung  deivtjv  Ta^a- 
Xtjv  TtoieJ,  obwohl  an  dieser  Stelle  der  Ausdruck  durch  deivd 
erleichtert  ist.  Es  wird  sich  zunächst  fragen,  ob  die  Emen- 
dation  von  Mehler,  welche  die  Stelle  des  Sophokles  in  Ord- 
nung gebracht  hat,  rsQqCei  auch  unserer  Stelle  zugute  kommen 
kann.  Dagegen  spricht  die  Fortführung  des  Gedankens  im 
folgenden :  orgdrev/Lia  nq,  üakXddog  xQi^oetai.  Das  Weitere 
zeigt,  dass  nicht  i,die  Furcht  verkündet  mir*,  sondern  ^ich 
bin  in  Angst,  wie  sich*6  entscheiden  wird*'  der  Sinn  sein 
muss.  Die  Aenderung  von  Herwerden  cbg  Sju^  ist  nicht  so 
leicht  als  sie  aussieht  und  was  soll  bei  d>g  ifie  öeT/Aa  Tagdooei 
der  Zusatz  vq?^  iJTtau?  Eben  dieser  Zusatz  beweist,  dass  an 
der  Stelle  von  Tagdooei  ein  Ausdruck  stehen  muss,  welcher 
„sitzt*  bedeutet.  Vgl.  Alk.  604  Jtgdg  d'  ifiq  tpvxq  '^dqoog 
fjcnai,  Aesch.  Ag.  972  ^dgaog  einev&hg  t^ei  qjgevog  cpikov 
^QÖvov.  Dem  Versmass  entspricht  dann  nur  '^odCei,  Kann 
es  nun  Zufall  sein,  dass  unter  den  Erklärungen,  welche 
bei  Hesych.  für  '&odCei  gegeben  werden,  neben  einander 
Tagdoaei  xd^rai  stehen?  lieber  ragdooei  als  Erklärung 
von  '9odC€i  müsste  man  höchlich  erstaunt  sein,  wenn  man 
nicht  eine  Stelle  wie  die  vorliegende  als  Ursprung  derselben 
betrachtete.  Grosse  Schwierigkeiten  bietet  die  Antistrophe 
El.  1155 

naXlQQOvg  dh  xdvö^  vTtdyezai  dixa 
diaögö/Liov  ki^^vg,  fiikeov  ä  Jiöoiv 
Xq6viov  Ixd^evov  elg  oTxovg 
KvxX(07i€id  t'  ovgdvia  reixe*  d- 
^v&rjxxcp  ßikei  xazExav^  avT6xeiQ, 
jiikexvv  h  x^Q^^'^  kaßovoa  rkd/xcov 
ndoig,  5  n  noxe  xdv 
xdkaivav  iox^v  xaxöv. 


498  N.  WeeJdein 

Zunächst  ist  der  Ausdruck  duadgdiJLov  Xixovg  unerklärlich. 
Wunderbar,  dass  die  famose  Erklärung  von  Reiske  coniugium 
desultorium  ab  Agamemnone  ad  Aegisthum  soviel  Anklang 
gefunden  hat!  Man  kann  Xdiva  xlootv  ^/nßoXa  didÖQOfxa 
(Bakch.  592)  von  dem  durcheinanderstürzenden  Gebälk  oder 
diaÖQÖ/jiovg  (pvydg  (Aesch.  Sieb.  174)  verstehen,  ein  didögo/nov 
kexog  aber  ist  mir  undenkbar.  Für  Xexovg  hat  bereits  Weil 
Xöxovg  yermutet  und  dieses  führt  auf  den  richtigen  Gedanken. 
Die  dbcrj  geht  aus  von  dem  Xöxog  im  Hause,  in  welchem 
Orestes  und  Pylades  auf  der  Lauer  liegen,  um  an  Elytämestra, 
sobald  sie  hereintritt,  blutige  Bache  für  die  Ermordung  Aga- 
memnons  zu  nehmen.  Dieser  Xöxog  also  ist  kein  didSgo/Liog, 
sondern  ein  juerdögoiuog,  ein  rächender.  Mit  dbca  fiexa- 
ÖQdfxov  Xöxov  erhalten  wir  eine  weitere  Reminiscenz  an 
Soph.  Elektra,  an  1386  ßeßäoiv  ägn  dco/Ädrcov  vTtöareyoi 
fxexdÖQOfxoi  xaxdjv  navovQyrjfidxoiv  äcpvxxoi  xvveg.  Die  Haupt- 
schwierigkeit aber  bietet  diese  Stelle  im  Schlüsse  kaßovoa 
rXdjLicov  nöocg  xxL  Um  des  Versmasses  willen  schreibt  man 
gewöhnlich  Xaßovo''  ä  (oder  w)  xXdjLtcov  Tiöaig,  oxi  noxi, 
obwohl  mit  ä  xXdjucjv  keine  volle  üebereinstimmung  mit 
dem  strophischen  (<pov€vo)eig  (plXav  erzielt  wird.  Nach  der 
gewöhnlichen  Auffassung  wird  der  Gatte  als  unglücklich 
beklagt,  dass  er  die  unselige  als  Unheil  für  sich  zur  Gattin 
nahm.  Feinsinnig  hat  Weil  bemerkt,  dass  diesem  Sinne 
noxi  nicht  entspricht.  Weil  vermutet  Xaßova*  &  naXa^ivalog, 
8  XI  noxe,  meurtriöre  impie,  quelque  douleur  qu*ait  pes^  sur 
Tinfortun^e.  Ges  derniers  mots  fönt  allusion  au  sacrifice 
dlphigenie.  Der  Gedanke  würde  als  sehr  passend  erscheinen, 
wenn  den  Worten  o  xl  noxe  xaxbv  Sox^v  xdv  xdXaivav  diese 
Bedeutung  schicklich  beigelegt  werden  könnte.  Die  Stelle 
enthält  eine  Reminiscenz  an  Aesch.  Ag.  1406,  wo  in  gleicher 
Sache  der  Chor  der  Elytämestra  zuruft: 

xl  xaxdv,  5}  yvvai, 
X'^ovoxQEcpkg  Sdavov  1}  noxbv 


Beiträge  xur  Kritik  des  Euripides.  499 

TiaoafAha  ^räg  i^  äXog  Sq/iuvov 

Da»  Wasser  des  Meeres  macht  wahnsinnig,  also 

TtiXexvv  h  ;|jeßOiv  Xaßova\  äX/ivgov 
Ttoxdv  8  xl  noxe  xäv 
xdXaivav  iaxsv  xax6v, 

,was  immer  für  ein  schlimmer  Trank  von  Meerwasser  die 
unselige  überkommen  haf^  d.  h.  ^was  immer  für  ein  Wahn- 
sinn sich  der  unseligen  bemächtigt  hat''.  Mit  dem  Gebrauch 
von  xaxög  in  diesen  beiden  Stellen  vgl.  xaxä  (pdqixaxa  von 
Giftkräutem  bei  Homer  {ßeßQCoxäyg  xaxä  (pdQixax\  i&v  di 
xe  fiiv  x^^os  alvög  X  94). 

Eine    bis    jetzt    nicht    gehobene    Schwierigkeit    bietet 
Bakch.  1026 

2id(oviov  yeQoyxog,  og  xb  yrjyevkg 
dgdxovxog  laneiQ^  öcpeog  iv  yaiq.  'äegog. 

Zwar  will  man  dgdxcov  8(pig  nach  der  Analogie  von  avg 
xdjiQog,  xavQog  ßovg,  oqvig  alyvniog  erklären,  aber  dagegen 
ist  schon  bemerkt  worden,  dass  ötpig  und  dqdxoyv  sich  nicht 
wie  Genus  und  Spezies  verhalten,  sondern  sich  gleich  stehen. 
Auch  vermisst  man  bei  yala  eine  nähere  Bestimmung.  Elmsley 
wollte  deshalb  entweder  dödvxog  eoneiQ'  (Härtung  lojteiQ' 
öddvxcov)  oder  dgdxovxog  eoneig''  ^Ageog  iv  yala  schreiben. 
Aber  die  Bezeichnung  ^Ageog  iv  yala  wird  durch  die  in  einem 
Gebete  gebrauchten  Worte  Aesch.  Sieb.  103  ngoöcboeig,  na^ 
Xalx^CDv^Agrjg,  xdv  xedv  yäv;  nicht  gerechtfertigt.  Die  Aehn- 
lichkeit  der  Buchstaben  von  ^Ageog  und  öcpeog  ist  auch  so 
unbedeutend,  dass  diese  nicht  ins  Gewicht  fallen  kann.  Das 
Wort,  welches  hier  verloren  gegangen  ist,  erfahren  wir  aus 
der  Stelle,  welche  der  unserigen  so  ähnlich  ist,  dass  sie  eine 
Reminiscenz  zu  enthalten  scheint,  Apoll.  Rh.  III  1184  xal 
§*  ö  /UV  'Aovioiotv   iviojieigag   neöioioi  KdöfJiog  ^Aytjvogldrjg 


500  N.  Wecldein 

youtiyevij  etoaio  kaov.  Hiemach  wird  man  znnichst  an  iantiQ* 
*A6va)v  yala  ^igog  denken.  Aber  die  lange  Anfangssilbe  in 
'A6viog  bei  Apollonios  und  Ov.  Fast.  I  490  Cadmas  in  Aonio 
constitit  exul  hämo  scheint  nnr  epische  Quantität  zu  sein,  bei 
Euripides  Phoen.  644,  wo  7iiyQo<p6Q*  'Aovodv  von  Yalckenaer 
für  nvQOipdQa  ddßicov  hergestellt  ist,  muss  *A6v(ov  die  erste 
Silbe  kurz  haben.  Aber  'Aovlq.  yalq,  befriedigt  nach  yn^yBvrjg 
nicht  sehr.  Alk.  590  geben  mehrere  Handschriften  yvlav 
oder  yviäv  för  yväv,  ebd.  687,  Phoen.  646,  648,  669  yviag 
für  yvag.  Leicht  also  konnte  yvlaig  in  yalq  fibergehen. 
Hei.  522 — 27  findet  sich  dreimal  yäg:  narglag  yäg , .  navxo^ 
danäg  ijzl  yäg  . .  Tgcpädog  Ix  yäg.  Dazu  kommt,  dass  TtavxO" 
danäg  inl  yäg  n6da  xQ^f^^^^l^^og  eine  ganz  ungewöhnliche 
Konstruktion  ist.  Vgl.  Phoen.  99  xoiade  ;|r^//xjrr£Tcu  dofioig, 
809  tel/joi  xQ^l^^^^ofiha,  Aesch.  Prom.  738  yvV  älicrdvoig 
XgCjunrovaa  Qaxtataiv,  Choiril.  fr.  2  p.  719  N.  {U^oioi)  y^g 
boToXoiv  iyxQifi(p&elg  noda.  Jon  156  heisst  es  allerdings: 
avd(b  jurj  ;|r^i/i7rT«v  &Qiyxötg  ^rjd^  elg  XQ'^^^Q^^  otxovg  in 
auffallendem  Wechsel  der  Konstruktion.  Aber  ich  glaube, 
dass  jUTjd^  elg  XQ^'^VQ^^^  otxovg  —  zu  schreiben  und  ein 
xaxifKpazov  unterdrückt  ist.     In  frg.  472,  16 

ndXkevxa  S*  exo)v  eiixaxa  (pevyo) 
yiveolv  xe  ßqoxwv  xal  vexgo&i^xfjg 
ov  ;f^£/ijrTd/ieFOc  tjJv  t'  ijuipvxcov 
ßgcüotv  idsöxcöv  7i€q>vkayfiai 

ist,  da  auch  der  Sinn  den  Plural  von  vexQo^xtj  erfordert, 
entweder  vexQodyjxag  zu  schreiben  (von  q)evyo)  abhängig) 
oder  vielmehr  vexQo&rjxaig  ov  XQ^M'^^^M^^^  '^V^  ifi^wx^ov 
ßQCüoiv  ideorcov  necpvXay fiai.  Diesen  Beispielen  entsprechend 
werden  wir  auch  Hei.  525  navxodanoToi  yvaig  n6da  XQ^M- 
7ti6fxevog  herzustellen  haben,  so  dass  wir  hier  gleichfalls  die 
Vertauschung  von  yäg  und  yvaig  wahrnehmen.  Nehmen 
wir  dazu  Herakl.  839  w  xdv  ^Agyeloyv  yvtjv  ondQovxeg  oder 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides.  501 

den  Ausdruck  des  Apoll.  Rh.  'Aovloioiv  hianelgag  nedloiai 
cnJer  Phoen.  668  yanexeig  idixev  öddvrag  elg  ßa'&voTiögovg 
yvag,  so  werden  wir  schliesslich  zu  der  üeberzeugung  kommen, 
dass  Bakch.  1026 

dgdxovTog  loneiQ^  *Aovloig  yvaig  '&{Qog 

zu  schreiben  ist.  Hik.  654  heisst  es  in  der  Beschreibung 
der  Schlacht  vor  den  Mauern  Thebens 

r€vj[BO(p6Qov  jAEv  kaov  IxTelvovT^  ävü) 
'lo/JLfjviov  JiQog  Sx^ov,  cbg  fihv  fjv  Xöyog, 

Die  Worte  d>g  juiv  r/v  Xöyog  geben  keinen  Sinn.  Der  Er- 
zahlende, ein  Argivischer  Kriegsgefangener,  lässt  sich  nichts 
erzählen,  sondern  beobachtet  alles  selbst,  wie  er  vorher  sagt, 
dass  er  auf  einem  Turme  am  Elektrathor  die  beste  Uebersicht 
gehabt  habe  (äfJL(pl  d''  'HkexjQag  jzvkag  eorrjv  '9eaTfjg  nvqyov 
Bvavyfl  laßcbv).  In  Idyog  hat  bereits  Kirchhoff  das  zu  ixTel- 
vovra  gehörige  Objekt  Xöxovg  erkannt.  Nun  bleibt  cbg  ßiev  J]v 
übrig.  Sehr  überflüssig  wäre  gleich  nach  ÖQ(b . .  Ixxeivovra 
das  von  Heimsöth  vorgeschlagene  (hg  IdeTv,  Ich  kann  in 
(bg  juev  tjv  nur  den  Namen  'lojurjvdg  erkennen,  woraus  sich 
nunmehr  die  Emendation  mit  Sicherheit  ergibt: 

ijKOvvßAOv  JiQog  ox'^ov  ^IojLir]vov  Xöxovg. 

Die  Athener  rühmten  sich  bekanntlich,  dass  der  Ge- 
treidebau von  ihrem  Lande  ausgehe.  Diesen  Ruhm  verkündet 
offenbar  Hik.  31 

^Qog  Tovde  orjxov,  ?v9a  ngtoxa  (palverai 
(pgt^OLg  VTteQ  yfjg  rfjode  xägni/Ltog  ordxvg. 

Störend  aber  ist  T?]ö5e,  denn  damit  würde  sich  der  Gedanke 
ergeben,  dass  Eleusis  zuerst  in  Attika  Getreide  gebaut  habe. 
Also  erscheint  rfjode  als  eine  falsche  Ergänzung.  Das  aus- 
gefallene Wort  kann  hier  mit  Sicherheit  gefunden   werden: 

q)Ql^ag  vnkq  yfjg  vcora  x&Qnifxog  ordxvg. 


502  N.  WeMein 

Vgl.  Phoen.  670  Sv&ev  i^av^xe  yä  ndvonkov  otpiv  vtuq 
äxQCDv  Sqcov  ;c^oy<Jc,  Hei.  129  Ttoioioiv  h  vcoxoiot  novttag 
äX6g;  Iph.  T.  1445  äxvfiova  n6vxov  Tt&tjot  v&ia,  Find. 
Pyth.  4,  26  vdtrcov  vTikg  yalag.  Nur  ein  stärkerer  Eingriff 
wird  auch  Hik.  949 

c5  zakabtcoQOi  ßgorol, 
ri  xräo'&e  3i6y)^ag  xal  xat^  äXXriXoyv  tpovovg 
xt&eo'&e;  7iavaao'9\  äXXd  Xij^avreg  jtövcov 
äoTTj  gwXdooE&^  rjovxoi  fiE'&''  ^ovx(ov. 

den  Fehler  der  üeberlieferung  beseitigen  können.  Den  Fehler 
hat  bereits  Hermann  beanstandet:  dXXd,  si  sincera  est  lectio, 
refertur  ad  praegressam  interrogationem,  quasi  dixisset  juij 
xjäo^e  Xöyxag'  Xen.  Mem.  Socr.  I  2,  2  Jiwg  ovv  avrdg  &v 
xoiovTog  äXXovg  5r  fj  doeßelg . .  ijiolrjoev;  dXX^  InavoE  fikv 
rovTcov  TioXXovg,  Der  Fall  wäre  nur  dann  gleich,  wenn 
jiavoao^e  nicht  dazwischen  stünde.  Hermann  fügt  hinzu: 
Magis  tarnen  placeret,  si  legeretur:  Tiavoa^'  al/tia,  Xi^^avTeg 
ji6v(ov.  Mit  Recht  bemerkt  dazu  Matthiae:  asyndeton  pro 
xal  Xi^S(^vr€g  növcov  minime  placet.  Die  Aenderungen  xiß-evreg 
avxstT^  (Kirchhoff),  7zavoao'&''  dXXd  Xrj^avxeg  növcov  xätnri 
sind  grammatisch  nicht  unbedenklich,  die  Aenderung  Tiavaaoi^* 
onXa  QhpavTEg  tzövcov  xäcrrtj  ist  ganz  unwahrscheinlich,  in 
Tiavoao^'  ä&Xa  ÖEl^avtEg  növcov  xäaTrj  ist  ÖEl^avxEg  unbrauch- 
bar. Eine  richtige  Form  gibt  nur  d^e  Verbesserung  von 
Stadtmüller  rl^Eod'^  änavorovg.  Doch  ist  änavaxovg  hier  ein 
ziemlich  überflüssiges  Epitheton.  Der  Sinn  von  navoaa&E 
ist  ganz  geeignet;  nur  verlangt  der  Stil  der  Tragiker  dafür 
eine  andere  Form: 

n  xxäa&E  Xöyxcig  xal  xai^  dXXrjXwv  q)övovg 
xl'&Eod'E;  firj  df}r\  dXXd  Xi^^avTEg  növcov  xxL 

Ueber   die   Bildung    des    dritten    Fusses  im  tragischen 
Trimeter  bei  Euripides  hat  Elmsley  eine  feine  Beobachtung 


Beiträge  eur  Kritik  des  Euripidea,  503 

gemacht  (Review  of  Hermann's  Supplices  abgedr.  im  Leipziger 
Abdruck  von  Marklands  Ausg.  der  Suppl.  1822  p.  236):  «wenn 
der  dritte  Fuss  aus  einem  einzigen  Worte  besteht  und  der 
Vers  gleichzeitig  in  zwei  gleiche  Hälften  zerfallt,  so  geht 
eutweder  der  zweiten  Hälfte  eine  Elision  voraus  oder  sie 
beginnt  mit  einem  Worte,  welches  einen  Vers  nicht  beginnen 
kann*'.  Diese  Regel  ist  nur  an  wenigen  Stellen  verletzt, 
meistens  an  solchen,  welche  auch  sonst  Anstoss  erregen.  Zu 
diesen  wenigen  Stellen  gehört  Bakch.  1125 

Xaßovoa  d'  (bXivaig  \  dgioregäv  x^Q^- 

Da  (bXivTj  (ulna)  »Arm*,  nicht  »Hand*  bedeutet,  so  wird 
gerade  durch  die  Zustammenstellung  mit  x^Q^  ^^^^  lächer- 
liche Vorstellung  erweckt.  Man  wende  nicht  ein,  dass  (hlhn] 
Iph.  T.  966  loag  de  /not  xprjcpovq  öiegQMfiiCe  TlaXXäg  (bXSvfj 
»Hand*  bedeute.  Die  Göttin  ordnet  die  Steine  nicht  mit 
der  Hand,  sondern  mit  dem  Arme.  Auch  ist  Xaßovoa  nicht 
zu  übersehen,  welches  an  die  Finger  der  Hand  zu  denken 
nötigt.  Jedenfalls  wird  der  Anstoss,  welchen  der  metrische 
Bau  des  Verses  bietet,  durch  (bXivaig  verstärkt.  Der  natür- 
liche Ausdruck  ist,  dass  Agaue  den  linken  Arm  mit  den 
Händen  fasst,  um  ihn  abzureissen,  wie  es  gleich  nachher 
heisst:  etpege  <5'  i)  jukv  (hXevi]v,  rj  d^  txvog  avzalg  dgßvXaig. 
Die  bisher  gemachten  Vorschläge  beseitigen  nur  den  einen 
oder  den  anderen  Fehler,  den  metrischen  dXX'  (hXevaig  Xaßovo^ 
ägiojegdv  x^Q^  ^^^  Xaßovoa  5'  (hXevaioi  x^^Q^  dgioregdv  oder 
Xaßovo^  iv  (hXivaig  d^  dgioTegdv  x^Q^  ^^^^  Mekler,  Xaßovoa 
d^  (bXevatoi  de^idv  x^Q^  von  Humphreys,  den  sprachlichen 
Fehler  Xaßovoa  6'  (bXevrjv  dgioregäv  x^Q^  ^^^  Minervini. 
Es  scheint  nur  eine  Art  der  Aenderung  möglich  zu  sein, 
welche  beide  Fehler  hebt; 

dXX^  (hXivTjv  Xaßovo^  dgioiegdv  x^Q^- 

Ich  habe  x^Qh  nicht  x^QOiv  bevorzugt,  weil  x^Qoiv  sich  gleich 
nachher  findet  und  als  Dativ  seltener  ist. 


504  N,  WecOein 

Nachdem  dieser  Widerstand  g^en  die  lex  Elmsleiana  über^ 
wanden  ist,  wird  sich  auch  Hek.  1159  der  R^^l  fOgen  müssen: 

ooai  dk  Toxddeg  ^aav,  hcnayXovfityat 
tSxv^  h  %EQdiv  Sjiallov,  d>g  ngöoco  nargog 
yivoivto,  diadoxcug  äßislßovoai  xeqcjv. 

Schon  die  handschriftlichen  Lesarten  weisen  auf  die  Unsicher- 
heit der  üeberlieferung  hin;  für  dta&oxcuQ  geben  geringere 
Handschriften  diadoya'toiv ;  xtqoiv  hat  nur  eine  geringere 
Handschrift,  die  meisten  geben  biä  xeqoq,  in  einer  findet 
sich  yq.  xal  ä/uißovoai  xegdiv.  Man  könnte  an  diadox^u^ 
äßieißovoai  x^Q<^^  denken,  doch  passt  zu  dem  Sinne  von  dia- 
doxaig  der  Plural  x^Q^  ^^^^  mehr  als  der  Singular,  am 
wenigsten  der  Dual  x^Q^^^-  I™  übrigen  erweist  sich  der 
Ausdruck  diadoxalg  x^Q^^  ^^  ^^^  ^^^  S^^«  ümsomehr  ist 
das  vorausgehende  h  x^QO^^  ^^  beanstanden.  Auch  passt 
zu  iv  x^Q^^^  &nalXov  («sie  schockten  sie  zwischen  beiden 
Händen'')  nicht  die  beabsichtigte  Folge  wg  ngöoco  natgdg 
yivoivto.  Für  InaXXov  erwartet  man  ijjbieißov,  so  dass  iv  x^QOty 
hiakkov  durch  ein  folgendes  diadoxouoi  jtäXXovoai  x^Q^^  he- 
einflusst  scheint.  Die  Ergänzung  zu  tjfjieißov  kann  bei  dem 
Sinne,  welchen  der  Zusammenhang  fordert  „sie  nahmen  sie 
eine  nach  der  anderen  auf  den  Arm",  nicht  zweifelhaft  sein: 

rixv^  äyxdXatg  fj^eißov,  (bg  jcq6ocd  naxQ&g 
yivoivTo,  dtadoxci'i^oi  ndXXovoai  ;fe^Q>v. 

Für  Hik.  303  og^dXXj]  yäq  iv  rovrq)  jbtövq),  TäXX*  ei  (pQOvojv 
kenne  ich  kein  Heilmittel.  Das  Radikalmittel  von  Nauck, 
welcher  den  Vers  tilgt,  wird  schon  durch  das  unmittelbar 
vorhergehende  o(paXfjg  empfohlen.  Jedenfalls  erscheint  bei 
oipdXXj]  ydg  nach  o(paXfjg  die  Aenderung  der  Bedeutung  und 
Beziehung  des  Wortes  als  stilwidrig.     Tro.  507 

äyere . .  oxißdda  ngbg  ;(ra/iatjr£T^ 

Tiixgtvd  xe  xgi^d€jj,v\  d>g  neoovo*  äno<p&ag& 

daxgvoig  xaxa^av&eToa, 


Beiträge  twr  Krüik  des  Euripidee.  505 

Sehr  richtig  bemerkt  Musgrave:  cum  aiißdda  x^/^^^^V 
commemorat  et  daxgvoig  xata^av&eioa,  nemo  non  exoptare 
eam  dicat,  ut  in  loco  solitario  sensim  se  lacrimis  et  moerore 
conficeret.  Musgrave  vermutet  äßaia  nQog  xQaxabieda  und 
öxqIoi  xaxa^av&eioa.  Wie  oiißdda  ngög  x^M^^^V  ^u  ver- 
bessern ist,  weiss  ich  nicht.  Ich  würde  dsigäd'  lg  xQaTaüecov 
oder  x^^Q^^^  ^^  xgexalkecov  verstehen.  Vielleicht  ist  nach 
507  ein  Vers  ausgefallen,  welcher  etwa  mit  ^  deiQdö'*  ig 
xgaraüecDv  schloss.  Für  daxQvoig  hat  Härtung  äxQaig  oder 
Tihgoig  vorgeschlagen;  eher  noch  jihgaig  (an  den  Felsen), 
da  TihQoig  xaia^alveiv  vom  Steinigen  gesagt  wird  (Hik.  503 
Tihgoig  xaxaiav&ivxeg  öoxecov  ^acpdg,  Soph.  Ai.  728).  Nach 
dem  Sprachgebrauch  der  Tragiker  ist  jiitQog  der  Stein,  Tihga 
der  Fels  (vgl.  zu  Phon.  1143  im  Anhang).  Aber  dxgloi  oder 
TiexQaig  ist  nach  neiQiva  xQT^dsßiva  ziemlich  überflüssig.  Dem 
tragischen  Stile  entspricht  di/iag  xaza^av^eioa.  Vgl.  Hipp. 
274  d>g  äa&evei  re  xal  xaje^avxai  de/j,ag,  wo  man  freilich  eher 
xaxfjvavxai  difiag  erwarten  sollte.  Vgl.  Soph.  Phil.  955 
avavovjLiai  xcpd'  iv  avkUp  als  Folge  des  Hungerns  (ovx  excov 
xQoq)riv)    wie   hier    (xgixaiav  oia^  äaixog  fj/nigav).     Hik.  990 

xl  (peyyog,  TiV  aiyXav 
idiq)Qeve  toi?'  äXiog 
oekdva  xe  xax"  al^iga 
XafjmdS^  JV  d)xv&6ai  vvixq)ai 
hmevovoi  dC  ÖQipvaiag. 

Für  idUpQEVE  TOI?'  äXiog  ist  ldi(pQBvexo  xdXag  überliefert,  für 
ÖQqpvaiag  hat  Hermann  ÖQqyvag  hergestellt,  für  bijievovoi 
Härtung  bzjievovoa.  Man  wird  nicht  mehr  mit  Markland 
die  Sterne  als  (hxv&öai  vvficpai  auffassen  wollen.  Kirchhoff 
schreibt  Xa/nTzdoiv  für  lajuTidd'  Xv\  Dagegen  spricht  das  anti- 
strophische evxleiag,  wenn  auch  Musgrave  €vx?.eiag  schreiben 
will.  Eine  methodische  Erklärung  für  die  Entstehung  der 
handschriftlichen  Lesart  finde  ich,  wie  ich  anderswo  bemerkt 


506  N.  WeekUin 

habe,  nar  in  äxTiv*  mit  der  üebeiscbrift  iafA3idö\  Nachdem 
diese  Schwierigkeit  gehoben  ist,  wird  sich  auch  der  letzte 
Rest  der  Unordnung  beseitigen  lassen.  Daza  yerhilft  uns  das 
dem  tragischen  Stil  geläufige  al^egog  Jtrvxäg  und  ovQavov 
Tttvxdg,  Vgl.  Hei.  605  nqbg  at&igog  jnvxdg,  Or.  1631  iv 
al^egog  Jtivxoug,  Phoen.  84  co  q>a€wäs  ovQavov  vaUov  Jtxvxäg 
Zev,    Hiernach  gestaltet  sich  die  ganze  Stelle  also: 

Ti  (peyyog,  w'  aXyXav 
IdUpQeve  T<5d'  äXtog 
aeXdva  te  xat^  ai^igog 
AxxTv*  (bxv&öav  nxvxdg 
binevovoa  dC  Sgtpvag. 

Es  verhält  sich  der  Acc.  äxnv^  d)xu&6av  zu  bzTievovoa  wie 
der  Acc.  r/  q>eyyog  zu  idupgeve.  Derselbe  ist  aus  dem  er- 
weiterten Gebrauch  des  Acc.  des  inneren  Objekts  abzuleiten. 
Dank  mehreren  sicheren  Emendationen  ist  bereits  die  Anti- 
strophe  vollständig  hergestellt: 

ÖQcb  drj  xelevxdv, 
tV  Soraxa'  xvxct  de  fioi 
Swdjixei  nodbg  äk/iaxi, 
evxXelag  x^Q'''^  hf&ev  6q- 
fjidocj  xäoS*  &ji6  Jiexgag, 

Auch  die  tiefgehenden  Schäden  der  Ueberlieferung  in  El.  442  ff. 
lassen  sich  meines  Erachtens  mit  Sicherheit  beseitigen.  Be- 
wusstes  Eingreifen  nimmt  man  in  der  Strophe  wahr;  denn 
der  handschriftliche  Text 

tv^  6  fptkavlog  enaXXe  öeX- 

(plg  jiQoigaig  xvavefißdXotg 

dhood/ievog, 

Tiogevcov  xdv  xäg  Gexidog 

xovcpov  äXfia  Tiodipv  ^Axdrj 

avv  'Aya/ii/btvon  Tgcolag 

ijil  2ifjLovvxldag  äxxdg 


Beiträge  eur  Kritik  des  Euripides,  507 

kann  nur  dadurch  entstanden  sein,  dass  man  die  Beziehung 
Ton  Tiogeiovoai  x6v  Oixidog  nicht  verstand  und  dies  un-* 
geschickter  Weise  mit  6  q)iXavXog  6tXq)k  in  Zusammenhang 
brachte,  als  ob  etwa  ein  Delphin  den  Achilleus  wie  den 
Arion  auf  dem  Rücken  getragen  hätte.  Tro.  1085  z.  B» 
heisst  es  kfik  ndvtiov  oxd(pog . .  Ttogevoei  biTzdßotov  ^Aqyog 
und  so  muss  auch  hier  noQsvetv  sich  auf  die  Schiffe  beziehen, 
während  vom  Delphin  etwa  nifineiv  (, geleiten*)  gesagt  werden 
könnte.  Im  übrigen  steht  der  Text  der  Strophe  fest  und 
bietet  uns  den  metrischen  Anhaltspunkt  für  die  Antistrophe: 

NrjQ^dsg  d^  EvßoTdag  äxräg  lutovoai 
'Hq)aloTOv  ;f^va€Cüv  äxfxdvoyv 
fiöx&ovg  äoTiiardg  ecpegov  rev^icov, 
ävd  TB  üi^kiov  ävd  re  ngv- 
fivag  ^Oooag  legdg  vdjiag, 
Nv/i(palag  oxonidg, 
xögag  ndxevo\  ev&a  TtajfjQ 
hmozag  xQi<pev  'EXXddi  q)d>g 
Oexidog  elvdhov  ydvov, 
xa^vTCogov  ndS'  'Axgeidaig. 

Trefflich  hat  Weil  im  letzten  Vers  xa^vTiod^  ovqov,  Walberg 
im  vorletzten  elvaXlov  vermutet.  Der  Inhalt  ist  auffallend, 
aber  klar  und  sicher.  Wie  schon  von  anderen  bemerkt 
worden  ist,  folgt  hier  Euripides  einer  abweichenden  Tradition. 
Die  Nereiden  bringen  schon  die  erste  Rüstung  als  Werk  des 
Hephästos  dem  Achilleus  und  suchen  ihn  in  den  Waldtbälern 
des  Pelion  und  Ossa,  wo  er  bei  Chiron  weilt.  Sehr  passend 
bemerkt  Weil,  dass  schicklicher  die  Rüstung  des  Achilleus 
als  der  Amboss  des  Hephästos  das  Epitheton  , golden*  erhalte. 
Weil  vermutet  ;|j^va£ovg.  Aber  wenn  wir  diesen  Anstoss 
zusammen  nehmen  mit  der  mangelhaften  Responsion  des 
folgenden  Verses  fxox^ovg  doniaxdg  =  jiijLuiovoai  ;|jo9ovc* 
so  werden   sich   beide   Fehler   durch   Umstellung   verbessern 


508  J^.  Weeklein 

lassen:  'Hq)aloxov  jiiöx^ovg  äx/iiövcov  äaniardg  XQ^' 
o€ü)v  Stpegov  xevxioyp,  worin  sich  ;i^^vo^q}v  natnrgemäss  mit 
xevxicDv  verbindet.  Nv^Kpäv  axonidg  hat  Seidler  hergestellt, 
vgl.  Hei.  1323  ;ftovo^^^/i/<ovag . .  *Idaiav  NvfXfpäv  oxontdg. 
Der  Sinn  und  der  strophische  Vers  gestatten  auch  xögag 
fjLdxevo*  in  fiaTevovoal  o(p*  zu  verbessern;  xögag  scheint 
nur  eine  Dittographie  des  vorhergehenden  xomdg  zu  sein. 
So  sehr  der  neue  Text 

Ni^QJjdeg  «J'  Evßoidag  äxxäg  Xmovoai 
'Hfpalaxov  fxöx^ovg  äxjudvwv 
äonioxAg  ;c^vo^(üv  l(p€Qov  xevxicov, 
ävd  xe  IIyiXiov  äv  xe  ngv- 
fiväg  "Oooag  legäg  vdnag, 
Nvßiqyäv  oxonidg, 
fiaxevovoal  ocp^,  h^a  naxtjQ 
biTiöxag  xgicpev  'EXkddi  q)(bg 
Qhidog  eivaXlov  yövov, 
xaxvnoS^  ovgov  'Axgeldaig 

von  der  handschriftlichen  Ueberlieferung  abweicht,  scheinen 
doch  Sinn,  Sprachgebrauch  und  Versmass  die  nötige  Gewähr 
für  die  Wahrscheinlichkeit  der  Aenderungen  zu  bieten. 

Eine  zufallige  Notiz  gewährt  uns  die  Möglichkeit  eine 
schwere  Corruptel  zu  heilen  Hek.  1187 

'Ayd/uejuvor,  dv&Qmjioiaiv  ovx  ixQV^  noxe 

xcüv  JiQayfidxwv  xrjv  ykcbooav  loxveiv  nkiov 

aXX\  ehe  XQ^^^  edgaoe,  XQV^'^^  ^^^*  kiyeiv, 

eix''  av  novrjqd,  xovg  Xöyovg  elvai  aa^Qovg  1190 

xal  fiTj  dvvao'&ai  xädix*  ei  Xeyeiv  noxL 

Abgesehen  von  dem  vorhergehenden  XQV^'  ^*^^*  Uyeiv  erweist 
sich  xovg  köyovg . .  ev  Xeyeiv  d.  i.  ol  Xöyoi  dvvavxai  xä  ädixa 
ev  Xeyeiv  als  stilwidrig.  Nicht  unbegründet  ist  deshalb  die 
Vermutung  von  Nauck,  dass  der  V.  1191  unecht  sei.  Auf 
der  anderen  Seite  aber  muss   man  eine   entsprechende   Aus- 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripidea.  509 

fährung  des  Gedankens  als  eine  stilistische  Eleganz  aner- 
kennen. In  Erinnerung  an  Med.  582  yXcoooij  ydg  av^oy» 
rädix^  «5  JiSQioteXeTv  hatte  ich  schon  früher  ev  TiegioteleTv 
für  ev  Uyeiv  noxi  vermutet  und  0.  Hense  act.  soc.  Lips.  VI 
p.  334  hat  diese  Lesart  in  einem  yvcnfioloyiov  des  cod. 
Marc.  507  gefunden.  Früher  nun  glaubte  ich,  dass  man 
sich  wegen  des  Fut.  negioxekeiv  mit  Beispielen  wie  Soph. 
Phil.  1394  neloeiv  dvvrjoöixeo'äa  beruhigen  könne.  Aber  wie 
hier  Jiel&eiv  verbessert  worden  ist,  so  findet  sich  nichts  Aehn- 
liches  bei  Euripides.  Es  muss  uns  also  das  Fut.  darauf  führen, 
die  angeführte  Stelle  der  Medea  noch  zur  weiteren  Herstellung 
zu  benützen,  zumal  da  wir  durch 

xal  ßirjdev^  avx^tv  xädtx^  ev  negioreXeTv 

das  erwünschte  neue  Subjekt  erhalten.  —  Hik.  1219  muss  die 
Logik  einen  stärkeren  Eingriff  rechtfertigen: 

äXT  ov  (pddveiv  XQV  ovoxidCoyxag  yevvv 
xal  x^XxoJiXfj'&f}  Aavai6(bv  ÖQfxäv  ozQaxbv 
Inxdoxofiov  TtvQycofia  KadfieicDV  enc 
TiixQol  ydq  avxoTg  rjiex^  ixxe'&Qa/i/xevoi 
oxvfivoL  keovxcov,  nöXeog  ixTtoQ'&i^xoQeg, 

Dieser  Text  kann  nur  bedeuten:  ,aber  sobald  dichter  Flaum 
euer  Kinn  umkleidet,  müsst  ihr  sofort  den  Feldzug  gegen 
Theben  unternehmen.  Denn  vollständig  auferzogen  werdet 
ihr  ihnen  bitteres  Weh  bringen*.  Es  ist  klar,  dass  dieser 
Begründung  nicht  der  Gedanke  »ihr  dürft  nicht  zu  alt  werden, 
bis  ihr  den  Feldzug  unternehmet*,  sondern  der  Gedanke  „ihr 
dürft  nicht  zu  jung  den  Feldzug  unternehmen,  ihr  müsst  erst 
warten,  bis  ihr  zur  vollen  Manneskraft  gelangt  seid*  voraus- 
gehen kann.  Diese  zweite  Mahnung  eignet  sich  auch  mehr 
für  Helden,  welche  nach  dem  Folgenden  der  Nachwelt  Stoff 
zum  Gesänge  bieten  sollen.     Demnach  muss  es  heissen: 

äXXä  (p'&dveiv  XQV  ovoxidCopxag  yevvv 
f]  x^^^07iX7]7^i]  Aavatdoyv  ÖQfiäv  oxqqxÖv, 

1895.  SitKungBb.  d.  pbil.  u.  hist.  CI.  33 


i 


510  N.  WecJdein 

Für  ^  könnte  es  auch  nglv  geheissen  haben.  Aber  die  Ver- 
taiischung  von  xal  und  ij  findet  sich  auch  sonst.   —  Jon  1 

^AtXag,  6  x^^^oioi  vcbxoig  ovgavdv 
'&€(ov  naXaiov  olxov  ixTglßcov,  '^scav 
ßitäg  Sqwae  Maiav 

bietet  uns  einerseits  die  lex  Porsoniana,  andrerseits  die  Mytho- 
logie Anhaltspunkte  für  die  Emendation.  Eis  ist  undenkbar, 
dass  Euripides  einen  so  schwerfälligen,  metrisch  ungeniess- 
baren  Vers  wie  diesen  ersten  des  Stücks  geschrieben  hat. 
Dann  erfordert  fxiäg  eine  nähere  Bezeichnung  als  ^£d>r.  Auch 
ist  zu  beachten,  dass  die  Apposition  ^emv  jiaXaiov  ohcov  zu 
ovQQvöv  unerträglich  matt  ist  und  dass  der  zweite  Vers  mit 
^ewv  anfängt  und  schliesst.  Den  Anstoss  des  ersten  Verses 
hat  Badham  mit  vcoroiaiv  Tiökov,  Nauck  mit  vcoroioiv  q^igcov 
zu  heben  gesucht.  Den  zweiten  Vers  ändert  Kirchhoff  also : 
t)ec5v  xQadalvcov  olxov  ix  üeXeiddcDv,  An  dieser  Conjectur 
sieht  man,  wie  das  Streben  einige  Buchstaben  der  üeber- 
lieferung  festzuhalten  unter  Umständen  auf  Abwege  führt; 
denn  ein  minder  geeignetes  Wort  als  xqadalvojv  lässt  sich 
kaum  denken,  obwohl  Hermann  einmal  xQadalvcov  für  die 
gleiche  Arbeit  des  Atlas  Prom.  i^  aus  xgaraidv  gewann. 
Ausserdem  kommt  in  Betracht,  dass  IxxQlßoyv  als  charak- 
teristisches und  zu  x^^^^^  vcoroig  vorzüglich  passendes  Wort 
nicht  beseitigt  werden  darf,  womit  die  Weise  der  Herstellung, 
welche  Nauck  im  Auge  hat,  sich  als  nicht  zum  Ziele  führend 
erweist.  Auch  das  von  Gomperz  vermutete  ix  TnavlöcDv, 
welches  nur  eine  ungenaue  Angabe  enthält,  hat  an  ixTglßcov 
'&€&v  keine  Stütze.  Gegen  Kirchhoff  spricht  auch,  dass  Maia 
selbst  eine  Pleiade,  nicht  die  Tochter  einer  Pleiade  ist.  Da 
sie  nach  der  gewöhnlichen  Angabe  die  Tochter  des  Atlas 
und  der  Okeanide  Pleione  ist,  so  bemerkt  Nauck  mit  Recht 
,,ixTQißcov  '9ecbv  verba  nondum  emendata.  sententiam  si 
spectes,  ix  rxbv  ^Üxeavldov  fiiäg  requiritur"*.    Fassen  wir  nun 


N 


Beiträge  zur  Kritih  des  tJuripiäes.  511 

folgende  zwei  Beobachtungen:  oigavöv  und  das  eine  ^ecbv 
sind  überflfissig;  an  Stelle  von  ixrglßcDv  '&6&y  muss  ein  Wort 
wie  'Qxeavldcov  stehen,  ins  Auge,  so  werden  wir  auf  jene 
gewissermassen  mechanische  Weise  der  Emendation  geführt, 
von  welcher  ich  in  meinen  Studien  zu  Euripides  S.  330  f. 
gehandelt  habe.  Aesch.  Gho.  769  gibt  die  Handschrift  ^^- 
&ovaf]  (pQsvl  für  iQ'^ovrm  i.6yog,  indem  der  Schluss  des  vorher- 
gehenden Verses  (ya^)ovof]  (pgevl  an  die  Stelle  von  (dgi^Jornai 
Xöyog  geriet.  So  haben  wir  auch  hier  die  an  und  für  sieh 
tadellosen  Worte  ixiglßcov  'äecbv  an  ihre  durch  ^ecbv  ange- 
zeigte Stelle  des  vorhergehenden  Verses  zu  rücken,  um  ihren 
Platz  für  'Qxsavtrldcov  oder  'iixeavov  xoq&v  frei  zu  machen. 
Es  ergibt  sich  also  folgende  wie  ich  glaube  sichere,  wenn 
auch  weitgreifende  Emendation: 

*'Axkag  6  x^^^^oioiv  ixtglßcov  '&e&v 
viDToig  TiaXaidv  oJxov  ^Qxeavov  xoqojv 
fuäg  eqwoe  Mäiav. 

Ich  habe  'Qxeavov  xoQoyif  bevorzugt,  weil  der  Anapäst  bei 
Eigennamen  zwar  nicht  selten  ist,  aber  gern  mit  dem  Worte 
schliesst  wie  in  den  Versausgängen  UeXiddag  xdgag  Med.  9, 
'iTinoktncp  S^  im  Hipp.  32,  'Innolvxov  x6vd'*  elooQcb  ebd. 
1152,  'ÄQ/Liovlav  jiori  Phoen.  7,  'Ayriydvtjv  iyco  ebd.  58, 
vgl.  88,  'Innojüiidcov  ävai  ebd.  126,  TeiQsoiag  exei  (pQdoat 
ebd.  767,  Teigeolav,  Kgiov  ebd.  770,  'EgjLiiövrjv  ÜTtdQTtjg  äno 
Tro.  65,  vgl.  107,  1184,  'Innofxidoyv  roiöod'  ecpv  Hik.  881, 
0€ov6t]v'  rä  '»eia  ycLQ  Hei.  13,  vgl.  145,  319,  859,  1648, 
'ÄQfioviav  TB  Qvoeiai  Bakch.  1338,  vgl.  1357,  Teigeolag  Sxi 
ebd.  173,  AvdQOßidxrj  ;^^(Jvcf>  Andr.  5,  NeoTuokeiicp  dogög 
yigag  ebd.  14,  'EQfiiövrjv  yafxel  ebd.  29,  vgl.  804,  806.  Nur 
Eigennamen  wie  *I<piysveia  und  Ilao&evojiaTog,  welche  auf 
andere  Weise  nicht  in  den  Text  gebracht  werden  können 
(^Iqptyeveia  Jiaig  Iph.  T.  5,  üaQ'&evonaiog  elÖog  i^oxcorarog 
Hik.  889,  IlaQ&evonaiog  Exyovog  Phoen.  1106),  machen  eine 

33* 


V 


^ 


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/ 


/ 


/ 


5l2  S.  WecUein 

Ausnahme.  Von  Ai6waov  Bakch.  182  im  ersten  Fusse  darf 
man  ganz  absehen.  Ein  Beispiel  wie  ^Qxeavtxidcav  ist  mir 
nirgends  aufgestossen.  Drum  nehme  ich  auch  für  die  zwischen 
^üxsavindayv  und  'Qxeavov  xoqcov  getroffene  Wahl  Sicherheit 
in  Anspruch.  Das  einfache  'Qxeavidcov  lasst  sich  nicht  in 
das  Versmass  bringen.  —  Manchmal  wird  auch  die  Rücksicht 
auf  die  scenische  Darstellung  eine  Anleitung  zur  Emendation 
einer  Stelle  geben.     Hik.  21 

'jidgaotog  öfxfxa  ddxQVöiv  tiyycDv  Sde 
XBixai 

haben  schon  andere  an  XBizai  Anstoss  genommen.  Hermann 
bemerkt:  „pro  xelxai  scribendum  puto  Ixxai,  Marklandus 
iungebat  ^xcov  xeTxai  pro  Sxbi,  quod  durum  est,  Erfiirdtio 
placebat  deixai  XQ^^^  i/^'^?'  At  ita  nee  satis  bene  quadrat 
öde,  et  X6^^^  ^MV^  nirais  a  verbo  öeTxai  remota  forent .  . 
Cum  nostra  emendatione  bene  congruit  etiam  v.  104  rfc  6 
axevd^cDv  oIxxqöv  iv  nvlaig  öde;  Videtur  enim  indicari,  post 
mulieres  venisse  Adrastum  ideoque  ad  fores  constitisse*.  leb 
glaube  jedenfalls,  dass  der  Dichter  in  diesem  Sinne  nicht 
Ixxai,  sondern  rjxei  gebraucht  haben  würde.  Wenn  Hermann 
meint,  Adrastos  sei  wegen  späterer  Ankunft  am  Thore  stehen 
geblieben,  so  fragen  wir,  an  welchem  Thore?  Etwa  am 
Thore  des  Tempels?  Dann  hätte  das  Stehenbleiben  am  Thore 
wegen  späteren  Kommens  nur  einen  Sinn,  wenn  die  Handlung 
im  Tempel,  nicht  vor  demselben  spielte.  Oder  am  Thore 
des  Theaters?  Aber  dieses  ist  für  die  Illusion  nicht  vor- 
handen. Matthiae  rechtfertigt  xeTxai  also:  , proprio  sensu 
accipio;  nam  lugentes  humi  iacere  solent;  yide  Soph.  Ai.  309. 
311.  325.  Hec.  486.  Heracl.  633  sq.  Herc.  1191.  1214'. 
Nach  den  Stellen  des  Sophokles  (eCero,  fjoxo,  d^axeT  7i€0(ov) 
liegt  nicht,  sondern  kniet  Aias  auf  dem  Boden,  da  das  Knieen 
bekanntlich  als  ein  Sitzen  bezeichnet  wird.  Hek.  486  (avrrj 
Tiekag  aov  vcox^  exovo^  ijil  x'&ovl . .  xeXxai  ^yxexXnfiivri  ninloig) 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides.  513 

liegt  allerdings  die  in  namenlosem  Schmerze  zusammen- 
gebrochene Hekabe  mit  dem  Rücken  auf  dem  Boden.  Man 
wird  nicht  annehmen  wollen,  dass  Adrastos  in  gleicher  Weise 
damiederliege.  Nach  Herakl.  1191.  1198.  1214  hockt  He- 
rakles das  Haupt  verhüllt  zwischen  den  Leichen  seiner  Kinder 
auf  dem  Boden:  oh  tov  '&dooovxa  ivoriljvovg  iÖgag  avöd)  xri. 
Grossere  Aehnlichkeit  mit  unserer  Stelle  hat  nur  Heraklid.  633 
rl  XQVI^^  xeioai  xal  xarTjcpkg  ö/i/x'  ix^ig.  Hier  heisst  xeiaai 
offenbar  ^du  bist  zusammengebrochen*.  Was  aber  von  dem 
greisen  Jolaos  gilt,  kann  nicht  ebenso  von  Adrastos  gesagt 
werden.  Aethra  kniet  am  Altare  (93),  um  sie  herum  knieen 
die  Mütter  der  gefallenen  Helden  (102  f.).  Adrastos,  um- 
geben Ton  den  Söhnen  der  Gefallenen,  richtet  an  Aethra 
das  gleiche  Ansinnen  wie  die  Mutter;  er  muss  also  gleichfalls 
am  Altare  knieen.  Der  Ausdruck  für  Knieen  ist,  wie  bemerkt, 
iC^a&ai,  ijo&ai,  'daxelv,  also  kann  man  entweder  fioxm  oder 
'daxd  für  xeixai,  vermuten,  wahrscheinlicher  ist  ^axet  Vgl. 
Heraklid.  123  Ixhai  x<i&f]vrai  naldeg  otd'  'IlQaxkiovg  ßojpidv 
xaraoiey^ayieg,  Soph.  0.  T.  19  tö  d^  äXXo  <pvXov  l^eoTEfiiJiEvov 
äyoQdioi  d'axEi  ngog  re  IlaXXddog  duikdig  vadig  xxi.  Uebrigens 
hat  die  Stelle  noch  einen  anderen  Fehler,  wie  aus  Dindorf 
lex.  Aesch.  s.  v.  ddxgvov  hervorgeht:  ddxQv  et  ddxQvoi  poetae 
non  videntur  dixisse  nisi  propter  metri  necessitatem.  Androm. 
532  gibt  die  eine  Klasse  (L)  daxQvoig,  die  andere  (A)  ddxQvoi, 
gewöhnlich  schreibt  man  ddxQvoiv,  nur  Hermann  daxQvotg, 
Nachträglich  finde  ich  daxgvoig  bereits  in  einer  Abhandlung 
von  Schröder.     Also  ist  wohl  zu  schreiben: 

'jidgaoTog  ö/njua  daxQvoig  riyycov  öde 
•9axeX, 

Man  kann  fragen,  wie  Aethra  dieses  Weinen  sehen  kann,  da 
Adrastos  doch  verhüllt  ist  (oh  rdv  xari]Qr]  ^Xavidloig  &vioxoQ(b^ 
Xiy^  Ixxahütpag  xQOia  xal  nagelg  yöov).     Aber  aus  V.  104 

xig  (J*  ö  oTsvd^cov  oIxtqov  iv  jiidaig  Sde; 


514  '  N.  WeMein 

kann  man  entnehmen,  dass  Aethra  das  Weinen  nur  aas  dem 
lauten  Seufzen  geschlossen  hat.  Eben  diese  Stelle  steht  in 
Widerspruch  mit  der  Annahme,  dass  Adrastos  am  Altare 
kniee.  Aber,  wie  schon  bemerkt,  ist  dieses  Thor  nirgends 
auf  dem  Theater  zu  finden.  Das  Thor  des  Tempels  wird 
an  keiner  Stelle  gebraucht  und  es  ist  fraglich,  ob  überhaupt 
ein  solches  Thor  sichtbar  war,  ob  der  Tempel  nicht  zur 
Seite  zu  denken  ist,  weil  auf  der  einen  Seite  der  Scheiter- 
haufen des  Eapaneus  und  der  den  Tempel  überragende  Felsen, 
auf  welchem  Euadne  erscheint,  angebracht  werden  musste. 
Ueber  diese  Unsicherheit  hilft  uns  folgende  Erwägung  hinweg. 
Theseus  musste  bei  der  Bezeichnung  des  ihm  unbekannten 
Mannes  das  hervorheben,  was  ihm  zunächst  auffiel.  Das  ist 
die  Verhüllung;  es  muss  also  geheissen  haben: 

rfc  6^  6  oTEvdCojv  oIhxqov  h  ninXoig  Sde; 

Vgl.  Herc.  1198  tI  yäg  ninkoioiv  ä'&liov  xgvjttei  xdga; 
Hek.  486  xeirai  ^vyxexXfifiivog  nbiXoig,  Herc.  1205  ndgeg 
&tC  öfjLfAiroiv  ninXov,  Iph.  T.  1207  xQära  xgvrpavreg  nin- 
Xoioiv.  Es  ist  h  TtinXoig  mit  orevd^cov  eng  zu  verbinden, 
man  hört  die  Seufzer  aus  der  Umhüllung  heraus.  —  Nicht 
oft  wird  es  möglich  sein  mit  Hilfe  des  festen  Gefüges  der 
Gedanken  einen  so  tiefliegenden  Schaden  zu  heilen  wie 
Androm.  361  f. 

rrjv  dixfjv  {xpe^ofAev 
iv  ooiai  yajußgöig,  olaiv  ovx  IXdoaova 
ßXdßrjv  ocpelXco  ngoaxu&Eio*  äjiaidlav,  360 

'^jueig  juhv  ovv  roiolde'  xfjg  de  ofjg  (pgevog 
ev  aov  didoixa'  öid  yvvaixelav  Sgiv 
xal  TYjv  rdXaivav  a)Xeoag  ^gvytov  tiöXiv. 

Diese  Ueberlieferung  wagt  Hermann  zu  verteidigen:  nihil 
.mutandum.  »Tuae  mentis  unum  (mulierositatem)  a  te  metuo*. 
Nicht  bloss  erscheint  oov  nach  o^g  als  unmöglich;  das  Asyn- 
deton  fordert   auch,    dass  die  Erklärung  von  kv  folge,    was 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides.  515 

nicht  der  Fall  ist.  Man  hat  für  iv  aov  allerlei  vorgeschlagen, 
Sv  710V,  Svexa,  cpvaiv,  rdxog,  Syxov,  Nauck  hat  in  der  rich- 
tigen Erkenntnis,  dass  es  sich  bei  der  EntfGhrnng  der  Helena 
nicht  um  eine  ywaoceta  Sgtg  handelt  —  auch  nicht  um  eine 
olxela  igig  nach  Kirchhoflfs  scharfsinniger  Vermutung  did 
ydg  olxelav  Sqiv  —  xb  dvajLievkg  didoixa'  diä  yvvoJxa  yäg 
vermutet.  Den  Ausgangspunkt  für  die  Emendation  der  Stelle 
muss,  wie  ich  bereits  Stud.  z.  Eur.  S.  330  bemerkt  habe, 
die  Lesart  der  einen  Klasse  der  Handschriften  (A)  in  360 
dßovltav  bilden.  Kirchhoflf  hat  zwar  äßovXlav  in  den  Text 
gesetzt  und  dafür  äjußkcjoeoyg  vermutet;  aber  an  und  für 
sich  und  nachdem  die  andere  Klasse  der  Handschriften  (PL) 
zu  grösserer  Ehre  gelangt  ist,  kann  über  die  Richtigkeit 
von  äjiaidlav  kein  Zweifel  bestehen.  Folglich  ist  äßovklav, 
welches  dem  Sinne  im  folgenden  Verse  treflFlich  zustatten 
kommt,  in  den  darüberstehenden  Vers  an  die  Stelle  von 
äjiaidlav  geraten.  Beispiele  der  Art  habe  ich  an  anderen 
Stellen  und  oben  S.  511  angeführt.  Die  Aehnlichkeit  der 
beiden  Wörter  konnte  leicht  zu  dieser  Vertauschung  führen. 
Nun  aber  sehen  wir,  dass  wir  in  T^g  dk  afjg  (pgevög  iv  oov 
dedoixa  eine  verwegene  Interpolation  vor  uns  haben.  Was 
der  Sinn  für  did  yvvaixelav  Sqiv  fordert,  lässt  Tro.  368  oT 
did  fjdav  yvvdixa  xal  fxlav  Kvtiqiv  '&rjQ(bvTeg  'EXevrjv  fivqlovg 
dnioXeoav  erkennen.  Vergleicht  man  mit  dem  überlieferten 
folgenden  Text: 

flfieig  jüikv  oiv  roiolde'  irjv  d'  dßovklav 
xriv  arjv  dSdoixa'  did  fxlav  yvvaixa  ydg 
xal  xrjv  xdXaivav  oikeoag  ^qvy&v  tiöXiv, 

dann  darf  man  wohl  die  Redensart  gebrauchen:  Man  sieht 
nicht  ein,  warum  der  Dichter  nicht  so  geschrieben  haben  soll. 

In  dem  Texte  des  Euripides  finden  sich  zahlreiche  Verse, 
welche  von  einer  Partie  in  die  andere  oder  von  einem  Stücke 
in  das  andere  übertragen  worden  sind.    Die  Unechtheit  dieser 


Y 


-.1     i':l    --ttt-ht 


'  '  '•        '      ,  ^  •  "fr.      •'...•._  •     r  •  ^     -~    ._    ■ 

.  -^         v-^  ♦    j    #.'.'  :    1  x,\    *',  -1    1..-  j:  -i^iSnr^su    "v=sni.  iii  ir 

'•'      '•  A'     '''"'/    i-v   '. /':*•:     ii->t!L    T3it     >    i  •  ••     ~_» - 

n*  '  '       *  /      'n^  ,'  %      ".'  ^       *■'•-..'  »J,  '  ^  '     ^-       i  -  -      ^*ö^      w*  -fr*. 

of'f/ool  //  //ffifo  7t of' rar ncr^r  7t aq    lojjioar. 

Nur  III  ¥*lU'Mou  l'ttINf/j  wird  e«?  gelingen,  Ober  die  band- 
Mflfnfl.hi'lin  l/ifl/i5rli«;fc*rijng  hinaunzagehen  und  doch  za 
*fntn/hnitm4t*u  «icfii«nj/i  Krg^jbniH'^en  zu  gelangen.  Zunächst 
(ilMfi    wimI    uh   irnrnnr   dumuf  ankommen,   die  Lesarten   der 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides,  517 

Handschriften  durch  sorgfältige  Kollation  festzustellen.  Es 
konnte  früher  scheinen,  dass  neue  -Kollationen  der  bereits 
bekannten  Euripideshandschriften  keinen  besonderen  Erfolg 
haben  würden.  Aber  die  Sicherheit,  welche  an  einzelnen 
Stellen  gewonnen  worden  ist,  hat  ihre  grosse  Bedeutung. 
Wir  wollen  dieses  an  einem  Beispiele  zeigen.  El.  976,  wo 
Elektra  die  Bedenken  des  Bruders  wegen  des  Muttermordes 
zu  beschwichtigen  sucht,  bieten  die  Handschriften  L  (Laur. 
32,  2)  und  G  (Laur.  172) 

HA,  xal  jbirj  y^  äfivvcav  nargl  dvooeßijg  Sof], 
OP.  iyüJ  dk  /JtrjTQdg  xov  qpövov  dcoacD  dlxag. 

Früher  wusste  man  nicht  sicher,  ob  die  Handschrift  jbLrjTQog 
oder  jutjxqI  bietet.  Seitdem  dieses  feststeht,  kann  die  Lesart 
fXTjXQi,  welche  eine  Pariser  Abschrift  hat,  nicht  mehr  in 
Betracht  kommen  und  hat  die  Emendation  der  Stelle  von 
fjLtjTQog  auszugehen.  So  ungeschickt  also  auch  iyd)  ist,  kann 
eine  Verbesserung  wie  xxavcbv  de  jlltjxqC  (Nauck)  oder  dk?^' 
wde  jLtrjxQl  y'  ov  (Fr.  W.  Schmidt)  oder  iycßda'  ^i7]xqI  ö'  ov 
(Herwerden)  keine  Wahrscheinlichkeit  haben.  Methodisch 
dagegen  ist  die  Conjectur  von  Weil  dgyfj  dt  jurjxgög.  Allein 
man  denke  doch  daran,  wovon  hier  die  Rede  sein  muss. 
Wem  verfällt  Orestes  durch  den  Muttermord?  Den  Erinyen. 
Also  xvolv  dh  firjxQog  xov  (pövov  dcbaco  dixag.  Vgl.  1342 
xdode  xvvag  xdod'  vjioq)Evy(ov  oxeTx*  in^  ^A'&rjvcbv,  Aescfa. 
Cho.  923  KÄYT,  oqq,  (pvXa^ai  fxr^xQog  iyxöxovg  xvvag,  1052 
OP.  oa(p(bg  yuQ  aide  jurjxQog  eyxoxoi  xvveg.  Schenkl  (Zeitschr. 
f.  d.  öst.  G.  25  S.  94)  will  977  f.  tilgen,  weil  der  V.  977 
nichts  Neues  enthalte.  Dieser  Vorwurf  wird  jetzt  nicht  mehr 
erhoben  werden  können.  Ebd.  1190  ist  jetzt  Folgendes  als 
Lesart  der  beiden  Handschriften  festgestellt: 

i(o  0oiß\  ävvfivrioag  öixav, 
äqyaxa  qpavegä  d'  i^hxQa- 
Sag  äxea,  cpolvia  d^  a>naoag 


518  N.  WeeJdein 

kix^'  ^^  Y^^  ^^c  'JSXXavldog, 
TLva  3'  higav  fidkca  ndhv;  xxL 

Für  äcpaxa  hat  Elmsley  äcpavra  hergestellt.  Man  erklärt 
djTiaaag  mit  Heath  idlco^ag,  exterminasti,  und  gewinnt  damit 
einen  Gedanken,  welcher  dem  Zusammenhang  in  keiner  Weise 
entspricht.  Denn  hier  macht  Orestes  dem  Phöbos  das  Orakel, 
das  ihn  zum  Muttermorde  bestimmte,  zum  Vorwurf;  er  be- 
zweifelt das  Recht  desselben  (tä)  ^oTß\  oTav  ijfxvtjaag  dbcav 
würde  dem  strophischen  Verse,  wenn  dieser  leb  Fdia  xal  Zev 
TiavdsQxixa  geschrieben  wird,  entsprechen)  und  beklagt  die 
traurigen  Folgen  desselben,  da  er  als  Muttermörder  das  Land 
verlassen  muss.  Diesen  Gedanken  erfordert  das  Folgende 
tlva  d'  hegav  fxdko)  JiöXiv;  xxL  Deshalb  sehe  ich  hag 
iXavveiv  in  rdg  ^EkXavldog  und  schreibe  (pvydda  S*  dinaoag 
ijnk  yäg  Sxag  ikavveiv,  .und  hast  es  mir  verliehen,  dass 
mich  die  Bürger  aus  dem  Lande  ins  Elend  jagen''.  Die 
Responsion  wird  hergestellt,  wenn  man  im  strophischen  Verse 
otpayaloiv  für  nXaya  setzt  (dlyova  acbfiax^  h  x^^  xeljxeva 
öcpayaioiv). 

Uebrigens  haben  die  neuen  Kollationen  an  einzelnen 
Stellen  überraschende  Ergebnisse  erzielt.  Seitdem  man  durch 
Vitelli  weiss,  dass  Hei.  359  L  oigayy^  äoidal  aeßl^ovxi  bietet, 
muss  die  Emendation  von  Hermann  ovglyycDv  Aoiddv  oeßt^ovxi 
der  von  Badham  oi^gayyag  'Idalag  hl^ovxi  weichen. 

Ein  Haupterfolg  der  neuen  Kollation  von  L  besteht 
darin,  dass  die  Eingriffe,  welche  sich  der  willkürliche  Ver- 
besserer der  Handschrift  gestattet  hat,  genauer  festgestellt 
worden  sind.  lieber  diesen  corrector  Florentinus  bemerkt 
Kirchhoff:  textum  passim  per  omnes  fabulas  ex  arbitrio  cor- 
rexit  manus  recentior.  Selten  haben  dessen  Aenderungen 
das  Richtige  getroffen  und  dieselben  sind  so  wertlos,  dass 
an  eine  handschriftliche  Vorlage  nicht  gedacht  werden  kann. 
Vgl.  Herc.  77  f.     Nach  der  Art,  wie  er  die  antistrophische 


Beiträge  zur  Kritik  des  Eunpides.  519 

Respousion  durch  gleiche  Silbenzahl  herzustellen  versucht,^) 
möchte  man  yermuten,  dass  dieser  corrector  kein  anderer 
als  Demetrios  Triklinios  war.  Das  von  diesem  corrector  zu 
HeL  1337  gesetzte  negioadv,  welches  andeutet,  dass  die 
Antistr.  einen  Vers  mehr  hat  als  die  Strophe,  ist  der  Aus- 
druck des  Triklinios.     El.  120  gibt  L 

<pev  tpev  oxBtXlcDv  n6vct>v 
xal  oTvyeQäg  C(iag. 

Der  antistrophische  Vers  135  iX'&oiQ  x&vde  növiov  i/wl  ver- 
anlasste den  corrector  zu  der  Interpolation  <pev  <pev  xanf 
axexXUov  Jtdvcov,  welches  seit  Musgrave  der  gewöhnliche  Text 
geworden  ist.  Victorius  hat  das  interpolierte  r&y  unbeachtet 
gelassen  und  man  hätte  erkennen  können,  dass  vor  orvyeQäg 
C6as  der  Artikel  sich  sehr  ungeschickt  macht,  dass  also  der 
Fehler  im  antistrophischen  Vers  gesucht  werden  muss.  Die 
sichere  Emendation  von  Hermann  (X^oig  dh  növcov  i^ol  wird 
von  Nauck  und  Kirchhoff  nicht  einmal  erwähnt.  In  xdXcuvav 
dXdxcov  Hei.  1124  fehlt  eine  lange  Silbe  (=  oh  xäv  äoido- 
xdxav).  Diese  hat  der  corrector  mit  x&i^  ergänzt,  womit 
durch  die  Verlängerung  der  letzten  Silbe  von  xdXaivav  das 
Metrum  gestört  wird.  Allgemein  schreibt  man  mit  Matthiae 
dfv  älöxcov.  Wenn  man  aber  weiss,  welchen  Wert  xcov  hat, 
wird  man  Bedenken  tragen  das  an  und  für  sich  zweifelhafte 
c5y*)  an  die  Stelle  zu  setzen.  Ich  vermute  xaXavxdxcov 
äXöxoDv.  Das  kurz  vorher  (1122)  vor  öoqI  ergänzte  Iv  scheint 
richtig  zu  sein.    Ebd.  1148  hatte  L  von  erster  Hand  ädixog 


1)  Vgl.  die  Ueberschrift  dvtl  fnäs  Hei.  189,  203,  207,  225  und 
die  Notiz  Xeljrei  zu  Hik.  806,  wo  die  Responsion  der  Antistrophe  eine 
Lücke  aufweist. 

2)  Unicus  quod  sciam  hie  Helenae  locus  iipud  tragicos  est,  in 
quo  hoc  pronomen,  uti  saepius  apud  poetas  Alexandrinos,  de  eo  quod 
plurium  est  dictum  invenitur,  bemerkt  Hermann  zu  der  Stelle. 
V<?1.  Elmsley  zu  Eur.  Med.  925.  Diese  einzige  Stelle  ist  also  glücklich 
beseitigt. 


520  N.  WeMem 

TiQoööng  ämoTog  ädixog,  also  ädixog  zweimal;  der  corrector 
hat  das  zweite  ädixog  getilgt;  dass  das  Versmass  TiQod&tig 
ämarog  ädixog  d.  h.  die  Tilgung  des  ersten  verlangt,  hat 
Hermann  erkannt,  ohne  von  dem  handschriftlichen  Sach- 
verhalt etwas  zu  wissen.     Aus  gleichem  Grunde  ist  El.  719 

fxohiai  S^  rju^ovT^  igaral 
XQvaiag  äQv6g\  Inlkoyot  Ovioiov 

interpoliert  worden.    Um  den  zweiten  Vers  dem  strophischen 

XQvoSav  ägva  xaXXmköxa/iov  nogevaai  (705)  gleichzumachen, 

wurde  cbg  vor  inüioyoi  eingefügt.    Sowohl  dieser  Grund  der 

Interpolation  wie  der  Umstand,   dass  dbg  in  G  und  bei  Vic- 

torius   fehlt,   Hess   sofort  vermuten,   dass  cog  vom  corrector, 

nicht,    wie  Wilamowitz   angibt,   von   erster   Hand  herrührt* 

Dies  ist   durch   die  Mitteilung   von   R.  Prinz  N.  Jahrb.  f. 

Philol.  113   S.  747   bestätigt  worden.     Nun   aber  ist,    wie 

Heath  gesehen  hat,   xaXXbcoxov   das  richtige  Epitheton  von 

ägva,    Bakch.  150  ist  nXöxajuov  in  nköxov  verbessert  worden. 

Den  Text 

XQvoiav  ägva  xailbioxov  nogevaai 

empfiehlt  auch  das  Metrum.  Hiernach  wird  sich  endlich  an 
XQvaiag  igvög  enlloyoi  ßviarov  die  bessernde  Hand  anlegen 
lassen.  Die  Vermutung  von  Nauck  xQ^^^^^  ägvög'  eha 
ödloi  OvioTov  entspricht  dem  Stile  des  Euripides  keineswegs. 
Wahrscheinlich  ist  in 

fxohial  (5'  rjv^ovT^  egaral 
XQVoeag  ägvög  evXoylq.  ßveorov 

bitkoyoi,  aus  hi^  evXoylq  hervorgegangen  oder  es  ist  die  Gor- 
ruptel  entstanden  wie  Herakl.  475  in^  ävÖQlq,  aus  evavÖQta. 
Vgl.  Herakl.  356  t6v  . .  fioXdvxa  . .  v/uivrjoai  cfxetpdvcoßjLa  fidx-- 
'&COV  dl'  evkoyiag  ^iico.     Auch  Hik.  956 

otfxh^  evTEXvog,  ovxh'  ev- 

jiaig,  ovÖ^  eirvxlag  juire- 

oxiv  fJLOi  xovQoxöxoig  iv  ^Agyelaig' 


Beiträge  zur  Kritik  des  Suripidea,  521 

ovd^  "Agrefug  loxta 
TiQoaqy^iy^an*  fiv  xäg  ärixvovg 

erfordert  der  Sinn  angenscheinlich  eiloylag  für  evrvxlQg- 
Denn  dem  folgenden  ^Agrejuig  Xo%Ui  nqoo<pMy^aixo  äv  ent- 
spricht evkoylag  ßietearlv  xovqoxdxoig  Iv  Agyetaig.  Da  sie 
kinderlos  ist,  geniesst  sie  keine  Ehre  mehr  bei  den  mit 
Kindern  gesegneten  Argiverinnen,  keine  mehr  bei  der  "ü^^- 
rejLug  loxla-  —  Androm.  138 

£vt?'  ov  (plXcov  tiv^  elaogqg 
o(bv,  (b  dvoTVxeoxdra, 
navrdXaiva  vv/Ä(pa 

stehen  die  zwei  letzten  Verse  nicht  in  Uebereinstimmung 
mit  den  antistrophischen  /iifj  ndig  xäg  Aidg  xögag  aol  fx^  ev 
q)Qovovoav  idf].  Zu  der  Lesart  von  L  c5  jiavxdXaiva  bemerkt 
Eirchboff:  fortasse  recte,  und  schreibt  man  mit  Musgrave 
ausserdem  eldfj  für  idj],  so  ist  die  Responsion  hergestellt. 
Aber  w  rührt  von  dem  corrector  her,  hat  also  keinen  Wert. 
Vielmehr  ist  der  antistrophische  Vers  zu  verbessern,  wo 
Härtung  /4'  ev  (pQovovaav  eldfj  (ohne  ool),  Nauck  ooi  yw'  idfi 
ovvovoav  vermutet  hat.  Wahrscheinlich  ist  ool  /j,'  ei  von 
ovjLi  abzuleiten  und  ovfjKpQovovoav  eldfj  zu  schreiben. 

Hei.  170  rührt  xbv  von  dem  corrector  her,  mit  Recht 
also  hat  Hermann  hier  xbv  und  im  antistrophischen  Vers  xaig 
getilgt.  Da  ebd.  343  lg  den  gleichen  Ursprung  hat,  gibt 
es  für  die  Conjectur  von  Härtung  Xevooei  keinen  Anhalts- 
punkt. Ebd.  1150  hat  der  corrector  xa>v  von  x6  x(ay  '&e(bv 
getilgt,  natürlich  nur  damit  xb  '&e(bv  =  ä'&Xioig  wird.  Ausser- 
dem hat  er  1164  iv  eingefügt,  um  die  Silbenzahl  der  beiden 
Verse  gleich  zu  machen.  Noch  der  neueste  Heransgeber 
des  Stücks  hat  sich  1150  diese  wohlfeilen  Verbesserungen 
gefallen  lassen. 

Von  Wichtigkeit  für  die  Textkritik  ist  die  Kenntnis 
gewisser   Eigenheiten  der  handschriftlichen  Ueber* 


522  N,  Wecktein 

lieferung,  welche  sich  teils  in  allen  Handschriften  der 
Tragiker,  teils  specieil  in  den  Handschriften  des  Earipides, 
teils  endlich  in  der  einen  der  beiden  Klassen  dieser  Hand- 
schriften finden. 

Sehr  hänfig  ist  die  Vertauschung  der  Präsens- 
und Futur-  oder  auch  Aoristformen.  Eine  (keineswegs 
Yollständige)  Sammlung  von  Fällen,  welche  bei  Euripides 
vorkommen,  wird  zur  Würdigung  dieser  Eigenheit  beitragen. 
Alk.  1089  geben  LP  XVQ^^^^  juuivog  für  ;|fjy^evo«  Xixog, 
1058  ii-iyxfl  B,  iXeySfj  die  übrigen  (ich  mochte  nicht  mit 
Prinz  i^yxfl  bevorzugen,  vgl.  Iph.  T.  1081,  wo  Markland 
ikiyScDv  für  iUyxoov  (PL)  hergestellt  hat),  Bakch.  528  dva- 
<päy(o  LP,  äva(palv(o  Hermann,  726  avveßdxxeva'  LP,  awe- 
ßdxxev^  ist  aus  Longin  hergestellt,  817  i^ixvevovoi  P,  i^i" 
Xvevoovaiv  verbessert  von  Musgrave,  846  net^ofiai  P,  das 
richtige  nelaofiai  gibt  die  Aldina,  Hek.  283  ngäoasiv  B  für 
ngd^eiv,  294  Jtel&ei  BE  für  neloei,  512  orifxalvw/v  A  für 
arjjuiavcov,  519  JUfcov  L  für  ifycov,  757  dovXsvoeiv  E  für 
davleveiv  (so  LG\  Hei.  1061  xeXevcov  L  für  xEkevoo)  (so  G), 
1064  xeXevei  L  für  xsievaei  (so  L.  Dindorf),  1545  aw^dTneze 
für  ovv&dxpere  (so  Badham),  El.  1025  ixac^Ccov  L  für  ix- 
o(üoa)v  (Nauck),  1265  ixoioCovoi  L  för  ixocüaovoi  (Poreon), 
Herakleid.  490  oq)dCeiv  für  o<pd^eiv  (Elmsley),  515  dXrixtvm  L 
für  dXfjTevoQ)  (P?),  799  orjjLiaiyei  für  orjßiavei  (Elmsley), 
Herakl.  248  oxevdl^exe  LP  für  oxEvd^exe  (Heath),  477  ovvd- 
rpovo^  LP  für  avvdjtrova^  (KirchhoflF),  490  qy^öyyov  elaaxov^ 
oerai  LP  für  (p&öyyog  eloaxoverai  (Nauck),  681  äeloco  LP 
für  äeldü)  (Elmsley),  1054  ald^er'  LP  für  ald^ex'  (Hermann), 
Hik.  29  TiQo^vovo'  L  für  jiQO'&ioovo*  (Reiske),  347  ntlatov  L 
für  Tiel^cov  (Nauck),  455  wjLKpeverai  L  für  wfifpevoerai 
(Hermann),  1003  ßatevaovaa  L  für  fiaxevovoa  (Hermann), 
Hipp.  419  änoxTelvei  EPL,  änoxrevEl  die  anderen  (A),  671 
Xvoeiv  für  kveiv  (Monk),  809  ixivaa^'  für  ixlve&'  (Valckenaer), 
1060  und  1442  Xvw  A(E),  Ivoü)  die  anderen,  1183  ivxvva»'  A, 


Beiträge  gut  KriHk  des  ^ripides,  523 

hxvve:9^  L,  1418  xaxaaxi^xpovoiy  A,  xaraaxi^Tnovaiv  L,  1064 
inoxxehei  A,  &noxxeveX  andere  wie  L,  Iph.  A.  64  xäjiioxQa^ 
T€V€iv  LP  für  x&juaxQaxevoeiv  (Markland),  458  und  885  w/i- 
ipevcvoa  PL  für  wfKpevovoa  (Markland  und  Barnes),  947  q>o- 
vevei  für   (povevoet   (Schäfer),    1267   xxetvovoi   für   xrevovai 
(Scaliger),    1458   ojiOQdSea&ai   fQr  onaQdooea'&ai  (Elmsley), 
Jon  965  aaJCovra  PL  für  o(jl>oovTa  (Wakefield),  Iph.  T.  237 
arifAalv(ov  für   atifxav&v  (Aldina),    Med.   215   fiifjLqyqo'^   Ea 
{fiifjupoio'&'  B),  jj^ßxtprja^'  L  (Hek.  1184,  wo  auch  die  Hand- 
schriften zwischen  fJ^fJ^<pfi  und  fisfixpifi  schwanken,  wo  es  aber 
nur  ^ifiy>j}  heissen    kann,   zeugt   für  fiifiiprio^^)^   Or.  1462 
djtoxxelvei  yg.  duioxTevei  A,  Tro.  165  xofili^a'd^  für  xoiLUoaa'&^ 
(Aldina),   460  schwanken   die   Handschriften   zwischen   ^xco 
und    fjSo),    805   ovvaQiorevocjv   P    für    owagiarevcov ,    1199 
ioxa^ev  B  für  eaxa^ev,    Phoen.  783   hat  nQoaevxdfito&a  nur 
A  erhalten,  die  übrigen  geben  7iQooev^6fieo^a  oder  Ttgooev^ö- 
fjLe&a,  1620  bietet  djioxrelveig  nur  L,  die  übrigen  änoxreveig. 
Die  Häufigkeit  dieser  Fehler  gewährt  eine  gewisse  Frei- 
heit und  erfordert  sorgfältige  Berücksichtigung  des  Sinnes  und 
Zusammenhangs.     Tro.  1315    fiiXag  yäg  öooe   xaxaxaXvnrei 
^dvaxog  schwanken  die  Handschriften  zwischen  xaxaxakvjtxei 
und  xaxaxaXvrpei,     Hermann  wollte  der  letzteren  Lesart  mit 
xaxexdhnpt  Rechnung  tragen.     Solche  Aenderungen   werden 
nicht  mehr  als  methodisch  erscheinen.    Hipp.  116  schwanken 
die    Handschriften    zwischen   nQooevx6fxeo^a   und   Tigooev^d' 
ßieo^a.   Gewöhnlich  wird  jr^oa€v|o/i€ai>a  aufgenommen.    Aber 
der   Diener  verrichtet  eben   sein   Gebet   vor  dem  Bilde   der 
Kypris,  also  ist  jiQooevx^jueo&a  richtig.     Hik.  719  hat  Her- 
mann Jtaidevaexe  für  naidevexe  geschrieben  und  die  Aenderung 
hat    Beifall   gefunden.     Aber  wenn  man  den  Gedanken   von 

ö  i'  Sr  f^d&H  Tidig,  xaiha  oqyl^Eodai  (fiXei 
TtQog  yrJQag'  ovxoj  Jididag  ev  Jiaideuexe, 

worin  näig  für  xig  eine  treffliche  Verbesserung  von  Valckenaer 
ist,    genauer   beachtet,    wird    man   den   Imperativ   für   nötig 


524  N,  Wecläein 

erachten:  ^in  dieser  Erwägung  (ovrco),  dass  das  im  Gedächtnis 
haftet,  was  man  in  der  Jugend  lernt,  sorgt  für  einen  guten 
Unterricht  eurer  Kinder**.  Tro.  728  /lh^tb  o-^evovoa  fxtjdkv 
laxveiv  66x81  schwanken  die  Handschriften  zwischen  laxvsiv 
und  iaxvaeiv  und  Kirchhoff,  Naack  setzen  laxvoeiv  in  den 
Text.  Mit  Recht  hat  Dindorf  laxveiv  bevorzugt.  Ebd.  1018 
geben  die  Handschriften  teils  nifuioy  teils  ni/mpco.  Kirchhoff 
hat  Ttijumco  aufgenommen,  richtiger  Nauck  und  Dindorf 
7iifjL\p(o,  wie  das  vorhergehende  yafxovoi  Fut.  ist.  Hik.  933 
vermutet  Markland  nelaec&ai  für  nel&eG&at  mit  dem  Zusatz 
,,  licet  hoc  defendi  possit**.  Gegen  Tieloeo'&ai  spricht  sich  auch 
Yalckenaer  zu  Hipp.  598  aus  und  man  hat  dieser  Aenderung 
bisher  keine  Beachtung  geschenkt.  Doch  ist  netoeo&ai  weit 
geeigneter  als  das  Präsens  in  dem  Sinne  „ich  weiss  nur  Eines, 
dass  deine  Wünsche  für  mich  Befehl  sein  werden*.  Ebd. 
1326,  wo  die  Handschriften  geben 

ivoacg  änaoav  evooig  inixkvoei  TtöXiv, 

entspricht  das  Präsens  InixivCsi  dem  Gedanken  weit  mehr, 
da  nach  dem  Vorhergehenden  (^EK.  ijid'&ex',  ixkvere;  XO. 
IleQydjucov  xxvnov)  der  Vorgang  gegenwärtig  ist.  Die  Vor- 
stellung wird  durch   das  Präsens  weit  lebhafter.     Tro.  669 

&XX^  ovöe  nmXog  ffTig  Slv  dia^vyfj 
XYJg  ovvTQaq)elorjg,  QqdUog  eX^si  I^vyov, 

entspricht  der  allgemeinen  Erfahrung,  welche  zum  Beweise 
dient,  weit  mehr  das  Präsens  als  das  Fut.,  also  ist  SXxet 
zu  schreiben.     In  Jon  181 

olg  <$'  eyxeijuai  fxox&oig, 
^otßq)  dovkevoo},  xov  h)^o) 
Tovg  ßöaxovrag  ^eQanevoyv 

ist  das  Fut.  dovkevoo)  augenscheinlich  durch  das  folgende  Aijlcy 
veranlasst.    Der  Sinn  erfordert  das  Präsens  dovXevco,   Or.  380 

OP,  od'  eiju'  'OgeoTTjg,  Mevikeoyg,  8v  torogsTg, 
ixcDv  iycü  ooi  ra/xä  /utjvvoü}  xaxd» 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides.  525 

Dieser  Text  wäre  richtig,  wenn  die  Offenbarung  der  xaxd 
noch  folgte.  Sie  geht  aber  voraus;  denn  rd/id  fxrjvvoa)  xaxA 
bezieht  sich  auf  die  vorausgehenden  Worte  öd''  eifi^  'Ooeon]<;. 
Ohne  Zweifel  also  erfordert  der  Sinn  firjvvio.  Es  besteht 
kein  Grund  die  weniger  gut  beglaubigte  Lesart  orj/iavcb  zu 
bevorzugen  und  also  arjfjLalvco  zu  schreiben,  wie  umgekehrt 
Aesch.  Ag.  26  der  cod.  Med.  orjfxaivco  für  orjßiavd}  bietet. 
Bei  Tro.  205 

f)  IleiQrjvag  vdgsvaojuiva 
TiQOJiokog  o£juvd)v  vödiiov  eoojuai 

kann  ich  nur  meine  Verwunderung  ausdrücken,  dass,  soviel 
ich  weiss,  bisher  niemand  an  vÖQevofxeva  gedacht  hat. 
Man  scheint  das  dabeistehende  eoojuai  gar  nicht  beachtet 
zu  haben.  Bakch.  566  tj^ei  xe  ;(ro^ei;acov  äjtia  ßaxx£vjtiaoi 
muss  es,  wie  ich  schon  früher  bemerkt  habe,  ;^o^£vö>j' 
ebenso  gut  heissen  wie  es  nachher  elhooojbievag  Maivdöag 
ä^ei  heisst.  Der  neueste  Herausgeber  hat  diese  Verbesserung 
nicht  anerkannt. 

Eine    schöne   Bestätigung   erhalten   wir  für  eine  solche 
Aenderung  El.  1118 

HÄ.  äkycb  ydg'  älXd  jiavoofiai  '^rjuLov/nivi]. 
KA.  xai  fiijv  Ixeivog  ovxtr    earai  aoi  ßagvg. 

Dass  die  heuchelnde  Elektra  das  Ablassen  von  ihrer  Leiden- 
schaft nicht  erst  in  Aussicht  stellt,  sondern  als  bereits  vor- 
handen (jiavo/bLat)  angibt,  beweist  der  folgende  Vorwurf  der 
Klytämestra  ogag;  dv'  av  ob  ^cüTivgeig  veixt]  vea.  Sobald 
aber  Elektra  sagt  „ich  bin  versöhnt*^,  wird  auch  Klytämestra 
im  Namen  des  Aegisthos  die  bereits  vollzogene  Versöhnung 
versichern,  also  ovxh''  iorl  ooi  ßagvg  sagen.  Und  damit 
wird  ein  metrischer  Anstoss,  die  Verletzung  der  lex  Por- 
soniana,  beseitigt.  Bei  dem  inneren  Zusammenhang  der 
beiden  Aenderungen  gilt  diese  Bestätigung  auch  für  navofim, 

1895.  Sitzungsb.  d.  phU.  u.  List.  Gl.  34 


526  K,  Weelclein 

Bakcb.  618  habe  ich  xa^agy'  für  xa&etgS"  gesetzt,  weil  die 
Handlang  nicht  znr  VoUendang  kommt.     Ebd.  1084 

oiyrjöe  <J'  aiOtjo,  otya  S*  vhpiog  vcbzrj 
q:vX)C  eix£,  ^tjQOjv  d'  ovx  äv  ijxovoag  ßot)v 

gewinnt  die  Schiiderong  des  Zostandes,  wenn  man  ijxove^ 
schreibt,  wie  ebd.  726  ovveßaxyjv*  zn  avveßdxysva*  geworden 
ist.     Nach  den  Worten  Hik.  1068 

äXX*  ovde  TOI  001  Tieloo/Jrai  doiboji  xdde 

versteht  man  das  folgende  ofxoiov  ov  yäq  fit}  xr/ji^  A*'  ^^^^^ 
Xegl  nicht.  Man  hat  deshalb  oov(frioofiai  vermutet.  För 
diese  Art  der  Krasis  müsste  man  einen  Beleg  bringen  und 
ä)!'  ovde  rot  '  oovcfrjoojuai  \  doibof]  idde  ist  kein  musterhafter 
Vers.  Mit  jxei'&ofiai  ist  der  Sinn  in  Ordnung  gebracht; 
denn  damit  zeigt  Iphis  an,  dass  er  daran  geht  die  Tochter 
an  ihrem  Vorhaben  zu  verhindern.  Wie  oft  Ttel&co  und 
Tzeiaco  vertauscht  sind,  zeigt  die  obige  Zusammenstellung. 
Androm.  1036  o)  SaT/nov,  co  0ol߀,  nibg  Ttd'&ojjxii;  erwartet 
man  ncbg  nsi&coiuai,  was  das  Metrum  nicht  verträgt.  Dem  tzw^ 
Tifl^co/iai  steht  gleich  Jicbg  Jieloojuai;  Wie  Jon  965  oci^ovra 
f(ir  oü)oovxa  überliefert  ist,  so  wird  man  auch  ebd.   1036 

T(o  Twv  i/ÄOJv  jiiellovn  deajiö^eiv  öö/uqjv 

das  gebräuchliche  Fut.  öeonooeiv  herstellen  dürfen.  So  ist 
auch  Androm.  69  rov  naiöd  oov  juiXXovoiv,  co  dvoTr}ve  ov, 
xreiveiv  überliefert.  Dass  xxEveXv  herzustellen  ist,  ergibt 
407  rovrov  xxeveiv  ßiSXkovoiv,  wo  nur  P  xreveTv,  die  übrigen 
xraveTv  haben,  und  571  fiekkovoi  ovv  i/uoi  rfj  ralaaKogq} 
xreveTVf  wo  alle  Handschriften  xraveTv  bieten  und  xreveiv 
die  Aldina  hergestellt  hat.  üebrigens  hat  nach  der  Schreib- 
weise der  Handschriften  xraveTv  als  Fut.  zu  gelten.  Vgl. 
Or.  940  xaraxraveTre,  1039  und  1516  xravco,  1525  xraveig  L, 
Phoen.  610  und  927  xaraxravco  (-eJg)  L,  Heraklid.  411 
xravco  L,  Iph.  T.  291   lautet  der  Anfang  des  Verses  in  PL 


Beiträge  zur  Kritik  (fes  Euripides,  527 

ot^ioi,  xrelvei  jus,  erst  der  Corrector  hat  in  P  xreveT  corrigiert. 
Androm.  489  hat  bereits  Nauck  xxeveTg  für  xreiveig  verbessert. 
Aber  auch  Herakl.  545  ist  xTeveiv  e^ekke  und  Androm.  459  ist 

vvv  d^  ig  yvvaixa  yogyog  onXirrjg  (pavelg 
xreveTg  /i  ;  äjiöxxeiv^'  <hg  xxL 

für  xreiveig  zu  schreiben,  wie  der  folgende  Imperativ  ent- 
schieden fordert.  Bereits  Porson  hat  xreveTg  gefordert,  aber 
die  Bemerkung  Hermanns  «sine  caussa''  scheint  der  Emen- 
dation  die  Beachtung  entzogen  zu  haben.  Hei.  1046  hat 
Dindorf  ädekcpi}  ovyyovov  xaraxreveiv  (L  xaraxraveTv)  her- 
gestellt, wie  nach  Badhams  Angabe  auch  Cobet  verlangt  liat. 
Aesch.  Prom.  499 

edei^a  xgäoeig  ymcov  äxeofidrcDV, 
alg  id^  ajzdoag  i^ajiivvovrai  voaovg 

hat  Blomfield  iSa/wvojvrai  verlangt,  weil  er  mit  Recht  den 
Sinn  quibus  (ut  iis)  avertant  forderte.  Aber  dieser  Sinn 
wird  mit  i^ajLivvovvrai,  nicht  mit  dem  Konjunktiv  ge- 
wonnen. Xen.  Mem.  II  1,  14  ojika  xrcbvrai  olg  d/ivrovrai 
rovg  ädixovvrag,  wo  Blaydes  ä/ivvcovrai  schreiben  will,  ist 
dfivvovvrai  bereits  aus  den  Handschriften  hergestellt.  Soph. 
0.  K.  955  heisst  es:  '&av6vr(ov  ovdkv  äXyog  äTixeraif  Aesch. 
frg.  255  akyog  ovdkv  nnxexai  vexgov.  Dagegen  wird  von 
der  toten  Alkestis  gesagt  Alk.  937 

xijg  /uev  ydg  ovdkv  äkyog  aiifexai  noxe, 
jiokXcüv  dk  jbLox^cov  evxketjg  Inavoaxo, 

Der  Zustand  der  Schmerzlosigkeit  wird  besser  ausgedrückt  mit 

XYJg  jLikv  ydg  ovxex^  ovdkv  äkyog  anxexai. 

Umgekehrt  hat  Valckenaer  äjixexai  in  äiperai  verbessert  Soph. 
frg.  236  ov  ydg  eo&^  ojicog  OTiovdijg  dixaiag  jnajtwg  ukyog 
äipexai  jioxe.  In  der  Hypothesis  der  Andromache  hat  Her- 
mann Ghig  iniq^aveioa  rovxov  jukv  mixa^ev  ev  Aekq^oTg  d^dipnif 

84* 


J 


528  K  Wecklein 

TTjv  di  ^AvÖQOßidxtjv  eig  MoXoooovg  äjioareUai  fJLexä  xov  naidog, 
avTov  de  ä&avaoiav  nQooöix^a&ai,  tvxcov  di  avrrjg  elg  (elg 
tilgt  Ed.  Schwartz)  /xandgcov  vi^oovg  (Sxt]oev  in  rv^ovra  de 
olxijaeiv  emendiert.  Aber  derjenige,  von  dem  olxrjoeiv  her- 
rührt, muss  auch  vorher  Jigoodi^ea^ai  geschrieben  haben. 

Die  gegebene  Uebersicht  der  handschriftlichen  Fehler 
ist  geeignet  uns  von  einer  bisher  bestehenden  Unsicherheit 
zu  befreien.  Hik.  347  hat  Elrasley  nsiaag,  Nauck  Tiel&cov 
für  neioiov  vorgeschlagen,  Soph.  Phil.  1394,  wo  neloetv 
dvvT]o6/x€a&a  tiberliefert  ist,  will  Schaefer  nev&eiv,  Nauck 
neioai  schreiben,  doch  bemerkt  Nauck,  dass  er  zwischen 
Tiei&eiv  und  neioai  schwanke.  Jebb  sucht  neioeiv  zu  schützen 
und  fügt  hinzu:  if  neioai  were  to  be  altered,  neioai  would 
be  more  probable  than  nei&eiv,  also  das  Qegenteil  von  dem, 
was  für  uns  jetzt  feststeht. 

Eine  andere  Eigenheit  der  handschriftlichen  üeberlieferung 
liegt  in  dem  Vermeiden  der  Formen  von  aigco,  welche 
langes  a  haben.  Hierauf  habe  ich  schon  anderswo  hinge- 
wiesen; deshalb  begnüge  ich  mich  hier  mit  wenigen  Stellen. 
Für  äqeiav  Hek.  1141  gibt  A  aigoiav,  B  aigeiav,  E  aigoiev. 
Uerakl.  255  hat  L  algehe  im  Text,  ägelre  am  Rand.  Alk.  346 
wird  i^dgai/xi,  wie  Wakefield  für  e^aigoijui  und  e^dgoifii  her- 
gestellt hat,  durch  das  Scholion  neloaijui  bestätigt.  Hik.  581 
erfordert,  wie  schon  Cobet  bemerkt  hat,  der  Sinn  inageTg 
für  inaigeig,  wie  ebd.  772  elju'  inagio  für  elev  aigo)  von 
Elmsley  hergestellt  ist.  Hei.  1597  hat  Elmsley  ägehai  für 
algenai  hergestellt,  ebenso  Heraklid.  322  &ga>  für  aXgca, 
welches  die  Handschriften  trotz  des  nächfolgenden  ev(pgavoy 
bieten,  Iph.  A.  125  enagel  für  inaigei,  Tro.  1148  ägovfjLev 
für  algovfiev  (algovfievj.  Die  Verbesserung  von  Scaliger  zu 
Bakch.  1212  ägdo^co  (algeo&w  P,  algeo'^w  Portus)  ist  wenig 
beachtet  worden.     Ebd.  58 

al'geode  raniyoygt    ev  noXei   ^gvyMv 
Tvnava 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides.  529 

sagt  Dionysos  schicklicher  „auf  mit  den  Pauken''  als  «haltet 
die  Pauken  hoch",  also  ägaa^e,  wie  Hipp.  198  bei  dem 
Schwanken  der  Handschriften  zwischen  aigere  und  ägars  das 
letztere  bevorzugt  werden  muss.  Desgleichen  wird  Tro.  465 
ägar'  ig  dg&dv  dejuag,  Soph.  Trach.  1264  ägax\  dnadol 
(,auf*)  für  aiget'  zu  schreiben  sein  und  ebd.  1255  äy\ 
eyxovEh\  ägao&e,  Eur.  El.  360  ägaa^\  dnadol,  rcbvd'  eoco 
tevxt)  doftoiv,     Bakch.  789 

oif  (prjjui  XQ'^'^^^  ^'  ^^^'  inaigeadac  '&€(p, 
äXX^  '^ovxdCeiv, 

Weit  passender  ist  ijtdgao'&ai.  Aber  man  wird  vielleicht 
an  der  Notwendigkeit  oder  Statthaftigkeit  einer  solchen  Aen- 
derung  zweifeln.  Dem  gegenüber  verweise  ich  auf  Aeseh. 
Hik.  344,  wo  man  auch  gewöhnlich  schreibt:  ßagea  ov  y' 
elnag,  TiöXejuov  aXgeo'&ai  veov,  wo  aber  die  Lesart  des  Med. 
atgao^ai  mit  aller  Bestimmtheit  auf  ägaoßai  hinweist  und 
die  in  Rede  stehende  Marotte  trefflich  illustriert.  Aus  diesem 
Grunde  ist  Heraklid.  504  n  cprjoofiev  ydg,  ei  nohg  fjtiv  ä^toi 
xlvdvvov  fjfxcbv  eivex^  ägao'&ai  juiyav  zu  schreiben  für 
ovvex^  algeia&ai,  nicht  wie  man  gewöhnlich  mit  Elmsley 
schreibt:  aigeo^ai.  Die  grössere  Aehnlichkeit  der  Buch- 
staben darf  nicht  irre  führen.     Hik.  608 

älkd  Tov  emvxlff  Xajbucgdv  äv  rig  algfj 
juocga  ndkiv  rode  juoi  rö  ^gdoog  ducfißaivei 

hat  Markland  atgoi  (extollet),  Matthiä  aigoi  (potest  iterura 
evertere)  geschrieben.  In  dem  ersteren  Falle  ist  röv  evrvxlo- 
Xajjjigov  von  Theseus  (Tidhv,  quia  nuper  reversus  erat  Tbeseus 
a  victoria  Amazonum),  im  zweiten  von  Kreon  und  den  The- 
banern  (eum  qui  laetis  rebus  iam  superbit,  vgl.  329  f.)  zu 
verstehen.  Der  zweiten  Erklärung  würde  eher  röv  evrvxifi 
yavgov  entsprechen  und  ich  würde  nicht  anstehen  dieses 
vorzuschlagen,   wenn   ich   die   Erklärung   für  richtig  hielte. 


j 


530  N.  Wecklein 

Es  ist  viel  passender,  wenn  der  Chor  der  seh utzfleb enden 
Mütter  seine  Beruhigung  aus  den  bisherigen  glänzenden  Er- 
folgen des  Theseus  schöpft.  Der  Gedanke  wird  aber  erst 
vollkommen  klar  durch  av  rig  ägei  /xoTqq  jidkiv  und  ägei 
ist  durch  die  Schreibung  algf}  nahe  gelegt.  Vgl.  Aesch. 
Cho.  168  alQovfievov  M  für  ägo^srov,  Pers.  484  aiQovvrai  M, 
aTgo^iai  Elnisley,  wahrscheinlich  äQovvrat,  Hik.  961  Iqio&e 
(igeioße)  M  für  aQeTo&ai  (Cobet).     Tro.  341 

ßaoikeia,  ßaxxevovoav  ov  Ai^i/zf;  xÖQrjv, 

ßiTj  xov(pov  aLQfj  ßfjjir  ig  'Agyeiayv  GXQaxov; 

steht  aiQi]  gewissemiassen  in  Widerspruch  mit  xovq)ov.  Dem 
Gedanken  , plötzlich  hinüberspringe"  entspricht  äg^],  Rhes, 
451  v//ö>r  de  fjLrj  rig  äonid'  aTQ7]Tai  (andere  Handschriften 
alQBxojt)  x^Qt  hat  L.  Dindorf  die  gleiche  Verbesserung  (ägr^rai) 
vorgenommen.  Aesch.  Prom.  677  könnte  man  an  owaigeo^ai 
KvjTQiv  keinen  Anstoss  nehmen,  wenn  nicht  das  Schol.  ovvov^ 
oidoai  auf  den  Aor.  hinwiese.  Eur.  frg.  50,  2  lässt  die 
Schreibweise  algovvrai  eher  auf  ägovvrai  als  auf  aigovrai 
schliessen.  Doch  fehlt  zur  genaueren  Beurteilung  die  Kenntnis 
des  Zusammenhangs. 

Nicht  selten  wird  an  Stelle  des  von  den  Tra- 
gikern bevorzugten  (vgl.  Valckenaer  zu  Phoen.  479) 
I.  Aor.  Passiv  der  zweite  gesetzt.  Diese  Beobachtung 
hat  bereits  Brunck  gemacht.  Hermann  bemerkt  dazu:  bona 
observatio,  si  non  habeatur  pro  regula,  es  fragt  sich,  ob  mit 
Recht.  Hek.  600  bietet  L  TQaqyrjvai  für  'äQ€(pd^vai,  obwohl 
dadurch  das  Versmass  gestört  wird.  Ebenso  Aesch.  Ag.  737 
^QooexQdiprj,  wo  Heath  TTQooe^Qifpürj  emendiert  hat.  El.  32 
ist  äjir]kXdx^r]  noch  in  L  erhalten,  dagegen  gibt  die  gleiche 
Handschrift  mit  anderen  Phoen.  972  &7iaU.ayelg,  während 
djiaXkax'&elg  sich  in  A  erhalten  hat.  Aesch.  Ag.  348,  wo 
M  fehlt,  wird  gewöhnlich  aus  dem  Flor,  und  Farn.  djtaAAa- 
yerreg    aufgenommen,    das   richtige   äjiaXXax^evreg   hat   der 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides.  531 

Marcianus  erhalten.  Zwar  findet  sieb  der  zweite  Aor.  bei 
Aeschylos  noch  an  zwei  anderen  Stellen,  wo  M  nicht  fehlt, 
aber  dort  (Prom.  487  und  776)  entspricht  diese  Form  dem 
Versbedtirfnis.  Soph.  El.  783  hatte  der  Schreiber  von  L 
zuerst  auch,  wie  es  scheint,  äjirjXXäyi^v  geschrieben,  aber 
selber  noch  äji^lXayßiai  hergestellt.  Sonst  findet  sich  bei 
Sophokles  überall  (Ant.  244,  EL  1335,  0.  K.  786,  frg.  906) 
der  I.  Aor.,  nur  Ant.  422  bietet  L  xal  rovd^  änalXayevtog, 
wo  äjiaklax^evTog  zu  schreiben  sein  wird.  Androm.  592 
zeigt  lixog,  dass  äjirikkdyrjg  verdorben  ist  (Cobet  eovhq^g). 
Bakch.  955  hat  P  xQv<pr}vai  für  xQvcp&fjvai  in  Widerspruch 
mit  dem  Versmass.  Bei  Aeschylos  und  Sophokles  kommt 
ausser  Ai.  1145,  wo  das  Versmass  xQvcpeig  erfordert,  nur 
xQvcp^vat  vor.  Bakcb.  243  geben  die  Handschriften  LP 
iQQdqyrj  für  sQQaqy&at,  was  der  gleichen  Vorliebe  entsprungen 
scheint.  Hek.  672  gibt  nur  die  Handschrift  E  äjirjyyeXfj  für 
äjiYiyyik^.  Hek.  335  hat  nur  eine  jüngere  Handschrift 
§i(p&£VT€g  erhalten,  dagegen  bietet  Androm.  10  Qicp^evra  die 
eine  Klasse  der  Handschriften  (PL).  Es  ist  eine  Folge  der 
unrichtigen  Wertschätzung  dieser  Klasse,  dass  man  gewöhnlich 
aus  der  anderen  Klasse  ^Kpevia  aufnimmt.  Eur.  frg.  489 
hat  bereits  Valckenaer  QKp&evta  für  QKpevxa  vorgeschlagen. 
Bei  Sositheos  frg.  3  p.  823  N.  ist  vielleicht  iQQtcpr]  der  Vor- 
liebe für  den  Jambas  im  5.  Fusse  zuzugestehen. 

Sehr  gewöhnlich  ist  die  Vertauschung  von  dsT  und 
XQ^>  von  XQV  ^^^  XQ^l'^  ßXQ^'^)'  ^^  schwanken  die 
Handschriften  zwischen  deT  und  XQ^^  ^^  ^"^  ^^^  Beispiele 
Eines  Stuckes  aufzuzählen,  Or.  564  tbg  jieTocoih'jvai  jus  XQ^ 
{dei  BL),  672  rakamcoQETv  jue  dei  {dei  yg.  XQ^]  ^i  ^^^  ^^^ 
übrigen),  864  nvevju'  djiooQfj^at  /ue  deT  (fie  yQ^)  BF),  sogar 
TL  XQ^I  (plkcov;  haben  667  alle  Handschriften  ausser  B.  Ebd. 
596  geben  die  Handschriften  it  xQV  /^^  ögäv  für  n  XQ^^- 
Da  die  Bedeutung  der  beiden  Wörter  und  der  Gebrauch 
derselben  sich   nicht   merklich   unterscheidet,    wird   meistens 


532  N.  Wecklein 

die  Wahl  des  einen  oder  anderen  ron  der  Wertsehätzcing 
der  Handscbriflen  abhängen;  nnr  selten  wird  man  sich  gegen 
die  Handschriften  entscheiden  können,  wenn  aoch  die  Gefahr 
nahe  liegt,  dass  nnser  Text  nicht  das  ürBprftngliche  gibt. 
Hek.  282  ov  rovg  XQajovyiag  j^gt]  xgcneTr  ä  ßiij  X9^^^  ^^^ 
Bmnck  nicht  ohne  Grund  de!  verlangt  wegen  des  folgenden 
XQeojv,  ebenso  wegen  des  folgenden  7017  ebd.  983  äUa  oj]- 
fioireiy  oe  XQ^^  ^*  Z9V  ^^^-  Weil  will  otjucuretv  XQ^^'*^ 
schreiben,  aber  wer  die  häufige  Verwechslung  Ton  X91^  ^^^ 
XQtj  beachtet,  wird  in  ;ro^v  keine  Stütze  fQr  yj^oyr  sehen. 
Nnr  f&r  die  Bedeutung  ,es  ist  bestimmt  (verhängt)*,  in 
welcher  yori  pLt  noif\oai  dem  itiiÄa}  noiijaeiy  nahe  kommt, 
mOasen  wir  X9']  verlangen  und  de!  abweisen.  Am  besten 
ergibt  sich  diese  Bedeutung  z.  B.  aas  Soph.  O.  T.  791 
6  ^ölßog  .  .  Tioovqdrf]  kiycüv,  (bg  ufj^Qi  ftev  XQ^^  ^  «'"it" 
Or^vai  xii.  Aus  diesem  Grunde  muss  man  Soph.  EI.  339 
ei  d^  ikei^deoav  ßie  Sei  ^fp*,  fwv  xgarovvziov  iml  Ttdvr^ 
äxovoiia  wohl  ^e  xQh  abreiben  (=^  et  fulXoy  iievOega  ^fjvf. 
Ebenso  scheint  Hek.  150 

rj  ydo  oe  Xtxal  dtaxoiXvoovo* 
dgq:avdv  elvau  naidog  fteiJag 
T]  det  a'  ijiidety  rvfißov  ngonerrj 
q^oiviaooßievrp^  aTuart  :iag9evov  xxL 

der  Sinn  /o?;  für  deT  zu  fordern. 

Wie  wir  oben  gesehen  haben,  geben  Or.  564  die  meisten 
Handschriften  richtig  öjg  TierQoy&rivai  ue  XQ^  (,dass  es  mir 
bestimmt  ist  und  in  Aussicht  steht*),  L  dagegen  hat  det 
Die  Gefahr  solcher  Lesart  liegt  also  um  so  näher,  wo  wir 
L  allein  haben,  z.  B.  in  der  Helena,  wo  ich  1091 

?/  yäo  §avetv  det  /i',  f]v  axd>  xexyo}fiein), 
ij  Tiaroida  t'  ikdelv  xal  aov  exadxjai  öeßiag 

und  1654  iv  roToi  S*  avroTg  dei  r«r  e^evyßai  yd^ioig 
i/.deiv  t'  ig  oTxovg  xal  ovroixfjoai  Jiöoei 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides.  533 

XQ^  statt  Sei  für  nötig  erachte.     Auch  Androm.  245 

ooq)rj  aoqyy]  ov'  xatdaveiv  d^  S/LiO)g  ae  Sei 

dürfte  xQV  ^^^  Erwiderung  der  Hermione  verschärfen. 

Häufig  beginnt  Euripides  einen  Fragesatz  mit  ov  nov 
in  dem  Sinne  «ich  will  nicht  hoffen,  dass*,  ,es  wäre  schlimm, 
wenn*.  Dieses  ovnov  hat  den  Abschreibern  gewöhnlich 
Anstoss  erregt  und  ist  gern  mit  1}  nov  oder  ovtko  ver- 
tauscht worden.  Med.  695  ov  nov  teroljurjx''  Soyov  aiox^cnov 
rode;  ist  ov  nov  von  Witzschel  hergestellt.  Die  Handschriften 
geben  ^  (fj)  nov,  Elmsley  hat  ^  ydg,  Schenkl  //^  nov  ver- 
mutet. El.  235  oß  nov  onavlCei  rov  xa&'  fjfjLeqav  ßiov;  ist 
or  nov  in  L  erhalten,  dagegen  bietet  das  Citat  bei  Dio 
Chrys.  13,  5  fjnov,  Iph.  T.  930  ov  nov  voaomn:ag  delog 
vßqioev  dojuovg;  haben  L  und  P  zwar  ou  nov  von  erster 
Hand,  aber  am  Rande  hat  L  7]nov  und  von  zweiter  Hand 
ovno),  P  von  zweiter  Hand  fjnov.  Phoen.  1072  d)  ^/Arar', 
ov  nov  ^v^rpoQOLv  rjxeig  cfioojv  ^EreoxXeovg  davovrog;  rührt 
ov  nov  für  fjnov  von  Härtung  her.  Hei.  135  ov  nov  viv 
'Kkevrig  aloxQov  äXeoev  xkeog;  gibt  L  ovnay  corr.  in  7]  nov, 
G  nov  (ohne  ov),  ov  nov  hat  Seidler  geschrieben.  Ebd.  575 
ov  nov  (pQovoj  fiiv  ev,  rö  (Y  öfxfxa  jtwv  vooei,  000  ov  nov 
ßaQßdgojv  ovkäo'&^  vno,  791  ov  nov  nQOOfjreig  ßiorov;  hat  L 
}j  nov  über  ov  nov,  G  das  erste  Mal  ov  nov,  an  der  zweiten 
und  dritten  Stelle  7j  nov,  Herakl.  1101  ov  nov  xar^l&ov 
av&ig  elg  "Atdov  ndXiv . .  dga/LKov;  gibt  L  ovnco,  Dindorf  hat 
ovnov  hergestellt.  An  zwei  Stellen  finde  ich  ov  nov  unbe- 
helligt geblieben,  El.  630  ol*  nov  t^c  oong  yvcogiei  /i'  idajy, 
yeQOv;  Iph.  A.  670  oß  nov  [jC  eg  äXka  dojjuar''  olxiCeig,  ndreg; 
Hik.  762 

i]  nov  nixQwg  viv  ßeonneg  ijyov  ex  (povoi^; 

ist  i]  nov  von  niemanden  beanstandet  worden.    Aber  Adrastos 
fragt  ^es  haben  doch  nicht  Sklaven  die  Leichen  aufgehoben? 


534  N.  WecJdein 

das  wäre  mir  schmerzlich*.  Also  ist  ov  nov  zu  schreiben. 
Hek.  775 

(b  rXfjfjLOV  Yi  nov  xQ'^f^ov  fjQdo'^tj  XaßeXv; 

ist  ov  nov  (,ich  will  nicht  hoffen,  dass  er  so  gemein  war, 
sich  durch  Gold  zu  dieser  Missethat  verleiten  zu  lassen") 
ebenso  zu  setzen  wie  in  der  oben  angeführten  Stelle  Med.  695. 
Or.  844 

yvvalxegf  ^  nov  T<bvS^  äqxoQfAriTai  d6fi(ov 
xkrifjLmv  'Ogiarrig  ^eojbiavei  Xvaof]  dafielg; 

sagt  Elektra  passender  zum  Ausdruck  ihres  Schreckens  ov 
nov  als  fj  nov,  Ueberhanpt  dürfte  nach  den  aufgezählten 
Fällen  fj  nov  an  der  Spitze  eines  Fragesatzes  zweifel- 
haft werden.  Es  scheint  nur  eine  Behauptung  oder  viel- 
mehr Vermutung  einzuleiten  (, gewiss  wohl")  wie  Aesch. 
Prom.  537  i]  nov  ri  oefivdv  ioTiv  8  ^vvajbLnexeiQ,  Soph.  Phil. 
1130  ^  nov  iXeivov  ÖQäg,  Ai.  382  fj  nov  nokvv  yeXo}&'  vq>* 
rjdovfjg  äyeig,  1008  ?}  nov  jue  TeXa/biwv . .  öi^aix^  hv  eimgö- 
oconog  und  öfters  bei  Sophokles  (Ai.  622,  850,  1229,  Trach. 
846),  Plat.  Gorg.  448  A  ^  nov  äga  Qqdicog  änoxQivei,  c5 
roQyia.     In  diesem  Sinne  kann  ^  nov  Or.  435 

rfe  d^  äXXog;  fj  nov  T(bv  dm^  Alyla&ov  (piX(ov. 

stehen.  Das  Fragezeichen,  welches  gewöhnlich  gesetzt  wird, 
ist  dann  wegzulassen.  Doch  würde  ov  nov  . .  (plXcov;  als 
Ausdruck  der  Entrüstung  sehr  geeignet  sein.  Nebenbei 
bemerkt,  ist  än'^  eine  ungeeignete  Bezeichnung.  Eine  ganz 
andere  Bewandtnis  hat  es  etwa  mit  dem  Sophokleischen  rd>r 
dji*  Oldlnov  xaxd>v.  Auch  sollen  die  ehemaligen  Freunde 
des  Aegisthos  bezeichnet  werden,  also  t&v  nox"  Alyia&ov 
q)iXcov.     Nicht  sicher  bin  ich  bei  Tro.  59 

^  nov  viv  e'x^Qav  rrjv  ngiv  ixßaXovaa  vvv 
ig  ohixov  fjX&eg  nvQi  xaxjj&aXo/bLevtjg ; 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides,  535 

Wenn  viv  richtig  und  ig  oIxtov  ^l'&eg  wie  (ßniioag  kon- 
struiert, also  auch  xat]]'d^ako}jLi€vrjv  zu  schreiben  ist,  so 
wird  ov  Jiov  herzustellen  sein:  „Ich  will  nicht  hoffen,  dass 
du  jetzt,  nachdem  Troja  verbrannt  und  nicht  mehr  zu  helfen 
ist,  zum  Mitleid  gestimmt  worden  bisf^. 

Aesch.  Eum.  851  xal  reo  fxh  el  ov  xägt^  ißxov  7iQ0<p€Q- 
XEQa,  (pQoveXv  de  x&fxol  Zevg  edcoxev  ov  xaxd>g  ist  ooq^coriQa 
für  TtQocpeQriga  überliefert.  Vgl.  Hom.  ^786  xexvov  ijuiöv, 
yevej]  fxhv  {}7i€Qr€Q6g  ioriv  ^AxMevg,  TigeoßvTEQog  dh  ov  iooi. 
Was  hier  vTiegzegog,  ist  dort  nqofpeQxiQa,  Diese  Vertauschung 
von  ootpibxBQog  und  TtQocpegxeQog  steht  nicht  vereinzelt. 
Ich  habe  schon  anderswo  bemerkt,  dass  Soph.  frg.  787,  3 
der  Sinn  xco  JigotpeQxdxcp  für  reo  ootpcoxdxcp  fordert  und  dass 
El.  1370  (pQ0VTi^e&^  (bg  xovxoig  xe  xal  ooipoyxsQOig  äXloioi 
xovxcov  Ttletooi  juaxovfÄevoi  nicht  die  Weisheit,  sondern  die 
Kraft  in  Betracht  kommt  und  xal  nQO(peQXEQoig  näher  liegt 
als  etwa  xAXxificoxeQoig.  Am  sichersten  lässt  sich  diese  Ver- 
tauschung erkennen  Hik.  842 

eiTie  y^  (bg  oo(pa)X€Qog 
vioioiv  äoxcbv  xcbvd^'  biioxrjiLioyv  yäg  el. 

Natürlich  ist  oocpcüxegog  vor  imoxrj/ucov  yäg  el  unbrauchbar, 
wesh£db  Hermann  eiTi^'  imoxij/Licov  yäg  el  unter  Tilgung  der 
übrigen  Worte  schreiben  wollte.  Kirchhoff  hat  ebi''  iitel 
oo<pd)v  egcog,  HeimsÖth  ei(p\  onoyg  oacpdyg  eg(b,  andere  anderes 
vermutet.  In  eine  y'  cbg  7igo(pegxegog  veoiotv  äoxayy  xcovde 
bezieht  sich  ngocpegxegog  auf  das  höhere  Alter  wie  Soph. 
0.  K.  1531  Xip  jtgo(pegxdxcü  ydvco  und  man  versteht  jetzt  in 
Gegensatz  dazu  veoioiv.     Auch  Soph.  frg.  481,  6 

Tiöjg  dfjx^  eycoy^  äv  '&vrjxbg  ex  '&vr]xfjg  xe  (fvg 
Aiög  yevoljurjv  ev  (pgoveiv  ooqpojxFgog; 

scheint  ngorpegxegog  in  Verbindung  mit  ev  (pgoveiv  stil- 
gerechter zu  sein. 


536  N.  Wecklein 

Hek.  820  rl  ovv  h^  äv  rig  iknioai  Jiqd^eiv  xaXfbg;  bietet 
Ti  nur  die  beste  Handschrift  A,  die  übrigen  n&g.  Phoen.  878 
erwähnt  für  äyib  u  ob  dgayv,  noXa  d'  ov  Xeycov  ejit]  der 
Schol.  die  Variante  xäycb  xi  /xtj  öqcov,  noTa  S*  ov  Xeyo)v  ejzt], 
was  offenbar  nur  ein  Versuch  ist,  den  Hiatus  ti  ov  zu  be- 
seitigen. Da  sich  tl  ovv  öfters  findet  (Aesch.  Pers.  789, 
Sieb.  192,  691,  Eum.  903,  Hik.  310,  Soph.  Phil.  100, 
Ai.  873),  scheint  die  Meinung  Porsons  (Phoen.  892),  welcher 
diesen  Hiatus  verwirft,  und  der  Versuch  mancher  Kritiker, 
an  einzelnen  Stelleu  den  Hiatus  zu  beseitigen,  nicht  gerecht- 
fertigt zu  sein.  Phil.  100  z.  B.  schreibt  Wakefield  n  fi' 
ovv  ävojyag  für  n  ovv  ii  ävoiyag,  eine  scheinbar  leichte 
Aenderung,  aher  auch  Eum.  903  ist  xi  ovv  /*'  ävwyag  über- 
liefert, wo  wieder  Porson  rl  jbi'  ovv  setzen  will.  Pers.  789 
will  Nauck  ein''  ovv,  Sieb.  192,  691  Blomfield  Jicbg  ovv  und 
ri  VW,  Hik.  310  Heath  xi  d'  ovv  schreiben.  An  der  oben 
angeführten  Stelle  der  Hek.  setzt  Nauck  Jicbg  in  den  Text. 
Aber  die  Neigung  eher  den  Hiatus  zu  beseitigen  als  neu  zu 
schaffen  lässt  sich  aus  der  zu  Phoen.  878  erwähnten  Variante 
erkennen.  Und  dass  man  lieber  Jicog  an  die  Stelle  von  xi 
als  umgekehrt  setzte,  verrät  El.  570 

IIA.  Jicbg  einag,  d)  yegai',  äveXnioxov  koyov; 
IIP.  ögäv  ^OQ€oxr]v  xövSe  xov  'Ayafii/Livovog. 

Wenn  Jid>g  ehiag  richtig  wäre,  müsste  man  mit  Victorius 
wenigstens  ÖQoyv  schreiben.  Aber  augenscheinlich  ist  r/r' 
eJjTag  das  Richtige.  Vgl.  die  ganz  gleiche  Stelle  Soph. 
Trach.  184  reV  eJjiag,  o)  yegaie,  xovöe  jaoi  koyov;  ÄFF,  xdyj 
ig  dojiwvg  oovg  xov  Jtokv^rjXov  ndoiv  ij^eiv. 

Ein  auffälliger  Ausdruck  begegnet  uns  Kykl.  601  ov  t' 
CO  xakaiv7]g  Nvxxog  ixnaidevfi\  '"Yttve.  Inwiefern  soll  der 
Schlaf  ein  Ixnaidevfia  der  Nacht  heissen  können?  Wie 
allein  naideveiv  gebraucht  werden  kann,  lehrt  frg.  945  &r.i 
XI    xaivbv    ijjueQa   naidevexai    (tj   fjjLLeQa   dei  xi  xaivöv  slg   ro 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides.  537 

(pQOvxü^eiv  (piQEi).  El.  886  ov  x  c5  7ia()ao7il(n\  ävögog  evae- 
ßeoTQxov  jiaidei'fia  IlvXddtj  könnte  man  glauben,  Fylades 
habe  etwa  wie  Achilleus  oder  Hippolytos  {dyvov  UiTdecog 
jiaidevfiaTa  Hipp.  11)  einen  besonderen  Erzieher  gehabt;  da 
aber  oiSenbar  von  dem  Vater  die  Rede  ist,  begreift  man 
nicht,  warum  Pylades  nicht  als  dessen  Sohn  bezeichnet  wird. 
Frg.  27  »)  ßQ(^X^  ^ö'  o'divog  dvegog'  äXXä  Jtotxdiq  noamdun* 
ÖEivd  jABv  (pvla  novTOV  x^oyiojv  t'  deQioiv  re  ödfAvaxai  Jiai- 
öfv^axa  kann  von  naiöevfxaxa  noch  weniger  die  Rede  sein. 
Hieran  haben  schon  andere  Anstoss  genommen  und  F.  W. 
Schmidt  hat  yevvT^juaxa  vermutet.  Aehnlich  ist  der  Ausdruck 
Androm.  1101  fiijXa,  q)vX}iddog  üaQvaolag  jiatÖFVjuaxa  und 
frg.  939  w  Tiayxdxiaxa  yj^övia  yijg  Tiaidev/uaxa,  wo  Fritzsche 
yevWjfiaxa  oder  xexvdofxaxa  vorgeschlagen  hat.  Diese  Fehler 
der  Ueberlieferung  werden  wohl  auf  gleiche  Weise  zu  heben 
sein.  Auf  welche  Weise  dies  zu  geschehen  hat,  zeigt  uns 
frg.  52,  5 

ofJLoiav  ;|ri?cüv  äjiaoiv  i^ejialdevoev  oiptv. 

Dass  hier  vom  Traideveiv  gar  nicht  die  Rede  sein  kann, 
erkennt  man  aus  dem  Vorhergehenden :  xö  ydo  Tidlai  xal 
TiQcbxov  OT*  iyevo/ite&a.  An  dieser  Stelle  ist  nur  eine  Emen- 
dation  möglich,  i^eipixvoev.  Die  Vermittlung  mag  durch 
(pvxeieiv  gegeben  sein,  wie  Aesch.  Sieb.  316  der  cod.  Med. 
(pvxevei  für  qfHxvei  und  frg.  99,  10  der  Aegyptische  Papyrus 
(pvdevfjidxoDV  für  gixvjudifov  bietet.  Hiernach  also  werden 
wir  an  den  obigen  Stellen  eine  Vertauschung  von  Tiaidev/xa 
und  (fixvjiia  annehmen  und  El.  887  drSgog  Evoeßsoxarov 
gpixvjaa,  Andrem.  1101  (pv^^dSog  UaQvaoiag  q^HTv/uaxa, 
frg.  27  ödjLLvaxai  (pixvfiaxa,  939  yfjg  cpixv fxaxa  schreiben. 
Vgl.  Aesch.  Ag.  1280  jtnjxQoxrovov  <fixv/na.  Minder  sicher 
ist  die  Verbesserung  von  Kykl.  601,  weil  sich  EX(pixvfia 
sonst  nicht  findet.  Freilich  ist  auch  ixnaidevjna  ein  una^ 
keyoixEvov.     Aber  der  Sinn  der  Stelle   legt  eine  andere  Ver- 


538  K.  WecUein 

mutang  nahe.  Aesch.  Pers.  817  bieten  die  Handschriften 
ixTtaidsverai  f6r  das  von  Schütz  hergestellte  ixmdvetaL  Wenn 
man  ein  Wort  ixnldvfxa  annehmen  könnte,  würde  sich  die 
Bezeichnung  für  den  Schlaf  als  etwas  das  aus  der  Nacht 
hervorquillt  gut  eignen. 

Nicht  selten  werden  in  den  Handschriften  eg  und  nqog 
vertauscht.  Alk.  1121  gibt  B  ßkSyjov  ngog  avrrjv,  die  übrigen 
(L)  ßXhpov  d^  ig  avTt]v,  das  gewöhnlich  aufgenommene  ngog 
ist  wegen  der  fehlenden  Verbindung  nicht  zu  bevorzugen. 
Ebenso  schreibt  man  ebd.  607  gewöhnlich  vexvv  fxev  ijdt] 
TiävT^  exovra  ngdonokoi  (pegovoiv  ägdrjv  ig  rdtpov  re  xal 
Ttvgdv  nach  der  einen  Klasse  der  Handschriften,  während 
die  Lesart  der  anderen  Klasse  (L)  ngög  rdtpov  dem  Sinne 
entsprechender  ist.  Richtig  ist  ig  ebd.  629  ovr'  fß'&eg  ig 
rovd^  iS  ijüLOv  xXfj^elg  xdq)ov  (,du  gingst  zur  Beerdigung*). 
Hek.  405  hat  L  ig,  die  übrigen  ngdg.     Bakch.  775 

Taqßa)  fikv  ebietv  rovg  ioyovg  iiev&eQovg 
elg  töv  xvqqwov,  äXl^  Sficog  elgi^oerai 

seigt  schon  die  prädikative  Stellung  von  ikev&egovg  an,  dass 
nur  von  einer  freimütigen  Rede  dem  Herrscher  gegenüber, 
nicht  von  einer  gegen  den  Herrscher  gerichteten  Rede  ge- 
sprochen werden  soll,  also  muss  es  Jtgog  tov  Tvgawov  heissen. 
Die  Bedeutung  von  elg  erkennt  man  z.  B.  aus  El.  329  xal 
TovTo  ToXfiq.  Tovnog  elg  fi^äg  kiyeiv.     Ebd.  1165 

äXi'  eioogco  ydg  elg  dö/novg  ögfico/uevriv 

erfordert  der  Sprachgebrauch  ngdg  öofiovg.  Sie  eilt  auf 
das  Haus  zu.  Vgl.  El.  340  Tigbg  dojiiovg  (bg^irjfievov  (og/ico" 
^evov  Paley).     Hik.  679 

o?  d*  lorgeqpov 
TKokovg  ig  äXxi]v  au'&ig  ig  nagaißdxag 

ist  das  doppelte  ig  lästig  und  man  hat  av  nagaißdrmg,  thg 
nagaißdxag   vermutet.     Aber  auch  der  Sinn    verlangt   ngbg 


Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides,  539 

äXxTJv,  Ebd.  688  muss  man  an  rtjv  ig  ovgavöv  xoviv  ngo- 
oavxelkovoav  Anstoss  nehmen,  weil  ngög  in  solchen  Zu- 
sammensetzungen die  Bedeutung  „dazu,  daran*  hat.  Da- 
gegen sagt  man  elg  ovQavbv  elaavidcov,  also  hier  rtjv  ig 
(oder  TtQog)  ovgavöv  x6viv  ioaviiXkovaav,  Die  Ver- 
tauscbung  scheint  hier  einen  besonderen  Grund  in  dem  über- 
flussigen Streben,  die  letzte  Silbe  von  xdviv  zu  yerlängem 
gehabt  zu  haben. 

Auch  lg  und  iv  findet  man  verwechselt.  So  bietet 
Alk.  190  die  eine  Klasse  der  Handschriften  ig  äyxdXag,  die 
andere  (L)  iv  äyxdXaig.  Die  Bevorzugung  der  einen  Klasse 
hat  es  mit  sich  gebracht,  dass  gewöhnlich  ig  äyxdkag  auf- 
genommen und  das  gewähltere  Xajußdvovo'  iv  dyxdXaig  ver- 
schmäht wird.  Auch  in  dem  bei  dem  Schol.  zu  Aristoph. 
Plut.  907  aus  den  Bakchen  citierten  Vers 

el  fiYj  ydg  Xdiov  ekaßov  ig  x^Q^^  juvaog 

entspricht  iv  ;^€^aJy  dem  Sinne  weit  mehr.     El.  79 

ßovg  elg  dgovgag  etoßakcbv  onegcb  yvag 

spricht  nicht  nur  die  Wiederholung  von  slg,  sondern  auch 
die  Wendung  ^evyrj  i/jißdkkeiv  elg  dygov  für  ifißakcbv, 
Hik.  1206  ist  iv  yaiag  iiv^oTg  xgvy^fov  für  ig . .  jtwxovg  zu 
schreiben,  weil  man  xgvTtreiv  x'^^'^^f  ^^  ;t^or/,  nicht  ig  x^dva 
sagt.  Hipp.  1248  ist  (hjzoi  d^  exgvcp&ev . .  ov  xdxoid'*  onov 
xßovög,  nicht  ojioi  die  richtige  Lesart.  Umgekehrt  bietet 
die  Handschrift  P  Bakch.  908  ai  juev  (iXmdeg)  relevrcboiv 
iv  SXßcp  für  ig  oXßov,  denn  reXevräv  ei'g  ti  verlangt  der 
gewöhnliche  Sprachgebrauch.  Vgl.  noT  TeXevTrjoo)  ßiov  Hek. 
419,  oT  reXEVTYjoco  Xoyov  Tro.  1029,  nöi  TcAeviav  Aesch. 
Fers.  737,  Cho.  526,  Soph.  0.  K.  476,  al  TioXXal  drvxlai  ig 
TovTo  iieXevrrjaav  Herod.  3,  125. 

In  einer  gelehrten  Abhandlung  der  ^Ai^Yjvä  hat  Kontos 
die  Vertauschung  von  //fi>'  fjjuegav  und  xmT  fjjuegav   nach- 


540  N.  Wecklein 

gewiesen.  So  wird  auch  El.  603  vvx^og  ij  juti?'  f)ßUQav  för 
xa^*  fjfUQav  zu  schreiben  sein.  Auch  sonst  finden  wir  die 
Verwechslung  von  fiExd  und  xard,  Alk.  898  bietet  L 
xar''  ixetvrjg  für  xai  juec''  ixEmjg.  Ebd.  1051  hat  Hermann 
noTEQn  fier^  ävÖQÖJV  d'^r''  ivoixrjoet  ariyrjv;  hergestellt  für  xai' 
ävdQOjv.     Ich  sehe  jetzt,  dass  ich  Phoen.  1006 

fid  rov  //fr'  äoTOCOV  Zrjv^  ''^QV  ^^  (folviov 

nicht  richtig  verbessert  habe,  indem  ich,  weil  Zeus  nicht  in 
der  Oesellschaft  der  Sterne  sich  aufhält,  sondern  ,uber  den 
Sternen*  wohnt,  fier^  äorga  schrieb.  Es  wird  xar  äoroa 
zu  setzen  sein,  wie  es  Tro.  1001  von  Kastor,  dessen  Wohnsitz 
eher  /ipr'  noxQov  bezeichnet  werden  könnte,  h^  övxog  ov  xar"* 
äoToa  710)  heisst.  Vgl.  Hei.  1096  "Ilga . .  olxeig  dorenwv 
jiotxiXjuaia.  Hek.  214  hat  Schaefer  xaraxXaioßiai  för  fiera- 
xXatojuai  vermutet;  es  ist  wohl  ebenso  Med.  996  die  Schwierig- 
keit mit  xaraorivo/iai  zu  beseitigen,  da  sich  für  //rra- 
oTevojuat  keine  passende  Bedeutung  finden  lässt. 

Häufig  ist  das  Schwanken  der  Handschriften  zwischen 
Tiov,  not,  Tifj,  Ticog,  zwischen  Sjiov,  ojioi,  ÖTifj,  omog  u.  ä. 
Z.  B.  geben  Alk.  785  LP  ov  für  ol  ebd.  863  die  Hand- 
schriften noT  für  Tiäf  Hek.  812  L  nov  für  ndl,  Or.  511  nfj 
für  7101»  802  TiTi  für  tiov,  Hek.  114  Tifj  für  tioI,  163  ;;rorEG, 
7ir]  die  übrigen  Handschriften,  Hei.  738  L  oT  för  ov,  Hipp.  1248 
ÖTiov  EL,  1)717]  B,  lmo}g  P,  oTioi  C.  Ueberhaupt  gibt  L  ausser- 
ordentlich häufig  Tii]  für  7ioX,  wenigstens  nach  den  bisherigen 
Collationen.  Hik.  760  tzov  vexgovg  fjxeig  kutcov;  hat  Hermann 
7Z0V  für  7101,  El.  238  Elmsley  07ia)g  für  ottoi'  hergestellt. 
Herakl.  1245  schwankt  die  Ueberlieferung  zwischen  oTitj, 
OTiov,  07101,  das  richtige  ist  ottov  re&f],  nicht  wie  der  neueste 
Herausgeber  schreibt  oTit]  reOfj.  Alk.  834  bieten  die  Hand- 
schriften 7T0V  xai  ocf€  '&d7iTFi;  7T0V  viv  evQjjoo)  fioXdjv;  Der 
Sprachgebrauch  fordert  ttoI  . .  /uoXcüv,  wie  Monk  gesehen  hat. 
Das  zweite  tzov  ist  wohl  dem  ersten  zuliebe  gesetzt  worden. 


Beüräge  zur  Kritik  des  Uuripides,  S4l 

Vgl.  Hipp.  1153  Tiöi  (A  Tiov)  yfjg  ävaxxa  rfjode  Orjoea  /noXcov 
evQoifi'  äv;  Der  gleiche  Vorgang  ist  Androm.  848  nov  /wi 
TivQÖg  (piXa  (pXo^;  nov  d^  ig  nizgag  dcQ'&O);  zu  beobachten, 
wo  es  oflFenbar  7i(bg  . .  äeQ'&co  heissen  muss,*)  und  Bakch.  184 
TioT  Sei  xogeveiv,  not  xa^iardvai  noSa,  wo  ich  schon  früher 
Ttov  xa&iordvat  für  nötig  erachtet  habe,  ohne  Qlauben  zu 
finden.  Ebenso  ist  Hei.  1607  5 nov  voaolev  ^v/i/ia^oi  für 
8noi  V,  f.  zu  schreiben.     Tro.  465 

nov  oxdtpog  x6  xov  oTgaTTjyov;   nov  noi"  ^iißalveiv  fiE  XQV* 

bieten  die  Handschriften  teils  noX  axd<pog,  teils  not  nox*.  Das 
letztere  wird  wohl  mit  Unrecht  unbeachtet  gelassen.  Schon 
der  Wechsel  des  Ausdrucks  empfiehlt  noT  nox^  ifißalveiv 
fie  XQTJ;  Herakl.  74  hat  Elmsley  nou  (für  noT)  naxijQ  unsoxi 
yfjg;  hergestellt. 

Man  kann  sich  denken,  dass  aus  einem  ßekxtov  sehr 
leicht  ein  ßiXxioxov  wurde.  Soph.  Ai.  743  ngbg  x6 
xegdioxov  xganelg  yvco/urjg  hat  Nauck  erkannt,  dass  Sinn  und 
Sprachgebrauch  xigdiov  erfordern.  Es  ist  nicht  von  Belang, 
dass  eine  geringere  Handschrift  (cod.  Pal.)  diese  Lesart  bietet. 
Aesch.  Ag.  389  scheint  vjieg  x6  ßekxiov  dem  Sinuc  mehr  zu 
entsprechen  als  vnhg  x6  ßekxioxov.     Androm.  639 

xvdioxov  ßgoxoTg 
nevrjxa  XQV^^^^  ^  xaxöv  xal  nkovoiov 
yajußgov  nenaodai  xal  cplkov 

gibt  xvdioxov  die  eine  Klasse  der  Handschriften  (A),  die 
andere  (PL)  mit  Stobaeus  fl.  72,  14  xvdior.  Nur  die  über- 
mässige Bevorzugung  jener  Klasse  brachte  es  mit  sich,  dass 
xvdioxov  trotz  des  folgenden  ij  bei  Kirchhoff  und  Nauck  im 
Texte  steht.  Hermann  bezieht  hieher  Hesych.  xröiov  xgelxxov, 
algexcüxegov.  Nun  aber  findet  sich  überliefert  Alk.  900  xi  fioi 
Cfjy  öfjxa  xvöioVf  (pikoi,  xaxcog  xkvovxi  xal  xaxcJyg  nengayoxi. 


1)  Nachtraglich  finde  ich  diese  Verbeswernng  in   einer  Abhand- 
lung von  Busche. 

1895.  Bitzungsb.  d.  phil.  u.  Libt.  Cl.  35 


542  N.  Wecklein 

Vergleicht  man  damit  Med.  798  Itco'  xl  /loi  f^y  xigdog; 
Aesch.  Prom.  773  rt  dfjr^  ijuol  C^v  xegdog;  so  kann  man 
nicht  zweifeln,  dass  nach  dem  Vorschlage  Purgolds  tI  fioi 
C^v  d'^za  xegdiov  zu  schreiben  ist.  Dieses  xigdiov  passt 
aber  auch  an  unserer  Stelle  weit  besser  als  xvdiov,  denn  es 
handelt  sich  nicht  um  die  Ehre,  sondern  um  den  Nutzen. 
Nicht  unmöglich  ist  es,  dass  schon  die  Glosse  des  Hesjch. 
auf  einer  falschen  Lesart  der  Handschriften  beruht;  denn 
xQEixxov,  alQ£x(6x€Qov  passt  besser  zu  xegdiov  als  zu  xvdiov. 
Vgl.  Aesch.  Prom.  400  ea  /le  xfjSe  xfj  vooco  vooeTv,  ijiei 
xsgdioxov  ev  (pgovovvxa  /birj  (pgovelv  SoxeTv,  wo  das  Schol. 
l'a  fjie  nagaxivSvveveiv  vnkg  oov'  äjueivöv  juoi  ioxiv  ev  9^^o- 
vovvxd  ooi  doxeiv  xotg  e^co'&Ev  äq)goveiv  auf  xegdiov  hinweist. 
Manchmal  ist  in  den  Handschriften  eine  Verkürzung 
des  Wortes  eingetreten  wie  El.  181  ;|r6i;co  för  vvxevw, 
Heraklid.  893  dal  für  daixi,  Iph.  T.  176  doxi/ua  für  doxt]- 
jnaai.  In  einem  Triraeter  lag  es  nahe  das  Fehlende  zu  er- 
gänzen. Dies  scheint  mir  den  Weg  zu  zeigen  zur  Ver- 
besserung von  Hei.  1606 

MeveXecog  ö'  e^cov  onXa 
önov  voooTev  ^vixfxayoi  xaxaoxojicbv, 
xavxf]  7Tgoot}ye  X^'-Q^  de^ia  ^c(pog, 
Sox^  ixxokvjbißäv  vaog. 

Man  glaubt  es,  auch  ohne  dass  es  gesagt  wird,  dass  Menelaos 
das  Schwert  mit  der  rechten  Hand  führte.  Das  Ungeschickte 
des  Ausdrucks  hat  schon  Hermann  bemerkt.  Badham  bemerkt 
zu  dieser  Stelle:  iure  displicuit  Hermanno  x^^Q^  öe^iä:  quod 
ipse  substituit  ßagßdgoig  fieri  potest  ut  Euripides  scripserit; 
sed  huiusmodi  conieciurae  non  sunt  in  textum  recipiendae. 
Als  eine  notwendige  Bestimmung  kann  ßagßdgoig  nicht  er- 
achtet werden  und  x^^Q^  wird  dann  fast  lästig.  Eine  der  Be- 
schreibung des  Vorgangs  förderliche  Angabe  erhalten  wir  mit 

xavxr}  Tigoorjye  öe^io'yxaxa  Si(pog. 


Beiträge  zur  Kritik  des  EuripUks,  543 

Wenn  de^KOjaxa  in  deiitf  verkürzt  war,  lag  die  Ergänzung 
von  x^^Q^  nahe.     Bakch.  473 

ex€i  d*  ov)]aiv  roToi  '&vovolv  xlva; 

wo  von  den  bakebischen  Orgien  die  Rede  ist,  gibt  '^vovoiv 
einen  zu  engen  BegriflF.  Nicht  bloss  mit  Schlaehtopfern 
werden  die  Orgien  gefeiert.  Man  verlangt  den  Sinn  »den 
sie  feiernden",  nicht  „den  opfernden",  also 

Bl^t.  <}'  ovrjotv  roig  'ßvooxovotv  xiva; 

Das  Wort  d^vooxeTv  erregte  auch  Aesch.  Ag.  87  und  wie  ich 
anderswo  gezeigt  habe,  Soph.  0.  T.  896  den  Abschreibern 
Anstoss. 


35 


^J^ 


544 


Oefifentliche  Sitzung 

zu   Ehren   Seiner   Majestät   des    Königs    und    Seiner 
Königlichen  Hoheit  des  Prinz-Regenten 

am  15.  November  1896. 


Der  Präsident  der  Akademie,  Herr  M.  v.  Pettenkofer, 
eröffnet  die  Sitzung  mit  folgender  Ansprache: 

Die  heutige  Festsitzung  zu  Ehren  unseres  hohen  Pro- 
tectors,  des  Prinz-Regenten  Luitpold  von  Bayern,  zu  dem 
wir  ehrfurchtsvoll  aufblicken,  mahnt  uns  zugleich,  seiner 
Vorgänger  aus  dem  Hause  Witteisbach  zu  gedenken,  welche 
sich  um  unsere  Akademie  in  hervorragendem  Maasse  verdient 
gemacht  haben. 

Vier  von  ihnen,  welche  wir  theils  als  Stifter,  theils  als 
Reorganisatoren  der  Akademie  verehren,  hat  unsere  Akademie 
bei  der  Herstellung  und  Errichtung  dieses  Festsaales  dadurch 
besonders  zu  ehren  geglaubt,  dass  sie  inmitten  der  Symbole 
und  Wahlsprüche  unserer  Akademie  ihre  Portraits  an  der 
Decke  des  Saales  anbrachte. 

Zunächst  ist  es  der  eigentliche  Stifter  unserer  Akademie, 
Kurfürst  Maximilian  IH.,  welcher  nach  den  Worten  meines 
Vorgängers  an  dieser  Stelle  in  ihr  „einen  Herd  für  Geistes- 
bildung und  ernste  Studien  für  Bayern  geschaffen*  und 
,in  einem  bislaug  finsteren  Gebäude  die  erste  Fackel  ange- 
zündet hat". 


V.  Peltenkofer,  Eröffnungsrede.  545 

Ihm  zur  Seite  ist  das  Bild  des  Kurfürsten  Karl  Theodor, 
des  Stifters  der  kurpfälzischen  Akademie  der  Wissenschaften, 
welche  zugleich  mit  der  alten  kurbarerischen  in  der  jetzigen 
königlichen  Akademie  fortbesteht.  Karl  Theodor  hat  sich 
unter  uns  dadurch  ein  bleibendes  dankbares  Angedenken 
gesichert,  dass  ein  von  ihm  herstammender  Fonds  von  etwa 
180,000  Mark,  der  sogenannte  Mannheimer  Fonds,  eines 
der  wenigen  Stiftungscapitalien  ist,  über  deren  Rente  unsere 
Akademie  in  freier  Weise  für  wissenschaftliche  Zwecke  ver- 
fügen kann. 

Der  dritte,  als  Stifter  von  uns  verehrte  Fürst  aus  dem 
Hause  Witteisbach  ist  König  Max  Joseph  L,  welcher  im 
Jahre  1807  der  Akademie  eine  den  Fortschritten  der  Wissen- 
schaft, sowie  der  grösseren  Ausdehnung  des  bayerischen 
Staates  angepasste  Organisation  gegeben  hat. 

Damals  wurden  unserer  Akademie  eine  grössere  Reihe 
von  wissenschaftlichen  Sammlungen  und  Instituten  ange- 
gliedert und  untergeordnet,  von  welchen  ich  die  damalige 
Hofbibliothek,  jetzige  Hof-  und  Staatsbibliothek,  das  Na- 
turaliencabinet,  das  chemische  Laboratorium,  das  Münzcabinet, 
das  Antiquarium,  das  astronomische  Observatorium  als  die 
wichtigsten  nenne. 

Eine  Aenderung  in  dieser  Organisation  veranlasste  die 
Verlegung  der  Ludwig-Maximilians-Universität  von  Landshut 
nach  München,  welche  im  Jahre  1826  unter  der  Regierung 
König  Ludwigs  I.  erfolgte.  Manche  der  genannten  und 
andere  wissenschaftliche  Institute  und  Sammlungen  mnssten 
nun  in  nähere  Verbindung  mit  der  Hochschule  gebracht  und 
desshalb  aus  ihrer  bisherigen  Abhängigkeit  von  der  Akademie 
theilweise  befreit  werden.  Es  erschien  als  zweckmässig,  in 
der  Form  einer  Personalunion  ihre  Verbindung  mit  der  Aka- 
demie fortzusetzen,  indem  die  Akademiker,  welche  Conserva- 
toren  von  Sammlungen  waren,  auch  zu  Universitätsprofes- 
soren,   oder  umgekehrt  Universitätsprofessoren   zu  Conserva- 


546  V.  Pettcnkofer 

toren  ernannt  worden.  Die  bis  dahin  der  Akademie  an- 
gegliederten wisBenscbafllichen  Institute  und  Sammlungen 
bildeten  eine  eigene  unter  dem  Generalconservatorium  geeinte 
Körperschaft,  während  die  Akademie  den  Charakter  eines 
freien  Vereins  von  Gelehrten  erhielt,  dessen  Aufgabe  es  sein 
sollte,  die  Wissenschaft  zu  pflegen  und  zu  erweitem,  sowie 
durch  vereinte  Kraft  Werke  hervorzubringen,  welche  die 
Kräfte  des  Einzelnen  übersteigen. 

Zugleich  bekam  die  Akademie  die  Aufgabe,  die  wissen- 
schaftliche Verbindung  mit  gelehrten  Körperschaften  des  In- 
und  Auslandes  zu  pflegeu. 

Die  Personalunion  mit  jenen  im  Generalconservatorium 
vereinten  wissenschaftlichen  Sammlungen  wurde  dadurch  her- 
gestellt, dass  der  anfangs  gewählte,  dann  vom  König  ernannte 
Vorstand  der  Akademie  zugleich  zum  Generalconservator 
bestimmt  wurde,  sowie  dadurch,  dass  in  der  Regel  nur  Mit- 
glieder der  Akademie  zu  Conservatoren  der  wissenschaftlichen 
Sammlungen  und  Institute  ernannt  wurden. 

Durch  diese  Neuorganisation,  welche  heute  noch  das 
Grundgesetz  beider  Körperschaften  bildet,  hat  König  Ludwig  I. 
den  Anspruch  erworben,  den  Gründern  unserer  Akademie 
beigezählt  zu  werden. 

Unsere  Akademie  ist  in  den  seitdem  verstrichenen  sieben 
Jahrzehnten  der  ihr  gestellten  Doppelaufgabe  treu  geblieben: 
in  einer  langen  Reihe  von  Bänden  hat  sie  durch  vereinte 
Kraft  wissenschaftliche  Werke  von  bleibendem  Werthe  ver- 
öifentlicht;  in  stets  steigendem  Masse  hat  sie  mit  gelehrten 
Körperschaften  des  In-  und  Auslandes  wissenschaftlichen 
Verkehr  gepflogen  und  auf  dem  Wege  des  Schriftentausches 
die  inzwischen  selbständig  gewordene  Hof-  und  Staatsbibliothek 
mit  einem  Schatz  werthvoller  Bücher  bereichert. 

Aber  eine  neue  grosse  Aufgabe  ist  seither  an  unsere 
Akademie  wie  an  die  anderen  verwandten  Gelehrten- Gesell- 
schaften  der  alten  und  neuen  Welt  herangetreten,  die  Auf- 


Eröffnungsrede.  547 

gäbe  nämlich,  nicht  nur  die  wissenschaftlichen  Untersuchungen 
ihrer  Mitglieder  durch  den  Druck  zu  veröffentlichen,  sondern 
in  freierer  Weise  auch  gelehrte  Forschungen  Anderer  auf 
allen  Wissensgebieten  anzuregen  und  zu  unterstützen.  Dieser 
Aufgabe  können  sich  die  Akademien  in  ihrer  freien,  nicht 
durch  die  Zwecke  des  Unterrichts  gebundenen  Verfassung 
weit  besser  unterziehen,  als  die  Universitäten,  oder  als  eine 
etwa  unmittelbar  von  der  Staatsregierung  abhängige  Behörde. 

König  Maximilian  IL,  mit  seinem  erleuchteten  und 
warmen  Interesse  für  die  Wissenschaft,  hatte  diese  neue  Auf- 
gabe der  Akademie  klar  erkannt:  er  begiündete  darum  bei 
der  historischen  Glasse  unserer  Akademie  eine  eigene  histo- 
rische Commission  und  stellte  ihr  die  Rente  eines  Capitals 
von  650,000  Mark  zur  Verfügung  mit  der  Aufgabe,  Quellen- 
material für  die  deutsche  Geschichte  in  ihrem  ganzen  Um- 
fang aufzufinden  und  herauszugeben,  wissenschaftliche  Ar- 
beiten auf  diesem  Gebiete  hervorzurufen  und  ihre  Publication 
zu  ermöglichen. 

Auch  für  die  Naturwissenschaften  hatte  König  Max 
Aehnliches  im  Sinne.  Leider  hat  sein  früher  Tod  die  Aus- 
führung vereitelt,  so  dass  nunmehr  die  beiden  anderen  Classen 
unserer  Akademie,  die  philosophisch  -  philologische  und  die 
mathematisch-physikalische,  mit  einem  gewissen  Neid  auf  ihre 
reichere  Schwester  blicken. 

Und  doch  darf  ich,  ohne  den  Vorwurf  einer  unbilligen 
Bevorzugung  des  Wissensgebietes,  dem  ich  persönlich  meine 
Dienste  gewidmet  habe,  befürchten  zu  müssen,  hier  die  Be- 
hauptung aufstellen,  dass  heutzutage  das  Bedürfniss,  auf  dem 
Gebiet  der  Naturwissenschaften  wissenschaftliche  Unter- 
suchungen anzuregen  und  zu  unterstützen,  allgemein  als  das 
allerdringendste  empfunden  wird. 

Unsere  Hoffnung,  dass  auf  dem  Wege  der  Staatshülfe 
dieses  Bedürfniss  eine  ausgiebige  Befriedigung  finden  werde, 
ist   —   offen  gestanden  —   nur  eine  geringe.     Es  wäre  auch 


548  V.  PcttenJcofer,  Eröffnungsrede. 

unbillig,  YOQ  der  Mehrheit  der  aus  der  Masse  des  Volkes 
gewählten  Vertreter  zu  erwarten,  dass  sie  alle  ein  klares 
Verstandniss  dafür  haben,  dass  mittelbar  die  der  reinen 
Wissenschaft  dienenden  Untersuchungen  und  Forschungen 
stets  auch  eine  die  Wohlfahrt  und  den  Wohlstand  des  ganzen 
Volkes  fordernde  Folge  haben,  wofür  ich  Beispiele  in  meiner 
Antrittsrede  als  Präsident  der  Akademie  roitgetheilt  habe. 
Ferner  sind  die  Anforderungen,  welche  Heer,  Schule,  Ver- 
kehr u.  s.  w.  an  die  Steuerkraft  des  Landes  stellen,  so  gross, 
dass  jede  Landtagsverhandlung  fast  immer  wie  ein  Markten 
zwischen  Regierung  und  Volksvertretung  über  das  Mehr  oder 
Minder  der  für  diese  noth wendigsten  Bedürfnisse  erforder- 
lichen Geldmittel  erscheint. 

Eher  dürfen  wir  erwarten,  dass  einzelne  einsichtige  und 
zugleich  wohlhabende  Männer,  namentlich  Industrielle,  welche 
mit  einem  durch  eigene  wissenschaftliche  Vorbildung  ge- 
schärften Urtheil  erkannt  haben,  welche  Vortheile  der  von 
ihnen  betriebene  Industriezweig  mittelbar  streng  wissen- 
schaftlichen Forschungen  und  Untersuchungen  verdankt,  sich 
ihrerseits  der  Wissenschaft  gleichsam  wieder  dankbar  erweisen 
werden,  indem  sie  unserer  Akademie  die  nöthigen  Mittel  zur 
Verfügung  stellen,  naturwissenschaftliche  Forschungen  und 
Untersuchungen  anzuregen  und  zu  unterstützen.  Solche 
Männer  werden  nicht  so  engherzig  oder  kurzsichtig  sein,  za 
erwarten,  dass  derartige  Untersuchungen  gleich  von  vorn- 
herein sofort  einen  in  Qeldwerth  umzurechnenden  Nutzen 
versprechen,  sondern  sich  von  den  Wahlsprüchen,  welche 
unsere  Akademie  bei  Ausschmückung  dieses  Saales  sich  an- 
geeignet hat,  den  vor  Augen  halten,  welcher  sagt:  Serimus 
arbores  posteritati  profuturas.  Lasst  uns  Bäume  pflanzen 
der  Nachwelt  zum  Nutzen! 


549 


Wahlen. 

Der  Classensekretär,  Herr  W.  v.  Christ  giebt  sodann  die 
von  der  Akademie  vorgenommenen  und  von  Seiner  König- 
lichen Hoheit  dem  Prinz-Regenten  bestätigten  Wahlen  be- 
kannt. Es  wurden  in  der  philosophisch-philologischen  Classe 
gewählt: 

für  die  philosophisch-philologische  Classe: 
als  ordentliche  Mitglieder: 

Herr  Dr.  Karl  Krumbacher,  ao.  Professor  an  der  Uni- 
versität München,  bisher  ao.  Mitglied, 

Herr  Dr.  Adolf  Purtwängler,  o.  Professor  der  Archäo- 
logie an  der  Universität  München  und  Conservator  des 
k.  Museums  von  Abgüssen  klassischer  Bildwerke, 

Herr  Dr.  Georg  Ebers,  Professor  emeritus  der  Universität 
Leipzig,  jetzt  in  München, 

als  correspondirende  Mitglieder: 

Herr  Kunt  Frederik  Söderwall,  o.  Professor  der  nor- 
dischen Sprachen  an  der  schwedischen  Universität  Lund, 

Herr  Dr.  Karl  Brugmann,  o.  Professor  für  indogermanische 
Sprachwissenschaft  an  der  Universität  Leipzig, 

Herr  Dr.  phil.  et  jur.  Henry  Sweet,  Privatgelehrter  zu 
Oxford,  England; 

für  die  historische  Classe: 

als  ausserordentliches  Mitglied: 

Herr  Dr.  Hans  Riggauer,  Conservator  des  k.  Münzcabinets 
und  Honorarprofessor  an  der  Universität  München, 

als  correspondirende  Mitglieder: 

Herr  Dr.  Gustav  Schmoller,  o.  Professor  für  National- 
ökonomie an  der  Universität  Berlin, 


550  WäMen. 

Herr  Dr.  Karl  Bücher,  o.  Professor  der  Nationalökonomie 
und  Statistik  an  der  Universität  Leipzig, 

Herr  Dr.  Eduard  Meyer,  o.  Professor  der  Geschichte  an 
der  Universität  Halle. 


Sitzung  vom  7.  December  1895. 

Philosophisch-philologische  Ciasse. 

Herr  Iw.  v.  Müller  hielt  einen  Vortrag: 

Ueber   die   Unechtheit    der   dem    Galen    beigelegten 
Schrift  über  die  beste  medicinische  Schule. 

Derselbe  wird  in  den  Sitzungsberichten  erscheinen. 

Herr  W.  Christ  legt  eine  Abhandlung  vor  von  6.  Unckr: 

Zu  Josephos.     I.  Die  unpassend  eingelegten  Senats- 

consulte. 

Dieselbe  wird  in  den  Sitzungsberichten  erscheinen. 

Herr  E.  Kühn  legt  eine  Abhandlung  vor  von  Rice.  Simon: 

Ueber  einige  Com  mentatoren  des  Jajurveda. 
Dieselbe  wird  in  den  Sitzungsberichten  erscheinen. 

Historische  Classe. 
Herr  Sigm.  Riezler  hielt  einen  Vortrag  über: 

Geschichte   der    Hexenprocesse    in   Bayern   bis   zum 

Ende  des  30jährigen  Kriegs. 

Die    Publikation   wird   nicht  in   den  Akademieschriften 
erfolgen. 


551 


Zu  Josephos. 

Von  G.  Ungrer. 

(Vorgetragen  am  7.  December.) 

I.    Die  unpassend  eingelegten  Senatuseonsulte. 

Unter  den  vielen  Aktenstücken  aus  römischer  Zeit,  welche 
Josephos  seiner  Geschichte  des  jüdischen  Volks  einverleibt 
hat,  nehmen  zwei  Senatuseonsulte  in  griechischer  Sprache 
und  ein  dritter,  in  den  Text  eines  pergamenischen  Psephisma 
verwobener  Senatsbeschluss  sowohl  durch  ihr  verhältniss- 
mässig  hohes  Alter  als  durch  die  Behandlung,  welche  ihnen 
der  Oeschichtschreiber  hat  angedeihen  lassen,  ein  besonderes 
Interesse  in  Anspruch:  er  bringt  sie  in  eine  zu  ihrem  Inhalt 
nicht  passende  Umgebung  und  macht  es  dadurch  nöthig  die 
wahre  Zeit  ihrer  Abfassung  auf  dem  Weg  der  Vermuthung 
zu  suchen.  Bei  einem  von  ihnen,  welches  er  in  der  Ge- 
schichte des  J.  128  anbringt,  beträgt  sein  Fehler  nur  einige 
Jahre,  aber  bei  den  zwei  andern  fast  ein  ganzes  Jahrhundert: 
diese  führt  er  unter  den  Belegen  für  die  Vergünstigungen 
auf,  welche  den  Juden  von  Caesar  und  andern  römischen 
Machthabern  zur  Zeit  des  Bürgerkriegs  gewährt  worden  sind; 
er  verwechselte  bei  einem  oder  beiden  den  Hohenpriester 
Johannes  Hyrkanos  (134 — 103)  mit  seinem  Enkel  Hyr- 
kanos  II  (63 — 40).^)    Den  Sachverhalt  im  Allgemeinen  haben 


1)  Uebcr  die  Reglerungejahre  der  makkabäischen  Fürsten  siebe 
Artikel  IL 


552  G,   ünger 

hinsichtlicli  der  ältesten  Urkunde  schon  die  frühesten  Forscher 
erkannt,  und  das  Psephisma  von  Pergamon  gibt  ihn  durch 
Nennung  des  zur  Zeit  regierenden  syrischen  Königs  kund; 
aber  eine  streng  wissenschaftliche  Behandlung  hat  die  ganze 
Frage  erst  durch  Ritschi  und  seinen  Schüler  Mendelssohn 
erfahren.  Die  Hauptgedanken  rühren  von  jenem  her,  der 
im  J.  1860  schon  ihre  Ausführung  vorbereitete  und  diese 
1873  hauptsächlich  betrefiFs  der  ältesten  Urkunde  im  Rheini- 
schen Museum  XXVIII  586 — 614  (Nachtrag  ebend.  XXIX 
337  ff.)  veröffentlichte;  mit  ihm  traf  Mendelssohn:  de  senati 
consulti  Romanorum  ab  Josepho  ant.  14,  8,  5  relati  tem- 
poribus  (Promotionsabhandlung,  Leipzig  1873)  im,  Ergebniss 
zusammen  und  führte  dann  nicht  nur  in  selbständiger  Weise 
die  Untersuchung  über  die  zwei  andern  aus,  sondern  wies 
auch  den  zu  der  ersten  gehörenden  Geleitbrief  in  der  Akten- 
sammlung des  Josephos  zu  den  erwähnten  Vergünstigungen 
nach,  s.  Acta  societatis  philologae  Lipsiensis  ed.  Fr.  Rit- 
schelius  t.  V  (1875)  p.  90—158,  wo  auch  die  genannte 
Dissertation  wiederholt  ist.  Neuen  Anlass  zur  Discussion 
gab  die  Vertheidigung,  welche  der  von  Josephos  dem  eben  er- 
wähnten Senatsbeschluss  gegebenen  Zeitbestimmung  Mommsen 
im  Hermes  IX  (1875)  S.  281 — 291  widmete:  ihm  entgegneten 
Mendelssohn  und  Ritschi  im  Rh.  Museum  XXX  419—435; 
andere  sich  anschliessende  Darlegungen,  welche  wenig  wesent- 
lich Neues  zu  Tage  förderten,  verzeichnet  Schürer,  Geschichte 
des  jüdischen  Volkes  im  Zeitalter  Jesu  Christi  I  (1*890)  S.  200. 
Die  Ausführungen  Mendelssohns  haben  ziemlich  allge- 
mein Beifall  gefunden;  sie  gipfeln  darin,  dass  sie  das  viel- 
umstrittene  Senatusconsult   in   das   J.  139,    das   andere  und 

• 

die  erste,  den  dritten  Senatsbeschluss  vorführende  Hälfte  der 
pergamenischen  Urkunde  (auch  die  Theiluug  derselben  in 
zwei  Stücke,  deren  zweites  wirklich  in  Caesars  Zeit  fällt,  ist 
ein  Verdienst  Ritschl's)  in  das  J.  133  bringen.  Im  Nach- 
stehenden soll   gezeigt  werden,   dass  die  zwei  erstgenannten 


Zu  Josephos,  553 

Consulte   um   je    11,    das   dritte    nm    21   Jahre   später   zu 
setzen  sind. 

A:  ant.  14,  8,  5.     Jahr  128  (5.  Dez.),  nicht  139. 

Bei  seinem  Aufenthalt  in  Syrien  (im  J.  47)  ernannte 
Caesar,  wie  Josephos  antiq.  jud.  14,  8,  5  erzählt,  den  Hyr- 
kanos  zum  Hohenpriester,  Antipatros  (Vater  des  Herodes) 
aber  zum  Verwalter  Judäas,  erlaubte  auch  dem  Hyrkanos, 
die  von  Pompejiis  geschleiften  Mauern  Jerusalems  wieder 
aufzubauen  und  Hess  den  Consuln  in  Rom  die  Weisung  zu- 
gehen, diese  Verfügungen  durch  eine  Inschrift  auf  dem 
Capitol  bekannt  zu  machen.  ''Der  yom  Senat  gefasste  Be- 
schluss  nun,  fährt  Josephos  fort,  hat  folgenden  Inhalt';  in 
Wirklichkeit  hat  er  einen  ganz  andern  als  den  zu  erwartenden, 
nämlich  dass  am  13.  December  im  Tempel  der  Concordia 
unter  dem  Vorsitz  des  Prätors  L.  Valerius  L.  f.  vom  Senat 
mit  den  Gesandten  der  Juden  der  alte  Freundschaftsbund 
erneuert,  die  Bitte  um  Schutzbriefe  au  die  selbständigen 
Stadtgemeinden  und  an  Könige  für  ihr  Land  und  ihre  Häfen 
gewährt  und  die  Stiftung  des  mitgebrachten,  50000  Gold- 
stücke werthen  goldenen  Schildes  als  Wahrzeichen  des  Bundes 
genehmigt  wurde.  'Dieses  geschah,  fügt  Josephos  hinzu, 
unter  dem  Hohenpriester  und  Ethnarchen  Hyrkanos  im 
9.  Jahre,  Monat  Panemos.'  Der  Text  lautet  in  Niese's  Aus- 
gabe wörtlich  folgendermassen : 

xal  rd  yevofievov  vno  rrjg  ovyxlrjxov  ddy/tia  rovrov  ?x^i 
xov  XQonov, 

Aevxiog  OvaXigiog  Aevxiov  vldg  orQarrjyog  ovveßovkev- 
oaxo  xfj  ovyxkijxcp  eidoig  Jexe/ußQiaig  iv  xco  xPjg  '^Ofiovolag 
vacp.  yQacpojbievcp  xco  doyjnaxi  naQrjöav  Aovxiog  Kcojiioviog 
Aevxiov  vldg  KoXUva  xai  IlaTteioiog  Kvglva.  tieq!  ojv  ^AXe- 
^avÖQog  ^Idaovog  xal  Novjurjviog  'Arxio^ov  xal  ^AXe^avönog 
Aü)Q(y&eov  ^lovdaioiv  jiQeoßFvxai,  ävÖQsg  äya&ol  xal  ov/Lijbiaxoi 
dielex'Otjoav  ävavFovfievoi  xdg  jigoiTirjoyjiuvag  jroog  ^PcDßiaiovg 


554  G.  Unger 

xägizag  xal  xrjv  (piXiav,  xal  äoTilda  ;jfOva^v  ovfißoXov  Tf\g 
ovfxfiaxidg  yevojuevrjv  ävi^veyxav  &Jtb  xQvoojv  fivQiddcov  nevxE, 
xal  ygÖLfi^at*  avxolg  rjSicooav  do'&rjvai  nQog  re  rag  avrovo^ 
jiiovjuevag  jidXeig  xal  ngog  ßaoikeig  vnhg  xov  rrjv  x^^Q^v  avzwv 
xal  Tovg  XijuSvag  ädeiag  rvyxaveiv  xal  ßirjdev  ädixeto&ai,  ^do^ev 
avv&Eö'&ai  (piXiav  xal  x^Qixag  ngog  avrovg,  xal  öo<ov  idet)- 
'ärjoav  tvx^iv  rairr'  avxoig  thoqooxeiv  xal  rrjv  xo/Jiio&eioav 
domda  nQogdi^ao'&at, 

ravra  eyevero  inl  'Ygxavov  äQXiegioiyg  xal  i^dgxov 
hovg  ivaxov  fiifvog  Ilave^ov. 

Dass  zwischen  diesem  Seuatuscoiisult  und  den  Ver- 
fügungen Caesars  keinerlei  Beziehung  besteht,  ist  leicht  zu 
ersehen.  Unter  ihnen  befindet  sich  keine  Aufforderung  an 
den  Senat  und  andrerseits  steht  in  der  Urkunde  kein  Wort 
davon,  dass  die  den  Juden  gewahrten  Vergünstigungen  von 
dem  Dictator  ausgegangen  seien,  auch  sind  die  vom  Senat 
bewilligten  von  ihnen  durchaus  verschieden.  Den  Irrthum 
des  Josephos  haben  schon  die  älteren  Forscher  seit  Scaliger 
erkannt  und  ihn  aus  Verwechslung  des  Hyrkanos  I  mit  Hyr- 
kanos  II  erklärt;  nur  Dodwell  und  in  neuerer  Zeit  Mommsen 
haben  die  Darstellung  des  Josephos  vertheidigt,  sind  aber 
von  Mendelssohn  und  Ritschi  mit  schlagenden  Gründen  wider- 
legt worden:  so  hat  z.  B.  Mendelssohn  darauf  hingewiesen, 
dass  von  Häfen  der  Juden  seit  dem  J.  63  keine  Rede  mehr 
sein  konnte,  weil  Pompejus  diese  ihren  früheren  Besitzern, 
den  Syrern  zurückgegeben  hatte  (Jos.  ant.  14,  4,  5).  Man 
könnte  nun  meinen,  damit  sei  die  Abfassung  des  Senatus- 
consults  unter  Hyrkanos  I  gesichert;  aber  Ritschi  und  Mendels- 
sohn haben  sich  den  Gedanken  Ewald's  (Gesch.  des  Volks 
Israel  IV  S.  438)  angeeignet  und  weiter  ausgeführt,  in  dem 
1  Makkab.  15  mitgetbeilten  Rundschreiben,  welches  der 
Consul  'Lucius'  den  Gesandten  des  Hohenpriesters  Simon 
(reg.  142 — 134)  einhändigte,  sei  der  Geleitbrief  zu  erkennen, 
welchen  unser  Senatusconsult  den  Gesandten  der  Juden  ver- 


Zu  Joseplios,  i>*><> 

spricht,  und  sind  dadurch  zu  der  Ansicht  gekommen,  dieses 
sei  ebenso,  wie  jenes,  139  v.  Chr.  im  Consulat  des  L.  Cal- 
purnins  Piso,  in  welchem  Ritschi  den  Lucius  nachgewiesen 
hat,  ausgefertigt  worden. 

Diese  Ansicht  hat  allgemeinen  Beifall  gefunden,  aber 
die  Gründe,  welche  Momrosen  gegen  die  Verbindung  des 
Senatusconsults  mit  dem  Rundschreiben  des  Consnls  Lucius 
beigebracht  hat,  sind  von  seinen  Gegnern  nur  zu  einem 
geringen  Theil  entkräftet  worden  und  ihnen  lassen  sich  noch 
andere,  nicht  minder  beweiskräftige  zugesellen.  Der  Senats- 
beschluss  ist  vielmehr  am  (römischen)  13.  December  626 
=  5.  Dezember  128  gefasst^)  und  im  Panemos  d.  i.  Sivan 
(6.  Juni  bis  5.  Juli)  127  im  Tempelarchiv  niedergelegt  worden. 

1.  Die  übereinstimmenden  Punkte,  um  derenwillen  unser 
Senatsbeschluss  mit  dem  Rundschreiben  dos  J.  139  in  Ver- 
bindung gebracht  wird,  sind  folgende  drei:  Erneuerung  der 
früher  geschlossenen  Freundschaft;  Angebot  und  andrerseits 
Genehmigung  der  Schenkung  eines  goldenen  Schildes  im 
Werth  oder  Gewicht  von  1000  Minen  (Rundschr.)  =  50000 
Goldstücken  d.  i.  Shekeln;*)  Beschützung  der  Juden  durch 
abmahnendes  Rundschreiben  an  die  Staaten,  von  welchen 
sie  eine  Schädigung  befürchten  könnten.  Der  erste  Punkt 
beweist  gar  nichts:    nach  dem  Abschluss  des  Freundschafts- 


1)  L.  Valerius  L.  f.,  welcher  bei  der  andern  Auffassong  mit 
dem  Consul  des  J.  62S/1S1  L.  Valerius  Flaccus  identisch  ist,  muss 
hienach  für  einen  jüngeren  Zeitgenossen  desselben  gehalten  werden. 
Der  Zeit  nach  liesse  sich  der  L.  Flaccus,  dessen  Quäetor  laut  Cic. 
di?in.  in  Q.  Caecilium  19,  63  M.  Aurelius  Scaurus  (Consul  646/108) 
war,  passender  für  den  jüngeren  von  beiden  halten;  dann  müsste 
man  annehmen,  dass  diesem  der  Quästor  so  lange  untergeordnet 
gewesen  sei,  als  er,  was  zur  Zeit  jener  Senatssitzung  der  Fall  war, 
in  seiner  Eigenschaft  als  Stadt-  oder  als  Fremdenprä tor  den  eigent- 
lichen Vorgesetzten  des  Quaj^tors,  den  Consul  vertreten  hat. 

2)  Mendelssohn  erinnert  daran,  dass  ein  xQvaov?  gewöhnlich 
einer  Doppeldrachme  entsprach. 


•■>'^o 


G,  Vm^er 


Tertra?^  cnter  Jc'ks  (l  Makkab.  8)  und  sein^-  Kmeuerunz 
unter  Jonathan   (1  Makk.  12»    war   die   im    Bondschreibes 
aa-gesproehece  unter  Simon   die  zweite  oder  dritte,   die  ici 
S«natuH:on.^';It   gecebmigte   also,   wenn  sie   anter   Hjrkac'j? 
stattfand,  die  dritte  oder  rierte  Emenerang  und  wieder  eice 
solche   wird   aii^gesprochen   in   dem   Senatusconsolt  B:    Tgl. 
Ah<!chn.  8.     Ganz  das  Gleiche  gilt  von  der  Schutzgewährung. 
w»;lche  w*:fiter  nichts  als  die  Ansführung  jenes  Vertrages  ist: 
)>^i  der  Oljerherrschaft,   welche   Rom   in  jenen   Zeiten    über 
die  Staaten  der  Mittelmeerk Osten  aosöbte,  genügte  ein  Rand- 
Schreiben  an  diesie,   um  die  Juden  auch  ohne  Waffengewalt 
zu  schützen.     Nicht  anders  als  mit   diesen  Punkten    Terhält 
es  sich  mit   dem  zweiten:    es   war  stehende  Sitte,    dass   die 
Gesandten    ein   Ehrengeschenk   in   der  Form   einer  Stiftung 
auf  dem  Capitolium  überbrachten,  wie  andrerseits  der  Senat 
sie  mit  Gold-  oder  Silbergerath  zu  beschenken  pflegte,    und 
da   desfsen    Geldwerth    ein   für   allemal  fixirt  war,    so  ist  es, 
wie   Mommsen    bemerkt,    wohl   möglich,   dass   die   Gabe  an 
Jupiter    in   ähnlicher   Weise    für  jeden  Staat    bei    Wieder- 
holungen eine  feste  Norm  annahm.    Wie  sollten,  schliesst  er 
die  Betrachtung  der  drei  Punkte,  Erneuerungen  der  Bfindniss- 
vertrage   anders  als  tralaticisch   ausfallen,    und   Mendelssohn 
Rh.  Mus.  XXX  421  erkennt  die  Richtigkeit  dieser  Bemerkung 
ausdrücklich  an.     Damit  gesteht  er  aber  stillschweigend  auch 
zu,    dass    die  Verbindung   unseres    Senatusconsults   mit   dem 
Rundschreiben  des  J.  139  in  der  Luft  schwebt:  denn  Grunde 
gegen  die  Beziehung  desselben  auf  Hyrkanos  sind  sonst  keine 
vorgebracht  worden. 

2.  Als  Vorsitzender  des  Senats  ist  im  Consult  ein  Prator 
genannt,  dagegen  Verfasser  des  im  J.  139  vom  Senat  be- 
schlossenen Rundschreibens  ist  ein  Consul;  die  Ausführung 
solcher  Beschlüsse  lag  aber  dem  Beamten  ob,  unter  dessen 
Vorsitz  sie  gefasst  worden  waren,  und  da  die  Ausfertigung 
ohne  Zweifel  sofort  erfolgte,  der  Prätor  aber,  so  weit  unsere 


Zu  Josephos.  557 

Eenntniss^)  reicht,  nur  bei  Abwesenheit  des  Gonsuls  den 
Senat  berufen  hat,  so  finden  wir  mit  Mommsen  in  dieser 
Abweichung  einen  neuen  Beweis  gegen  die  Verbindung  beider 
Aktenstücke  mit  einander.  Ritschi  meint  (Rh.  Mus.  XKVIII 
604.  XXIX  344),  der  Prätor  habe  auch  den  ortsanwesenden 
Consnl  bei  vorübergehender  Verhinderung  desselben  vertreten 
können;  angenommen,  dies  sei  statthaft  gewesen,  so  ist  doch 
aus  der  in  den  älteren  Verhältnissen  begründeten  Vorstellung, 
dass  der  Senat  nur  eine  den  Vorsitzenden  berathende  Ver- 
sammlung sei,  die  Folgerung  zu  ziehen,  dass  eigentlich  dieser 
als  der  Beschliessende  angesehen  werden  müsse;  wie  sich  in 
den  Redeformen  (consulere  senatum,  si  videtur  u.  a.)  diese 
Auffassung  auch  nach  der  Aenderung  des  zwischen  beiden 
Theilen  bestehenden  Verhältnisses  forterhalten  hat,  so  musste 
sich  auch  die  in  den  Verhältnissen  der  alten  Zeit  selbst- 
verständliche Identität  des  Executors  der  Beschlüsse  mit  dem 
Leiter  der  Beschlussfassung  wenigstens  in  solchen  Fällen  fort- 
erhalten, in  welchen  die  Execution  schnell  und  leicht  vor 
sich  gehen  konnte.  So  hat  denn  auch  Mendelssohn  die  Aus- 
flucht RitschFs  für  ungenügend  erklärt  und  zu  einer  andern, 
freilich  ebenso  ungenügenden  Hypothese  gegrififen.  Er  findet, 
wie  vor  ihm  Clinton,  in  dem  vnaxog  Lucius  nicht  den  Consul 
L.  Piso,  sondern  den  Prätor  des  Consults  L.  Valerius:  vnaxog 
sei  nur  die  verkehrte  Uebersetzung  eines  hebräischen  Aus- 
drucks von  an  sich  weiterer  Bedeutung  (z.  B.  Fürst,  Erster), 
welcher  in  dem  ursprünglich  in  jener  Sprache  abgefassten 
Makkabäerbuch  gestanden  habe;  dem  im  Griechischen  wenig 
bewanderten  üebersetzer,  von  welchem  der  uns  erhaltene  Text 
des  Bucbas  herrührt,  tbue  man  zu  viel  Ehre  an,  wenn  man 
ihm  zumuthe,  die  feine  (?)  Distinction  von  vnaxog  Consul 
und  axQaxYiydg  Prätor  gekannt  zu  haben.  Das  Original  ist 
nach  105  und  vor  63  v.  Chr.,  die  Uebersetzung  also  frühestens 


1)  Mommsen,  Staatsr.  II,  1  S.  180  und  232. 

1895.  SitsnngBb.  d.  phiL  n.  hist.  Gl.  36 


558  Q.  ünger 

um  Mitte  des  ersten  vorchristlichen  Jahrhunderts  geschrieben 
(vgl.  Schürer,  Gesch.  des  jüd.  Volks  im  Zeitalter  Jesu  Christi 
II  580),  zu  einer  Zeit  also,  in  welcher  Syrien  schon  Provinz 
war  und  von  Beamten  verwaltet  wurde,  welche  griechisch 
redend  und  schreibend  mit  gebildeten  Juden  durch  unmittel- 
baren Verkehr  bekannt  werden  konnten. 

3.  Haupt  der  Gesandtschaft  Simons  im  J.  139  ist  Nu- 
menios,  S.  des  Antiochos,  im  Senatusconsult  dagegen  Ale- 
xander Jasons  Sohn,  um  diese  von  Mommsen  mit  Recht 
hervorgehobene  Abweichung  zu  beseitigen,  behauptet  Mendels- 
sohn, Numenios  erscheine  nur  desswegen  1  Makk.  14,  24 
(vgl.  mit  c.  15,  1)  als  einziger  Gesandter  überhaupt  und  etwas 
genauer  c.  15,  25  (Nov/ui^no^  xal  ol  nag*  avtov)  als  der  ein- 
zige, dessen  Name  genannt  wird,  weil  er  schon  c.  12,  16  und 
14,  22  als  (erstes)  Mitglied  der  Gesandtschaft  Jonathans  und 
der  ersten  Simons  erwähnt  sei.  Hieraus  folgt  aber  doch 
nicht,  dass  er  in  so  auszeichnender  Weise  behandelt  werden 
konnte,  wenn  er  wie  im  Senatusconsult  nicht  einmal  der 
eigentliche  Sprecher  der  Gesandtschaft  gewesen  ist. 

Es  lohnt  sich  vielleicht,  der  Ursache  nachzugehen,  durch 
welche  diese  Aenderung  herbeigeführt  worden  ist.  In  dem- 
selben Jahr  139,  in  welchem  die  Gesandten  Simons  das  in 
Rede  stehende  Rundschreiben  auswirkten,  wurden  Juden,  welche 
in  Rom  Proselyten  machten,  von  dem  Fremdenprätor  ausge- 
wiesen, Valerius  Maximus  1,  3,  2  im  Auszug  desNepotianus: 
Judaeos  quoque,  qui  Romanis  tradere  sacra  sua  conati  erant, 
idem  Hippalus  (Cn.  Cornelius  Hispalus)  urbe  exterminavit 
arasque  privatas  e  publicis  locis  abjecit;  in  dem  des  Paris: 
idem  Judaeos,  qui  Sabazi  lovis*)  cultu  Romanos  inficere  mores 
conati  erant,  repetere  domos  suas  coegit.  Gewiss  mit  Recht 
bringt  Mendelssohn,  welchem  Ritschi  und  Schörer  I  20O, 
II  505  fg.  sich  anschliessen,   diese  Propaganda  mit  der  An- 


1)  Misflyerstand  des  hebr.  Jehova  Zebaoth,  xvgiog  SaßacoS. 


Zu  Josephos.  559 

Wesenheit  der  Gesandten  Simons  in  Verbindung,  um  so  mehr  als 
diese  im  jüdischen  Seleukidenjahr  172  =  1.  Nisan  (März/ April) 
140 — 139  nach  Rom  abgegangen*)  und  erst  im  jüdischen  Se- 
leukidenjahr  174    heimgekommen   sind;    er   yermuthet,   die 
Gesandten  oder  deren  Begleiter  hatten  sich  in  solcher  Weise 
vergangen  und  nach  der  Senatsaudienz  sei  ihnen  in  freund- 
schaftlicher Weise  angerathen  worden,  sich  aus  dem  Staub 
zu  machen.    Mommsen  hält  es  für  unmöglich,  zwischen  der 
Ausweisung   der   jüdischen    Proselytenmacher,    einer   Strafe, 
und   der  Verabschiedung   der  Gesandten   eines   befreundeten 
Volks  einen  Zusammenhang   zu  erkennen;   doch   darf  man 
sich   vielleicht  von    dem   Hergang   ungefähr   folgende   Vor- 
stellung machen.     Die  jüdischen  Gesandten   konnten   nicht, 
wie  es  üblich  war,*)  dem  Jupiter  in  seinem  Heiligthum  auf 
dem   Capitol   opfern   und   ihm   dort   ein  Weihgeschenk   dar- 
bringen,  sie  tibergaben   dieses  nach   der  Genehmigung   des 
Senats  wahrscheinlich  dem  Consul,  1  Makk.  15,  18  fjveyxav 
de  äoTilda  XQ'^^V'^  ^^  fxvwv  ;^d/o)i';  V.  20   ^So^e  dk  'fjjuiv 
di^aa&ai  t^v  äonlda  Tiag^  avr&v  (ähnlich  im  Senatiisconsult). 
Ohne  Zweifel  haben  sie  in  der  Audienz  sich  über  die  Gründe 
ihres  auffallenden  Verfahrens  entschuldigend  ausgesprochen, 
indem  sie  erklärten,   ihr  Glaube  erlaube  ihnen  weder  einen 
fremden  Gott  noch  überhaupt  ein  Bild  anzubeten;  jedenfalls 
ist  auch  ihre  stille  Voraussetzung,  die  Darbringung  und  Dedi- 
eation   des   Schildes  werde  von   den   Römern   selbst   besorgt 
werden,  erfüllt  worden  und  dies  vielleicht  in  der  Weise  ge- 
schehen,  dass  die  Juden  inschriftlich    als   mittelbare   Geber 


1)  Diese  Aerajahre  beginnen  mit  dem  Nisan  311,  nicht,  wie 
gewObnlicfa  angenommen  wird,  mit  dem  Nisan  312,  s.  Seleakiden&ra 
der  Makkabäerbücher,  Sitznngsb.  1895  S.  236  if.  Unser  Fall  liefert 
dafür  einen  nenen  Beweis:  die  Gesandten,  welche  189  vom  Senat 
empfangen  worden,  waren  sieber  nicht  scbon  in  dem  mit  Mftrz/April 
141  beginnenden  Jabr  nach  Rom  gereist. 

2)  S.  Mommsen,  Rom.  Forschungen  I  347. 

36* 


560  6?.  ünger 

bezeichnet  wurden.  Wie  es  sich  aber  auch  hiermit  verhalten 
haben  möge,  der  ganze  Vorgang  musste  grosses  Aufsehen 
machen  und  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  auf  alle  an- 
wesenden Juden  lenken,  untergeordnete  Begleiter  der  Ge- 
sandten (z.  B.  Dolmetscher),  griechisch  redende  Diener,  seit 
dem  Freundschaftsyertrag  des  Judas  in  Rom  wohnende  oder 
verkehrende  jüdische  Handelsleute  mögen,  von  Geschäfts- 
freunden und  andern  mit  ihnen  in  Berührung  kommenden 
Römern  oder  Ttalikem  über  ihren  Glauben  und  Gultus  ein- 
gehender befragt,  im  apologetischen  Eifer  zum  Angriff  auf 
den  Bilderdienst  und  die  Vielgötterei  übergegangen  sein  und 
dadurch  manchen  zur  offenen  Aussprache  und  Bethätigung 
ihrer  dem  römischen  Gultus  feindlichen  Ideen  veranlasst 
haben.  Die  Pflicht  der  jüdischen  Gesandtschaft,  in  erster 
Linie  ihres  Hauptes,  des  Numenios  wäre  es  gewesen,  jenen  ^) 
entweder  im  Voraus  ein  solches  Vorgehen  zu  untersagen  oder 
sobald  es  dazu  gekommen  war,  strafend  einzuschreiten  und 
die  Fortsetzung  unmöglich  zu  machen;  wenn  die  römische 
Obrigkeit  aus  politischen  Gründen  es  unterliess,  die  Ge- 
sandten zur  Rechenschaft  zu  ziehen,  so  musste  diese  doch  das 
über  ihre  Glaubensgenossen  verhängte  Strafgericht  bloss- 
stellen  und  zwischen  ihnen  Uneinigkeit,*)  unter  den  Bekann- 
ten der  Ausgewiesenen  aber  laute  Unzufriedenheit  hervorrufen. 
Dieser  Vorfall  war  es,  welcher  bei  der  nächsten  Bot- 
schaftersendung es  nöthig  erscheinen  liess,  einen  andern  als 


1)  Auch  die  Juden,  welche  sich  Handels  wegen  oder  aus  andern 
Gründen  in  Rom  aufhielten,  unterstanden  dem  Gebot  des  Vertreters 
ihres  Hohenpriesters  und  Fürsten. 

2)  Hat  einer  oder  der  andre  Gesandte  selbst  Mitschuld  an  der 
begangenen  Taktlosigkeit  gehabt,  so  war  er  schon  durch  da?  Be- 
wusstsein,  zum  UnglQck  von  Glaubensgenossen  beigetragen  und  sich 
compromittirt  zu  haben,  genug  bestraft,  wenn  die  Römer  ihn  bloss 
durch  kühleres  Verhalten  ihren  Unmuth  fühlen  Hessen  oder  gar  vor- 
nehm darüber  hinwegsahen. 


Za  Josephos.  561 

NnmeDios  zum  Haupt  der  Gesandtschaft  zu  machen;  ihm 
wenigstens  die  Mitgliedschaft  zu  lassen,  hat  sicher  der  Um- 
stand bewogen,  dass  an  Eenntniss  der  Verhältnisse  und  der 
mas(!gebenden  Persönlichkeiten  in  Rom  kein  anderer  dem 
Manne  gleich  kam,  der  dort  zwei-  oder  dreimal  die  Ver- 
handlungen mit  Erfolg  geleitet  hatte  und  durch  jene  Eigen- 
schaften wie  sicher  auch  durch  seine  Geschäftsgewandtheit 
für  die  neue  unentbehrlich  erscheinen  konnte.  Aus  alledem 
folgt,  dass  die  Botschaft,  welche  das  Senatusconsult  A  er- 
wirkt hat,  weder  mit  der  des  Jahres  139  identisch  noch  ihr 
vorausgegangen  ist,  sondern  in  eine  spätere  Zeit  fallt. 

4.  Wesentliche  Identität  des  Inhalts  der  beiden^)  Senats- 
beschlüsse, schreibt  Mommsen,  ist  allerdings  vorhanden;  doch 
kann  man,  wie  sich  zeigen  wird,  hierüber  abweichender  Mei- 
nung sein  und  es  gibt  auch  hiervon  abgesehen  noch  ein  An- 
zeichen, dass  das  von  Josephos  überlieferte  Senatusconsult  nicht 
dem  Jahr  139  angehört.  Den  Gesandten  des  Simon  ist  vom 
Consul  Lucius  bloss  das  Rundschreiben,  aber  kein  Senatus- 
consult mitgegeben  worden;  1  Makk.  15  heisst  es  vor  der 
Mittheilung  des  Schreibens:  ^l^e  Nov/ii^viog  xal  ol  nag'  avrov 
ix  'Pwfirjg,  exovreg  inioxokäg  xdig  ßaodevai  xal  raig  x^Q^^^> 
iv  alg  iyiyQOTuo  rdde^  und  zuletzt  nach  der  Aufzählung  von 
23*)  Adressaten:  rd  de  ävriyQa(pov  avrwv  lygatpav  Sifxayvi 
reo  dg^iegei;  an  beiden  Stellen  müsste  das  Senatsconsult  mit- 
genannt sein,  wenn  den  Gesandten  auch  von  diesem  der  Con- 
sul eine  (natürlich  ins  Griechische  übersetzte)  Abschrift  für 
Simon  eingehändigt  hätte.  Sich  und  den  Staatsschreibern 
konnte  er  eine  solche  Bemühung  überhaupt  ersparen,  weil 
der  Inhalt  des  Rathsbeschlusses  im  Rundschreiben  angegeben 
ist,  und  er  hat  es  offenbar  unterlassen,  weil  der  Text  gleich 

1)  Im  Rundschreiben  1  Makksb.  16  ist  der  Inhalt  des  ihm  vor- 
ausgegangenen Rathsbeschlusses  mitgetheiit. 

2)  Zu  ihnen  kommt  noch  Ptolemaios  Physkon,  an  welchen  das 
im  Text  mitgetheilte  Exemplar  des  Rundschreibens  gerichtet  ist. 


502  G,  Unger 

dem  des  Rundschreibens  in  24  Exemplaren  für  die  Adressaten 
und  ebensovielen  Abschriften  für  Simon  hätte  geliefert  werden 
müssen. 

5.  Die  Gesandten  Simons  verfolgten  und  erreichten  im 
J.  139  noch  einen  zweiten  Zweck,  welcher  unserem  Senatos- 
consult  fremd  ist:  während  dieses  die  Fürsten  und  Freistaaten 
nur  zur  Vermeidung  von  Feindseligkeiten  gegen  die  Juden 
auffordert,  dient  das  Rundschreiben  nicht  bloss  als  Schatz- 
brief, sondern  verlangt  auch  eine  positive  Leistung  für  jene, 
nämlich  die  Auslieferung  flüchtiger  jüdischer  Verbrecher, 
1  Makk.  15  et  Tiveg  ovv  Xoifxol  dia7i€<pevyaaiv  ix  tijg  x^^Q^^ 
ain&v  Tigdg  ifiäg,  naQddote  avrovg  ZifKovi  x(d  ägxiBQeh 
8n(og  iHÖixtjo]]  h  avxölg  naxä  x6v  vö/Ltov  airtcbv.  Wäre  die 
Urkunde  A  im  J.  139  ausgefertigt,  so  müsste  in  ihr  auch 
dieses  Verlangen  ausgesprochen  sein:  denn  der  auf  Grund 
eines  Senatsbeschlusses  erfolgte  Erlass  konnte  und  durfte  zu 
Gunsten  der  Juden  weder  mehr  noch  weniger  anordnen,  als 
was  vom  Senat  beschlossen  war.  Diese  Anordnung  konnte 
unter  Umständen  viele  Mühe  verursachen,  weil  die  Namen 
der  Uebelthäter  bekannt  gemacht,  ihre  Identität  festgestellt, 
ihr  Aufenthalt  oder  Versteck  ermittelt  und  ihre  Festnahme 
bewerkstelligt  werden  musste.  Die  Mittheilung  der  Namen 
niusste  von  den  jüdischen  Gesandten  geschehen,  welche  zu 
diesem  Behuf  eine  Liste  derselben  mit  sich  führten;  die  wei- 
tere Thätigkeit  fiel  den  Regierungen  zu,  in  deren  Gebiet  sich 
die  Flüchtlinge  aufhielten;  ausgeliefert  wurden  sie  ohne 
Zweifel  an  die  Gesandten:  denn  sie  z.  B.  aus  Sikyon  oder 
Pergamon  nach  Judäa  zu  schaffen,  konnte  man  den  Regie- 
rungen nicht  zumuthen.  Eben  aus  dem  oft  langen  Aufenthalt, 
welchen  die  Gesandten  Simons  desswegen  an  dem  Sitz  der 
Adressaten  nehmen  mussten,  erklärt  sich  die  lange  Dauer 
ihrer  Reise,  von  Sei.  172  (Nisan  140—139)  bis  174  (Nis. 
138 — 137).  Mit  dieser  Abweichung  hängt  die  folgende  zu- 
sammen. 


Zu  Josephos,  5Ö3 

6.  Das  Consult  A  befiehlt,  den  Gesandten   Scbutzbriefe 
fUr  die  Jaden  mitzugeben  an   die  selbständigen   Stadt- 
gemeinden  und  an  Konige    {ngög  re  tdg   ainovofiovfjievag 
Ttokeig  xal  jigög   ßaoiXeig);   das  Rundschreiben   1  Makk.  15 
dagegen    wendet   sich    an    die    Könige    und    Territorien: 
rjgeoev   ovv    (nämlich    t^  ovyxkfjxcfi)   yqdxpai    %oXg   ßaadevoi 
xcd  Toig  x^Q^^f  ebenso  vorher  der  Erzähler:  (die  Gesandten 
kamen)  Ijovxtg  bticfTokäg  toig  ßaadevoi  xal  xalg  x<^Q^^^  ^^^ 
am  Schluss  in  der  Aufzählung  der  Adressaten,  s.  unten.    Die 
Ursache   der  Wahl  des   umfassenden  Ausdrucks  ^co^ai  liegt, 
wie  ein  Blick  auf  die  Namen  erkennen  lässt,  darin,  dass  er 
sich   auf  staatsrechtlich  weit  von  einander  verschiedene  Ge- 
biete bezieht.    Neben  autonomen  Städten,  Inseln  und  Ländern 
wie  Karien,   Lykien,  Samos,  Rhodos,  Halikarnassos,  Knidos, 
Kos,  Arados  u.  a.  lesen  wir  an  letzter  Stelle  xal  Kvnqov  xal 
KvQfjrrjv^  also  die  Namen  von  zwei  Provinzen  des  Ptolemaios 
Pbyskon,    an   welchen   das  im  Buch   mitgetheilte  Exemplar 
des  Rundschreibens  gerichtet  war.    Offenbar  wurde  von  diesen 
abhängigen  Gebieten  nicht  vorausgesetzt,  dass  ihre  Bevölke- 
rung  die  Sicherheit  Judäas  gefährden  könne,   sondern  dass 
dorthin  sich  ein  oder  der  andere  Verbrecher  geflüchtet  haben 
könnte,  und  mit  besonderen  Exemplaren  des  Rundschreibens 
worden  sie  behufs  schnellerer  Erledigung  der  Aufgabe  wegen 
ihrer  grossen  Entfernung  von  Aegypten  bedacht,  wo  das  Be- 
steben   des  Judenviertels  von  Alexandreia  allein  schon   der 
Regierung  genug  zu  thun   geben  konnte.     Aehnliches   gilt 
von  dem  winzigen,  eine  selbständige  politische  Rolle  zu  spielen 
unfähigen,   aber  durch  seinen  Freihafen  zu  grosser  merkan- 
tiler Bedeutung  gelangten  Eiland  Delos,  welches  seit  168  den 
Athenern  gehörte;  auch  hier  ging  die  Verfolgung  und  Fort- 
schaffnng  der  Flüchtlinge  leichter  vor  sieb,  wenn  das  römische 
Schreiben  statt  nach  Athen  gleich  zu  der  dortigen  Behörde 
kam.    Die  Vermuthung,  dass  in  allen  mit  dem  Rundschreiben 
bedachten  Ländern  und  Städten  schon   damals  eine  grössere 


564  G.  Unger 

Zahl  von  Juden  gewohnt  habe  (Schürer  II  495),  findet  in 
diesen  und  andern  durch  sie  verständlichen  Auffälligkeiten 
der  Namenliste  eine  glänzende  Bestätigung,  so  z.  B.  darin, 
dass  das  in  viele  selbständige  Stadtgemeinden  gespaltene 
Kreta  nicht  wie  Gjpem,  Rhodos  und  andere  Inseln  besonders 
genannt  wird,  wohl  aber  eine  ihrer  grössten  Städte,  Goriyna: 
nur  dort  befand  sich  also  eine  grössere  ZahP)  von  Juden, 
aber  nicht  in  Enossos,  Ljktos,  Pergamon,  Kydonia  und  andern 
Siädten.  In  die  Liste  sind  wahrscheinlich  alle  Gebiete  auf- 
genommen, in  welchen  sich  damals  Judengemeinden  befanden  :^) 
da  die  Flüchtlinge  sich  voraussichtlich  an  Orte  gewendet 
hatten,  wo  sie  hoffen  konnten,  bei  Glaubensgenossen,  welche 
von  ihren  Vergehen  nichts  wussten,  den  fQr  rechtlos  gewordene 
Exulanten  nöthigen  Unterschlupf  zu  finden,  so  musste  die  Re* 
gierung  der  Heimath  in  allen  Gebieten  nach  ihnen  fahnden, 
in  welchen  sich  Landsleute  in  grösserer  Zahl  aufhielten. 

Das  Namenverzeichniss  ist  auch  in  andern  Beziehungen 
von  geschichtlicher  Wichtigkeit.  Wenn  Myndos  neben  Karien, 
Phaseiis  neben  Lykien,  Side  neben  Pamphylien  besonders 
genannt  wird,  so  ist  daraus  zu  schliessen,  dass  diese  Städte 
von  der  Volksgemeinde  {xoivdv)  der  Länder,  zu  welchen  sie 
gehörten,  sich  fernhielten  oder  ausgeschlossen  waren.  Achaia, 
d.  i.  das  Gebiet  des  Achaierbundes,  wird  nicht  genannt,  wobi 
aber  Sikyon,  welches  nach  der  Zerstörung  Eorinths  mit  der 
Mark  dieser  Stadt  auch  ihren  Handel  und  die  fremden  Kauf- 
leute  an  sich  gezogen  hatte;  ob  der  Acbaierbund  zur  Zeit 
(im  Frühling  139,  s.  unten)  schon  wieder  ins  Leben  getreten 
war,  ist  unklar;  geschehen  ist  dies  nach  Pausanias  OL  160 


1)  Vereinzelte  (gläubige)  Jaden  sind  wohl  überhaupt  nur  selten 
im  Ausland  sesshaft  gewesen :  gewisse  Feste  wie  z.  B.  der  YersOhnnngs- 
tag  konnten  nur  von  einer  Genossenschaft  begangen  werden. 

2)  Rom  fehlt,  weil  Numenios  dort  ohne  Zweifel  schon  die  n($thi- 
gen  Schritte  gethan  hatte. 


Zu  Josephos,  5(55 

=  140/139—137/136  v.  Chr.  und  vielleicht  schon  Ol.  160,1.») 
Unter  den  Königen  wird  Demetrios  von  Syrien  genannt,  der 
im  Jahr  139  mit  den  Parthern  Krieg  führte  und  (vermuthlich 
am  Ende  desselben)  von  ihnen  gefangen  genommen  warde; 
dass  der  Name  seines  Gegners,  des  Knaben  Äntiochos  VI 
fehlt,  der  sich  mit  seinem  Leiter  Diodot  noch  in  Apameia 
behauptete,  erklärt  sich  vielleicht  ans  dem  Fehlen  von  Juden 
in  dem  Gebiet  dieser  Stadt  und  dieses  aus  der  Thatsache, 
dass  die  Juden  im  J.  142  von  ihm  abgefallen  und  zu  Deme* 
trios  übergegangen  waren.  Der  Nennung  des  Arsakes  (Mi- 
thridates),  der  zu  Rom  in  keinem  Vertragsverhältniss  stand 
und  vor  kurzem  durch  die  Wegnahme  Mediens,  im  J.  140 
aber  durch  die  Eroberung  Babyloniens  den  Mittelmeerstaaten 
näher  gerückt  war,  liegt  zunächst  das  Bestehen  verschiedener 
Judengemeinden  im  Partherreich  zu  Grund;  es  dürfte  aber 
auch  die  Rücksicht  auf  die  Sicherheit  Judäas  miteingespielt 
haben,  s.  Abschnitt  8. 

Eine  besondere  Betrachtung  erheischt  der  Name  Sam- 
psames  oder  Sampsame.  Die  wörtliche  Mittheilung  des  Rand- 
schreibens endigt  mit  der  oben  ausgeschriebenen  Stelle  über 
die  flüchtigen  Verbrecher,  dann  spricht  der  Erzähler  selbst: 
xal  rn  airä  Sygayfe  ArjjLirjTQiq)  T(ß  ßaoiXei  xal  ^ArrdlcOf  'Agia- 
od'&i]  xaVAgoaxu,  xal  eig  ndoag  xci)Qag  xai'^)  ^^afjLyfdjLiu  xal 
^nagridraig  xal  eig  AfjXov  .  . .  xal  Kingov  xal  KvQrjvr]v.  xb  Öe 
dviiygacpov  avrwv  eyQayfav  ^ijua)vt  reo  ägj^iegeT.  Weil  mit  -Za^- 
tpd/nf]  die  Aufzählung  der  Jiäaai  xcoQai  beginnt,  ist  der  Name 
einer  Stadt  darin  gesucht  und  auf  die  jetzt  Samsun  genannte 
am  Pontus  gerathen  worden;  dies  ist  aber  das  alte  Amisos 


1)  S.  Umfang  und  Anordnnng  der  Geschichte  des  Poseidonios, 
PbilologQS  1896  S.  78. 

2)  D.  i.  .sowohl  dem  Sampsames  als  auch  deo  Spartiaten  u.  s.  w." ; 
vielleicht  ist  aber  xal  der  Zusatz  eines  Abschreibers  oder  des  Ueber- 
setzers,  welcher  eig  ,-rdaag  x^Q^^  nicht  auf  die  zwei  Personennamen 
beziehen  zu  dürfen  glaubte. 


5ü()  G.  Unger 

und  der  Dativus  nötbigt,  an  eine  Person,  also  an  einen 
Fürsten,  Häuptling  oder  Oberpriester  zu  denken;  die  zweite 
;|rc6^a  ist  ebenfalls  nicbt  durcb  einen  Ortsnamen  bezeichnet. 
Da  die  Liste  alle  Staaten  ins  Auge  fasst,  in  welchen  sich 
Judengemeinden  befanden,  so  liegt  es  am  nächsten  auf  das 
Oberhaupt  der  Ituräer  zu  rathen/)  welche  sich  yom  Libanon 
allmählich  über  das  Bergland  hinaus  nach  allen  Seiten  aus* 
breiteten.  Ihr  in  unseren  Quellen  zuerst  genannter  Regent') 
Ptolemaios,  Sohn  des  Mennaios,  bedrohte  um  85  schon  das 
grosse  Damaskos;  noch  mächtiger  wenigstens  nach  Süden  hin 
finden  wir  die  Ituräer  zwei  Jahrzehnte  früher,  als  sie  das 
Land  Galiläa  besassen,  welches  ihnen  der  Judenkönig  Aristo- 
bulos  im  J.  103  entriss  (s.  Schürer  I  219);  vorher  werden  sie 
in  Berichten  aus  der  makedonischen  Zeit  nicht  erwähnt.  Das 
Joch  der  Seleukiden  haben  sie  vermuthlich  während  der 
Thronstreitigkeiten  derselben,  vielleicht  gleich  den  Juden  in 
dem  grossen  Bürgerkrieg  der  Jahre  145 — 140  abgeschüttelt 
und  wie  jene  zugleich  ihr  Gebiet  weiter  ausgedehnt.  Der 
Name  Sampsames  weist  wie  Sampson  (Simson)  und  Sam- 
psigeramos  (Fürst  von  Emesa  zur  Zeit  des  Pompejus)  auf 
Verehrung  des  syrischen  Sonnengottes  hin,  welcher  in  der 
Libanoustadt  Heliopolis  ein  angesehenes  Heiligthum  besass; 
auf  dessen  Hohenpriester  bezieht  sich  vielleicht  der  Titel  auf 
den  Münzen  späterer  Tbeilfürsten:  Avoavlov  xexQdQxov  xai 
&QXieQe<og,  Zi]voda>Qov  xexQdQxov  dgxt^QioDS'  Noch  Ptolemaios 
scheint  als  nomineller  Vasall  der  Sjrerkönige  gleich  Simon, 
dessen  Enkel  Aristobulos  zuerst  den  Eöuigstitel  annahm,  nur 
Ethnarch  gewesen  zu  sein;  daher  konnte,  wie  in  dem  Rund- 
schreiben Simon  nur  als  Hoherpriester,  seine  Gesandten  aber 
als  Botschafter  der  Juden  bezeichnet  werden,  so  der  Name 
des  Sampsames  mit  den  Territorien  zusammen  genannt  werden ; 


1)  Das  Beste  über  ihre  Geschiebte  bei  Schürer  I  598—608. 

2)  König  wird  er  nirgends  genannt. 


Zu  Josephos,  567 

vielleicht  ist  auch  er  wie  Simon  eigentlich  Hoherpriester 
gewesen.  Besass  er  Galiläa  schon,  so  war  sein  Gebiet  eines 
der  ersten,  welche  yon  den  fluchtigen  Juden  aufgesucht 
wurden,  und  es  erklärt  sich  daraus,  dass  Simon  und  Hyrka- 
nos  bei  ihrem  Umsichgreifen  keinen  Versuch  gemacht  haben, 
Galiläa  wenigstens  zum  Tbeil  wiederzugewinnen:  die  der- 
zeitigen Herren  dieses  Landes  waren  ihre  natürlichen  Bundes- 
genossen, so  lange  es  galt,  sich  die  Unabhängigkeit  von 
Syrien  zu  erhalten. 

7.  Während  in  dem  Senatusconsult  die  von  dem  Rund- 
schreiben des  J.  139  verlangte  Auslieferung  der  Verbrecher 
fehlt,  hebt  es  andrerseits  als  Gegenstand  des  römischen 
Schutzes  neben  dem  Land  noch  besonders  die  Häfen  der 
Juden  hervor,  von  welchen  in  jenem  keine  Rede  ist;  es  ver- 
langt von  den  Königen  und  Freistaaten :  onoig , , .  /lit}  noXe- 
firjacooiv  auTovg  xal  rag  nöleig  avrcbv  xal  Ttjv  x^Q^'^  amibv. 
Aus  dem  Abschnitt  5  angegebenen  Grund  ist  auch  hierin  ein 
Beweis  zu  suchen,  dass  das  Rundschreiben  einer  andern  Zeit 
augehört  als  der  Rathsbeschluss.  In  eine  spätere  bringt  diesen 
der  Umstand,  dass  die  Juden  im  J.  139  nur  einen  einzigen 
Hafen,  den  von  Joppe,  besessen  haben.  In  demselben  Jahr 
Sei.  172  (Nisan  140 — 139),  in  welchem  Simons  Gesandte 
nach  Rom  gereist  sind,  nahm  er  diese  Stadt  in  Besitz  und 
dehnte  dadurch  das  jüdische  Gebiet  bis  zum  Meere  aus, 
1  Makk.  14,  5  —  7.  33 — 34;  im  vorhergehenden  Jahr  hatte 
er  die  Stadt  Gazara  westlich  von  £mmaus  (Nikopolis)  erobert, 
sie  neu  befestigt  und  seinen  Sohn  Johannes  Hjrkanos  als 
Statthalter  dort  eingesetzt;  von  ihr  war  der  Hafen  von  Jamnia 
weniger  weit  entfernt  als  Joppe  und  nach  Josepbos  hätte  er 
in  der  That  auch  Jamnia  gewonnen,  ant.  jud.  13,  6,  7  xaze- 
axgeipazo  SljAOiv  rd^agd  re  nöhv  xal  ^I67i7ir}v  xal  'IdfAviav, 
bell.  jud.  l,  2,  2  algeJ  FdCagd  re  xal  ^lonnrjv  xal  ^Idjuviav, 
Diese  Angabe  wird  als  irrthümlich  angesehen:  als  um  136 
Antiochos  Sidetes  den   Diodotos,    welcher    137   den  Knaben 


568  G,  UnofT 

Antioehos  VI  ao^i  dem  Wege  geraamt  and  unter  dem  Namen 
TrjpfaoD  sich  das  Diadem  aufgesetzt  hatte,  in  Dora  behigerte, 
verlangte  er  Ton  Simon  die  festen  Platze  zaroek,  welche  sie 
eingenommen  hatten,  und  bezeichnete  als  diese  die  Südte 
Joppe,  Gazara  and  die  Barg  von  Jemsalera.  1  Makk.  15,  28. 
35;  Jarania  war  also  syrisch  geblieben.  Eben  hier  schloß 
Kendebaios,  welchen  Antioehos  bei  seinem  Abzog  von  Dora 
als  Strategen  des  Küstenlandes  zarückiiess,  sein  Hanptqnartier 
auf,  um  Ton  da  aus,  weil  Simon  die  Zurückgabe  verweigerte, 
in  Judäa  einzufallen;  unter  dem  kriegerischen  Alexander 
Jannaios  (102 — 77)  wird  die  Stadt  von  Josephos  unzweifel- 
haft richtig  als  jüdisch  bezeichnet  (ant.  13,  15,  4)  und  war  das 
nach  ant.  13,  12,  2  zu  schliessen  schon  vor  jenem.  Die  Angabe 
des  Josephos  ist  iudess  nicht  geradezu  falsch,  sondern,  wie  aus 
unserem  Senatusconsult  hervorgeht,  ungenau:  bloss  der  Hafen 
von  Jamnia  ist  gemeint,  welcher  denselben  Namen  geführt 
hat  wie  die  Stadt,  Plinius  bist.  nat.  5,  68  Jamniae  duae, 
altera  intus,  vgl.  mit  Ptolemaios  geogr.  5,  16,  2:  an  der  Küste 
'lafxveircov  Xifiriv  und  5,  16,  6:  im  Innern  *ldfiveia.  Er  war 
von  der  Stadt  ziemlich  weit  entfernt  und  wohl  auch  nicht 
befestigt,  konnte  daher  von  dem  thatkräftigen  Statthalter 
Uazara's,  dem  wir,  da  Simon  selbst  in  den  letzten  Jahren 
die  Kriegführung  seinen  Söhnen  übertrug,  die  That  zutrauen 
dürfen,  leicht  weggenommen  werden.  Jetzt  war  es  nothig, 
ihn  durch  Werke  und  Besatzung  gegen  den  Versuch  der 
Jamniten,  ihn  wiederzugewinnen,  zu  sichern;  so  wurde  aus 
dem  Hafen  eine  Hafenstadt  und  von  den  Seefahrern,  fGr 
welche  die  eigentliche  Stadt  weniger  Wichtigkeit  hatte,  er- 
hielt sie  den  Namen  Jamnia.  Da  die  Wegnahme  nur  den 
Hafen  betraf  und  wahrscheinlich  ohne  Kampf  vor  sich  ging, 
konnte  sie  von  einem  Geschichtschreiber  leicht  übersehen 
werden.  Kendebaios  erlitt  von  dem  Statthalter  eine  schwere 
Niederlage,  in  welcher  sein  ganzes  Heer  vernichtet  wurde, 
1  Makk.  16;  bald  darnach  wird  dieser  den  Hafen  genommen 


Zu  Josephos.  569 

haben.  Jene  Niederlage  ist  das  letzte  in  dem  Makkabäerbuch 
erzählte  Ereigniss  vor  dem  Tode  Simons  (Monat  Shbat  Sei. 
177  =3  26.  Jan.  bis  24.  Febr.  134)  und  daher  im  Zusammen- 
halt mit  den  obengenannten  Daten  in  das  J.  135,  das  Senatus- 
eonsult  also  frühestens  in  die  Zeit  des  Hyrkanos  I  zu  setzen. 
8.  Auch  der  Feind,  welchen  die  Juden  fürchten,  ist  im 
Senatusconsult  ein  anderer  als  im  Rundschreiben:  jenes  will 
bloss  im  Allgemeinen  die  Befehdung  derselben  verhüten  {vjieg 
Tov  r/jv  xe  "jiihqav  amcbv  xal  rovg  hjuevag  ädelag  Tvyx^veiv 
xal  fir]öev  udixeio'&ai)^  dieses  ausdrücklich  auch  den  Bund 
mit  einem  Feind  der  Juden:  oTicog  firj , . .  nokefirjooioiv  avxovg 
xal  rag  jioXeig  avrwv  xal  xyjv  ;rrj6^av  avxcbv  xal  Tva  jut]  ovju/ia- 
Xtjoooi  xoig  Jiokefxovoiv  avxovg.  Da  im  Consult  ein  solcher 
Bund  nicht  ausgeschlossen  ist,  so  darf  vermuthet  werden, 
dass  der  Gegner,  welchen  das  Kundschreiben  ins  Auge  fasst, 
ihnen  für  sich  allein  nicht  überlegen  gewesen  sei.  Das  trifft 
auf  Antiochos  VI  zu.  Ihn  besiegte  Demetrios  im  J.  140  und 
warf  ihn  nach  Apameia  zurück,  aber  seinen  Sieg  weiter  zu 
verfolgen  wurde  er  dadurch  verhindert,  dass  der  Partherkönig 
in  demselben  Jahr  140  Babylonien  eroberte.  So  machte  er 
denn  im  Winterhalbjahr  grosse  Rüstungen  und  zog  im  Früh- 
ling 139  gegen  jenen  zu  Felde,  wurde  aber,  vermuthlich  im 
Ausgang  des  Jahres,  gefangen  genommen,  s.  Seleukidenära 
d.  Makk.  S.  262  fg.  Als  in  dem  erwähnten  Winterhalbjahr 
140/139  die  Gesandtschaft  Simons  nach  Rom  abging,^)  hatte 


1)  1  Makk.  14  wird  schon  vor  der  VolksversaxnmluDg  des  18. 
Elul  Sei.  172  von  ihrem  Abgang  berichtet,  was  Schürer  I  199  aus 
dem  S.  559  Anm.  1  bemerkten,  für  uns  nicht  massgebenden  Grund 
(Elul  172  =  Sept.  141)  verwirft;  aber  auch  der  Abgang  vor  dem 
14.  Sept.  140  erscheint  noch  zu  früh.  Schürer  vermuthet,  dieser  sei 
vom  Verfasser  desswegen  vor  der  Versammlung  eingeschaltet,  weil 
er  nach  der  ungenauen  Wiedergabe  des  Volksbeschlusses  c.  14,  40 
(Vgl.  Schürer  I  193)  diesen  bereits  als  eine  Wirkung  der  Gesandt- 
schaft angesehen  habe.  Die  Vorgänge  können  auch  nach  ihrer  inne- 
ren   Zusammengehörigkeit    j?ruppirt   sein,    so    dass    auf  die   Unter- 


570  G.  Ungar 

Demetrios  vor,  den  schwächeren  Feind  im  Lande  lassend 
gegen  den  weit  stärkeren  in  den  Osten  zu  ziehen;  er  lebte 
der  Hoffnung,  von  den  das  Joch  der  verachteten  Parther 
widerwillig  tragenden  Völkern  der  verlorenen  Provinzen  des 
Selenkidenreichs  verstärkt,  jenen  niederzuwerfen  und  dann 
desto  leichter  den  anderen  zu  überwältigen.  Dieser  war 
immerhin  zur  Zeit  noch  ziemlich  stark:  mit  Apameia  hielten 
zu  ihm  die  von  diesem  gewöhnlich  abhängigen  Städte  La- 
rissa,  Kasiana,  Megara,  Apollonia  u.  a.;  in  Easiana  war 
Diodot  geboren,  in  Apameia  gross  geworden,  s.  Strabon 
p.  752;  Truppen  hatte  Demetrios  offenbar  nur  wenige  zuröck- 
laBsen  können,  die  Herrschaft  der  Seleukiden  über  Syrien 
stutzte  sich  in  erster  Linie  auf  die  Ergebenheit  der  make- 
donisch-hellenischen Colonien,  welche  im  Kriegsfall  Heeres- 
folge leisteten;  grosse  Rüstungen  erheischten  die  Anwerbung 
grosser  Söldnerschaaren.  Zog  Demetrios  nicht  bei  Zeiten 
zur  Rettung  der  jenseit  des  Eupkrat  nach  Hülfe  rufenden 
Colonien  aus,  so  drohten  die  diesseitigen  mit  Abfall:  eine 
Meldung  dieser  Art  hat  Justinus  36,1  mit  dem  Verhalten 
der  Städte  im  Anfang  seiner  Regierung  (reciperato  patemo 
regno  rerum  snccessu  corruptus  in  segnitiam  labitur  tantana- 
que  odium  apud  omnes  inertiae . . .  contraxit.  itaque  cum  ab 
imperio  eins  passim  civitates  deficerent,  ad  abolendam  seg- 
nitiae  maculam  bellum  Parthis  inferre  statuit)  verwechselt 
und  so  die  Vorgänge  einiger  Jahre  übersprungen;  ähnliche 
Erzählungslücken  finden   sich   auch  sonst   nicht  wenige    bei 


nehmungfen  Simons  seine  Ehrang  durch  das  Volk  und  teine  Anerken- 
nung durch  Antiochos  Sidetes  folgt,  ähnlich  wie  in  c.  4,  s.  Selenkidenfin 
S.  292.  Die  Gesandten  sind  wegen  der  Rflatangen  des  Demetrios 
wohl  im  Wintersemester  (spätestens  am  letzten  Adar  =  21.  Mfin  199) 
abgeschickt  nnd  im  ersten  oder  zweiten  Vierteljahr  139  Tom  Senat 
empfangen  worden,  Tgl.  Abschn.  5  am  Schlnss.  Ueber  ihren  Ecfblg^ 
in  Rom  mögen  sie  bald  darnach  einen  Bericht  an  Simon  gesdiickt 
haben. 


i- 


» ;- 


Zu  Josephos.  571 

ihm,  vgl.  z.  B.  Seleukidenära  S.  306.  Andrerseits  versteht 
man  so  auch  die  fibertreibende  Angabe  1  Makk.  15,  De- 
metrios  habe  den  Partherzug  unternommen,  um  Verstärkungen 
gegen  (Diodotos)  Tryphon  heranziehen  zu  können  (rov  im- 
ojidaac&ai  ßoij^eiav  avrcp,  SjKog  nokejLii^aj]  rov  TQvq)cova): 
die  jüdischen  Berichterstatter  kannten  von  den  grossen  Co- 
lonien  Syriens  am  besten  die  ihnen  am  nächsten  gelegenen, 
deren  stärkste  eben  Apameia  war. 

Der  Gedanke,  welcher  Simon  zur  Anrufung  römischen 
Schutzes  bewog,  war  ohne  Zweifel  die  nahe  genug  liegende  Be- 
fürchtung, dass  zwischen  dem  Partherkönig  und  Antiochos  VI 
eine  gegen  den  gemeinsamen  Feind  gerichtete  Verbindung 
zu  Stande  kommen  würde.  Der  Machthaber,  dessen  Gegner- 
schaft Hyrkanos  im  Anfang  seiner  Regierung  fürchten  musste, 
war  Antiochos  Sidetes;  in  der  That  rückte  dieser  gleich  134 
ins  Land,  legte  sich  nach  Verwüstung  desselben  vor  Jeru- 
salem und  eroberte  es  um  Anfang  November  133.  Gegen 
ihn  hat  aber  Hyrkanos  die  römische  Hülfe  entweder  gar 
nicht  oder  vergebens  angerufen:  ein  Senatusconsult  würde 
den  Bedränger  unfehlbar  zum  Abzug  veranlasst  haben,  vgl. 
zu  Consult  B;  der  Bundesvertrag  verpflichtete  beide  Theile 
nicht  ein  für  allemal  zu  gegenseitiger  Unterstützung,  son- 
dern machte  diese  von  ihrem  jeweiligen  Ermessen  abhängig 
(1  Makk.  8,  25  und  27  (bg  äv  6  xaigög  vnoyQacpfj)^  desswegen 
musste  in  jedem  besonderen  Falle  der  Bund  erneuert  werden. 
Nachdem  Antiochos  Sidetes  im  November  oder  December  130 
im  Partherkrieg  sein  Ende  gefunden  hatte,  benützte  Hyrkanos 
die  augenblickliche  Entblössung  seines  Reichs  von  Truppen 
zu  Erwerbungen  auf  dessen  Kosten:  östlich  des  Jordans  er- 
oberte er  nach  6 monatlicher  Belagerung  (etwa  April  —  Sep- 
tember 129)  Medaba,  dann  das  unbekannte  Samoga  (Jos. 
ant.  jud.  13,  9,  1;  Samaga  bell.  jud.  1,  2,  6)  nebst  den 
Nachbarorten;  weiter,  wohl  im  J.  128  Sichem  und  den 
Tempelberg   Garizim   mit   den   umliegenden  Ortschaften    der 


572  Q,  ünger 

Kuthäer*/)  dann  im  Süden  Adora,  Marissa  und  viele  andere 
Plätze  der  Idumäer.  Der  in  den  letzten  Tagen  des  Sidetes 
nach  Syrien  zurückgekehrte  Demetrios  musste  alle  diese  Ueber- 
griflfe  wider  seinen  Willen  dulden,  weil  er  sich  zu  tief  in  die 
ägyptischen  Händel  eingelassen  hatte  (Jos.  ant.  13,  9,  3).  Im 
J.  130  war  Ptolemaios  Physkon  (145 — 116)  von  den  Alexan- 
drinern verjagt  und  die  Regierung  seiner  Gattin  Kleopatra 
übertragen  worden ;  als  er  auf  Cypern  Rüstungen  zum  Wieder- 
gewinn desselben  machte,  versprach  sie  dem  Syrerkonig  als 
Preis  seiner  Hülfe  den  Besitz  des  ganzen  Landes  (Justin  39,1); 
ehe  er  aber  diese  leisten  konnte,  wurde  ihr  Heer  von  dem 
Feldherm  des  Ptolemaios  geschlagen  und  vernichtet  (Diodor 
34,  20),  worauf  sie  nach  Syrien  floh  (Just.  39,  1) ;  jetzt  er- 
schien Demetrios  vor  Pelusion,  wurde  aber  von  Ptolemaios 
aufs  Haupt  geschlagen  und  zum  Abzug  genothigt  (Porphyrios 
b.  Euseb.  chron.  I  257).  Nun  meuterten  seine  Truppen,  viele 
Städte,  unter  ihnen  Antiocheia  und  Apameia  fielen  von  ihm 
ab  (Jos.  ant.  13,  9,  3.  Porphyrios  a.  a.  0.  Justin  39,  2) 
und  hielten  bei  Ptolemaios  um  Zusendung  eines  Königs  aus 
dem  Seleukidenhause  an.  Er  schickte  ihnen  mit  einem  Heere 
den  Sohn  eines  Kaufmanns,  dem  er  den  Namen  Alexander 
gab;  zum  Spott  wurde  er  Zabina  (der  Erkaufte)  genannt. 
Seine  ersten  Münzen  zeigen  das  Jahr  Sei.  184  (ca.  25.  Sept. 
129  —  11.  Oct.  128);  jedenfalls  ist  er  im  J.  128  und  wohl  erst 
im  Sommer  gekommen.  Sei  es,  dass  Alexander  oder  dass 
Demetrios  in  dem  jetzt  angefachten  Kriege  siegte,  in  beiden 
Fällen  konnte  nach  Beendigung  desselben  der  Sieger  voraus- 
sichtlich über  die  ganze  Macht  des  Seleukideureiches  verfügen 
und  in  beiden  war  zu  erwarten,  dass  er  von  Hyrkanos  min- 
destens die  geraubten  Gebiete  zurückverlangen  werde,  Grund 


])  D.  i.  die  Nachkommen  der  von  den  Assyrem  nach  Samareia 
verpflanzten  Einwohner  Kutha*8  und  anderer  Gebiete;  die  Stadt  Sa* 
mareia  selbst  wagte  Hyrkanos  erat  später  anzugreifen. 


Zu  Jaaephos,  573 

genug  für  Hyrkanos,  die  bewährte  Gunst  Roms  Yon  Neuem 
anzurufen. 

Durch  den  Umstand,  das  Alexander  Zabina  von  Ptole- 
maios  unterstützt  wurde,  bekam  die  jüdische  Küste  für  ihn 
eine  besondere  Wichtigkeit  wegen  der  Verbindung  zu  Wasser 
und  zu  Land  mit  Aegypten:  die  Küstenstrasse  lief  durch  die 
Mark  von  Joppe  und  Gazara  (Strab.  p.  758),  südlich  von  Joppe 
waren  die  Häfen  bis  Alexandreia  wenig  brauchbar,  die  nörd- 
lichen aber:  Ptolemais,  Tyros  und  Sidon,  wie  die  Münzen 
lehren,  dem  Demetrios  treu  geblieben.  Hyrkanos  musste  also 
fürchten,  dass  g^en  diese  Orte  Alexander  sich  frühzeitig 
wenden  werde.  Daher  die  Hervorhebung  der  Häfen  im 
Senatusconsult;  im  J.  139  war  zu  dergleichen  kein  Anlass 
gewesen.  Jenes  ist,  nach  dem  von  Josephos  (s.  Abschn.  9) 
beigegebenen  Datum  zu  schliessen,  im  8.  Jahr  des  Hyrkanos 
(beginnend  mit  Nisan  128)  zu  Stande  gekommen,  also  genau 
in  dem  Jahr,  in  welchem  Hyrkanos  allen  Grund  hatte,  sich 
des  Bundes  mit  Rom  zu  erinnern. 

9.  Als  Absender  der  Botschaft  werden  in  dem  Senatus- 
consult nur  die  Juden  überhaupt  bezeichnet;  wenn  Josephos 
gleichwohl  den  Hohenpriester,  welcher  damals  an  ihrer  Spitze 
gestanden  ist,  Hyrkanos  nennt,  diesen  aber  irrthümlich  für 
Hyrkanos  II  hält,  erklärt  sich  seine  Eenntniss  des  Hohen- 
priestemamens  ebensowohl  wie  seine  Unkenntniss  der  Person 
des  Hohenpriesters  nur  durch  die  Annahme,  dass  das  von 
ihm  angegebene  Regierungsjahr  des  Hyrkanos  sammt  dem 
Monat  der  Urkunde  selbst  beigeschrieben  war.  Aus  der  Un- 
richtigkeit seiner  Angabe,  dass  das  (im  December  zu  Stande 
gekommene)  Senatusconsult  im  Panemos  (Juli,  s.  unten  S.  575) 
beschlossen  worden  sei,  folgt  weiter,  dass  xavxa  iyivexo  von 
ihm  selbst  hinzugefügt  worden  ist;  die  Urkunde  lieferte  bloss 
das  Datum  'unter  Hyrkanos  . .  .  Panemos'.  Dieses  hat  also  dem 
Senatusconsul  selbst  nicht  angehört,  ist  vielmehr  in  Jeru- 
salem hinzugesetzt  worden,  ura  die  Zeit  seiner  Ueberreichung 

1895.  BitzungBb.  d.  phil.  a.  hiat  Gl.  37 


574  G.  ünger 

durch  die  Gesandten  oder  seiner  Einyerleibaug  in  das  Tempel- 
archiy  anzugeben.  Ganz  dentlich  erkennen  wir  einen  ähn- 
lichen Vermerk  in  den  Worten,  welche  Josephos  nach  unse- 
rem Senaiusconsalt  and  der  erwähnten  Datimng  irrthümlieh 
als  Anfang  eines  zu  Ehren  des  Hyrkanos  II  abgefassten  atti- 
schen Psephisma  (ineßiynxv  tpriq)ioaa  xovxov  juqiixov  rör  rgo- 
TiQv)  roittheilt:  ^Eni  7igtrtäveo)g  xal  legißog  Atowolov  rov 
*Aoxli]mddov  firivÖQ  Jlaveixov  nifutzt]  äju&vtog  inedo&fi  roig 
atQaxrjyöig  ynj(piöua  *A^vaUov^  nach  welchen  erst  der  wahre 
Anfang  desselben  (^Enl  *Aya&oxXeovg  äQxonog  n.  s.  w.)  folgt. 
Mendelssohn  will  in  diesen  Worten^)  den  Anfang  eines  andern, 
von  einer  unbekannten  hellenistischen  Stadtgemeinde  be- 
schlossenen Psephisma  finden,  dessen  Fortsetzimg  und  Schlnss 
Terloren  gegangen  sei,  und  vermuthet,  die  Worte  xavia  iyi- 
vero  bil  xxL  seien  von  dem  jüdischen  Archivar  ursprüng- 
lich diesem  Psephisma  beigesetzt  gewesen.  Aber  —  um 
von  der  Gewaltsamkeit  dieser  Hypothesen  gar  nicht  zu 
reden  —  Aufgabe  des  Archivars  ist  es  nicht,  in  der  Weise 
eines  Historikers  die  Zeit  eines  geschichtlichen  Vorganges, 
sondern  die  der  Uebergabe  oder  Niederlegung  von  Urkunden 
anzugeben:  mit  xavxa  iyeyexo  u.  s.  w.  will  Josephos  sagen, 
dass  diese  Akte,  d.  i.  die  Gewährung  der  von  ihm  angegebenen 
Vergünstigungen  im  9.  Jahr  des  Hyrkanos,  Monat  Panemos, 
geschehen  seien. 

Die  Verkennung  der  zwei  Ärchivnotizen  äussert  sich  bei 
Josephos  in  verschiedener  Weise:  während  er  die  zweite  für 
einen  Bestandtheil,  den  Anfang  des  in  der  Urkunde  über- 
lieferten Textes  hält,  ist  er  hinsichtlich  der  ersten  nicht  in 
einen  solchen  Irrthum  verfallen,  fehlt  aber  darin,  dass  er 
das  Datum  nicht  richtig  verstanden  hat.  Die  Verschieden- 
heit erklärt  sich  daraus,  dass  die  Bemerkung  zur  zweiten  in 
ungewöhnlicher  Weise  in  griechischer  Sprache  gegeben  war. 


1)  Ueber  sie  und  das  attische  Psephisma  s.  Artikel  II. 


Zu  Jo8epho8.  575 

die  zur  ersten  aber  in  einheimischer,  wodurch  er  vor  dem  Irr- 
thnm  über  ihren  Verfasser  bewahrt  wurde.  Der  Monatsname 
ist  also  hier  Yon  ihm  aus  dem  Hebräischen  oder  vielmehr 
Aramäischen,  welches  spätestens  seit  Mitte  des  zweiten  vor- 
christlichen Jahrhunderts  (s.  Schürer  II  8)  in  Palästina 
herrschte,  in  das  Griechische  übersetzt;  woraus  sich  ergibt, 
dass  der  Panemos  hier  die  zu  seiner  Zeit  dem  Thammuz 
(Juli)  entsprechende  Bedeutung  hat  Dagegen  noch  zur 
Zeit  Caesars  trafen  die  makedonischen  Monate  in  Syrien  in 
ihre  eigentliche  Jahreszeit,  so  dass  jener  dem  Sivan  (Juni) 
entsprach,  s.  Zeitrechnung  der  Griechen  und  Römer  in  Müllers 
Handb»  d.  klass.  Alterthumsw.  l'  S.  770;  diesen  setzt  also  die 
zweite  Archivnotiz  voraus.  In  beiden  aber  ist  nicht  etwa 
der  aramäische  Monat  auf  den  makedonischen  als  genau 
gleichzeitigen  reducirt,  sondern  jener  Monatsname  durch  den 
ihm  gewöhnlich,  aber  keineswegs  immer  entsprechenden  über- 
setzt: so  schon  in  den  Daten  chaldäischer  d.  i.  babylonischer 
Stembeobachtungen  bei  Ptolemaios  (Seleukidenära  S.  243), 
auf  den  Inschriften  von  Palmyra  (Schürer  I  631)  und  in  den 
zwei  Hauptwerken  des  Josephos,  in  dem  älteren  sogar  ohne 
irgend  eine  Andeutung,  dass  er  eigentlich  die  jüdischen  Monate 
meint,  s.  Tagdata  des  Josephos,  Sitzungsb.  1893.  II,  465  ff. 
Das  Senatusconsiilt  wurde  am  13.  Dec.  626  =5.  Dez.  128 
beschlossen  und  nach  Abgabe  der  Schutzbriefe  an  die  Regie- 
rungen im  9.  Jahr  des  Hyrkanos  1,  Monat  Thammuz,  also 
am  6.  Juli/ 3.  August  127  in  Jerusalem  sei  es  überbracht 
oder  in  Verwahrung  genommen. 

B:  ant.  13,  9,  2.     Jahr  122  (10.  Febr.),  nicht  133. 

Zwischen  dem  Bericht  über  die  Eroberungen  des  Hyr- 
kanos in  den  Jahren  129—128  und  der  Erklärung  ihrer  Zu- 
lassung von  Seiten  Demetrios'  (s.  zu  A  Abschn.  8),  also  gerade 
bei  dem  Jahr,  in  welches  das  Consult  A  fällt,  legt  Josephos 
ant.  13,  9,  2  ein  anderes  ein.    Laut  diesem  beräth  der  Senat 

37* 


576  O,  Ungar 

am  6.  Februarius  unter  dem  Vorsitz  des  Prätors  (?)  Fannios 
über  die  Gesuche  der  jüdischen  Gesandten  um  Erneuerung 
des  Bundes,  Beihülfe  zum  Wiedergewinn  der  von  Antiochos 
trotz  des  Senatsbeschlusses  im  Krieg  weggenommenen  Plätze 
Joppe,  Gazara  u.  a.,  Verbot  des  Durchmarsches  seiner  Truppen, 
Aufhebung  seiner  Anordnungen  in  jenen  Plätzen,  Sendung 
römischer  Botschafter  behufs  Auslieferung  der  Platze  und 
Abschätzung  des  angerichteten  Schadens  und  um  ein  Geleite- 
rundschreiben  für  die  Gesandten;  er  beschliesst,  den  Bund 
zu  erneuern,  die  (anderen  Punkte?)  aber  wegen  dringender 
eigener  Angelegenheiten  später  in  Erwägung  zu  ziehen  und 
(dabei)  für  die  Verhütung  neuer  Unbilden  zu  sorgen;  den 
Gesandten  solle  Fannius  Gelder  für  die  Heimreise  anweisen. 
Dieser,  setzt  Josephos  hinzu,  entliess  sie  mit  Reisegeld  und 
dem  verlangten  Rundschreiben. 

Der  Text  des  Consults  lautet  bei  Niese  folgendermassen : 
^dwiog  Mdgxov  vlög  otQaTrjydg^)  ßovXijv  ijyayev  tiqo 
öhtü)  eldcüv  ^eßgovaglcov  iv  KofxixUo  Tiagönog  Aovxiov 
Mawiov  Aovxlov  vlov  Mevxlva^)  xal  Fätov  ^efuigcortov 
nevvaiov^)  vlov  ^aXiqva  neQl  &v  hcqioßevoev  Hifxoyv  Aoai- 
•&iov  xal  'AjiolXcoviog  ^AXe^dvÖQOv  xal  AiödcjQog  ^Idoovog 
ävdqeg  xaXol  xal  dya'&ol  Ttejutp&evreg  vno  drifxov  tov  *Iovdakov, 
[o?]  xal  dieXi^'^rjoav  Ttegl  q)iXiag  tfjg  'b7iaQxovat]g  rovroig 
xal  ovfxfxaxiag  ngog  '^Pcojualovg  xal  x(bv  drjfjLoolcov  jzgay/idxoyy, 
ÖTKog  T€  'lojtnrj  xal  kijuiiveg  xal  FdCcoga  xal  nrjyal^)  xal  ooag 
TtdXeig  avTcbv  Sllag  xal  ;fft>ßca  nokeficbv  iXaßev  ^Ävxloxog  naga 
t6  Tfjg  avyxkijrov  ddy/ua  ravra  dnoxaraara^fj,  tva  xe  xoTg 
oxgaxiwxaig  xoTg  ßaoihxöig  ui]  i^fj  diä  xrjg  x^Q^^  '^V^  avxibv 

1)  Zn  schreiben  axQarijyog  vjtazog,  s.  Abscbn.  7. 

2)  Mevrjvia  Manntius,   Tgofievriva  Ritscfal. 

3)  Fvaiov  Niese. 

4)  IlijY^'^  Holwerda;  vielleicht  Peqiin,  Beqiin,  Wohnsitz  des  Rabbi 
Josua  ben  Chaoanja,  Mitglieds  der  Schale  von  Jamnia  um  90—110, 
8.  Schürer  II  307. 


Zu  Josephos.  577 

xal  rwv  vntjxöcov  avrcöv  dieQxead'ai,  xal  Sncog  rd  xaxd  zbv 
jioXeßov  ixeivov  tpi]<pta'&SvTa  inö  'Avxiöxov  nagä  ro  t^c  ovy- 
xXiflxov  ddyfxa  äxvga  ySyrjTai,  iva  re  Ttgioßeig  nijutpavxeg  äno- 
do&ijvai  le  avrolg  novfjoiootv  rd  vti*  *Avzi6xov  ä(patQe&ivta 
xal  rffv  x^Q^'^  dtaxifiriocovxai  jr^v  iv  tö>  nokifxcp  dieq^&aQjLiivfjv, 
Sncug  TS  avröig  ngög  xe  ßaoikelg  xal  ö^fjLOvg  iketr&igovg 
yQdjUjuaxa  d(batv  elg  &o(pdXeiav  xfjg  slg  olxov  inavödov.  Ido^ev 
ovv  Tiegl  xovxiov  xavxa'  ävav€d>aaa'9at  q)iXtav  xal  ov/jLjLiaxlav 
TtQog  ävögag  äya^ovg  xal  vn6  drjfxov  nefjjqy&svxag  äya^ov 
xal  (piXov,  Die  Fortsetzung  gibt  Josephos  in  indirecter  Rede: 
jzegl  fiiyxoi  ygafifJLdxcov  ^)  äjiexglvavto  ßovXevoeo'&ai,  8xav  änö 
xibv  idkov  ^  ovyxli]xog  evoxoktjO]],  onovödaeiv  xe  xov  koutov 
fxridhv  elg  avxovg  ädlxtj/jia  xoiovxo  yeria^^ai  dovval  xe  avxoTg 
xov  axgaxfjyöv^)  ^dwiov  xQVf^^^^  ^  ^^^  drifiootov,  Sncog  äv 
elg  XTjv  olxeiav  inaviX'&oiev.  Den  eigenen  Zusatz  des  Josephos 
s.  in  Abschn.  8. 

1.  So  auffallend  wie  das  erste  steht  dieses  Senatusconsult 
nicht  mit  der  geschichtlichen  Umgebung,  in  welche  es  Jose- 
phos gebracht  hat,  in  Widerspruch:  wenn  Hyrkanos  die  er- 
wähnten ostjordanischen,  samaritischen  und  idumäischen  Plätze 
an  sich  bringen  konnte,  so  hätte  er,  falls  damals  die  Erobe- 
rungen im  Westen  verloren  waren,  zwar  wohl  auch  noch 
diese  wiedergewinnen  können,  infolge  dessen  aber  längere 
Zeit  gebraucht,  als  es  angesichts  des  ümstandes,  dass  er  das 
Eingreifen  des  Demetrios  jederzeit  befürchten  musste,  räthlich 
war;  hier,  wo  es  sich  nicht  um  widerrechtlichen  Neuerwerb, 
sondern  um  Rückgewinn  früheren  Besitzes  handelte,  konnte 
er,  wenn  der  Senat  auf  sein  Gesuch  einging,  viel  leichter  und 
ohne  Blutvergiessen   zum  Ziel   gelangen.     Allerdings   ist  es, 


1)  Vorzuziehen  ist  die  gut  beglaubigte  Lesart  t&v  jigayfidTcov^ 
8.  Abschn.  8  S.  588. 

2)  Gonsul  bedeutet  oTQajijyög  in  römischen  Urkunden  nur,  wenn 
die  volle  Bezeichnung  yorausgegangen  ist,  s.  Mommsen  Staatsr.  11,  1 
S.  194. 


578  G.  Unger 

da  Josephos  von  einer  Eroberang  jener  Köstenplätze  durch 
Änfciocbos  Sidetes  nichts  meldet  und  seine  Erzählung  nur  im 
letzten  Jahr  desselben  (130  y.  Chr.)  insofern  ffir  sie  Raani 
lässt,  als  sie  aus  diesem  bloss  den  Tod  des  Königs  meldet, 
sehr  fraglich,  ob  er  das  Gonsult  am  rechten  Platz  eingestellt 
hat,  und  seine  Angabe  (ant.  13,  10,  1),  Hyrkanos  sei  nach 
dessen  Tod  abgefallen,  setzt  voraus,  dass  sie  in  jenem  Jahr 
nicht  stattgefunden  hat,  sonst  würde  er  das  feindselige  Auf- 
treten des  Hyrkanos  nicht  als  Abfall  bezeichnet  haben ;  auch 
ist  es  zumal  bei  der  Hochherzigkeit  des  Königs  nicht  wahr- 
scheinlich, dass  er  die  im  J.  131  durch  Theilnahme  am  Feld- 
zug gegen  die  Parther  bewiesene  Yasallentreue  so  schlecht 
belohnt  hätte,  und  er  hat  dazu  auch  weder  Zeit  noch  die 
nöthige  Macht  gehabt,  da  er  mit  den  gesammten  Streit- 
kräften seines  Reichs  vom  Sommer  131  bis  zu  seinem  Unter- 
gang um  Ende  November  130  in  Hochasien  mit  den  Parthern 
Krieg  führte. 

Bitschl  und  Mendelssohn  erklären  gleichwohl  den  Antio- 
chos  der  Urkunde  für  Ant.  Sidetes  (an  den  offenbar  auch 
Josephos  gedacht  hat),  weil  unter  einem  früheren  Antiochos 
jene  Küstenplätze  noch  nicht  jüdisch  waren  und  von  den 
späteren  Königen  dieses  Namens  keiner  die  Macht  besessen 
habe,  sie  den  Juden  zu  entreissen,  und  letzteres  mfisste  zu- 
gegeben werden,  wenn  der  Titel  des  Fannius  im  Text  richtig 
angegeben  wäre.  Dieser  ist  ohne  Zweifel,  da  ein  anderer 
Fannius  aus  jener  Zeit  nicht  genannt  wird,  G.  Fannius  M.  f. 
Strabo,  der  bekannte  spätere  Geschichtschreiber,  Liebling  des 
Scipio  Aemilianus,  Schwiegersohn  des  G.  Laelius  und  Freund 
des  G.  Gracchus,  Gonsul  122  und  demnach  spätestens  125 
Prätor;  nach  Antiochos  Sidetes  regierte  Demetrios  wieder, 
bis  er  Sei.  187  (Okt.  126-125)  von  Alexander  Zabina  ge- 
stürzt wurde;  seinem  ältesten  Sohn  Seleukos  folgte  einige 
Monate  später  der  zweite  Sohn  Antiochos  Grypos;  von  diesem 
sind  zwar  Münzen  aus  demselben  Jahr  vorhanden,  aber  seine 


Zu  Josephos.  579 

Maebt  war  damals  noch  so  gering,  dass  ihm  die  Eroberung 
jener  Plätze  nicht  zugeschrieben  werden  kann:  der  grösste 
Theil  des  Reichs  gehörte  dem  Gegenkönig,  was  daraus  her- 
vorgeht, dass  Porphyrios  zwischen  üemetrios  und  seiner  Re- 
gierung die  Lücke  eines  ganzen  Jahres^)  lässt.  Es  ist  jedoch 
fraglich,  ob  in  unserer  Urkunde  Fannius  ursprünglich  bloss 
als  argatf^yög  (Prätor)  bezeichnet  war:  das  Tom  Senat  be- 
schlossene und,  wie  Mendelssohn  nachgewiesen  hat,  noch  Yor- 
handene  Geleiteschreiben  für  die  Gesandten  (S.586),  nennt 
ihn  Consul  (oTQartiydg  vjtaTog)^  was  wenigstens  aus  äusseren 
Gründen  vorzuziehen  ist:  nach  oTQaxriydg  konnte  vTtarog 
leicht  ausfallen  (auch  der  Vorname  des  Fannius  ist  durch  ein  Ver- 
sehen verloren  gegangen),  während  andrerseits  es  nicht  wahr- 
scheinlich ist,  dass  ein  Abschreiber  dem  Titel  argcnr^yög  eigen- 
mächtig ifjiaTog  hinzugefügt  haben  würde.  Dieser  Erwägung 
kommen  aber  die  geschichtlichen  Verhältnisse  zu  Hülfe. 

2.  Da  in  die  letzten  Jahre  des  Antiochos  Sidetes,  wie 
oben  bemerkt  worden  ist,  ein  Krieg  desselben  mit  Hyrkanos 
nicht  gesetzt  werden  kann,  so  verlegen  Ritschi  und  Mendels- 
sohn die  (vermeintliche)  Rückerwerbung  der  früher  syrischen 
Küstenplätze  durch  ihn  in  die  der  Belagerung  Jerusalems 
(Sommer  oder  Fröhherbst  134  bis  um  Ende  Oktober  133) 
voraufgegangene  Zeit  gleich  nach  seinem  feindlichen  Einzug 
ins  Land:  nur  aus  römischer  Intervention  erkläre  es  sich, 
dass  der  König,  dessen  Reich  ohne  jene  Städte  gar  nicht 
recht  habe  bestehen  können,  sie  unter  so  unbegreiflich  milden 
Bedingungen,  gegen  jährliche  Zahlung  des  Tributs,  welchen 
sie  seinen  Vorgängern  entrichtet  hatten,  den  Juden  gelassen 
habe.  Die  Herrschaft  der  Juden  über  Joppe  und  Gazara, 
durch  welche  das  unmittelbar  königliche  Gebiet  in  zwei 
nirgends   mit   einander   zusammenhängende  Stücke    zerrissen 


1)  Er  rechnet  es  offenbar  dem  Alexander  zu^  dessen  Regierangs- 
jahre er  nicht  angibt. 


580  G.  Unger 

wurde,  konnte  indesä  nur  dann  empfindliche  Störungen  ver- 
ursachen, wenn  die  Juden  unabhängig  und  zugleich  feindlich 
gesinnt  waren ;  aber  Hyrkanos  schwor  Treue  und  hielt  seinen 
Schwur  bis  zum  Tod  seines  Lehensherrn.  Früher  hatte  Antio- 
chos,  ein  für  allemal  wie  es  scheint  (Schürer  I  201),  1000 
Talente  für  die  Belassung  jener  Plätze  von  Simon  verlangt, 
dieser  aber  bloss  100  geben  wollen;  er  trug  nun,  weil  er 
selbst  noch  mit  Diodotos  Tryphon  zu  thun  hatte,  dem  Kende- 
baios  die  Kriegführung  auf;  als  dieser  besiegt  wurde,  wartete 
er  so  lange,  bis  Tryphon  und  dessen  Anhang  überwältigt 
war;  dann  im  Sommer  oder  Herbst  134  erschien  er.  Wenn 
er  nun  beim  Friedensschluss  zu  der  Schleifung  der  Mauern 
Jerusalems  noch  die  Uebernahme  der  von  den  strittigen  Orten 
gezahlten  Jahressteuer,  Entrichtung  von  500  Talenten,  Heeres- 
folge und  Geiselnstellung  forderte,  so  sind  diese  Bedingungen 
gerecht  und  verhältnissmässig  mild  zu  nennen;  zur  Erklärung 
ihrer  Milde  reicht  es  aber  hin,  dass  Antiochos  jetzt  den 
sicher  nie  ausser  Augen  gelassenen  Plan,  die  Gefangenschaft 
seines  Bruders  Demetrios  zu  endigen  und  die  an  die  Parther 
verlorenen  Provinzen  wiederzugewinnen,  in  Angriff  nehmen 
konnte;  für  diesen  war  ihm  die  willige  Ergebung  und  die 
Heeresfolge  der  tapfersten  Nation  des  Reichs  von  grossem 
Werth  und  desswegen  hatte  er,  was  er  auch  nach  römischer 
Intervention  nicht  zu  thun  gebraucht  hätte,  die  bereits 
H.unger  leidenden  Juden  durch  Bewilligung  der  Waffenruhe 
während  des  Laubhüttenfestes  und  Sendung  werthvoUer  Opfer- 
gaben zum  Augebot  der  Gapitulation  ermuntert. 

3.  Mit  der  Erzählung  des  Josephos  ist  die  Annahme 
einer  der  Belagerung  Jerusalems  vorausgehenden  Eroberung 
von  Joppe  und  Gazara  durch  Antiochos  nicht  vereinbar, 
ant.  13,  8,  2  elg  rr^v  'lovdalav  ivißaXev . . .,  dfjc&aag  dh  ri^v 
X(OQav  TÖv  'Ygxavdv  elg  avrijv  hixXeioe  rijv  tiöXiv;  er  weiss 
auch  nichts  davon,  dass  sie  etwa  während  der  Belagerung 
stattgefunden  habe.     Dass  er  den  Vorgang  übersehen  hätte, 


Zu  Jasephos,  581 

ist  desswegen  unwahrscheinlich,  weil  eben  der  Streit  um  jene 
Plätze  die  Ursache  des  Krieges  gewesen  ist,  und  aus  einem 
andern  Umstand  ist  zu  schliessen,  dass  er  in  seinen  Quellen 
nichts  davon  gefunden  hat.  Er  setzt  die  Gesandtschaft  des 
Hyrkanos  nach  Rom  in  die  Zeit  des  Demetrios  bald  nach 
dem  Tod  des  Antiochos  Sidetes.  Wie  kommt  er  dazu,  da 
doch  in  dem  Senatusconsulfr  nichts  davon  steht?  Offenbar 
durch  Yermuthung  und  zu  dieser  hat  er  gegriffen  nach  ver- 
geblichem Forschen  in  seinen  Quellen;  hätte  er  in  der  sieber 
eingebend  erzählten  Gescbichte  jenes  Krieges  etwas  davon 
gefunden,  so  würde  er  die  Gesandtschaft  nicht  5 — 6  Jahre 
später  in  das  J.  128  gesetzt  haben.  Da  der  Vorgang,  welcher 
sie  herbeiführte,  aucb  nicht  vor  dem  ersten  Jahre  des  Parther- 
kriegs geschehen  sein  kann,  denn  in  diesem  begleitete  Hyr- 
kanos das  Heer  und  Antiochos  war  so  rücksichtsvoll,  nach 
der  Schlacht  am  Lykos  2  Tage  lang  wegen  des  Sabbats 
und  eines  darauf  folgenden  jüdischen,  wahrscheinlich  des 
Pfingstfestes  zu  rasten,  so  blieb  bloss  das  Jahr  des  zweiten 
Partherfeldzugs  übrig,  welchen  Hyrkanos  gar  nicht  oder 
nicht  bis  zum  Ende  mitgemacht  hat  (ant.  13,  9,  1  äxovoag 
T&v  'AvTiöxov  '^dvatov  inl  rag  h  Zvqlq.  ndkeig  i^eargdcsvoev), 
und  da  Antiochos  um  Ende  November  gestorben,  das  Senatus- 
consult  aber  am  6.  Februarins  abgefasst  war,  so  musste  ihm 
die  Gesandtschaft  in  die  Zeit  des  Demetrios  fallen.  Der  Ab- 
fall des  Hvrkanos  aber  und  seine  widerrechtlichen  Erwerbun- 
gen  in  Syrien  gewannen  dabei  eine  Rechtfertigung:  sie  wurden 
durch  die  von  Antiochos  zugefügte  Unbill  entschuldigt.  Dass 
er  in  ihm  den  Antiochos  des  Senatusconsults  findet,  ist  da- 
durch noch  nicht  erklärt:  Josephos  kann  auf  ihn  bloss  ge- 
rathen  haben;  es  ist  aber  auch  denkbar,  dass  er  von  einer 
damals  nach  Rom  gegangenen  Gesandtschaft  des  Hyrkanos 
gelesen  habe:  dies  war  die  Botschaft,  welche  das  Senats- 
oonsult  A  herbeigeführt  hat. 

4.  Ritschi  und  Mendelssohn  beziehen  auch  den  Senats- 


582  G.  Unger 

beschluss  C  auf  jene  Belagerung,  können  sich  aber  über  das 
Zeifcverhältniss  beider  Urkunden  zu  einander  nicht  einigen. 
Ritschi  hält  G  für  die  ältere;  diese  gebe  den  Senatsbeschluss, 
gegen  welchen  Antiochos,  wie  es  in  B  heisst,  sich  vergangen 
hatte;  erst  nach  dem  Einlauf  von  B  habe  er  sich  gefügt. 
Mendelssohn  bezieht  die  Worte  nagä  x6  r^g  avyxXi^rov  ddyfia 
(mit  Recht)  auf  das  Senatusconsult  A,  lässt  zuerst  den  am 
6.  Februarius  gefassten  Beschluss  B,  welcher  bloss  die  Bundes* 
erneuerung  genehmigte,  dann  (etwa  im  August)  auf  Andringen 
einer  neuen  Gesandtschaft  die  in  diesem  auf  später  Ter- 
schobene  Berathung  zu  Stande  kommen,  deren  Ergebniss  er 
in  G  erkennt.  Gegen  Ritschi  spricht  die  Unwahrscheinlich- 
keit  der  Annahme,  bei  dem  damaligen  Verhältniss  Roms  zu 
den  Mittelmeerländern  habe  ein  König  die  Kühnheit  gehabt, 
einer  an  ihn  ergangenen  Aufforderung  des  Senats  zu  trotzen; 
gegen  Mendelssohn  der  Umstand,  dass  nach  dem  Geleite- 
rundschreiben zu  seh  Hessen  die  aufgeschobene  Berathung  in 
der  nächsten  Senatsyersammlung  stattgefunden  hat;  gegen 
beide  die  bestimmte  Angabe  in  G,  welche  dieses  Consult  in 
die  Zeit  des  Antiochos  Kyzikenos,  also  frühestens  in  das 
J.  113  bringt. 

5.  Der  Gedanke,  das  Eingreifen  Roms  habe  einem  be- 
lagerten römischen  Bundesgenossen  weiter  nichts  als  die  Mil- 
derung der  Gapitulationsbedingungen  verschafft,  yerkennt  die 
einfachsten  Voraussetzungen  eines  Bundes  mit  einem  mächti- 
gen Staat,  insonderheit  eines  solchen  mit  der  Weltgrossmacht. 
Der  von  Judas  abgeschlossene,  von  Jonathan,  Simon  und 
Hyrkanos  erneuerte  Vertrag  verpflichtete  beide  Theile  zur 
Bundeshfilfe  im  Krieg  {avjui/Jiaxla)  in  jedem  Falle,  in  welchem 
der  angerufene  Theil  die  Nothwendigkeit  derselben  durch 
Erneuerung  des  Bundes  für  geboten  erachtete.  Selbstver- 
ständlich sollte  seine  Hülfe  so  ausgiebig  sein,  als  er  sie  ohne 
wesentlichen  eigenen  Schaden  leisten  konnte.  Wenn  nun 
Hyrkanos   belagert  oder   mit  Belagerung   bedroht   war,   so 


Zu  Josephos,  583 

würde  er  doch  sicher  nicht  bloss  um  Herbeiführung  milder 
Capitulaiionsbedingungen,  sondern  einfach  um  Abwendung 
oder  Endigung  der  Belagerung  und  um  Befreiung  von  der 
feindlichen  Invasion  gebeten  und  ebenso  gewiss  der  Senat 
ein  solches  Gesuch  genehmigt  haben,  weil  dieser  in  der  Wir- 
kung grosse  Dienst  in  der  Ausführung  so  leicht  war,  wie  es 
nur  ii^end  eine  Hülfeleistung  sein  konnte:  die  Bundeshülfe 
hätte  weiter  nichts  gekostet  als  die  Ausfertigung  eines 
Schreibens  an  den  König,  und  sie  würde  um  so  sicherer  ge- 
währt worden  sein,  als  ja  die  Absicht  des  Senats  beim  Ab- 
schluss  des  Bundes  darauf  ausging,  die  Unabhängigkeit  der 
Juden  zu  erhalten  und  dadurch  das  Seleukidenreich  zu 
schwächen.  Hatte  im  J.  168  der  Stab  eines  römischen  Ge- 
sandten genügt,  den  Herrscher  dieses  damals  weit  mächtigeren 
Reiches  mit  seinem  Heere  unverweilt  aus  dem  schon  halb 
eroberten  Aegypten  hinauszuweisen,  so  hätte  es  jetzt  nach 
dem  Fall  der  Grossmächte  Makedonien  und  Garthago  zu 
diesem  Behuf  nicht  einmal  der  Sendung  eines  besonderen 
Botschafters  bedurft:  ein  Blatt  Papier,  überreicht  Ton  dem 
aus  Rom  gekommenen  Gesandten  des  bedrohten  Fürsten  hätte 
dieselben  Dienste  geleistet.  In  Wirklichkeit  bitten  aber  die 
Juden,  in  deren  Land  Antiochos  nach  Ritschi  und  Mendels- 
sohn zur  Zeit  schon  eingebrochen  ist,  nicht  um  Bewirkung  seines 
Abzugs,  sondern  der  Herausgabe  der  von  Rechtswegen  ihm  ge- 
hörenden und  jetzt  ihnen  wieder  abgenommenen  Küstenplätze, 
während  es  ihnen  doch  im  andern  Falle  am  nächsten  gelegen 
hätte,  auf  die  Rettung  ihres  ganzen  Landes  hinzuwirken. 

6.  Der  Inhalt  des  Senatusconsults  weist  auf  ganz  andere 
als  auf  die  durch  den  Einfall  des  Antiochos  Sidetes  im 
J.  134  geschaffenen  Verhältnisse  hin.  Die  Bitte,  zur  Rück- 
gabe der  weggenommenen  Küstenplätze  zu  helfen,  setzt  vor- 
aus, dass  die  Juden  im  Besitze  ihres  Heimathlandes  zur  Zeit 
nicht  gestört  oder  bedroht  sind;  ganz  unverständlich,  ja 
lächerlich   thöricht  wäre,   wenn   der  Feind   noch  im  Lande 


584  G.  Unger 

weilt,  sich  hier  immer  weiter  und  so  drohend  ausbreitet,  dass 
die  Belagerung  und  schliessliche  Einnahme  Jerusalems  be- 
vorsteht, das  Änsinuen  an  den  Senat,  königlichen  Truppen 
den  Durchmarsch  zu  verbieten,  Aufhebung  der  in  jenen 
Plätzen  eingeführten  Neuerungen  zu  befehlen  und  Botschafter 
zur  Abschätzung  des  angerichteten  Schadens  zu  schicken. 

Der  einzige  Orund,  welcher  zur  Verlegung  dieses  und 
des  dritten  Consults  in  die  Zeit  des  Antiochos  Sidetes  geführt 
hat,  ist  die  Voraussetzung,  dass  nach  ihm  kein  Seleukide 
mehr  die  Macht  besessen  habe,  welche  der  in  beiden  genannte 
Antiochos  gehabt  haben  muss.  Was  es  mit  dieser  Ansicht 
auf  sich  hat,  soll  zur  Urkunde  G  gezeigt  werden;  für  B  dürfte 
schon  das  bisher  Beigebrachte  vollauf  zum  Erweis  genügen, 
dass  hier  von  einem  späteren  Antiochos  die  Rede  ist.  Dies 
geht,  wenn  die  zu  A  gegebene  Darlegung  das  Richtige  ge- 
troffen hat,  schon  aus  der  Erwähnung  eines  älteren,  von 
Antiochos  durch  Besetzung  Joppes  und  der  andern  früher 
syrisch  gewesenen  Orte  und  durch  dort  getroffene  Aende- 
rungen  (Uebertragung  der  Aemter  an  königlich  Gesinnte, 
Vertreibung  der  Gegner  Syriens  u.  dgl.)  verletzten  Senats- 
beschlusses hervor:  dies  ist  offenbar  nicht  der  von  139,  in 
welchem  bloss  Schutz  für  die  Städte  und  das  Land  der  Juden 
ausgesprochen  wird,  sondern  das  Gonsnlt  A:  denn  dieses  setzt 
ausdrücklich  den  Schutz  der  Häfen  hinzu.  Daraus  folgt, 
dass  unser  Consult  erst  nach  dem  Jahr  128,  also  frühestens 
unter  Antiochos  Grypos  ausgefertigt  ist. 

In  dieselbe  Zeit  führt  auch  die  Erwähnung  von  ünter- 
thanen  der  Juden:  den  königlichen  Truppen  solle  es  nicht 
erlaubt  sein  diä  rrjg  x^Q^^  '^V^  avxwv  xal  xwv  i7ti]x6(ov 
avtanf  diiQxec&ai.  Ein  von  den  Juden  abhängiges  Land  gab 
es  unter  Antiochos  Sidetes  noch  nicht:  die  dem  Königreich 
entrissene  Eüstengegend  war  von  Heiden  geräumt  und  mit 
Juden  bevölkert  worden;  von  Joppe  und  Gazara  wird  dies 
ausdrücklich  bezeugt  (1  Makk.  13)  und  der  früher  zu  Jamnia 


Zu  Joaephos.  585 

gehörige  Hafen  war  selbstverständlich  von  Juden  besetzt 
worden.  Mendelssohn  benützt  daher  die  gut  beglaubigte 
Variante  xfjg  avxmv  vtitjxocov  ovxoiv  diig^so^ai^)  zu  der  Con- 
jectur  did  r^g  x^Q^^  '^V^  avr&y  {(bg)  v7tr)x6cov  öncov  dieQ- 
Xso&ai,  in  welcher  d>g  vTtfjxöcov  Svx(üv  einen  unnützen  Zusatz 
bildet  und  zugleich  einen  unvollständigen  Gedanken  enthält: 
es  müsste  noch  ^  Idlag  oijorjg  dabei  stehen.  Unterthauen- 
land,  dessen  alte  Einwohner  nicht  vertrieben  wurden,  kam 
erst  unter  Hyrkanos  in  jüdischen  Besitz  und  zwar  zuerst  in 
den  Jahren  129  und  128,  gleich  nach  dem  Tod  des  Antiochos 
Sidetes,  s.  zu  A  Abschn.  8. 

7.  So  mächtig,  dass  er  es  unternehmen  konnte,  das  ge- 
raubte Küstenland  den  Juden  wieder  zu  entreissen,  war  Antio- 
chos Grypos  erst  um  die  Zeit,  da  Fannius  das  Consulat  antrat, 
oder  kurz  vorher  geworden.  Er  besass  im  J.  125  nach  dem 
Sturz  seines  Vaters  Demetrios  II  und  dem  Tod  seines  Bruders 
nur  wenige  Plätze  (vgl.  Abschn.  1);  die  letzten  Münzen  des 
Demetrios  und  seine  ersten  datiren  aus  Sei.  187  (Okt.  126  bis 
125),  aber  Porphyrios  zählt  ihm  erst  die  Zeit  von  Ol.  164,  2 
=  Sel.  189;*)  in  diesem  Jahr  scheint  er  demnach  eine  nen- 
nenswerthe  Macht  erworben  zu  haben.  In  das  nächste 
(Okt.  123  —  122)  setzt  Porphyrios  die  Niederlage  und  den  Tod 
seines  Nebenbuhlers;  dazu  stimmen  die  Münzen,  da  die  letzten 
Alexanders  aus  Sei.  190  stammen.  Jetzt  beherrschte  also 
Orypos  das  ganze  Reich  und  war  dem  Hyrkanos  an  Streit- 
kräften weit  überlegen.  Wir  müssten  also  auch  ohne  Anhalt 
in  der  Textüberlieferung  im  Anfang  des  Senatsconsults  orga- 
TYiyog  {vnaxog)  schreiben;   glücklicher  Weise   steht  der  ver- 

1)  Nach  avxcbv  war  xai  x&v  ansgefallen  und  vjirjxöcov  avxwv 
dadurch  unverständlich  geworden  ;  in  Folge  davon  wurde  avx&v  in 
ovTCDv  verwandelt. 

2)  Porphyrios  legt  den  Olympiadenjahren  den  makedonischen 
Kalender  zu  Grund  (Ol.  1,1  =  Okt.  777-776),  s.  Seleukidenära  S.  300 
bis  809. 


586  G,  Ungtr 

langte  Titel  schon  in  dem  Randschreiben,  Jos.  ant.  jud.  14, 
10,  15: 

FAiog  ^Awiog  Fatov^)  vlög  axQaTrjydg  tmarog  Kc6ü)v 
ägxovoi  ;|fa/^€iv.  ßoiko/nat  vfiäg  eldirai,  Sri  nQeoßeig  *Iovdaio>v 
fxoi  7tQogrjk'9ov  ä^iovvrsg  kaßeTv  xd  avyxlrjtav  döy/iara  td 
negl  avx&v  ytyovdxa.  inoxhaxxai  dh  xä  ÖEdoyfiha.  vfxäg  o^^v 
^iXo)  (pQovxtoai  xal  TtQOvotjaai  xwv  dv&QtonoDV  xaxd  xd  xfjg 
avyxlijxav  ddyjbia,  Sncog  dtd  x'qg  vfxetiqag  x^Q^^  ^^^  '^V^ 
olxetav  'äa<paX<bg  ävaxofuo&cboiv, 

Josephos  ftthrt  dieses  Schreiben  anter  den  Urkanden  auf, 
welche  von  den  im  J.  49  den  Juden  gewährten  Vergünsti- 
gungen zeugen  (ant.  14,  10,  13 — 19);  seine  Zugehörigkeit 
zu  unserem  Senatusconsult  hat  Mendelssohn  erkannt  und  be- 
wiesen. Den  Statthalter  von  Asia  in  Ephesos,  was  im  Jahr  49 
C.  Fannius  war,  konnten  die  jüdischen  Gesandten  nicht  an- 
gehen, um  die  Urkunden  über  Beschlüsse  des  Senats  in  Em- 
pfang zu  nehmen,  diese  erhielten  sie  in  Rom,  und  jene  Ver- 
günstigungen bestanden  nur  in  Befreiung  vom  Kriegsdienst 
und  Schutz  ihrer  Gultusausübung;  hier  dagegen  haben  wir 
das  an  die  Koer  gerichtete  Exemplar  des  Qeleiterundschreibens, 
welches  im  Consult  B  den  Gesandten  mitzugeben  der  Consul 
C.  Fannius  beauftragt  wird.  Die  Adresse  Fdiog  . . .  ;|ra<io«r 
will  Mendelssohn  von  dem  Brief  abtrennen  und  auf  den 
Statthalter  yon  49  beziehen,  wodurch  es  möglich  würde,  den 
überlieferten  Vatersvornamen  beizubehalten;  aber  seine  Be- 
hauptung, der  Prätor  (oder  Consul)  in  Rom  habe  keinen 
Grund  gehabt,  ein  Empfehlungsschreiben  für  die  Juden  nach 
Kos  zu  richten,  ist  ebenso  unrichtig  wie  seine  Erktimng  der 
in  Wirklichkeit  nur  dem  Consul  zukommenden  Bezeichnung 
axQaxYiybg  vnaxog  als  Titel  jenes  C.  Fannius,  der  im  Jahr  49 
nicht  einmal  Prätor,  sondern  Proprätor  gewesen  ist,  s.  Wehr- 


1)  Im  Hinblick  auf  das  vorausgehende  F&iOi  aus  Moqxov  ver- 
schrieben. 


Zu  Josephos,  587 

mann,  fasti  praetorii  p.  72,  wesswegen  auch  bei  JosephoB 
ant.  10,  14,  13  mit  Rechfc  Ernesti's  Conjectar  0awlov  tov 
ävTiüXQaTTjyov  (st.  äQxioxQaxrjyov)  in  den  Text  gesetzt  worden 
ist:  aus  dieser  Stelle,  in  welcher  der  Proprätor  T.  Ampius 
erklärt,  dass  auf  seine  Veranlassung  der  Consul  (des  J.  49) 
Lentnius  die  Juden  in  Äsia  vom  Kriegsdienst  befreit  und 
sowohl  der  Proprätor  Fannius  als  der  Proquästor  L.  Antonius 
die  Juden  vor  Belästigungen  zu  schützen  zugesagt  hätte, 
folgerte  Josephos,  der  14,  10,  16  ein  hierauf  bezügliches 
Schreiben  des  Lentulus  und  c.  10,  17  das  des  Antonius  mit- 
theilt, in  obiger  Urkunde  sei  das  entsprechende  Schreiben 
des  andern  Proprätors  zu  erkennen. 

8.  Der  Geleitebrief  und  das  Consult  dienen  einander 
wechselseitig  zur  Erläuterung.  Der  Senat  hat,  wie  dieses 
angibt,  am  6.  Februarius  Ton  den  Anliegen  der  Gesandten 
nur  das  die  kürzeste  Zeit  in  Anspruch  nehmende,  die  Er- 
neuerung des  Bündnisses  erledigt  und  damit  die  Anweisung 
des  Reisegeldes  verbunden,  die  Berathung  der  Einzelheiten 
aber  wegen  vordringender  eigener  d.  i.  städtischer  Angelegen- 
heiten auf  später  verschoben;  im  J.  122,  zur  Zeit  der  Thätig- 
keit  des  C.  Gracchus  hat  es  offenbar  an  solchen  nicht  gefehlt. 
Dass  jene  erheblich  später  und  erst  nach  dem  Erscheinen 
einer  neuen  jüdischen  Gesandtschaft  in  Berathung  genommen 
worden  seien,  konnte  man  mit  einem  Schein  des  Rechts  aus 
dem  Zusatz  des  Josephos  zu  der  Mittheilung  des  Raths- 
beschlusses  schliessen:  ^Awiog  fikv  oiv  ovrwg  djionijbuzei 
Tovg  Tcov  Uovdalcov  Jigloßeig  xQrjfxaxd  re  dovg  avroTg  ix  tov 
drifxooiov  xai  doyfxa  ovyxXi^TOv  ngög  rovg  diajiejuipovrag  xal 
äoq)aXfj  jzaQs^o/ievovg  rijv  ol'xaÖe  nagovoiav;  aber  woher 
konnte  er  von  diesen  Vorgängen  Kenntniss  haben,  wenn  er, 
wie  ans  der  falschen  Stelle,  die  er  dem  Consult  anweist,  her- 
vorgeht, keine  andere  Quelle  benützt  hat  als  dieses?  Aus  ihm 
also  hat  er  den  Inhalt  seiner  Meldung  gefolgert:  die  Reise- 
geldanweisung ist  darin  ausdrücklich  angeordnet;   ans  dieser 


588  G,  ünger 

lind  dem  anscheinenden  Nichtvorhandensein  eines  die  beson- 
deren Wünsche^)  der  Juden  in  Erwägnng  ziehenden  Consults 
schloss  er,  dass  die  Gesandten  ohne  ein  solches  wieder  abgereist 
seien,  und  daraus  weiter,  dass  vorher  noch  in  einer  zweiten 
Sitzung  der  zur  Abreise  nöthige  Gbleitebrief  beschlossen,  die 
besonderen  Wünsche  des  jüdischen  Volks  aber  erst  später  nach 
deren  Abreise  in  Erwägung  gezogen  worden  seien,  und  dar- 
aufhin hat  er  angenommen,  dass  den  Gesandten  ausser  dem 
ihm  vorliegenden  Senatusconsult  noch  ein  bloss  das  Geleite 
betreffendes  mitgegeben  worden  sei.  Er  irrte  aber  darin, 
dass  er  das  Geleiteschreiben  in  einem  Gonsult  suchte;  das 
Geleite  anzuordnen  war  Sache  des  Senatsvorsitzenden,  welcher 
zu  diesem  Behuf  ein  Rundschreiben  ausfertigte,  eben  das, 
welches  wir  in  einem  Exemplar  noch  besitzen. 

Die  Verschiebung  des  Bescheids  auf  die  besonderen 
Wünsche  der  Juden  hatte  ihren  Grund  darin,  dass  die  Be- 
rathung  derselben  voraussichtlich  lange  gedauert  und  dadurch 
die  in  derselben  Sitzung  nothige  Beschlussfassung  über  drin- 
gende, vielleicht  erst  nachträglich  auf  die  Tagesordnung  ge- 
setzte römische  Angelegenheiten  beeinträchtigt  haben  würde. 
Dringend,  nur  nicht  hinsichtlich  des  Tages,  waren  aber  auch 
die  Anliegen  der  Juden  und  nachdem  mit  der  Erneuerung 
des  Bundes  die  Pflicht  ihnen  zu  helfen  übernommen  und  an- 
erkannt, ja  in   dem  Gonsult  sogar   über  ihr  Gesuch  hinaas 


1)  Ihre  Bezeichnung  ist  im  Eingang  der  Urkunde  zusammen- 
gefasst  in  dem  Ausdruck  drjfji6aia  ngdyfjiaxa,  (besondere)  Anliegen  des 
Volks,  und  daher  nicht  negl  juivroi  yQafifAaxGiv  {djtexQivavto  ßovXsiattr&ai)^ 
sondern  mit  guten  Hdss.,  welche  durch  die  älteste  Textqoelle  (die 
lat.  Uebersetzung:  rebus  ablatis)  unterstQtzt  werden,  ntQt  fAsyzot  xmv 
nQayiA&xcav  zu  schreiben,  nicht  mit  Kiese  eine  tiefergeheinde  Verderb- 
niss  anzunehmen.  Zu  den  eigentlichen  'Angelegenheiten  des  Volks* 
gehört  das  Bedürfniss  eines  Geleitebriefs  für  die  Gesandten  nicht, 
von  ihm  sprechen  sie  bloss  anhangsweise  zuletzt.  Die  Lesart  yocLfA- 
fMLxoiv  ist  eine  aus  falscher  Beziehung  auf  ygafifiaxa  dö^aiv  hervor- 
gegangene Aenderang. 


Zu  Jasephos.  589 

> 
der  Wiederkehr  ähnlicher  Insulten  vorzubeugen  versprochen 

war,  so  läs<)t  sich  nur  annehmen,  dass  sie  in  der  nächst- 
folgenden Sitzung  des  Senats  verhandelt  und  möglichst  den 
Wünschen,  jedenfalls  aber  dem  Interesse  derselben  ent- 
sprechend beschieden  worden  seien.  Hätte  die  Erledigung 
der  von  den  Gesandten  vorgetragenen  Wünsche  erst  mehrere 
Monate  später  (im  August  wie  Mendelssohn  will)  stattfinden 
sollen,  wozu  dann  die  Verhütung  neuer,  nach  ihr  erwarteter 
Unbilden  versprechen,  da  doch  in  der  Zwischenzeit  schon 
genug  hinzukommen  konnten?  Die  Gesandten  bekamen  also 
in  der  That  noch  ein  zweites  Senatusconsult,  aber  ein  anderes 
als  Josephos  gemeint  hat,  und  dass  sie  mehr  als  eines  mit 
fortgenommen  haben,  bezeugt  der  Geleitbrief  in  dem  Pluralis 
doyfjLOta^  wofür  nachher  zur  Abwechslung  dedoyfxiva  gesagt 
ist.  Mendelssohn  will  im  Zusammenhang  mit  seiner  Hypo- 
these von  der  späten  Behandlung  der  besonderen  Wünsche 
des  Hjrkanos  ddyfxaxa  auf  die  einzelneu  Bestimmungen  des 
Consults  beziehen;  aber  auf  eine  Urkunde  angewendet  be- 
zeichnet ddyfxa  in  römischen  Aktenstücken  und  überhaupt 
das  ganze  Senatusconsult.  Wenn  Fannius  nachher  von  einem 
einzigen  döy/na  spricht,  so  geschieht  es,  weil  er  dort  das 
den  Geleitebrief  verordnende,  d.  i.  das  später  zu  Stande  ge- 
brachte im  Sinn  hat. 

Hat  die  erste  Audienz  der  Gesandten  am  6.  Februarius 
632  =  10.  Februar  122  stattgefunden,  so  spielte  der  in  dem 
Consult  erwähnte  Krieg,  da  während  der  Regenzeit  gewöhn- 
lich die  WaflFen  ruhten,  vermuthlich  im  Herbst  123;  es  ist 
daher  fraglich,  ob  Antioehos  Grypos  (um  den  17.  October 
oder  18.  September  123  beginnt  das  Jahr,  in  welchem  er 
den  Alexander  Zabina  zu  Fall  brachte)  damals  schon  die 
Macht  des  ganzen  Reiches  in  seiner  Hand  gehabt  oder  noch 
mit  dem  Gegenkönig  gekämpft  hat.  Die  Besehwerde  der 
Juden  über  eigenmächtige  Durchzüge  seiner  Truppen  durch 
ihr  Land  und  die  auffallenden,  weil  eigentlich  selbstverständ- 

1895.  Bitsungsb.  cL  phU.  n.  bist  Gl.  38 


I 

I 


590  O.  Ünger 

liehen  Zusätze  noXe/A&v  (tXaße)  und  xaxä  xbv  ndXefwv  hteüßov 
legen  aber  die  Yermuthung  nahe,  daas  der  eigentliche  Feind, 
welchen  Grjrpos  damals  bekriegte,  Alexander  Zabina  war, 
und  Hyrkanos  nur  sei  es  durch  indirecte  Unterstützung  dieses 
seines  Freundes  oder  durch  drohendes  Auftreten  nach  dem 
widerrechtlichen  Durchzug  mit  in  den  Krieg  verwickelt 
worden  sei.  Jedenfalls  ist  es  sicher,  dass  ihm  Grypos  damals 
aus  demselben  Grund  überlegen  war,  wie  dem  Gegenkönig: 
Ftolemaios  Physkon  hatte,  diesem  grollend,  seine  Tochter 
Tryphaina  mit  Grypos  verlobt  und  ihm  ein  Hülfsheer  ge- 
schickt, bei  dessen  Erscheinen  ein  grosser  Theil  der  syrischen 
Städte  von  Alexander  abfiel  (Justin  39,  2). 

Das  Senatusconsult  A  hatte  die  beabsichtigte  Wirkung 
gethan:  dies  ersieht  man  daraus,  dass  der  befürchtete  Verlust 
der  Häfen  und  der  andern  früher  syrischen  Plätze,  wie  Con- 
sult  B  zeigt,  nicht  eingetreten  war;  auch  der  Freiindschafts- 
vertrag,  welchen  Alexander  mit  Hyrkanos  schloss  (Jos.  ant. 
13,  9,  3),  darf  wohl  hauptsächlich  aus  der  Parteinahme  Roms 
für  diesen  erklärt  werden.  So  wird  wohl  auch  die  Vorsicht, 
mit  welcher  Antiochos  Grypos  als  Alleinherr  Syriens  sich 
hütete,  die  Juden  zu  bekriegen,  nicht  bloss,  wie  Josephos 
ant.  13,  iO,  1  meint,  aaf  die  Furcht  vor  den  erst  mehrere 
Jahre  nach  122  (Justin  39,  2,  9)  begonnenen  Rüstungen 
seines  Stiefbruders  Antiochos  Eyzikenos,  sondern  zunächst 
auf  die  Wirkung  des  Consults  B  zurückzuführen  sein;  da^ 
er  die  Häfen  und  mit  ihnen  die  andern  früher  syrischen 
Plätze  wieder  herausgegeben  hat,  geht  aus  Gonsult  0  hervor. 

C:  ant.  14,  10,  22.     Jahr  112,  nicht  133. 

Unter  den  Urkunden,  welche  Josephos  a.  14,  10  als  Belege 
für  die  von  Caesar  und  andern  Machthabem  jener  Zeit  dem 
Hyrkanos  II  gewährten  Vergünstigungen  zusammenstellt,  steht 
eine,  deren  erste,  sichtlich  aus  älterer  Zeit  stammende  Hälfte 
Ritschi  und  Mendelssohn  von  ihr  abgetrennt  und  einer  ver- 


^u  ffosephos.  591 

lorenen   andern   zugewiesen   haben,   §  22:    ^rj(piajtia  IJegya- 
/Ltrjvfov.  inl   TiQVTdvecog  Kgarbinov    fxtjvbg  Aaiolov    [^^cüt^] 
yv(6ßifj    oxQaxrjyayv,  inel  'Pco/iaToi    xaraxolov^ovvTeg  jfj   x(bv 
TiQoyovoiv  dycoyfj  xovg  vneQ  xrjg  xoivrjg  &7idvTcov  dv^gcoTtcov 
daq)aleiag  xivdvvovg  dvade^ovrai  xal  q)iXonjuovvTat  rovg  ovjU' 
fidxovg    xal    <püovg    h  •evdaijuoviq    xal    ßeßalq,    xaraoTTJoai 
elgi^vT],   nifJLxpavTog   ngög   avrovg   zov   idyovg   xwv  *Iov5aloyv 
xal  'Ygxavov  rov  dQXieqiayg  avi&v  Jtgioßeig  üxgdxcova  Oeo^ 
doxov  'AtzoXXcoviov  'Ale^dvdgov   Alvelav  ^Avxuidxgov  'Agioxo- 
ßopXov  ^Afivvxov  Zmobtaxgov   ^iXbiitov  ävdgag   xaXovg   xal 
dya&ovg,  xal  nsgl  xcbv  xaxd  fiigri  efi(paviodvx(ov  idoy/zdxioev 
r}  ovyxkfjxog  Ttsgl    (hv   inovf\navxo  xovg  Xdyovg^   ÖTicog  jLtrjdkv 
ädtxfj  'Avxloxog  6  ßaoiXevg  ^Avxidxov  vlog  ^lovdalovg  ov/zfidxovg 
'PoifJiaUov,  Snayg  xe  (pgovgia  xal  Xi/ievag  xal  x^Q^'^  ^^^  ^^ 
XI    äXXo   dq>eiXexo    avxcbv    d7tod(y&fj   xal    i$fj   avxoTg    Ix   xcbv 
XijiiSvwv  firiS*^)  i^ayayeiv^ Iva  xe  jurjöelg  dxeXrjg  fj  ix  xrjg^Iov- 
didcov  x^Q^^  ^  ^^^  Xifiivayv  avxcbv  i^dycov  ßaoiXevg  fj  dfjfiog 
f}   jLiövog  IhoXefjLoiog  6  ^AXe^aydgicov  ßaoiXevg    did   xö    elvai 
övfxfxaxog   fj/nixegog   xal  (piXog,    xal    xrjv   h  'Iojctij]    cpgovgdv 
ixßaXeiv,   xai^cog   idsT^&rjaav    hierauf   folgt    mit   xrjg   ßovXfjg 
fjficbv  Aovxiog  Ilhxiog  u.  s.  w.  der  Antrag  eines  Rathsherrn, 
diesen  Weisungen  Folge  zu  leisten  und  sicheres  Geleite  den 
Gesandten  zu  gewähren;  dann  wird  vorgetragen,   wie  Theo- 
doros,   dem  Rath   und   der   Gemeinde  vorgestellt,   den  Brief 
und  das  Senatusconsult  abgegeben,  die  Tugenden  des  Hyrka- 
nos  geschildert  habe  und  der  Beschluss  gefasst  worden  sei,  den 
Juden  in  jeder  Weise  gefallig  zu  sein;  von  diesem  Beschluss 
habe  er  gebeten  eine  Abschrift  an  Hyrkanos  zu  schicken  und 
durch  die  Ueberbringer   um  weitere  und    noch  eifrigere  Be- 
thätigung  einer  Freundschaft  zu  bitten,  welche  schon  zwischen 
Abraham  und  ihren  Ahnen  bestanden  habe. 

Dass  Josephos   einen  Irrthura   begangen  hat,   haben  die 


1)  S.  Abschn.  5. 

38* 


\ 


592  6?.  Ünger 

älteren  Erklärer  an  der  Nennung  des  Antiochos  erkannt  und 
in  diesem  (mit  Recht)  den  Antiochos  Eyzikenos  gesucht; 
durch  die  von  Ritscbl  eingeführte  Theihing  des  Schriftstücks 
verbleibt  der  zweiten  Hälfte  die  von  Josephos  dem  Oanzen 
gegebene  Zeitbestimmung.  Dass  sich  der  Antrag  des  Pettius 
(tva  (pQovrlacoßÄSv  ravta  ovjcog  ymic&ai  TiQovoijoal  te  Tfjg 
äo(paXovg  elg  olxov  tcüv  nQeoßevxcov  ävaxofJLidijg)  nicht  auf 
die  Ausführung  der  in  der  ersten  Hälfte  enthaltenen  römi- 
schen Anordnungen  bezieht,  ist  klar;  vielmehr  ist,  wie  Mendels- 
sohn p.  156  zeigt,  der  Schutz  der  Juden  in  ihrer  Cultus- 
Übung  gemeint;  ebenso  unwiderleglich  ist  sein  Hinweis  auf 
die  Verschiedenheit  der  Gesandtschaft:  an  der  Spitze  der  von 
Hjrkanos  H  geschickten  steht  Theodoros,  der  unter  den  im 
Anfang  genannten  Botschaftern  gar  nicht  vorkommt.  Dazu 
kommt,  dass  Theodoros  auch  ein  Schreiben  des  Hyrkanos 
mitgebracht  hat,  während  in  der  ersten  Hälfte  bloss  von 
einem  Senatusconsult  die  Rede  ist;  der  Hohepriester  nimmt 
in  der  zweiten  eine  viel  höhere  Stellung  ein  als  in  der  ersten, 
wo  dem  jüdischen  Volk  der  Vorrang  eingeräumt  ist;  hier 
dagegen  erscheint  Hjrkanos  durchweg  sogar  als  der  einzige 
Vertreter  der  jüdischen  Staatshoheit,  so  heisst  es  z.  B.  xotv^ 
ndvxag  evegyerel  xal  xat'  Idiav  rovg  Tigög  avzöv  äq)ixojnivovg, 
Könige  Syriens  hat  es  zur  Zeit  der  Regierung  des  Hyr- 
kanos II  (63—40)  gar  nicht  mehr  gegeben,  wie  auch  von 
63  bis  47  keine  jüdischen  Häfen;  die  letzten  Könige  herrschten 
nur  vorübergehend  zwischen  69  und  63  in  einem  kleinen 
Theil  des  Landes,  von  83  bis  dahin  war  es  im  Besitz  des 
Tigranes  und  vorher  seit  dem  Tod  des  Antiochos  Kyzikenos 
(gest.  94)  in  mehrere  Stücke  zerrissen  gewesen,  deren  Besitzer 
einander  fortwährend  bekriegten.  Fest  steht,  dass,  wenn  die 
Worte  ^AvTioxog  6  ßaodevg  'Avtioxov  vl6g  keinen  Textfehler 
enthalten,  an  keinen  andern  Antiochos  gedacht  werden  kann 
als  an  Kyzikenos,  Sohn  des  Antiochos  Sidetes  und  der  Kleo- 
patra,  Tochter  des  Ptolemaios  Philometor,  welche  zuerst  dem 


Zu  Josephoe.  593 

Alexander  Bala  den  im  J.  137  von  Diodot  aus  dem  Weg  ge- 
räumten Antiochos  VI  und  dann  dem  Demetrios  II  den  Antio- 
chos  Grypos  geboren  hatte.  Ritschi  und  Mendelssohn  setzen 
den  Senatsbeschluss  in  die  Zeit  der  Belagerung  Jerusalems 
durch  Ant.  Sidetes  (hierüber  s.  zu  B  Abschn.4)  und  behaupten 
daher,  l^vnöxov  sei  aus  AtjfMrjrQiov  verdorben.  Outschmid 
im  Literar.  Centralblatt  1874  No.  38  will  die  üeberlieferung 
durch  die  Annahme  vertheidigen,  Sidetes  habe  jene  Plätze 
erobert,  Kyzikenos  aber  besitze  sie  zur  Zeit  des  Senatus- 
consults  und  wolle  sie  nicht  herausgeben;  aber  Schürer  I  207 
widerlegt  ihn  aus  dem  Text,  wo  'Avrloxog  'Avriöxov  vlög 
auch  Subject  von  äcpeiXexo  ist.  Die  Behauptung  jedoch,  dass 
der  Beschluss  mit  B  in  die  Zeit  des  Sidetes  falle,  ist  keines- 
wegs erwiesen  worden;  sie  lässt  sich  aus  dem  Text  selbst 
widerlegen  und  die  handschriftliche  Üeberlieferung  findet  auch 
in  der  geschichtlichen  eine  Stütze. 

1.  Gegen  die  Deutung  auf  Antiochos  Kyzikenos  ist  nur 
ein  einziger  Grund  geltend  gemacht  worden:  die  Schwäche 
dieses  Königs  und  überhaupt  der  Nachfolger  des  Sidetes, 
von  welchen  keiner  den  Juden  gegenüber  eine  so  grosse 
Macht  entfaltet  habe,  dass  er  ihnen  die  früher  syrischen  Plätze 
(Joppe,  Gazara  u.  s.  w.)  hätte  entreissen  können.  Mendels- 
sohn weiss  hiefür  keinen  andern  Beleg  anzuführen,  als  die 
flüchtige  und  lückenhafte  Uebersicht,  welche  Josephos  ant.  13, 
9,  3 — 10,  1  von  der  Geschichte  des  Verhältnisses  zwischen 
jenen  Königen  und  Hyrkanos  I  gibt:  gleich  nach  dem  Tod 
des  Sidetes,  als  Demetrios  II  zum  zweiten  Mal  regierte,  habe 
jener  (129 — 128),  weil  Demetrios  durch  die  ägyptischen 
Händel  abgelenkt  war,  syrisches  Unterthanenland  im  Osten, 
Norden  und  Süden  abgerissen,  Alexander  Zabina  (128 — 122) 
mit  ihm  Freundschaft  geschlossen,  Grypos  (122  —  112)  ihn 
nicht  anzugreifen  gewagt,  weil  er  von  Kyzikenos  zuerst  be- 
droht, dann  (117 — 112)  bekriegt  wurde,  dieser  selbst  aber 
(112 — 94)  habe  weiter  nichts  als  einen  verwüstenden  Heeres- 


592  6?.  Ünger 

älteren  Erklärer  an  der  Nennung  des  Antiochos  erkannt  und 
in  diesem  (mit  Recht)  den  Antiochos  Kyzikenos  gesucht; 
durch  die  von  Ritscbl  eingeführte  Theilung  des  Schriftstücks 
verbleibt  der  zweiten  Hälfte  die  von  Josephos  dem  Ganzen 
gegebene  Zeitbestimmung.  Dass  sich  der  Antrag  des  Pettius 
{Xva  (pQovxlawfXBv  ravxa  ovrcog  ywio'&ai  TiQOvofjoal  te  xrjg 
&oq)aXovg  elg  olxov  x&v  JiQeaßevxcbv  ävaxo^tdrjg)  nicht  auf 
die  Ausführung  der  in  der  ersten  tlälfte  enthaltenen  romi- 
schen Anordnungen  bezieht,  ist  klar;  vielmehr  ist,  wie  Mendels- 
sohn p.  156  zeigt,  der  Schutz  der  Juden  in  ihrer  Gultus- 
übung  gemeint;  ebenso  unwiderleglich  ist  sein  Hinweis  auf 
die  Verschiedenheit  der  Gesandtschaft:  an  der  Spitze  der  von 
Hyrkanos  II  geschickten  steht  Theodoros,  der  unter  den  im 
Anfang  genannten  Botschaftern  gar  nicht  vorkommt.  Dazu 
kommt,  dass  Theodoros  auch  ein  Schreiben  des  Hyrkanos 
mitgebracht  hat,  während  in  der  ersten  Hälfte  bloss  von 
einem  Senatusconsult  die  Rede  ist;  der  Hohepriester  nimmt 
in  der  zweiten  eine  viel  höhere  Stellung  ein  als  in  der  ersten, 
wo  dem  jüdischen  Volk  der  Vorrang  eingeräumt  ist;  hier 
dagegen  erscheint  Hyrkanos  durchweg  sogar  als  der  einzige 
Vertreter  der  jüdischen  Staatshoheit,  so  heisst  es  z.  B.  xotvf] 
Ttdvtag  evegyeiei  xal  xaz^  Idlav  zovg  ngdg  avzov  ätpixojiievovg, 
Könige  Syriens  hat  es  zur  Zeit  der  Regierung  des  Hyr- 
kanos II  (03—40)  gar  nicht  mehr  gegeben,  wie  auch  von 
63  bis  47  keine  jüdischen  Häfen;  die  letzten  Könige  herrschten 
nur  vorübergehend  zwischen  69  und  63  in  einem  kleinen 
Theil  des  Landes,  von  83  bis  dahin  war  es  im  Besitz  des 
Tigranes  und  vorher  seit  dem  Tod  des  Antiochos  Kyzikenos 
(gest.  94)  in  mehrere  Stücke  zerrissen  gewesen,  deren  Besitzer 
einander  fortwährend  bekriegten.  Fest  steht,  dass,  wenn  die 
Worte  ^Avrioxog  6  ßaodevg  'Avztoxov  vl6g  keinen  Textfehler 
enthalten,  an  keinen  andern  Antiochos  gedacht  werden  kann 
als  an  Kyzikenos,  Sohn  des  Antiochos  Sidetes  und  der  Kleo- 
patra,  Tochter  des  Ftolemaios  Philometor,  welche  zuerst  dem 


Zu  Josephos,  593 

Alexander  Bala  den  im  J.  137  von  Diodot  aus  dem  Weg  ge- 
räumten Antiochos  VI  und  dann  dem  Demetrios  II  den  Antio- 
chos  Grypos  geboren  hatte.  Ritschi  und  Mendelssohn  setzen 
den  Senatsbeschluss  in  die  Zeit  der  Belagerung  Jerusalems 
durch  Ant.  Sidetes  (hierüber  s.  zu  B  Abschn.  4)  und  behaupten 
daher,  'y^vriöxov  sei  aus  ArjjLirjxQiov  verdorben.  Gutschmid 
im  Literar.  Centralblatt  1874  No.  38  will  die  üeberlieferung 
durch  die  Annahme  vertheidigen,  Sidetes  habe  jene  Plätze 
erobert,  Kyzikenos  aber  besitze  sie  zur  Zeit  des  Senatus- 
consults  und  wolle  sie  nicht  herausgeben;  aber  Schürer  I  207 
widerlegt  ihn  aus  dem  Text,  wo  'Avtioxog  'Avriöxov  vl6g 
auch  Subject  von  äq)eiXexo  ist.  Die  Behauptung  jedoch,  dass 
der  Beschluss  mit  B  in  die  Zeit  des  Sidetes  falle,  ist  keines- 
wegs erwiesen  worden;  sie  lässt  sich  aus  dem  Text  selbst 
widerlegen  und  die  handschriftliche  üeberlieferung  findet  auch 
in  der  geschichtlichen  eine  Stütze. 

1.  Gegen  die  Deutung  auf  Antiochos  Kyzikenos  ist  nur 
ein  einziger  Grund  geltend  gemacht  worden:  die  Schwäche 
dieses  Königs  und  überhaupt  der  Nachfolger  des  Sidetes, 
von  welchen  keiner  den  Juden  gegenüber  eine  so  grosse 
Macht  entfaltet  habe,  dass  er  ihnen  die  früher  syrischen  Plätze 
(Joppe,  Gazara  u.  s.  w.)  hätte  entreissen  können.  Mendels- 
sohn weiss  hiefür  keinen  andern  Beleg  anzuführen,  als  die 
flüchtige  und  lückenhafte  Uebersicht,  welche  Josephos  ant.  13, 
9,  3 — 10,  1  von  der  Geschichte  des  Verhältnisses  zwischen 
jenen  Königen  und  Hyrkanos  I  gibt:  gleich  nach  dem  Tod 
des  Sidetes,  als  Demetrios  II  zum  zweiten  Mal  regierte,  habe 
jener  (129 — 128),  weil  Demetrios  durch  die  ägyptischen 
Händel  abgelenkt  war,  syrisches  Unterthanenland  im  Osten, 
Norden  und  Süden  abgerissen,  Alexander  Zabina  (128 — 122) 
mit  ihm  Freundschaft  geschlossen,  Grypos  (122—112)  ihn 
nicht  anzugreifen  gewagt,  weil  er  von  Kyzikenos  zuerst  be- 
droht, dann  (117 — 112)  bekriegt  wurde,  dieser  selbst  aber 
(112 — 94)  habe  weiter  nichts  als  einen  verwüstenden  Heeres- 


592  G,  Ünger 

älteren  Erklärer  an  der  Nennung  des  Antiochos  erkannt  und 
in  diesem  (mit  Recht)  den  Antiochos  Eyzikenos  gesucht; 
durch  die  von  Ritscbl  eingeführte  Theilung  des  Schriftstücks 
verbleibt  der  zweiten  Hälfte  die  von  Josephos  dem  Ganzen 
gegebene  Zeitbestimmung.  Dass  sich  der  Antrag  des  Pettius 
{tva  (pQovriacofiev  Tavxa  ovrcog  ywio'&ai  ngovotjoal  ts  Ttjg 
äoipaXovg  elg  olxov  tcüv  jiQeoßevrcbv  ävaxofMd^g)  nicht  auf 
die  Ausführung  der  in  der  ersten  üälfte  enthaltenen  romi- 
schen Anordnungen  bezieht,  ist  klar;  vielmehr  ist,  wie  Mendels- 
sohn p.  156  zeigt,  der  Schutz  der  Juden  in  ihrer  Gultus- 
übung  gemeint;  ebenso  unwiderleglich  ist  sein  Hinweis  auf 
die  Verschiedenheit  der  Gesandtschaft:  an  der  Spitze  der  von 
Hyrkanos  II  geschickten  steht  Theodoros,  der  unter  den  im 
Anfang  genannten  Botschaftern  gar  nicht  vorkommt.  Dazu 
kommt,  dass  Theodoros  auch  ein  Schreiben  des  Hyrkanos 
mitgebracht  hat,  während  in  der  ersten  Hälfte  bloss  von 
einem  Senatusconsult  die  Rede  ist;  der  Hohepriester  nimmt 
in  der  zweiten  eine  viel  höhere  Stellung  ein  als  in  der  ersten, 
wo  dem  jüdischen  Volk  der  Vorrang  eingeräumt  ist;  hier 
dagegen  erscheint  Hyrkanos  durchweg  sogar  als  der  einzige 
Vertreter  der  jüdischen  Staatshoheit,  so  heisst  es  z.  B.  xoivfj 
jidvrag  eisgyerel  xal  xar'  Idlav  rovg  ngbg  avxov  ätptxofxevovg, 
Könige  Syriens  hat  es  zur  Zeit  der  Regierung  des  Hyr- 
kanos II  (03 —40)  gar  nicht  mehr  gegeben,  wie  auch  von 
63  bis  47  keine  jüdischen  Häfen;  die  letzten  Könige  herrschten 
nur  vorübergehend  zwischen  69  und  63  in  einem  kleinen 
Theil  des  Landes,  von  83  bis  dahin  war  es  im  Besitz  des 
Tigranes  und  vorher  seit  dem  Tod  des  Antiochos  Kyzikenos 
(gest.  94)  in  mehrere  Stöcke  zerrissen  gewesen,  deren  Besitzer 
einander  fortwährend  bekriegten.  Fest  steht,  dass,  wenn  die 
Worte  ^Avxioxog  6  ßaodevg  'Avrioxov  vl6g  keinen  Textfehler 
enthalten,  an  keinen  andern  Antiochos  gedacht  werden  kann 
als  an  Kyzikenos,  Sohn  des  Antiochos  Sidetes  und  der  Kleo- 
patra,  Tochter  des  Ptolemaios  Philometor,  welche  zuerst  dem 


Zu  Josephos.  593 

Alexander  Bala  den  ira  J.  137  von  Diodot  aus  dem  Weg  ge- 
räumten Antiochos  VI  und  dann  dem  Demetrios  II  den  Antio- 
chos  Grypos  geboren  hatte.  Ritschi  und  Mendelssohn  setzen 
den  Senatsbeschluss  in  die  Zeit  der  Belagerung  Jerusalems 
durch  Ant.  Sidetes  (hierüber  s,  zu  B  Abschn.  4)  und  behaupten 
daher,  "Avriöxov  sei  aus  Arifir^xQiov  verdorben.  Gutschmid 
im  Literar.  Centralblatt  1874  No.  38  will  die  üeberlieferung 
durch  die  Annahme  vertheidigen,  Sidetes  habe  jene  Plätze 
erobert,  Kyzikenos  aber  besitze  sie  zur  Zeit  des  Senatus- 
consults  und  wolle  sie  nicht  herausgeben ;  aber  Schürer  I  207 
widerlegt  ihn  aus  dem  Text,  wo  'Avxloxog  ^Avrioxov  vlög 
auch  Sabject  von  ä<p€iXeTo  ist.  Die  Behauptung  jedoch,  dass 
der  Beschluss  mit  B  in  die  Zeit  des  Sidetes  falle,  ist  keines- 
wegs erwiesen  worden;  sie  lässt  sich  aus  dem  Text  selbst 
widerlegen  und  die  handschriftliche  üeberlieferung  findet  auch 
in  der  geschichtlichen  eine  Stütze. 

1.  Gegen  die  Deutung  auf  Antiochos  Kyzikenos  ist  nur 
ein  einziger  Grund  geltend  gemacht  worden:  die  Schwäche 
dieses  Königs  und  überhaupt  der  Nachfolger  des  Sidetes, 
von  welchen  keiner  den  Juden  gegenüber  eine  so  grosse 
Macht  entfaltet  habe,  dass  er  ihnen  die  früher  syrischen  Plätze 
(Joppe,  Gazara  u.  s.  w.)  hätte  entreissen  können.  Mendels- 
sohn weiss  hiefür  keinen  andern  Beleg  anzuführen,  als  die 
flüchtige  und  lückenhafte  Uebersicht,  welche  Josephos  ant.  13, 
9,  3 — 10,  1  von  der  Geschichte  des  Verhältnisses  zwischen 
jenen  Königen  und  Hyrkanos  I  gibt:  gleich  nach  dem  Tod 
des  Sidetes,  als  Demetrios  II  zum  zweiten  Mal  regierte,  habe 
jener  (129 — 128),  weil  Demetrios  durch  die  ägyptischen 
Händel  abgelenkt  war,  syrisches  Unterthanenland  im  Osten, 
Norden  und  Süden  abgerissen,  Alexander  Zabina  (128 — 122) 
mit  ihm  Freundschaft  geschlossen,  Grypos  (122—112)  ihn 
nicht  anzugreifen  gewagt,  weil  er  von  Kyzikenos  zuerst  be- 
droht, dann  (117 — 112)  bekriegt  wurde,  dieser  selbst  aber 
(112 — 94)  habe  weiter  nichts  als  einen  verwüstenden  Heeres- 


592  &.  Ünger 

älteren  Erklärer  an  der  Nennung  des  Antiochos  erkannt  und 
in    diesem    (mit  Recht)    den  Antiochos  Eyzikenos    gesucht; 
durch  die  von  Ritschi  eingeführte  Tbeilung  des  Schriftstficks 
verbleibt  der   zweiten  Hälfte   die  von  Josephos  dem  Ganzen 
gegebene  Zeitbestimmung.    Dass  sich  der  Antrag  des  Pettios 
{iva  (pQovtiaco/jiev  ravxa   ovrcog   ymia^ai   Ttqovorjoal  re   Trjg 
äo(paXovg  elg   oixov  x&v   JiQeoßevxcov   ävaxoßiid^g)   nicht  anf 
die  Ausführung   der  in  der  ersten  Hälfte  enthaltenen  romi- 
schen Anordnungen  bezieht,  ist  klar;  vielmehr  ist,  wie  Mendels- 
sohn  p.  156  zeigt,   der  Schutz   der  Juden   in   ihrer   Galtns- 
tibung  gemeint;    ebenso  unwiderleglich  ist  sein  Hinweis  auf 
die  Verschiedenheit  der  Gesandtschaft:  an  der  Spitze  der  von 
Hjrkanos  H  geschickten  steht  Theodoros,  der  unter  den  im 
Anfang  genannten  Botschaftern  gar  nicht  vorkommt.    Dazu 
kommt,    dass  Theodoros   auch   ein   Schreiben   des    Hyrkanos 
mitgebracht   hat,   während   in   der   ersten  Hälfte   bloss   von 
einem  Senatusconsult   die  Rede  ist;   der  Hohepriester  nimnit 
in  der  zweiten  eine  viel  höhere  Stellung  ein  als  in  der  ersten, 
wo   dem  jüdischen  Volk   der  Vorrang  eingeräumt   ist;   hier 
dagegen  erscheint  Hyrkanos  durchweg  sogar  als  der  einzige 
Vertreter  der  jüdischen  Staatshoheit,  so  heisst  es  z.  B.  xotrfj 
ndvrag  evEQyejei  xal  xat'  idiav  xovg  JiQog  avxöv  ätpixofj^ovg, 
Könige  Syriens  hat  es  zur  Zeit  der  Regierung  des  Hyr- 
kanos n  (03—40)   gar  nicht  mehr  gegeben,   wie  auch  von 
63  bis  47  keine  jüdischen  Häfen;  die  letzten  Könige  herrschten 
nur  vorübergehend   zwischen   69  und  63   in   einem   kleinen 
Theil   des  Landes,   von   83   bis  dahin  war  es   im  Besitz  des 
Tigranes  und  vorher  seit  dem  Tod  des  Antiochos  Kyzikenos 
(gest.  94)  in  mehrere  Stücke  zerrissen  gewesen,  deren  Besitzer 
einander  fortwährend  bekriegten.    Fest  steht,  dass,  wenn  die 
Worte  ^Avxioxog  6  ßaodevg  'Avxioxov  vl6g  keinen  Textfehler 
enthalten,  an  keinen  andern  Antiochos  gedacht  werden  kann 
als  an  Kyzikenos,  Sohn  des  Antiochos  Sidetes  und  der  Kleo- 
patra,  Tochter  des  Ptolemaios  Philometor,  welche  zuerst  dem 


Zu  Josephos,  593 

Alexander  Bala  den  ira  J.  137  von  Diodot  aus  dem  Weg  ge- 
räumten Antiochos  VI  und  dann  dem  Demetrios  II  den  Antio- 
cho8  Grypos  geboren  hatte.  Ritschi  und  Mendelssohn  setzen 
den  Senatsbeschluss  in  die  Zeit  der  Belagerung  Jerusalems 
durch  Ant.  Sidetes  (hierüber  s.  zu  B  Abschn.  4)  und  behaupten 
daher,  l^vridxov  sei  aus  Ar^/LirjtQlov  verdorben.  Gutschmid 
im  Literar.  Centralblatt  1874  No.  38  will  die  Ueberlieferung 
durch  die  Annahme  vertheidigen,  Sidetes  habe  jene  Plätze 
erobert,  Kyzikenos  aber  besitze  sie  zur  Zeit  des  Senatus- 
consults  und  wolle  sie  nicht  herausgeben;  aber  Schürer  I  207 
widerlegt  ihn  aus  dem  Text,  wo  'Avtloxog  'Avriöxov  vl6g 
auch  Subject  von  ä(peiXexo  ist.  Die  Behauptung  jedoch,  dass 
der  Beschluss  mit  B  in  die  Zeit  des  Sidetes  falle,  ist  keines- 
wegs erwiesen  worden;  sie  lässt  sich  aus  dem  Text  selbst 
widerlegen  und  die  handschriftliche  Ueberlieferung  findet  auch 
in  der  geschichtlichen  eine  Stütze. 

1.  Gegen  die  Deutung  auf  Antiochos  Kyzikenos  ist  nur 
ein  einziger  Grund  geltend  gemacht  worden:  die  Schwäche 
dieses  Königs  und  überhaupt  der  Nachfolger  des  Sidetes, 
von  welchen  keiner  den  Juden  gegenüber  eine  so  grosse 
Macht  entfaltet  habe,  dass  er  ihnen  die  früher  syrischen  Plätze 
(Joppe,  Gazara  u.  s.  w.)  hätte  entreissen  können.  Mendels- 
sohn weiss  hiefür  keinen  andern  Beleg  anzuführen,  als  die 
flüchtige  und  lückenhafte  Uebersicht,  welche  Josephos  ant.  13, 
9,  3 — 10,  1  von  der  Geschichte  des  Verhältnisses  zwischen 
jenen  Königen  und  Hyrkanos  I  gibt:  gleich  nach  dem  Tod 
des  Sidetes,  als  Demetrios  II  zum  zweiten  Mal  regierte,  habe 
jener  (129 — 128),  weil  Demetrios  durch  die  ägyptischen 
Händel  abgelenkt  war,  syrisches  Unterthanenland  im  Osten, 
Norden  und  Süden  abgerissen,  Alexander  Zabina  (128 — 122) 
mit  ihm  Freundschaft  geschlossen,  Grypos  (122  —  112)  ihn 
nicht  anzugreifen  gewagt,  weil  er  von  Kyzikenos  zuerst  be- 
droht, dann  (117 — 112)  bekriegt  wurde,  dieser  selbst  aber 
(112 — 94)  habe  weiter  nichts  als  einen  verwüstenden  Heeres- 


594  Q,  Unger 

zug  in  das  Judenland  unternommen,  Hyrkanos  aber,  ihn  von 
Aegypten  verlassen  und  durch  die  langjährigen  Kämpfe  mit 
Grypos  (reg.  1 1 1 — 96)  beide  Brüder  geschwächt  sehend,  ihnen 
Trotz  geboten;  als  er  dann  (108  oder  107),  fahrt  Josepbos 
in  c.  10,  2  jetzt  ausführlicher  erzählend  fort,  Samareia  be- 
lagerte und  Kjzikenos  zum  Entsatz  heranzog,  wurde  dieser 
von  Hyrkanos  geschlagen;  er  entlehnte  von  Ptolemaioe  La- 
thuros  6000  Mann,  fQhlte  sich  aber  trotz  dieser  Verstärkung 
nicht  kräftig  genug,  jenem  im  offenen  Felde  entgegenzutreten. 
Von  da  an  lesen  wir  sowohl  bei  Josephos  als  bei  andern 
Schriftstellern  nichts  mehr  von  Händeln  der  Juden  mit  Kyzi- 
kenos  oder  Grypos. 

Josephos  selbst  ist  keineswegs  der  Ansicht,  dass  es  haupt- 
sächlich die  Stärke  des  Hyrkanos  gewesen  sei,  welche  die 
Seleukiden  am  Rückgewinn  der  rerlorenen  Gebiete  rerhindert 
habe:  Demetrios  wird  durch  die  ägyptischen  Händel  abge- 
zogen, sein  Gegner  Zabina  schliesst  Freundschaft  mit  Hyr- 
kanos (vgl.  zu  B  Abschn.  8),  Grypos  hütet  sich  vor  einem 
Angriff,  weil  er  von  Kyzikenos  bedroht  wird,  beiden  Brüdern 
kann  Hyrkanos  trotzen,  weil  sie  fortwährend  einander  in  den 
Haaren  liegen  und  dadurch  geschwächt  werden;  einen  Beleg 
dafür  gibt  Josephos  in  der  Geschichte  der  Belagerung  von 
Samareia.  Dass  das  Seleukidenreich  auch  nach  Sidetes,  wenn 
es  einen  einzigen  Herrn  hatte,  dieser  also  das  ganze  grosse 
Syrien  nebst  Kilikien  und  einen  Theil  Mesopotamiens  besa^, 
den  Juden  allein  überlegen^)  war,  ist  nicht  zu  bezweifeln;  dieses 
ist  aber,  was  Josephos  übergeht,  von  123/122  bis  114/113 
und  dann  von  113/112  bis  112/111  der  Fall  gewesen.  Aller- 
dings konnte  trotz  dieser  Ueberlegenheit  Hyrkanos  die  ge- 
raubten Plätze  behaupten  oder  wiedergewinnen,  wenn  eine 
höhere  Macht,   die  römische  sich  ins  Mittel  legte,   und  diee 

l)  Durch  die  viel  grössere  Zahl  von  Streitern,  welche  es  stellen 
konnte,  und  die  Einkfinfte,  welche  die  Anwerbung  von  weit  mehr 
Söldnern  gestattete. 


Zu  Josepho8,  595 

ist  in  der  Tbat,  wie  theils  zu  B  gezeigt  worden  ist  theils 
unten  wahrscheinlich  gemacht  werden  soll,  beide  Mal  der 
Fall  gewesen.  Umgekehrt  konnten  aach  syrische  Theil- 
herrscher  den  Juden  überlegen  sein,  wenn  sie  von  einer 
Grossmacht  wie  Aegypten  unterstützt  wurden. 

2.  Das  Gebiet,  dessen  Zurückgabe  an  die  Juden  verlangt 
wird,  entspricht  nur  zum  Theil  dem  in  B  beschriebenen:  es 
enthielt   keine   (eigentlichen)   Städte,   sondern   nur  'Castelle, 
Häfen   und   plattes  Land',   also   weder  Joppe   noch   Gazara. 
Von  Joppe  wird  dies  ausdrücklich  bezeugt:  diese  Stadt  hatte 
der  König  zwar  ebenfalls  weggenommen,  Ptolemaios  (Lathuros) 
aber  seine  Besatzung  hinausgejagt.     Das  ist  der  klare,  aber 
trotzdem  von  Ritschi,  Mendelssohn,  Schürer  u.  a.,  ja  schon 
van  Stark,  Gaza  und  die  philistäische  Küste  (1852)  S.  497 
auf  eine  Weisung  an  Antiochos,  seine  Besatzung  aus  Joppe 
herauszuziehen,  gedeutete  Sinn  der  Worte  xal  t^v  h  ^Idjuifj 
(pQovQäv  ixßaXetv,  xa^ojg  ideij'&tioav.     Eine  solche  Weisung 
würde   nach   Sncos . . .  änodo^,   unter   <pQ0VQia   Joppe    und 
Gazara  unrichtig  mitverstanden,   überflüssig   und,    wenn   sie 
doch  ausgesprochen  werden  wollte,  dort  und  nicht  am  Schluss 
angebracht  sein;   deutet  man  tpQovgia  bloss  auf  Castelle,  so 
würde  Gazara   fehlen   und  daraus   wieder   die  Unrichtigkeit 
der  Beziehung  auf  Antiochos  Sidetes  hervorgehen,  auch  die 
Stellung  am  Schluss  abermals  fehlerhaft  sein.     In  Wirklich- 
keit   heisst    ixßakeiv   (pQovgdv    nicht    die   eigene   Besatzung 
herausziehen,  sondern   eine   fremde  hinauswerfen   und  wenn 
Ptolemaios  allein  Zollfreiheit  bei  Ausfuhr  aus  den  jüdischen 
Häfen  geniessen  soll,  so  kann  der  Hinweis  auf  seine  Eigen- 
schaft als  Bundesgenosse   und  Freund  der  Römer   nicht  der 
einzige  Grund  gewesen  sein,  welchem  er  diese  Vergünstigung 
verdankt  hat:   sonst  müssten   noch  viele   andere  Staaten  der 
gleichen  theilhaftig  geworden  sein;  noch  mehr:  jene  Worte 
schliessen,  da  für  den  Infinitiv  sich  kein  anderes  Regens  im 
Text  findet,  sich  eng  an  die  voraufgegangenen  iva  xe  jurjöeig 


596  G.  ünger 

äTeXfjg  fi . . .  1}  fjiovog  IlxoXeixaiog  6  ^Ale^avögicov  ßaadevg 
diä  TÖ  elvai  ov/jL/Aaxog  ^ßiheQog  xal  (piXog  an;  htßakeiv 
ist  also  von  diä  xb  abhängig  und  xa'&wg  idtri^oav  besagt, 
dass  Ptolemaios  auf  Bitten  der  Juden  die  syrische  Besatzung 
vertrieben  hat,  was  in  den  geschichtlichen  Zusammen  bang 
(s.  Abschn.  3)  sehr  gut  passt. 

Da    unter   den    Häfen    der  Juden    die    von   Joppe    and 
Jamnia   zu   verstehen   sind,    so   muss    angenommen   werden, 
dass  Antiochos  nur  die  Stadt  Joppe,  nicht  auch  ihren  Hafen 
eingenommen    hatte,    was   voraussetzt,    dass   dieser   befestigt 
war.     Joppe,   von  jeher   eine    angesehene    und    selbständige 
Stadt  (Buch  Josua  19,  46.  Diodor  19,  59.  93)  und  als  solche 
durch  Festungswerke   geschützt,   lag  zwar  dem  Meere  nahe, 
aber   der  Hafen  war  nicht  in  diese   einbezogen    und  konnte 
unter  Umstanden   ebenso  gut   zur  Bildung  einer  Hafenstadt 
(inlveiov)   die  Grundlage    liefern  wie   der   von  Jamnia:    djro 
rov  imveiov  x'^g  *I6nrjg,  schreibt  Strabon  p.  760,   eigtjxai  Sri 
ioxlv  h  ärpei  (rarra),  womit  er  sich  auf  p.  759  zurück  bezieht: 
äq?OQäo&a(  (paaiv  än^  avxov  (dem  Platz,    wo  der  Sage   nach 
Andromeda  ausgesetzt  gewesen  war)  ta  'leQoaöXifßxa.     Ptole- 
maios 1   hatte   im  J.  315    die  Mauern   der  Stadt   geschleift 
(Diodor  19,  93),  sie  waren  aber  ohne  Zweifel,  wie  solches  in  der 
Regel  der  Fall  gewesen  ist,   bald  wieder  hergestellt  worden; 
im  J.  164  oder  163  Hess  Judas  den  Hafen  Nachts  in  Brand 
stecken    und    alle  Schiffe   anzünden,    die   auf  sie  Geflohenen 
aber    (d.  i.  die  Hafenbevölkerung)    niederstechen,    die   Stadt 
selbst  blieb  ihm  verschlossen  (war  also  vollständig  ummauert); 
er  zog  daher  einstweilen  ab  und  verfuhr  ebenso  gegen   den 
Hafen  von  Jamnia  und  die  dortige  Flotte,  also  dass  man  das 
Feuer  in  Jerusalem  sehen  konnte  (2  Makk.  12).    Aus  diesen 
Thatsachen  folgt,  dass  die  Angabe  1  Makk.  14,  34,    Simon 
habe  (im  J.  140)  Joppe  befestigt,  auf  den  Hafenplatz  zu  be- 
ziehen ist,  wie  auch  ebenda  V.  5  €?Mße  x^v  *I6n7tf}v  dg  kifxevi. 
Hai  inoirjaev  eigodov   xaig  vrjooig  xtjg  '&aX(ioofjg   sich  auf  die 


:,.*' 


Zu  Jodephos.  597 

Herstellung  eines  eigentlichen  Hafens  durch  Schöpfung  einer 
guten  £infahrt  bezieht:  von  Natur  war  der  Platz,  wie  Josephos 
bell.  jud.  3,  9,  3  sagt,  äUfJievog  wegen  der  steilen  nur  durch 
zwei  Felsen Yorsprünge  eine  Rhede  bietenden  Küste;  immer- 
bin war  er  allezeit,  wie  noch  jetzt,  der  eigentliche  Hafen- 
platz  fQr  die  Bevölkerung  Judäas  (Propb.  Jona  1,  3.  2  Chron. 
2,  16.  Esra  3,  7)  und,  wie  Schürer  II  71  bemerkt,  der  relativ 
beste  Palästinas,  von  Diodor  1,  31  als  der  sicherste  der  Küste 
von  da  bis  Alexandreia  bezeichnet.  Eben  jene  Eigenschaft 
des  Ufers  begünstigte  den  Gedanken,  ihn  besonders  zu  be- 
festigen: die  Sichtbarkeit  Jerusalems  in  der  Hafenstadt  er- 
klärt Strabon  aus  ihrer  hohen  Lage  {h  oxpei  de  ioiiv  Ixavcbg 

3.  Eine  Spur  des  Zusammenstosses  der  Juden  mit  Antio- 
chofi  Kyzikenos  hat  sich  in  der  Abschn.  1  citirten  XJebersicht 
des  Josephos  erhalten.  Der  Bruderkrieg  des  Grjpos  und 
Kyzikenos ,  meldet  er  ant.  13,  10,  1,  liess  dem  Hyrkanos 
Müsse,  die  Hülfsquellen  Judäas  auszubeuten  und  reiche  Geld- 
mittel anzusammeln;  dann  schreibt  er:  xov  juevroi  Kv^ixrjvov 
xi]v  ytjv  xaxovvrog  (pavsQcbg  xal  avTÖg  rtjv  avzov 
nQ6<paaiv  ijiedsixvvto  xal  rcbv  dj€  Alyvnxov  avjufidxcov 
igrjlJLOV  öqwv  rdv  lAvzioxov  xal  avrov  re  ngärrovra  xaxcbg 
xal  TÖv  äöeXcpov  amov  h  xoXg  ngög  äH'^Xovg  äycboiv  &fi<po- 
xegcov  xaxeq)Q6vtjaev.  In  den  hervorgehobenen  Worten  findet 
Mendelssohn  p.  139  den  stärksten  Beweis,  dass  Kyzikenos, 
da  er  schon  bei  dem  Unternehmen  das  jüdische  Gebiet  zu 
verwüsten  von  Hyrkanos  mit  solcher  Leichtigkeit  zu  Paaren 
getrieben  worden  sei  (ut  quem  .  .  .  Hyrcanus  tarn  facile  fre- 
gerit),  niemals  die  Macht  gehabt  habe,  den  Juden  jene  Plätze 
zu  entreissen;  er  hat  aber  die  dunkle  Stelle  nicht  eingehender 
behandelt  und  sich  über  die  schwierige  Frage,  wie  es  Hyr- 
kanos angestellt  habe,  um  durch  emöelxvvo&ai  xtjv  avrov 
TiQÖqnioiv  einen  so  grossen  Erfolg  in  einem  Krieg  herbei- 
zuführen, gar  nicht  ausgesprochen.    Klar  ist  zunächst  nur  so 


598  Q,  Unger 

viel,  dass  Josephos  nicht  von  einer  Waffenthat  des  Hyrkanos 
spricht,  sondern  von  einer  sei  es  mfindlich  oder  schriftlich 
an  den  Tag  gelegten  Offenbarung  seiner  politischen  Stellung- 
nahme (jiQÖipaaig):  denn  hudebiwcf^ai  heisst  weiter  nichts 
als  zur  Schau  tragen,  sich  mit  etwas  sehen  lassen;  im 
Sinn  Mendelssohns  genommen  müsste  das  Actirum  nnd  der 
Aorist,  ako  biedeiit  stehen. 

Der  Zusatz  qnzvegdjg  xal  avxog  ijiedelxwzo  besagt,  dass 
die  politische  Haltung,  welche  Eyzikenos  durch  den  ver- 
wfistenden  Einfall  an  den  Tag  legte,  eine  Haltung  wie  man 
sie  einem  ganz  fremden  Machthaber  gegenüber  beobachtet, 
jetzt  Hyrkanos  ebenfalls  offenkundig  und  erklärter  Massen 
einnahm  oder  vielmehr  (worauf  das  Imperfectum  führt)  ein- 
zunehmen anfing.  Bis  dahin  also  hatte  er  eine  zweideutige 
Haltung  beobachtet.  Josephos  bezieht  sich  mit  diesen  Worten 
auf  seine  a.  a.  0.  vorausgegangene  Darstellung  zurück:  'wäh- 
rend jener  ganzen  Zeit  lebte  Hyrkanos  in  Frieden:  nach  dem 
Tode  des  Sidetes  nämlich  machte  er  sich  von  freien  Stücken 
von  den  Makedonen  los  (avzdg . . .  r&v  Maxeddvcav  äjiimrj) 
und  leistete  ihnen  weder  wie  ein  Untergebener  noch  wie  ein 
Freund  einen  Dienst  mehr  (oike  (bg  iTvfjxoog  oCxe  (bg  tpUog^) 
airdg  ovdh  hi  nageix^Y'  Dem  Antiochos  hatte  Hyrkanos 
Vasallentreue  und  Steuerzahlung  gelobt;  dieser  Verpflich- 
tungen konnte  er  dem  Demetrios,  Alexander  und  Grypos 
gegenüber  entledigt  scheinen,  aber  Kyzikenos  war  als  Sohn 
des  Sidetes  dessen  Rechtsnachfolger.^)    Als  dieser  mit  Heeres- 

1)  Durch  Zazug  im  Krieg  oder  Tributzahlang,  bezw.  Oeldzuschass. 
Die  offene  Auflehnung  durch  Eroberung  benachbarter  Plätze,  um 
deren  willen  Demetrios  ihn  hatte  bekriegen  wollen  (ant.  18,  9,  Z\  Ter- 
gisst  Josephos  oder  er  fasst  dieses  Vergehen,  einer  andern,  fttr  Hyr- 
kanos Partei  nehmenden  Quelle  folgend,  als  Folge  Ton  Streitigkeiten 
mit  Nachbarn  auf,  welche  das  Verhältniss  zum  Königreich  wenig  be- 
rühren. 

2)  Eine  solche  Anschauung  scheint  dieser  Darstellung  zn  Grund 
SU  liegen:  sonst  könnte  hier  von  ^)li.og  (einem  sich  ohne  Heeresfolge- 


Zu  Josephos.  599 

luachfc  in  sein  Land  rückte  und  ihm  nur  die  Wahl  zwischen 
Unterwerfung  und  offener  Auflehnung  liess,  da  musste  er 
Farbe  bekennen  und  erklärte  dann  auch  offen,  dass  er  sich  als 
selbständig  und  von  demSeleukidenreich  unabhängig  betrachte. 

Mit  einer  solchen  Erklärung  allein  würde  er  natürlich 
den  König  nicht  zum  Umkehren  veranlasst  haben;  letzteres 
scheint  aber  nach  dem  von  Josephos  in  der  ganzen  Dar- 
stellung eingehaltenen  Gedankengang  zu  schliessen  in  der 
That  gelungen  zu  sein.  Dann  hat  Josephos  sich  auch  hier 
einer  Uebergehung  schuldig  gemacht.  Ausser  den  in  Abschn.  1 
namhaft  gemachten  ist  noch  in  tcbv  &je^  Alyvirtov  av/ifidxo)v 
^Qf^ßior  ÖQtav  eine  solche  zu  finden:  so  spricht  man,  wenn  im 
Vorausgehenden  schon  von  der  Bundesgenossenschaft  Aegyptens 
(die  keineswegs  selbstverständlich  war)  die  Rede  gewesen  ist; 
dort  ist  sie  aber  nicht  erwähnt.  Schon  die  Quelle^)  der  ganzen 
Uebersicht  war,  wie  die  Consulte  zeigen,  nicht  genau  unter- 
richtet und  Josephos  hat  sich  offenbar  kein  klares  Bild  von 
den  Vorgängen  gemacht,  ehe  er  daran  ging,  sie  (was  man 
annehmen  muss)  aus  dem  Gedächtniss  in  der  Kürze  noch  ein- 
mal zu  erzählen.  Hievon  abgesehen  konnte  ein  der  Geschichte 
jener  Zeit  weniger  kundiger  oder  ein  fahrlässiger  Erzähler, 
da  die  einzige  Stadt,  welche  Kyzikenos  eingenommen  hat, 
Joppe  gewesen,  diese  ihm  aber  von  Ptolemaios  entrissen 
worden  ist,  sich  auch  vorstellen,  dass  der  eigentliche  Gegner 
des  Kyzikenos  dieser  gewesen  sei,  der  vor  Kurzem  Joppe  den 
Syrern  entrissen,  dann  die  Stadt  an  Kyzikenos  verloren  und 

pflicht  und  Tribatzahlang  unterordnenden  Dynasten,  wie  es  Simon 
dem  DemetrioB  gegenüber  gewesen  war)  keine  Rede  sein. 

1)  Zun&chst  sein  eigenes,  a.  a.  0.  (13,  10,  1)  und  sonst  oft  von 
ihm  mit  cS?  xal  iv  akkoig  öedrjlcjxafAsv  und  ähnlichen  AusdrÖcken 
citirtes  Werk,  eine  Geschichte,  wie  es  scheint,  Syriens  unter  make- 
donischer Herrschaft.  Ueber  den  Versuch  Destinon's,  jene  Ausdrücke 
auf  gedankenlose  Aneignung  der  Selbstcitate  eines  Vorgängers  zurück- 
zuführen, 8.  Artikel  V  (Josephos  und  die  70  Jahrwochen  Daniels). 


600  a,   Unger 

sie  wiederum  eingenommen  habe;  Hyrkanos  erlitt  bei  solcher 
Auffassung  nur  eine  vorübergehende,  auf  Plünderung  seines 
Gebiets  hinauslaufende  Schädigung. 

Wie  dem  aber  auch  gewesen  sein  mag,  das  Mittel, 
welches  Hyrkanos  gegen  Kyzikenos  zur  Behauptung  seiner 
Selbständigkeit  anwenden  konnte,  muss  nicht  nothwendig  ein 
Waffengang  gewesen  sein;  mit  weit  grösserer  Aussicht  auf 
Erfolg  konnte  er  sich  auf  die  Anerkennung  derselben  durch 
eine  Macht,  deren  Ausspruch  auch  jener  respectiren  musste, 
und  sogar  auf  sein  Bündniss  mit  ihr  berufen:  vermuthlich 
legte  er  ihm  zunächst  die  zu  seinen  Gunsten  128  und  122 
ausgefertigten  Senatsconsulte  vor,  in  welchen  er  als  Bundes- 
genosse Roms  und  damit  als  von  Syrien  unabhängiger  Regent 
anerkannt  war,  und  weil  das  Bündniss  die  Römer  nicht  ein 
für  allemal  zum  Einschreiten  verpflichtete,  Kyzikenos  also 
sich  vorläufig  nicht  daran  zu  kehren  brauchte,  so  schickte 
er,  als  dieser  von  der  Verwüstung  des  Landes  zur  Wegnahme 
der  Stadt  Joppe  und  der  Häfen  überging,  Gesandte  an  Ptole- 
maios  und  nachdem  dieser  Joppe  befreit  hatte  oder  (die 
Gesandten  können  dies  auch  ei-st  in  Rom  erfahren  haben) 
schon  vorher  an  den  Senat,  welcher  auf  seine  Wünsche  gern 
einging.  Das  Eingreifen  Aegyptens  mag  den  Seleukiden  zum 
Stillstand,  das  Eintreffen  des  Senat usconsults  ihn  zur  Heraus- 
gabe der  noch  besetzt  gehaltenen  Plätze  bewogen  haben. 

4.  Der  Einfall  des  Kyzikenos  hat  nach  116  und  vor  107 
(vgl.  Abschn.  1)  stattgefunden.  Nach  dem  Sturz  des  Ale- 
xander Zabina  (im  J.  123/2)  regierte  Antiochos  Grypos,  wie 
Justinus  39,  2  fg.  erzählt,  Syrien  in  Sicherheit  und  Frieden, 
bis  nach  einer  Reihe  von  Jahren  ^)  ihm  in  seinem  Stiefbruder 
Antiochos  Kyzikenos  ein  Gegenkönig  erstand,  der  Anfangs 
schwach,  (im  J.  116)  durch  den  Ehebund  mit  Kleopatra,  der 
Tochter  des  eben  verstorbenen  Ptolemaias  Physkon  erstarkte: 

1)  Statt  octo  (VIII)  ist  dort  vielleicht  IUI  zu  fchreiben;  Zahlen- 
fehler  sind  im  Text  Justins  oft  zu  finden. 


Zu  Josephos.  601 

die  Königin  Wittwe  Kleopatra,  kraft  seines  Testaments  Re- 
gentin mit  dem  von  ihr  selbst  zu  wählenden  älteren  oder 
jüngeren  Sohn,  hatte  die  Mitregentschaft  des  älteren  nach 
einem  vergeblichen  Versuch  den  jüngeren  vorzuziehen,  nur 
unter  der  Bedingung  zugelassen,  dass  er  sich  von  seiner 
Gattin  und  Schwester  Kleopatra  trenne,  diese  wusste  das  auf 
Cypern  stehende  Heer  auf  ihre  Seite  zu  bringen  und  führte 
es  dem  neuen  Gatten  zu,  welcher  nunmehr  den  Kampf  im 
freien  Feld  versuchen  konnte.  Er  wurde  aber  geschlagen, 
Antiocheia,  wo  sich  seine  Gattin  befand,  belagert  und  nach 
der  Einnahme  der  Stadt  Kleopatra  auf  Befehl  ihrer  Schwester, 
der  Gemahlin  des  Grjpos,  umgebracht;  nicht  lange  nachher 
fiel  in  einer  neuen  Schlacht  der  Sieg  dem  Kyzikenos  zu  und 
Tryphaina  erlitt  jetzt  dasselbe  Schicksal,  welches  sie  ihrer 
Schwester  bereitet  hatte.  Dies  geschah  nach  den  Angaben 
des  Porphyrios  bei  Eusebios  I  257  fi^.  zu  schliessen  im  Jahr 
Sei.  200  =  Okt.  113— 112:  örypos,  schreibt  er,  regierte  11 
Jahre,  von  Ol.  164,  2  (=  Sei.  189)  bis  166,  4  (incl.),  dann 
floh  er  vor  Kyzikenos  nach  Aspendos  und  dieser  herrschte 
nun  18  Jahre,  von  Ol.  167,  1  (Sei.  200)  an,  aber  schon 
Ol.  167,  2  (Sei.  201  =  Okt.  112—111)  kam  Grypos  zurück 
und  entriss  ihm  die  Herrschaft  so  weit,  dass  er  sich  mit 
Koilesyrien  begnügen  musste. 

Dass  Kyzikenos,  so  lange  er  mit  Grypos  um  Syrien 
rang,  so  thöricht  gewesen  sei,  sich  durch  einen  Einfall  in 
das  Land  des  Hyrkanos  einen  neuen  Feind  zu  schaffen,  lässt 
sich  nicht  wohl  annehmen;  auch  hat  der  Kriejj  mit  Grypos 
wahrscheinlich  in  Nordsyrien  gespielt;  dasselbe  gilt  von  der 
Zeit  nach  der  Rückkehr  des  Grypos,  als  er  auf  Koilesyrien 
beschränkt  war:  denn  die  Kämpfe  zwischen  den  Brüdern 
kehrten  nach  ihrem  Aufhören  immer  bald  wieder^)  und  seine 


1)  Hieraus  erklärt  es  sich,    dass  Josephos    die   kurze  Zeit   der 
Herrschaft  des  Kyzikenos  über  ganz  Syrien  unbeachtet  lassen  konnte. 


602  O,  Ünger 

grosse  Schwäche  um  107  (Abschn.  1)  erklärt  sich  nur  ans 
dem  kQrzlichen  Vorausgehen  eines  Krieges,  in  welchem  er 
wieder  den  Kürzeren  gezogen  hatte.  Aber  zu  dem  Vollbesitz 
des  Reiches  gelangt,  konnte  er  daran  denken,  endlich  jenen 
sei  es  zur  Herausgabe  der  geraubten  Plätze  oder  zur  Rück- 
kehr in  das  von  seinem  Vater  geschaffene  Verhältniss  zu 
zwingen,  und  für  die  Verlegung  seines  Einfalls  in  diese  Zeit 
spricht  anch  die  bei  Josephos  auf  die  Erwähnung  desselben 
folgende  Bemerkung:  xai  x&of  isC  Alyvjvtov  oviiißAjiov  egt}- 
fjLov  6qq)v  tov  'AvtIoxov  9ctX,  Die  Hülfe  des  ägyptischen 
Heeres  hatte  ihm  den  schliesslichen  Sieg  über  Grjpos  ver- 
schafft; nach  dessen  Flucht  war  kein  Grund  mehr  zum  Ver- 
bleiben dieser  Hülfstruppen  vorhanden  und  eben  aus  ihrer 
sei  es  von  Kyzikenos  angeordneten  oder,  worauf  der  Ausdruck 
iQTjßiov  führen  könnte,  von  Ptolemaios  verlangten  Entlassung 
erklärt  sich  der  Umstand,  dass  der  zurückgekehrte  Grypos  ihn 
wieder  besiegen  könnte.  Das  Verhältniss  der  Lagiden  zu 
jenem  musste  jedenfalls  nach  dem  Sturz  des  Grypos  ein 
anderes  werden.  Nachdem  Antiochos  Megas  im  J.  198  dem 
Ptolemaios  Epiphanes  Koilesyrien  entrissen  hatte,  bildete  der 
Wiedergewinn  dieses  Landes  den  Mittelpunkt  der  ägyptischen 
Politik;  aber  der  Krieg,  welchen  der  junge  Ptolemaios  Philo- 
metor  seinethalben  169  anfing,  fiel  unglücklich  ffir  ihn  aus 
und  machte  den  Sieger  Antiochos  Epiphanes  vorübergehend 
zum  Herrn  Aegyptens.  Erst  die  inneren  Wirren  Syriens 
brachten  Aegypten  in  Vortheil.  Ptolemaios  Philoraetor  gab 
dem  falschen  Prinzen  Alexander  Bala  seine  Tochter  zur  Fran, 
unterstützte  aber,  als  jener  zu  selbständig  auftrat,  den  Deme- 
trios  II;  Ptolemaios  Physkon  stellte  selbst  einen  falschen  Se- 
leukiden,  den  Alexander  Zabina  diesem  gegenüber,  wandte 
aber,  als  dieser  ebenfalls  sich  zu  fühlen  anfing,  seine  Gunst 
dem  Grypos  zu.  Ohne  Zweifel  war  es  der  Grundsatz,  Syrien  zu 
schwächen  und  von  zwei  dort  Streitenden  immer  den  schwäche- 
ren  zu  begünstigen,   welcher  den  alexandrinischen  Hof  be- 


Zu  Joeephos,  603 

stimmte,  dem  Ejzikenos  das  Heer  zu  belassen,  welches  ihm 
Eleopatra  eigenmächtig  zugeführt  hatte,  und  wiederum  zu 
Gunsten  des  Rebellen  Hyrkanos  jenem  das  eben  eingenommene 
Joppe  zu  entreiesen,  als  er  mit  Grypos  fertig  geworden  war. 
So  darf  es  auch  nicht  Wunder  nehmen,  dass  derselbe  Ptole- 
raaios  Lathuros,  welcher  Joppe  befreit  hatte,  einige  Jahre 
später,  als  Kyzikenos  nur  noch  Eoilesyrien  behauptete,  diesem 
HQlfstruppen  schickte. 

Porphyrios  lässt  die  1jährige  AUeinherrachaft  des  Kyzi- 
kenos Ol.  167,  1  (v.  Chr.  113/2)  anfangen  und  167,  2  enden; 
hiernach  begann  sie  frühestens  im  Herbst  113  und  endigte 
spätestens  im  Sommer  111.  Wir  dürfen,  wenn  Kyzikenos 
den  Einfall  in  das  jüdische  Gebiet  nach  dem  Sieg  über 
Grypos  gemacht  hat,  diesen  in  den  Frühling  und  das  Senatus- 
consult  in  den  Sommer  112  setzen. 

5.  In  der  verdorbenen  Stelle  xal  i^fj  amdlg  Ix  twv 
h/jUvü)v  fjLTiS^  i^ayayeiv  setzt  Gronovius  avxcbvj  Gutschmid 
avtcp  an  die  Stelle  Ton  avxoig;  dem  Antiochos  wäre  hiernach 
die  Ausfuhr  aus  jüdischen  Häfen  ganz  verboten  worden.  Dies 
ist  unverständlich:  sein  Gebiet  grenzte  ja  auch  zu  Land  und 
zwar  auf  allen  Seiten  an  das  jüdische.  Besser  hat  wenigstens 
den  Sitz  des  Fehlers  der  Leser  erkannt,  von  welchem  die  in 
4  älteren  Hdss.  begangene  Weglassung  der  Negation  herrührt: 
denn  diese  müsste  vor,  nicht  nach  i^ß  stehen  und  auch  nicht 
durch  fitjdi^  sondern  durch  /Lirjdev  ausgedrückt  sein.  Der 
Gedanke  jedoch  wird  durch  die  aus  äusseren  Gründen  an  sich 
schon  verwerfliche  Weglassung  keineswegs  ein  besserer:  dass 
die  Juden  erst  Roms  Erlaubniss  zur  Ausfuhr  aus  ihren  eigenen 
Häfen  bedurft  und  bekommen  hätten,  wäre  ebenso  wenig 
glaublich,  als  dass  die  Römer  sie  ihren  Bundesgenossen  und 
Schützlingen  verboten  hätten;  dazu  kommt  auch  hier,  dass 
man  eine  Angabe  über  den  Handel  zu  Land  vermissen 
würde.  Die  Ausfuhr  erlaubt  man  aus  seinem  eigenen  Gebiet, 
und   aus  der  Beschränkung   auf  die  Häfen,    während   gleich 


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605 


Üeber  einige  Gommentatoren  zu  Sütren 
des  weissen  Tajnrveda. 

Von  R«  Simon. 

(Vorgelegt  am  7.  December.) 

I.   Karka. 

An  der  Spitze  der  uns  ihren  Werken  oder  ihren  Citaten 
nach  bekannten  Gommentatoren  zu  den  Sutren  des  weissen 
Yajurveda  steht  Karka.  Er  wird  als  Autorität  angeführt 
sowohl  von  Yäjnikadeva,*)  Deva,*)  Ananta')  und  Mahädeva*) 
zu  Kätyayana's^rautasutra,  als  auch  von  Harihara,*)  Re^iuka,^) 
Jayaräma,*')  Gaflgadhara®)  und  Rämakr^^a®)  zu  Päraskara's 

1)  Siebe  S.  619  Anm.  2. 

2)  The  wbite  Yajurveda  ed.  A.  Weber,  III.  Bd.  1856—9,  S.  967, 
991,  1022,  1058,  1092,  1104. 

8)  Ibid.  S.  VII.  VIII  der  Vorrede,  ferner  S.  214. 

4)  Ibid.  S.  (204),  227,  236,  256,  257,  264,  270,  276,  284,  300, 
301,  302,  346,  352,  376,  411. 

5)  Vgl.  weiter  unten  seine  Citate. 

6)  Siebe  seine  Citate. 

7)  Ms.  Chambers  373:  fol.  la:  drs^vä  Earkamukhaih  krtani 
bAbu90  bbäsyS^i  u.  s.  w. 

fol.  75b:  grhyabbäsyam  alekbTdam  dr^tvä  Kark5dikau9alarn  / 
fol  76a:  Karkädidvijavargäi^äm  drstva  bbäsyani  bhüriyah  | 

grhyasya  sa  priyam  bbäsyani  Jayarämo  *likbat  spbutam  • 

8)  Speijer,  De  ceremonia  apud  Indes  quae  vocatur  jätakarma. 
Leiden  1872.    S.  24. 

9)  Meine  .vedischen  Schulen*^  S.  40. 

1895.  Sitsangsb.  d.  pbil.  a.  hlBt.  Gl.  39 


606  B.  Simon 

Grhyasutra,  und  es  ist  zum  grössten  Theil  seine  Weisheit, 
aus  der  seine  Nachfolger  bei  der  Erklärung  des  Opferrituals 
und  der  häuslichen  Culte  des  weissen  Yajurveda  ihre  Fäden 
gesponnen  haben,  indem  sie  zwar  nur  durch  das  Mass  von 
Unselbständigkeit,  mit  der  sie  hierbei  zu  Werke  gegangen 
sind,  sich  Yon  einander  unterscheiden,  durch  diese  Unselb- 
ständigkeit aber  eben  zu  schätzbaren  Trägern  altiiberkommener 
Auslegungen  und  Anschauungen  werden  und  uns  Gewähr  für 
die  Continuität  der  Tradition  leisten. 

Der  jüngste  unter  diesen  Commentatoren,  Rnmakr^aa, 
ein  wenn  auch  später,  so  doch  wichtiger  und  zuverlässiger 
Compilator,^)  welcher  auch  den  Gommentar  des  Karka  nach 
eigenen  Angaben  gründlich  benutzt  hat,  theilt,  bei  Gelegenheit 
der  Aufzählung  der  alten  smrtikartaras  bezw.  dharmafästra- 
pravartakiis,*)  diese  in  munis  und  paurusäcärySs,^)  ihre  Lehr- 
bücher in  är§eyani*)  und  pauru^a^i  ^ästragii*)  ein,  worin  er 
nur  alter  traditioneller  Auffassung  von  dem  Gegensatz  zwischen 
heiliger,  geofifenbarter  und  menschlicher  Lehre  folgt.')  Wäh- 
rend nun  zwar  Karka  nicht  zu  den  munis,  vielmehr  zu  den 
Lehrern  gehört,  die  pauru^äcaryas  genannt  werden,  so  werde 
doch,  so  fährt  Käniakr^^a  fort,  Karka's  (sowie  Harihara's, 
Vasudeva*s,  YajSikadeva's,  Re^uka^s)  Ansicht   einem   ,muni- 


1)  SteDzler,  Uebersetznng  des  Päraskara.     Abhdl.  K.  M.  VI,  4. 
Leipzig  1878.     S.  VIII  ff. 

2)  Neue  Lehrernamen  bieten   die  Anfzählungen,    die  ^^nkhali- 

khitiu  (bei  Hemädri  I,  S.  527),  ferner  Paitblnasi  (ibid.),  Angirds  (l.  c. 
S.  528),  Yama  (1.  c,  II,  S.  19)  meist  in  metrischer  Form  geben.  So 
gut  wie  nichts  Neues  bringen  die  Citate  im  Madanaparijäta  des 
Vi9ve9varabhatta  hierfQr  bei. 

3)  Vedische  Schulen  S.  56. 

4)  Nyäyamälävistara  I,  3,24  (nach  Muir,   Orig.  S.  T.*  H.  179) 
hat  dafür:  apauru.sejäh  (sc.  ManvädismrtayaJ^). 

5)  Vedische  Schulen  S.  57. 

6)  So  z.  B.  schon  Yäska,  Nir.  II,  208, 1,  20. 


Üeher  einige  Commentataren  zu  Sütren  etc.  607 

mafcam^  gleichgeachtet,  im  Falle  die  heilige  Ueberlieferung 
versage,  und  sein  Ausspruch,  da  dieser  unmittelbar  auf  jene 
zurückginge,^)  nach  der  übereinstimmenden  Meinung  der 
Gelehrten,')  für  ein  ,muniyäkyam^  gehalten.  Selbst  wenn 
keine  anderen  Indicien  vorlägen,  so  dürfte  hieraus,  aus 
Karka's  Qleichschätzung  mit  einem  muni,  schon  auf  ver- 
hältnissmässig  entlegene  Zeiten  geschlossen  werden,  denen 
wir  ihn  zuweisen  dürfen. 

Den  Namen  Karka  treffen  wir  nicht  allzuhäufig  in  Indien 
an:  in  den  Formen  Kakka,  Karka,  Kakkala,  Kakkara^)  u.a.m. 
Schon  früh  erscheint  er  so  in  der  Familie  der  Kästrakiita- 
Försten  von  Mslkhöd  (Manyakheta),*)  in  der  uns  schon  um 
das  Jahr  685  ein  Herrschet  dieses  Namens,  Karka  oder 
Kakka  L,  entgegentritt,*)  derselbe,  dessen  dritter  Nachfolger 
Indralll.  Haupt  des  einen  Zweiges  dieser  Fürsten  auf  Gnjarät 
wurde.*)     Karka  III.,  welcher  um  973  regierte,  ist  der  letzte 


1)  MuDiväkjanäm  utpannatvät. 

2)  9i?^^&mmatvät. 

3)  cfr.  Bflhler,  Ueber  das  Leben  des  Jainamönches  Heinacandra. 
Wien  1889.    Anhang,  Anm.  37. 

4)  Zusammenfassend  siehe  Sewell,  Lists  of  inscriptions  and  sketcli 
of  the  dynasties  of  southem  India  (Arcbaeological  Survey  of  Southern 
India  vol.  II).  Madras  1884.  S.  232  ff.  —  Ferner  Fleet,  Torkhede 
copper-plate  grant  of  the  time  of  Govindaräja  of  Gujarät  in  Epigr. 
Ind.  III,  58 

5)  cfr.  Bühler,  Da9a  avatara  inscription  at  Elurd.  in  Arch.  Survey 
of  Western  India  V,  1883,  S.  89  u.  m. 

6)  Von  vollständiger  Deutlichkeit  scheinen  die  Verwandtschafts- 
verh&ltnisse  zwischen  der  Haupt-  und  Nebenlinie  noch  nicht  zu  sein. 
So  kann  doch  wohl  schwerlich  Govinda  III.,  nach  Fleet,  1.  c.  S.  53, 
zugleich  Onkel  des  Govinda  von  Gujarät  und  Onkel  des  Karka  II. 
sein.  Und  wie  kann  damit  vereinigt  werden,  dass,  nach  Hultzsch, 
A  räs(rakO^  grant  of  Krsi^a  II:  Ep.  Ind.  I,  52,  Indra  III.,  der  jüngere 
Bruder  des  Govinda  III.,  zugleich  ein  Vetter  des  Karka  II.  von  Gujarät 
sein  soll? 

39* 


608  ß,  Simon 

jener  Familie.^)  Ferner  ist  ein  Kakka,  Sohn  des  Bhilladit^'a, 
in  einer  Steininschrift  als  mächtiger  Herrscher  aus  der  Familie 
der  Pratihara-Fürsten  bezeugt,*)  welche  wahrend  des  8.  und 
9.  und  vielleicht  bis  in  die  erste  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts 
im  Marwar-District  von  Räjputana')  regierte.  Früher  noch 
als  innerhalb  dieser  beiden  Fürstenfamilien  finden  wir  Karka 
als  Name  für  Brahmanen.  In  einer  Inschrift  aus  dem  Jahre 
95ka  394  (=  472/73)  wird  unter  den  zu  beschenkenden 
Brahmanen  ein  Karkka  aus  dem  Lak^ma^a-gotra/)  ein 
Earkka  (Paus  dem  Vatsa-gotra)  *)  aufgeführt,  in  zwei  Land- 
schenkungs- Urkunden  aus  dem  Jahre  9äka  380  und  385 
(?  =  458/9  bezw.  463/4)  Karkkadhyapaka  aus  dem  Dhüm- 
r5ya^ia(Dhaumraya9a)-gotra®)  genannt.')  In  einer  Inschrift 
9äka  627  (=  705/6)   finden   wir  einen  Earkkasvamiu  ^)    aus 


1)  Er  wurde  besiegt  von  Tailapa  IL  von  KaIjSQa  (I.  A.  VI,  59), 
welcher  niederwarf  ,Karkararavastambhau*  (I.A. XVI,  18.23;  XXI,  167). 
Die  Familie  hat  jedoch  noch  bis  982  geblüht.  J.  F.  Fleet,  Calcnlations 
of  ffindu  dates  No.  47  (I.  A.  XX,  35). 

2)  Jodhpur  inscription  of  the  Pratibära  Bäuka  by  Munahi  Debi- 
prasäd  of  Jodhpar  in  J.  R.  Ab.  Soc.  1894  8.  1  ff. 

3)  MaQiJavyapura  der  Inschrift  =  Mandor  nach  dem  Heraiu- 
geber.    Auf  der  Landkarte  heisst  es:  Mandra. 

4)  Fleet,  Sanskrit  and  old  Canarese  inscriptions  No.  46  im 
L  A.  VII,  248  =  Dowson,  J.  R.  As.  Soc.  new  eeries  I,  247,  welcher 
statt  Eärkkasya  «Eärkusya*  liest. 

5)  Fleet,  ibid.  S.249  =  Dowson  ib.  S.269:  bei  Beiden  »Earkrsya*. 

6)  Schon  von  A.  Weber,  I.  L.  ^  S.  166  Anm.  152  herangexof^en. 
Säyapa  zu  Para9ara8mrti  I,  1,  S.  99  Z.  7  erw&hnt  Dhumräyapakrtäh 
(dharmSh).  Dhümravarqa  bei  V;*ddhagautama  S.  766.  DhQmra  h&ofig 
bei  Hemädri. 

7)  Während  in  allen  diesen  Zeugnissen  der  Name  aller  anderen 
Brahmanen,  denen  etwas  geschenkt  wird,  im  Dativ  steht,  steht  merk* 
würdiger  Weise  der  des  Karka  statt  des  zu  erwartenden  Dativs  steta 
im  Genetiv. 

8)  Ueber  svSmin  als  Namenbestandtheil  siehe  R.  0.  Bhandarkar, 
Report  etc.  1883/84  S.  31. 


Ueber  einige  Comtnentatoren  zu  Sütren  etc,  609 

dem  Kau9ika-gotra.  ^)  In  der  Mandasör-Inschrift  des  Yafo- 
dharman  um  530^)  heisst  der  Vater  des  Vasula,')  welcher  die 
Qloken  der  Inschrift  verfasste,  Kakka.  Sehr  beliebt  scheint 
der  Name  unter  den  Jainapriestern  gewesen  zu  sein.  Aliein 
in  der  Patt^yall  des  Upake9agaccha/)  welche  bis  auf  Par^va- 
natha  zurückgeführt  wird,  heissen  unter  den  75  aufgeführten 
Oberhauptern  18,  also  nahezu  der  vierte  Theil,  Eakka,  von 
denen  die  ersten  7  vor  das  Jahr  939  fallen.*) 

Nach  Aufrecht^)  befindet  sich  unter  den  Dichtern,  deren 
Strophen  Qrldharadasa  in  seinem  Süktikar^amrta  zusammen- 
stellt, auch  ein  KarkarSja.  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich, 
dass  dieser  Karkaräja  identisch  ist  mit  Karka  IL,  welcher 
um  812  in  Gujarat  regierte,  aus  der  Familie  der  Rä^t^aküfas, 
dem  Sohne  des  Indraraja. '^)  Denn  unter  allen  Rästraküta- 
Fürsten,  welche  sich  Karkaräja  nennen,  ist  er  der  einzige, 
dessen  literarische  Interessen  und  dessen  Beschäftigung  mit 
den  Wissenschaften  inschriftlich  bezeugt  sind.  Von  ihm 
heisst  es:^) 

9ästrarthabodhasukhalalitacittayrttih. 

In  einer  anderen  Inschrift,')  die  sich  auf  ihn  bezieht, 
wird  von  ihm  gesagt: 

(astrarthabodhaparipalitasarvaloka^. 


1)  Fleet,   Sanskrit   and   old  Canarese   iDscriptiona   No.  68   im 
I.  A.  IX,  S.  131. 

2)  Corp.  I.  Ind.  III,  142  No.88  u.  149,  No.84:  »Eakkasya  sünnnä*. 
8)  Väsula  kommt   in   der  Ehoh-Inschrift  aas   dem  Jahre  482/3 

auch  als  Gk>tra-Name  eines  Ka^ba- Anhängers  vor.    Corp.  I.  Ind.  III,  103. 

4)  Eingeleitet  und  übersetzt  von  Hoernle.     I.  A.  XIX,  S.  233  ff. 

5)  Siehe  Hoernle,  I.  c.  S.  240. 

6)  Catalogos  Catalogomm.    Leipzig  1891.    S.  82. 

7)  Lassen,  I.  Alt.  III,  537  ff.    Sewell,  I.  c.  283.    Fleet,  1.  c.  58. 
BOhler,  I.  A.  VI,  59  n.  Arch.  Sorvey  of  Western  India  V,  S.  88  Z.  16. 

8)  Bflbler,  Inscriptions  from  Kävi.  L  A.  Y,  147  Z.  81  u.  XII,  179. 

9)  Account  of  Tamba  Patra  Plates  dag  up  at  Baroda  in  Goojrat 
by  H.  T.  P  (rinsep)  im  J.  A.  S.  ß.  VIII,  292  ff. 


610  B.  Simon 

Dass  gerade  diese  Eigenschaften  an  ihm  besonders  her-* 
vortraten,  dafür  scheint  noch  der  Umstand  ins  Gewicht  zu 
fallen,  dass  seine  übrigen  Qualitäten,  welche  in  den  ihm 
gewidmeten  Versen  zu  rühmender  Anerkennung  gelangen,^) 
sowohl  ihm  als  auch  Karka  I.  zugesprochen  werden,^)  dass 
aber  die  eine  in  unmittelbarem  Zusammenhang  mit  diesen 
genannte  literarische  Qualität  auf  ihn  allein  beschränkt 
bleibt.  Zwar  wird  in  der  oben  genannten  Inschrift  (Z.  25) 
auch  von  Kakka,  dem  Sohn  des  Bhilläditya,  gesagt: 

[tato?]  vyäkara^am  ta[rkko]  jyotihfästram  kalsnvitam  | 
sarvvabhasakavitvam  ca  vijnätam  suvilaksa^am  || 

wonach  auch  er  auf  den  Ruhm  eines  Dichters  Anspruch 
erheben  dürfte.  Doch  werden  wir  Bedenken  tragen,  den 
im  Süktikar^ämrta  überlieferten  Vers  ihm  zuzuweisen,  da 
(^rldharadasa  den  Verfasser  desselben  ausdrücklich  Karkaraja 
nennt,  die  in  der  Inschrift  aufgeführten  Pratihara- Fürsten 
aber  nur  Eakka  heissen.  Die  volle  Form  KakkarSja  als  Name 
und  Titel  findet  sich  scheinbar  nur  bei  den  Rästraküta- 
Fürsten.  Auf  diese  Familie  werden  wir  also  von  vornherein 
mit  grösserer  Wahrscheinlichkeit  hingewiesen ,  wenn  wir 
überhaupt  den  Versuch  machen,  nach  dem  spärlichen  Material 
den  Karkaraja  des  (^ridharadasa  zu  identifizieren. 

Kehren  wir  zu  Karka,  dem  Commentator  des  weissen 
Yajurveda,  zurück.  Durfte  oben  bereits  im  Allgemeinen  ein 
ziemlich  hohes  Alter  für  ihn  in  Anspruch  genommen  werden, 
so  ist  im  Besonderen  darüber  Folgendes  zu  bemerken.  Karka 
wird  citirt  von  Hem5dri,  welcher  unter  dem  König  Mahadeva 
von  Devagiri  (1260 — 71)  und  seinem  Nefien  und  Nachfolger 
Räraacandra  (1271 — 1309)  lebte.     HemSdri  citirt   ihn   zwar 


1)  Yo  gau^anämapariväram  uvaha  pürvam  (mukhyam) 
9rlkar(k)karäjasubhagay7apade9am  uccail^  || 

2)  J.  A.  S.  B,  VIII,  294  v.  4  =  Ep.  Ind.  III,  B5  Z.  10  und  I.  A. 
V,  U7  V.  81, 


Ueber  einige  Commentatoren  zu  Sütren  etc.  611 

sehr  häufig,  jedoch  nur  im  3.  Theile,  dem  Pari9esakha94ä 
des  Caturvargacintama^i,  indem  er  in  den  meisten  ITällen 
sich  oder  andere  in  Gegensatz  zu  der  von  Karka  vorgebrachten 
Ansicht  setzt,  den  er  bald  EarkopSdhyaya,  bald  Upädhyäya- 
karka,  bald  Adhyapakakarka,  bald  schlechthin  nur  Karka 
nennt. ^)  Der  Caturvargacintäma^i  ist  spat  verfasst.  Harihara 
nämlich,  mit  dem  Beinamen  Agnihotrin,  der  Gommentator 
zu  Päraskaragrhyasütra ,  citirt  unter  seinen  Vorgängern 
Re^uka^)  und  Karka;  Re9uka  citirt  wiederum  Karka.') 
Einerseits  ist  nun  für  Re^uka  als  Abfassungszeit  seines 
Gommentares  das  Jahr  1266  durch  seine  eigene  Angabe 
sicher  bezeugt,  andererseits  wird  sein  Nachfolger,  der  eben 
genannte  Harihara,  häufig  von  Hemädri  citirt.*)  Ihr  Ver- 
hältniss  zu  einander,  wie  sie  sich  gegenseitig  citiren,  stellt 
sich  graphisch  so  dar: 

Hemädri  unter  den  Yadava-Pürsten  1260-1309 

Harihara 

RcQuka  um  1266 

Karka. 


1)  Nach  der  Ausf^abe  in  der  Bibliotheca  Indica  im  111.  Theil: 
1.  ^fäddhakalpa :  Karkopädhyäya:  83,7  v.u.;  157,  14;  1050,8  v.u.; 
1052,3;  1053,1;  1065, 6  v.u.;  üpädhyäyakarka :  1209,5;  1210,1; 
1281,8;  1326,9;  1361,13;  1435,14;  1453,10;  1481,4  v.u.;  Adhya- 
pakakarka: 1124,9  v.u.;  Karka:  1405,  3  v.u.;  1435,3  v.u.;  1438,11; 
1452,9;  1454, 6  v.u.;  1561,2;  2.  Kälanirnaya:  Karkopädhyäya :  326, 4 
V.  u.;  380,  8  v.  u.;  597,  8;  610,  8. 

2)  Siehe  weiter  unten. 

3)  Siehe  unten.  ReQuka  citirt  ihn  einmal  unter  dem  Namen: 
Karkopädhyäya,  sonst  nur:  Earka;  Harihara  jedoch  nur:  Karko- 
pädhyäya. Kämadeva,  KarmapradTpikä  (Ms.  Chambers  457 d)  fol.  Ib: 
Earka,  sonst,  s.  6.  fol.  39a,  41a:  Karkopädhyäya.  Rämakrsi;ia  stets: 
Karkäcärya.    Vgl.  S.  605  Aura.  7  und  S.  619  Anm.  2. 


612  B.  Simon 

Hieraus  folgt,  dass  Hemädri  mindestens  ein  jGngerer 
Zeitgenosse  des  Harihara  gewesen  sein  moss,  und  möglicher 
Weise  auch  Bepuka  an  der  Lebenszeit  des  Haiihara  oder 
sogar  an  Beider  Lebenszeit  einen  gewissen  Antheil  gehabt 
hat.  Damit  aber  nun  Einer  den  Andern  als  Vorgänger 
oder  als  zeitgenössische  Autorität  citiren  kann,  wird  es 
nöthig  sein,  den  Zeitraum  zwischen  ReQuka  und  HemSdri 
möglichst  gross  anzusetzen,  und  da  f&r  Ersteren  das  Jahr 
1266  als  Grenze  nach  rückwärts  festgelegt  ist,  wenigstens 
die  Abfassungszeit  des  Caturvargacintama^i  möglichst  spat 
—  frühestens  um  1300  —  hinunterzudrücken.  Durch  Re- 
Quka  wird  aber  des  Weiteren  nun  auch  die  Zeit  des  Karka 
genauer  bestimmt  und  als  unterste  Grenze  fQr  ihn  die  erste 
Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  festgelegt.^)  Eine  weitere  Be- 
stimmung nach  rückwärts  steht  offen.  Hemadri  nämlich 
citirt  Trika9(}ama9(}ana  Bhaskarami9ra,^)  den  Verfasser  der 
Apastambadhvanitak3rik3s.  Wie  Bhandarkar  in  seiner  Analyse 
dieses  Werkes  gezeigt  hat,')  citirt  dieser  Trika^^&mavdana 
Karka  und  eine  von  ihm  verfasste  paddhati.  Folgen  wir  der 
Ansicht  Bhandarkar 's,  bo  muss  TrikS^^ama^^^na  wenigstens 
1—200  Jahre  vor  Hemadri,  d.  h.,  wenn  wir  für  letzteren 
als  runde  Zahl  das  Jahr  1300  annehmen,  also  um  1200  bis 
1100,  möglicher  Weise  schon  im  11.  Jahrhundert  gelebt 
haben.  Da  nun  Karka  einerseits  von  Trika^cJamaQ^ana 
citirt  wird,  andererseits  nach  den  Mittheilungen  Kielhom's*) 

1)  Dass  Säya^a  den  E[arka  citirt,  hat  bereite  A.  Weber,  Vor- 
lesungen über  indische  Literaturgeschichte,  ^  1876/8  Berlin,  S.  156, 
bemerkt. 

2)  Im  Pari9e8akhaQ4a:  I:  8.  802,  805,  807,  1881.  II:  S.  14,  15, 
161,  163,  222. 

8)  R.  G.  Bhandarkar,  Report  on  the  search  for  sanskrit  mana- 
scripts  in  the  Bombay  presidency  during  1883/84.  Bombay  1887. 
S.  27—29. 

4)  A  catalogue  of  S.  Mss.  ezisting  in  the  Central  pronncei 
prepared  by  order  of  E.  Willmot  edited  by  P.  Kielhom.  Nagpw 
1874.    S.  178  No.  113  (jedoch:  Trikav^ama^ijÄna). 


Üeber  einige  CommerUataren  eu  StUren  etc,  t)13 

einen  Gommentar  zu  TrikaQ4aD3&94Anft^8  Werk  verfasst  hat, 
80  sind  Beide  Zeitgenossen  und  Karka^s  Zeit  ist  durch  die 
Trika^^aniav^äna^s  aufs  Genaueste  bestimmt  —  unter  der 
Voraussetzung,  dass  unser  Karka  mit  dem  Verfasser  der 
paddhati  und  dem  Commentator  des  TriksUi^^maQJ&na  iden- 
tisch ist,  einer  Voraussetzung  allerdings,  die  nichts  weiter  für 
sich  anzufahren  vermag,  als  dass  ihr  nichts  widerspricht. 

Literarisch  thätig  kennen  wir  femer  noch  unter  den 
Jainas  einen  Kakka,  der  nach  Ausweis  der  Paf^ayali  des 
Upake^agaccha ^)  Zeitgenosse*)  des  Hemacandra  war,  zu 
dessen  Grammatik  er  einen  Gommentar')  verfasste.  Er  hat 
um  1230  gelebt  und  muss  so  identisch  sein  mit  dem  Kakkala, 
auf  dessen  Befehl  Gu^acandra,  der  Schüler  Devasüri^  eben- 
falls einen  Gommentar  zu  Hemacandra*s  Grammatik  schrieb.^) 

Im  Folgenden  soll  nun  nur  die  Rede  sein  von  dem 
Karka,  welcher  Commentare  zu  KätyHjana^s  (^rautasütra 
und  Paraskara^s  Grhyasütra  rerfasst  hat.  Bekanntlich  hat 
Weber  bei  der  Herausgabe  des  Qrautasütra  kein  vollständiger 
Gommentar  des  Karka  vorgelegen,  sondern  nur  die  Theile 
zu  111,  8,  31  —  IV,  15,  30  und  der  ganze  zweite  Theil  zu 
adhy.  XII  —  XXVI ;  *)  letzterer  ist  vollständig  abgedruckt. 
Auf  den  ersten  Theil  musste  somit  leider  verzichtet  werden. 
Beide  Theile  geben  vollständig  die  Handschriften,  welche 
Shridhar  R.  Bhandarkar  in  seinem  Gatalogue  of  the  coUections 


1)  ed.  Hoernle,  I.  A.  XIX,  233. 

2)  1.  c.  S.  241. 

3)  «Eakkalasya  vyäkhya*  cfr.  Kielhorn,  Indra^omin  and  other 
j^ammarians  I.  A.  XV,  181.  Kakkala  Deminutivum  zu  Karka  oft'. 
Buhler,  Ueber  das  Leben  des  Jainamönches  Hemacandra.  Wien  1889. 
S.  17  u.  Anm.  37. 

4)  A.  Weber,  Katalog  der  Berliner  Sanskrit-  und  Präkrit-Hand- 
schriflen  II,  1  S.  254  und  Aufrecht,  Catalogus  Oxoniensis.  Oxonii 
1867.    S.  171a. 

b)  The  white  Yajurveda  part.  III  ed.  by  A.  Weber.  Berlin- 
London  1866—9.    S.  VIL 


614  B.  Simon 

of  Manuscripts  deposited  in  the  Deccan  College  (Bombay 
1888)  unter  No.  XIV,  68  und  69  S.216  aufführt.  Die  erste  der- 
selben —  314  Blätter  zu  je  9  Zeilen,  31,4  cm  breit,  12,4  cm 
hoch  —  umfasst  den  pürvärddha  (adhy.  I — XI),  die  zweite 
—  187  Blätter  zu  je  11—12  Zeilen,  27,4  cm  breit,  11,4  cm 
hoch  —  den  uttarardha  (adhy.  XII  —  XXVI).  Eingeleitet 
wird  der  Commentar  durch  den  Vers: 


(^riga;^e9äya  namah  j| 

TrayTsusamvittivivekanirnialat  samagranih9reyasasiddhi- 

hetavah  | 

Sama8ta9Sstrartha8utattyabodhaka  jayanti  Kätyäyanapa- 

dapäipsavah  ,  1  , 

Sodann  beginnt  der  Commentar  selbst.     Derselbe  lautet 
zu  I,  1,  1  und  2: 

Athato  'dhikarah  ]  1  || 

yyakhyäsyata  iti  sfitra^esah  l|  9astraprayojanasambandhabhi- 
dhänam  dar9apuroaroasadau  krtam  |  idanim  padärthamatra- 
vyakhyänam  kriyate  ||  tatrayam  atha9abdah  purvavrttayedü- 
dhyayanantaryaprajnaptyarthah  |  pürvam  vrtte  hi  vedädhya- 
yana  uttaro  vie&ra  upapadyate  |  vedavakyarthanirnpavam  liy 
atra  bhavati  {  atah9abdas  tad  eva  Tedadhyayanain  hetutvena 
pradar9ayati  {  yasmsd  adhito  vedo  'ta  uttarakälam  vic^ra- 
syävasara  iti  i|  adhik3ra9abdena  ca  karmavisayah  kartr^ysparo 
'bhidhlyate  '[  pratijnjlsutram  etat  |  pratijnatam  idam  adhikSro 
yyakhySsyata  iti  |  pratijnakara^aip  9i9yabuddhisaniadhänär- 
tham  I;  apare  tv  anyathä  vyäcaksate  i,  nityanaimittikakämya- 
karmanibandhanottarakalam  gcEryeQa  paribhasopanibaddha  | 
tatrlTyam  atha9abdah  karmSnantaryaprajnaptaye  jj  hetvarthaf 
cätah9abdah  |  yasmad  abhihitani  karmSuy  atas  tesv  adhikäro 
'bhidhiyate  |  ka  etair  agnihotradibbir  adhikriyata  iti  |  evam 
pratijnate  satldam  vicaryate  ■  kirn  phalavanti  karma^y  uta- 
phalavanti  |  kirn  tSvat  präptam  i  aphalavantlti  brömah  |  na 


üeber  einige  Commentatoren  zu  Sütren  etc.  615 

hi  tatsamanaDtararn  phalam  upalabhyate  |  ägamo  'pi  nai- 
vamvidho  'sti  |  yenSgnihotradibhih  svargah  sadhyata  iti  {| 
nanu  cägnihotram  jahuyat  svargakSraah  |  daryapuraamasa- 
bhyäm  syargakämo  yajetety  evatn  ädina  phalavattavagarayate 
naitad  evam  |  tatra  hi  yägahoraayob  (rutyS  vidhsnam 
yajeteti  ySgasya  kartavyatocyate  |  juhuyad  iti  ca  horaasya 
na  cänyat  padantaram  asti  yatah  phalam  upalabhyeta  |  dar- 
9apür9amäsa9abdah  karma^i  vartate  'gnihotra9abda9  ca  | 
svargakama^abdena  ca  ka[nieuä]vi9is(ah  puruso  'bhidhlyate  || 
yajetety  anena  ca  yägasya  kartavyatocyate  9rutyä  |  evam 
juhuyäd  iti  homasya  |  tena  yatra  phalabiiddhih  samrteti  { 
evam  prapta  ucyate 


pbalayuktani  karma^i  {j  2  || 

pbalasya  sadhakanlty  arthah  |  kasmad  vakyat  |  dar9apnr9a- 
masabhyäm  svargakSmo  yajeta  |  agnihotram  juhuyat  svarga- 
kama  iti  ca  ||  nanöktam  yo  \ra  kartavyatävacanah  sa  y^gasya 
[kartavyatani  aha]  homasya  ca  <  naitad  evam  |  y^gasya  karta- 
vyatayäm  hi  vidhTyaraanayäin  vakyam  evedam  anarthakam 
syat  I  na  hi  yägenänyasya  sadhyata  |  anena  yägo  'py  anar- 
thako  vakyam  ca  j  atha  tu  yagah  sadhanatvena  vidhTyate 
svargam  ptati  tadadhatvarthavidbanena  9rutir  apy  anugrhyate  | 
vakyam  apy  arthavad  bhavati  |  na  ca  vedamatrasySpy  anar- 
thakyam  isyate  {  tasmat  svargah  sSdhyo  yaga9  ca  sadhanaip  { 
tat  katham  iti  cet  |  ilia  svargakamo  yajeteti  yad  advayam 
api  na  vidhayakam  na  vänuvadakaip  |  na  hi  dvayor  vidhT- 
yaraanayoh  paraspare^a  sambandho  bhavati  ]  na  canüdyarafi- 
nayoh  |  tasmat  tatraikam  ^  padam  udde9akam  anyat  pratinir- 
de9akam  iti  |  tatra  [yadi]  y5godde9ena  svargakamo  vidhTyate 
svargam  kamayamänena  yägah  kartavya  iti  tada  väkyarthah 
tatha  sati  väkyasyanarthakyam  bhavati  yägasya  cädrstapari- 
kalpanam  svargakämatäyä9  ca  atha  tu  svargakäraodde9ena 
yago  vidhTyate  tada  [sa]  tasyopakärako  bhavati  |  purusapra- 
yatnarOpo  hy  asau  |  svargakämasya  caneke  upakäräh  |  putra- 


616  JB.  Simon 

pa^vSdilSbharupSh   l|   tatra    caikayakyopattaip    svargam    eya 
sadhayatiti  |  nätlya  c5drs(aparikalpana  tasmat  svarga^  sadhyo 
yagaf   ca  sadhanam  |l  api  ca  yEgasya   kartavyatayäm   asä- 
manjasyam  sySt  |  syargam  k^mayate  yagam  karotiti  |  tasmafc 
8yargakamodde9ena  yagavidhanam  |  ataf  ca  phalavanti  kar- 
mS^tty  uktam  ||  aha  ca  | 
svargakämo  yajeteti  dve  pade  ced  vidhayake  | 
parasparam  asambandhö  nanuvado  'pi  yajyate  ;| 
ato  'nädyapadenaike  napare^a  yidhlyate  | 
yadi  tatraiya  sambandh&s  tato  yujyeta  nSnyatha 
anudya  yadi  yagaip  tu  syargakamo  yidhlyate  | 
kamanayas  tatbs  yagad  adrstam  kalpam  eya  hi 
svargakümam  anüdyatha  yadi  yago  yidhlyate  | 
tasyopakarakatyena  tatah  syargasya  sadhyate  |l 
prayatuaröpo  yago  ^jSim  oihphalah  sa  ca  nesyate 
yidheyo   pi  hi  sädhyasya  sadhanatyena  jayate  j| 
svarga9  ca  sadhyo  nanyat  tat  sadhyam  kimcid  apisyate 
prayatnarüpo  yago  'pi  tena  syat  tasya  sadhanam  || 
uddi9ya  syargakämam  tu  sphu^e  yägayidhau  sati  | 
ekayakyagatah  syargas  tenaivaiha  prasadhyate  •] 
sadhyaiii  nanyad  dhi  yagasya  na  canyat  syargasadhanani 
sädhyasadhanasambandhas  teneß^a]^  syargayagayoh* 


Ohne  weitere  Mittheilungen  über  sich  oder  sein  Werk 
schliesst  der  Commentator  mit  den  üblichen  glückbringenden 
Worten,  denen  dann  nur  noch  Angaben  der  Abschreiber 
über  das  Datum  der  Herstellung  der  yorliegenden  Hand- 
schriften folgen.^)  In  dem  Schlusscolophon  zu  den  26  adh- 
yayas  wird  der  Verfasser  nur  ein  einziges  Mal*)  schlechthiu 
Earka  genannt,  daneben  findet  er  sich  hie  und  da  auch  in 


1)  Der  erste  Theil:  samvat  1837  agahanasükalapakse  6  bodba- 
väsare  [\  9rir  astu  Ij  Der  zweite  Tbeil:  samvat  1667  varse  9räva9a- 
9Qdi  18  8ome  likhitam  ||  9ri]t^  || 

2)  Zu  adbyaya  XVII. 


Ueher  einige  Commefiiatoren  eu  Süiren  etc.  617 

der  Form:  KarkopädhySya,^)  in  der  überwiejfenden  Mehrzahl 
der  Fälle  heisst  er  jedoch:  üpadhySyakarka ; *)  sein  Com- 
mentar  heisst  (Käty5yanasütra-)Bh58ya,  vereinzelt  daneben 
auch  ^Vivara^a.  Bei  dem  verhältnissmässig  hohen  Alter 
unseres  Commentators  wären  Citate  von  grosser  Wichtigkeit. 
Leider  lässt  er  uns  hier  fast  im  Stich.  Am  ausführlichsten 
ist  er  noch  im  1.  adhySya,  wo  er  seine  Citate  jedoch  auch 
meist  nur  anonym')  beibringt.  Namentlich  finden  sich  in 
seinem  ganzen  Werk  nur  genannt:  Pitrbhütyacarya,*)  Brhas- 
pati,*)  Jaimini,*)  Ya9ogobhi,'')  Pävini,®)  die  Schalen  der 
Madhyandina,®)  Ka^va,*®)  ferner  Nyayasütra,^^)  Vaikhanasa- 
vidhi,")  Chandogya,")  Aparä  vyäkhyä/*)  Vyäkhyantara,") 
Vyakhya,")    Nairuktas,")    Kathaka,")   AtharvaT?a, ")    Ma- 

1)  So  auch  im  Anfang  und  im  Schlnss  des  ebenfalls  von  ihm 
verfassten  Gommentares  zu  Kätyäyana's  Snänasütra.  Siehe  J.  Eggeling, 
Catalogue  of  the  Sanskrit  Mannscripts  in  the  Library  of  the  India 
Office  I.    London  1887.     S.  107 a. 

2)  Vgl.  zu  diesem  Wechsel  oben  S.  611  Anm.  1  und  Änm.  8. 

3)  Sie  einleitend  mit:  apare,  itare,  anye,  äha  ca,  itarasmin  pakse, 
uktam,  eke,  kecit,  brümah,  yaugikä  9aTikä,  9rüyate,  9äkhäntare  u.  dgl. 

4)  I,  fol.  8b  und  Weber,  grautasütra  S.  1036, 18.  Nach  P.  Peter- 
sen, Report  etc.  (Bombay  1882—87)  II,  173  ist  er  Verfasser  eines  Com- 
mentares  zu  Eätyäyana*s  ^^^^tasütra. 

6)  I,  fol.  46  a. 

6)  I,  foL  45  b,  62  b. 

7)  I,  fol.  58  a:  Ya90gobhiprabhrtikrtavyäkbyä.  VergL  Weber, 
I.  Litt.  ^  S.  166  Anm.  161  und  ***).  Ananta  bat  nicht  die  richtige 
Reihenfolge. 

6)  I,  fol.  143  a. 
9)  I,  fol.  86  b. 

10)  Weber,  ^rautasütra  S.  1103,  6. 

11)  Ibid.  992,  16. 

12)  Ibid.  1017,  20. 

13)  I,  fol.  306  a  und  Weber,  1.  c.  S.  1102.  3. 

14)  I,  fol.  6b,  237a,  237b. 

15)  I,  fol  42b. 

16)  I,  fol.  12  b. 

17)  I,  fol.  135a. 

18)  I,  fol.  28b. 

19)  I,  fol.  29a  (=  Atharvaijaveda). 


I 


618  n,  Simon 

naya,^)  Gautama.^)  Zu  Kstj.  II,  1,  2  bei  Gelegenheit 
einer  aosfuhrliclien  Erörterung  der  Anweisung,  dass  der 
Yajamäna  oder  der  Adhvaryu  Brennholz  zum  Feuer  nach- 
zulegen hat,  heisst  es  I,  fol.  49  b — 50  a: 

nanu  cStrapy  acaryasya  pratyaksam  eva  yacanam  sma- 
ranti  hi  pancada9a9äkhopanibaQdhanam  krtam  acSrje^eti  { 
tasmSn  nästi  pratyaksakrto  vi^esah  ncyate  |  (äkhädvayam 
adhikrtya  tätparye^änupravrtta  äcäryas  tatra  nityanainiitti- 
kakämyavaikalpikäni  kärtsnyenopanibaddhäni  ^äkhädvayayy- 
atireke^änaiyamikamätram  eva  |  tena  ^äkfaädyayavihitasye- 
tare^ästi  yi9e9as  tadyihitam  pratyaksapaksaniksiptatu  iva 
yathä  kathamcid  api  jnäyate  |  fäkhäntariyam  punah  pra- 
yatnato  jnäpanTyam  ity  adhyaryugrahaQam  '  nanu  katipaya- 
fäkhopasaiphäre  saty  asarya^äkhäpratyayatyäd  anädaraQlyam 
etat  sütrakärayacanam  {  naitad  eyam  |  eyam  hi  smaranti  | 
yä  eya  kä^  cana  panca  ye  da^a  yä  (äkhä  upanibadhyaute 
tatraiya  naiyamikäfigapradhänakarmopasainhärah  sambhäyj- 
ate  kim  uta  pancada9a9äkhopanibandhana  iti  |  tasniäd  apa- 
ricodanä^arya^äkhäpratyayatyam  iti  ,;  atha  saryafakhäpraty- 
ayakarmopasamhärenaiyädbikriyeta  |  tathä  saty  a9a[kyayä]- 
kyärthopade^ät  sarya9äkhänäin  äoarthakyam  eva  syät  sina- 
ryate  hy  eka9atam  adhyaryu9äkhänäin  iti  |  tathaikade9ädhy- 
ayanenäpy  adfaikäram  smaranti  | 

yedän  adhitya  yedau  yä  yedain  yäpi  yatbäkramam  | 
ayiplutabrahmacaryo  grhasthä9ramam  äyased  |{ 

iti  '  tathä  ca  lingam  {  yo  yaijnäto  'nucänas  tarn  ayakä9ayed 
iti  II  sarya9äkhäpratyayatye  hy  anücäno  na  ka9cit  syät  |  apare 
'dhyaryugrahaljiam  yajamänasambandhärtham  yyäyaroayanti 

Karka  ist  yon  seinen  Nachfolgern  stark  ausgenutzt  worden, 
und  wenn  Harihara  und  Re^uka  ihn  auch  namentlich  nicht 


1)  I,  fol.  29  a. 

2)  I,  fol.  312  a:  dbarmasütrakäragautamenoktaTn. 


Ueher  einige  Commentatoren  eu  Sütren  etc,  619 

allzuhäafig  anführen,^)  so  haben  sie  ihu  doch  inhaltlich  bei 
jeder  Gelegenheit  herangezogen.  Niemand  hat  ihn  aber 
gründlicher  ausgeschrieben  als  Yäjnikadeva,  der  ihn  nicht 
nur  an  zahlreichen  Stellen  mit  Namen  nennt, ^)  sondern 
auch  ganze  Gedankengänge,  vollständige  Sätze  und  Wen- 
dungen ohne  Veränderungen  in  seinen  Commentar  hinüber- 
genommen bat.^)  Was  derselbe  dadurch  zwar  an  Selb- 
ständigkeit verliert,  gewinnt  er  reichlich  wieder  durch 
üeberlieferung  der  Ansichten  eines  um  Jahrhunderte  älteren 
Autors.  Einen  Begriff  davon  gibt  ein  Vergleich  des  oben 
mitgetheilten  Stückes  (zu  I,  1,  1  und  2)  aus  Karka^s  Com- 
mentar mit  dem  entsprechenden  bei  Weber  abgedruckten 
aus  dem  des  Yäjnikadeva.  lieber  Deva,  Ananta,  Mahädeva 
siehe  oben  S.  605  Anm.  2 — 4. 

Ebenso  wie  nun  Karka  an  der  Spitze  der  Commentatoren 
zum  Qrautasütra  steht,    ist   er   auch   das  Haupt   derer    zum 


1)  Siehe  weiter  unten. 

2)  The  white  Yajurveda  ed.  A.Weber,  TU.  Bd.:  Karka:  151,12 
152,18;  188,4;  189,13;  193,G;  194,5;  195,17;  197, 1;  210,16;  216, 18 
217,7;  221,17;  257,1.16;  264,10;  271,14;  272,2t;  280,4;  282,4 
303,4;  370,13;  884,7,20;  385,22;  461,8;  493,22;  514,7;  643,22;  602,8 
619,22;  624,8;  627,2;  636,16;  645,24;  658,18;  666,  10,20;  668,23 
670,  10;  678,  24;  679,  12;  683,  21;  684,  14;  688,  23;  711,  17;  783,  14 
745,  17;  762,  7;  765,3,26;  768,8;  808,  25;  ^23,  3;  831,  11, 17;  834,  1. 
Karkädayas:  183,  24;  723,  G.  Karkäcärya:  275,  20;  44i,24.  Karkä- 
cäryäs:  165,7;  182,14;  184,12;  185,10;  189,1;  211,8;  222,8;  249,12; 
259,7;  277,17;  467,18;  566,14;  611,8;  706,24;  746,21;  765,8; 
776,  11;  837,  16. 

3)  Ein  Yäjfiika  Näräja9a,  Sohn  des  Rämacandra  und  Bruder 
des  Gangädhara,  verfisste  geradezu  eine  Karkänugä  Padärthadipikä 
(nach  Aufrecht,  Catalogas  Catalogorum).  Dieser  Gangädhara  ist 
übrigens  zu  trennen  von  dem  Verfasser  der  Samskärapaddhati,  dessen 
Vater  Dämodara  hiess  und  nicht,  wie  Aufrecht  will,  Rämägnihotrin, 
was  der  Name  seines  Grossvaters  war.  Siehe  Speijer,  Jätakarm» 
S.  24,  25. 


620  A.  Simon 

GrhyasQhra  des  Paraskara.  Dieser  sein  Commentar  liegt 
Yollständig  vor  in  zwei  Handschriften  des  Deccan  College : 

A  (=  X,  44  S.  129  in  8.  R.  Bhandarkar,  Catalogue)  : 
Schlechte  Handschrift  auf  dunkelbraunem  Papier,  in  zwar 
grosser,  aber  lässiger  und  undeutlicher  Schrift,  46  Blätter 
(18  cm :  11  cm)  umfassend.  Buchstaben,  Silben,  Worte  sind  oft 
ausgelassen,  oft  doppelt  gesetzt.  Auf  Psr.  II,  11,  5  (fol.  29b) 
folgt  erst  Pär.  H,  14, 11  — 18,  und  dann  erst  kommt  H,  11, 6 
(fol  30a).  Es  fehlen  im  Text  III,  5  bis  HI,  10,  31;  statt 
dessen  ist  ein  Stück  aus  einer  metrischen  Grhjakärikä^)  yon 
146  9loken,  die  Cereroonien  des  vr^otsarga,  päyasaprä^ana, 
präya9cittayidhi  behandelnd,  eingeschoben.  Ohne  weitere 
Einleitung  beginnt  sofort  der  Text.  Der  Schluss  lautet: 
Karkopädhyäyakrto  (!)  grhyaviyara^am  samäptam  iti  j  sam 
1560  var^e  vaifä^a^udi  2  bhaume  pustakaip  likbäpitam  |  Qrlr 
astu  11  Qubham  astu  || 

B  (=  XIV,  78  S.  217  in  S.  R.  Bhandarkar,  Catalogue) : 
Gute,  vollständige,  deutlich  geschriebene  und  ziemlich  fehler- 
freie Handschrift  von  37  Blättern  (24,5  cm  :  11  cm).  Sie 
beginnt : 

Päraskarakrtasmärttasutravyäkhyä  gurüktitah  | 
Karkopädhyäyakrteyam  *)  tene  natvä  jagadgurum  j| 

und  schliesst: 

Iti  ^rlkarkopädhyäyakrtam  grhyasütratippaQam  sampür- 
Qam  I  iti  ^rlsamvat  1858  mth  bhädauvadi  ekam  1  rväsomä- 
rasamäpta  {|  9rTgura(!)govindanäräyan(!)ajTsahäya  ij  frlsiva 


1)  So  bezeichnet  das  eingeschobene  Stück  lich  selbst  in  den 
Unterschriften  zu  den  einzelnen  Ceremonien.  Wie  der  Veigleich 
ergibt,  Jst  es  nicht  die  Grhyakarikä  des  Re^nka.  Citirt  werden 
darin:  Apastamba,  Ä9va)äyana,  Katha9ruti,  Ka^häs,  KürmapuräQa, 
EauBitaka9ruti,  Näräya^a,  Baudfaayana,  Bharad^äja,  Bhasyakära« 
Bhäskara,  Väjasanejinas. 

2)  Ms.:  Oyakeney®. 


lieber  einige  Commenialoren  zu  Sülren  etc.  621 

Während  bei  A  zur  Bezeichnung  des  Verfassers  Karko- 
pädhyäja  mit  Upädhjäyakarka,  des  Werkes  grhyabhi^ya  mit 
grbyavivaraiQa  wechselt,  nennt  JB  den  Verfasser  durchgehends 
Karkopädhyäya,  seinen  Commentar  grhyabhä^ya  neben  grhya- 
sütra^ippava.  Es  werden  im  Verlauf  dea  Cotnmentarea  eine 
grosse  Zahl  von  Gitaten,  besonders  von  metrischen,  heran- 
gezogen, zum  grössten  Theil  anonym.*)  Namentlich  nennt 
Karka  nur  folgende  Autoren  und  Werke:  Äpastamba,') 
Gautama ,  *)  Pitämaha ,  *)  Pracetaa , ')  Manu ,  *)  Mänava , ') 
Yäskäcärya,')  Vasi§tha,*)  Vä3tu95stra,'*)  (|laükha.  *')  Der 
Commentar  zu  Päraskara  I,  1, 1  lautet  (unter  Zugrundelegung 
der  Handschrift  B)  folgendermassen:'^) 

Qrautäny  ädhänädlni  karmäQy  uktäni  |  tadanantarain 
smürtäny  anuvidhtyant«  |  tatraitad  ädimain  sITtram  || 

athäto  grhyasthälipäkänäqi  karma  j  Tjükhyäsyata  iti 
^esah  I'  taträyam  atba^abda  änantarye  '^)  j  9rautänuvidbäna- 
samanantaram  smürtäny  anuvidhTyanta  iti  |  änantaryaprajäap- 
tiprayojanarn  9rautesv  adhikärädy  *•)  upaspr^ed  '*)  apa  ity 
evam  antam  sarvakarmasädhüraQam  yatra  syüt  taträpi ") 
pravrttir  yathä  syäd  iti  !|  pürvarp  prayrttam  ca  ^rautänäm 
upanibandbanam  ity  etatsütrakärapravrttyä  jSäyate  [  pro^yetya 
grbän  *^  upati^hate  piirvarad  iti  ^raute^u  gihopaathänaip 
vihitaip  1  tatpiirvavad  ity  anenätrütidi^yate  |  tathä  prok^vX^ 
ca  pürvavad  iti  ,|  atah^abdo  lietvartha^  j  yasmäc   chrautäny 


t)  Einffeleitet  durch:  anje,  apare,  Shn^,  itare,  iti,  aktam,  noyate, 
eke,  hecit,  tatbä,  patbanti,  yathä,  vacanät,  fröjata,  smaranti  a.  i.  f. 

2)  B  fol.  Ib  u.  2b.  3)  B  foi.  2a,  I6b,  2Sb,  32b.  i)  B  fol.  Üb. 
6)  B  fol.  34b.  6}  B  fol.  2a,  86a.  T)  B  fol.  32b.  8)  B  fol.  7a. 
9)  B  lol.  2a.        10)  B  fol.  3Da.        11)  B  fol.  32b. 

12)  Die  gaDze  EiDleitung  hat  fai^t  wfirtlich  Jafaräran,  SajjaDa- 
vallabha  (IIa.  Chambera  373)  fol.  la~2b  ttberDommen. 

18)  A:  änartaye.  U)  B:  »kärSd.  15)  B:  apaspA  Aiapa 
npaP.        16)  B:  "räpi.        17)  A:  grahan. 

ises.  Sflmngtb.  d.  phll.  n.  hial.  Cl.  40 


622  B.  Simon 

abhihitani  smärtSny  eYäva^i^yante  |  atas  tani  yaktaTjanlti 
nanu  puryam  smärtanäm  garbhädhänädiDäm  anu^^bänazn 
pa9cäc  ehrautÄDäm  ity  ato  'nusthäaakramepa  smartÄny  era 
punram  abhidhejänity  atrocyaie  |  naitad  evam  |  pratyaki$a- 
9rutityät  |  pratyaksä  bi  9rutaya]^  (rauie^u  ^)  |  smärte^a  pnnah 
kartrsamänyäd  anumeyäb  |  smärtanäm  api  bi  vedamülatvam 
uktam  I  tasmät  pratyaksafravavät  täny  eva  pürvam  abbidhl- 
yante  l|  apare  tv  anyatbä  var^ayanti  |  smara^äd  era  smrtl- 
näm  prämäQyam  |  ayyayacchinnam^)  bi  smarapam  astakädl- 
näm  a^^akäh  kartaryä  iti  |  anädir  ayaip  saipsarah  |  smara9ani 
apy  esäm  anädy  eveti  ||  nanu  coktam  Apastambena  |  tesam 
utsannäh ')  pä^hä^  prayogäd  anumiyanta  iti  |  ato  vedamüla- 
katvam*)  |  naitad  evam  |  9äkhänäm  satlnäm  utsädo  bbavati 
näsailnäm  |{  taträyaiu  do^a^  syät  |  ya  eva  ka9  cit  kam  cic 
cbäkhäm  na  pafbati  tasyaitad  vihitam  smärtam  syät  |  yas 
tu  pa^het  tasya  9rautam  iti  ||  tatra  purusäpek^ayä  tad  eva 
9rautam  smärtam  cety  ayuktarupatä  syät  |  smara^ät  smrtir 
iti  samjnä  cänvarthiki  ^)  {  yuktakarmänustbänam  ®)  ca  sma- 
ra;^am  Manugautamavasisthäpastambädibbir  granthenopani- 
baddham  |  tasmät  kartrsamänyäd  anus^heyo  'yam  artba  ity 
anumlyate  [  tathä  ca  lingam  naimittikam  vyähutibomam 
prakrtyämananti  |  yady  rkto  bbür  iti  caturgrhltam  äjyam 
grhTtvä  gärhapatye  jubavatha  yadi  yaju^o  bhuva  ity  ägiiT- 
dbriye  'nvähäryapacane  vä  haviryajne  yadi  sämatab  svar 
ity  ähavanlya  iti  prakrtyäba  |  yady  u  avijnätam^)  asat  sar- 
vä^y  anudrutyäbavanlye  ®)  jubavatbeti  |  avijnätam  ca  yan 
na  vijnäyate  kim  [ärgvaidikam  yäjurvaidikam  sämavaidikam 
iti*)  I  vina^tam*®)  ca  yat^^)  karma  tat  smärtam  avijnätam 
ity    ucyate    |    vedamnlakatvam  ^*)    by    evänvii^yamä^am  ^') 


1)  Vergl.  RämakräQai  Einleitung  zum  Sainskäraga^apati  S.  42 
Z.  12.  2}  A :  atyantanava^  8)  A :  uchannä^.  4)  A :  <^latvam. 
6)  A:  ynktarüpä.  6)  A:  tatkarO  7)  B:  oua.  8)  A:  Odhru« 
B:  ^v9.        9)  A:  iti  vinistam  veti.        10)  A:  vinis^        11)  A:  om. 

12)  A:  oiatve.        13)  A:  Onksamä» 


üeber  einige  Oammentaiären  zu  Sütren  etc.  623 

jnayaie*)  |  tat^)  kirn]')  mulam  iti  |  tasmät  smrtiprayähäd  evä- 
yam  artho  nustheya  iti  gamyate  ||  grhyasthälipäkäDäm  kar- 
meti*)  grhyah  ^älägnir  ävasatbya  aupäsana  ity  anarthäntaram  { 
tatra  ye  sthälipäkäs  te  gthyaethällpäkä^  |  sthälTpäkagraha- 
Qam  cäjyapurojäfadbänäsaktvädyupalaki^apartham  |  katbam 
JDäyaie  |  yena  stbällpäkam  npakratnyäjyam  upasamharati 
nirapyäjyam  adbi9riiyety  evam»)  äjyagrahapam  •)  api'sthäli- 
päkädyupalaksa^^ärtham  eva  {  yena  sarvesäm  evedam  ^^ädha- 
ravam^)  karmocyaie  ^)  |  na  hy  atra  prakrtivikrtibbäva  ^)  iti 
vidhyädividhyantavatl  prakrtir  ucyate  |  yatra  punar  yidhyä- 
dimätram  vidhyantas  tu  nästi  sä  vikrtir  iti  |  na  cätra  yidhy- 
ädividhyantasyarüpatä  {  sarvä^y  eva  sthälipäkädlni  prakrtya 
dharmavidbänam 


Es  kann  von  keinem  indischen  Commentator,  auch  dem 
besten  nicht,  erwartet  werden,  dass  sein  Commentar  mit 
derselben  Ausführlichkeit  fortgesetzt  wird,  als  er  begonnen 
ist.  Auch  bei  Karka  schwächt  sich  der  Erklärungseifer  von 
Paragraph  zu  Paragraph  ab.  Will  er  schon  von  Anfang 
an  auf  eine  Erläuterung  der  Sprüche  verzichten  und  sich 
nur  darauf  beschränken,  die  Vorschriften  zu  erklären  und 
deren  Reihenfolge  and  Anwendung  zu  bestimmen,  so  wird 
auch  selbst  dieser  Vorsatz  um  so  weniger  ausgeführt,  um  so 
mehr  sich  der  Commentar  dem  Ende  nähert,  bis  im  3.  kä^dia 
schliesslich  nur  noch  die  Vorschrift  ohne  jeden  weiteren 
Zusatz  und  von  dem  dazugehörigen  Spruch  nur  das  erste 
Wort,  mit  ity  anena  mantre^a  eingeleitet,  angeführt  wird, 
bei  III,  13,  2  aber  der  Commentar  sogar  ganz  aufhört  und 
der  Schlusskolophon  folgt.  Trotzdem  enthält  der  Commentar 
besonders  in  den  ersten  beiden  käpj^  ^i^l  Beachtenswerthes, 
im  Grossen  und  Ganzen  aber  an  wichtigeren  Dingen  nichts, 


1)  A:  jäjate.  2)  A:  om.  8)  B:  []  om.  4)  B:  iti. 

5)  AB:  evam  ädi.        6)  A:  äjyam.        7)  A:  karmasadhä^.        8)  A: 
ucyate,        9)  AB:  Ovikära«. 

40* 


624  R.  Simon 

was  nicht,  dem  Sian  oder  sogar  den  Worten  nach,  in  die 
Commentare  des  Jayaräma  (nach  1655  p.)  ^)  und  des  Rama- 
krSQa  (im  18.  Jahrhundert)*)  übergegangen  und  von  dort 
aus  durch  Stenzler  in  den  Anmerkungen  zu  seiner  lieber- 
Setzung  von  Päraskara's  Hausregeln  bekannt  gemacht  wäre. 
Im  Folgenden  werden  eine  Anzahl  von  Beispielen  dafür  vor- 
geführt, den  Mittheilungen  und  Erklärungen  Jayaräma's  und 
Rämakr^Qa's  die  Originalworte  Karka's  gegenübergestellt  und 
so  die  Quelle  Jener  aufgezeigt  werden.  Das  geschieht  aller- 
dings weniger,  um  die  Unselbständigkeit  Jayaräma's  und 
Rämakr^aa^s  darznthun  oder  weil  gerade  auf  Earka^s  Priorität 
besonderes  Gewicht  zu  legen  wäre,  als  vielmehr  in  der  Ab- 
sicht zu  zeigen,  mit  welch'  absoluter  Sicherheit  sich  hier  die 
Tradition  mindestens  5 — 600  Jahre  fortgepflanzt  hat,  mit 
welcher  fast  wörtlichen  Bestimmtheit  sie  trotz  der  zahlreichen 
Zwischenglieder  von  den  älteren  Lehrern  zu  jüngeren  Arbeitern 
fortgeschritten  ist,  und  wie  so  viele  Ausführungen  Jayaräma's 
und  Räraakrsaa's ,  die  wir  zuerst  geneigt  sein  dürften  für 
jung  zu  halten,  da  sie  ohne  jede  Berufung  auf  eine  Autorität 
von  ihnen  gegeben  werden,  thatsächlich  auf  einen  um  Jahr- 
hunderte älteren  Autor  zurückgehen.*) 

Fol.*)  IIa:  paro  bhavati  paräbhavam  gacchatiti  =  Jr.*) 
fol.  21a  z.  I,  11,  6.  —  fol.  12  a:  simhiti  riflgi^ikocyate  = 
Rk.  *)  z.  I,  13,  1.')  —  fol.  12  b:  kürmapittafabdenodaka- 
yukta9arävam  ucyate  =  Jr.  fol.  23b  z.  I,  14,  5.  —  fol.  13a: 


1)  Siehe  Stenzler,    Indische  Hausregebi,    Abh.  K.  M.   VI.  Bd. 
No.  4.    Leipzig  1878.    S.  VI. 

2)  Siehe  Yediscbe  Schalen  S.  2  und  Eggeling,  Catalogne  of  the 
India  OfBce  III.    London  1891.    S.  660. 

8)  Siehe  hierfür  auch  S.  621  Anm.  12. 
4)  Mit  Zugrundelegung  von  B. 
6)  =  Jayaräma. 

6)  =  RämakfSQa. 

7)  Rk.  hat  jedoch:  ringa^Ika. 


Ueher  einige  Commentataren  zu  Sütren  etc.  625 

bhadrapltham  *)  mrdupTtham  =  Jr.  fol.  23  b,  Rk.  z.'I,  15,  4. 
—  fol.  15  b:  krka^ti  kankapahärikocyate  =  Jr.  fol.  29  b  z. 

I,  19,  10.^)  —  fol.  18b:  uddbrtodakena  snänaiii  na  väryate 
=:  Rk.  z.  II,  5,  12.  —  fol.  20  a:  [kalpa^abdena  grantha- 
Diätram  abhidblyate  |]  na  ca  kalpamätre  granthamätre  'dhi- 
gate  snäylta^)  |  [na  hy  etävatä  tadanui^thänayogyatä  bha- 
yati  |]  tasmäd  arfchato  granthata9  cädhigamya  snäyäd  iti  = 
Jr.  fol.  38  b  z.  II,  6,  7.  —  fol.  21b:  upahäsafabdenäbhiga- 
manam  ucyate*)  =  Jr.  fol.  41b,  Rk.  z.  II,  7,  9.  —  foL  21a: 
iasyäm  .  .  .  anantarhitäyäm  ca  trQädinä  =  Jr.  fol.  42  a  z. 

II,  7,  15.  —  fol.  26  a:  maitro  hi  brähma^a  ucyate  =  Jr. 
fol.  42  a  z.  II,  7,  18.*)  —  fol.  22  a:  näpitädeh  pratii?idhyate  | 
. . .  arväg  da9ähät  prasave  sati  {  . .  .  cbatträdinä  =  Jr.  fol.  42  a 
z.  II,  8,  4.  5.  —  fol.  22  b :  tayor  apy  uttaratah  |  .  •  >  tasmät 
sväd  annäd  yad  yad  i^tatamam  tat  tad  grhapatir  a9näti  = 
Jr.  fol.  42b  z.  II,  9,  8.  15.  —  fol.  22a:  taträpi  präya90  hasta 
eva  bhavati  |  ata^  käladvayasyopäkara^akarmaQO  vikaipo 
'yam  |  apare  tu  kälacatus^ayam  va^^ayanti  =  Jr.  fol.  43  a 
z.  II,  10,  2.  —  fol.  23  b:  etad  eva  vratäde9e  vratavisarge  ca 
=  Rk.  z.  II,  10, 10.  —  fol.  23  b:  samidädhänam  ca  bhedena 
na  yaugapadyena  |  .  .  .  mantrabrähmaQayoh  =  Jr.  fol.  43  b, 
Rk.  z.  II,  10,  13.  18.  —  fol.  24a:  apare  tv  anyathä  ]  yad 
yad  upädhyäyäd  grbyate  9ilpädy  api  tat  tat  sarvagrahaQena 


1)  AB  lesen:  madra^. 

2)  Jr.  hat  jedoch :  ^harikä. 
8)  Jr:  snanärho  bhavati. 

4)  =  ESmadevai  Earmapradipika  fol.  41  b. 

6)  Der  ursprÜDgliche  Zustand  in  II,  7,  18  ist  der  gewesen,  dass 
sarvata  ätmänam  gopayeta  Qlosse  war  za  dem  vadhatrah  des  Textes. 
In  der  Handschrift  B  des  Karka  fehlt  sie.  Aher  in  A  ist  diese  Glosse 
bereits  in  den  Text  eingedrungen,  ebenso  wie  in  der  Stenz1er*schen 
Handschrift  B  (siehe  die  kritischen  Anmerkungen  zu  seiner  Ausgabe 
^es  Pärukara- Textes  Abb.  K.  M.  VI,  No.  2.  Leipzig  1876.  S.  54). 
Jayaräma  erweitert  den  Sinn  des  Textes,  indem  er  (fol.  42  a)  vadha- 
trah commentirt:  vadhäd  gfaätäd  ätmänaip  param  vS  trSyate 


626  B.  Simm 

grhyate  |  filpTnam  api  hy  anadbjäyaprasiddhir  asti  =  Jr. 
fol.  44a  z.  II,  11,  1.  —  fol.  24a:  ßtÄiiitayidyndvr^tyädisain- 
ghah  5=  Jr.  (nach  Sfcenzler)  z.  II,  11,  3.  —  fol.  26  a:  ulkä- 
dharäya  =  Jr.  fol.  47  b,  Rk.  z.  II,  14,  20.  —  fol.  27a:  paksä- 
diprabhrtisu  =  Jr.  fol.  50  a,  Rk.  z.  II,  17,  3.  —  fol.  27  b: 
8triya9  ca  balikarma  kuryuh  =  Jr.  fol.  50  b  z.  II,  17, 18.  — 
fol.  29  b:  dhayalagrhe  ta  catun^u  konesa  filästhäne^u^)  homah*) 
stambhastbänlyatyäc  chilänäm  «s  Jr.  fol.  59  a  z.  III,  4,  3.') 

Diese  Beispiele  wären  mit  Leichtigkeit  noch  um  ein 
Bedeutendes  zu  vermehren.  In  Bezug  auf  den  Text,  der 
Karka  vorgelegen  bat  und  soweit  er  ihn  selbst  gibt,  ist  zu 
bemerken,  dass  er  im  Qrossen  und  Ganzen  mit  dem  von 
Stenzler  hergestellten  Text  Qbereinstimmt.  In  einigen  Fällen 
treten  Abweichungen  hervor :  l.  Ä  oder  B  oder  Beide 
stimmen  mit  Lesarten  überein,  die  auch  von  Stenzler  be- 
nutzte Handschriften  zeigen,  von  ihm  aber  in  den  kritischen 
Apparat  verwiesen  sind.*)     2.  Ä  oder  B  oder  Beide  wefeen 


1)  Jr:  catasko9a9Uä^. 

2)  Jr:  ä^nejädihomah. 

8)  Ueber  die  Frage,  ob  die  Ceremonie  der  ScheitelschlichtiiDg 
(I,  16)  nur  bei  der  ersten  oder  auch  bei  jeder  folgenden  Schwanger- 
schaft vorznnebmen  sei,  spricht  sich  Karka  fol.  13  a  folgendermassen 
aus:  dvitiyädisu  garbhe^?  aniyamah  |!  apare  tu  var^ayanti  sTman- 
tonnayanam  pratbamagarbha  eva  (B :  eveti)  bhavati  (B :  om)  |  taamin 
vyäkhyäne  dvitiyädinäm  garbhäväi;!  tatsamskSralopa];^  präpnoti  ' 
tasmän  naitad  isyate  "  Vergl.  J.  Jolly,  Z.  D.  M.  G.  46,  419,  ferner 
Hariharabhäsya  S.  73.  Za  II,  7, 10  erklftrt  Karka  fol.  21  a  ,vijanya*  des 
Textes  mit:  ,na  garbhi9r. 

4)  I:  3, 19:  B:  niröksayati  (=  AJr);  4,  8:  A:  OpQrve^a  («  BC); 
6,2:  B:  pravrtya  (=  C);  13,1:  A:  nädadhita  (=  A);  14,8:  B: 
9ungäip9  ca  (=  BCJrRkKpVp).  II:  1,  6:  B:  väyur  uda<>  (=  ABQ; 
6,9:  A:  Oyat  samidham  tfi  (—  BC);  6,86:  B:  Vayanätitah  (=  BC); 
6,48:  B:  ^repsur  (»  BC);  6,16:  AB:  <^mucya  dav^am  ni^  (cfr.BC); 
7,6:  B:  phalaprapatana^  (=^  Rk);  11,6:  AB:  Vbdesn  (»  C);  18,2: 
AB:  «änaduhau  (=  BCVp);  17,18:  AB:  o^e?akf|roesu  («  A). 


üeber  einige  CammentcUoren  zu  Sütren  etc.  627 

Lesarten  auf,  die  sich  in  dem  von  Stenzler  benutzten  Material 
nicht  finden.^)  Schwerlich  aber  dürften  diese  von  irgend 
einem  Einfluss  auf  den  Stenzler'schen  Text  sein. 


II.  BeQuka. 

Die  von  mir  benutzte  Handschrifb  ist  angeführt  bei 
Shridhar  R.  Bhandarkar,  A  Gatalogue  of  the  coUections  of 
Manuscripts  deposited  in  the  Deccan  College,  Bombay  1888, 
unter  No.  XII,  139,  S.  177.  Die  Handschrift  ist  in  Devanä- 
garl,  stellenweise  gut,  ebenso  oft  aber  auch  mit  der  grössten 
Flüchtigkeit  und  ündeutlichkeit  geschrieben  und  umfasst 
221  Blätter  zu  je  7  Zeilen  (23  cm  :  10,5  cm).     Sie  beginnt: 

II  9rTh  l{  om  namalj^  {|  9rlga9e9äya  namah  {|  9rl9äradajai^) 
nama^  || 

Pnrä  puräri^aropaih  purä^y  upapupürire  | 
yad  gu^agrämam  udgirya  ga^anätho  jayaty  ayam  |{  1  {| 
Makhadikarmavijüänakumudodbodhahetave ')  | 
namas  tasmai  gaQe9äinhrinakhacandramarIcaye  |j  2  || 
Hutl9tibudhismrtibhaktilajjä9äntyädiyo$idvaravallabho  'ham  | 
bravimi  samskäravidhim  nisekäd  brähmam  prapamyäbjabha- 

vämhripadmam  '|  3  |] 
Sainskäro  dvividhah  prokto  brähmo  daivo  manti^ibhih  | 
garbhadhänädiko  brähmo  daivikah  päkayajnikah  |{  4  ;|  u.  s.  w- 


1)  I:  8,20:  AB:  yadj  api  na;  13,1:  B:  catartham  snä^;  15,4 
AB:  <>iiermadrapi^;  16,20:  A:  ^^am  hastam  pra<^.    II:  1,  9:  B:  ^nam 
undayati ;  6,  81 :  AB :  tasya  snätasya ;   6, 26 :  A :  alamkrtam  bhüyäd ; 
8,  3.  4:   A:  9ayala^r(9Üp ;    11,6:  A:   ärtanisvane ;    13,6:  A:   agnim 
abhi^;  14, 25:A:  asamspr^täli ;  17,12:  A:  iti  9rüyaDte  vi^.    III:  2,5 
AB:  ity  evam  aha;  3,  10:  A:  sarväsu;  4,  9:  A:  proksayet;  6,  2:  A 
pratapya  bhraO;  10,2:  A:  ^trorevä^^;  10,46:  AB:  »dakam  rtO;  10,58 
AB:  Obham  ca  da^;  11, 10:  A:  ^jeii  ca. 

2)  Ms:  9ri8äradaya 

8)  Ms:  OmudobdhodbaO. 


628  B.  8imm 

Der  Schluss  (auf  foL  221a)  lantet: 

Aslc^)  chäQ4iIft^&ni9ajo  dvijayarah  sanjanyajanmäkrtih 
9rT8orae9varadTksitämbujabhaTäpatyätmajah»)  satpadah 
sacchästrärghatnahodadher ')   nirayadher  vaidagdhadugdiiäm- 

budheh*) 
9rImädbyand]nadharmadurdharayaroddhäraikadhuryas^) 

tatah   i  1 
Sünus*)  tatkulapadD[iakhaQ4&tapaDah  ^rlmän  mahefäbhidhah 
sürir  bhüriya9äh '')  9ruti8mrtisadäcäraikanii=f(ho^)  'bfaayat*)  | 
tatsunuh^^)  katisünu(!?)  tatra  tatinikallolanakro  mahäms 
teneyaip^^)  racitä  prayogayiyrtit  9rTrevukärye9a ")  .  .     2 
Abde  k§ayäkbye^')  madhusamjnamäsi  ^*) 
9äke**)  'stayusyT9yarasammitänke  ^*)  | 
granthah  krto^^)  ^am  kamalälayänghri- 
saroruhämäditasatpadena  '|  3 

Yad  uktam  anuruktam  (!)  yä  yac  coktam  asamanjasam  | 
tad  atra  nipuvaih^^)  samyag  yidhätayyam  samanjasam  I  4 

{{  iti  grbyakärikäh  samäptah  '! 
II  9ubham  bhavatu  |  9rTh  |; 

Gescbrieben  ist  die  vorliegende  Handschrift  yon  Vyäsa- 
dämodara(?)  im  Jahre  s.  1581. 

Dass  der  Grossyater  Re^aka^s  yäterlicherseits  Sonie9Tara 
(aus  dem  Qä94ila~Geschlecht)  hiess,  geht  sowohl  aus  V.  1 
des  mitgetheilten  Schlusses,  als  auch  aus  anderen  Stellen 
des   Commentares  **)   heryor    und   ist   bereits   yon   Stenzler, 


1)  Ms:  £910.  2)  Ma:  ^haväjatjä^.  8)  Ms:  ^fafhamähSdadhe. 
4)  Ms:  ^budhaih.  5)  Ms:  ^dharmadaradhurodväraiO.  6)  Ms:  ^nas. 
7)  Ms:  bhürir  yasa.  8)  Ms:  Onis(o.  9)  Ms:  bhayet.  10)  Ma: 
^süna.  11)  Ms:   ^na  yam.  12)   Ms:   9rTreQiikaryah   sadhih. 

18)  Ms:   ^yäkse.  14)  Ms:   mmadhusamjnimä^.  16)  Ms:  säke. 

16)  Ms:  öva9vlsvara0.  17)  Ms:  krato.  18)  Ms:  ^pu^ai. 

19)  111,87:  Yajva  8ome9varah  9rimäD  laksmlpSdSbjasatpadah 

tatpautre^a  krtä  grbyakärikä  yibudhapriyä  '; 
Ebenso  X,  46. 


Ueher  einige  Gommentatoren  zu  SiUren  etc.  629 

Abb.  f.  d.  Kunde  des  Morgenlandes  VI,  4  S.  XI  bemerkt 
worden.  Repuka*s  Vater  hiess  Mabe^a,  der  aueb  den  Namen 
Govardbana  fübrie.  Letzteren  bezeicbnet  Stenzler,  1.  c.  als 
Reaoka's  Grossvater  mütterlicherseits.  Aus  dem  Gommentar 
geht  das  aber  nicbt  hervor.  An  den  drei  Stellen,*)  wo 
der  Name  Govardbana  überhaupt  vorkommt,  faeisst  es  stets 
gleichlautend : 

Govardhanätmajätena  yajvanä  ReQukena  tu 
prayogavivrtih  krtä 


Der  Commentator  nennt  sich  selbst  Re^uka,*)  Reuu- 
kärya")  und  Re^ukägnihotrin,*)  sein  Werk  grhyakärikä  *) 
oder  prayogavivrti,*)  einmaP)  samskäravidbi.  Wie  Vers  3 
des  Schlusses  lehrt,  schrieb  er  seinen  Gommentar  im  Jahre 
9äka  1188  (-  1266  n.  Ghr.).  Die  Mittheilung  Stenzler's, 
1.  c.  S.  XI,  er  habe  seinen  Gommentar  im  Jahre  9äka  1288, 
also  um  genau  100  Jahre  später  verfasst,  muss  auf  einem 
Versehen  beruhen,  da  abgesehen  davon,  dass  dem  die  Worte 


1)  n,13;  Vn,27j  IX,  151. 

2)  II,  13;  VII,  27. 

3)  IV,  44;  IX,  151;  XVn,306;  XX,  213;  XXI,  101;  XXin,817. 

4)  V,  20.  Uarihara  sowie  RämakrsQa  nennen  ihn  Re^udiksita, 
Anantabhatt^  in  seinem  Vidhänapärijäta  (siehe  Eggeling,  Catalogue 
etc.  III,  London  1891,  S.  438  b)  Re^u.  Zum  Wechsel  von  Rei^u  and 
Re^nka  vergl.  den  Wechsel  zwischen  Apare^a,  Sohn  des  Ananda 
(G.  Bühler,  Kanheri  Inscriptions  No.  16  in  Archaeol.  Survey  of  Western 
India  V,  S.  74  ff.,  London  1883)  und  Aparei^uka,  Sohn  des  Änanda 
(ibid.  No.  4). 

5)1,72;  111,37;  IV,  44;  VIII,  47;  X,  46;  XXII,  Schlussvers; 
XXni,817;  XXVII,  38. 

6)  II,  14;  VII,  27;  IX,  151 ;  XVII,  305;  XX,  213;  XXI,  101.  Anan- 
tadeva,  Smrtikanstubha  (Eggeling,  I.e.  S.  443  b)  nennt  das  Werk  kurz 
Re^ukärikä,  ebenso  Anantabhatta  (1.  c.)  und  Rämakrs^a  im  ^räddha- 
samgraha  (Eggeling,  1.  c.  S.  561  b),  Kämadeva,  Karmapradipikä  (Ms. 
Chambers  457 d)  fol.  Ib:  Re^ukä  kärika. 

7)  Veis  3  der.  Einleitung. 


630  J^.  Simon 

der  von  mir  benutzten  Handschrift  widersprechen,  auch  die 
Yon  Stenzler  selbst  eingesehene  Handschrift  nach  der  Be- 
schreibung von  Eggeling  in  seinem  Catalogne  of  the  Sanskrit 
Manuscripts  in  the  library  of  the  India  Office  I,  London 
1887,  S.  67  No.  1665  A  (=  No.  1665  bei  Stenzler  1.  c.  S.  XI) 
in  ihrem  Schluss  nicht  nur  mit  der  Bombayer  übereinstimmt;, 
sondern  auch  noch  ausdrücklich  in  Ziffern  hinter  dem  in 
Frage  kommenden  Vers  die  Zahl  1188  angibt.^)  Der  in 
metrischer  Form  abgefasste  Commentar  zerfällt  in  27  Ab- 
schnitte von  sehr  verschiedener  Länge  je  nach  Wichtigkeit 
und  Länge  der  Sacramente.  Die  Reihenfolge  derselben,  zum 
Theil  abweichend  von  der  von  Päraskara  eingehaltenen,*) 
hat  bereits  Eggeling  1.  c.  S.  67  mitgetheilt.  An  Einzelheiten 
sind  hervorzuheben  Re^iuka^s  Bestimmungen  über  das  Alter 
des  Mädchens  und  des  Mannes  bei  der  Heirath.')  Sie  lauten 
auf  fol.  75  a,  b  und  76  a  (XVII,  42—48): 

a^avarsä  bhaved  gauri  navavarsä  ca  rohi^T  | 
da9avarsä  bhavet  kanyä  ata  ürdhvam  rajasvalä*)  ||  42^) 


1)  Diese  Bombajer  Handschrift  (Bhandarkar,  1.  c.  S.  177 :  .com- 
posed  in  9aka  1188*)  wird  dieselbe  sein,  welche  Kielhorn  in  seinem 
Report  on  the  search  for  Sanskrit  Mss.  in  the  Bombay  Presidency 
during  the  year  1880—1,  Bombay  1881,  auf  S.  59  No.  139  {,com- 
posed  in  9Ska  1188*)  aufführt,  und  ist  daher  mit  Recht  von  Auß«cht, 
Catalogus  Catalogomm,  Leipzig  1891,  auf  S.  834  b  fortgelassen. 

2)  Siehe  Stenzler,  1.  c.  S.  XI. 

3)  Zum  Inhalt  siehe  J.  JoUy,  Zar  Geschichte  der  Kinderehen 
Z.  D.  M.  G.  46,  413  und  47,  610. 

4)  Ms:  r%ja8valäl^. 

5)  Gleichlautend  findet  sich  dieser  Vers  wieder  bei  Tama 
(Hemädri,  Cvc.  III,  2  S.802,  Nilakai^tha,  Samskäramayükha  fol.  46h), 
Samvarta  (Samvartasmrti  v.  66  «=  Säya^a  zur  Parä^arasrnfti  1, 2  S.  79), 
Ka9yapa  (Madanapärijäta  S.  150),  Bhat^a  Siddhe9vara,  Samskärama- 
yükha  (Ms.  Chambers  491b)  fol.  121a  und  im  Ms.  B  von  Gobhila- 
putra*8  G|'hjä8amgrahapari9i8ta  (ed.  Bloomfield)  II,  18  Anm.  11,  die 
erste  Hälfte  desselben  bei  Parä9ara  und  Apastamba  (Hemädri,  ibid.). 


üeher  einige  Commewtotoren  zu  Sütren  etc.  631 


da^ame  nagnika  tS  syld  dyäda9e  vrsalT  smrtS^) 
apara  vr^alT  jneyS  kumarT  ya  rajasvalä*)  !|  43') 
prapte  tu  dvada9e  varse  yah  kanyam  ua  prayacchati 
masi  masi  rajah  tasyah  pita  pibati  fo^itani  i|  44^) 


Die  Bezeichnung  gaurl,  rohii^T,  kanjä,  rajasvalä,  wahrscheinlich  fdr 
je  ein  acht-,  neun-,  zehn-  und  mehr  als  zehnjähriges  Mädcheni  wie 
sie  hier  ReQuka  gibt,  kennt  auch  Marlci  (SäyaQa  zur  Parä9ara8mrti 
I,  2  S.  79).  Begreiflicherweise  wechselt  dieselbe  häufig.  Samvarta 
(Hemädri  l.  c.  I,  S.  682  =  III,  2  S.  801,  Bhatta,  Siddhe9Tara,  1.  c. 
fol.  121a)  und  Yama  (Säya^a  1.  c.  S.  79)  nennen  ein  acht-,  neun-  und 
zehnjähriges  Mädchen :  gauri,  nagnikä,  kanyakä;  Eä97apa  (Hemädri  I, 
8.  682 ;  sein  y.  2  ist  zu  vergleichen  mit  Samvarta  v.  1  (Säya^a  1.  c. 
S.  78),  Samvartasmrbi  v.  65,  Angiras  v.  2  (Hemädri  III,  2  S.  803)  und 
Gobhilaputra,  Grhyä8amgrahapari9ista  II,  19)  nennt  ein  sieben-  and 
zehnjähriges  Mädchen:  gauri,  kanyakä;  Yäjnavalkya  (Hemädri  111,2 
S.  801)  ein  acht-  und  zehnjähriges  Mädchen :  gauri,  kanyakä.  Ohne 
Altersangaben  zu  machen,  beschränkt  sich  Angiras  (Hemädri  I,  S.  682 
=  III,  2  S.  808  =  Grhyäsamgraha  II,  18;  sein  v.  3  (Hemädri  HI,  2 
S.  SOS)  ist  =  Samvarta  (Madanapärijäta  S.  150  =  Samvartasmrti  68)) 
darauf,  die  Eigenschaften  einer  gauri,  rohi^T,  9yämä  (?)  und  nagnikä 
anzugeben,  ebenso  Marlci  (l.  c).  Yergl.  Yajne9vara9arman,  Aryavid- 
yäsudhäkara  S.  108—9. 

1)  Mt:  smftäh. 

2)  Ms:  rajasyaläh. 

8)  lieber  nagnikä  siehe  J.  Jelly,  1.  c,  ferner  Väyupuräija  (Mada- 
napärijäta S.  149  =  Säyaqa  zur  Parä9arasmrti  I,  2  S.  79),  Samgraha 
(Hemädri  III,  2  S.  808  =  Säya];ia  ibid.,  der  jedoch  statt  nagnikä 
kanyakä  citirt),  Angiras  (1.  c.)  und  Säyai>a*s  eigene  Definition  (1.  c). 
Ein  zweijähriges  Mädchen  nennen  Samvarta  (Hemädn  I,  S.  682  = 
111,2  S.  801)  und  Yama  (Säyaijia  1.  c.  S.  79),  wie  Re^uka,  vrsali, 
Kä^yapa  (Hemädri  I,  S.  682)  und  Yäjnavalkya  (id.  HI,  2  S.  801) 
kumäri.  Re^uka  v.  43  b  ist  =  Devala  (id.  III,  2  S.  801)  v.  Ib,  welch* 
letzterer  in  v.  la  (=  Yamasmrti  v.  25)  noch  weitere  Bedeutungen 
▼on  Yrsali  anfQhrt.  Ebendaselbst  wird  vrsali  erklärt  von  Brhaspati, 
Vi$9a  (=  VisQUsmrti  24  S.  89  Z.  2  v.  u.)»  im  Madanapärijäta  S.  150 
von  Atri  and  Ka9yapa  (v.  1  =  Brhaspati  l.  c). 

4)  Der  Vers  findet  sich  gleichlautend  wieder  bei  Yama  (=  Yama- 
smrti V.  22,   Nilaka^tha,   1.  c.  fol.  46  b),    Parä9ara  und  Äpastamba 


632  B.  amum 

etac  ca  prftyikam^)  jneyam  na  rajodar9aiiam  bbaTet  | 

kasam  cid  api  vars e  ^smin *)  muninapi  tat      45 

udvahet  trimfadabdas  tu  kanyam  dTadafayarsikim  | 
tryastavar^^)  'stavarsam  va^)  dharme  sldati  satyarah     46^) 
ekayimfatiyaris^o  va  saptavar^m  aväpnuyat  | 
varsair  ekagu^m  bharyam  udvahet  trigU9ah  srayaip      47^) 
trim9adyar9o  "0  da^abdäm  vä^)  bharyam  yindati  nagnikam  | 
tasmad*)  advahayet  kanyam  yavan  nartumati  bhavet  j^  48*®) 

Ferner  berichtet  Revuka  auf  fol.  20  b  und  21a  über  die 
Ceremonie  des  Stechens  der  Ohrlöcher,  des  kar^Lavedha,  welche 
sich  bei  keinem  der  anderen  Commentatoren  zum  weissen 
Yajurveda  wiederfindet.  Er  schiebt  dieselbe,  ebenso  wie  nach 
ihm  Vi^veyvara  Bha^ta,  der  Verfasser  des  Madanaparijata, 
zwischen  die  Ceremonie  des  niskrama^a  und  annapräfana. 
Der  Verfasser  der  Vyäsasamhita,  welcher  den  kan;LaYedha 
wohl    nennt,    aber    nicht    beschreibt,    weist   ihr    die    Stelle 


(Hetnädri  III,  2  S.  802).  Obige  ünterlassangsBÜDde  achten  einem 
bhrü^aban  gleich  Närada  (Hemädri  III,  2  S.  804),  Vyaga  (VjäsaBam- 
hitä  II,  7  S.  668),  Atri,  Ea97apa  (Madanaparijata  8.  160)  und  Yama 
(ibid.  S.  149),  während  Vasistha  (Hemädri  III,  2  S.  803  and  Saja^a 
1.  c.  I,  2  S.  78  =  yasisthasmrti  adhy.  18  S.  760)  dieselbe  nnr  als  dosa 
bezeichnet.  Die  Hölle  stellen  dafür  in  Aussicht  Paithinasi  (Hemädri 
III,  2  S.  804)  und  Parä9ara  (ibid.  S.  803  =  Samvartasiprti  v.  67  = 
Tamasmfti  v.  23),  speciellere  Strafen  Brhaspaii  (Hemädri  III,  2  S.  808). 
1)  Ms:  präci  kirn.  2)  Ms:  nabhäsa^i.  3)  Ms:  as^varso. 

4)  Ms:  tarn.        6)  =  Manu  IX,  94. 

6)  Der  ganze  Vers  ebenso  bei  Bha(^  Siddhe9vara  1.  c.  fol.  121  b, 
die  erste  Hälfte  zusammen  mit  v.  48a  eingeleitet  durch:  Bärhaspatye 
*pi,  die  zweite  durch:  Vais^ave  'pi. 

7)  Ms:  tnm9ayarso.  8)  Ms:  ca.  9)  Ms:  tasyäm. 

10)  Der  erste  Halbvers  gleichlautend  bei  Bha^^  Siddhe^vara  1.  c, 
eingeleitet  durch:  Bärhaspatye  'pi,  der  zweite  Halbyers  ebenso  bei 
Samvarta  (Madanaparijata  S.  160  v.  2a  =  Säya^a  1.  c.  S.  78  v.  2a  =^ 
Saipvartasmrti  v.68a),  Kä9yapa  (Hemädri  I,  2  S.  682  t.  3a),  Angiras 
(ibid.  lU,  2  S.  803  ▼.  3  a)  und  Tama  (ibid.  S.  803). 


üeher  einige  Commentataren  eu  Sütren  etc.  633 

zwischen  der  Tapanakriyä  und  dem  Tratade9a  zu^)  und  setzt 
sie  an  das  Ende  der  neun  Sacramente,  die  bei  einem  weib- 
lichen Wesen  ohne  Mantras  vorzunehmen  sind.^) 

Nllakautliäi  ^^^  Sohn  des  Mimämsakabhatta  QaHkara, 
bespricht  sie  in  seinem  Samskaramayükha,')  ebenso  wie 
Candracü(}abhatta  in  seinem  Samskaranir^aya  ^)  zwischen 
namakarma  und  niskrama^a,  Anantadeva  in  seinem  Sams- 
kärakaustubha  ^)  zwischen  annaprä9ana  und  bälasya  raksa- 
vidhi,  Vedäcärya  in  seinem  Smrtiratnakara®)  zwischen  tam- 
bülalaksa^a  und  strisamskära,  Bhafta  Siddhe9yara  in  seinem 
Samskäramayükha '')  zwischen  dugdhapana  und  niskrama^a, 
Vi^vefvara  Gägäbhatta  in  seinem  Käyasthadharmadtpa  ®) 
zwischen  doläroha  und  upave9ana,  Näräya^abha^ta ,  der 
Sohn  des  Räme9varabhattasüri,  in  seinem  Prayogaratna  *) 
zwischen  dugdhapana  und  süryavalokana. 


1)  Yyasasamhitä  1, 13: 
garbhadhänam  pumsavanam  Bimanto  jätakarma  ca 
nämakriyä  niskrama^o  'iiiiä9anam  yapanakriyä  | 
kar9aYedho  yratäde90  vedärambhakriyävidbih  | 

2)  Ibid.  I,  15: 
navaitäli  kar^avedhäntä  mantravarjam  kriyäli  striyäh 

Vergl.  Re^uka  fol.  28  b,  VII,  26: 

garbhädhänädikä  annaprä9anäiitä  maliinlace  | 
akarQayedbäh  syuh  kriyä  nänyä  ity  äha  Bhäskarah  || 

3)  Ein  Theil  seines  Bbagayantabbäskara.  Der  SamskäramaySkha 
ist  herausgegeben  in  Bombay,  Jüänadarpa^a-Dnickerei,  1884;  kar^a- 
yedha:  fol.  13  a. 

4)  Siehe  Eggeling,  Catalogue  of  Sanskrit  Mannscripts  in  tbe 
India  Office.     London  I,  1887.    S.  98  b  und  99a. 

5)  ed.  Bombay  1861,  fol.  105  b.  Der  Verfasser  lebte  mn  1650 
(J.  JoUy,  Z.  D.  M.  G.  46,  S.  277). 

6)  Siehe  Eggeling,  1.  c.  III,  1891,  S.  473  a. 

7)  Ms.  Chambers  491b:  fol.  31b  bis  32  b. 

8)  Siehe  Eggeling,  1.  c.  III,  1891,  S.  527  b. 

9)  ed.  Bombay  1861,  fol.  45  b.    Der  Verfasser  lebte  am  1550. 


634  B.  Simon 

Der  ziemlich  verderbte  Text  lautet  bei  Re9aka: 

kärttike  paaipamäse  vä  caitre  yS  phalgune  'pi  va  | 

kar^iavedham  pra9amsanti  ^uklapakse  (ubhe  'hani  ||  5  ^) 

sunaksatre  9ubhe  candre  svasthe  9lr8odaye  fubhe  | 

diDacchidravyatipatavistayaidhrtavarjite  |,  6 

citränuradhämrgarevatlsa 

punarvasau  pui^yakaräfvinTsa  { 

9rutau  dhanii^tbämrdu^üttarBsu  *) 

lagne  gurau  labhamrge  9ubbe  'tah^)  {|  7 

.; ;■ .'; I  *) 

nirandhrau  mandaviddhau  ca  90^0  'py  abhara^änvitau  ]  8 

9i9or  ajatadantasya  ^j  DiEtar  utsaHgasarpi^ah  *)  { 

sauciko  vedhayet  kar^au  sücyä  dyigUQ.asütrayä  \\  9*^) 

pancame  *bde  trtlye  vä*)  pürvähne  pranmukhaya  ^)  tu  | 

tasmai  präil  madhuram  datvä  pitqnyo  ySpi  ka9  cana  j'  10 

vedbayed  daksi^am  purvam  kramät  täv  api  mantrayet  | 

bhadram  kar9ebhir  vaksyaiiti  ^^)  manträbhyaqi  pratiman- 

trata]^  il  1^ 
kar^avedhanimittam  tu  tato  brähmaQabhojaDam 

ke  ein  nandimukham  9raddham  iha  necchanti   sarayah  {  12 

prajapatir  rsis  trisfhup  chandah  sysd  ä9yamedhike  | 

anayor  devatadyä  yä  ädya  syat**)  kärrnukitarS  [  13 


1)  5  a  nnd  6  b  werden  yon  Nllaka^tha,  L  c,  und  yon  Bha^tft 
Siddhe9yara,  1.  c,  dem  Garga  zugeschrieben  (an  beiden  Stellen:  5b: 
kärttike  pünjiamäse),  yon  Anantadeya,  1.  c,  und  dem  Verfasser  des 
Viramitrodaya  dem  Vyäsa. 

2)  Ms:  ^bätimrsüO.  8)  Ms:  labhamrge  9iibhe  tatah. 

4)  Ms:  kle9äyi8t5?ineyidyaa  kar^au  bhanme  nikfotatah  | 

5)  Ms:  ^dantadamsya.  6)  Ms:  uisargasar*^. 

7)  Diesem  auch  von  Bha^ta  Siddhe9yara  citirten  Vers  9  a  und  9b 
geht  dort  unmittelbar  Vers  6  b  vorher.  Alle  drei  sind  nach  seiner 
Angabe  einem  «samgraba*  entnommen,  worunter  wohl  der  auch  von 
Anantadeva  oft  citirte  Muhürtasamgraha  zu  verstehen  isi 

8)  Ms :  ca.      9)  Ms :  <>khasya.      10)  Ms :  vaksyanü.      1 1)  Ms :  syä. 


Üeher  einige  Commentaioren  zu  Sütren  etc.  635 

In  diesem  Texte  sind  ojSenbar  zwei  yerschiedene  Dar- 
stellungen zusammengeflossen :  die  eine,  welche  als  Bedingung 
für  die  Vornahme  der  Handlung  das  Kind  noch  ohne  Zähne 
sein  lässt;^)  die  andere,  welche  das  dritte,  fünfte  oder  ein 
späteres  Lebensjahr  dafür  festsetzt.  Damit  stimmt  überein, 
dass  sämmtliche  von  Ramakr^^a,  welcher  dies  Sacrament 
ausführlich  bespricht,  herangezogenen  Werke  entweder  nur 
die  eine  oder  nur  die  andere  Bedingung  kennen,  ebenso 
Hemadri,  yi9ve9yarabhatta  und  die  übrigen  oben  genannten 
Autoren.  ReQuka  hat  hier  zwei  yerschiedene  Bestimmungen 
unyermittelt  neben  einander  gesetzt,  ohne  sich  selbst  für  eine 
derselben  zu  entscheiden.  Und  zwar  gehören  yy.  5 — 9  und 
10 — 13  zusammen.  Nach  dem  Zeugniss  Hemädri^s  (III,  2 
adhyäya  14  S.  741)  und  Viyejvarabhatta's  (IV.  stabaka 
S.  359)  sind  die  Verse  5—9  einem  Jyotihfästra  entnommen. 
y.  5  wird  unter  dem  Titel:  Viramitrodaye  Vyäsah,*)  y.  9*) 
als  Ansicht  Reuuka's  citirt  yon  RämakrSQa,  Samskäraga^apati 
A  fol.  393  ff.,  B  fol.  183  ff.  Des  Letzteren  ausführliche  Be- 
schreibung des  kar^ayedha  siehe  im  Anhang. 

Auf  fol.  13  a,  III,  31 — 34  beschreibt  Re^uka  folgender- 
massen  den  ,garbhiuyä  dharmah^ : 

angärabhasmästhikapälaculhl- 
9urpädike$üpayi9en  na  närl  | 
solukhalädye  *)  drsadädike  yä 


1)  Nach  Einigen  ist  hierbei  jedoch  der  erste  Monat  nach  der 
Geburt  unter  allen  Umständen  verboten,  so  z.  B.  im  Vyävahäroccaya 
(bei  Anantadeva,  1.  c.  fol.  105  b)  und  in  einem  Citat  Vjäsa's  (bei 
Nilakai^tha,  1.  c.  fol.  13  a).  Ferner  in  einem  von  Rughoo  Nundun, 
Institutes  of  the  Hindoo  Religion,  Serampore  1884/5  (Bengali-Druck) 
I  8.  981  angeführten  Oitat  des  Räjamärta^da  und  in  einer  von  dem- 
selben einer  Dipikä  entnommenen  Vorschrift. 

2)  Siehe  S.  684  Anm.  1.  3)  Siehe  S.  684  Anm.  7. 

4)  Ms:   solüsalä^.     Vergl.  Nilaka^^ha,  ^äntimayukha  fol.  77a: 
Gargah  |  yrttam  vä  musalam  väpi  sphu^ate  yäpy  ulükhalam  || 
▼fttam  dalanajantram  | 


636  B,  Simon 

jantre  tu ^)  arakopari^fst  I  31 

DO  märjanTgoma7api;L(}ak&dau 
karyan  na  yari^y  avagahanam  sa  1 
angärabhümyäm  na  nakbair  likhet  k^am 
kalim  vapurbbafigam  atbo  na  koryät  ij  32 
no  muktake^I  vivasatha  va  syäd 
bbunkte  na  samdhyavasare  na  ^ete  | 
supySn  na  yamyacarapärdrapada 
nadhah9irodyiguamanah^)  9ucih  syät  i|  33 
namafigalam  vakyam  udirayet  sa 
9ünyälayam  vrki^atalam  na  yayat  | 
ti^t^en  na  valmlkam  atbo  na  bäsyä 
raksänvita  bbartrbite  rata  syat  ]  34') 

Im  Grossen  und  Ganzen  bescbränkt  sich  Re^uka  sonst 
darauf,  die  von  Paraskara  vorgeschriebenen  Hausregeln  einfach 
nur  zu  beschreiben.  Jedoch  fügt  er  hier  meist  einer  jeder 
derselben  astrologische  Angaben  hinzu  und  bestimmt  die 
günstige  Stunde  des  Tages,  die  günstige  Gonstellation  der 
Gestirne  u.  dergl.,  unter  der  jedes  einzelne  Sacrament  vor- 
zunehmen sei.  Ausserdem  führt  er  zahlreiche  Ansichten 
Anderer,  mit  und  ohne  Namen  der  Quellen,  ein.     Er  citirt: 


Angiras:  12,7 
Atharva^iam  yruti:  1,53 
Apastamba:   11,50;  23,444 
Apastamblya8ütrabhä.?yakä- 
rah:  9,8 


A9valäyana:  9,60;  23,178; 

23,310;  23,367 
U9auas  (?) :  23,  758 
Karka:  2,  2;   3,  1  («kopadh- 

yaya);  11,3;  11,8 


1)  Ms:  oiäsämliivjO.  2}  Ms:  Omanä. 

8)  Viel  ansfBhrlicher  als  Revuka  behandeln  Anantadeva,  Sams- 
karakaustubha  fol.  82  b  ff.,  Nilaka^tba,  SamskSramayOkha  fol.  9aft. 
und  ßhatta  Siddhe9vara,  Samskäramayäkha  fol.  17a  die  Verhaltungs- 
jmassregeln  für  eine  schwangere  Frau  unter  Zagrandelegnng  der  im 
Padma-  bezw.  MirkaQ^eya-  und  Matsya-Parä^a  hierfür  gegebenen 
Yorschrifben. 


Ueher  einige  Commentatoren  zu  Sütren  etc. 


637 


Ka5yapa:  3,36;  12,7 
Kathaka9ruii :  23, 369 ;  23, 504 
KatTyagrhyasutra :      2,  14; 

7,  27;   9,  151;    17,  305; 

20,213;  21,101;  23,817 
Kätlyapari9is(a:  3, 17 
KatTyasufcra:  5,20;  23,488 
Katyayana:  18,2;  23,481 
Kecit:  1,8;  1,47;  3,5;  4, 10; 

4,  35  u.  m. 
Kecit  sürayah:  6, 13 
Garbhopanisad:  1,53 
Gälavii):  23,315 
Gürjarah:  23,  799 
Gobhila:  8,43;  14,3;  23, 102; 

23,116;  23,123;  23,391; 

23, 393 
Govindaräja  «) :  23,500 
Gantaraa:    9,  120;    9,  128; 

10,  21 ;    10,  23 ;    10,  28 ; 

10,45;  12,7;  13,23;  15,6; 

17,63 
Jabali:  4,4 
Jyotirvidah:  1,28 
Tittiri:  9,114;  13,24 
Taittiripatha :  23,104 
TaittirTya:  12,  17 


Trivikrama:  11,37;  12,11 

12,  17;  17,  193;  17,260 

17,263;    18,25;    19,24 

23, 448 
Devala:   1,  25;    1,  37;   3,  2; 

21,12 
Devasvamin:  23,813 
Naraya^a:    3,  5;     23,  542; 

23, 812 
Padma:  3,36 
ParSfara:  12,  8 
Päraskara:   17, 151 
Pitamaba:  23,514 
Pura^ikah:  23,389 
Paithinasi:  9,5;  9,6;  9,82; 

23,308;  23,427 
Paura^iikam  vacas:  26,  1 
Pracetas:    9,  126;     23,  72; 

23, 138 
Prajapati:  4,  6 
BahvrcTnam  grhya:  17,27 
Brahmasütra:  1,40 
Bharadvaja:  12,  7 
Bbavanäga:    11,  7;    11,  37; 

11,40;  12,17;  19,6 
Bhavisyottara :  11,6 
Bhäratädi:  23,220 


1)  Der  Name  erscheint  als  Lehrername  auch  im  Yäju-Paraqa 
I,  60,  24;  ferner  citirt  ihn  Säyava  in  seinem  Gommentar  zar  Paräya- 
ra9mrti  an  drei  Stellen,  NilakaQ^ha,  Samskaramayükha  fol.  9  a  als 
Verfasser  eines  Jjotisaratna.  Die  Gälaväs  als  Schulname  theils  des 
weissen  Tajnrveda,  theils  des  Sämaveda  vergl.  Vedische  Schulen  s.  v. 

2)  Verfasser  einer  Smrtimanjari.  Ueber  sein  Alter  siehe  J.  Jelly, 
Z.  D.  M.  G.  46,  279. 

1896.  Sitrangsb.  d.  pbil.  u.  bist  Ol.  41 


638 


S.  Simon 


Bhsr^yakära:  23,488 

BhS^ak&radi:  3,  5 

BhHskara:  7,26 

Manu:  1,8;  1,56;  4,24;  5,6 
9,125;  13,6;  13,7;  13,16 
15,  6;  15,  69;  17,  90 
17,  137;  23,  296;  23,  623 

Manvädi:     11,  5;      16,  15; 
23,  309  ;     23,  444  (?) ; 
23,647;  23,798 

Mäi;davya:  12,  8 
Maisya:  3,36 

Mrirkau4eya:  23,301 
Medhätithi:  23,228;  23,237; 
23,  500 

Yama:   5,7;   9,128;   17,51; 

17,65 
Yäjnavalkyädi :   11,4 

YäjnavalkTyavacas :  1,  72; 

17,16 
YogT9vara:  23,597 
Kati^astra:  1,42 


Linga:  18,6 
Lollatai):  23,228 
LoIIatadayah:  23,221 
Vatsa:  12,8 
Varahamihira:  1,18 
Vasistha:  9,131;  17,96 
VatsySyana:  1,  41 
Vrddhavasistha :  23,304 
Ymn:  3,4;  17,14 
VifYarfipa:  23,228 
Vyäsa:  4,  6;  23,  424 
(;;ankara:  3,30;  5,  12 
Qaflkha:  4,24;  5,10;  9,132; 

23,316;  23,527 
Qankhadhara:  23,500 
gankhalikhitau:  1,27 
gumbhu»):  23,228 
Qaunaka:  10,45;  11,45; 

20,14;  23,283 
(^auDakasütra:  1,41;  2,2 
QrTdhara:  23,541;  23,812 
QrTdharah    smrtyarthasäre ') : 

23,  440 


1)  Schon  von  9i'i<ll>ai'Mvämin  citirt.  ^  Ein  Lolla(faa  war  nach 
dem  Samgltaratnäkara  des  Qärngadeya  Commentafcor  zam  Bfaäratiya- 
nätya9ä8tra  (siehe  Eggelinjs^,  Catalogae  etc.  II,  London  1889,  S.  316a). 

2)  Die  richtige  Namensform  ist  Qambhu.  Derselbe  wird  schon 
von  Apaiärka  (J.  Eirste,  Collation  des  Textes  der  YajSayalkja- 
smrti  etc.  Denkschriften  der  K.  Ak.  W.  in  Wien,  1898,  42,  5  S.  11) 
citirt,  von  Hemadri  nur  im  Q^^ddhakalpa  des  Pari9esakhaQ4a :  HI,  1 
S.  1183.  1678,  zusammen  mit  ^^nl^hadhara  ibid.  S.  1330,  von  Kama- 
läkara,  ^üdradharmatattva,  von  Qrldharasvämin,  Smrtyarthasära  and 
in  der  Parä9arasmrtivyäkhyä  des  SäyaQa  (siehe  Aufrecht,  Cata1o£fU8 
Ozoniensis  S.  279  b,  286  a,  270b  und  Ed.  I,  2  ind.  S.  12). 

8}  Ueber  sein  Alter  siehe  J.  Jolly,  Z.  D.  M.  Q.  40,  279. 


Ueher  einige  Commentatoren  zu  Sütren  etc. 


6B9 


grati:  1,39 

Satyavrata:  23,320;  23,461 
SämkhySyana:  4,  5 
8u9ruta:  1,51;   1,70;   1,72 


Smrfci:  17,33 
Hari9Tsata:  23,373 
Härlta:  3,2;  13,9;  23,298; 
23, 413 


IIL    Harihara. 

Die  Zeit  Harihari's  ist  durch  Hemsdri  und  Reyuka 
bestimmt.  Ersterer,  um  1300,  citirt  üaribara,^)  Harihara 
seinerseits  citirt*)  unter  seinen  Quellenwerken  den  Commentar 
des  ReQuka,  welcher  um  126G  verfasst  ist.  Mithin  wird 
Harihari  in  der  Zeit  zwischen  1266  und  1300  seinen  Com- 
mentar abgefasst  haben.')  Dieser  Commentar  ist  in  zwei 
vollständigen  und  vortreflFlich  geschriebenen  Handschriften 
und  einer  unvollständigen  erhalten ,  welche  alle  Shridhar 
R.  Bhandarkar  in  seinem  Catalogue  of  the  collections  of 
Manuscripts  deposited  in  the  Deccan  College,  Bombay  1888, 
aufführt.*)     Er  liegt  aber  auch  gedruckt   vor   in  der  guten 


1)  Nur  im  ersten  (Qräddbakalpa)  und  zweiten  (Eälanir^aya) 
Abschnitt  des  dritten  Theiles  (Pari9esakhaQda)  seines  Caturvargacin- 
tämavi  entweder  allein:  I:  87,1  v.u.;  91,4;  149,8;  159,12;  182,6; 
183,2;  212,14;  392,12;  590,8  v.u.;  1139,4;  1175,2;  1339,5;  1349,6. 
II:  447,4,  oder  in  Verbindung  mit  9ankhadhara:  I,  145,  5  v.u.;  212,7, 
und  Medhätithi:  I,  1131,9  v.  u. 

2)  Siehe  8.  644. 

8)  Siehe  oben  S.  610  bis  618. 

4)  Die  erste  Handschnft  (1.  c.  XIII,  191  S.  211;  224  Bl&tter  zu 
je  10  Zeilen ;  24  :  10,5  cm)  ist  geschrieben :  samvat  1800  varse  9äli- 
vähana9äke  1666  pravartamäne  bbävanämasamvatsare  |  udagajane 
grismaksi(?)tau  mahämangalyaphalapradajyesthamäse  krsi^apakse  na- 
vamyäm  gnruväsare  pürväbhädrapadänaksatre  pritiyoge  taitilakara^e 
mithnnalagne  |  evam  pancänge  |  adyeha  9rTsimhapuravä8tavyam  udl- 
cyasahasrajfiätiyapaiii^yabhäradväjatatsunumadhusiidanatatsutamaha- 
vajitatsnnaharikrsii^asatapaQ^äliarisatapap^yadeväkarasnta  -  ratne9va- 
re^a  likhitam  |>  Die  zweite  Handschrift  (1.  c.  II,  48  S.  8;  207  Blätter 
SU  je  10  Zeilen ;  26,2:18,2  cm)  ist  geschrieben:  samvat  1926  na  varse 

41* 


640  R,  Sinum 

und  ziemlich  zuverlässigen  Ausgabe^)  von  Lädhärama^arman, 
Bombay  samvat  1946  (=  1890).  Ueberall  heisst  der  Ver- 
fasser entweder  nur  Harihari  oder  er  führt  noch  den  Bei- 
namen Agnihotrin.')  In  seinem  schlechtbin  bhäsya  genannten 
Werk  werden  die  Sacramente  in  derselben  Reihenfolge  be- 
handelt, wie  sie  der  von  Stenzler  herausgegebene  Text  gibt, 
lieber  die  Einschöbe  weiter  unten.  Die  dabei  zur  Verwen- 
dung kommenden  Mantras  hat  Harihara  in  den  wenigsten 
Fällen  zu  erklären  unternommen,  einige  hat  er  offenbar 
selbst  nicht  mehr  verstanden*)  und  beschränkt  sich  meist 
darauf,  die  Anfangs-  und  Schlussworte  derselben  anzugeben. 
Der  Text  des  Pnraskara,  dessen  Betrachtung  wir  die  obige 
Ausgabe   zu  Grunde   legen,    unterscheidet   sich   in  manchen 


9äke  1791  nä  pravartatnäne  phalgnnamäse  krspapakse  titban  12  dvä- 
da9yäm  9ricandravä8are  |  1.  metärämam  krs9ajädavaji9rihalavadama- 
dhye  västavyam  ||  Die  dritte  Handachrift  (1.  c.  XVII,  18  S.  838; 
125  Blätter  zu  je  12  Zeilen;  24,5:  11  cm)  ist  unvollständig:  Es  fehlen 
die  ersten  drei  Blätter  (bis  Päraskara  I,  2,  2)  and  der  Schlass. 

1)  Zu  dem  5  Seiten  langen  Yerzeichniss  der  Dnickfebler  am  Schloss 
der  Ausgabe  kommen  allein  in  dem  Text  des  Päraskara  noch  folgende 
hinzu:  I:  4,12:  anusamvya^;  4,16:  agnis  ^e;  5,11:  panthäm;  6,2: 
pateh;  12,4:  päpinäm;  16,2:  pr9ni;  18,4:  ca  trih;  18,6:  cittizn. 
II:  6,16:  9ä^iaks^;  5,42:  ^^vitrikä";  8,6:  ^purise;  10,2:  paÄcamim; 
14, 1 1 :  Opän  avanejayati ;  17, 8 :  ^jann  upa*.  III :  2, 7 :  *ysLm  9f°;  8, 1 1 : 
**rsüsu  su^;  4,4:  ucchrayämi;  sunrtä'';  brbatl;  par^am;  purya®;  4,7: 
ähuti;  pähi;  4,8:  väjim;  cobbau;  4,17:  a8vapna9  ca;  4,18:  ^räjam; 
6,2:  caksur^;  yaksmam  91^;  8,11:  om.  kürcesu;  8,12:  üvadhyam; 
9,  6:  vä  yo  vä;  11,2:  parivyaya^opäkaraQani^;  11,4:  ^am;  ^di9et; 
12,10:  sincantu;  18,4:  etya;  18,6:  ^cam  äsya;  <Hä  ?äk  täm;  14,6: 
^opastham;  14,12:  ^ro  risad;  15,20:  9akune. 

2)  Ebenso  am  Scbluss  der  von  ihm  verfassten  Snänapaddbati, 
welcher  lautet:  ity  agnihotrihariharaviracitä  kätyäyanasnänavidhi- 
ftütravyäkhyänapürvikä  snäoapaddbatih  samäpta  ,1  (Ms.  Chambers  281 
fol.  16  b).  In  der  Einleitung  kommt  sein  Name  nicht  vor.  Hemädri, 
ebenso  wie  Kämadeva,  nennt  ihn  nur  Harihari,  Bämakrä^a  in  der 
Einleitung  zu  seinem  Saipskäraga^apati  Hariharami9ra. 

3)  Siehe  z.  B.  I,  18,  6:  svätmänam  (statt:  STädmänam). 


üeber  eimge  Commentatoren  zu  Sütren  etc.  641 

Punkten  von  dem  Stenzler 'sehen  Texte  und  bietet  einige 
sonst  nicht  bekannte  Lesarten.  Die  zahlreichen  auffallenden 
Uebereinstimmungen  femer  mit  den  Ton  Stenzler  (Text  S.  50) 
mit  B  und  C  bezeichneten  Handschriften  zeigen,  dass  Harihara 
ein  Text  yorgelegen  haben  muss,  welcher,  ausser  aus  anderen 
Quellen,  auch  aus  der  Quelle  geschöpft  war,  aus  welcher 
B  und  G  geflossen  sind.  An  Lesarten  heben  wir  hervor: 
I:  1,2:  nirupya^;  2,11:  äyäsy;*)  3,5:  padyam;*)  4,3:  ud- 
dhrta®;  4,16:  manusyajah;  ^)  5,11:  jyotismadhye  hy  aja®; 
7,2:  pragäyämasyägrata^;^)  8,10:  purusah;  8,13:  grama- 
pra®;  11,2:  tväm  na^,  tvam  nä^,  tväm  nsfi;  16,2:  canäya- 
tanam  avarä  jaräyu;  16,5:  athäsyäyu$yam;  16,7:  tristris 
tryäyu®;  19,7:  **pra8ärakä°.  II:  1,16:  pa^yasi;*)  1,21: 
aksuQvan;  2,21:  *^au8adhibhyah ;  4,3:  °ksyottii?thantsami- 
dham*)  ädadhäti  agne  sami^;  6,20:  purucT;  7,4:  iti  fruter  hy; 
7,  6:  ®am  vrajatTti  9niteh;  14,  4:  väru^iTr;'')  14, 5:  ^re  hi  da^; 
16,1:  prsätakä.»)  III:  3,13:  maghyä^  5,2:  »>lani  ca  ta^; 
5, 4:  sthapaty  asya  patnT  sara^;  8, 11 :  pu  .  .  esa  te  ba** ;  8, 17: 
rasasya  tu® ;  9,  5 :  raksatu  sarvatah ;  9,  7  :  näbhyastham  ; 
10,36:  ced  atTtasya;  10,54:  ^kumbham  ca  da®;»)  12,9: 
®hutTr  ju®;  13,4:  ®8ä  sudu®;  13,6:  dugdho;  13,6:  matya- 
dyasveti;*®)  14,11:  iha  rantv  iti;  15,22—4:  labhet  tat; 
15,24:  ®ti  brahmä  tvä  prä9natu  bra®.  ^^)  In  folgenden 
Fällen  stimmt  Harihara  mit  B  und  C,  B  oder  C,  vereinzelt 
auch  mit  anderen  Handschriften  überein :  1:5,9:  vijnätam 
ca    vijnäti9  ca   (=^  B) ;    5,  9 :    dar9a9   ca    paur^iamäsam    ca 


1)  Siehe  S.  271  Z.  6  der  Ausgabe. 

2)  Harihara:  pädyam  padbhyäm  äkramai^iyam. 

3)  Siehe  8.  271  Z.  8  v.  u.  der  Ausgabe. 

4)  Vergl,  die  Lesart  von  A  (Stenzler,  Text  1.  c.  S.  51). 

5)  Siehe  S.  272  Z.  18  der  Aasgabe. 

6)  =  BC.  7)  Vergl.  BC.  8)  Als  fem.  sg.  (?) 
9)  Ebenso  liest  Karka  (A  fol.  86  b). 

10)  Vergl.  A  and  Jayaräma.  11)  Vergl.  B. 


642  B.  Simon 

(=BC);  5,10:  asmin  brahma^y  asmin  (=  BG);  5,11:  ^tam 
ma  ägäd  (--  A  Text  BKpVp);  16,  2:  pTvarTm  na  (-=  B). 
II:  1, 19:  <>re^ia  raajjayata  su«  (--  Codd.);  2,  16:  Vera  I,  8, 8 
ganz  wiederholt  (—  BG),  jedoch  statt  prajapati^  t^ä:  brhaspatis 
tva;  4,8:  savitä  adadhätu  medhuin  me  devl  sarasvatl  äda* 
dhätü  medhsm  a^vi®  (-  BC);  7,6:  ^u^kava*  (=BJrVp); 
7,15:  om.  ca  (=-  C);  11,2:  Oävasphürjjadbhü^»  ^)  {--  C); 
11,  2:  Vte§v  (--  BC).  III:  2,  2:  ratrim  upa  (-  BC);  3,  5: 
niskrtim  (^-  BC);  6,3:  virOpak^a^  9vetapak$o  niahäyafäh  | 
atho  citrapaksah  (=  BC);  7,  2:  sakhibhyo  (-=  BC);  7,  3: 
chitva  0^  BC);  8,6:  sthallpäkamifrä^y  avadänäni  ca  ru^ 
(=  B);  9,  6:  8äptaja<>  (=  AB);  11,  10:  yajet  tas«  (=  B); 
14,10:  atryäya  (-- BC). 

Einschübe:  1.  nach  II,  2,  10:  =  BC,  abgedruckt  bei 
Speijer,  1.  c.  S.  22,  von  den  Herausgebern  eingeklammert 
(S.  100),  von  Harihara  besprochen  (S.  103);  bereits  Karka 
kennt  ihn.  Er  sagt  (A  fol.  20a) :  asmin  avasare')  prasiddhya 
yajnopavTtam  icchanti*)  |!  2.  nach  II,  4,  8:  -=  BC,  abge- 
druckt bei  Speijer,  1.  c.  S.  23.  Harihara  (S.  109):  prasid* 
dhatvac  chifitaparamparaearitatyät  kriyate.  Schon  Karka 
(A  fol.  22  a)  bezeichnet  ihn  als  späteren  Zusatz:  tryayusakara^ani 
anuktam  api  sütrakareQa.*)     3.  nach  11,5,27:  ^  BC;  Hari- 


1)  Die  von  Jayaräma  und  Ramakrma  zu  avasphOrja  gegebene 
Erkl&rung  findet  sich  wörtlich  so  schon  bei  Harihara  sor  Erklftmng 
von  avasphflrjanti. 

2)  B:  aträvasare. 
8)  B:  eveccho. 

4)  Dass  gewisse  KOrpertbeile  mit  Asche  bestreut  werden,  findet 
sich,  wie  hier  bei  dem  tryäyusakara^a,  nach  den  Ausführungen 
Rämakrsqa^s  auch  bei  dem  nach  Päraskara  I,  19  eingeechobenen 
9i9araksäT]dhana.  Es  heisst  dort  (A  fol.  415  b  =  B  fol.  198  b)  nach 
Yoraufgegangenen  6  ^l^ken  zum  Schluss: 

iti  bbasmäni  mantryaiva  bhflsayet  tena  bhasmana 
9irolalätädyangesu  rak^äm  kuryad  yathä  vidhibi  || 
Siehe  ferner  bei  AnantadoTa,  Samskärakanstubha  fol.  40: 


üeber  einige  Compientatoren  zu  Sütren  etc. 


643 


hara  kennt  und  commentirt  ihn,  Karka  kennt  ihn  noch 
nicht.  4.  nach  II,  15,  2:  ^  B;  Karka  kennt  ihn  noch  nicht. 
5.  nach  III,  5,  5:  =  BG;  Karka  unbekannt,  von  Harihara 
nicht  commentirt  und  von  den  Herausgebern  an  den  Schluss 
ihrer  Ausgabe  gesetzt. 

Aus  den  Citaten  Hemfidri^s  geht  hervor,  dass  Harihara 
Jayantasvamin, ')  ferner  einen  sonst  unbekannten  Bh^Olä- 
cärya*)  und  Vifvaröpa*)  gekannt  hat.  In  seinem  Com- 
mentare  selbst  citirt  er  folgende  Autoren  und  Werke 
namentlich  oder  anonym: 

Afigiras:  96 

Anye:  73,  92,  118,  239 
Amarasimha:  79 
Äpastamba:  101,  119 
Äfvaläyana:  57,  193 
A9yaläyanagrhyapari9ista:  73 
A^valayanäh:  55 
Äha:  57,  63,  234,  242 
Iti:   11,  95,  125,   145,  233, 
234,  235,  245 

Itihäsapura^ädivicitrakathäh : 
241 

Itihasapurä^Sdiyidagdhaka- 
th?ih:  249 


Kgya^rliga:  30 
Eke:  28,  118 

Eke  3cary3h:  7,  28,  242,  243, 
245 

Katha9ruti:  17 
Kathäh:  17,57 
KarkopSdhyäya:   7,  73,  103, 
130 

Kalpatarukara*):  119,  130 
Ka^va:  57,  235 
KätTyasütra:  79 

Kätyäyana:    9,  55,  79,   145, 
150,  178,  243 


bhasmasnänavidhir  lainge 

i9änena  9irode9e  mukhe  tat  purusepa  tu  | 
hrdo  de9am  agbore^a  gahyam  vämena  suvrata 
sadjena  pädau  sarvängam  prai^avena  tu  9odhayet 

T9änädipädopetair  raantrai9  caturthyantair  i9änädmämabhir  välepayed 

ity  arthah  il 

1)  Hemädri  III,  1  S.  1389,  6. 

2)  Ibid.  III,  1  S.  1139,  3. 
8)  Ibid.  III,  1  S.  159,  12. 

4)  =  Laksmidhara.    Vgl.  über  ihn  J.  Jolly,  Z.  D.  M.  G.  46,  S.  273. 


644 


B,  8inum 


Kecit:  13, 15, 49, 63, 232,  235 
Grhyakau<Ja:  6 
Grhjasamgrahakara:   181 
Gobhila:  55,  57,  85,  206 
Oautama:  96 

Chandogapari9ista:  15, 54, 69, 
102,108,120,150,158,178 
Chandogäh:  55 
Jatnadagni:  110 
Jaimini:  79 
Jaiminlyah:  8 
Jyotib^astra:  6,  28 
Tatha:  102, 120,231,232,253 
TaittirTyabrshma^a:  55 
Devala:  73 

Dharma9ästra:  92 

Niruktakärayäskäcaryah:  29 
Paribha^a:  29,  39 
Pävini:  165 
Päraskaräcarya:  57 
Puräpa:  31 
Paithlnasi:  182 
Pbalafruti:  231 
Brhaspati:   110 
Brahmapurana:   19,  96,  108 
Brahma:  96 
Bhärata:  250 
Bhäradväja:  57 
Bhä^yakära:    14,    107,    113, 
137,  166 

Matsyapurä^a :  207 

Manu:   21,  27,  42,  54,   56, 

57,  63,  96,  101,  136,  139, 

141,  242,  247 


MarTci:  108 
Mädhyandina:  57,  235 
Yama:  96,  102 

Yajnavalkya:  25,  31,  57,  63, 
85,  96,  102,  109,  123,  243 
Yäskäcäryäh:  29 
RSmaya^a:  251 
Refludlksita:  103 
Laugäksi:  95 

Vacanat:  6,  9,69,  106,  137, 
156,  158,  170,  171,  20t), 
212,  230,  244,  247 

Väjasaneyinah:  55 
Väjasaneyinah    pancaday^y,^- 
kha9rayivah:  57 

Väsudeva  (dTksita):  1,  103 
Vmu:  119 
Vi?^upuj«va:  65 
Yrddhafätatapa:  96 
<;;afikhalikhitau :  119 
Qatätapa:  110 
(^ulbaTacana:  219 
gruti:  22,  245 
Sämagal^:  57 

Smara^a:  96,  138,  156,  194, 

243,  246 

Smrti:  63,65,  118,239,245, 
246 

Smrtyantara:  14,  28,  63, 118, 
123,  124,  202,  234,  238, 

244,  245,  247,  251 

Hanta:  73,  97 


üeber  einige  Cominentaioren  zu  SOtren  etc.  645 

Zum  Schluss  sei  K.  M.  Chatfield  Esq.,  Director  of  Public 
lustruction,  Bombay,  an  dieser  Stelle  ergebenster  Dank  für 
die  Benutzung  der  Handschriften  von  Earka,  ReQuka  und 
Haribara  ausgesprochen. 

Anhang. 

Das  Stechen  der  Ohrlöcher  (karaavedha) 

nach  Rämakrs^a. 

Nach  Päraskara  I,  17  (A:  fol.  393b,  B:  fol.  183b^)) 
bespricht  Rämakrsaa  zuerst  das  bhömyupave9ana,  dantot- 
pattiphala,  katlsütrabandhana,  sodann  den  kar^aYedha: 

Atha  kar^avedbah  tatra  yäjnikäh  pathanti  |  atha  kar- 
ijiavedho  varse  trtTye  pancame  vä  pusyenduciträharirevatTsu 
pürvähne  kumärasya  madhuram  datvä  pratyafimukhäyopa- 
vistäya  daksi^am ^)  kar^am  abhimantrayate  bhadrain  kar- 
ijiebhir  iti  vaksyantTved  iti  ca')  bhindyät  |  tato  brähmai.ia- 
bhojanam^)  iti  pari9ii^am 


1)  £>ie  Handschriften  sind  die  von  Eg^eling  im  Catalogue  of 
ihe  Sanskrit  Manuscripts  in  the  Library  of  the  India  Office  I  S.  66  b 
und  67  a  und  b  unter  No.  440  (358),  677  (369)  (=  A)  und  912  (360) 
(=  B)  aufgeführten.  A  ist  zu  Grunde  gelegt.  Vergl.  Stenzler,  üeber- 
aetzung  des  Päraskara  S.  VII. 

2)  AB  vor  daksi^am:  dakbäyopayis^äja. 

3)  AB:  ca. 

4)  Bis  hierher  findet  sich  diese  Stelle  auch  in  dem  von  Speijer 
mit  A  bezeichneten  Codex  und  ist  von  ihm  S.  21  seines  De  ceremonia 
apud  Indos  quae  vocatur  jätakarma,  Leiden  1872,  mitgetheilt.  Ebenso 
in  den  Ozforder,  von  Stenzler  mit  B  und  G  bezeichneten  Handschriften 
des  Päraskara -Textes;  jedoch  lesen,  einer  handschriftlichen  Notiz 
Stenzler*8  zufolge,  beide  ^opavistasya  da^;  C:  ca  atha  bhindyät;  bei 
B  fehlen  die  zwei  letzten  Worte.  Speijer's  Vorschlag,  das  iti  vor 
vaksyanti  fortfallen  zu  lassen,  zu  verbinden  ,ut  fiat  versus  tristubh' 
und  zu  lesen:  bhadram  kari^ebhir  vaksyanti  vedäh,  ist  schwer  be- 
greiflich. Bhadram  kan^ebhih  steht  Väj.  S.  26,  21,  vak^yantived  Väj. 
8.  29,  40. 


646  B.  Simon 

vtramitrodaye  brhaspatih  ^)  | 

janmato  dafame  yähni  dyädafe  vätha  so<}a(e  | 

saptame  mäsi  vä  karyäd  da9an]e  mäsi  vä  punah 

tatbä  ca  gargah')  | 

oiäse  i^a^tbe  saptame  väpy  a^tame  dvädafe  *hni  vä 

kar^avedham  prafamsanti  puS7Syah9rIyivardha7e 

madanaratne  'pi  { 

prathame  saptame  mäsi  a^ame  da9ame  tathä  | 

dväda9e  vä^)  tathä  kuryät  kaniiavedhain  fubhävaham  *) 

vatsare  ^yugma  ity  artbah^)      vlramitrodaye  | 

arke  'nuküle  fa^ini  pra^aste 

tärabale  candravivrddhipaki^e  | 

ayugmavarse  (ubhadaip  (ifüDäm 

karQasya  vedbam  munayo  vadanti 

tatbä  ca  räjamärtau4&t  ^)  | 

tSräcandränukule  *hni  9aste  bbäsvati  väkpatau  { 

ayuksamvatsare '')  präbuh  karQavedbavidhim  budhah 

aträjatadantasyaiva  kar^avedbo  mukhyah  kärikäyäin  ; 

9i9or  ajatadantasya  mätur  utsangasarpi^a  iti 

Atba  mäsädi  vlramitrodaye  yyäsah^)  | 

kärttike  pau^am^se  vä  caitre  vä  pbälgune  'pi  vä  | 

kar^avedbam  pra9ainsanti  ^)  9uklapak§e  9abbe  dine 

1)  Dies  Gitat  findet  sieb  gleichlautend  bei  Bhatta  Siddhe9?ara, 
1.  c.  fol.  81b;  bei  Nilakavtha,  I.  c.  fol.  18a  fehlt:  da9ame  mäsi  vä. 

2)  Die  erste  Hälfte  dieses  Gitats  lautet  bei  NIlakaQ^ha,  Ananta- 
deva,  Bhatta  Siddhe^vara  übereinstimmend: 

mäse  sas^be  saptame  väpy  as^ame  mäsi  vatsare  | 

8)  AB:  ca. 

4)  AB:  Vedha9rubhäv®;  B:  ^bbävabe. 

6)  Die  vier  Worte  stehen  offenbar  an  falscher  Stelle. 

6)  Ebenso  bei  Anantadeva,  1.  c.  fol.  106  b. 

7)  A:  ®yusamva®;  B:  ^uvasamva®. 

8)  Siehe  S.  C84  Anra.  1. 

9)  B:  «sati. 


Ueher  einige  CommentcUoren  eu  SiUren  etc,  647 


jyotirnibandhe 
yedhyau  kar^äv  adantasya  visamatve^)  'pi  vä  9i9oh  | 
fuklapak^e  fubhe  väre  caitrapaui^orjaphälgune  i 
nrsimhah*)  I 

ekädafyäsfamlparvariktä ')  varjyäh  fubbävahäh^)  i 
^res^hä^  ca  tithayah  sarvä|;i  krsue  väaty  atrikam  vinä 
^akunyädlni  vi^tim  *)  ca  vi^ese^ia  vivarjayet  | 
fubbayoge^u  sarvesu  kar^avedhah  ^ubhäyabah^) 
karQadvayäd  iti  ksipramrdubhih  .  .  yogaih'')  ^ubhaih  | 
gurau  lagne  'tba^)  ke  'py  ähur  uttaräsu  (rutiyyadhah 
vrddhanäradah  ®)  | 

vr^bhe  mithune  mlne  kullre  kanyakäsu  ca  | 
tuläcäpe  tu  kurvlta  karpavedham  fubbävabam 
randbrärivyapago  nes^o  guruh  9e8esu  9obhanah 
sutarandbragatah  saumyo^^)  'nesfah  9esesu  9obbanah 
saptä^tamagatab  9ukro  na  9ubho  'uyatra  9obbanah  | 
candro  dvitrisutas  trlsudbarmakarmagatah  9ubhah 
trisa(Jäpagatäh  ^^)  saumyäh  9ubbäh  kar^asya  vedhane 
karpayedbe  triläbbastbau  krürau  nentau  9ubbä9nbbau 
sa  ca  rätrau  na  käryah  !|  tatbä  ca  vasistbah  | 
na  ka9  cid  isto  'stamara9ib  samstbam  ^^) 
tithidvayam  Tävamasamjnakam  ca  | 
na  tatra  kuryäd  divase  yi9esäd 
ratrau  na  kuryät  kbalu  kar^avedbam 


1)  A:  ^samede;  B:  ^sameve. 

2)  Der  Anfang  citirt  von  Anantadeva,  1.  c,  der  erste  (^loka  von 
Bhatta  Siddhe9vara,  1.  c.  fol.  32  a. 

8)  AB:   ekähasya  stsLunP.  4)  AB:  ^^ahah.  6)  A:  ^\,&ffi 

B:  %<^.  6)  AB:  Ovahäh.  7)  AB:  Odubhaisträyagaih. 

8)  Siehe  oben  S.  888. 

9)  Der  erste  (ploka  ebenso  bei  Anantadeva  and  Bha^ta  Siddhey- 
▼ara,  beide  fahren  aber  dann  ganz  anders  fort. 

10)  B:  Oyä.        11)  AB:  OgatS.        12)  A:  V^thams;  B:  09i8am- 
sthama. 


648  B.  Simon 

Atha  sucInirQayah     tatra  brhaspatih^)  | 

9ätakumbhamayT  stiel  vedhane  fobhanaprada 

räjati  väyasi  vapi^)  yathä  vibhavaiah  9Qbhä  '! 

smrtimabäingiaYe  tämrity  apy  uktam  { 

Quklasütrasamäyaktatämrasücyätha  vedhayet 

Atha  var9ayi9e9e9a  sücTvyavasthä  i  tatra  ylramitrodaye   br- 

haspatih')  | 

sauyarQl  räjaputrasya  räjati  vipravaifyayoh  | 

fiidrasya  cäyasl^)  sücT  niadhyamastäfigulätmikä 

madhyangulimadhyatDaparvamitam   angulam   tena   prama9e- 

näsfäfigulety  artha  iti  prancah     tan  na  |  anak^rarthatvat 

kirn   tu   madbyama   cäsäv   a^tärigalatmiketi   sabhyo  Vthah 

madhyamä  natisvalpä  nätyadhikety  artha^  ', 

Atheti  kartavyata     Yi§9udharmottare  ^)  | 

9i9or  evatha  kartavyam  karpavedham  yathä  9rau  { 

pürvahne  pujanam  kuryat  ke9ayasya  harasya  ca  |{ 

brahma9a9  candrasüryabhyäin  digl9anain  tathaiva  ca 

naäutyayoh  sarasvatyä  brähma^änam  gaväm  tatha  [ 

gurüQäm  ma^cjanam  ®)  krtvä  tatra  datvävaräsanam 

tathopaye9ayet  tatra  dbätrlm  9uklambaräin  tathä 

alamkrtam  tadutsafige  balam  dhrtvä  tu  santvitam 

ghrtasya  iii9calam  samyag  alaktakarasäfikite  li 

vidhyed  evaip  krte  chidre  sakrd  evätra  läghavat  { 

präg  dak^iQe'')  kumärasya  bhi^ag  väme  tu  yositah 


1)  Nach  Nilaka^tha  und  Bha^t^  Siddheyvara  ist  dies  Citat  einem 
Subodha  genannten  Werk  entnommen. 

2)  A:  värtba. 

8)  Ebenso  bei  Anantadeva,  1.  c.  fol.  106a,  mit  der  darauffol- 
genden Erklärung:  bälasya  madhyamängulimadhyaparvamitangule- 
nästängulety  artbah 

4)  B:  Osä. 

5)  Ebenso  bei  Bha^ta  Siddbeyvara  fol.  82  b  and  Anantadeya 
fol.  106  a. 

6)  Anantadeya:  arcanani. 

7)  Anantadeva:  prädak^. 


U^er  eifäge  Cammentataren  zu  Sütren  etc,  649 


9i9or  vivardhanam  ksryam  jävad  äbhara^ak^apam  ^) 
karvavedhadine  ^)  Tipräh  sämvatsaracikitsakau 
pöjyäf  cävidhavä  näryah  suhrda9  ca  tathä  dvijä  iti 
Atha  kar^ak^lanam  äba  jyotirnibandhe ')  | 
vedbä  (!)  trtlyanaksatre  kßälayed  u^paväriQeti 
atra  purusakarQarandbravrddhivi^aye  yifei^m  äba  devalah^) 
karparandbre  raveh  cbäyä  na  vi^ed  agrajanmanab  j 
tarn  di'stvä  vilayam  ySati  puuyaugbä9  ca  purätanäh 
tasmai  (.räddbam  na  dätavyam  yadi  ced  äsuram^J  bbavet 
aviddbakarQädini^edbam  äba  ^älafikäyana^  ^)  | 
aviddhakarpair  yad  bbuktam  '')  lambakar^ais ^)  tatliaiva  ca')  | 
dagdbakar^ais  tu  yad  bbuktam  tad  vai    raksämsi  gaccbati 
tatpramäpam  ähatuh  9ankhagobbilau  | 
ha  nu  möläd  adbah  karaau  lambau^^)  tu  parikTrtitau  | 
dvyafigulau  tryafigulau  9astau  tena  9ätätapo  'bravit 
strT9üdrayor  apy  etad  bbavati 
Atbäsya  spastaprayogah  | 

pürvoktadine  kumäre^a  saba  pitarau  snätväbatayäv<^änisi  pari- 
dhäyopavi9ya  de9akälau  smrtväsmin  puviyäbe  'sya  kumärasya 
karpavedhani  abam  karisye  tadaflgatvena  vibitaip  svastipui.i- 
yähaväcanam  ^^)  mätrkäpnjanam  nändT9räddharn  cähani  ka- 
risye sar^am  sampadya  pürväbne  ke9avam  barain  brabmäi;ain 
candramasam  süryam  dikpälän  a9vinT  kumärau  sarasvattni  *  *) 
bräbmaijän  gaväm  nama  mantreua  püjayitvä  tato  gurün 
varäsana  upave9ya  pöjayitvä  tato  'varäsane  dhätriui  upave9ya 


])  Anantadeva:  ^ksamam.  2)  Anantadeva:  ^vedhe  sadä. 

8)  Dies  Citat  ist  nach  Bha^ta  Siddhe^vara,  der  es  fol.  31b 
gleichlautend  anführt,  dem  Arpava  —  gemeint  ist  wohl  der  schon 
von  Hemädri  citirte  Smrtimahäri^ava  —  entnommen. 

4)  Der  erste  Qloka  gleichlautend  bei  Bhatta  Siddhe9vara  fol.  82  b 
nnd  Anantadeva  fol.  106  a. 

5)  B:  däsura.  6)  B:  cäla^;  AB:  ®käya  namah.  7)  AB: 
bhaktam.  8)  B:  lamsak^  9)  A:  cä.  10)  B:  limbau. 
11)  B:  OcanaO.            12)  AB:  Oyatl. 


650      B,  Simon,  Ueher  einige  Commentataren  mu  Sütren  etc. 

taduts^fige  pünrabhiniukham  alaipkrtam  bslakam  dhrtvS  ku- 

märabaste^)  ^arkaradi  madhuram  datvä  pitänyo  va  daksi^a- 

kaixLam  yathoktasucya  vedhayet  tato  vämam  {|  bhadram  kar- 

^ebhir^)  ity  anena  daksioakarpam  abhimantrayaie  { 

yak^yantlved  aganiganti  kar^ain 

priyam  sakbäyaip  pari^asvajänä  | 

yoseya  (inkte  vitatadhi  dhanyan 

jyä  iyam  samane  pärayantT')  , 

iti   mantre^a  yämam   abhimantrayaie  ,{  tatah   kar^ayedhani- 

mifctam    yathafakti    brähma^abbojanain   J   yedhä  (!)    irtlya- 

naksatra  u^^aväripa  ksälayet^)  j 

iti  ...  karpayedhah  , 


1)  B:  Ohastam.  2)  Yäj.  S.  26,  21.  S)  Väj.  S.  29,  40. 

4)  Roha^arthe  fügt  in  seinem  Prayogaratna  fol.  45  b  Näräya^a- 
bhatta  hinzu,  welcher  sich  im  Grossen  und  Ganzen  mit  den  ?on 
RämakrsQa  gegebenen  Vorschriften  in  Uebereinstimmnng  befindet. 
Er  schliesst:  rücjlhau  ca  kaTQau  yatba  bhara^adbära^aksamatä  bba- 
vati  tathä  yardhaniyau  pumsah  Büryara9mipraye9ayogyarandhrapar- 
yantam  yardhayel  lambakar^ata  tu  nisiddhä  |  striQäm  yatheccham  j; 

S.  608  Anm.  6  ist  zu  lesen:  Parä9ara8mrti  (Bomb.  S.  Ser.)  1,  1 
8.  109  Z.  3. 


>^ 


651 


Verzeichniss  der  eingelaufenen  Druckschriften 

Juli  bis  December  1895. 


Die  Torehrlichen  Gesellschaftan  und  Institute,  mit  welchen  aiisere  Akademie  in 
Tausch  verlcehr  steht,  werden  gebeten,  nachstehendes  Verzeiehnias  zugleich  als  Empfltngs- 
bostätigung  au  betrachten. 


Von  folgenden  G^esellscliaften  nnd  Instituten: 

SoeüU  d'J^midation  in  Äbbeoille: 

Mtooirea.    Tome  18.  19.     1893/94.    8«. 

Bulletin.    Annt^e  1892  No.  2—4,  1893  No.  1—4,  1894  No.  1.  2.    8«. 

Cinquentenaire  de  M.  Ernest  Prarond.     1894.    8^. 

Royal  Society  of  South- Äuatralia  in  Adelaide: 

Transactions.    Vol.  19,  part  1.     1895.    8^. 

SUdslavische  Akademie  der  Wissenschaften  in  Agram: 

Ljetopis  za  godinu.  1894.     1895.    8^ 

Rad.  Vol.  117-122.     1894/95.    8«. 

MoDomenta  spectantia  historiam  Slavorum  merid.  Vol.  XXVL  1894.  8^. 

Monnmenta  historico-juridica  Slav.  merid.     Vol.  V.     1894.    8^. 

Djela.    Vol.  XIV.  1.     1895.    4«. 

Tade  Smiiiklas,  2iTot  i  djela  D»  Franje  Ra6koga.     1895.    d9. 

Milan  Reäetar,  Zadarski  i  Raüinin  Lekcionar.     1894.    8^. 

New 'York  State  Library  in  Alhany: 

New- York  State  Museum.    47"»  annual  Report  for  1893.     1894.    8°. 
New- York  State  Library.   76*»»  annual  Report  for  1892/93.    1894.   S^. 

Üniversity  of  the  State  of  New -York  in  Albany: 

State  Library  Bulletin,     a)  Bibliography  No.  1.    b)  Additiona  No.  2. 
1894/95.    80. 

Societe  des  Antiquaires  de  Picardie  in  Amiens: 

Bulletin.    Annde  1893  No.  1—4.     1894  No.  1.     1893/94.    8^. 

K,  Akademie  der  Wissenschaften  in  Amsterdam: 

Verfaandelingen.   Afd.  Natuurkunde  I  Sectie.  Deelll,  7.  Deellll,  1— 4. 

II  Sectie.    Deel  IV,  1-6.     1894/95.    4«. 
Verhandelingen.    Afd.  Letterknnde.    Deel  I,   No.  4.     1895.    4®. 


652  Verzeichniss  der  eingelaufenen  Druekachriflen, 

Zittingflvenlagen.     Afd.  Natanrkande.    Jaar  1894/95.     1895.    4^. 
Verslagen  en  MededeeÜDgen.     Afd.  Letterkunde   3*  Reeks,    Deel  11. 

1895.    8". 
Jaarboek  yoor  1894.    S^, 
Myrmedon  aliaque  poemata.     1895.    8^. 

Peabody  Institute  in  Baltimore: 
28^b  annual  Report.    Jane  1,  1895.    8^. 

Johns  Hopkins  ünioersity  in  Baltimore: 
Circulars.    Vol.  XIV,  No.  119,  120,  121.    1895.    4«. 
American    Journal    of   MatbematicR.      Vol.    XVI,   4.     XVII,    1 — 3. 

1894/95.     4^. 
The    American   Journal    of   Philology.    Vol.    XV,    2  —  4.     XVI,    1. 

1891/95.    80. 
American  Chemical  Journal.    Vol.  16,  No.  7  u.  8.   Vol.  17,  No.  1—7. 

1894/95.    80. 
Johns  Hopkins  Univer^ity  Stadien).     Ser.  XII.    No.  8-*12,    Ser.  XIII, 

No.  1-8.     1894/95.    8». 

Naturforschende  Gesellschaft  in  Basel: 
Verhandlungen.     Band  XI,  1.     1895.    8«. 

Historisch-antiquariHche  Gesellschaß  in  Basel: 
Basler  Chronik.    Leipzig  1895.    8«. 

UniversitätshibliotheJc  in  Basel: 
Schriften  der  Universität  aus  dem  Jahre  1894/95.    4^  und  8*. 
Bataviaasch  Gejiootschap  van  Kutisten  en  Wetenschap})en  in  Batacia: 

Tijdschrift.     Deel  38,    afl.  4.  5.     1895.    8«. 
Notulen.    Deel  32,  afl.  4;    Deel  33,  afl.  1.  2.     1895.    8«. 
Verhandelingen.    Deel  48,  stuk  2;    Deel  50,  1.     1894/95.    8«, 
Nederlandsch-IndischPlakaatboek.     Deel  Xlll.     1895.     8®. 

Kgl.   naluurkundige  Vereeniging  in  Nederlandsch  Indic  zu  Batavia: 

Natuurkundig  Tijdschrift.    Deel  54.    1895.    8. 

Boekwerken    ter    tafel   gebracht    in    de  vergaderingen    1893.    1894. 
1894/95.    80. 

Historischer  Vereifi  in  Bayreuth: 

Archiv  für  Qeschichte  u.  Alterthumskunde  in  Ostfranken.  Band  XIX,  2. 
1894.     8«. 

jBl.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Belgrad: 
Glas.    No.  48.     1895.    8®. 
Spomenik.    No.  26.  27.  29.    1895.    4^. 

A'.  preussische  Akademie  der  Wissenschaften  in  Berlin: 
Abbandlungen  aus  dem  Jahre  1894.    4^. 
Sitzungsberichte.    1895,  No.  26    38.     4«. 

K.  geolog,  Landesanstalt  und  Bergakademie  in  Berlin: 
Abhandlungen.     Neue  Folge.     Heft  16,   17   u.   19   mit  sugebörigen 
Atlanten.     1895.    4?  u.  fol. 

Deutsche  cheviische  Gesellscliaft  ifi  Berlin: 
Berichte.    28.  Jahrg.,  No.  12—18.     1896.    8^. 


Verzeichn%88  der  eingelaufenen  Druckschriften,  653 

Deutsche  geologische  Gesellschaft  in  Berlin: 
Zeitschrift.    Band  46,  Heft  4;  47,  Heft  1.  2.     1894/96.    8«. 

Physikalische  Gesellschaft  in  Berlin: 

Die  Fortschritte  der  Physik  im  Jahre  1893.   49.  Jahrg.,  Abth.  I  -III. 

Do.  i.  J.  1889;  45.  Jahrg.  3  Voll.     Braunschweig  1895.    8^. 
Verhandlungen.     12.  Jahrg.   No.  1,    13.  Jahrg.  No.  1—4,    14.  Jahrg. 

No.  1  u.  2.     Leipzig  1894.    8^. 

Physiologische  Gesellschaft  in  Berlin: 

Centralblatt  für  Physiologie.    1895.   No.  8—14.    16—19.    8». 

Kaiserlich  deutsches  archäologisches  InstittU  in  Berlin: 

JahreBbericht  über  d.  Jahr  1894/95.     1895.    4®. 
Jahrbuch.    Band  X,  Heft  2  u.  3.     1895.    4^. 

Geodätisches  Institut  in  Berlin: 

Zenithdistanzen  zur  Bestimmung  der  Höhenlage  der  Nordsee-Inseln 
Helgoland  etc.     1895.     4^. 

A.  Westphal,  Untersuchungen  über  den  selbstregistrirenden  Universal- 
pegel zu  SwinemQnde.     1895.     4^. 

K.  preuss.  meteorologisches  Institut  in  Berlin: 
Bericht  über  d.  Jahr  1894.     1895.    8^. 
Ergebnisse  der  meteorol.  Beobachtungen  in  Potsdam  im  Jahre  1894. 

1895.    4^ 
Ergebnisse  der  Gewitterbeobachtungen  im  Jahre  1891.     1895.    4®. 
Ergebnisse  der  Niederschlagsbeobachtungen  im   J.   1893.     1895.     4^. 

Jahrbuch  über  die  Fortschritte  der  Mathematik  in  Berlin: 

Jahrbuch.    Bd.  XXIV,  Heft  2.  3.     1895.    8°. 

Verein  für  Geschichte  der  Mark  Brandenburg  in  Berlin: 

Forschungen  zur  Brandenburgischen  und  Preussischen  Geschichte. 
Band  VIII,  1.     Leipzig  1895.    Q^. 

Naturwissenschaftliche  Wochenschrift  in  Berlin: 

Wochenschrift.     Band  X,  Heft  6—11.     1895.    fol. 

Zeitschrift  für  Instrumentenkunde  in  Berlin: 

Zeitschrift.    15.  Jahrg.    1895.    No.  7-12.    Juli— Dezember.    4^. 

Naturforschende  Gesellschaft  in  Bern: 

Mittheilungen  aus  d.  Jahre  1894.     1895.    8^. 

Allgemeine  Schweizerische  Gesellschaft  für  die  gesammten  Naturwissen- 
schaften in  Bern: 
Neue  Denkschriften.     Band  34.     1895.    4^. 

Verhandlungen.  77.  Jahresversammlung.  Schaffhauseo  1894.  8®. 
Nebst  einer  französischen  Uebersetzung.    Gen^ve  1894.    8^. 

Historischer  Verein  in  Bern: 
Archiv.    Band  XIV,  3.     1895.    8<>. 

Societe  d' Emidation  du  Doubs  in  Besan^on: 
Mämoires.     VL  Sdrie,  Vol.  7.  8.     1893/94.    8^. 

R.  Deputazione  di  storia  jmtria  per  le  Provincie  di  Romagna 

in  Bologna: 
Atti.    Serie  lU.    Vol.  XIH,  fasc.  1—3.     1895.    4^. 

1805.  Sitzongsb.  d.  pbil.  u.  hist.  Cl.  42 


654  Vereeichnisa  der  eingelaufenen  Druckeehriften. 

Universität  in  Bonn: 

Schriften  aus  dem  Jahre  1894/95  in  4^  u.  S^» 

Verein  von  Alterthumsfreunden  im  Rfieinlande  in  Bonn: 

Bonner  Jahrbücher.    Heft  96—98.     1895.    49, 

Naturhistorischer  Verein  der  preussischen  Bheinlande  in  Bonn: 

Verhandlnngen.    51.  Jahrg.   2.  Hälfte.     1894.    8^. 

Societe  des  sciences  physiques  et  naturelles  in  Bordeaux: 

Mdmoires.     IV*  S^rle,    tome  III,  2.    IV,    1.  2.    Parii   et   Bordeaux 

1898/94.    80. 
Obiervations  pluviom^triquea  1892/93.     1893.    8^. 

SociitS  LinnSenne  in  Bordeaux: 

Actes.    Vol.  45.  46.     1898.    6^. 

Catalogue  de  la  biblioth^qae,  fa^c.  1.    1894.    8®. 

Societe  de  geographie  commerciale  in  Bordeaux: 

Bulletin.    1895.    No.  13—20.    8«. 

Archiv  der  Stadt  Braunschweig: 

Urkundenbach  der  Stadt  Braunschweig.     Bd.  II,  Abth.  1.    1895.    4^. 

ScfUesische  Geselhchaß  für  vaterländische  Cultur  in  Breslau: 

72.  Jahresbericht  nebst  Ergänzungsheft.    1895.    8^. 

Historisch-statistische  Sektion  der  k.  k.  Mährischen  LandwirthsehaftS' 

Gesellschaft  in  Brunn: 

Urkunden  zur  Geschichte  der  Stadt  BrQnn.    1895.    8®. 

AcaMmie  Boy  die  des  sciences  in  Brüssel: 

M^moires  des  membres  in  49.  Tome  50,  part  2.  T.  51.  52.  1893/94.  4<>. 
Mämoires  couronnäs  in  4^.     Tome  53.     1893/94.    49, 
M^moires  conronnds  in  S^.    Tome  47.  50.  51.  52.     1892/95.    8^ 
Correspondance  du  Cardinal  de  Granvelle.  Tome  X  et  XI.  1893/94.  49, 
Biographie  nationale.    Tome  XII,  2.   XUl,  1.    1892—94.    09. 
Bulletin.    8.  Sdrie.    Tome  29.  No.  6;  Tome  30,  No.  7— 10.    1896.    8*. 

Academie  Boy  die  de  mededne  in  Brüssel: 

Mdmoires   couronnäs    et  autres   mämoires.     Tome  XIV,    No.    1 — S. 

1895.    8^. 
Bulletin.   IV.  Sdrie.    Tome  IX,   No.  7—10.     1895.    8«. 

Institut  international  de  bibliographie  in  Brüssel: 
Bulletin.    Vol.  1,   No.  1.     1895.    8». 

SoditS  des  Bollandistes  in  Brüssel: 
Analecta  Bollandiana.    Tome  XIV,  3  u.  4.    1895.    8^. 

Sociite  entomologique  de  Belgique  in  Brüssel: 
Annales.    Tom.  88.    1894.    8\ 

Sociiti  Boyale  malacölogique  de  Belgique  in  Brüssel: 

Annales.    Tome  27.    Ann^e  1892.    B^. 
Procös-verbaux.    1892—95.    ^. 


Verzeichm88  der  eingelaufenen  Druckschriften,  655 

K.  ungarische  Akademie  der  Wissenschaften  in  Budapest: 

Ungarische  Revue.     1895.    Heft  6—7.    8<>. 

Almanacb.     1895.    H^. 

Njelvtadomänyi  Közlemänyek.  ( Sprach wissenscliaftl.  Mittheilungen.) 
Bd.  XXIV,  3.  4;    XXV,  1.  2.     1893/94.     8^. 

Zs.  Simonyi,  A  Magyar  hatärozök.  (Die  Bestimmungswörter  im  Un- 
garischen.)   Bd.  II.  2.     1896.    80. 

6y.  Zolnay,  Nyelvemläkeink.    (Unsere  Sprachdenkmäler.)     1894.    4®. 

Tört^nettud.  Ertekez^sek.  (Historische  Abhandlungen.)  XVI,  2—5. 
1893-96.    80. 

T^glas  Gabor,  Ujab  adalekok.  (Neuere  Beiträge  zu  den  Felsen- 
inschriften.)    1894.    40. 

Monumenta  comitialia  regni  Transylvaniae.  Vol. XVI.  XVII.  1693 — 94. 8^. 

Öväry,  L.  A.  M.  T.  Akad.  töttdnelmi  bizottsaganak  oklev^Imäsolatai. 
(Urkunden- Ab  Schriften  d.  histor.  Commission.)    Bd.  2.    1894.    8®. 

Kiräly  J.,  Pozsony  v&ros  Joga  a  Eöz^pkorban.  (Pressburger  Stadt- 
recht.)     1894.    80. 

Archaeologiai  firtesitö.  (Archäolog.  Anzeiger.)    XIII,  3-5;  XIV,  1  —  5; 

XV,  1-3.     1893.    40. 

Archaeologiai  Közlem^nyek.    (Archaol.  Mittheil.)  Bd.  XVII.   1895.   fol. 
Tarsadalmi  iSrtekez^sek.  (Staatswissensch.  Abhandlungen.)  XI,  7—10. 

1894-95.    80. 
Nyelvtudomdn.   £rtekez^sek.      (Sprachwissenschaft!.    Abhandlungen.) 

XVI,  4.  6.    1894.    80. 

Mnnkäcsi  B.,  A  Votjäk  nyelv  szötära.  (Votjakisches  Wörterbuch.) 
fasc.  3.     1893.    8^ 

Magyarorszägi  tanulök  külföldön.  (Ungarische  Studirende  im  Aus- 
landd.)    Vol.  III.    1893.    80. 

AcBÄdy  J.,  Ket  penzügytörtenelmi  tanulmäny.  (Zwei  finanzgeschicht- 
liche Studien.)     1894.    S®. 

Fraknöi  V.,  Mätyas  Kiraly  levelei.  (Sektion  für  äussere  Angelegen- 
heiten.)   Vol.  I.     1893.    80. 

Thaly  K.,  Bercs^nyi  hdzassäga.     (Die  Ehe  Bercsenyi's.)     1894.    80. 

Monumenta  Hungariae  historica.    Class.  II.     Vol.  33.     1894.    80. 

Hampel  J.,  A  r^gibb  Közepkor  emldkei.  (Denkmäler  des  früheren 
Mittelalters.)    Vol.  I.     1894.    80. 

Termesz^lludomänyi  ^rtekeze^iek.  (Naturwissenschaft!.  Abhandlungen.) 
XXIU,  8—12.     1894.    80. 

Mathematikai  ißrtekezdsek.  (Mathem.  Abhandlgn.)  XV,  4.  5.    1894.    8^. 

Mathematikai  Ertesitö.  (Mathemat.  Anzeiger.)  XI,  6—9.  XII,  1 — 12. 
XIII,  1.  2.     1893-95.     80. 

Mathematikai  Közlemenyek.  (Mathem.  Mittheilungen.)  XXV,  4.  5. 
XXVI.  1.  2.     1893—94.     80. 

Mathematische  und  naturwissensch.  Berichte  aus  Ungarn.  XI,  1.  2. 
XII,  1.  2.     1893—95.     80. 

Rapport.     1893.    1894.     1894—95.    80. 

ChyzerC.&L.  Kulczyüski,  Araneae  Hungariae.  Tom  I.II,  1.  1892-94.  40. 

Meyer  Ootth.  Alfred,  Der  silberne  Sarg  des  heil.  Simeon  in  Zara 
(in  Ungar.*  Sprache.)     1894.     fol. 

Szamota  Istvdn,  A  Schlägli  Magyar  Szöjegyz^k.     1894.    8^ 

42* 


656  Verzeickniss  der  eingelaufenen  Druckßchrißen, 

Statistisches  Bureau  der  Haupt-  und  Besidenzstadi  Budapest: 
Publikationen.    Vol.  XXV,  2.     1895.    8«. 

K.  ungarische  geologische  Anstalt  in  Budapest: 

ärkOnyye   (Jahrbuch.)    Bd.  XI,   8-6.    XII,  1.     1895.    8^  and   Atlas 

zu  Xlf  4  in  fol. 
MittheilQDf^en  aus  dem  Jabrbuche.    Bd.  IX,  7.     1895.    8^ 
Földtani  Közlöny.     Bd.  XXV,  1—6.     1895.    8'*. 

Botanischer  Garten  in  Buitenzorg  (Java): 
Mededeelingen  nit  *8  Lands  Plantentuin.   No.  XIV.   Batavia  1895.    4^. 

Bumänisches  meteorologisches  Institut  in  Bukarest: 
Analele.    Tom.  IX,  anul  1893.     1695.    4^. 

Soditi  Linneenne  de  Normandie  in  Caen: 

BuUetin.    IV.  Sörie.  Vol.  8,  faac.  1-4.  Vol.  9,  fasc.  1.     1894/95.    8». 

Äsiatic  Society  of  Bengal  in  Caleutta: 

Bibliotheca  Indica.    New  Ser.    No.  850-59.     1894—95.    &^. 

Journal.  No.  844—46.  1895.  8«. 

Proceedings.    No.  4—8,  April— Au^at  1895.    8**. 

Geological  Suroey  of  India  in  Caleutta: 
Records.    Vol.  28,  part  3  u.  4.     1895.    4^. 

Meteorological  Department  of  the  Government  of  India  in  Caleutta: 

Monthlj   Weather    Review    1895   Januarj — July   and   Annual    Sam- 

mary  1894.    1895.     fol. 
Indian  Meteorological  Memoire.  Vol.  V,  part  7 — 10.  Caleutta  1895.  fol« 
Indian  Meteorolo^^ical  Memoire.   Vol.  VI[,  part  1—4.  Simla  1895.  fol. 
Report  on  the  Administration  in  1894/95.     1895.    fol. 

PhilosophiccU  Society  in  Cambridge: 
Proceedings.    Vol.  VIII,  part  5.     1895.    8<>. 

Museum  of  comparative  Zoology  at  Hartard  College  in  Cambridge^  Mass. : 

Bulletin.    Vol.  27,  No.  1—6.     1895.    8<>. 
Memoire.    Vol.  XVIII,  XIX,  1.     1895.    4«. 

Physikalisch'techniscJie  Beichsanstalt  in  Charlottenburg: 

Wissenschaftliche  Abhandlungen.    Bd.  II.     Berlin  1895.    4°. 
Die  Thätigkeit  der  physikalisch-technischen  Reichsanstalt  1894/95. 
Berlin  1895.    4». 

K.  sächsisches  meteorologisches  Institut  in  Clvemnitz: 
Jahrbuch  1894.    Jahrg.  XII,  1.  Hälfte.    1895.    40. 

Society  des  sciences  naturelles  in  Cherbourg: 

Remarques  sur  la  nomenclature  h^paticologique  'pftr  Aug.  Le  Jolit. 
Paris  1894.     8P, 

Zeitschrift  „The  Monist"  in  Chicago: 
The  Monist.    Vol.  5,   No.  4.    Vol.  6,    No.  1.     1895.    8«. 

Zeitschrift  „The  Open  Court"  in  Chicago: 
The  Open  Court.    No.  409—480.     1896.    4». 


Verseiehni8s  der  eingelaufenen  Druckschriften.  657 

Norweg.  Orctdmesaungs-Gammission  in  Christiania: 

Astronomiache  Beobachtangen.     1895.    4^ 

0.  £.  SchiOU,  Resultate  der  1894  aasgefUhrten  Pendelbeobachtangen. 
1896.    8«. 

Naturforschende  Gesellschaft  Graubündens  in  Ghur: 

Jahreabericht.    Neue  Folge.    Bd.  38.     1895.    8^ 
P.  Lorenz,    Die   Ergebniase   der   aanitarischen   Untersachangen    der 
Rekruten  des  Kantons  Graubünden.    Bern  1895.    4^. 

Chemiker-Zeitung  in  Cöthen: 
Chemiker-Zeitung  1895.    No.  48-101.    fol. 

Universität  in  Czemowitz: 

Yerzeichnias  der  Vorlesungen.    Winter-Semester  1895/96.    1895.    8^^. 

üebersicht  der  akademischen  Behörden  1895/96.     1895.    8^. 

Die  feierliche  Inauguration  des  Rektors  am  4.  Okt.  1894.     1895.    8^. 

Provinzial'Conimission  zur  Verwaltung  der  westpreussischen  Provinzial-' 

Museen  in  Danzig: 
Abhandlungen  zur  Landeskunde  der  Provinz  Westpreussen.    Heft  IX. 

1894.  40. 

Colorado  Scientific  Society  in  Denver,  Colorado: 
5  Abhandlungen  ans  den  Proceedings  von  1895.    8^. 

Verein  für  Änhaltische  Geschichte  in  Dessau: 
Mitiheilungen.    Band  VII,  3.     1895.    8^ 

Academie  des  Sciences  in  Dijon: 
Mömoires.     IV.  Serie.    Tome  4.    Annöes  1893— 9i.     1894.    8«. 

Gelehrte  estnische  Gesellschaft  in  Dorpat: 

Sitzungsberichte  1894.     1895.    8®. 

Union  gSographique  du  Nord  de  la  France  in  Douai: 

Bulletin.     Vol.  18,  trimestre  1—3.     1895.     8«. 

K.  sächsischer  Älterthumsverein  in  Dresden: 

Jahreabericht  1894/95.     1895.    S^. 

Neues  Archiv  für  s&chsische  Geschichte.    Bd.  XVI.     1895.    8^. 

Generaldirektion  der  kgl.  Sammlungen  in  Dresden: 

Bericht    über    die   Verwaltung    der    kgl.    Sammlungen    in    Dresden 
1892/98.     1895.     fol. 

American  Chemical  Society  in  Easton,  Pa.: 

The  Journal   of  the  American  Chemical   Society.     Vol.  17,    No.  10. 

1895.  80. 

Scottish  Microscopical  Society  in  Edinburgh: 
Proceedings.     Session  1894—95.    p.  177—276.     8«. 

Royal  Society  in  Edinl)iirgh: 
Proceedings.     Vol.  XX,   p.  385—480.     1895.    8^. 

Verein  für  Geschichte  in  Eisleben: 
Mansfelder  Blätter.    IX.  Jahrg.     1895.    8^. 


658  Verseickniss  der  eingelaufenen  Drucksibhriften. 

Gesellschaft  für  badende  Kunst  und  vatetiänd.  Älterthüw^er  in  Emden  : 
Jahrbuch.    Bd.  XI,  1.  2.     1895.    S^. 

Naturforschende  Gesellschaft  in  Emden: 
79.  Jahresbericht  für  1893/94.     1896.    8». 

K,  Universität  Erlangen: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1894/95.    A^  u.  8^. 

Beale  Accademia  dei  Georgofüi  in  Florenz: 
Atti.    IV.  Ser.     Vol.  18,  disp.  2.     1895.    8^ 

Senckenhergische  naturforschende  Gesellschaft  in  Frankfurt  ajM.: 
Abhandlungen.    Band  XIX,  No.  1.  2.     1895.    4P. 
Bericht.    1896.    8«. 

Physikalischer  Verein  in  Frankfurt  a/M,: 

Jahresbericht  für  1893/94.     1896.     8«. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  in  Frankfurt  a/0,: 

Helios.     13.  Jahrg.  1895.    No.  1-6.    eP. 

Naturforschende  Gesellschaft  in  Freiburg  ijBr, : 

Berichte.    Bd.  IX,  1-3.     1894-95.    8^. 

Kirchlich-historischer  Verein  in  Freiburg  i/Br.: 

Freiburger  Diöcesan-Archiv.    Bd.  24.     1895.    8^. 

Universität  Freiburg  in  der  Schweiz: 

Collectanea  Friburgensia.     Fase.  IV.    1895.    4^. 

Behörden,    Lehrer  und  Studirende.     Wint.-Sem.  1895/96.     1895.    8^. 

Institut  national  in  Genf: 

Bulletin.    Tome  83.     1895.    8^ 

Observatoire  in  Genf: 

Resumd  meteorologique  de  Tann^e  1894.     1895.    8^. 
Sur  quelques  particularit^?  de  Thiver  1894/95.  par  A.  Kammermann. 
1895.    8«. 

Societe  de  physique  et  d*histoire  naturelle  in  Genf: 
Mämoires.     Tome  XXXII,  1.     1894-95.    4°. 

Universität  Genf: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1894/95.    S^. 

Museo  civico  di  storia  naturale  in  Genua: 
Annali.    Ser.  II.     Vol.  14.  15.     1894-95.    8«. 

Oberhessische  Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde  in  Giessen: 
30.  Bericht.     1895.    8». 

Universität  in  Giessen: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1894/95  in  4«  und  8^. 

Oberlausitzische  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Görlitz: 
Neues  Lausitzisches  Magazin.     Band  71,  Heft  1.  2.     1895.    8^. 

K.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Gi>ttingen: 
Göttingische  gelehrte  Anzeigen.  No.  VII— XII,  Juli— December  1895.  4®. 
Nachrichten.    Hist-philol.  Classe.    Heft  8.  4.     189B.    4^. 
,  Mathem.-phya.  Classe.    Hefe  2.  3.    1895.    4^ 


Verseiehniss  der  eingelaufenen  Drtiekschriften,  659 

Astronomische  Hittheilangen  der  k.  Sternwarte  su  Oöttingen.  Tb.  IV. 

1895.    40. 
Geschäftliche  Mittheilungen.    1895.    No.  2. 

Sternwarte  in  Göttingen: 

A.  von  Eoenen  u.  W.  Schur,  Ueber  die  Auswahl  der  Punkte  bei 
Gottingen,  an  welchen  bei  Probe-Pendelmessungen  Differenzen 
KU  erwarten  waren.    1895.    4^. 

Denison  Scientific  Association  in  Oranville  (Ohio), 

Balletin  of  the  Scientific  Laboratories  of  Denison  Universifcy.  Vol.  VIII, 
part  1.  2.     1893/94.    8^. 

The  Journal  of  Comparaiive  Neurölogy  in  QranvUle: 

Journal.    Vol.  V,  p.  71— 138.    8^. 

Landesmuseum  Joanneum  in  Graz: 
LXXXIII.  Jahresbericht  über  das  Jahr  1894.    1895.    &>, 

Historischer  Verein  für  Steiermark  in  Graz: 
Mittheilungen.    43.  Heft.     1895.    8<>. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Steiermark  in  Graz: 
Mittheilungen.    Jahrg.  1894.     Heft  31.    1895.    8^ 

Gesellschaft  für  Pommersche  Geschichte  in  Greifswald: 
Pommersche  Genealogien.    Bd.  5.     1896.    8^. 

K.  niederländische  Regierung  im  Haag: 

J.  A.  C.  Ondemans,    Die  Triangulation  von  Java.  IV.  Abth.    1895.    4^. 
Nederlaiidsch  kruidkundig  Archief.  I.  Ser.  6.  Deel.  4«  Stuk.  Nijmegen. 
1895.    8<>. 

K,  Instituut  voor  de  Taal,  Land-  en  Volkenkunde  van  Nederlandsch 

Indic  im  Haag: 

Bijdragen.    VI.  Reeks.     Deel  I,   aflev.  9.  4.     1895.    8®. 

De  Gar^beg*8  te  Ngajogyäkartä  door  J.  Groneman.     1895.    4°. 

Sociite  Hollandaise  des  Sciences  in  Haarlem: 

Archives  N^erlandaises  des  sciences  exactes.  Tome  29,  livr.  2. 3.  1895.  8^. 
Oeuvres  compl^tes  de  Christiaan  Huygena.  Vol.  VI.  La  Haje  1895.  4^. 

Teyler  Genootschap  in  Haarlem: 

Arcbives  du  Mus^e  Teyler.     Ser.  II.    Vol.  4,  partie  4.     1895.    4®. 
Verhandlungen   van    Teylers   tweede   Genootschap.    N.  R.    Deel.  V, 

stuk  1.    1895.    8<>. 
Verhandlungen  van  Teylers  godgeleerd  Genootschap.  N.  S.  Deel.  XV. 

1895.    80. 

Gymnasium  zu  Hall  in  Tyrol: 

Programm  1894/95.     1895.     8». 

Kais.  Leopoldinisch-Carölinische  deutsche  Akademie  der  Naturforscher 

in  Halle: 
Leopoldina.    Hell  XXXI,    No.  11-22.     1895.    4». 

Thüringisch-sächsischer  Geschichte-  und  AUerthumsverein  in  Halle: 
Jahresbericht  für  1894/95.     1895.    8^ 


660  Verzeichnias  der  eingelaufenen  Druekethriften. 

Deutsche  margetüändische  OeeeUadioft  in  Haue: 

Zeitachrift.   Band  49,   Heft  2.  8.    Leipzig  1895.    8^. 

üniceraität  Halle: 

Schriften  ans  dem  Jahre  1894/95  in  4^  and  8. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Sachsen  und  Thüringen  in  Halle: 

Zeitschrift  f.  Naturwissenschaften.  Bd.  68,  Heft  1  n.  2.  Leipng  1896.  8*. 

Stadthibliothek  in  Hamburg: 

Jahrbach  der  Hambnrgischen  wissenschaftl.  Anstalten.  XI.  Jahi^.  1893 
nnd  Beiheft.     1894.    4^. 

Weiter auische  Gesellschaft  für  die  gesammie  Naturkunde  in  Hamm: 
Bericht.    1892-96.    1896.    8». 

Historischer  Verein  für  Niedersachsen  in  Hannover: 

Zeitschrift.    Jahrgang  1896.    S9, 

Universität  Heidelberg: 

Leo  Königsberger,  Hermann  ▼.  HelmhoHz^s  üntersachangen  über  die 

Grandlagen  der  Mathematik  und  Mechanik.     1896.    4^. 
Schriften  der  Universität  ans  dem  Jahre  1894/95  in  4<^  n.  8^. 

Historisch-philosophischer  Verein  in  Heidelberg: 

Neue  Heidelberger  Jahrbücher.    Jahrg.  V,   Heft  2.     1895.    8^^. 

Finländische  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Helsingfors: 

Observations  m^t^orologiques.     1889—1890.     Kaopio  1895.    fol. 
Obserrations  (m^t^^orologiques).     Vol.  XII,  livr.  1.     1894.    fol. 
Acta  Bocietatis  scientiaram  Fennicae.    Tom.  20.     1895.    4^. 
öfversigt  XXX VL    1893/94.     1894.     8*. 

Bidrag   tili   kännedom    af  Finlands   Natur  och  Folk.     Heft  54-56, 
1894/95.     80. 

Universität  Helsingfors : 

Schriften  der  Universität  Helsingfors  aus  d.  Jahre  1894/96  in  4^  u.  8^. 
Verein  für  siebenhürgische  Landeskunde  in  Hermannstadt: 

Archiv.    N.  F.     Band  XXVI,  Heft  8.     1895.    8«. 
Jahresbericht  für  das  Jahr  1894/95.     1895.    8». 

Siebenbürgischer   Verein   für  Naturwissenschaften  in  Hermannstadt: 

Verhandlungen.    44.  Jahrg.     1895.    8<^. 

Michigan  Mining  School  in  Houghton: 
Prospectus  of  elective  studies.    May  1896.    8^. 

Karpathen- Verein  in  Iglö: 
Jahrbuch.     XXII.  Jahrg.     1895.    8». 

Ferdinandeum  in  Innsbruck: 

Zeitschrift.    8.  Folge.    Band  89.     1895.    8^ 

Medicinisch-naturioissenschaftliche  Gesellschaft  in  Jena : 

Jenaische  Zeitschrift  für  Naturwissenschaft.  Bd.  29,  Heft  8  u.  4.  Bd.  30, 
Heft  1.    1895.    8^. 


Vereeiehniss  der  eingelaufenen  Dnuskschnften.  661 

Verein  für  Thüringische  Geschichte  und  ÄUerthumskunde  in  Jena: 
Zeitechrift.    Bd.  VIII,  3.  4;  IX,  1.    1893/94.    S«. 
Regesta  diplomatica  necnon  epistolaria  historiae  Thnringiae.    1.  Halb- 
band.   1896.    40. 

Naturforschende  Gesellschaft  bei  der  Universität  Jurjew  (Dorpat): 

SitzuD^berichte.    Bd.  X,  3.     1895.    8^ 
Schriften.     No.  VIII.     1895.     4». 

Universität  Jurjew  (Dorpat); 
Schriften  der  Universität  aas  dem  Jahre  1894/95  in  4^  u.  8^ 

Centrälhureau  für  Meteorologie  etc,  in  Karlsruhe: 
Jahresbericht  des  Centralbnreans  fiir  das  Jahr  1894.    1895.    4^. 

Grossherzoglich  technische  Hochschule  in  Karlsruhe: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1694/95  in  49  n.  8<>. 

Grossh,  hadische  Staats- Alt erthümersammlung  in  Karlsruhe: 
Veröffentlichungen  der  grossh.  badischen  Sammlungen.    1895.    4^. 

SocUti  physico-mathematique  in  Kasan: 
Bulletin.    II«  Särie.    Tome  IV.  No.  3.  4;  V,  No.  1.  2.     1894/95.    8^. 

Universität  Kasan: 
ütschenia  Sapiski.    Tom.  62,  No.  2.  7.  8.  9.  11.     1895.    8«. 

Verein  für  hessische  Geschichte  in  Kassel: 
Zeitschrift.    N.  F.     Bd.  XIX.     1894.    8«. 
Mittheilungen.    Jahrgang  1892.     1893.    8^. 

Verein  für  Naturkunde  in  Kassel: 
Abhandlungen  und  Bericht  XL.     1895.     8^ 

Universität  Kharkow: 
Sapiski.     1895.    Heft  3.    8^. 

K,   Universität  in  Kiel: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1894/95.    4^  u.  ^, 

Gesellschaft  für  Schlestoig-Holstein-Lauenburgische  Geschichte  in  Kiel: 
Zeitschrift.     Band  24.     1894.    8<>. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Schleswig-Holstein  in  Kiel : 
Schriften.    Band  X,  Heft  2.     1835.    8». 

Universität  in  Kiew: 
Iswestija.    Vol.  25,  No.  3-10.     1895.    8^ 

Aerztlich-naturwissenschaftlicher   Verein  in  Klansenburg : 
firtesitö.    3  Hefte.     1895.    8®. 

Kroatische  archäologische  Gesellschaft  in  Knin: 
Glasilo.    Band  I,  Heft  3.     1895.     4». 

Physikalisch-öko}iomische  Gesellschaft  in  Königsberg: 
Schriften.     35.  Jahrgang.    1894.     1895.     4^. 

Universität  in  Königsberg: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1894/95.    4^  u.  8^. 


662  VergeiehniM  der  eingeUmfenen  Drueksdmften, 

C^neaiogisk  Inttüui  in  Kopenhagen: 
Arabere  og  Eabyler  SkildrinKer  af  Carit  Etlar.   2  Bde.    1868—70.   89. 

K,  Akademie  der  Wiseensehaften  in  Kopenhagen: 
Oversigt.    1896.   No.  2.    8«. 
Skrifter.    1)  historisk.  Afd.  IV,  2.    2)  oatnrrid.  Afd.  Till,  1.  1895.  4». 

Gesellschaft  für  nordische  Alterthumskunde  in  Kopenhagen: 

AarbOger.     II.  Raekke.    Band  10,   Heft  2  n.  8.     1895.    8^. 

Akademie  der  Wissenschaften  in  Krakau: 

Sprawozdania  komisyi  fizjograficzney.    Tom.  29.    1894.    8^. 
Zbiör  wiadomosci  do  AntropoL    Tom.  XVIII.    1895.    8^. 
Anzeiger.     1895.    Juni,  Jnli,  Oktober.  November.    8^. 
Rozprawy.    a)  histor.-filoz.    Ser.  II,  Tom.  6.    b)  mathemat.    Ser.  11, 

Tom.  7.     1895.    80. 
Biblioteka  pisarzy  polskich.    Tom.  SO.     1895.    8^. 
Finkel,  Bibliografia  histor.    Tom.  2,  Heft  1.    1895.    8^ 
Archiwom  IJterat    Tom.  8.    1895.    8^. 

Pamigtnik  (mathemat.)    Tom.  18,   Heft  S.     1895.    4^ 

Historischer  Verein  für  Niederhayem  in  Landshut: 
Verhandlangen.    31.  Band.     1895.    8^. 

Soeiiti  Vaudoise  des  scienees  naturelles  in  Lausanne: 
Balletin.    III.  Serie.    Vol.  XXXf,   No.  117.  118.    1895.    8». 

MaatscH^appü  van  Nederlandsehe  Letterkunde  in  Leiden: 
TijdBchrift.    Deel  XIV,   No.  3,  4.    1895.    8^ 

K.  sächsische  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Leipzig: 
Abhandlangen  der  philol.-hist.  ClMse.    Band  XV,  No.  3.  4.    1895.    4^. 
Berichte.    Philol.-hiat.  Classe.    1895.   I.  IL    S^.  • 

Abhandlungen  der  math.-phys.  Classe.    Bd.  XXII,    No.  2 — 5. 
Berichte.    Math.-phys.  Classe.    1895.   Heft  II— IV.    8^. 

Journal  für  praktische  Chemie  in  Leipzig: 

Journal.    N.  F.    Bd.  51,  Hefb  12.     Bd.  52,  Heft  8-11.     1895.    SP. 

Anatomische  Gesellschaft  in  Leipzig: 

Wilhelm  His,  Die  anatomische  Nomenclatar.    1895.    8®. 

Aittronrnnische  Gesellschaft  in  Leipzig: 

Katalog.    I.  Abth.    10.  Stack.    1895.    4^ 
Vierteljahrsschrift.    80.  Jahrg.    Heft  3.     1895.    8* 

Archiv  der  Mathematik  und  Physik  in  Leipzig: 

Archiv  der  Mathematik  und  Physik.  IL  Reihe,  14.  Thei),  1.  a.  2.  Heft. 
1895.    8". 

Verein  für  Erdkunde  in  Leipzig: 

Wissenschaftliche  Veröffentlichungen.     Bd.  IL     1895.    8^. 
MittheiluDgen.    1894.     1895.    8». 

Factdti  in  LUle: 

Travaux  et  M^moires.    Tome  III,  No.  10—14.    1898.    8^. 

üniversity  of  Nebraska  in  Lincoln: 

Balletin  of  the  Agricultural  Experiment  Station.    No.  48.    1895.   8*. 


Verzeiehnisa  der  eingdaufenen  Druckst^iriften,  663 

Museum  Frandsco-Carolinum  in  lAnz: 

53.  Jahresbericht,  nebst  47.  Lieferung  der  Beiträge  zur  Landeskunde. 
1895.    &^, 

Zeitschrift  ^La  CeHuW  in  Loewen: 

La  Cellule.    Tome  XT,  1.    1895.    4^ 

The  English  Historical  Beview  in  London: 

Historical  Review.    Vol.  X,   No.  39.  40.    1895.    8^. 

Boy  dl  Society  in  London: 

Philosophical  Transaetions.    Vol.  135,   part  IL    A.  B.     1895.    4^. 
Proceedings.    Vol.  58,   No.  347-352.     1895.    8<>. 

JB.  Ästronomical  Society  in  London: 
Monthly  Notices.    Vol.  55,  No.  8.  9.    Vol.  56,  No.  1.     1895.    80. 

Chemical  Society  in  London: 
Journal.    No.  392—397.    July— December  1895.    8®. 
Proceedings.    No.  154—156.     1895.    8«. 

Geoloyical  Society  in  London: 

The  quarterly  Journal.    No.  201— 20i.     1895.    8<>. 

Geological  Literatnre  during  the  halfyear  ended  Dec.  1894.  1895.  8^. 

Linnean  Society  in  London: 

Proceedings.    Nov.  1893  to  June  1894.    8®. 

The  Journal.    Zoology.     Vol.  25,    No.  158  —  160.     Botany.    Vol.  30, 

No.  209.  210.     1894.    8<>. 
The  Transaetions.   IL  Ser.    Zoology.  Vol.  VI,  part  3.   Botany.  Vol.  IV, 

part  2;    V,  part  1.     1894-95.    4". 
List  1894/95.     1894.     8«. 

Medical  and  Chirurgical  Society  in  London: 
Transaetions.     Vol.  78.     1895.    8®. 

Boyal  Microscopical  Society  in  London: 
Journal.     1895.    Part  4-6.    8«. 

Zoölogicäl  Society  in  Lo  idon : 
Proceedings.     1895.    Part  IL    8®. 

Zeitschrift  „Natur e"  in  London: 
Nature.    Vol.  52,  No.  1334-57.     1895.    4». 

Äcademy  of  Science  in  St.  Louis: 
Transaetions.    Vol.  VI,    No.  18.     Vol.  VII,    No.  1—3.     1895.     8". 

Societe  geologique  de  Belgique  in  Liittich: 
Annales.    Tome  XX,  3;    XXI,  3;    XXII,  1.  2.     1892-95.    8«. 

Section  historique  de  Vinstitut  Boyal  Grand-Ducal  in  Luxemburg: 
Publications.     Vol.  42—44.     1895.    8^ 

Historischer  Verein  der  fünf  Orte  in  Luzerm 
Der  Qeschichtsfreund.     Bd.  50  u.  1  Fascikel  Beilagen.   Stans  1895.  8^. 

Academie  des  sciences  in  Lyon: 
Cartulaire  Lyonnais,  documents  inädits  recueillis  et  publids  par  M.-C. 

Guigne.    Tome  II.     1893.    4«. 
Mdmoires.     Sciences  et  lettres.     III.  Ser.     Tome  2.     Paris  1893.    4^. 


^ 


664  Verseiehmss  der  eingelaufenen  Druckedvriften, 

Soeieti  ^agricülture,  seienee  ei  industrie  in  Lyon: 

Annales.    VIT.  S^r.    Tome  I.    1898.    1894.    4«. 

SociiU  ^anihrapciogie  de  Lyon: 

Bulletin.    Tome  12.  18.    1894—95.    8*. 

Socieie  lAnnSenne  in  Lyon: 

Annales.    Tome  88—40.    1891—98.    8^ 

Onothera  oo  Oenothera.    Les  &nes  et  le  rin  par  le  D^  Saini-Lager 
Paris  1893.    8«. 

B.  Äcademia  de  la  historia  in  Madrid: 

Boletin.     Tomo  27,  cnad.  1—6.    1895.    8^. 

E.  Äcademia  de  eieneias  in  Madrid: 
Memorias.    Tomo  XVI.    1895.    4^ 

Fondaeione  acientifica  CagncHa  in  Mailand: 
Atti.    Vol.  XII,  Xm.     1894/96.    8». 

R,  Istituto  Lombardo  di  seienze  in  Mailand: 

Rendiconti.    Ser.  IL    VoL  26.    1893.    Vol.  27.    1894.    8^. 
Memorie.    a)  Classe  di  lettere.    Vol.  XIX,  2;    XX,   1.    b)  Classe  di 

scienze  matematiche.    VoL  XVII,  4;    XVm,  3.    1898/95.    4P. 
Indice  generale  dei  lavori  dalla  fondazione  air  anoo  1888.    1891.  8^. 

Societä  Italiana  di  seienee  naturäli  in  Mailand: 
Atti.    Vol.  35,  läse.  1.  2.     1895.    ^. 

Societä  Storica  Lomharda  in  Mailand: 
Archivio  Storico  Lombardo.    Ser.  III.    Anno  22,  fasc.  6.  7.    1895.    8^. 

Literary  and  phHosophical  Society  in  Manchester: 
Memoirs  and  Proceedings.    FV.  Serie.    Vol.  9,   No.  8 — 6.    1894/95.    8*. 

Universität  in  Marburg: 
Schriften  aas  dem  Jahre  1894/95  in  4®  n.  8^*. 

FactUtS  des  sciences  in  Marseille: 
Annales.    Tomo  III,  fasc.  1—8  et  Supplement.    Tomo  IV,  fasc.  1 — 3. 

1893/94.    40. 
Annales  de  Tlnstitat  botanico-g^logique  colonial.  Vol.  I.  Paris  1893.  8^. 

Verein  für  Geschichte  der  Stadt  Meissen  in  Meissen: 
Mittheilungen.    Band  IV,  1.     1895.    8^. 

Aeadtmie  in  Mete: 
Mdmoires.    Ann^  1892/93,  1893/94  et  1894/95.     1895.    8*. 

Observatorio  nieteorologico  central  in  Mixieo: 

Boletin  mensual.    Mayo— Setiembre  1895.    4^. 

Comision  geolögiea  Mexicana  in  Mexico: 

Boletin.    No.  I.     1895.    4«. 

Expedicion  cientifica  al  PopocatepeÜ  por  Josd  G.  Agoilera  j  Esequiel 
Ordones.     1895.    8». 

Begia  Accademia  di  scienze  lettere  ed  arti  in  Modena: 
Memorie.    Serie  IL    Vol.  10.    1894.    49. 


Vtri€idmU$  der  fimgtUtufemen  Drmcttdknftem^  665 

Awnmmuiraiiome  dtUe  Ptibblicasiomi  Cnssimesi  im  Momtetofsimo^Caferia  > : 

Spicileginm  Casiiieitse.    Tonia^  IV,  1.     1895.    foL 

IfUemationaies  Tau^^k-Burea^  der  R^pubrii  Uru'juijf  im  Montevideo: 

Comercio  ex&erior  j  morimiejito  de  naTe^rtcion  en  el  ano  1S04.  1$95.  •€*. 
NnestfO  pais  por  Orestes  Anüjo.     \G9o,    8^. 

Aciifiemie  de  seiencff  ei  UUrt^  in  Montp^Uierz 

M^moira.    Section  des  lettres.  2*  Stfrie.     Tome  1,  Xo.  I — I. 

SectioB  des  sciencem.  2»Ser.  Tome  1.  No.  1 — 4.  Tome  8.  No.  I. 
Section  de  m^ecine.   2*  S^fHe.   Tome  1,  No.  1.    1898.   81*. 

Dasehlcfm^sK^e-*  ethn^jra}^ Loches  Mu.*ritm  in  Mo<l<im: 

SiatematitscheskoeOpisanie  Ko'lekzir  i>a«ch¥3W9kaeo  ethnograiiUchee- 
ka«o  Mdml    Bd.  iV.     Idd5     V. 

Directiom  des  Mtuie^s  pihUc  et  R^yurniantzotr  in  Mo^iam: 

Compte-rendo  «in  ra».  Sprache >.    1892—94.     1895.    B9. 

Society  Imperiale  des  Saturcuistes  in  Mi^<kau: 
Bnlletio.    Annee  1895.    No.  1.  2.     1S95.    8^. 

lAeh   (ßjfervatory  in  M<mnt  Hamilton^  Cahforuia: 

Contribnlioiu.     Xo.  4.     Sacramento  1895.     8^. 

Deutsche  Gts^Jhchaft  für  AnihrofiAojie  in  Berlin  und  München: 

Correspondenxblatt.    1895,    Xo.  6 — 10.     4**. 

K.  hauet.  techniscJte  Hochschule  in  Müfidwtn: 

Programm  für  das  Jahr  1895/96.     1895.     8^. 
Bericht  för  das  Jahr  1894  95.     1895.    4«. 
Personalstand.     Winier-Semeäter  1895—96.     1695.    e9. 

Universität  in  München: 

Schriften  ans  dem  Jahr  18^  in  l^  n.  6*. 

HUton9cher  Verein  in  München: 

MonaUschnft.     1395.     Xo.  10.  11.    8<». 
OberiHiyensches  Archir.     Bd.  49.   Heft  1.     1895.    8^. 
56.  and  57.  Jahresbericht     1895.    8*. 

AerziUcher  Verein  in  München: 
Sitmngsberichte.     Bd,  IV.    1894.     1895.    8^. 

Al:adem\.^cher  Verla  ff  München: 
Hochschal-Nachricbten.     1695.     No.  55—59.     4^. 

WestphäL  Provinsial -Verein  für  Wissenschaft  und  KunM  in  Münsiier: 
22.  Jahresbericht  für  1893,94.     1894.    8<*. 

Acad^mie  de  Stani.ylas  in  Xancy: 
Mämoires.    5«  Serie.     Tome  10.  11.     1693.    8«. 

Sociite  des  sciences  in  Xanci/: 

Bulletin.     S4r,  II.     Tome  13,  fasc.  28.  29.     Paris  1894.     8«. 
Catalogue  de  la  bibliotheque.     1694.     ^. 

Beale  Accndemia  di  scienze  moraii  et  politiche  in  AV'ijW: 
Atti.     VoL  27.     1894—95.     1895.    8«. 


666  Verzeiehniss  der  eingelaufenen  Druehsehriften, 

E,  ÄecadeftUa  deUe  scienze  fisiche  e  mixtematiehe  in  Neapel: 
RendicoBto.     Ser.  3.    Vol.  I,  fasc.  5—11.    1895.    8^. 
Atti.    Ser.  IL    Vol.  7.    1896.    4«. 

Zoologisehe  Station  in  Neapel: 
Mittheilungen.    Bd.  XII,  1.    Berlin  1895.    ^. 

Historischer  Verein  in  Neuburg  a/D.: 
KoUektaneen-Blatt.    58.  Jahrg.     1894.    8^. 

North  of  England  Institute  of  Engineers  in  New-Gastle  (upon-Tyne): 
Transactions.    Vol.  44,  part  4  und  Appendix.     1895.    8^. 
Report  of  the  Proceedinga   of  the  fiameless  explosivea  Committee. 
Part  I,  2.  1895.  80. 

Connecticut  Äcademy  of  Ärts  and  Sciences  in  New'Haven: 

Transactions.    Vol.  IX,  2.     1895.    8^. 

2  he  American  Journal  of  Science  in  New-Haten: 

Journal.    No.  295  n.  296.     Julj  and  August  1895.     No.  298  —  300. 
October— December  1895.    8®. 

Ohseroatory  of  the  Yale  University  in  New-Haoen : 
Report  for  the  year  1894—95.     1895.    8®. 

American  Museum  of  Natural  History  in  New-Yorh: 
Annnal  Report  for  the  year  1894.     1895.    &^. 

American  Chemical  Society  in  New- York: 
Journal.    Vol.  17.  No.  8.  9.  11.    Easton  1895.    8<>. 

American  Geographical  Society  in  New-York: 
Bulletin.    Vol.  27,  No.  2.  8.    1896.    8«. 

State  Museum  in  New-York: 
Bulletin.    Vol.  3,  No.  12.  13.    Albanj  1895.    8°. 

Naturhistorische  Gesellschaft  in  Nürnberg: 

Abhandlungen.    Band  X,  Heft  8.     1895.    8^. 

Verein  für  Geschichte  der  Stadt  Nürnberg: 

Jahresbericht  1893.  1894.     1894/95.    8^. 
Mittheilungen.    Heft  11.     1896.    8». 

Verein  für  Naturkunde  in  Offenbach: 
33.-36.  Bericht  1891—96.    1895.    8«. 

Verein  für  GesMchte  und  Landeskunde  in  Osnabrück: 
Mittheilungen.    20.  Band.     1895.    8^. 

Naturwissenschaftlicher  Verein  in  Osnabrück: 
10.  Jahresbericht.    1896.    80. 

Geological  Survey  of  Canada  in  Ottawa: 
Annual  Report.    New  Series.    Vol.  VI.    1895.    8*^. 

Boy  ad  Society  of  Canada  in  Ottmca: 
Proceedings  and  Transactions.    Vol.  XII.    1895.    4®. 

Circolo  matematico  in  Palermo: 
Rendiconti.    Tomo  IX,    fasc.  3-6.    1895.    49, 


Verzeiehmss  der  eingelaufenen  Druckschriften,  667 

Äcadimie  de  midedne  in  Paris: 
Bulletin.     1895.    No.  26—61.    8^. 

AcadSmie  des  sciences  in  Paris: 
Comptea  rendus.    Tome  121,  No.  1-6.    8—26.    1895.    49. 

Bibliotheque  nationale  in  Paris: 
Gatalogue  des  Manuscrits  arabes.    Fase.  3.     1895.    fol. 

beeile  polytechnique  in  Paris: 
Journal.   Cahier  63  et  64.     1893/94.    4«. 

Comite  international  des  poids  et  mesures  in  Paris: 
Travanx  et  Mdmoirea.    Tome  8.  10.     1893/94.    fol. 
XVI«  Rapport  aar  Texercice  de  1892.     1893.    fol. 

Moniteur  Scientifique  in  Paris: 
Moniteur.    Liyr.  643—648.    Juillet-Ddcembre  1895.    4«. 

Musie  Quimet  in  Paris: 
Annalea  in  4».    Tome  XXV.  XXVI,  1.     1894.    4^ 
Annalea.    Biblioih^qae  d'ätodea.    Tome  4.     1894.    8^. 
Revue  de  Thiatoire  des  röligiona.    Tome  27,  8;    28,  1—3;    29,  1—3; 
80,  1-3;  81,  1.     1893/94.    8^. 

Museum  d^histoire  naturelle  in  Paris: 
Bulletin.     Ann^e  1895,  No.  4—6.    S». 

Nouvellea  Archivea.    Sär.III.  TomeV,  VI,  1.2.  VII,  1.    1893—95.   4^. 
Centenaire  de  la  fondation  du  Maa^am  d'hist.  nat.   Volame  comm^- 
moratif.     1893.    40. 

Societi  d^anthropologie  in  Paris: 
Bulletina.    1893.   No.  5-12.    1894.    No.  1—9.     1893/94.    8«. 
Mämoires.     III.  Sörie.    Tome  I,  fasc.  1—8.     1898/94.    S®. 

Societe  de  geographie  in  Paris: 
Comptea  rendus.     1895,    No.  9—13.    8<>. 
Bulletin.     VII.  Särie.     Tome  XVI,  2  et  3  trim.     1895.    8®. 

SociH^  de  mathematique  de  France  in  Paris: 
Bulletin.     Tome  23,  No.  4—8.    1895.    8». 

Societe  zoologique  de  IfVance  in  Paris: 
Bulletin.     Tome  18.     1893.    8fi. 
Mämoirea.    Tome  VI,  partie  1—4.    1898.    8^. 

Academie  Imperiale  des  sciences  in  St,  Petersburg: 
Bulletin.     V.  Sdr.     Tome  2,  No.  5.    Tome  3,  No.  1.     1895.     4P, 

Comiti  giologique  in  St.  Petersburg: 

Bulletina.  Vol. XII,  8. 9;  XIII,  1-9;  XIV,  1—6  et  Suppl.  au  Tome  XIII. 

1893 95      8® 

Mömoirea.     Vol.  VIII,  2.  3;  IX,  3.  4;  X,  3;  XIV,  1.  3.     1894/95.    49. 

Bussische  astronomische  Gesellschaft  in  St,  Petersburg: 
Iswestija.    Heft  4.    1896.    8^. 
£phdmeridea  dea  ^toilea  (W.  DOlIen)  ponr  1896.     1895.     8^. 

Kaiserl.  russische  geographische  Gesellschaft  in  St,  Petersburg: 
Beobachtungen   der   rusaiachen   Polaratation   an    der    Lenamündung. 
Th.  I.     1882-84.     1896.    40. 


668  Vereeichniss  der  eingelaufenen  Druekschriften. 

Kaiserl,  mineralogische  Gesellschaft  in  St,  Petersburg: 
Materialien  zur  Geologie  Russlands.    Bd.  XVII.     1895.    6^. 

Physikal, -chemische  Gesellschaft  an  der  kais,  Universität  St.  Petersburg : 
Schumal.    Tom.  XXVII,  Heft  4—8.     1895.    S^. 

Socike  des  naturalistes  de  St,  PHershurg: 
Travaux.    a)  Section  de  geologie.    Vol.  23.    b)  Section  de  Zoologie. 

Vol.  25.    c)  Section  de  botaniqae.    Vol.  25.     1895.    8^. 
Protokoly.    1895.   No.  1—5.    8<>. 

Kaiserliche  Universität  in  St,  Petersburg: 

Oboarenie.     1895/96.     1895.     (fi, 

Woatotschnyje  Samjetki.    (Orientalische  Bemerkungen.)    1895.   4^ 

Academy  of  natural  Sciences  in  Philadelphia: 
Journal.    Vol.  IX,  part  4.     1895.    fol. 
Proceedings.    1895,  part  I.    8^. 

Historical  Society  of  Pennsylvania  in  Philadelphia: 

The  Pennsylvania  Magazine  of  History.   Vol.  XIX,  No.  1—8.   1895.   8®. 

Alumni  Association  of  the  College  of  Pharmacy  in  Philadelphia: 

Alumni  Report.   Vol.  81,  No.9.  June  1895.   Vol.  32,  No.  1.  2.  Oetober, 
November  1895.    8°. 

American  Philosophical  Society  in  Philadelphia: 
Proceedings.     Vol.  34,  No.  147.     1895.     8«. 
Transactions.     New  Seriea.    Vol.  XVIII,   part  2.     1895.    4\ 

R.  Scuola  normale  superiore  di  Pisa: 
Annali.    Scienze  fiaiche.    Vol.  VII.    1895.    8^. 

Portland  Society  of  natural  History  in  Portland: 
Proceedings.    Vol.  II,  part  3.    1896.    8®. 

Böhmische  Kaiser  Fr ajiz- Joseph- Akademie  in  Prag: 

Rozprawy.    Tfidal,  Ro6nfk3,  öisloö;  THda  II,  Roönik  3,  cf3lo22— 32. 

Tiida  III,  Roioik  3,  öislo  1  und  4.     1894.    80. 
Hiatoricky  Archiv.     Öislo  6.     1895.    ^. 
Vöatnfk.    Ro6nik  IV.    ÖisIo  1—3.    1895.    8«. 
Bulletin  international.  Claaae  des  sciences  math^matiquea  I.  1894.   8^. 

Gesellschaft  zur  Förderung  deutscher  Wissenschaft,  Kunst  und 

Literatur  in  Prag: 
üeberaicht  über  die  Leistungen  der  Deutschen  Böhmens  auf  dem  Ge- 
biete der  Wissenschaft  etc.  im  Jahre  1893.    1895.    8^. 

Mathematisch-physikalische  Gesellschaft  in  Prag: 

Öasopis.    Band  24,  No.  1-5.    Bd.  25,  No.  1.     1894/95.    8». 

K,  K,  Deutsche  (Carl- Ferdinands)  Universität  in  Prag: 

Ordnung  der  Vorlesungen.    Winter-Semester  1895/96.    1895.    S^. 
Personalstand  1895/96. 

Verein  für  Natur-  und  Heilkunde  in  Pressburg: 
Verhandlungen.    Jahrg.  1892  -  93.    N.  Folge.    Heft  8.    1894.    8^. 


VereeMniss  der  eingdaufenen  Druckschriften.  669 

Aräiaeclogical  Instüuie  of  America  in  Trineeton  (Netc-Jfrsey): 
American  Jonmal  of  Archaeoloj^.    Jan. — Sept.  1895.    8^. 

Kgl,  botanische  CrtseUschaft  in  Begensburg: 
Katalog  der  Bibliothek.    Th.  I.    1895.    8^^. 

Historischer  Verein  in  JRegen^urg: 
Verhandlongen.    Band  47.    1895.    8^. 

Observatorio  in  Bio  de  Janeiro: 
Annnario  1895.     1894.    8®. 

Oeotogical  Society  of  America  in  Bochester: 
Bulletin.    Vol.  VI.     1895.    8®. 

B,  Accademia  dei  Lincei  in  Born: 
Atti.   Ser.IV.  Memoire  della  classe  di  scienze  fisiche.  Vol.  VII.  1894.  4^. 
Atti.  Ser.  V.  Classe  di  acienze  fisiche.  Rendiconti.  Vol.  IV.  Semestre  1, 

fasc.  12.    Semestre  2,  fasc.  1—7.     1895.    4^. 
Atti.    Ser.  V.  Classe  di  scienze  morali.   Vol.  I,  partl.  Memorie.   1694. 

Vol.ül,  part.2.  Notizie  degli  scayi.  April— Aug.  1895.  1894/95.  4^. 
Rendiconti.    Classe  di  scienze  morali.    Serie  V.   Vol.  IV,  fasc.  4—8. 

1895.    8<>. 
Rendiconto  dell*  adnnanza  solenne  del  9  Giugno  1895.     1895.    4^. 

B.  Comitato  geologico  d'ItaJia  in  Born: 
Bollettino.    Anno  1895,  No.  2  u.  3.    8^. 

Accademia  Pontificia  d£  Nuovi  Lincei  in  Born: 
Atti.     Anno  47,  Sessione  V.   Anno  48,  Sessione  I— VII.    1894/95.    4^. 

Kais,  deutsches  archäologisches  Institut  (röm.  Ahth.)  in  Bom: 
Mittheilungen.     Vol.  X,  No.  1.  2.     1895.    8^ 

B,  Ministero  della  Istruzione  pubhlica  in  Bom: 
Indici  e  cataloghi.    42  Hefte.     1886/95.    8^. 

Zeitschrift  L' Oriente  in  Bom: 
L*Oriente.    Rivista  trimestrale.     Anno  11.    No.  1.  2.     1895.    8^. 

Kgl.  italienische  Begierung  in  Bom: 
Opere  di  Galilei.    Vol.  V.    Firenze  1895.    4«. 

B,  Societä  Bomana  di  storia  patria  in  Bom: 
Archivio.     Vol.  XVIH,  1.  2.     1895.    8». 

Universität  Bestock: 
Schriften  aus  dem  Jahr  1894/95  in  4^  u.  8^. 

Acadimie  des  sciences  in  Bouen: 
Pr^cis'analytique  des  travaux.   Annäe  1891/92  et  1892/93.   1893/94.    8^. 

Accademia  degli  Agiati  in  Bovereto: 
Atti.     Anno  145,  Serie  III.    Vol.  I,  fasc.  2.     1895.    8^. 

The  American  Association  for  the  avancement  of  science  in  Salem: 
Proceedings  for  the  48^  Meeting.     August  1894.     1895.    8^. 

American  Journal  of  Science  in  Salem : 
Journal.    No.  297.    (Sept.  1895.)    8». 

1896.  Slttangsb.  d.  pbtl  a.  hist  CI.  43 


670  Vereeichniss  der  eingelaufenen  Druckschriften. 

Historischer  Verein  in  8t.  OaUen: 
ürkundenbuch  der  Abtei  Sanct  Gallen.    Th.  lY,   Lief.  4.    1896.     4^. 
Der  Kloaterbruch   in  Rorschach   und  der   St.  Galler  Krieg   1489/90 
von  Job.  Häne.     1895.    8^. 

Observatorio  astronömico  meteorolögico  in  San  Sälvaior: 
Anales.     1895.    fol. 

California  Äcademy  of  Sciences  in  San  Francisco: 

Proceedinga.     Vol.  IV,  part  2.     1895.    8®. 
Memoire.     Vol.  II,  No.  4.    1895.    4«. 

Gesellschaft  für  Salzburger  Landeskunde  in  Salzburg: 
Mittheilungen.    35.  Vereinsjabr.     1895.    8^. 

K,  K,  Staatsgymnasium  in  Salzburg: 
Programm  für  das  Jabr  1894/95.     1895.    8^. 

Instituto  y  Observatorio  de  marina  in  San  Fernando: 
Almanaque  naütico  para  1897.    Madrid  1895.    4^. 

K.  K.  archäologisches  Museum  in  Spalato: 
BuUettino.    Anno  18,  No.  6—11.     1895.    SP. 

Historischer  Verein  der  Pfalz  in  Speyer: 
Mittbeilungen.    XIX.     1895.     8«. 

K.  schwedische  Akademie  der  Wissenschaften  in  Stockholm: 

öfversigt.    Vol.  51.     1894.     1895.    8^ 

Astronomiska  Jakttagelser.    Vol.  V,  Heft  1—4.     1893—95.    4<>. 

Hj.  Tb^el,  Ora  Sveriges  zoologiska  bafsstation  Eristineberg.    1895.    8^. 

Handlingar.     Bd.  26.     1894/95.     4^. 

K.  Vitterhets,  Historie  och  Äntiquitets-Äkademie  in  Stockholm: 

Antiquarisk  Tidskrift  för  Sverige.     Del  V,   No.  4;    Del  XIV,   No.  2; 
Del  XVI,  1—3.    1895.    Q^. 

Geologiska  Förening  in  Stockholm: 
Förbandlingar.    Bd.  17,  Heft  1-6.     1895.    8<>. 

Gesellschaft  zur  Förderung  der  Wissenschaften  in  Strassburg: 
Monatsbericbt.     Heft  6  u.  Heft  1895.    8^. 

Universität  Strassburg: 
Scbriften  aus  dem  Jabre  1894/95.    40  u.  8^. 

K.  statistisches  Landesamt  in  Stuttgart: 
Beschreibung  des  Oberamts  Cannstadt.     1895.    8^ 

Geological  Suroey  of  New -South -Wales  in  Sydney: 

Records.     Vol.  IV,  4.     1895.    4P. 

Memoirs.     Palaeontology.    No.  9.     1895.    4°. 

Eoyal  Society  of  New -South -Wales  in  Sydney: 
Journal  and  Proceedings.    Vol.  28.     1894.    8®. 

Department  of  Mines  and  Ägriculture  of  N.- South -Wales  in  Sydney: 
Annaal  Report  for  tbe  year  1894.     1895.    fol. 


Verzeichnias  der  eingelaufenen  Druckschriften,  671 

Obaercatorio  aatronömico  naeional  in  Tacubaya: 
Boletin.    Tomo  I,  No.  22.        Mexico  1895.    4^. 
Annario.     Ano  de  1896.    Mexico  1895.    8®. 

Narake  Videnskaba  Selakab  in  Ihrondhjem  (Drontheim): 
Skrifber  1898.     1894.    S^. 

Physikcäischea  Observatorium  in  Tiflis: 
Beobachtungen  im  Jahr  1898.     1895.    fol. 

Beobachtungen  der  Temperatur  des  Erdbodens  in  den  Jahren  1888/89. 
1895.    8«. 

Deutsche  Gesellschaft  für  Natur-  und  Völkerkunde  Oatasiena  in  Tokyo: 
Mittheilungen.     Heft  56  u.  Suppl.-Heft  2  zu  Bd.  VI.     1895.    4«. 

Universität  Tokyo  (Japan): 
The  Journal  of  the  College   of  Science.     Vol.  7,   part  5.     1896.    4^. 
The  Imperial  üniversity  Calendar.     1894/95.    8^. 

Biblioteca  e  Museo  comunale  in  Trient: 
Archivio  Trentino.     Anno  XII,  fasc.  1,     1895.    8°. 

B.  Accademia  delle  scienze  in  Turin: 
Atti.     Vol.  30,  disp.  12—16.     1895.    8^. 

B.  Museo  geologico  in  Turin: 
Essai  6ur  Torogenie  de  la  terre  par  Fed.  Sacco.     1895.    8®. 

Universität  Tübingen: 
Schriften  aus  dem  Jahre  1894/96.    4^  u.  8®. 

K.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Upsdla: 
Nova  Acta.    Ser.  III.    Vol.  XV,  2.     1896.     4«. 

Universität  in  Upsdla: 
Schriften  der  Universität  aus  d.  J.  1894/95  in  4**  u.  ^, 

Historisch  Genootschap  in  Utrecht: 

Bijdragen  en  Mededeelingen.     Deel  XVI.     ^sGravenhage  1895.    8^. 
Verslag   van   de  algemeene  vergadering  der  leden,    16.  April  1895. 
'sGravenhage  1896.    8^. 

Werken.    III.  Serie.     No.  6.     s'Gravenhage  1894.    8». 

Physiologisch  Laboratorium  der  Hoogescliool  in  Utrecht: 
Onderzoekingen.    IV.  Reeks.  III,  2.     1895.    8^. 

Äteneo  Veneto  i»  Venedig: 
L'Ateneo  Veneto.     Serie  XVIII.     Vol.  1.  2.     1894.    8» 

B,  Istituto  Veneto  di  scienze  in  Venedig: 

Atti.     Tomo  52,    disp.  4-9.     Tomo  53,    disp.  1-3.     1893—95.     8«. 
Memorie.    Vol.  25,  No.  1—3.     1894.     4<>. 

Bureau  of  Ethnology  in  Washington: 
Chinook  Text«  by  Franz  Boas.     1894.     8°. 
Archeologic  Investigations  in  James  and  Potomuc  Valleys,  by  Gerard 

Fonke.     1894.    8^. 
Tke  Siouan  Tribes  of  the  East  by  JanipM  Mooney.     1894.    6^. 


(372  Verzeiehniss  der  eingelaufenen  Druckschriften. 

U,  S,  Departement  of  Ägrieulture  in  Washington: 
Bulletin.    No.  6.     DiviBion  of  Omitholof?y.     1895.    B^. 

Surgeon  GeneraVs  Office,  U.  S.  Army  in  Washington: 
Index-Catalogue.    Vol.  XVI.    1896.    4^ 

ü,  S.  Coast  and  Geodetic  Survey  in  Wikshington: 
Bulletin.     No.  34.     1896.    8<^. 

United  States  Geological  Survey  in  Washington: 

Bulletin.    No.  118-122.     1894.    8«. 

Monographs.    No.  XXIII.  XXIV.     1894.    4« 

14th  annual  Report  1892/93.     Part  I.  IL     1899/94.    4^. 

Kaiserliche  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien: 
Denkschriften.   Mathem.-natnrwissenschafd.  Classe.    Bd.  61.    1894.    4®. 
Sitzungsberichte.     Philos.-histor.  Classe.     Band  131   and  Register   zu 

Band  121—130.     1894.    80. 
Sitzungsberichte.     Mathem.-physikal.   Classe.     Band   103,    Abth.    1, 

No.  9-10,  Abth.  2*,  No.  6—10,  Abth.  IIb,  No.  4—10,  Abth.  III, 

No.  6-10.    1894.    8^ 

Archiv  für  österreichische  Geschichte.    Band  81,  Hälfte  IL  1895.  8^. 

Fontes  rerum  Austriacarum.     Abth.  IL   Bd.  47,  Hälfte  2.  1894.  &<>. 

Monumenta  conciliorum  generalium.    Tom.  III,   pars  3.  1895.  foL 
Almanach.    44.  Jahrg.     1894.    8^. 

K.  K.  geologische  Reichsanstalt  in  Wien: 
Jahrbach.    Jahrg.  1895.    Band  45,  Heft  1.    1895.    4® 
Verhandlungen.    1895.    No.  8—13.    4'>. 

K,  K.  Centralanstalt  für  Meteorologie  in  Wien: 
Jahrbücher.    Jahrg.  1892.     Band  37.     1894.     4^. 

Oesterreichische  Crradmessungs-Commission  in  Wien: 
Astronomische  Arbeiten.     1895.    4^. 

K.  K.  Gesellschaft  der  Aerzte  in  Wien: 
Wiener  klinische  Wochenschrift.     1895.    No.  27—42.  44—52.    4». 

Anthropologische  Gesellschaft  in  Wien: 
Mittheilungen.    Band  XXV,  2.  3.     1895.    4®. 

Zoologisch-botanische  Gesellschaft  in  Wien: 
Verhandlungen.    45.  Band,  Heft  6—9.     1895.    8^. 

K.  K,  naturhistorisches  Hofmuseum  in  Wien: 
Annalen.     Band  X,  2.     1895.    4^. 

Verein  zur  Verbreitung  natunvissenschaftlicher  Kenntnisse  in  Wien: 
Schriften.     35.  Band.     Vereinsjahr  1894/95.     1895.    8». 

Verein  für  Nassau' sehe  Alterthumskunde  in  Wiesbaden: 
Annalen.    27.  Band.     1895.    gr.  8^. 

Nassauischer  Verein  für  Naturkunde  in  Wiesbaden: 
Jahrbücher.     Jahrg.  48.     1895.     8». 

Physik alisch-medicinische  Gesellschaft  in  Würzburg: 
Verhandlungen.    N.  F.     Bd.  29,  No.  2—6.     1895.    8^, 


Verzeichnisa  der  eingelaufenen  Druckschriften,  673 

Observatorium  der  haiserl,  Marine  in  WüheHmshaven: 
Beobachtangen  der  meteorolog.  Station.     Th.  I.    Berlin  1896.    4^. 

Orientdl  üniversity  Institute  in  Woking: 
Vidmodya,  the  Sanscrit  critical  Journal.  Vol.  24,  No.  4—8.    1895.   8». 

Herzogliche  Bibliothek  in  Wolfenbüttel: 
Otto  V.  Heinemann,   Die  Handschriften   der  herzoglichen  Bibliothek 
zu  Wolfenbüttel.    Band  V.     1895.    8». 

Naturforschende  Gesellschaft  in  Zürich: 
Vierteljahrsschrift.    40.  Jahrg.     Heft  2.     1895.     8^ 

Physikalische  Gesellschaft  in  Zürich: 
7.  Jahresbericht.     1893  u.  1894.     1895.    8^. 

Zeitschrift:  Astronomische  Mittheilungen  in  Zürich: 
Astronom.  Mittheilungen.    Jahrg.  XII,  No.  85  u.  86.     1895.    8^. 


Von  folgenden  Privatpersonen: 

Le  Prince  Albert  I«'  de  Monaco: 
Resultats  des  campagnes  scientifiques.    Fase.  VIII  et  IX.    1895.    fol. 

Eduard  Bodemann  in  Hannover: 
Die  Lei bniz- Handschriften  der  k.  ötfentl.  Bibliothek  in  Hannover.  1895. 8*^* 

Renward  Brandstetter  in  Luzern: 
Malaio-Polyneaische  Forschungen.    No.  IV.     1895.    4^. 

Ludwig  Friedländer  in  Strassburg: 

Juvenalis  saturarum  libri  V.     2  Voll.    Leipzig  1895.    8^. 

H,  Fritsche  in  St.  Petersburg: 

Ueber  den  Zusammenhang  zwischen  der  erdmagnetischen  Horizontal- 
intensität und  der  Inclination.     1895.     8^. 

Ernst  Haeckel  in  Jena: 

Systematische  Phylogenie  der  Wirbelthiere.    Bd.  III.    Berlin  1895.  8". 

C,  A.  Hering  in  Dresden: 

Das  Entwicklungsgesetz  der  Erde  und  der  Erzlagerstätten.    1895.    8^\ 

Gustavus  Detlef  Hinrichs  in  Saint-Louis: 

The  Elements  of  Atom-Mechanics.    Vol.  1.     1894.    8^. 

Charles  Janet  in  Paris: 

6  zoologische  Abhandlungen  in  Separatabdrücken  a.  d.  Jahre  1895.  &\ 

James  E,  Keeler  in  Chicago.     (London?): 

1.  Conditions  affecting  the  Form  of  Lines  in  the  Spectrum  of  Saturn. 

2.  A   Spectroscopic  Proof  of  the  Meteoric  Constitution   of  Saturn*s 

Rings.     1895.    8». 


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675 


Namen-Register. 


Bragmann  549. 
Brann  ▼.    183. 
Bucher  550. 

Carriere    184. 

Christ  V.    1,  3,  183,  549. 

Cornelius  v.    200,  205. 

Billmann    197. 
Dove   222,  223. 

Ebers   549. 

Friedrich    206,  207,  428. 
Furtwängler    549. 

Haury   32. 

Hefner- Alteneck  v.   32. 

Heigel   206. 

Ismail  Pascha    180. 

Keil    198. 
Eeinz   206. 
Erumbacher    1,  549. 
Kuhn    205. 

Lossen   32,  33. 

Maurer  v.    32. 
Meyer  Ed.    550. 
Meyer  W.   428. 
Müller  Iw.  V.    550. 


676  Namen- Register. 

Newton   199. 

Paul   222,  817. 
Pettenkofer  v.    178,  544. 

Bieder  2,  560. 
Riggauer  549. 
Röscher  201. 
Rossi  de   199. 
Rück   32. 

Schack  V.    177. 
Schmidt  E.   200. 
Schmitt  John   204. 
Schmoller  549. 
Simon   550,  605. 
Simonsfeld  206. 
SOderwall   549. 
Stieve  222. 
Sweet  549. 

ünger   222,  286,  550,  551. 

Wecklein   477,  479. 
Wölfflin  V.    428,  429. 

Zographos   202. 


(577 


Sach-Kegister. 


Benedict  tod  Narsia  und  seine  MOncbsregel,  von  WOlfflin,  S.  429—454 

DentBch,  Das  älteste  Zeugniss  für  den  Namen  Deutsch,  von  Dove, 
S.  223-285. 

Eigla,  Zwei  Rechtsfälle  in  der  Eigla,  Ton  Maorer,  S.  65—124. 
Earipides,  Beiträge  zur  Kritik  des  Euripides,  von  Wecklein,  S.  479—548. 

Festsitzung,  öffentliche,  am  28.  März  1895  S.  177—204;  am  15.  No- 
vember, S.  544—550. 

Za  Josephos.  I.  Die  anpassend  eingelegten  SenatsconsuUe,  von  Unger, 
S.  651—604. 

Markgräfin  Jakobe,  die  Verheirathung  der  Markgräfin  Jakobe  mit 
Herzog  Johann  Wilhelm  von  Jülich-Cleve-Berg ,  von  Lossen, 
S.  83—64. 

Montanisten,  Ueber  die  Canones  der  Montanisten  bei  Hieronymus, 
von  Friedrich,  S.  207-221. 

Kekrologe  auf  Fr.  Graf  v.  Schack,  Ismail  Pascha,  v.  Brunn,  Carriere, 
Dillmann,  Keil,  Newton,  Rawlinson,  Rossi,  K.  Schmidt,  Röscher, 
S.  179-202. 

Pindar,   Schnitzel  ans  einer  Pindarwerkstätte ,  von  Christ,   S.  3    81. 
Prokop,  üeber  Prokophandschriflen,  von  Haury,  S.  125 — 176. 


678  Sach'Register. 

Seleakidenftra  der  Makkab&erbücher,  Ton  Unger,  S.  286—316. 

Tristan  als  Mönch,  von  Panl,  S.  817—427. 

Yeda,  Ueber  einiji^e  Commentatoren  zu  Sütren  des  weissen  Yajurveda, 
von  Simon,   S.  6Ö5— 650. 

Verzeichniss  der  eingelaufenen  Drackschriften  von   Janoar  bis  Juni 
1895,  S.  455-476;  von  Juli  bis  Dezember  1895,   S.  661— 674. 

Wahlen,  8.  549-550. 

Zographos-Preis,  S.  202—204. 


Inhalt. 


Die  mit  *  beseicbiioten  Abfa«nd]aiigen  sind  in  den  Sitcungsberichten  niebt  abffednielct. 

rhilos.'phüol.  Classe.    Sitzung  vom  2,  November  1895. 
N.  Wecklein:  Beiträge  zur  Kritik  des  Enripides        ....    479 

Historische  Classe.    Sitzung  vom  2,  November  1895, 

•W.  Preger:   Ueber  eine  noch  unbekannte  Schrift  Sates    .    .    477 
"^H.  Simonsfeld:    Neue  Beiträge  zum  päpstlichen  Urkunden- 
wesen  im  Mittelalter  und  zur  Geschichte  des   14.  Jahr- 
hunderts    477 


OeffentUche  Sitzung  zu  Ehren  Seiner  Majestät  des  Königs  und 
Seiner  KönigL  Hoheit  des  Prinz-Begenten  am  15.  November  1895. 

M.  V.  Pettenkofer:    Eröfinungsrede 544 

Wahlen 649 


Philos. -philo!.  Classe.    Sitzung  vom  7,  Dezefnber  1895. 

*lw,  V.Müller:  Ueber  die  Unechtheit  der  dem  Galen  beige- 
legten Schrift  über  die  beste  medicinische  Schule       .    .     660 

G.  Ungar:    Zu  Josephos.  I.  Die  unpassend  eingelegten  Senatus- 

consulte 661 

R.  Simon:   Ueber  einige  Commentatoren  des  Yajurveda      .     .     605 


Historische  Classe.    Sitzung  vom  7.  Dezember  1895. 

*S.  Riezler:  Geschichte  der  Hexenprocesse  in  Bayern  bis  zum 

Ende  des  30jährigen  Krieges 660 

Einsendung  von  Druck.scliriften 661 

Register 676 


Akademische  Buchdruckerei  von  F.  Straub  in  MQneheo. 


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